Naturschutz und Ökolandbau
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Naturschutz und Ökolandbau
Inhaltsübersicht Anlass und Ziele der Projekte „Naturschutz und Ökolandbau“.................................................................................... 4 Wirkungsvolle Maßnahmen für den Naturschutz im Ökolandbau.............................................................................. 5 Impressum Herausgeber: NABU-Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) Singen, in Zusammenarbeit mit dem Michael-Otto-Institut im NABU, Bergenhusen und Naturland – Verband für naturgemäßen Landbau e. V. Gefördert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Februar 2004 Text/Redaktion: Dr. Rainer Oppermann, ILN Singen in Zusammenarbeit mit den beteiligten Verbänden und Institutionen Gestaltung: VIVA IDEA, Stuttgart Bildnachweis: (Zählung von oben nach unten, dann von links nach rechts) ©BLE, Bonn (Th. Stephan): Titel, S. 2 (2), S. 3 (1, 3, 5), S. 6 (2), S. 7 (4, 5), S. 8 (6), S. 9 (1), S. 10 (2, 3), S. 11 (2), S. 12 (1), S. 13 (1), S. 15 | ©BLE, Bonn (D. Menzler): S. 2 (4), S. 4 (alle), S. 7 (2), S. 9 (3), S. 10 (1), S. 13 (2, 3) ILN Singen (R. Oppermann): S. 2 (5), S. 6 (1, 3), S. 8 (1, 3) ILN Singen (A. Krismann): S. 7 (1) Naturland: S. 2 (1, 3), S. 3 (4) | arttoday: S. 3 (2), S. 5 (1) H. Dannenmayer: S. 5 (2) | R. Luick: S. 7 (3), S. 8 (4) B. Fader: S. 8 (2) | F. Lamprecht: S. 8 (5) | NABU: S. 9 (2) D. Braband: S. 11 (1), S. 12 (3) | G. Moosrainer: S. 11 (3) P. Hagelauer: S. 12 (2) 2 Impressum Teil 1 Naturschutz auf Öko-Bauernhöfen Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen ........................................................................... 6 A Aktuelle Naturschutzleistungen auf Öko-Bauernhöfen (Teilergebnisse der NABU-Untersuchung)..................................................................................................... 6 Nutzungsvielfalt..................................................................................................................................................... 6 Artenvielfalt auf den Nutzflächen................................................................................................................... 6 Genetische Vielfalt................................................................................................................................................ 7 Landschaftselemente ........................................................................................................................................... 7 Extensivnutzungsflächen .................................................................................................................................... 8 Naturschonende Techniken................................................................................................................................ 8 B Rahmenbedingungen für Naturschutzleistungen auf Öko-Bauernhöfen (Teilergebnisse der Naturland-Umfrage)........................................................................................................ 9 Persönliche begrenzende Faktoren bei der Umsetzung von Naturschutzleistungen ................................................................................................................................ 9 Zusätzlich angebotene Naturschutzleistungen bei entsprechender Vergütung............................... 9 Interesse an einzelbetrieblicher Naturschutzberatung ...........................................................................10 Gewünschte Inhalte einer Naturschutzberatung......................................................................................10 Interesse an Weiterbildungsangeboten .......................................................................................................10 Teil 2 Handlungsempfehlungen für Naturschutz im Ökolandbau....................................................................11 A Handlungsempfehlungen für Maßnahmen auf dem Betrieb............................................................... 11 Im Bereich Ackerland ......................................................................................................................................... 11 Im Bereich Grünland .......................................................................................................................................... 11 Im Bereich Obstbau............................................................................................................................................12 Im Betrieb allgemein..........................................................................................................................................12 B Notwendige Unterstützungsmaßnahmen von Verbänden, Agrarpolitik, Gesellschaft ................13 Ausblick .........................................................................................................................................................................................13 Literaturhinweise........................................................................................................................................................................14 Gemeinsame Position der Öko-Anbauverbände .................................................................................................15 Adressen und