Argentinien - Argentinisches Tageblatt

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Argentinien - Argentinisches Tageblatt
Seit 1889
Freitag, 30. Dezember 2011
122. Jahrgang Nr. 31.856
Präsidentin Kirchner hat Schilddrüsenkrebs
Operation am 4. Januar / Während Cristinas Auszeit bis 24. Januar regiert Vize Boudou
Buenos Aires (dpa/AT/SF)
- Bei Staatschefin Cristina
Fernández de Kirchner ist
Schilddrüsenkrebs diagnostiziert worden. Sie werde
am 4. Januar operiert und
danach bis zum 24. Januar
eine Ruhepause einlegen,
teilte Regierungssprecher
Alfredo Scoccimarro am
Dienstagabend in einer Fernsehansprache mit. In dieser
Zeit werde Vizepräsident
Amado Boudou die Staatschefin vertreten.
Die Präsidentin leide an einem warzenartigen Karzinom
im rechten Schilddrüsenflügel,
erklärte der Regierungssprecher. Die Krankheit sei bei
einer Routineuntersuchung
am 22. Dezember entdeckt
worden. Metastasen seien
nicht festgestellt worden. Ihre
für diese Woche geplanten
Termine wollte die StaatscheFoto: AP
fin einhalten.
Laut einem Bericht der TaIm Januar legt Präsidentin Kirchner die Regierungsgeschäfte
vertrauensvoll in die Hände ihres Stellvertreters Amado Boudou.
geszeitung “La Nación” vom
Mittwoch war Präsidentin Kirchner zunächst schockiert,
Inhalt
Mehr
Argentinien
Jahresrückblick
Boom nach Bankrott............................................... 3 Lesen
„Eine Gefahr für sich und andere“...................... 5 Lesen
Die Woche in Argentinien..................................... 6 Lesen
2011 von A bis Z...................................................... 14 Lesen
Meinung
Privatschulen auf dem Vormarsch..................... 7 Lesen
Bar jeder Vernunft................................................... 8 Lesen
Randglossen.............................................................. 9 Lesen
Ausflüge & Reisen
Die deutsche Brücke über den Río Negro.....10 Lesen
Auto & Motor
Der hundertjährige ACA
ist immer noch mächtig...................................... 11 Lesen
Sport
Ohne Buenos Aires und ohne VW.................... 12 Lesen
Messi und Soufian................................................. 13 Lesen
Kultur
Metamorphose eines Viertels............................21 Lesen
Historiendrama “El cordero de ojos azules”
geht auf Spanientournee....................................24 Lesen
Ausstellungs-Tipps................................................25 Lesen
Wirtschaft
Fällige Provinzschulden
auf Ende 2013 verschoben..................................26
Die finanzielle Katastrophe
von Aerolineas Argentinas..................................27
Argentinien..............................................................29
Lateinamerika.........................................................33
Geschäftsnachrichten...........................................35
Der Widerspruch der Politik
mit Vernunft und wirtschaftlicher
Wirklichkeit..............................................................37
Lesen
Lesen
Lesen
Lesen
Lesen
Lesen
Titelseite
als sie von ihrer Krankheit unterrichtet wurde. Sie habe sich
jedoch schnell gefangen, da sie von einem Expertenteam
genauestens über die Beschaffenheit ihrer Krebserkrankung
und über die Art und Weise, wie gegen sie vorgegangen
werden könne, unterrichtet worden sei. Dr. Pedro Saco,
Chefarzt der Chirurgie des Hospitals Austral und Oberarzt der Abteilung für Kopf- und Halserkrankungen der
Krebsklinik Angel H. Roffo der UBA, einer der angesehensten Spezialisten des Landes, habe persönlich mit der
Staatschefin gesprochen.
“Dass Cristina Kirchner erst einmal tief betroffen war,
ist eine natürliche Reaktion”, sagte ein Staatsangestellter in
der Präsidenten-Quinta in Olivos laut “La Nación”. “Aber
nachdem sie mit Dr. Saco und seinem Team gesprochen
hatte, die sie operieren werden, war sie beruhigt.”
Das bei der Präsidentin diagnostizierte Karzinom gelte
als die mildeste Art des Schilddrüsenkrebses, für die in
über 90 Prozent der Fälle eine vollständige Heilung prognostiziert werde, erklärte der Vorsitzende der Lateinamerikanischen Schilddrüsen-Gesellschaft, Marcos Abalovich,
am Dienstag in “La Nación”. Die Schilddrüse werde chirurgisch entfernt, der Patient müsse ab dann künstliche
Schilddrüsenhormone einnehmen.
Der Thyreoidektomie genannte Eingriff, dem sich
Präsidentin Kirchner unterziehen muss, besteht in der
vollständigen chirurgischen Entfernung der Schilddrüse.
Je nach Notwendigkeit müssten unter Umständen auch
benachbarte Ganglien entfernt werden, heißt es in “La
Nación”. Der Eingriff dauere zwei bis drei Stunden, da nahe
der Schilddrüse wichtige Drüsen und Nervenstränge lägen,
deren Verletzung vermieden werden müsste.
“Es ist ein relativ einfacher Eingriff, aber er muss mit
Bedacht ausgeführt werden”, erklärte Dr. Mario Bruno von
der Krebsabteilung des Alvarez-Krankenhauses der Zeitung. “Soweit ich es aus den Details, die öffentlich mitgeteilt
wurden, entnehmen kann, ist es äußerst unwahrscheinlich,
dass Komplikationen auftreten.”
Internationalen Studien zufolge sind 95 bis 97 Prozent
der Patienten, die sich diesem Eingriff unterziehen, auch
10 Jahre später weiterhin gesund. “Mit der Einnahme der
Hormone kann man ein normales Leben führen”, sagt Marcos Abalovich. “Man muss nur regelmäßig zur ärztlichen
Kontrolle.” Und Bruno fügt hinzu: “Eine komplette Heilung
ist sehr wahrscheinlich. Bestrahlung oder Chemotherapie
sind nur in den allerseltensten Fällen notwendig.”
Cristina Fernández de Kirchner hatte am 10. Dezember
ihre zweite Amtsperiode als Präsidentin begonnen, nachdem sie ihre Wiederwahl mit 54 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Ihr Vorgänger und Ehemann Néstor Kirchner war im Oktober 2010 an einem Herzinfarkt gestorben.
Sowohl Venezuelas Präsident Hugo Chávez als auch
sein paraguayischer Amtskollege Fernando Lugo befinden
sich in Behandlung wegen Krebserkrankungen. Auch der
ehemalige Staatschef Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva,
hat Kehlkopfkrebs. Bei seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff
war 2009 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden. Sie
konnte die Krankheit noch vor ihrer Wahl zur Staatschefin
erfolgreich bekämpfen.
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Sonnabend, 10. Dezember 2011 - Seite 2 -
Argentinien
Boom nach Bankrott
Argentinien zehn Jahre nach der Staatspleite
Von Juan Garff
Buenos Aires (dpa) - Vor zehn Jahren erlebte Argentinien seine schwerste Wirtschaftskrise. Die Staatspleite
Ende 2001 hatte auch politische und soziale Folgen mit
vernichtenden Auswirkungen auf die Stabilität des Landes.
Und doch begann nur wenige Jahre später ein ununterbrochener Wachstumszyklus, der weiter anhält. Bereits
2005 wurden die Werte des Bruttoinlandprodukts von
vor der Krise übertroffen. Das demokratische System hat
sich gehalten, und Arbeitslosigkeit und Armut sind stark
gesunken.
Argentinien hatte nach einer traumatischen Hyperinflation seit 1991 seine Währung eins zu eins an den Dollar gebunden. Die stabile Parität unter dem Präsidenten Carlos
Menem brachte aber nicht das gewünschte Gleichgewicht
aller anderen Wirtschaftsindikatoren. Die Arbeitslosigkeit
verdreifachte sich auf 18 Prozent. Die wachsende Armut
konnte nicht gemildert werden, weil der Staat kaum noch
Jobs zu vergeben hatte.
Unter diesen Bedingungen gewann Fernando de la Rúa
1999 die Wahlen als Kandidat einer Mittelinks-Koalition
aus Radikaler Bürgerunion (UCR) und der Front für ein
solidarisches Land (Frepaso). Er galt als Hoffnungsträger
und wurde zum Sündenbock der Krise. Unter dem starken
Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF), die ansteigenden Staatsschulden trotz sinkender Einkommen zu
begleichen, versuchte die Regierung wiederholt, Ausgaben
zu senken und Steuern zu erhöhen. Die Maßnahmen stießen immer wieder auf den Widerstand der Gewerkschaften und neuer Protestbewegungen wie der “Piqueteros”,
der Arbeitslosengruppen, die in Straßenblockaden ihre
Forderungen zum Ausdruck brachten.
Im Vorspiel der Katastrophe spitzte eine starke Kapitalflucht die Situation zu. Die Verweigerung eines neuen
IWF-Kredits, weil die Regierung nicht das angestrebte
Null-Defizit erreicht hatte, gab den Anstoß zum Endspiel.
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Foto: AP
Originalgetreue Erinnerung:
Am 10. Jahrestag brannten in Buenos Aires Reifen.
Wirtschaftsminister Domingo Cavallo ließ alle Bankkonten sperren, Privatpersonen durften nur 250 Pesos (gleich
Dollar) pro Woche abheben.
Die Bevölkerung ging massiv auf die Straßen. Supermärkte wurden geplündert, Bankfenster zerschmettert.
Die Spannung steigerte sich. Der meistskandierte Spruch
hieß, in radikaler Ablehnung des gesamten politischen
Establishments: “Que se vayan todos” (Alle sollen gehen).
Die Regierung rief den Notstand aus, erreichte aber damit
nur, dass noch mehr Demonstranten an den Protesten teilnahmen. Um die 40 Menschen kamen dabei ums Leben.
Am 20. Dezember entschloss sich dann einen Tag nach
seinem Wirtschaftsminister auch der isolierte Präsident
De la Rúa, das Boot zu verlassen. Mit einem Hubschrauber
flüchtete er von der Terrasse des Regierungsgebäudes aus,
nachdem er seinen Rücktritt unterzeichnet hatte.
Mehrere Interimspräsidenten lösten sich in rascher
Folge im Amt ab. Einer von ihnen, Adolfo Rodríguez Sáa,
erklärte mit gewissem Stolz am 23. Dezember den Staats-
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 3 -
Argentinien
bankrott: Die fällige Auslandsschuld könne nicht weiter
beglichen werden. Zwei Wochen und zwei Präsidenten
später, wurde der Peso zum Dollar um 40 Prozent abgewertet und nachher langsam bis auf einen Wechselkurs
von 1 zu 4 gebracht. Im Gegensatz zu Griechenland heute
hatte Argentinien keinerlei internationale Bindungen, die
der autonomen Währungspolitik Grenzen setzte.
