Die neutestamentliche Briefliteratur

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Die neutestamentliche Briefliteratur
Thomas Johann Bauer
Einleitung Neues Testament IV
Die neutestamentliche
Briefliteratur
Hinführung und Überblick
Fragen und Probleme
→ Brief?
→ Literatur?
→ neutestamentlich?
→ neutestamentliche Briefliteratur?
Hinführung und Überblick
Was ist ein Brief?
→ Absender – Schreiber
→ Adressaten – Empfänger
→ Anlass und Funktion (Absicht)
Beziehungspflege
Informationsvermilung
Handlungsanweisung
→ Briefsituation
Hinführung und Überblick
Was ist ein Brief?
→ schriliche Form der Kommunikation
→ räumliche Trennung der Kommunikationspartner
→ zeitlich versetzte Kommunikation
→ Briefsituation
Hinführung und Überblick
Brief und Literatur – Was ist Literatur?
→ Brief etwas Alltägliches:
• Gebrauchstext
• Gelegenheitscharakter
• Kunstlosigkeit
→ Literatur
• ästhetischer Anspruch, kunstvolle sprachliche Gestaltung
• Komplexität des Inhalts und absichtsvolle Komposition
• Publikation und Anspruch auf Relevan
Hinführung und Überblick
Brief und Literatur: 1. Thessalonicherbrief
→ Absender: Missionar und Gemeindegründer Paulus
→ Adressat: die von ihm gegründete Gemeinde in Thesalonich,
die er verlassen hat, um weitere Gemeinden zu gründen
→ Anlass: Unklarheiten der neubekehrten Christen von
Thessalonich in Glaubensfragen, die sie nicht selbst lösen
können
→ Brief: Ersatz für seine persönliche Anwesenheit und
mündliche Predigt
⇒ Anspruch auf eine allgemeine Relevanz über die konkrete
Situation hinaus?
Hinführung und Überblick
Das Frühchristentum – eine »unliterarische« Bewegung?
→ Das Urchristentum hat seine Heimat mehr in sozial
niedrigen Schichten. (?)
→ Das Urchristentum wuchs nicht in einem geschlossenen
Kulturgebiet heran. (?)
→ Das Geschichtsverständnis der urchristlichen Gemeinden ist
gekennzeichnet durch die Naherwartung der Parusie. (?)
Schri und Schrilichkeit nur ein Notbehelf (?)
(Willi Marxsen, Franz Overbeck)
Hinführung und Überblick
Brief und Literatur: neutestamentliche Briefliteratur?
→ Briefe als früheste Schrien des NT keine Literatur
→ werden Literatur
• gelangen zum Ansehen als literarische Werke
• durch »Veröffentlichung« als oder in einem Buch
• Aufnahme in den Kanon
(Martin Dibelius, Philipp Vielhauer, Franz Overbeck)
Hinführung und Überblick
Adolf Deißmann: »Licht vom Osten«
→ »echter Brief« und »Kunstbrief« (Epistel)
»Der Brief ist ein Stück Leben,
die Epistel ist ein Erzeugnis der Kunst.«
→ Paulus, der Briefschreiber
• echte Briefe > echtes religiöses Empfinden
• Kunstbriefe > Literat > gekünstelt
Hinführung und Überblick
Neutestamentliche und frühchristliche Briefe (Überblick)
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echte Briefe und Kunstbriefe
- Paulusbriefe — Hebr, 1Joh
Problem der Verfasserscha: Pseudepigraphie
- echte Paulusbr. (Röm, 1Kor, 2Kor, Gal, Phil, 1Thess, Phlm)
- Deuteropaulinen (Kol, Eph, 2Thess)
- Tritopaulinen (Pastoralbriefe: 1Tim, 2Tim, Tit)
- Katholische Briefe (Jak, 1Petr, 2Petr, Jud, 1-3Joh)
Briefkompilationen: 1Kor, 2Kor, Phil, 1Thess
1. Klemensbrief, Polykarp von Smyrna, Barnabasbrief,
Ignatius von Antiochia
Form, Stil und Funktion frühchristlicher Briefe
Brieheorie und Briefstil
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theoretische Reflexion darüber,
- was ein Brief ist,
- wie ein Brief aussieht und
- was typisch für die Form und den Stil eines Briefes ist.