Ansprechpartner.............................................................................................................................................16 Inhaltsübersicht 3 Anlass und Ziele der Projekte „Naturschutz und Ökolandbau“ Wirkungsvolle Maßnahmen für den Naturschutz im Ökolandbau Viele Ökolandbau-Betriebe leisten wertvolle Naturschutzarbeit. Das naturnahe Wirtschaften im Einklang mit den natürlichen Lebensgrundlagen ist ein wichtiges Antriebselement ihrer Arbeit. Die größeren Naturschutz- und Umweltleistungen im Vergleich zum konventionellen Landbau sind vor allem durch ein vorbildliches Nährstoff- und Pflanzenschutzmanagement ohne Anwendung von chemisch-synthetischen Dünge- und Pflanzenbehandlungsmitteln bedingt und haben grundsätzlich auch die Förderung der biologischen Vielfalt zum Ziel. Die Frage, welche Maßnahmen im Ökolandbau die Biodiversität steigern können, wurde durch eine umfangreiche Literaturstudie und Expertengespräche im In- und Ausland beantwortet. Im Mittelpunkt standen Vögel, die sich als Indikatoren für den ökologischen Zustand der Agrarlandschaft besonders gut eignen, weil sie an der Spitze der Nahrungspyramide stehen und somit auch indirekt Aussagen über den Zustand der Flora und der übrigen Fauna erlauben. Die wichtigsten Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Anhand einiger besonders gut untersuchter Arten ließ sich ermitteln, wie hoch der flächenmäßige Anteil der Schutzmaßnahmen sein müsste, damit diese eine Auswirkung auf die Bestände haben können. Diese Ergebnisse sind Grundlage der Handlungsempfehlungen für mehr Naturschutz im Ökolandbau (siehe Teil 2, ab S. 11). Im ökologischen Landbau wird Wert sowohl auf die Qualität der Erzeugnisse als auch auf die Qualität des Ökosystems gelegt. In dieser Broschüre werden die Ergebnisse zweier Projekte zum Thema „Naturschutz und Ökolandbau“ dargestellt *. Bei diesen Projekten wurden Fragebögen an ca. 2000 Ökobetriebe im gesamten Bundesgebiet versandt, in ausgewählten Betrieben vor-Ort-Besuche durchgeführt, sowie Literaturrecherchen und Expertenbefragungen vorgenommen. Die Broschüre illustriert nun zum einen die aktuellen Naturschutzleistungen, zum anderen die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für heutige und künftige Naturschutzleistungen. Die Maßnahmenvorschläge zeigen Wege, wie Naturschutz in Biobetrieben noch besser umgesetzt werden kann. Für den Ökolandbau und die Öko-Bäuerinnen und -Bauern ist das Engagement im Naturschutz eine Chance, die nachhaltige Wirtschaftsweise und deren gesellschaftliche Wohlfahrtswirkungen zu kommunizieren. Rebhuhn und Braunkehlchen sind charakteristische Brutvögel der Agrarlandschaft, die in den letzten Jahrzehnten starke Bestandseinbußen erlitten haben. Sie sind auf eine artenreiche Feldflora und artenreiches Grünland angewiesen. Hierzu bekennen sich die Öko-Anbauverbände unter anderem in der am Ende dieser Broschüre abgedruckten gemeinsamen Position. Tabelle 1: Übersicht der wichtigsten Maßnahmen mit der Zahl der profitierenden Vogelarten des Agrarlandes, auf Basis von Untersuchungsergebnissen und Expertenmeinungen. Maßnahmen Zahl der profitierenden Vogelarten Ackerbau Einige positive Begleiterscheinungen ökologischer Landwirtschaft sind: ■ ■ ■ ■ Mehrere Untersuchungen zur Vogelwelt belegen deutlich höhere Anzahlen von Brutrevieren und Gastvögeln auf Biohöfen als auf konventionell bewirtschafteten Höfen. Ein Vergleich von acht landwirtschaftlichen Betrieben in England ergab eine doppelt so große Anzahl an Schmetterlingsarten auf den biologisch bewirtschafteten Flächen. Höhere Vorkommen von Laufkäfern, Kurzflüglern und Spinnen bei ökologischer Bewirtschaftung wurden in mehreren Untersuchungen nachgewiesen – von zentraler Bedeutung sind hier Hecken und Wildkrautstreifen als Rückzugsräume für Insekten und andere Tiere, die sich als Nützlinge positiv auf die Wirtschaftsflächen auswirken. Förderlich erweist sich der Ökolandbau für Populationen von Bodenmikroorganismen und Bodentieren: ihre Masse ist bis zu 85 % höher als auf konventionellen Vergleichsflächen, der Besatz an Regenwürmern kann sogar um ein Vielfaches höher sein. Eine hohe biologische Vielfalt wird jedoch nicht immer automatisch oder nebenbei erreicht, vielmehr bedarf diese oftmals auch einer besonderen Pflege und Entwicklung, um ein standortgemäßes Potenzial entfalten zu können. 4 Anlass und Ziele ■ Anlage von Ackerrand- Blüh- oder Grasstreifen o. ä., Fehlstellen im Acker 20 ■ Flächenstilllegungen, Anlage von Brachen 20 ■ Beibehaltung von Stoppeln bzw. Selbstbegrünung im Winter 15 ■ Erhöhung der Kulturenvielfalt 14 ■ Verringerung der Schlaggrößen 3 Grünland ■ Extensivierung der Grünlandnutzung 19 ■ Erhaltung feuchter Niederungen, Niedermoore etc. 17 ■ Erhaltung (dorfnahen) Grünlands, insbesondere mit Weideviehhaltung 11 ■ Wiedervernässung 10 ■ Nestschonende Mähtechniken, Nestschutz 7 Landschaftsstrukturen * Das Projekt „Zielvorstellungen und Entwicklungsperspektiven für den Ökolandbau aus Naturschutzsicht“ wurde im Zeitraum 1. 10. 2002 bis 31. 12. 2003 vom Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) Singen und dem Michael-Otto-Institut im NABU, Bergenhusen, durchgeführt. Es wurde von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) mit Mitteln des Bundesprogramms Ökolandbau des BMVEL finanziell unterstützt. Das Projekt „Naturschutz auf Öko-Bauernhöfen – eine bundesweite Befragung von Naturland-Betrieben“ wurde im Zeitraum 1. 9. 2002 bis 31. 12. 