Der für 2003-2007 gewählte Präsident Néstor Kirchner
leitete die Umschuldung ein, die von über 90 Prozent
der privaten Gläubiger akzeptiert wurde. Noch fällig ist
die Staatsschuld gegenüber dem Pariser Club, also den
staatlichen Gläubigern. Trotz einiger Gesten scheint die
Regierung der Staatschefin Cristina Kirchner keine Eile
zu haben, diesen letzten Brocken aufzulösen.
Die Isolierung Argentiniens von den internationalen
Finanzmärkten hat dem Land einige Infrastrukturinvestitionen erschwert. Aber gleichzeitig freuen sich die
Regierungsvertreter, nicht in die aktuelle Krise verwickelt
zu sein. Argentiniens Wachstum wurde in den letzten acht
Jahren durch den starken Export an China und Brasilien
getragen. Der hohe Soja-Preis hat auch dazu beigetragen,
dass chinesische Wachstumsquoten -zuletzt 9,6 Prozenterreicht wurden.
Für die nächsten zwei Jahre wird mit einem verlangsamten Wachstum von um vier Prozent gerechnet. Bei
der starken Inflation von über 20 Prozent im Jahr, einem
wieder überbewerteten Peso und schwindenden Überschüssen in den Staatskonten, bleibt jedoch die Frage offen,
wie die Regierung den Konsum im Binnenmarkt bremsen
wird, der die Importe ankurbelt.
Erste Maßnahmen in dieser Richtung sind die jüngst
angekündigten Kürzungen der staatlichen Subventionen
der Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie der öffentlichen Transportmittel, die nach der Krise eingesetzt
wurden, um die Auswirkung der Abwertung von 2002
auf die Gehälter zu dämpfen. Einige soziale Spannungen
machen sich bereits bemerkbar. Der Gewerkschaftsboss
Hugo Moyano, bis vor kurzem ein enger Verbündeter der
Regierung, hat gewarnt, die Arbeiterbewegung werde ihre
Rechte verteidigen. Aber mit vier Prozent Wachstum in
den nächsten Jahren bleibt Argentinien ein Spielraum, um
den es in der heutigen Welt von vielen beneidet werden
kann.
(dpa)
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 4 -
Argentinien
„Eine Gefahr für sich und andere“
200 Verletzte und ein Toter bei Weihnachtsfeuerwerk
Buenos Aires (dpa/AT/SF) - Die Warnungen waren
umsonst: In der Hauptstadt und der Provinz Buenos
Aires sind am Heiligabend 197 Menschen beim traditionellen Weihnachtsfeuerwerk verletzt worden. Davon
waren über die Hälfte Kinder und Jugendliche. Doch
nicht nur durch den unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern kamen die Unfälle zustande, es wurden
in diesem Jahr auch besonders viele illegale Knallkörper
in den Himmel geschossen.
In der Provinz Santa Fe gab es außerdem einen Toten:
In Puerto General San Martín, einem Hafen am Paraná
325 Kilometer nördlich von Buenos Aires, kam nach
Angaben des Fernsehsenders TN am Weihnachtsabend
ein 27-jähriger Mann ums Leben, als sich ein Feuerwerkskörper entzündete, den er aus Spaß in seinem
Mund hielt.
In der Stadt Buenos Aires wurde am Sonntagmorgen
ein achtjähriger Junge mit schweren Verbrennungen ins
Krankenhaus eingeliefert, nachdem ein Feuerwerkskörper durch das Fenster seines Schlafzimmers auf sein Bett
gefallen war, berichtete am Montag die Zeitung „Clarín“.
Der Junge, dessen Haut zu 38 Prozent verbrannte, liegt
im Hospital Garrahan auf der Intensivstation.
Von den 86 Menschen, die in den frühen Morgenstunden des Sonntags in die Augenklinik Santa Lucía
eingeliefert wurden - 20 Prozent mehr als im Vorjahr,
mussten 10 operiert werden, die Hälfte davon Kinder
zwischen vier und acht Jahren.
Laut der Tageszeitung „Clarín“ warnte die Chefin der
Notaufnahme des auf Verbrennungen spezialisierten
„Hospital del Quemado“, Miriam Miño, dass es viel
zu leicht für Kinder sei, an Feuerwerkskörper heranzukommen. Es sei die Verantwortung der Eltern und
Erwachsenen, Kinder und Jugendliche auf die Gefahren
hinzuweisen, die Knallkörper und eine unsachgerechte
Behandlung derselben in sich trügen. „Sie müssen sie
darauf hinweisen, dass sie sich selbst und anderen Schaden zufügen können“, so Miño.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 5 -
Argentinien
Die Woche in Argentinien
Cameron pocht auf Souveränität
London (dpa) - Der britische Premierminister David Cameron hat vor
Weihnachten deutlich gemacht, dass
London niemals die Souveränität
der in Großbritannien Falklands
genannten Malwinen-Inseln gegen
den Willen der Einwohner aufgeben
werde. Cameron reagierte damit
auf einen Bann Argentiniens und
anderer südamerikanischer Länder
für Schiffe mit Falkland-Flagge. Sie
dürfen die Häfen der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und
Uruguay nicht mehr anlaufen. Die
Maßnahme der Argentinier sei “ungerechtfertigt und kontraproduktiv”,
sagte der Premierminister in seiner
jährlichen Weihnachtsansprache
an die Bewohner der Inselgruppe
im Südatlantik. Um die von Argentinien beanspruchten Inseln wurde
1982 ein Krieg geführt. Derzeit sind
sie sind britisches Überseegebiet
mit Queen Elizabeth II. als Staatsoberhaupt. Großbritannien hatte
Argentinien im vergangenen Jahr
verärgert, als es Ölbohrungen in den
Gewässern vor den Malwinen zuließ.
Von 2016 an wollen britische Firmen
dort Erdöl fördern. Der künftige
Thronfolger Großbritanniens, Prinz
William, wird im nächsten Jahr als
Hubschrauberpilot der Royal Air
Force einen mehrwöchigen Einsatz
auf einer Militärbasis auf den Inseln
absolvieren.
Bignone erneut verurteilt
Der letzte Chef der argentinischen
Militärjunta, Reynaldo Bignone, ist
wegen Menschenrechtsverletzungen
zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt
worden. Das Bundesgericht 2 in Buenos Aires befand den 83-Jährigen
am Donnerstag der Freiheitsberaubung an 15 Menschen im Krankenhaus Posadas schuldig. Die Klinik
liegt im Osten der Hauptstadt. Gegen den General im Ruhestand war
bereits wegen anderer Fälle zweimal
lebenslange Haftstrafe verhängt
worden. Bignone hatte wenige Tage
nach dem Staatsstreich 1976 persönlich an der Spitze einer Truppe mit
Hubschraubern und Panzern die
militärische Besetzung des Krankenhauses angeführt. Der Direktor
und weitere 14 Menschen sollen
festgenommen und gefoltert worden
sein. Elf Mitglieder des ärztlichen
und administrativen Personals
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wurden während der Militärdiktatur (1976-83) ermordet. Die Morde
werden jedoch in einem anderen
Prozess untersucht. Neben Bignone
wurde auch der ehemalige Brigadier Hipolito Rafael Mariani zu acht
Jahren Haft verurteilt. Bignone hatte
die Führung der Militärjunta am 1.
Juli 1982 übernommen, nachdem
sein Vorgänger General Leopoldo
Galtieri nach der Niederlage Argentiniens im Malwinenkrieg gegen
Großbritannien zurückgetreten war.
Aufruhr in Santa Cruz
Mit Tränengas und Gummigeschossen ist die Polizei in Río Gallegos
gegen demonstrierende Staatsangestellte vorgegangen. Diese hatten
vor dem Provinzparlament gegen
das von Gouverneur Daniel Peralta (PJ) geplante wirtschaftliche
Notstandsgesetz protestiert. Die
Parlamentssitzung, auf der über das
Gesetz beraten werden sollte, wurde
daraufhin abgebrochen. Das Gesetz
sieht ein Sparprogramm vor, sowie
eine Anhebung des Rentenalters und
der Sozialabgaben. Das Verhältnis
zwischen Regierung und Staatsangestellten ist wegen der Gehälter
und Weihnachtsgelder zusätzlich
angespannt. Diese werden derzeit in
Raten gezahlt.
Ausgeliefert
Bolivien hat am Sonntagmorgen den
kurz zuvor verhafteten ehemaligen
Offizier Luis Enrique Baraldini an
Argentinien ausgeliefert. Dies gab
Boliviens Innenminister, Wilfredo
Chávez, bekannt. Baraldini wurde
wegen Menschenrechtsverletzungen
während der Militärdiktatur in Argentinien mit internationalem Haftbefehl gesucht. Der Gesuchte wurde
Heiligabend am Flughafen der Stadt
Santa Cruz im Osten Boliviens festgenommen. Er war seit 2003 auf der
Flucht und lebte nach Angaben des
bolivianischen Innenministeriums
unter falschem Namen im Land.
Die Strafverfolgungsbehörden in
Bolivien seien ihm schon länger auf
der Spur gewesen, sagte der Innenminister. Dem heute 73-Jährigen
wird vorgeworfen, während der
Militärdiktatur von 1976 bis 1983
in Argentinien erst als Polizeichef in
La Pampa und später als Militärgesandter in Argentiniens Botschaft in
Bolivien für das Verschwindenlassen
und Folter von politischen Gegnern
verantwortlich gewesen zu sein.
Neuer Marinechef
Wenige Stunden nachdem ein Richter ihn wegen angeblicher Spionage prozessiert hatte, reichte der
Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Admiral Jorge Godoy sein
Rücktrittsgesuch ein. Präsidentin
Cristina Kirchner ernannte sogleich
als Nachfolger seinen bisherigen
Stellvertreter Vizeadmiral Carlos
Alberto Paz, ein Veteran des Malwinenkonflikts von 1982.
Mehr Motorräder in Buenos Aires
Buenos Aires - Auf den Straßen
der Hauptstadt gibt es immer mehr
Motorräder. Dieser seit sechs Jahren
zu beobachtende Trend hat sich auch
2011 fortgesetzt. 700.000 motorisierte Zweiräder, so die Erwartung
Vereinigung der konzessionierten
Händler (ACARA), könnten bis
zum Jahresende verkauft werden –
neuer Rekord, der einer Steigerung
von 21,5 Prozent gegenüber dem
Vorjahr entspricht. Die Zunahme
liegt vor allem in der großen Zahl
von Autos und den damit einhergehenden Verstopfungen von Straßen
und Parkplatzproblemen begründet.
Hinzu kommen häufige Blockaden
durch politische Protestaktionen
und sonstige Behinderungen, die
immer mehr Menschen nach Alternativen zum Kfz nachdenken lassen.