Vermilung und Aneignung im Rahmen des Schulunterrichts
elle / Handbücher der antiken Brieheorie
- Ps.-Demetrios: »über den Stil« (1. Jh. v. / 1. Jh. n.Chr.)
- Ps.-Demetrios: »Brieypen« (2./3. Jh. n.Chr.)
- Ps.-Proklos/Libanios: »über den Briefcharakter« (4./6. Jh.)
Brieheorie und Briefstil
Definition des Briefes (Ps.-Demetrios)
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Artemon: Brief = »die eine Häle eines Dialogs«
- Stil: Nähe zum mündlichen Gespräch
- zwischen Mündlichkeit und Schrilichkeit
- größere stilistische Sorgfalt als im Gespräch
Brief = »Spiegel der Seele«
Klarheit und Eindeutigkeit
der echte Brief ist kurz (↔ Lehrbrief und Briefessay)
»Gespräch unter Freunden«
- freundschalicher Gesinnung (griech. philophrónēsis)
- Inhalt: was sich Freunde sonst zu sagen haben
Brieheorie und Briefstil
Antike Brieheorie – Zusammenfassung
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Feundscha (gr. philophrónēsis)
- Funktion: freundschaliche Gesinnung
- Inhalt: Freundschasbekundungen
Anwesenheit (gr. parousía)
- Funktion: Absender im Brief beim Adressaten gegenwärtig
- Inhalt: abwesend / gegenwärtig
Gespräch (gr. homilía)
- Funktion: Gespräch unter Freunden
- Inhalt: was Freunde sich auch sonst zu sagen pflegen
Brieypen und Briefmuster
Ps.-Demetrius: Empfehlungsbrief
[Definition] Der Typ des Empfehlungsbriefes ist jener, den wird zu
jemands Gunsten an einen anderen schreiben, wobei wir verbunden mit
Lob zugleich die, die sich vorher nicht gekannt haben, zu solchen
machen, die sich kennen; dies geschieht ungefähr so:
[Briefmuster] Den XY, der Dir diesen Brief überbringt, hat sich bewährt
und wir schätzen ihn wegen der Treue, die er an den Tag legt. Du wirst
gut daran tun, wenn Du ihn der Aufnahme für würdig erachtest – sowohl seinetwegen als auch meinetwegen, und letztlich auch um
Deiner selbst willen. Denn es wird Dich nicht reuen, wenn Du ihm –
sofern Du es willst – ein vertrauliches Wort oder eine Angelegenheit
anvertraust. Aber auch Du wirst ihn bei anderen lobend empfehlen,
sobald Du wahrgenommen hast, dass er in jeder Hinsicht nützlich sein
kann.
Brieheorie und Briefstil
Brieypen
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typische Briefsituationen: wie schreibe ich angemessen
- hinsichtlich Situation (Trauer, Lob, Empfehlung, Tadel etc.)
- hinsichtlich Adressat und Ziel des Briefes
Briefsituationen und Brieypen
- Empfehlungsbrief
- Dankesbrief
- Dankesbrief
- Brief, der Vorhaltungen macht
- vorwurfsvoller Brief
- Scheltbrief …
Brief A:
P.Mich. VIII 490 (2. Jh.)
Beispiele antiker Briefe
Brief A: P.Mich. VIII 490 (2. Jh.)
Apollinarios an seine Muer Taesion viele Grüße.
Vor allem wünsche ich, dass Du bei guter Gesundheit bist; dafür erweise ich deinetwegen allen Göern
die Ehrerbietung.