2003 von Naturland – Verband für naturgemäßen Landbau e. V. in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Kulturlandschaftsentwicklung“ am Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau der Universität Kassel in Witzenhausen durchgeführt und vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des BMU finanziell unterstützt. ■ Anlage von Hecken, Knicks und Baumreihen 15 ■ Erhaltung und Anlage von Streuobstwiesen 8 ■ Erhaltung von Kopf- und Höhlenbäumen 5 ■ Erhaltung abwechslungsreicher dörflicher Strukturen 3 ■ Erhaltung von Gewässersäumen 2 Sonstiges ■ Anbringen von Nesthilfen 10 Wirkungsvolle Maßnahmen 5 Teil 1 Naturschutz auf Öko-Bauernhöfen: Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen In den beiden Umfragen konnten insgesamt 562 beantwortete Fragebögen ausgewertet werden. Im NABU-Projekt wurden die Ergebnisse durch 50 Betriebsbesuche vor Ort ergänzt und dokumentiert. Im Naturland-Projekt wurden die Ergebnisse in einem Workshop mit Vertretern der Öko-Anbauverbände diskutiert und Handlungsbedarf sowie gemeinsame Schritte erörtert (vgl. „Gemeinsame Position der Öko-Anbauverbände“, Seite 15). Im folgenden Text werden die wichtigsten Teilergebnisse der beiden Projekte dargestellt. A Aktuelle Naturschutzleistungen auf Öko-Bauernhöfen (Teilergebnisse der NABU-Untersuchung) Naturschutzleistungen sind der Teil der ökologischen Leistungen der Landwirtschaft, die der Erhaltung und Förderung von Biodiversität (Biologische Vielfalt: Nutzungsvielfalt, Artenvielfalt, genetische Vielfalt) und von Kulturlandschaft (Landschaftselemente, Extensivnutzungsflächen, naturschonende Techniken) dienen. Die wesentlichen Ergebnisse zu den sechs Bereichen der Naturschutzleistungen sind hier dargestellt. Die angegebenen Werte im Text und in den Graphiken stammen, soweit nicht anders angegeben, aus der Selbsteinschätzung der befragten Landwirte. Die Werte wurden bei den Betriebsbesuchen auf ihre Verlässlichkeit geprüft. Diese war fast durchgängig sehr gut gegeben, Schwierigkeiten gab es lediglich bei der vergleichenden Beurteilung der Artenvielfalt. Links: Nutzungsvielfalt durch den kleinräumigen Anbau verschiedener Feldfrüchte auf der Schwäbischen Alb. Nutzungsvielfalt Die Ökolandbau-Betriebe sind häufig durch eine vielseitige Fruchtfolge geprägt, die im System des Ökolandbaus einer hohen Bodenfruchtbarkeit, der WildkrautUnterdrückung und dem vorbeugenden Pflanzenschutz dient. So bauen die Ackerbau-Betriebe durchschnittlich 6,3 Feldfrüchte an (Spanne 1 bis 30), die Anzahl der Fruchtfolgeglieder beläuft sich im Durchschnitt auf 5,2 Glieder (Spanne 1 bis 11), und im Grünland gibt es im Mittel 3,0 Nutzungstypen (Spanne 1 bis 7 bei max. 7 vorgegebenen Typen). Die Nutzungsvielfalt ist als recht hoch zu bewerten. Rechts: Durch extensive Bewirtschaftung können sich Ackerwildkräuter in lockeren Beständen halten und sorgen für Artenvielfalt im Ackerland. 6 Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen Links: Viele extensiv genutzte Grünlandflächen bedürfen einer Aufwertung, damit sie als Lebensraum für Blumen und Schmetterlinge dienen können. Artenvielfalt auf den Nutzflächen Eine Beurteilung der Artenvielfalt der Öko-Betriebe ist nicht ganz einfach, da bislang eine naturräumlich differenzierte Vergleichsbasis fehlt. Es zeigte sich jedoch, dass die Artenvielfalt im Ackerbau oft recht gut entwickelt ist (Abb. 1). Bei einigen Betrieben konnten auch hohe und dichte, nahezu wildkrautfreie Kulturpflanzenbestände in den Ackerflächen festgestellt werden. Positiv war jedoch insbesondere, dass es bei dieser Stichproben-Untersuchung nur wenige Flächen gab, die von Problemwildkräutern dominiert waren. Genetische Vielfalt Als genetische Vielfalt im Bereich der landwirtschaftlichen Nutzung wird die Vielfalt der angebauten Kulturpflanzensorten und Nutztierrassen verstanden. Bei letzteren ist relativ gut bekannt, welche Rassen als selten oder bedroht zu bezeichnen sind. Dies ist bei den Kulturpflanzensorten und selbst bei den Obstsorten nicht der Fall, da es hier bislang keine entsprechenden Listen auf Bundes- oder Landesebene gibt (Ausnahme Brandenburg). Abb. 1: Anteil von mäßig artenreichem bis artenreichem Ackerland am gesamten Ackerland der Betriebe. [%] der befragten Betriebe … 80 70 60 50 40 30 20 25 % 18 % 10 0 Die Ergebnisse der Umfrage belegen, dass immerhin 15 % der Betriebe seltene Sorten anbauen und rund 20 % der Vieh haltenden Betriebe seltene Nutztierrassen halten (Abb. 2). 32 % 25 % 0–10 11–40 41–70 >70 Rechts: Ein Beispiel für eine seltene, robuste Nutztierrasse: Hinterwälder Rind aus dem Schwarzwald. [%] … schätzen den Anteil von mäßig bis artenreichem Ackerland am gesamten Ackerland ihres Betriebes mit … % ein. Abb. 2: Anteil von seltenen oder gefährdeten Nutztierrassen am gesamten Viehbestand der Betriebe. [%] der befragten Betriebe … Im Gegensatz zum Ackerland präsentieren sich die Grünlandbestände in der Mehrzahl der Betriebe im Vergleich zum Standortpotenzial als relativ artenarm. Die Artenvielfalt im Grünland wurde von den Betriebsleitern im Gegensatz zum Ackerland meist überschätzt. Artenreiche bis sehr artenreiche Bestände fanden sich auf nur 30 % der Betriebe in einem nennenswerten Umfang von über 10 % Flächenanteil. Landschaftselemente Sehr erfreulich ist die Ausstattung der ÖkolandbauBetriebe mit Landschaftselementen wie Hecken, Feldrainen, Säumen, Gräben etc. zu beurteilen. Insgesamt weisen 83 % der Betriebe über 4 % Landschaftselemente auf, 37 % haben sogar über 6 % Landschaftselemente. Nur 3,5 % der Betriebe schätzen den Anteil der Landschaftselemente auf weniger als 2 % ein (Abb. 3). Abb. 3: Anteil von Landschaftselementen an der gesamten landwirtschaftlich genutzen Fläche (LF) der Betriebe. [%] der befragten Betriebe … 50 46 % 40 90 80 tener Obstsorten (bezogen auf die landwirtschaftlich genutzte Fläche LF) und 7,3 % seltener Nutztierrassen (bezogen auf den gesamten Viehbestand). 