Allerdings steigt damit auch die Zahl
der Motorradfahrer, die in Unfälle
verwickelt sind. Stieg der Anteil zwischen 1993 und 2005 nicht über zehn
Prozent, so betrug er 2010 knapp 30
Prozent, so Eduardo Bertotti, der
Chef des Instituts für Straßensicherheit (ISEV). Auch die gestiegene Zahl der tödlich verunglückten
Motorradfahrer von 14 (2006) auf
28 (2010) spiegelt dies wider. Vor
diesem Hintergrund forderte die
Interessengemeinschaft “Pro Moto”
bereits eine bessere Schulung für die
Motorradfahrer. Zudem sollten vor
Ampeln separate Haltespuren für
die Zweiräder geschaffen werden.
Seitens der Stadtverwaltung hat
man bereits mit der einer Kampagne
zum Gebrauch von Schutzhelmen
und Kursen zur Verkehrserziehung
reagiert. (AT/mc/rta)
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 6 -
Meinung
Privatschulen auf dem Vormarsch
D
ie offiziellen Statistiken über das argentinische Schulwesen zeigen eine bemerkenswerte Tendenz seit 2003, als zum ersten
Mal die Schülerzahlen in den staatlichen
Lehranstalten zurückgingen. Seither hat
sich diese Verschiebung in den Schulstatistiken fortgesetzt. Gegen 25 Schüler je hundert in Privatschulen im Jahr
2002 sind es derzeit 33, so dass ein Drittel der schulpflichtigen Kinder in privaten Schulen unterrichtet wird. Diese
Tendenz ist offenbar unaufhaltbar, solange private Schulen
in der Lage sind, Anträge besorgter Eltern zu befriedigen,
die auch bereit sind, die anfallenden finanziellen Opfer
zu tragen. Staatsschulen sind bekanntlich gebührenfrei,
private Schulen müssen ihre Ausgaben für Gehälter, Investitionen und sonstigen Spesen mit den Schulgeldern
finanzieren, die für zahllose Eltern eine empfindliche
Belastung darstellen. Zahlreiche Privatschulen werden
wie die deutschsprachigen von Elternverbänden verwaltet,
andere, wie viele sogenannte englische Schulen, von Privatunternehmen. Religiöse und gemeinschaftliche Schulen
werden subventioniert. Diese Tendenz zugunsten privater
Lehranstalten ist ein deutliches Zeichen der verbesserten
Einkünfte des Mittelstandes in Argentinien dank kräftigem Wirtschaftswachstums im letzten Jahrzehnt.
Abgesehen von der finanziellen Seite zeugt der Vormarsch der privaten Schulen von einzelnen Entscheidungen der Eltern zugunsten einer besseren Ausbildung ihrer
Kinder in privaten anstatt in staatlichen Schulen. Offenbar
empfinden diese Eltern, dass die staatlichen Lehranstalten
ihre Kinder ungenügend ausbilden, nicht so die privaten
Schulen. Daher der Andrang an diese, die ohnehin überfordert sind. Meistens haben Kinder von Exschülern ein
Vorrecht, was bei zahlreichen Schulen, die viele Jahrzehnte
alt sind wie die meisten deutschsprachigen Privatschulen,
sicherlich ins Gewicht fällt.
Verantwortliche Eltern setzen sicherlich auf die Einhaltung der 180 Schultage im Jahr, die die Regierung
vorschreibt. Diese Zahl soll zudem neuerdings auf 190
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Tage angehoben werden. Früher, als auch samstags unterrichtet wurde und fühlbar weniger Feiertage galten,
wurden mehr als 200 Tage im Jahr gelehrt. Feiern statt
arbeiten und lernen, hat in Argentinien leider hohen
Stellenwert, insbesondere in letzter Zeit, da je ein Tag, an
dem gefeiert wird, nur drei Tage gearbeitet und Schulen
besucht werden.
An der obwaltenden Tendenz zugunsten der privaten
Schulen dürfte auch die Streikfreudigkeit der Lehrkräfte
staatlicher Anstalten mitwirken. Jeder Vorwand wird
von den Gewerkschaften genutzt, um ihre Forderungen
mit Streiks zu untermauern. Leidtragende sind nur die
Schulkinder, die nicht unterrichtet werden. In privaten
Schulen wird nicht gestreikt, so dass die Schüler ordentlich
unterrichtet werden. Außerdem haben in privaten Schulen die Leiter die Befugnis, auf Lehrkräfte zu verzichten,
deren Lehrtätigkeit als unbefriedigt eingestuft wird, in
staatlichen Schulen nicht, wo die Lehrkräfte, meistens
Lehrerinnen, nur in Ausnahmefällen entlassen oder versetzt werden dürfen. Das Nachsehen haben die Kinder,
wenn Lehrkräfte streiken oder auch mit allerlei Vorwänden, die in den Gewerschaftsstatuten verbrieft sind,
fehlen dürfen und durch Stellvertreter ersetzt werden.
Das ist zumal für Kleinkinder in den ersten Schuiljahren
oder im Kindergarten empfindlich, wo die Kinder sich
an ihre Lehrerinnen gewöhnen und dann plötzlich von
Ersatzlehrern betreut werden.
Die Regierung brüstet sich damit, dass neuerdings
über sechs Prozent des Sozialprodukts für Erziehung im
Haushalt verbrieft sind, angeblich etwa drei Mal mehr als
früher, und dass zahlreiche neue Schulgebäude errichtet
worden sind. Hinzu kommt der private Aufwand für das
Schulwesen, anteilsmäßig der größte in der Welt. Auch die
Feststellung der Präsidentin, dass einige Streiks, darunter
der Lehrerstreik in der Provinz Santa Cruz vor einigen
Monaten, reine Erpressung seien, haut in die gleiche Kerbe.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 7 -
Meinung
Bar jeder Vernunft
Von Stefan Kuhn
D
ie Tonlage wird schriller. Die USA und
die EU wollen mit einem Ölembargo die
Sanktionen gegen den Iran verschärfen,
weil das Land nach wie vor an seinem
Atomprogramm arbeitet. Das würde
Teheran empfindlich treffen, denn der wirtschaftlich
angeschlagene Staat lebt von den Einkünften aus den
Ölexporten. Daraufhin droht der Iran, die Straße von
Hormus zu sperren. Über die an ihrer schmalsten Stelle
knapp 60 Kilometer breite Wasserstraße zwischen dem
Iran und der arabischen Halbinsel werden ein Sechstel
des weltweit produzierten Erdöls transportiert.
Das würde die Industrieländer hart treffen. Der Ölpreis könnte sich verdoppeln und 200 Dollar pro Barrel
erreichen. Erdölproduzenten wie Irak, Kuwait, Katar und
die Vereinigten Arabischen Emirate würden auf einem
Großteil ihrer Produktion sitzen bleiben, der Handel mit
ihnen eingeschränkt. Die USA haben schnell und deutlich
auf die Drohung reagiert. Eine derartige Behinderung des
Welthandels werde man nicht hinnehmen, verkündete eine
Marinesprecherin.
Das war zu erwarten, deshalb ist die Blockadedrohung
schon blanker Unsinn. Die USA wissen, dass die iranische
Marine in der Lage ist, die Straße von Hormus zu sperren.
Der Iran weiß, dass er bei einem militärischen Eingreifen
der USA den kürzeren zieht. Teheran würde den USA
zudem einen Grund liefern, Einrichtungen seines Nuk-
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learprogramms zu bombardieren. Dann wäre es völlig
egal, ob es zivilen oder militärischen Zwecken dient. Eine
Blockade des Seewegs würde auf jeden Fall das Ende der
iranischen Atomträume bedeuten, wenn nicht sogar das
Ende des Regimes.
Völlig ausschließen kann man die Verwirklichung der
iranischen Drohung allerdings nicht. In Teheran regiert
alles andere als die Vernunft. Vielleicht glaubt Präsident
Mahmud Ahmadinedschad ja, die USA würden nach den
Kriegen im Irak und Afghanistan einen erneuten Waffengang scheuen. Saddam Hussein hat das auch geglaubt, als
er 1990 in Kuwait einmarschierte. Auch damals ging es in
erster Linie um Öl.
Mit Vernunft hat auch das Atomprogramm nichts zu
tun. Abgesehen von Kernkraftgegnern hat niemand etwas
dagegen, dass der Iran Atomenergie zivil nutzen will. Allerdings will auch niemand, dass das Land über Kernwaffen
verfügt. Der Iran wurde nicht bedroht, er wird bedroht,
seit er an der Bombe bastelt, weil er als Atommacht eine
Bedrohung darstellt. Man wird in Teheran wissen, dass
die USA und Israel nicht zulassen werden, dass es dazu
kommt. Vernünftig wäre es, in dem gegenwärtigen Streit
einzulenken, denn dann würde der Iran der Welt deutlich
machen, dass er Interesse an der Kernkraft und nicht an
Kernwaffen hat.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 8 -
Meinung
Randglossen
D
as Gesetz, das Strafen gegen
Terroristen verschärft, wurde
von José Sbatella, der das zuständige
Amt verwaltet, eigenartigerweise
in dem Sinn ausgelegt, dass auch
Krisen am Devisenmarkt, Spanisch
genannt „corridas cam-biarias“,
oder andere Finanzkrisen, Spanisch genannt „golpes de mercado“,
als Terrorismus ausgelegt werden
können. In der Folge würden Finanzmakler und andere Personen,
die Finanzgeschäfte verrichten, vor
Gericht gebracht und mit merjähriger Haft bestraft. Diese an den
Haaren herbeigezogene Auslegung
des Gesetzes zur Bestrafung des Terrorismus wurde vom Vorsitzenden
der Regierungsfraktion im Senat,
Miguel Pichetto, als völlig abwegig
dementiert. Da nicht bekannt ist,
welche Auslegung die Präsidentin
gut heißt, lauert derweilen eine
Gefahrenwolke über dem Finanzmarkt, wo niemand weiß, welches
Finanzgeschäft als terroristisch
ausgelegt werden kann.
P
lötzlich hat die Regierung entdeckt, dass die Rentnerverwaltung Anses Wucherzinsen von
70 und mehr Prozent zu Lasten
kreditwürdiger Rentner honoriert,
indem die Darlehen gemeinnütziger
Anstalten, genannt „mutuales“, bei
der Auszahlung der Renten, einschließlich besagter Wucherzinsen,
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abgezogen und mit einer Lebensversicherung garantiert werden, so
dass den Wucherern ihr Geld gesichert wird. Laut Notstandsdekret
verfügte die Regierung, dass künftig
die Zinssätze solcher Darlehen nur
um 5 Prozentpunkte höher als die
Zinsen der staatlichen Banco de la
Nación sein dürfte, deren Zinssätze
zwischen 23 und 30 Prozent je nach
Laufzeit betragen. Weltweit würden
das ebenfalls Wucherzinsen sein.