Und als ich einen traf, der von Kyrene in Deine Richtung reiste, hielt ich es für eine Notwendigkeit, Dich
über mein Wohlergehen zu informieren. Du musst mich im Gegenzug sofort über Dein Wohlbefinden
informieren und das meiner Brüder. Und nun informiere ich Dich von Portus [= Ostia] aus, denn noch
bin ich nicht nach Rom weitergereist und auch noch nicht (dorthin) abgeordnet. Sobald ich abgeordnet
bin und weiß, wo ich sein werde, werde ich es Dir sofort mieilen. Und Du zögere Deinerseits nicht,
über Dein Wohlergehen zu schreiben und das Deiner Brüder. Wenn Du einen triffst, der in meine
Richtung reist, schreib dem Sokrates und er wird es mir weiterleiten.
Ich grüße viel die ganze Sippscha, nämlich Apollinaris und seine Kinder, und Kalalas und seine Kinder,
und alle, die Dir in Liebe verbunden sind. Es grüßt Dich Asklepiades.
Leb wohl und bleib mir gesund.
Ich bin in Portus angekommen am 25 Pachon.
[von anderer Hand darunter] Wisse, dass ich nach Misenum abgeordnet wurde; ich hab es später noch
erfahren.
[auf der Außenseite] Übergib an Karanis, für Taesion, von ihrem Sohn Apollinaris.
Brief B:
P.Mich. VIII 491 (2. Jh.)
Beispiele antiker Briefe
Brief B: P.Mich. VIII 491 (2. Jh.)
Apollinarios an seine Muer und Herrin Taesis viele Grüße.
Vor allem bete ich, dass Du gesund bist. Auch ich bin gesund und erweise deinetwegen den hiesigen
Göern die Ehrerbietung.
Ich will, dass Du weißt, Muer, dass ich wohlbehalten nach Rom gekommen bin, am 25 des Monats
Pachon, und dass ich nach Misenum abgeordnet bin. Meine Zenturie [Truppeneinheit] wurde mir noch
nicht mitgeteilt. Ich war nämlich noch nicht nach Misenum abgereist zu dem Zeitpunkt, als ich Dir
diesen Brief geschrieben habe. Ich bie Dich nun, Muer, hab auf Dich acht und mach Dir meinetwegen
keine Sorgen. Ich bin nämlich an einen guten Ort gekommen. Gut aber wirst Du daran tun, wenn Du mir
einen Brief schreibst über Dein Wohlergehen und das meiner Brüder und all der Deinigen. Ich werde
nicht zögern, Dir zu schreieben.
Ich grüße meine Brüder viel, sowohl Apollinaris und seine Kinder als auch Karalas und seine Kinder. Ich
grüße Ptolemaos, und Ptolemais und ihre Kinder, und Heraklous und ihre Kinder. Ich grüße mit Namen
alle, die Dir in Liebe verbunden sind.
Leb wohl, dafür bete ich.
[auf der Außenseite] Übergib an Karanis, für Taesion, von ihrem Sohn Apollinaris aus Misenum.
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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PRÄSKRIPT
- Angabe des Absenders (superscriptio)
- Angabe des Adressaten (adscriptio)
- Gruß (salutatio)
»X (Nom.) dem Y (Dat.) Gruß!«
→ Gruß: griech. chaírein „sich freuen, gegrüßt sein“ = Infinitiv
→ also eigentlich: »X [sagt] dem Y[, dass er] sich freuen
[soll]« (bzw. »dass er gegrüßt sein soll«)
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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POSTSKRIPT
- Schlussgruß
- Eigenhändigkeit (keine Namensunterschri)
- Datumsangabe (amtlicher Briefverkehr)
- eigenhändige Nachträge
»Leb / Lebt wohl« – später »Leb / Lebt wohl, darum bete ich!«
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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BRIEFCORPUS
- Corpuseröffnung
- Corpusmie
- Corpusabschluss
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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Formeln in der Corpuseröffnung
- Gesundheits- oder Wohlergehenswunsch:
»wenn es Dir gut geht, düre es gut stehen; mir geht es
gut«
»vor allem bete ich, dass Du gesund / wohlauf bist«
- Proskynema-Formel:
»vor allem bete ich, dass du gesund bist, und ich erweise
Deinetwegen / zu Deinen Gunsten (täglich) Verehrung /
Anbetung (gr. proskýnēma) dem Go XY / allen Göern«
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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Formeln des Corpusabschlusses
- Wohlergehenswunsch:
»schau auf Dich, damit Du gesund bleibst«
- Grußauräge:
»grüß von mir den X«
- Grußausrichtungen:
»es lässt Dich grüßen der Y«
Briefformular und Formeln griechischer Briefe
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Formeln der Corpusmie
- Bie um einen Brief und Motivierung des Briefwunsches
- Aphorme-Formel
- Kundgabeformel
»du sollst wissen …«
»ich möchte, dass Du weißt …«
- briefliche Klischees
Formular der neutestamentlichen Briefe
PRÄSKRIPT (1Thess 1,1)
- superscriptio
Paulus, Silvanus und Timotheus
- adscriptio
an die Gemeinde (gr. ekklēsía) von Thessalonich,
die in Go, dem Vater,
und in Jesus Christus, dem Herrn, ist:
- salutatio
Gnade (gr. cháris) sei mit euch und Friede (gr. eirḗnē).