30 20 80 % 70 10 60 0 50 40 22 % 3,5 % 15 % 14 % <2 2–4 4–6 6–8 sehr gering gering mittel groß >8 [%] sehr groß … schätzen den Anteil von Landschaftselementen an der gesamten LF ihres Betriebes mit … % ein. 30 20 10 0 0 3% 5% 1–10 11–40 1% 41–70 3% >70 7% nicht [%] differenziert … schätzen den Anteil seltener/gefährdeter Nutztierrassen am gesamten Viehbestand ihres Betriebes mit … % ein. Eines der zahlreichen Landschaftselemente im Ökolandbau: Feldgehölz. Insofern ist ein Bewusstsein für diesen Teil der biologischen Vielfalt (Biodiversität) zu konstatieren. Insgesamt ergab die Selbsteinschätzung der Ökolandbaubetriebe einen durchschnittlichen Anteil von 2 % seltener Kulturpflanzensorten (bezogen auf das Ackerland), 1,2 % sel- Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen 7 B Links: Auf extensiv bewirtschafteten Ackerflächen hat die Ackerwildflora (hier mit Klatschmohn) gute Entfaltungsmöglichkeiten. Mitte: Im ökologischen Weinbau ist die Begrünung der Rebgassen mit Blühstreifen eine beispielhafte Aufwertungsmaßnahme. Rechts: Heuwirtschaft auf der Schwäbischen Alb. Extensivnutzungsflächen Der Anteil des Extensivgrünlandes (keine zusätzlichen Stickstoffdünger, reduzierte Nutzungshäufigkeit) wird von den Landwirten mit 32 % der LF angegeben und macht den größten Anteil der Extensivnutzungsflächen aus. 11 % der LF entfallen auf den extensiven Ackerbau und 7 % auf die Stilllegungsflächen. Nur kleine Anteile entfallen auf Grünland-Randstreifen (0,6 %), Streuobstflächen (1,2 %) und Blüh- und Brachestreifen (0,4 %). 69 % des Grünlandes werden als Extensivgrünland bewirtschaftet: Insgesamt geben über 50 % der Betriebe einen sehr hohen Extensivgrünlandanteil von über 70 % an, nur 26 % der Betriebe geben einen geringen Extensivgrünlandanteil von maximal 10 % an (Abb. 4). Vergleicht man diese hohen Werte mit den deutlich geringeren Anteilen an artenreichen Grünlandflächen (vgl. „Artenvielfalt auf den Nutzflächen“), so wird deutlich, dass extensive Grünlandbewirtschaftung in der landwirtschaftlichen Praxis nicht automatisch zu artenreichem und blühendem Grünland führt. In Teil 2 werden deshalb einige Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung des extensiven Grünlandes empfohlen. Naturschonende Techniken Als naturschonende Techniken werden landwirtschaftliche Wirtschaftsweisen und der Einsatz von Maschinen bezeichnet, die sich als naturverträglich erwiesen haben. Besonders hoch ist hier der Anteil der Betriebe, die ihre organische Düngung ganz oder teilweise in Form von Festmist ausbringen (67 %). Auch der Anteil der Betriebe, die Heuwirtschaft betreiben (43 %) und die eine Mahdschnitthöhe von über 7 cm ansetzen (40 %), liegt erfreulich hoch (Abb. 5b). Hingegen ist der Einsatz tierschonender Messerbalken-Mähgeräte und bodenschonender Leichtgeräte nicht sehr verbreitet. Abb. 5a: Einsatz von naturschonenden Techniken im Ökolandbau (Ackerlandmaßnahmen). [%] der befragten Betriebe … 60 50 30 0 51 % 40 30 verringerte Saatdichte 9% Stoppelbrache/ Selbstbegrünung Herbst-/Winterbegrünung Abb. 5b: Einsatz von naturschonenden Techniken im Ökolandbau (Grünlandmaßnahmen). 12 % 0 1–10 13 % 11–40 10 % 41–70 50 >70 [%] … schätzen den Anteil von Extensivgründland an der gesamten Grünlandfläche ihres Betriebes mit … % ein. 40 43 % 40 % 30 26 % 20 10 0 16 % Messerbalkenmahd Schnitthöhe > 7 cm Mahd von innen nach außen Heuwirtschaft … setzen bei der Wiesenmahd ganz oder teilweise diese naturschonenden Techniken ein. 8 Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen Persönliche begrenzende Faktoren bei der Umsetzung von Naturschutzleistungen Für etwa die Hälfte der Befragten (51 %) ist die nicht vorhandene bzw. zu geringe finanzielle Förderung von Naturschutzleistungen ein Hinderungsgrund bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen (Abb. 6). Weitere begrenzende Faktoren sind „zu wenig Arbeitskräfte“ mit 40 % sowie „keine Zeit“ mit 34 %. Auch die „Angst vor Bindungswirkung“ spielt mit 31 % eine wesentliche Rolle. Immerhin 20 % der Befragten geben an, keine Begrenzungen bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen zu sehen. Abb. 6: Begrenzende Faktoren bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen. keine/zu geringe Förderung zu wenig Arbeitskräfte Abb. 7: Zusätzlich angebotene Naturschutzleistungen bei Vergütung bzw. Arbeitshilfe. Diese Naturschutzleistungen… Nisthilfen, Sitzstangen für Greifvögel 57,2 % Streuobstwiesen, Kopfweiden u. ä. 40,0 % Begrünung von Gebäuden 37,6 % Heckenpflanzungen 36,8 % Anlage von Feuchtbiotopen 29,6 % Einzelgehölzanlagen, Feldgehölzinseln 29,4 % Anlage von Blüh- und Ackerrandstreifen 26,6 % mehrjährige Brachflächen 16,4 % Renaturierung von Gewässern 10,7 % 4,5 % nichts 0 10 20 30 40 50 60 [%] … wären … % der befragten Betriebe bereit zu erbringen bei entsprechender Vergütung/Arbeitshilfe. Zusätzlich angebotene Naturschutzleistungen bei entsprechender Vergütung Bei entsprechender Vergütung bzw. Arbeitshilfe wären 57 % der Befragten bereit, Nisthilfen und/oder Sitzstangen für Greifvögel anzubringen (Abb. 7). Das Interesse der Landwirte an Pflanzung und Pflege von Streuobstwiesen, Kopfweiden und anderen Sonderstrukturen läge bei veränderten Rahmenbedingungen bei 40 %. Die Begrünung von Wirtschafts- bzw. Hofgebäuden durch Kletterpflanzen oder Strauchpflanzungen können sich immerhin 38 % der Befragten vorstellen, ebenso Heckenpflanzungen mit 37 %. 