Nicht in Argentinien, wo die Inflation dafür sorgt, dass die Zinssätze
ausufern.
I
n Syrien brennt es. Diesen Eindruck haben zumindest die Medien vermittelt. Mehr als 5000 Tote
seit Beginn der Unruhen, Staatschef
Assad fährt Panzer gegen Demonstranten auf, die Gefängnisse sind
überfüllt. Lange widersetzte sich
das Regime den Forderungen der
Arabischen Liga, unabhängige Beobachter ins Land zu lassen. Jetzt
hat es dem Druck nachgegeben - mit
beeindruckendem Erfolg. Der könnte an der Zusammensetzung der
Beobachterkommission liegen. Deren Chef-Emissär, der sudanesische
Ex-General Mustafa al-Dabi, gab
von sich, die Beobachter hätten in
der Rebellenhochburg Homs „nichts
Beängstigendes“ entdeckt. Lediglich
einige Gegenden sähen „ein bisschen verwüstet“ aus. Al-Dabi hat
schon in seiner Heimat versucht,
den Völkermord in Darfur zu vertuschen. In Libyen sind die Bürger
vermutlich froh, dass die Arabische
Liga keine Beobachter, sondern die
Nato geschickt hat.
T
rauernde Massen sind ja nichts
Neues. Bei den Trauerzeremonien von Fast-Heiligen wie Lady Diana oder Eva Perón flossen die Tränen wohl in gefühlten Hektolitern.
Es ist jedoch kaum nachvollziehbar,
dass der Trauerzug für den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Il von
weinenden Menschen gesäumt war.
Tränen kann man nicht staatlich anordnen, und Freudentränen waren
das nicht. Kim ist für zigtausende
Hungertote verantwortlich, für
Umerziehungs- und Straflager, aber
er war auch der „Geliebte Führer“.
Zumindest hat man das dem Volk
17 Jahre eingetrichtert. Adolf Hitler
war nur zwölf Jahre an der Macht,
er hat das Land in Schutt und Asche
gelegt und sich der Verantwortung
durch Selbstmord entzogen. Viele
haben bis zuletzt an ihn geglaubt
und um ihn getrauert. Dem Massenmörder Stalin gaben Hunderttausende die letzte Ehre. Warum
sollten die Nordkoreaner nicht um
Kim trauern? Er hatte weit weniger
Dreck am Stecken.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 9 -
Ausflüge & Reisen
Die deutsche Brücke über den Río Negro
Von Marlú Kirbus
Vor 80 Jahren wurde Patagonien definitiv an den Rest
Argentiniens angeschlossen. Das geschah, als Ende 1931
deutsche Firmen die Straßen- und Eisenbahnbrücke über
den mächtigen Río Negro fertigstellten und damit auch
Züge der Südbahn direkt von Plaza Constitución nach San
Carlos de Bariloche rollen konnten.
Deutsche waren überhaupt Pioniere in den endlosen
südlichen Ebenen wie auch in den patagonischen Anden.
Federico Reichert, Gunther Plüschow und F. R. Franke
haben mit ihren Taten und Büchern das Riesenterritoium
südlich des Río Negro dem Publikum nähergebracht.
Mit einer Länge von 635 Kilometern und einer Wasserführung von 1014 Kubikmetern/Sekunde (halb so viel wie
der Rhein) grenzt dieser Fluss den Norden Patagoniens zu
La Pampa, Buenos Aires, Córdoba, Cuyo und den restlichen
Provinzen ab.
Man hatte zwar Patagonien schon lange zuvor erschlossen
und besiedelt, doch der Verkehr und die Verbindungen lagen
auf den Schultern der Küstenschiffe. Die Züge rollten nur
bis Carmen de Patagones. Eine Brückenverbindung nach
Viedma fehlte hingegen.
Das Bauwerk wurde von argentinischen Technikern
geplant, doch von deutschen Unternehmen ausgeführt.
Dyckerhoff & Widmann bauten Widerlager und rammten
die soliden Pfeiler, die Gutehoffnungshütte lieferte und ins-
Brücke über den Río Negro, links das Schwenksegment.
tallierte das Metallgerüst, Gesamtlänge 270 Meter, Gewicht
zweieinhalb Tausend Tonnen. Ein Teilstück, und das ist der
Clou der Geschichte, kann nach oben geschwenkt werden
und gibt den Weg für größere Schiffe frei, die allerdings
schon seit einem halben Jahrhundert nicht mehr auf dem
Strom verkehren.
Überhaupt ist die schöne Konstruktion längst durch eine
moderne Straßenbrücke ersetzt. Nun aber wurde der “Puente Viejo” generalüberholt, nicht für den Fahrzeugbetrieb,
aber als Touristenattraktion für Reisende.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 10 -
Auto & Motor
Der hundertjährige ACA ist immer noch mächtig
Von Marlú Kirbus
Kurz nach der Jahrhundertwende, die einige am 1.
Januar 1900 feierten und andere am Neujahrstag 1901,
strebte auch Argentinien vielversprechenden Zeiten entgegen. Die Wirtschaft brummte, die Straßen von Buenos
Aires begannen, sich mit den lärmenden, pferdelosen
Wagen zu bevölkern - vorerst allerdings nur als Zeitvertreib und Protzerei für die ganz Reichen.
Also beschloss man, sich in einem Club zu vereinigen.
Man fuhr immerhin Wagen, die auch der russische Zar
oder der König von Griechenland benutzte. So taten
sich also Leute wie Dalmiro Varela Castex, José Pacheco
y Anchorena, Carlos Tornquist, Carlos de Alzaga, der
Baron de Marchi, Alberto Fehling und andere betuchte
Porteños zusammen, um den Automóvil Club Argentino
zu gründen.
Nicht lange dauerte es freilich, bis sich eine Opposition
bildete, die bald zu einer Dissidenten-Gruppe wurde und
1907 den Touring Club Argentino unter Ezequiel P. Paz
(Besitzer der Morgenzeitung La Prensa) etablierte. Der
Touring legte um 1910 sogar die erste reine Automobilstraße (zwischen Nuñez und Olivos) an.
Doch mit der Zeit zog der ACA davon. Mit besseren
Initiativen und vor allem lockenden Dienstleistungen für
die Mitgliedschaft wuchs er schneller als sein Rivale und
war in den 30er Jahren landesweit führend mit rund 200
Tankstellen, manche mit Werkstätten, im Landesinneren
oft sogar mit Motels ausgestattet.
Bei den Mitgliedern begehrt waren die erstklassigen
Straßenkarten und vor allem auch der Abschleppdienst,
dessen Fahrzeuge gefragt waren, wenn es galt, im Regen
einen Reifen zu wechseln.
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Der Hauptsitz des Argentinischen
Automobil Clubs (ACA) in Palermo.
Seit 1940 hat der ACA seinen zehnstöckigen Hauptsitz
an der Avenida del Libertador 1850 in Palermo, mit Festsalon, Restaurant, Waschanlage, Abschmierdienst, und
sogar einem Museum mit wertvollen Schnauferln. Karten
und Reisehinweise stehen im 3. Stock zur Verfügung.
Seit den fünfziger Jahren besaß der ACA ein landesweites Netz mit Antennen, um aus allen Ecken des
Territoriums aktuelle Angaben über die Straßenverhältnisse zu empfangen. Dieses drahtlose Netzwerk war so
umfassend und funktionierte so perfekt, dass seinerzeit
Perón anordnete, sämtliche Masten umzulegen, weil er
befürchtete, dass seine politischen Gegner sich der Anlage bemächtigen könnten, um gegen ihn eine Revolution
anzuzetteln.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 11 -
Sport
Ohne Buenos Aires und ohne VW
Rallye Dakar startet an Neujahr in Mar del Plata
Berlin/Mar del Plata (dpa) - Diesmal sind Flugeinlagen
für Adam Malysz tabu. Bei seinem Debüt bei der härtesten Rallye der Welt sollte der ehemalige Skisprung-Star
mit vier Rädern so selten wie möglich die Bodenhaftung
verlieren. “Ich hoffe vor allem, dass ich ins Ziel komme”,
sagte der mittlerweile 34-Jährige vor dem Start der Dakar
2012 am Neujahrstag. “In der Luft war ich immer allein,
hier muss ich mit jemandem zusammenarbeiten”, betonte
Malysz mit Blick auf seinen rallye-erfahrenen Beifahrer
Rafal Michal.
Das polnische Duo wird im Mitsubishi Pajero bei den
Podestplätzen kaum mitreden können. Daran ändert auch
der Ausstieg von Seriensieger VW nichts. Das Wolfsburger
Autobauer konzentriert sich nach seinen drei Siegen im
Race Touareg nacheinander auf die unmittelbar bevorstehende Rallye-WM-Premiere mit seinem Polo. Dennoch
könnte auch die 33. Auflage der legendären Dakar, die
diesmal an insgesamt 14 Renntagen außer durch Argentinien und Chile auch durch Peru führen wird, wieder im
Zeichen von schwarz-rot-gold stehen.
Denn nun soll die große Stunde des x-raid-Teams aus
dem hessischen Trebur-Astheim schlagen. Gleich acht
Autos - fünf Minis und drei BMW X3 - schickt Teammanager Sven Quandt in das Rennen über insgesamt 8373
Kilometer von Mar del Plata am Neujahrstag bis zum
neuen Zielort Lima am 15. Januar. Darunter in Stéphane
Peterhansel auch den erfolgreichsten Piloten der DakarGeschichte mit bisher neun Siegen.
Der sechsmal mit dem Motorrad und dreimal mit dem
Auto schnellste Franzose vertraut seinem Landsmann
Jean Paul Cottret auf dem Beifahrersitz. Teamkollege
Leonid Nowitzki aus Russland setzt auf die Erfahrung
von Andreas Schulz, der 2001 Jutta Kleinschmidt und
2003 Hiroshi Masuoka den Weg zum Sieg wies. In Dirk
von Zitzewitz wird ein weiterer sieg-erfahrener deutscher
Co-Pilot - auch ohne VW - dabei sein. 2009 führte der
Karlshofer Giniel de Villiers aus Südafrika im Touareg bei
der ersten Südamerika-Auflage zum Triumph.
Den erneuten Gesamtsieg hat sich Nasser Al-Attiyah
vorgenommen. Die Nummer 300 des Siegers der vergangenen Auflage ziert diesmal einen Hummer vom amerikanischen Robby Gordon Team. “Was das Auto betrifft,
fange ich bei Null an”, meinte der Katarer Al-Attiyah, der
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vor knapp einem Jahr den VW-Hattrick perfekt gemacht
hatte.