→ gr. chaírein > cháris + hebr. schalom ≈ gr. eirḗnē
Formular der neutestamentlichen Briefe
POSTSKRIPT (1Thess 5,28)
- Schlussgruß = Segenswunsch
»Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch!«
spätere Briefe: Zusätze / Erweiterungen
Formular der neutestamentlichen Briefe
BRIEFCORPUS
- Überleitung vom Präskript zum eigentlichen Briefcorpus
- Bericht über ein Dankgebet (1Thess 1,2f.)
»Wir danken Go für euch alle, soo wir in unseren
Gebeten an euch denken …«
→ vgl. Proskynema-Formel
fehlt in Gal – direktes Gebet in 2Kor
- briefliche Selbstempfehlung des Paulus
Formular der neutestamentlichen Briefe
BRIEFCORPUS
- Überleitung vom Briefcorpus zum Postskript
- zusammenfassende Schlussparänese
- Formeln / formelhae Elemente
‣ Bie um ein Gebetsgedenken
‣ Ankündigung eines Besuches / Besuchswunsch
‣ Friedens- und Wohlergehenswunsch
- Grußauräge und Grußausrichtungen
Brief und Rhetorik
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ältere Forschung
- Benennung der verwendeten Stilmiel
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Ansatz von Hans Dieter Betz
- Untersuchungen zu Gal und Rhetorik
- Aufbauschema der Gerichtsrede
- Verteidigung gegen konkurrierende Missionare
‣ Beschneidung und Gesetz
‣ stellen Legitimation und Autorität des Paulus in Frage
‣ fiktives Gerichtsverfahren mit Angeklagtem (Paulus),
Anklägern (Gegner) und Gerichtshof (Galater)
Brief und Rhetorik
Galaterbrief – Gerichtsrede / Verteidigungsrede (H.D. Betz)
■ Briefpräskript (1,1–5)
■ Briefcorpus (1,6 – 6,10)
• exordium / Eröffnung (1,6–11)
• narratio / Schilderung der Streitfrage (1,12 – 2,14)
• propositio / Ankündigung des Beweisziels (2,15–21)
• probatio / Beweisführung (3,1 – 4,31)
• exhortatio / Ermahnung (5,1 – 6,10)
■ Briefpostskript – Funktion der conclusio / Abschluss (6,11–18)
Brief und Rhetorik
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Problematik des Ansatzes von Betz
dennoch: rhetorische Analyse der Paulusbriefe (und anderer
ntl. und frühchristl. Briefe) legitim und notwendig
aber: weiterer Ansatz:
- Argumentations- und Beweisverfahren
- Gliederung und Gedankenführung
- effektive sprachliche Gestaltung
- Überzeugung durch
‣ Stimmigkeit der Argumentation (gr. lógos)
‣ Glaubwürdigkeit des Redners (gr. ḗthos)
‣ Erregen von Emotionen der Hörer (gr. páthos)
Brief und Rhetorik
Rhetorische Darstellungsmiel und -techniken
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Indikativ-Imperativ-Folge
- Indikativ des Heils – Imperativ des Heils (vgl. Gal 5,1ff.)