50,5 % 40,4 % 34,4 % keine Zeit Angst vor Bindungswirkung Steinkäuze sind Charaktervögel extensiv genutzter, artenreicher Wiesenlandschaften mit alten Bäumen; insbesondere nutzen sie Streuobstwiesen und alte Kopfweiden. 31,0 % ich sehe keine Begrenzungen 60 14 % Die wesentlichen Ergebnisse zu diesem Themenkomplex sind hier dargestellt. Diese Faktoren … [%] der befragten Betriebe … 20 0 12 % … setzen im Ackerbau ganz oder teilweise diese naturschonenden Techniken ein. 60 10 29 % 20 [%] der befragten Betriebe … 50 Ein wichtiger Teil der Naturland-Umfrage behandelte die Rahmenbedingungen, unter denen die Ökolandwirte heute Naturschutzleistungen erbringen. Dazu gehören sowohl die jeweilige naturräumliche Ausgangslage bzw. die konkreten Betriebsstrukturen, als auch die aktuelle Fördersituation, eigene Fachkenntnis der Landwirte bzw. eine verfügbare fachliche Beratung im Bereich Naturschutz. Ziel des Projekts war unter anderem, die Potenziale und Hemmnisse der Öko-Landwirte bezüglich der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen auf dem Bauernhof in Erfahrung zu bringen, um den konkreten Handlungsbedarf für die Öko-Anbauverbände abschätzen zu können. 40 10 Abb. 4: Anteil von Extensivgrünland am gesamten Grünland der Betriebe. Rahmenbedingungen für Naturschutzleistungen auf Öko-Bauernhöfen (Teilergebnisse der Naturland-Umfrage) 19,5 % schlechte Erfahrungen in der Naturschutzarbeit 14,7 % kein konkreter Nutzen für den Betrieb 11,9 % man müsste eigenes Kapital investieren 11,7 % Naturschutz stört Betriebsablauf 4,8 % 0 10 20 30 40 50 60 [%] … begrenzen bei … % der befragten Betriebe die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen. Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen 9 Naturschutzberatung unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse vor Ort sollte zu einem integralen Bestandteil der Betriebsplanung werden. Interesse an einzelbetrieblicher Naturschutzberatung Auf die Frage, ob sie sich eine „Naturschutzberatung und -planung“ für ihren Hof vorstellen können, antworten 78 % der befragten Landwirte mit „ja“. Lediglich 18 % schließen dies aus, 4 % machen keine Angabe. Dieses Ergebnis ist fast identisch mit einer Befragung in Niedersachen (s. Keufer & van Elsen 2002), bei der 81 % der Befragten mit „ja“, 17 % mit „nein“ antworteten, sowie mit der NABU-Untersuchung (70 % „ja“). Gewünschte Inhalte einer Naturschutzberatung An konkreten Überlegungen für ihren Hof sind 58 % der Befragten interessiert. Für 56 % wäre es wichtig, über Förderprogramme im Naturschutz informiert zu werden (vgl. Abb. 8). Die häufigsten sonstigen Nennungen auf diese offen formulierte Frage sind: ■ ■ ■ praxisorientiert, an individuelle Situation angepasst, kooperativ – eigene Ideen mit einbringen können Teil 2 Handlungsempfehlungen für Naturschutz im Ökolandbau Interesse an Weiterbildungsangeboten Etwa die Hälfte der befragten Landwirte (48 %) hat grundsätzlich Interesse an Weiterbildungsangeboten (vgl. Abb. 9). Dass diese Weiterbildung von Vertretern der Öko-Anbauverbände angeboten werden sollten, meinen 40 %. Knapp ein Viertel (24 %) der Befragten wünschen sich Weiterbildungsangebote von Vertretern der Landwirtschaftsbehörde, 19 % von Vertretern der Naturschutzverbände. Mehr als die Hälfte der Landwirte (54 %) halten Seminarangebote auf landwirtschaftlichen Betrieben für sinnvoll, auf denen Naturschutzmaßnahmen vor Ort vorgestellt und diskutiert werden. Im Folgenden sind die aus Sicht des Naturschutzes wichtigsten Handlungsempfehlungen für die Entwicklung einer umfassend naturschonenden Bewirtschaftungsweise auf dem Betrieb zusammengestellt (A). Maßnahmenbezogen ist je nach Aufwand bzw. Intensität von Nutzungseinschränkungen z.T. ein finanzieller Ausgleich erforderlich, z.B. über Agrarumweltprogramme oder Vertragsnaturschutz. Damit Naturschutzmaßnahmen zielführend auf den Betrieben umgesetzt werden können, ist eine Unterstützung durch Verbände, Politik und Gesellschaft notwendig, so z.B. durch Einrichtung einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung. Notwendige Unterstützungsmaßnahmen sind unter (B) untenstehend aufgelistet. Abb. 9: Interesse an Weiterbildungsangeboten. Diese Vorstellungen … Sinnvoll wären Seminarangebote auf landwirtschaftlichen Betrieben A Diese sollten angeboten werden von Vertretern der Öko-Anbauverbände 40,2 % Diese sollten angeboten werden von Vertretern der Landwirtschaftsbehörde Im Bereich Ackerland Die aufgeführten Maßnahmen dienen im wesentlichen dem ökologischen Ausgleich für die z. T. dichten und relativ ertragreichen Bestände insbesondere auf den besseren Böden, auf denen die Ackerwildkrautflora und die Begleitfauna nur geringe Entfaltungsmöglichkeiten haben. 