“Der Gedanke, die Dakar nicht zu fahren, war schrecklich”, betonte der 41-Jährige, der dafür auch den ersten
Lauf zur Rallye-WM in Monte Carlo nur eine Woche nach
dem absoluten Langstrecken-Härtetest für seinen neuen
Arbeitgeber Citroen sausen lässt. Denn was die Dakar
für alle Teilnehmer bedeutet, hat auch Ex-Skisprungstar
Malysz schon erkannt, ohne nur einen Kilometer der stets
auch äußerst gefährlichen Jagd durch schwierigstes Gelände absolviert zu haben: “Jeder, der die Dakar zu Ende
fährt, ist ein Gewinner.”
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 12 -
Sport
Messi und Soufian
Die Geschichte einer Freundschaft
Madrid (dpa) - Mit seinen Ballkunststücken, seinen
Traumtoren und vielen Preisen steht Lionel Messi im
Rampenlicht - auch wenn das dem schüchternen und medienscheuen Star des FC Barcelona gar nicht so recht passt.
Jenseits des Hypes um den argentinischen Weltfußballer
gibt es allerdings auch einen anderen Messi, den nur ganz
wenige kennen. Einer von ihnen ist Soufian Bouyinza,
ein Elfjähriger, dem beide Beine amputiert worden sind.
Natürlich ist Soufian ein großer Fan von Messi. Doch
was er aus dem Munde seinen Idols gehört hat, haben
vor ihm noch nicht viele vernommen: “Ich bewundere
dich sehr, denn Du kämpfst jeden Tag für deine Ziele”,
vertraute der 24-jährige Argentinier dem Jungen an, der
trotz seiner Behinderung Fußball und Basketball spielt,
schwimmt und radelt.
Soufian kam als Sohn marokkanischer Einwanderer in
Barcelona zur Welt. Er wurde mit dem Laurin-SandrowSyndrom geboren, einer äußerst seltenen Krankheit, die
unter anderem eine Missbildung der Gliedmaßen zur Folge hat. “Er selbst hat seine Mutter gebeten, dass seine Beine
amputiert werden. Er war acht Jahre alt damals”, sagte der
Filmemacher Xavi Torres der Nachrichtenagentur dpa.
Zusammen mit drei Kollegen hat er für den katalanischen
Sender TV3 einen Dokumentarfilm über den Jungen und
seine Freundschaft mit Messi gedreht: “Soufian: el nen
que volia volar” (“Soufian, der Junge, der fliegen wollte”).
“Ich habe eine ganz besondere Verbindung zu ihm”,
sagte der Weltfußballer. Erstmals begegnet sind sich beide
Anfang dieses Jahres. Der Film zeigt, wie sie sich gegenseitig den Ball zuspielen - Messi mit seinem begnadeten
linken Fuß, Soufian mit seinen Prothesen in den Farben
des FC Barcelona.
Weitere Treffen folgten, unter anderem am 15. Mai,
als Barça nach dem 0:0 gegen Deportivo La Coruña den
Pokal des spanischen Meisters überreicht bekam. “Messi
und Soufian sind sich in der Umkleidekabine in die Arme
gefallen. Bei dem Anblick bekam man eine Gänsehaut”,
erzählte Torres. Das Schicksal des Jungen und seine unglaubliche Willensstärke hätten Messi tief beeindruckt,
fügte er hinzu. “Messi hat einen Teil des Dokumentarfilms
gesehen: Er musste schlucken, seine Augen glänzten.”
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Messi und sein junger Freund.
Bei einer der Begegnungen versprach der Argentinier
dem Jungen, ihm eines seiner Tore zu widmen. Doch wie
sollte er das signalisieren? “Klopfe Dir einfach auf die
Beine”, schlug Soufian vor. Messi hielt Wort: Als er am 17.
September beim 8:0-Sieg der Katalanen über CA Osasuna
sein erstes Tor schoss, schlug sich der 24-Jährige auf die
Beine. Soufian wusste sofort: “Dieses Tor ist für mich.”
Für den zurückhaltenden Messi, der als kleiner Junge
mit Wachstumsproblemen zu kämpfen hatte, mag der
Umgang mit Kindern eine Wohltat sein. Sie verlangen
von ihm keine großen Worte und nehmen ihn, wie er ist
- was Soufian aber nicht davon abhält, im Gespräch mit
seiner Mutter über sein Idol zu staunen: “Messi sagt, dass
er mich bewundert. Aber wie kann das denn sein, wenn
ich es doch bin, der ihn bewundert?”
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 13 -
Jahresrückblick
A
w ie Atomausstieg. Ausgelöst durch
das Reaktorunglück
in Japan gewinnt die
Atomkraftdebatte in
Deutschland neuen
Wind. Am 6. Juni beschloss die Bundesregierung das Abschalten von acht Atomkraftwerken
und den stufenweisen Atomausstieg bis 2022. Der
Fukushima-Effekt verhalf den Grünen in Deutschland
zu ungeahnten Höhenflügen. Die von Kernkraftgegnern
gegründete Partei sitzt inzwischen in allen Landtagen
und stellt seit Mai den baden-württembergischen Ministerpräsidenten.
B
wie Boca Juniors. Es war das Jahr der Boca Juniors. Der Ex-Klub von Diego Maradona holte
sich nicht nur zwei Spieltage vor Saisongschluss
seinen 24. Meistertitel, mit gelassener Schadenfreude
konnten die Xeneizes auch das Wirken ihres Erzrivalen
River Plate beobachten. Der Rekordmeister ist erstmals
in der Klubgeschichte in die Zweite Liga abgestiegen.
Der Abstieg war begleitet von heftigen Ausschreitungen
der Barra Bravas von River. Trotz eines Polizeiaufgebots
von rund 2000 Mann kam es zu stundenlangen Straßenschlachten mit insgesamt 70 Verletzten. Noch vor
dem Ende des Entscheidungsspiels stürmten Hooligans
das Spielfeld, Steine flogen auf den Platz. Anschließend
brannten Autos, Geschäfte wurden geplündert. Einziger
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Wermutstropfen für Fußballfans. Das Derby aller Derbys,
der „Superclásico“ zwischen River und Boca, fiel zum
ersten Mal aus.
C
wie Chaos Computer Club. Dem Chaos Computer Club (CCC) ist im Oktober dieses Jahres
angeblich das Unglaubliche gelungen: Er hat sich
in die staatliche Überwachungssoftware eingehackt und
sogar eine Fernsteuerung für diese entwickelt. Im Zuge
der Aufdeckung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen wurden außerdem schwere Vorwürfe gegen diesen
„Bundestrojaner“ laut, er greife verfassungswidrig in die
Privatsphäre von Bürgern ein. Laut dem CCC könne der
Staatsschutz mit dem Trojaner beliebige Überwachungsmodule auf einen einmal infiltrierten Computer nachladen. Dies widerspräche eindeutig den Bestimmungen des
Bundesverfassungsgerichtes zur Kontrolle der Telekommunikation von Verdächtigen. Der Bundestrojaner sei
außerdem extrem schlecht gesichert und nähme Anweisungen ohne jegliche Authentifizierungsabsicherungen
entgegen.
D
wie Dürre. Ostafrika wurde dieses Jahr von der
schlimmsten Dürre seit 60 Jahren heimgesucht.
Bereits das zweite Jahr in Folge ist die Regenzeit
ausgefallen. Die Resultate: Die Ernte fiel aus, das Nutzvieh
verendet, die Lebensmittelpreise steigen horrend. Elf
Millionen Menschen sind bedroht, Zehntausende bereits
gestorben und andere pilgern Hunderte Kilometer auf
Mehr
Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 14 -
Jahresrückblick
der Suche nach Nahrung, Hilfcamps oder besseren Lebensbedingungen.
E
wie EHEC. Die Darmseuche EHEC versetzte
Deutschland und die umliegenden Länder in
Panik. Über 2000 Menschen erkranken und 53
Personen erlagen dem Erreger. Lange Zeit werden Gurken,
Tomaten und Salat für die Keimüberträger gehalten, der
Gemüsehandel bricht nahezu komplett zusammen. Erst
Ende Juli wird in Form von aus Ägypten importierten
Bockshornkleesprossen der echte Ursprung des Keims
gefunden. Ein Biohof hatte diese in Bestellung gegeben
und der Erreger fand dann mittels vom Hof gelieferter
kontaminierter Sprossen den Weg auf den Teller.
F
wie Frauenfußball. „Die Zukunft des Fußballs ist
weiblich“, hatte FIFA-Chef Sepp Blatter schon vor
einiger Zeit prophezeit. Die vom 26. Juli bis 17. Juni
ausgetragene Fußballweltmeisterschaft der Frauen, bewies
deutlich, dass der Fußball des schönen Geschlechts dem
der Männer in nichts nachsteht. Das öffentliche Interesse
an der Frauen-WM macht das deutlich. Auch wenn die
Titelverteidigerinnen und Gastgeberinnen des Turniers,
die Deutschen, bereits im Viertelfinale ausgeschieden sind,
so hielten die meisten restlichen Mannschaften durch
Spitzen-Technik und zumeist Fair-Play die Spannung
aufrecht.
G
wie Gefangenschaft. Der international bekannte chinesische Künstler Ai Wei Wei war nach
regierungskritischen Äußerungen am 3. April wegen eines nicht näher benannten „Wirtschaftsverbechens“
in Haft genommen worden. 80 Tage lang wurde er an
einem unbekannten Ort festgehalten, bis er aufgrund
internationalen Drucks, gegen eine Kaution frei gelassen
wurde. Jetzt soll er Steuern in Millionenhöhe nachzahlen.
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Womit die Pekinger Machthaber nicht rechneten, war eine
Solidaritätswelle mit dem Regimekritiker. Von überall
trafen Spenden ein, manche warfen Geldscheine über den
Zaun von Ai Wei Weis Anwesen.
H
wie Hochzeit.
Traumhochzeiten: Der englische Thronfolger Prinz
William und die bürgerliche Kate Middleton haben
sich im April dieses Jahres
auf einer Traumhochzeit
endlich das Ja-Wort gegeben. Eine weitere Traumhochzeit gab es in Monaco, wo
sich der „ewige“ Jungeselle Albert II. und die südafrikanische Schwimmerin Charlene Wittstock das Ja-Wort gaben.
Es läuteten jedoch nicht nur die Hochzeitsglocken,
sondern für einige andere Promi-Pärchen hieß es dieses
Jahr „Aus der Traum“.
In diesem Sinne gaben 2011 die Hollywood-Traumpärchen Demi Moore und Ashton Kutcher und Jennifer Lopez
mit Marc Anthony ihre Trenungen bekannt.
Kim Kardashian und ihr Ex -Ehemann Kris Humphris
nutzten dieses Jahr für Trauung und Trennung. Nur 72
Tage hielt ihre Blitzehe. Ähnlich verhielt es sich bei Sinnead O‘Connor und Barry Herridge, welche mit nur 16
Tagen Ehe wohl einen Blitzehenrekord aufstellten.