- nicht Logik, sondern Appell an die Emotionen
Schema einst/jetzt
- Röm 6,19–21; 7,5; Gal 4,8f.; Eph 2,2–5
- ebenfalls Appell an die Emotionen
Revelationsschema (Enthüllungsschema)
- Eph 3,5f.; Kol 1,26–28
- ebenfalls Appell an die Emotionen
Brief und Rhetorik
Diatribe und Gesprächsstil
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Beobachtung
- Nachlässigkeit im Stil (Anakoluth): Gal 2,4; 1Kor 1,14–16
- Gesprächscharakter durch
Vorwegnahme von Einwänden: Röm 3,5f.; 6,1–2.15; 7,7;
11,1.11; Gal 3,21
Frage und Antwort: 2Kor 12,15f.; Jak 2,14
„Diatribe“ = fingiertes philosophisches Lehrgespräch
- Stil, der sich am Lehrvortrag bzw. Lehrgespräch des
Schulunterrichts orientiert
- Integration eines fiktiven Gesprächspartners: Fragen,
Einwürfe und Einwände
Funktionen des Briefes im Frühchristentum
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Differenzierung nötig
- echte Briefe
- Kunstbriefe
‣ Traktate in Briefform: Hebr; 1Joh; Barn
‣ pseudepigraphe Briefe
Funktionen der frühchristl. Gemeindebriefe (echte Briefe)
- Kontaktpflege zwischen dem Missionar und den von ihm
gegründeten Gemeinden
- Klärung theologischer Fragen
- Übermilung von Anweisung für das Leben der Gemeinde
1Thess 5,27: Verlesen in Gemeindeversammlung
Kol 4,16 Austausch von Briefen zwischen Gemeinden (?)
Anmerkungen zur antiken Briefpraxis
Zur Abfassung von Briefen
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Beschreibstoff und Schreibmaterial
- Papyrus: Pflanzenfasern > senkrecht und wagrecht
- Tinte: schwarz (Ruß), rot (Ocker)
- Pinsel aus Binsen, Rohfeder, hohler Pflanzenstengel
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Falten des Papyrusblaes > Schnur und evtl. Siegel
andere Beschreibstofee: Tonscherben (ostraca), Wachstafeln
Brief A:
P.Mich. VIII 490 (2. Jh.)
Hand 1
→ Diktat
an Schri) erkennbarer Wechsel des Schreibers
Hand 2
= Absender
→ eigenhändig
Anmerkungen zur antiken Briefpraxis
Sekretäre und Berufsschreiber
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Grund für Diktat
- antikes Schreibmaterial > Schreiben mühsam
Rolle des Sekretärs / Anteil am Brief
- Schreiben nach wörtlichem Diktat
- Erarbeiten eines Entwurfs nach Notizen
- Mitautor: formuliert nach knapper Vorgabe
- eigentlicher Autor: selbständig
Sekretäre in den Briefen des Paulus
- Röm 16,22: Tertius
- Rolle der Mitarbeiter / Mitabsender ?
Name /
Adressat
Verfasser
echte
Paulusbriefe
Deutero-­‐
paulinen
Trito-­‐
paulinen
Röm
Paulus
1 Kor
Paulus
& Sosthens
ja
2 Kor
Paulus
& Timotheus
ja
Gal
Paulus
Eph
Paulus
Phil
Paulus
& Timotheus
Kol
Paulus
& Timotheus
1 Thess
Paulus
& Silvanus & Timotheus
2 Thess
Paulus
& Silvanus & Timotheus
1 Tim
Paulus
1 Tim
2 Tim
Paulus
2 Tim
Tit
Paulus
Tit
Phlm
Paulus
Hebr
–
ja
ja
Eph
& Timotheus
ja
Kol
ja
2 Thess
ja
–
–
–
Anmerkungen zur antiken Briefpraxis
Sekretär und Briefdiktat bei Paulus
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Beobachtung zu 2Kor → plötzlicher Stimmungswechsel
- 2Kor 1–9 = freundlich
- Kor 10–13 = aggressiv und kämpferisch
Erklärungen
- plötzlich eintreffende schlechte Nachrichten
- Unterbrechung des Diktats: schlechter Schlaf
- Migräneanfall oder ähnliches
Entstehung / Abfassung des 2Kor
- (spontan) Wort für Wort diktiert — ?