23,9 % Diese sollten angeboten werden von Vertretern der Naturschutzverbände 19,2 % Grundsätzlich habe ich Interesse an Weiterbildungs-Angeboten 48,1 % 0 10 20 30 40 50 Handlungsempfehlungen für Maßnahmen auf dem Betrieb 60 [%] … haben … % der befragten Betriebe bezüglich Weiterbildungsangeboten. Schaffung von Nahrungs- und Nistmöglichkeiten für Feldvogelarten, wie z. B. die Feldlerche, aber auch für Insekten und Kleinsäuger durch: ■ möglichst unbürokratisch, unkompliziert, unverbindlich Diese Inhalte … konkrete Überlegungen für ihren Hof 58 % Information über Förderprogramme im Naturschutz 56 % Kostenkalkulationen und Fördermittelberechnungen 42 % Arbeitserleichterung durch Kooperation mit Naturschutzverbänden 31 % Naturschutzdetailplanung 28 % Hilfe bei Antragstellung 27 % Hilfe bei Umsetzung der Planung 24 % 0 10 20 30 40 50 60 [%] Unten: Die Feldlerche ist im Frühjahr und Sommer auf eine ausreichende Nahrungsbasis aus artenreichen Grünland- und Ackerflächen angewiesen. 54,2 % ökonomisch orientiert, Perspektiven ermöglichen, langfristige Konzepte entwickeln Abb. 8: Gewünschte Inhalte einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung. Links: Durch blütenreiche Ackersäume können Lebensraum und Nahrungsmöglichkeiten für Vögel, Kleinsäuger und Insekten geschaffen werden. Insgesamt zeigte die Analyse, dass die Mehrzahl der Betriebe bereits heute bemerkenswerte Naturschutz-Leistungen gezielt oder als Nebenprodukt ihrer Bewirtschaftung erbringen. Die Befragung ergab, dass seitens der Ökolandbaubetriebe ein sehr großes Interesse an weiteren Informationen, an einzelbetrieblicher Naturschutzberatung und an konkreten Überlegungen für den eigenen Hof besteht. Aus der Analyse der aktuellen Situation ergibt sich, dass der größte Handlungsbedarf im Bereich Grünlandbewirtschaftung bei der Entwicklung von Artenvielfalt sowie bei der Einrichtung von Blühstreifen und beim Einsatz naturschonender Techniken besteht. Bei den Rahmenbedingungen für Naturschutzleistungen sind vor allem in den Bereichen Förderung (Maßnahmenförderung bzw. finanzieller Ausgleich für Nutzungsverzicht) und Beratung Verbesserungen nötig. Darüber hinaus gibt es jedoch auch in vielen anderen Bereichen Handlungsmöglichkeiten. ■ ■ Einrichtung von Blüh- und Brachestreifen auf ca. 3–5 % der Ackerfläche (Blühstreifen sind über- oder mehrjährig angebaute Kräuter- und Blumenstreifen mit autochthonen Pflanzenarten, d. h. aus der Gegend stammenden und dort angebauten Pflanzenarten.) Entwicklung kleiner, nicht bearbeiteter Flächen (Wildkrautinseln), je 10 m2, mitten innerhalb der Schläge (je ca. 2 Stück pro ha) Getreidesaat mit weiten Reihenabständen auf ca. 20 % der Fläche (Untersaaten sind möglich, wenn Saat und Hacken vor der Vogelbrut erfolgen.) Schaffung einer Nahrungsgrundlage für durchziehende und überwinternde Vogelarten durch: ■ Stoppelbrache über Winter oder Selbstbegrünung auf ca. 10 % der Fläche Im Bereich Grünland Trotz des hohen Anteils von Extensivgrünland in Ökobetrieben sind große Teile davon relativ artenarm. Aus Sicht des Naturschutzes sollte die ökologische Qualität der Extensivnutzungsflächen aufgewertet werden. Ein wesentliches Ziel ist dabei die Schaffung blühender Strukturen. Auch Bewirtschaftungstechniken zur Schonung der Fauna sind zu empfehlen. Entwicklung kräuter- und artenreichen Extensivgrünlandes auf Teilen des Betriebes, je nach standörtlichem Potenzial, z. B. durch: ■ ■ Beschränkung der Nutzung mit dem Ziel, mehr Pflanzenarten das Blühen zu ermöglichen Verwendung von Festmist zur Förderung des Kräuterreichtums (wenn Gülledüngung, dann nur zum zweiten Aufwuchs) In artenreichem Grünland kommen neben dem Rotklee auch Pflanzenarten wie z. B. Margerite, Glockenblume und Witwenblume vor. Erhöhung der ökologisch wirksamen Randlängen durch: ■ Begrenzung der Schlaggröße bzw. Untergliederung großer Schläge … wünschen … % der befragten Betriebe von einer Naturschutzberatung. 10 Ergebnisse von Betriebsbefragungen und Hofbesuchen Handlungsempfehlungen 11 ■ Belassung von ca. 5 % Saum- und Blühstreifen am Rand und innerhalb von Grünlandflächen, wo Pflanzen aussamen können und Tiere zur allgemeinen Mähzeit Nahrungsquellen finden (z. T. mit einer Mahd pro Jahr oder Mahd in alternierenden Jahren) Tierschonende Bewirtschaftung durch: ■ Mahd mit einer Schnitthöhe stets über 7–8 cm ■ Mahd von innen nach außen ■ Verwendung schonender Balkenmähwerke / Wildretter Links: Beispiel für eine naturschonende Mähtechnik ist das Mähen mit Doppelmesser-Mähwerk, hier im Frontund Heckanbau. Im Betrieb allgemein Die Maßnahmen auf dem Betrieb sollen allen Bereichen der biologischen Vielfalt zugute kommen, so der genetischen Vielfalt, der Artenvielfalt und der Nutzungs- und Strukturvielfalt. Einige wichtige, den Gesamtbetrieb betreffende Maßnahmen sind hier aufgeführt: ■ ■ Verwendung /Anbau seltener Kulturpflanzensorten (Getreide, Hackfrüchte, Gemüse, Obst) Haltung seltener Nutztierrassen, verbunden mit Freiland- bzw. Weidehaltung ■ Förderung der Festmist- und Kompostwirtschaft ■ Verwendung natur- und bodenschonender Geräte ■ ■ ■ Erhaltung, Pflege und – wo nötig – Anlage von Landschaftselementen wie Hecken, Feldrainen, Gräben, Saumstreifen etc., als Ergänzung zum Biotopverbund B Notwendige Unterstützungsmaßnahmen von Verbänden, Politik, Gesellschaft Die pflegliche Entwicklung von Kulturlandschafts-Biotopen ist eine Naturschutzaufgabe, für die der Ökologische Landbau geradezu prädestiniert ist. Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt sind aber auch gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Daher müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Extensivierungsmaßnahmen auf ökologisch bewirtschafteten Flächen unterstützen und die Bewirtschaftung wirtschaftlich unrentabler Flächen, wie z. B. artenreicher Magerrasen, sicherstellen. Die unterzeichnenden Öko-Anbauverbände wollen sich zusammen mit den Naturschutzverbänden dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für Naturschutz im Ökolandbau verbessert werden, insbesondere durch: ■ Neuanlage und Pflege von Streuobstflächen Anbringen von Nisthilfen für Vögel, Fledermäuse und (Nutz-)Insekten Begleitende Maßnahmen: ■ Im Bereich Obstbau Der Streuobstbau zeichnet sich im Gegensatz zu Niederstamm-Obstanlagen durch eine ungleich höhere Artenvielfalt aus. Wo immer möglich und ökonomisch vertretbar, insbesondere zur Erzeugung von Saftobst und zur Selbstversorgung, sollte die Anlage von Streuobstwiesen bevorzugt werden. Bestehende Niederstamm-Obstanlagen können z. B. durch die Integration von Streuobstbäumen ökologisch aufgewertet werden. Links: Streuobstwiesen sind nicht nur eine Pracht für das Auge, sondern sie gehören mit zu den artenreichsten Lebensräumen unserer Kulturlandschaft. Rechts: Das Einkorn ist ein Beispiel für eine seltene, alte Getreideart. 12 Handlungsempfehlungen ■ Erstellung eines Betriebsentwicklungsplanes im Hinblick auf Naturschutz und die landschaftsökologische Entwicklung ■ ■ ökologische Selbsteinschätzung durch die Landwirte Im Rahmen einer einzelbetrieblichen Naturschutzberatung können Landwirte zusammen mit einem Berater mögliche Maßnahmen im Hinblick auf die Realisierungsmöglichkeiten im Betrieb durchdenken und in einem Betriebsentwicklungsplan festhalten. Eine ökologische Selbsteinschätzung dient der Prüfung und Darstellung der ökologischen Leistungen des eigenen Betriebs durch den Landwirt selbst (hierzu vgl. Oppermann 2001, van Elsen & Daniel 2000). ■ ■ Einrichtung einer Naturschutzberatung für Ökolandbau-Betriebe, um deren Engagement im Bereich des Naturschutzes zu unterstützen und ihre Kompetenz optimal nutzen zu können (z. B. bei der gemeinsamen Erstellung von landschaftsökologischen Betriebsentwicklungsplänen) mehr und bessere Informationen über Naturschutzmaßnahmen Integration von Naturschutz in die Aus- und Weiterbildung Unterstützung der Aufpreisvermarktung von Produkten, wie z. B. Obst aus Streuobstanbau finanzielle Förderung von Naturschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Arten- und Sortenerhaltung seitens der Agrarumweltpolitik (ergebnisorientierte Honorierung, Regionalisierung, etc.) Ausblick Für die Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus im Sinne einer naturverträglichen und naturentwickelnden Landwirtschaft ist entscheidend, dass viele Menschen die Bäuerinnen und Bauern bei einer Umsetzung solcher Ziele unterstützen und fördern. Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Möglichkeit, dies durch ihre bewusste Kaufentscheidung für naturgerecht produzierte Lebensmittel aus kontrolliert biologischem Anbau zu tun. Naturschutzgruppen können durch ihr Engagement für die Erhaltung oder den Wiederaufbau lokaler Verarbeitungseinrichtungen (Kleinschlachthöfe, Molkereien, Keltereien …) oder durch entsprechende Vermarktungsaktivitäten (Streuobst-Produkte, Heide-Lämmer, Naturschutz-Milch, Gemüse-Abo …) zur Stärkung einer naturschutzfördernden Landwirtschaft beitragen. Links: Auszubildende in landwirtschaftlichen Berufen sollen zukünftig mehr über den Naturschutz lernen. Rechts: Schon die Kleinsten lassen sich gerne von Qualität und Geschmack der Bio-Lebensmittel überzeugen. Handlungsempfehlungen 13 Literaturhinweise Auswahl an weiterführender Literatur Bosshard, A., Oppermann, R. und Reisner, Y. (2002): Vielfalt in die Landschaftsaufwertung! Eine IdeenCheckliste für Landwirtschaft und Landschaftsplanung. Naturschutz und Landschaftsplanung 34: 300-308, Stuttgart FIBL (2000): Bio fördert Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt. FIBL-Dossier: Erkenntnisse aus 21 Jahren DOK-Versuch. FiBL-Dossier Nr. 1, August 2000, 3. Auflage, Frick Keufer, E., van Elsen, T. (2002): Naturschutzberatung für die Landwirtschaft. Ergebnisse einer Umfrage bei Bioland-Landwirten und Ansätze zur Institutionalisierung in Niedersachsen. Naturschutz und Landschaftsplanung 34: 293-299, Stuttgart Naturland (2003): Naturschutz auf Öko-Bauernhöfen – Ergebnisse einer bundesweiten Befragung von Naturland-Betrieben. Abschlussbericht BfN-Vorhaben, 36 S., Gräfelfing, Informationen unter www.naturland.de Oppermann, R. (2001): Naturschutz mit der Landwirtschaft – Ökologischer Betriebsspiegel und Naturbilanz: Wie naturfreundlich ist mein Betrieb? Broschüre 56 S., NABU-Landesverband Baden-Württemberg, Stuttgart Oppermann, R., Krismann, A., Hötker, H. und Blew, J. (2003): Zielvorstellungen und Entwicklungsperspektiven für den Ökolandbau aus Naturschutzsicht – Ergebnisse eines Projektes im Bundesprogramm Ökolandbau. Abschlussbericht, Singen, Bergenhusen, Bonn; Informationen ab Frühjahr 2004 unter www.nabu.de van Elsen, T., Daniel, G. (2000): Naturschutz praktisch. Ein Handbuch für den ökologischen Landbau. Praxis des Ökolandbaus, 108 S., Bioland Verlag, Mainz Gemeinsame Position der Öko-Anbauverbände Naturschutz durch Ökolandbau Die unterzeichnenden Öko-Anbauverbände bekennen sich zur hohen Bedeutung von Natur- und Landschaftsschutz in der Landnutzung zum Wohle von Mensch und Natur. Die Öko-Landwirte erbringen schon heute