Nach ganzen 25 Jahren kapitulierten auch US-Gouverneur Arnold Schwarzenegger und Maria Shriver
dieses Jahr vor ihren Problemen und beschloßen, fortan
getrennte Wege zu gehen.
Nach elf Jahren ging dieses Jahr auch die Ehe der Sängerin Shakira und Antonio de la Rúa zu Bruch.
I
wie Isolationsexperiment. 520 Tage verbrachten
sechs Männer aus Russland, Italien, Frankreich und
China in einem nachgebauten Raumschiff ohne Fens-
Mehr
Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 15 -
Jahresrückblick
ter in Russlands Hauptstadt Moskau. Es sollte auf diese
Weise einen 50 Millionen Kilometer langen Flug zum
Mars samt Rückkehr und Spaziergang auf dem Mars simuliert werden. Das Projekt wurde vom Moskauer Institut
für Biomedizinische Probleme (IMBP) geleitet. Am 4. November konnten die Männer des Experimentes Mars500
dann nach langen 17 Monaten wieder nach Hause. Ein
wenig blass, aber stolz und glücklich trafen die Männer
nach dem planmäßen Ende der Aktion auf ihre Familien
und einige anwesende Wissenschaftler.
J
wie Japan. In Japan
kommen bei einem
verheerenden Erdbeben der Stärke 9,0
und einem anschließenden Tsunami mindestens 15.400 Menschen
ums Leben. Die Lage
spitzt sich dramatisch zu, als in Reaktorblöcken des
Atomkraftwerks Fukushima die Kühlung ausfällt. Es
kommt zur Kernschmelze, Radioaktivität wird freigesetzt.
K
wie Kirchner. Die argentinische Präsidentin
Cristina Fernández Kirchner wurde am 23.
Oktober in einem fulminanten Siegeszug
zum zweiten Mal in Folge in das höchste Staatsamt
gewählt. Die 58-jährige Peronistin erhielt im ersten
Wahlgang sagenhafte 53,8% und schaffte damit den
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deutlichsten Wahlsieg seit 1983. Kirchner widmet
den Sieg ihrem vergangenes Jahr verstorbenen Gatten
Nestór Kirchner.
L
wie Loriot. Am
22. August starb in
Deutschland das
Lachen. Vicco von Bülow,
besser bekannt als Loriot, war der Deutschen
beliebtester Humorist. Er
verschied im Alter von 87
Jahren in seinem Haus am
Starnberger See. „Loriots
einmalige Fähigkeit, uns
liebevoll den Spiegel vorzuhalten, wird uns fehlen“, würdigte Bundeskanzlerin Angela Merkel das humoristische
Multitalent.
M
wie Messi. In Argentinien
wurde sein Talent
verkannt. Mit 13 Jahren wanderte Lionel
Messi mit seiner Familie nach Spanien
aus und erhielt seine Ausbildung als Profifußballer beim
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Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 16 -
Jahresrückblick
FC Barcelona. Heute ist er der beste auf der Welt, und 2011
war sein Jahr. Spanischer Meister, Champions LeagueGewinner und Vereinsweltmeister. Torschützenkönig in
der spanischen Liga und in der Champions League. Bester Spieler Spaniens, Europas und der Welt. Nur mit der
argentinischen Nationalmannschaft will sich der Erfolg
nicht einstellen.
N
wie Nationalsozialistischer Untergrund. Der
Nationalsozialistische Untergrund (NSU), in
den Medien auch als Zwickauer Terrorzelle bezeichnet, ist eine im November 2011 öffentlich bekannt
gewordene rechtsextreme terroristische Vereinigung in
Deutschland. Ihr gehören nach bisherigen Erkenntnissen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
an. Mundlos und Böhnhard begingen nach einem Banküberfall Selbsmord. Zschäpe steckte die gemeinsame
Wohnung in Brand und stellte sich später der Polizei.
Anhand von Waffenfunden und einer Bekenner-DVD
wird das Trio für eine Mordserie an Migranten in den
Jahren 2000 bis 2006, ein Nagelbomben-Attentat in Köln
2004, einen Polizistenmord von Heilbronn im Jahr 2007
sowie eine Reihe von Banküberfällen verantwortlich
gemacht.
O
wie Occupy Wall Street. Die Bewegung Occupy Wall Street begann mit einer Demonstration am 17. September auf dem Liberty
Square im Finanzviertel Manhattens. Die Unterstützer
der Bewegung kritisieren die absolute Macht der großen
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Banken und multinationalen
Unternehmen, welche laut
OWS eine echte Demokratie
unterminieren. Sie prangern
die Rolle der Wall Street,
stellvertretend für die dort
ansässigen Unternehmen, im
Zusammenbruch der Wirtschaft an, welche die stärkste
Regression seit Jahrzenten zur Folge hat. Inspiriert von
den Revolutionen in der Arabischen Welt, ist die Occupy
Bewegung ein Versuch, sich als „99%“ gegen das reichste
1% der Bevölkerung aufzulehnen, welche die Regeln der
Ökonomie und das Schicksal der 99% bestimmen. Die
Bewegung breitete sich auf etwa 1500 Städte weltweit aus.
P
wie Plagiatsaffäre. Abschreiben lohnt nicht oder
zumindest nicht mehr. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der
konservative Shooting-Star, beliebtester Politiker der
Deutschen und künftiger Kanzler, trat im März von allen
Ämtern zurück. Er zog damit die Konsequenz aus der Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit. Eine Internet-Plattform
hatte herausgefunden, dass der feine Baron sich zu großen
Teilen bei anderen bedient und dies als eigenes geistiges
Eigentum ausgegeben hatte. Die Universität Bayreuth
entzog ihm den Doktortitel.
Q
wie Quorum. Nach Jahrelangen Konflikten um
das geplante Bauprojekt zur Neuordnung des
Eisenbahnknotens Stuttgart ist eine entgültige
Entscheidung gefallen. In einem am 27. November durchgeführten Volkentscheid wurde mit 58,8% mehrheitlich
dagegen gestimmt, dass das Land Baden-Württemberg
von seinem Kündigungsrecht zur Auflösung der vertraglichen Vereinbarungen Gebrauch macht und somit aus
dem Bahnprojekt S21 aussteigt. Weiterhin wurde das für
die Abstimmung nötige Quorum von Stimmen gegen das
Mehr
Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 17 -
Jahresrückblick
T
U
Projekt, welches in Baden-Württemberg bei einem Drittel
aller Wahlberechtigten liegt, nicht erreicht.
Die Inbetriebnahme des neuen Bahnhofes ist für Dezember 2019 geplant.
wie Tibet. Der Dalai Lama kündigt an, als politisches Oberhaupt der Tibeter zurückzutreten.
Das Amt sollen demokratisch gewählte Vertreter
übernehmen.
wie Revolution. Augehend von der bereits Ende
letzten Jahres begonnenen Revolution in Tunesien, begannen dieses Jahr Aufstände gegen die
unterdrückerischen Regimes in diversen Ländern der arabischen Welt. Die als „Arabischer Frühling“ bekannte Bewegung erfasste im Laufe dieses Jahres Algerien, Ägypten,
Jemen, Jordanien, Libyen, Bahrain, Syrien und vereinzelte
andere Länder. Früchte der Proteste und Aktionen der
bürgerlichen Opposition der arabischen Länder sind unter
anderem das Absetzen des tunesischen Machthabers Zine
el-Abidine Ben Ali und zum Rücktritt des ägyptischen
Präsidenten Husni Mubarak. Der Präsident Jemens, Ali
Abdullah Salih, kündigte nach über 30-jähriger Herrschaft
an, für keine weitere Amtsperiode zu kandidieren. In
Libyen mündeten die Proteste in einem Bürgerkrieg, der
in Zusammenarbeit mit der Nato den Sturz des Staatschefs Muammar al-Gaddafi zur Folge hatte. In Syrien
der Kampf zwischen Opposition und Staatsgewalt noch
in vollem Gange ist.
wie Utøya. Auf einem Sommercamp der Jugendorganisation der norwegischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei (AUF), welches traditionell
jeden Sommer auf der norwegischen Insel Utøya stattfindet, ereignete sich dieses Jahr ein Massaker von grausamen Ausmaß. Der rechtsradikale Anders Behring Breivik
beschaffte sich, getarnt als Polizist, Zugang zur Insel und
schoss dann etwa 90 Minuten lang mit einer halbautomatischen Waffe auf die 560 jugendlichen Campteilnehmer
und deren Betreuer. 69 Personen verloren durch diesen
Anschlag ihr Leben. Bei einem vom selben Täter wenige
Stunden zuvor durchgeführten Bombenanschlag im Zentrum von Oslo starben acht Menschen. Es ist laut dem norwegischen Regierungschef Jens Stoltenberg für sein Land
die „schlimmste Katastrophe“ seit dem zweiten Weltkrieg.
R
S
wie Schuldenkrise. Europa mangelt es nach wie
vor an Energie, um seine Schuldenkrise entschlossen lösen zu können. Im Herbst 2011 beschließen
die Staats- und Regierungschefs der EU, den MilliardenRettungsschirm auf eine Billion zu hebeln, Griechenland
soll ein Teil seiner Schulden erlassen werden. Zu dieser
Zeit sind die Proteste der Bürger, die fordern, den Hebel
bei den Finanzmärkten anzusetzen, nicht mehr zu überhören. Jedoch har Europa keine Zeit mehr zu verlieren,
das Endspiel um die gemeinsame Währung läuft. Allein
mit wolkigen Versprechen wird sich das Vertrauen der
hochnervösen Anleger nicht wiederherstellen lassen. Das
haben die vergangenen Wochen und Monate gezeigt.
V
wie verstorben.
Amy Winehouse,
Soulsängerin, 23.
Juli.
Christa Wolf, ostdeutsche
Autorin, 1. Dezember
Cy Twombly, Maler und
Bildhauer, 5. Juli
Elizabeth Taylor, Hollywood-Diva, 23. März
Gunter Sachs, Playboy und
Fotograf, 7. Mai
Horst Eberhard Richter,
Psychoanalytiker/Soziologe, 19. Dezember.
Kim Jong II, oberster Machthaber der Demokratischen
Volksrepublik Korea, 17. Dezember.
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Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 18 -
Jahresrückblick
Muammar al-Gaddafi, libyscher Ex-Diktator, 20. Oktober.
Osama Bin Laden, Al-Kaida-Chef, 2. Mai
Otto von Habsburg, deutscher Politiker und letzter österreichischer Kaisersohn, 4. Juli.
Peter Alexander, österreichischer Sänger und Schauspieler, 12. Februar.
Peter Falk, US-Schauspieler „Columbo“, 23. Juni
Steve Jobs, Apple Gründer, 5. Oktober.