- ohne Überarbeitung und Reinschri verschickt — ?
Anmerkungen zur antiken Briefpraxis
Zur Zustellung von Briefen
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kein offizielles Postsystem
Briefboten
- Sklaven oder Freigelassene
- zufällig Reisende (Fremde)
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Außenadresse - z.B. P.Oxy. II 300
‣ Präskript: Adressatin = Thaisous
‣ Außenadresse: Anweisung, den Brief im Gymnasium an
den Öllieferanten Theon zu übergeben
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Paulus: Mitarbeiter als Briefboten?
Brief A:
P.Mich. VIII 490 (2. Jh.)
Anmerkungen zur antiken Briefpraxis
Zur Zustellung von Briefen
•
•
kein offizielles Postsystem
Briefboten
- Sklaven oder Freigelassene
- zufällig Reisende (Fremde)
•
Außenadresse - z.B. P.Oxy. II 300
‣ Präskript: Adressatin = Thaisous
‣ Außenadresse: Anweisung, den Brief im Gymnasium an
den Öllieferanten Theon zu übergeben
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Paulus: Mitarbeiter als Briefboten?
Tradition u. Interpretation in frühchristl. Briefen
Allgemeines
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Form: Gebundenheit an Konventionen
Inhalt und Theologie – prägende Faktoren
- die jüdischen »heiligen Schrien« (AT)
- Schrien und religiöse Traditionen des Frühjudentums
- frühchristliche Überlieferung
- Leben und Denken der hellenistisch-römischen Welt
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Übernahme und Neuinterpretation - Veränderungen, Modifikationen, Kontextualisierung
- Interpretation durch Rezeption
- neue Bedeutung und neue Funktion
Rezeption „alestamentlicher“ Texte
Stellenwert der „Schri“ (AT) im Frühchristentum
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hoher Rang der „Schri“ im Denken der frühen Christen
Lektüre der „Schri“ von Christus-Ereignis her
- Vorhersage des Heils in Christus
- Ziel und ihre Vollendung in Jesus Christus
- Bekenntnis zu Jesus Christus wird zum Schlüssel für die
Interpretation der „Schri“
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Wurzeln ind Frühjudentum
- Interpretation der „Schri“ unter Vorzeichen von
Eschatologie und Apokalyptik
- „Schri“: Vorhersage des Heils der kommenden Welt
- Verständnis der Schri durch Go ermöglicht
Rezeption „alestamentlicher“ Texte
Stellenwert der „Schri“ (AT) im Frühchristentum
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Neues der frühchrstl. Interpretation der „Schri“
- durch und in Jesus hat die Erfüllung der Heilsverheißungen
jetzt bereits begonnen (vgl. Röm 1,3; 2Kor 1,19f.)
- Verheißung und Erfüllung (Paulus)
- kein Verständnis der „Schri“ ohne Christus-Bekenntnis
Rezeption „alestamentlicher“ Texte
Zitation und Schridiktion
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Rezeption der „Schri“ bei frühchristl. Autoren
- ausdrückliche Zitate (mit Zitationformeln)
- in den Text eingeflossene Wendungen aus der „Schri“
(biblische Diktion)
Abweichungen zwischen Zitat und Vorlage
- Zitate aus dem Gedächtnis
- unterschiedliche griech. Übersetzungen
→ verschiedene Bearbeitungen der Septuaginta (LXX)
Zitationsformeln
- „es steht geschrieben …“ – „die Schri sagt …“
- „David sagt …“ – „Jesaja sagt …“ – „Mose sagt …“