durch systemimmanenten und aktiven Naturschutz Naturschutzleistungen. In einzelnen Teilbereichen besteht noch Handlungsbedarf und Handlungspotenzial für die Zukunft. Die „Internationale Vereinigung der ökologischen Anbauverbände Landbauverbände“ (IFOAM) entwickelt deshalb derzeit Biodiversitätsstandards für den Ökolandbau. Aktuelle Umfragen unter Öko-Landwirten zeigen, dass die Bereitschaft zur Integration von Naturschutzmaßnahmen in die betrieblichen Abläufe groß ist. Vielfach stehen jedoch Wissensdefizite und mangelnde finanzielle Mittel, z. T. aber auch Zielkonflikte in der Bewirtschaftung, einer Umsetzung im Wege. Die Landwirte müssen deshalb einerseits bei der Ideenfindung und bei der Umsetzung von Naturschutzzielen durch kompetente individuelle Naturschutzberatung unterstützt werden. Andererseits ist ein finanzieller Ausgleich bzw. Anreiz für spezielle Naturschutzleistungen durch Öko-Betriebe sowohl notwendig als auch besonders effizient: das weit überdurchschnittliche Naturschutz-Potenzial des Öko-Landbaus, das durch zahlreiche Untersuchungen belegt ist, kann so zur ökologisch orientierten Weiterentwicklung der Kulturlandschaften genutzt werden. Individuelle Beratung und finanzieller Ausgleich ermöglichen es Öko-Landwirten, unter ihren jeweils sehr unterschiedlichen naturräumlichen und betrieblichen Bedingungen zusätzliche Beiträge zum Naturschutz zu leisten. Die unterzeichnenden Öko-Anbauverbände haben sich deshalb darauf verständigt, ihre Mitgliedsbetriebe bei ihren Bemühungen für den Naturschutz verstärkt zu unterstützen. Insbesondere ist es gemeinsames Ziel, Aktivitäten in folgenden Bereichen zu intensivieren: ■ ■ ■ ■ Kommunikation der Umwelt- und Naturschutzleistungen der Öko-Landwirte, die sie durch die gängige Ökolandbau-Praxis heute schon erbringen Engagement für die Etablierung und öffentliche Finanzierung einer von den Öko-Anbauverbänden getragenen einzelbetrieblichen Naturschutz-Fachberatung für Öko-Landwirte Zusammenarbeit mit den Naturschutzorganisationen, um deren Kompetenz für ein Informations- und Beratungsangebot an die Landwirte zu nutzen Einsatz für die Verbesserung bestehender Agrarumweltprogramme, damit wichtige, aber aus wirtschaftlicher Sicht der Landwirte nicht ohne weiteres umsetzbare Naturschutzleistungen erbracht werden können Biokreis e. V. • Bioland e. V. • Biopark e. V. Demeter-Bund e. V. • Ecoland e. V. • Ecovin e. V. Gäa e. V. • Naturland e. V. (Dieses Positionspapier wurde erstmals vorgestellt zum Workshop „Naturschutz als Aufgabe des Ökologischen Landbaus“, 16.–18. 10. 2003 an der Universität Kassel in Witzenhausen) van Elsen, T., Röhrig, P., Kulessa, V., Schreck, C., Heß, J. unter Mitarbeit von Himstedt, M., Grundmann, E., Bollenhagen, U., Ingensand, T., Rentz, T., Braband, D. und Hotze, C. (2003): Naturschutz und Landwirtschaft: Praxisansätze und Potenziale des Ökologischen Landbaus zur Entwicklung von Kulturlandschaft. Angewandte Landschaftsökologie 60, 298 S., Bonn Weiger, H., Willer, H. (Hrsg.) (1997): Naturschutz durch ökologischen Landbau. Ökologische Konzepte 95, 306 S., Buchreihe der Stiftung Ökologie und Landbau, Deukalion-Verlag, Holm 14 Literaturhinweise Gemeinsame Position der Öko-Anbauverbände 15 Bundesprogramm Ökologischer Landbau Naturschutz und Ökolandbau Adressen und Ansprechpartner der Verbände und Institutionen ÖKOLOGISCHER LANDBAU Biokreis Erzeugerring e. V. (Britta Weitbrecht) Regensburger Straße 34, 94036 Passau Tel. (08 51) 75 65 013, [email protected] NABU-Bundesverband (Florian Schöne) Herbert-Rabius-Straße 26, 53225 Bonn Tel. (02 28) 40 36-0, [email protected] Bioland e. V. Kaiserstraße 18, 55116 Mainz Tel. (0 61 31) 2 39 79-0; [email protected] Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Deichmanns Aue 29, 53179 Bonn Tel. (02 28) 68 45-280 www.bundesprogramm-oekolandbau.de Biopark e. V. Karl-Liebknecht-Straße 26, 19395 Karow Tel. (03 87 38) 7 03 09, [email protected] Demeter e. V. Brandschneise 1, 64295 Darmstadt Tel. (0 61 55) 84 12-3 [email protected] Ecoland e. V. Raiffeisenstraße 18, 74523 Schwäbisch Hall Tel. (07 91) 93 29 04 51, [email protected] ECOVIN Bundesverband Ökologischer Weinbau e. V. Wormser Straße 162, 55276 Oppenheim Tel. (0 61 33) 16 40, [email protected] Gäa e.V. Ökologischer Landbau Status quo und Empfehlungen ÖKOLOGISCHER LANDBAU Bundesamt für Naturschutz (BfN) (Andreas Kärcher) Konstantinstraße 110, 53179 Bonn Tel. (02 28) 84 91-411, [email protected] Erstellung der vorliegenden Broschüre (unter Mitwirkung der nebenstehend genannten Verbände und Institutionen) NABU-Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz (ILN) Singen (Dr. Rainer Oppermann) Mühlenstraße 19, 78224 Singen, [email protected] Michael-Otto-Institut im NABU, Forschungs- und Bildungszentrum für Feuchtgebiete und Vogelschutz (Dr. Hermann Hötker) Goosstroot 1, 24861 Bergenhusen, [email protected] Gäa – Vereinigung ökologischer Landbau e. V. Am Beutlerpark 2, 01217 Dresden Tel. (03 51) 4 01 23 89, [email protected] Naturland e. V. (Markus Niedermeier) Kleinhaderner Weg 1, 82166 Gräfelfing [email protected] Naturland – Verband für naturgemäßen Landbau e. V. (Markus Niedermeier) Kleinhaderner Weg 1, 82166 Gräfelfing Tel. (0 89) 89 80 82-0, [email protected] Universität Kassel, Fachgebiet Ökologischer Land- und Pflanzenbau (Dr. Thomas van Elsen) Nordbahnhofstraße 1a, 37213 Witzenhausen [email protected] Gäa e.V. Ökologischer Landbau