Vaclav Havel, tschechischer Schriftsteller und Ex-Präsident, 18. Dezember
W
wie Wassermassen. Der Monsunregen in
Thailand brachte dieses Jahr das Land in
weiten Teilen zum Erliegen. Etwa zwei Drittel
des Landes wurde überflutet. Die heftigsten Überschwemmungen der letzten 50 Jahre setzten vor allem den Norden
des Landes unter Wasser. Über 320 Menschen kamen bei
den Überschwemmungen ums Leben, weitere tausende
verloren ihr Zuhause an die Fluten. Mittlerweile jedoch
sind die meisten Teile wieder trocken gelegt und das „normale“ Leben kann nach und nach wieder aufgenommen
werden.
wie X-Faktor. Wie nahezu jedes Jahr war auch
im Jahr 2011 die Welt laut apokalyptischer
Prophezeiungen dem Untergang geweiht.
Laut dem US-Amerikanischen Fernsehprediger Harold
Camping hätte am 21. Mai diesen Jahres der Weltuntergang eingeläutet werden und 5 Monate später
am 21. Oktober dann tatsächlich das jüngste Gericht
X
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stattfinden sollen. Nun ja, wir wissen es bereits besser
und erfreuen uns erstmal ein weiteres Jahr an unserer
Erde. Der nächste Termin für die Apokalypse steht ja
schon: Das angebliche Ende des Maya-Kalenders, der
21.Dezember 2012 soll wieder einmal der Welt, wie wir
sie kennen, ein Ende setzen…
Y
wie Yagmour. Die argentinische Modelinie
„Yagmour“ wurde dieses Jahr von der NGO AnyBody Argentina, Teil der internationalen NGO
Any-Body, ausgezeichnet, da sich Yagmour als eine der
wenigen argentinischen Modeketten an das „Ley de las
Talles“, das argentinische Größengesetz, hält. Das Gesetz
soll Diskriminierung in Form von Normgrößen in der
Kleidungsbranche abschaffen. Demnach müssen Modehersteller und -Vertreiber nicht nur die gängigen Größen
von etwa 36-40 im Sortiment haben, sondern auch größere
Modelle bis Größe 54 im Angebot haben, was jedoch in
den wenigsten Fällen umgesetzt wird. Yagmour, welches
Kleidung in den Größen 38-54 anbietet, ist damit ein Vorreiter und ein positives Vorbild auf dem argentinischen
Kleidungsmarkt.
Z
wie Zitate.
„Es war schlichtweg Liebe.“ (Der schleswig-holsteinische CDU-Vorsitzende Christian von Boetticher
über seine Affäre mit einer minderjährigen Schülerin)
„Willkommen in Israel, Gilad. Wie gut, dass du zurückgekommen bist.“ (Israels Ministerpräsident Benjamin
Netanjahu am 18. Oktober zur Freilassung des Soldaten
Gilad Schalit aus fünfjähriger Hamas-Haft)
„Ich freue mich, dass es gelungen ist, Bin Laden zu töten.“
(Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihre Gefühle normalerweise im Griff)
„Herzlichen Dank. Gute Nacht. Es war eine tolle Zeit.“
(„Wetten, dass...?“-Moderator Thomas Gottschalk am 3.
Dezember zum Schluss seiner letzten Sendung)
„Ich melde mich ab.“ (Ex-Verteidungsminister Karl Theo-
Mehr
Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 19 -
Jahresrückblick
dor zu Guttenberg nach dem Großen Zapfenstreich zu
seiner Verabschiedung)
„Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen“ (Kanzleramtsminister Ronald Pofalla zu seinem CDU-Parteikollegen
Wolfgang Bosbach)
„Ich bin ein Nazi.“ (Der dänische Regisseur Lars von Trier
am 18. Mai am Rande der Filmfestspiele in Cannes)
„THANK YOU & GOODBYE“ (Letzter Titel des wegen
Abhörpraktiken am 10. Juli eingestellten britischen Boulevardblatts „News of the World“) (AT/law/tsp)
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Freitag, 30. Dezember 2012 - Seite 20 -
Kultur
Metamorphose eines Viertels
Der “Galpón Cultural Piedra Buenarte”
Von Laura Wagener
Buenos Aires (AT) - Das Viertel “Piedrabuena” liegt im
südlichen Teil der Stadt Buenos Aires, eine knappe Busstunde vom Zentrum enfernt. In Gesellschaft von Luciano
César Garramuño betrete ich das ehemalige Elendsviertel
und bin erst einmal beeindruckt von der Architektur des
Barrios. Die riesigen, 12-stöckigen Gebäude sehen aus, als
seien sie zu Stalins Zeiten errichtet. Das Viertel ist eigentlich nicht besonders groß, in etwa zehn Minuten kann
man hindurchlaufen. Luciano klärt mich jedoch auf, dass
etwa 20.000 Menschen in den massiven Steinblöcken wohnen. Viele der Häuser wurden nicht richtig fertiggestellt,
und so leben viele der Bewohner ohne Strom und Gas.
Schnell bemerke ich, man kennt sich hier. Während Luciano mich durch das Viertel führt, gibt es niemanden, der
uns nicht grüßen würde. Der 29-jährige Fotograf kommt
selbst aus Piedrabuena, hat nie woanders gewohnt, und
die Leute kennen ihn alle durch seine Arbeit. Er ist einer
der Initiatoren des Kulturvereins “Galpón Cultural Piedra
Buenarte” im Herzen des Viertels.
Das Besondere an Piedrabuena ist nämlich, dass es
hier nicht nur die Wohnhäuser, sondern auch eben jenen
“Galpón”, eine Art riesige Lagerhalle, gibt. Früher gab es
mehrere dieser langen Hallen, die gleichzeitig mit den
Wohnhäusern errichtet wurden. Alle außer der größten
sind im Laufe der Zeit Materialdiebstählen zum Opfer
gefallen: Menschen aus den umliegenden Elendsvierteln
haben die Wellbleche und Metalle geklaut und zum Hausbau verwendet.
Der übriggebliebene Galpón war schon in der Kindheit
Lucianos und seiner Freunde dort, damals lagerte noch
das Teatro Colón dort seine Bühnenmaterialien. Rund um
den Galpón befindet sich eine relativ große Freifläche, auf
der es mittlerweile einen Spielplatz und ein Fußballfeld
gibt. Früher war der Galpón umzäunt, auf dem Gelände
lebten wilde Hunde. Das Viertel hatte einen schlechten
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Fotos: law
Häuserfassade mit Bühne und Galpón.
Ruf, Taxifahrer aus der Hauptstadt fuhren, wenn überhaupt, nur widerstrebend in das von Elendsvierteln umgebene Barrio, es gab wenig zu tun für die jungen Leute,
deswegen verfielen viele den Drogen oder dem Alkohol.
Die Gewaltrate war hoch.
Das Viertel vor der Kamera
Aufmerksamkeit bekommt die Lagerstätte, als Luciano und seine Freunde eine Rockband gründen. Für ihre
Liveauftritte im Barrio wollen sie eine kleine Bühne bauen,
und ihnen fällt ein, dass der ganze Galpón voll mit Materialien für diesen Zweck ist. Sie verschaffen sich Zugang
zum Galpón. Die dort nachlässig gelagerten Bühnenteile
sind teilweise feucht geworden oder haben anderweitig
Schaden genommen.
Während dieser Zeit lernt Luciano durch seinen Bruder,
der gerade einen Fotokurs besucht, dessen Lehrer, den
in Buenos Aires ansässigen Schweizer Fotografen Gian
Paolo Minelli lernen. Sie freunden sich an, und der 1968
geborene Schweizer interessiert sich für die künstlerischen
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 21 -
Kultur
Aspekte der Gegend und den Galpón, von dem ihm Luciano erzählt. Er schießt eine Reihe von Fotos (bekannt unter
“Galpón Colón”), eine weitere Serie im Viertel (“Zona
Sur Barrio Piedrabuena 2001-2008”), dreht mit Luciano
einige Kurzfilme und schließlich einen Dokumentarfilm.
Diese Werke finden bei in- und ausländischen Zeitungen
große Beachtung, und so rückt auch das bisher sich selbst
überlassene Viertel auf einmal ins Zentrum des Interesses.
Etwa um 2006 herum beschließt das Teatro Colón,
seinen Lagerstandort aufzulösen, und verbrennt zum
Entsetzen der Jugendlichen seine Lagerbestände im Galpón. Die Jungen konnten nur einige wenige Stücke vor
den Flammen retten.
Der Galpón wird belebt
Der Dokumentarfilm Minellis beginnt damit, dass
Luciano durch ein Loch in der Tür in den vollgestopften
Galpón späht. Er endet mit der gleichen Szene, nur ist
der Galpón nun leer, und der Junge sieht wie im Traum
einen Ort des sozialen Lebens, der Begegnung und des
Lernens.
Aus dieser Vision wird nun immer mehr Wirklichkeit.
Nach dem Ausräumen des Galpóns begannen die
Jugendlichen, ihn immer stärker für sich zu nutzen. Sie
bauten die Halle aus, legten Stromleitungen, schlossen
das Wasser an, lösten Dachplatten, damit Tageslicht in die
Räume fallen kann, pflanzten draußen Bäume, mähten
Gras, bauten Klettergerüste und legten einen Gemüsegarten für die Gemeinde an.
Durch die Bilder Gian Paolo Minellis sowie Zeitungsberichte erfahren immer mehr Leute vom Galpón und seinen
Möglichkeiten. So bieten etwa Künstler und Schauspieler
jetzt Workshops an, um im Gegenzug dort arbeiten zu
können, Architekten tauschen Arbeit gegen Arbeitsplatz,
und sogar eine Krankenstation wird eingerichtet.
Das große Problem an dieser sehr schönen Entwicklung
ist die Frage des Eigentums, denn eigentlich gehört der
Galpón den dort Werkenden ja nicht. Allerdings weiß
wohl auch niemand so genau, wem er denn nun genau
gehört.
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Graffiti eines Hokusai-Werks.
Bewaffneter Einsatz
Am 4. Dezember 2009 fahren gegen 20 Uhr fünf Busse
mit bewaffneten Personen vor, die den Galpón und das
Land um ihn herum einnehmen. Alle werden aus dem
Galpón vertrieben, Kunstwerke zerstört, erzählt Luciano.
Da er und seine Freunde mit ihrer Arbeit im Galpón nie
die Absicht hatten, sich politisch zu positionieren - sie
wollten den brachliegenden Ort einfach dafür nutzen,
etwas Hoffnung und Zukunft in das Viertel zu bringen -,
geben sie den Galpón ohne Widerstand her.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 22 -
Kultur
Da jedoch regt sich die Nachbarschaft, die die positive
Entwicklung des Viertels durch die Arbeit im Galpón
beobachtet hat und bläst zur Verteidigung “ihres” Kulturzentrums. Sie gehen gegen die Besetzenden vor, einige
bewaffnet, andere unbewaffnet. Insgesamt 20 Verletzte
gibt es bei den Kämpfen, die erst durch den Einsatz des
örtlichen Pfarrers gestoppt werden können. Letztlich fahren die Truppen in ihren Bussen davon, und der Galpón
steht wieder den Menschen von Piedrabuena frei.
Wie es weitergeht
Luciano und vier weitere junge Männer stehen jetzt
an der Spitze des Kulturvereins “Galpón Cultural Piedra
Buenarte”. Seit diesem Jahr sind sie ein eingetragener
Verein und erhalten staatliche Förderungen für ihre Projekte. Die Kunst im Galpón hat auch auf die Wohngebiete
übergegriffen, ein lokaler Graffitikünstler verschönert freie
Wandflächen mit Werken bekannter Künstler. Immer
mehr Leute von außerhalb interessieren sich für das Viertel und den Galpón. Längst ist der Ruf von Piedrabuena
nicht mehr der, der er einmal war.
Auf die Frage hin, was die geplanten Projekte des “Galpón Cultural Piedra Buenarte” sind, kommt Luciano ins
Schwärmen: “Es soll natürlich mehr der Workshops geben.
Luciano mit einem Modell von Piedrabuena.
Dafür wollen wir mit recycelten Materialen mehr Säle und
Übungsräume im Galpón errichten. Die Krankenstation
soll ausgebaut werden, und dann möchten wir gerne eine
Art Schule errichten. Die Leute sollen hier eine Ausbildung
erhalten, um etwas aus ihrem Leben machen zu können.
Und das, ohne dafür zahlen zu müssen. Das wäre wirklich
unser Traum!”
Informationen zu Ausstellungen etc. und Kontakt finden Sie unter: http://piedrabuenarte.blogspot.com.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 23 -
Kultur
Historiendrama “El cordero de ojos azules”
geht auf Spanientournee
Auf nach Madrid und Bilbao: (v.l.n.r.) Guillermo Berthold, Gonzalo Demaría, Carlos Belloso, Leonor Manso, der Kulturminister der Stadt
Hernán Lombardi, der spanische Botschafter Don Rafael Estrella Pedrola, Gerardo Gardelin und CTBA-Chef Alberto Ligaluppi.
Buenos Aires (AT/SF) - Argentinisches Theater in Spanien:
Am Dienstagmittag wurde im Rahmen einer Pressekonferenz in der spanischen Botschaft in Buenos Aires die Ankündigung gemacht, dass das Werk “El cordero de ojos azules”
des 1970 geborenen argentinischen Dramaturgen Gonzalo
Demaría, das im Jahr 2011 im zum Complejo Teatral de Buenos Aires (CTBA) gehörenden Teatro Regio zu sehen war,
im Januar in Madrid und Bilbao aufgeführt werden wird.
Die Initiative zu diesem internationalen Theateraustausch
ging vom Kultursekretariat der Stadt Buenos Aires aus.
Das Historiendrama spielt in der Osterwoche des Jahres
1871 in Buenos Aires, als in der Stadt die Pest wütet. Ein aus
Spanien stammender Maler, der den Auftrag hat, ein Bild
der Heiligen Lucía zu malen, entkommt nur knapp dem Tod
und der Kommission, die die Kirche zur Säuberung der Stadt
von den Kranken eingesetzt hat.
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Inszeniert wurde “El cordero de ojos azules” von Luciano
Cáceres, als Schauspieler agieren Leonor Manso, Carlos Belloso und Guillermo Berthold. Die Originalmusik und der
Ton stammen von Gerardo Gardelin, für die Beleuchtung
zeichnet Eli Sirlin verantwortlich, die Kostüme schuf Julio
Suárez, das Bühnenbild Gonzalo Córdova.
Vom 12. Januar bis 5. Februar wird das Historiendrama
dienstags bis sonntags im Teatro Fernán Gómez von Madrid aufgeführt, am 10. und 11. Februar kommt es im Teatro
Arriaga von Bilbao auf die Bühne.
Informationen u.a. zur Sommerspielzeit des Complejo
Teatral de Buenos Aires, die am 3. Februar beginnt, sowie
Vorankündigungen zur Spielzeit 2012 finden Sie auf der
Webseite www.complejoteatral.gob.ar.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 24 -
Kultur
Ausstellungs-Tipps
Von Susanne Franz
Carlos Cruz-Diez, “El color en el
dida”, Installation. Gachi Prieto
espacio y en el tiempo” (Die Farbe
Gallery, Uriarte 1976. Di-Fr 13-20,
im Raum und in der Zeit). Malba
Sa 12-18 Uhr. 17.11.-7.1.2012.
(Museo de Arte Latinoamericano
***
de Buenos Aires), Av. Figueroa
Analia Saban, “_Derrames”. 11 x 7,
Alcorta 3415. Do-Mo und feiertags
Libertad 1628. Mo-Fr 11.30-20, Sa
12-20, Mi bis 21 Uhr, dienstags
11.30-14 Uhr. 17.11.-7.1.2012.
geschlossen. Am 31.12. ist das
***
Teilansicht der fast 1,60 m großen Tonskulptur
Museum bis 18 Uhr geöffnet; am des Xipe Totec, Veracruz. 250-900 n.Chr. (in der L eo Vi nci, “Pensa m iento e
1.1.2012 ist das Museum geschlos- Ausstellung “Dioses, Ritos y Ofícios del México Imagen”, Skulpturen. Museo EduPrehispánico” in der Fundación Proa).
sen. Eintritt 22 Pesos, Lehrer, Rentardo Sívori, Av. Infanta Isabel 555,
ner und Studenten 11 Pesos, unter 5-Jährige gratis. Mi: gegenüber der Brücke zum Rosedal von Palermo. Di-Fr
Eintritt 10 Pesos, Lehrer und Rentner 5 Pesos, Studenten 12-20, Sa, So und feiertags 10-20 Uhr. Eintritt 1 Peso, Mi
gratis. 21.9.-5.3.2012.
und Sa gratis. 26.11.-20.2.2012.
***
Ernesto Neto, “O Bicho Suspenso na Paisajem”, Instal- “La tradición del arte. Italia en la Colección del MNBA,
lation. Faena Arts Center, Aimé Paine 1169, Faena Arts 1860-1945” (Die Tradition der Kunst. Italien in der
District, Puerto Madero. Di-So 11-19 Uhr. Montags Sammlung des MNBA, 1860-1945). Museo Nacional de
geschlossen. Eintritt 20 Pesos, unter 12-Jährige und Bellas Artes, Av. del Libertador 1473. Di-Fr 12.30-20.30,
Rentner sowie Studenten mit Ausweis gratis. Führungen: Sa und So 9.30-20.30 Uhr. Montags geschlossen. Eintritt
Di-Fr 17, Sa und So 17 und 18 Uhr. 22.9.-Februar 2012. frei. 6.12.-19.2.2012.
***
***
“Dioses, Ritos y Ofícios del México Prehispánico”. 100. Ausgabe des “Salón Nacional de Artes Visuales”,
Kurator: David Morales Gómez. Organisiert von der ausgewählte und prämierte Werke der Disziplinen KeraMexikanischen Botschaft in Argentinien. Fundación mik, Textilkunst und Graphik. Palais de Glace, Posadas
Proa, Av. Pedro de Mendoza 1929, La Boca. Di-So 11-19 1725. Di-Fr 12-20, Sa und So 10-20 Uhr. Eintritt frei.
Uhr, montags geschlossen. Eintritt: 12 Pesos, Studenten 13.12.-15.1.2012.
und Lehrer 8 Pesos, Rentner 4 Pesos; dienstags gratis für
***
Studenten und Lehrer. 15.10.-8.1.2012.
Duilio Pierri, “Ulmen, el imperio de las pampas”, Ge***
mälde. Centro Cultural Recoleta, Cronopios-Saal, Junín
Franz Mayer (1882-1975), Fotos aus der Sammlung des 1930. Mo-Fr 14-21, Sa, So und feiertags 10-21 Uhr. EinMuseo Franz Mayer, Mexiko-City. Kuratoren: Leila tritt frei. 15.12.-29.1.2012.
Makarius, Héctor Borrel, Jorge Cometti. Museo de Arte
***
Hispanoamericano Isaac Fernandez Blanco, Suipacha Omar Panosetti, “Territorio”, Zeichnungen. Im Rahmen
1422. Di-Fr 14-19, Sa, So und feiertags 11-19 Uhr. Eintritt des Zyklus “La Línea Piensa”. Centro Cultural Borges,
1 Peso, Do gratis. 2.11.-8.1.2012.
Viamonte/San Martín. Mo-Sa 10-21, So 12-21 Uhr.
***
16.12.-Februar 2012.
“La Boca según Quinquela”. Präsentiert von Fundación
***
Osde. Museo de Bellas Artes de La Boca “Benito Quin- “Ring, Raje!” (Klingelmännchen), Schüler der Werkstatt
quela Martín”, Av. Pedro de Mendoza 1835, 2. Stock. Di- von Diego Perrotta. Fundación Lebensohn, General
Fr 10-18, Sa, So und feiertags 11-18 Uhr. 12.11.-4.3.2012. Hornos 238, Barracas, Buenos Aires. Mo-Fr 14-19 Uhr.
***
16.12.-13.1.2012. Abschluss-Cocktail: 14.1.2012, 16-19
“Las cosas del creer. Estética y religiosidad en Gramajo Uhr.
Gutiérrez”. Kuratoren: María Inés Rodríguez und Migu***
el Ruffo. / “Barro del Paraíso. Arte contemporáneo y “Contar historias, Microrrelatos en las Colecciones Nareligiosidad popular”, Zeichnungen, Skulpturen, Fotos, cionales Palais de Glace, Fondo Nacional de las Artes
Graphiken, Installationen, Objekte, Gemälde und Videos y Casa del Bicentenario” (Geschichten, die die Sammvon zeitgenössischen Künstlern. Kurator: Juan Batalla. lungen des Palais de Glace, des Fondo Nacional de las
Espacio de Arte Fundación Osde, Suipacha 658, 1. Stock. Artes und der Casa del Bicentenario erzählen). Casa del
Mo-Sa 12-20, So und feiertags geschlossen. Eintritt frei. Bicentenario, Riobamba 985. Di-So und feiertags 15-21
Führungen: Mi 18, Sa 17 Uhr. 17.11.-14.1.2012.
Uhr. Seit 22.12.
***
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Maxi Rossini, “Esto se parece demasiado a una despe-
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 25 -
Wirtschaft
Fällige Provinzschulden auf Ende 2013 verschoben
Am Mittwoch kündigte die Präsidentin Cristina Kirchner eine weitere Streckung der Zahlung der Schulden
von 17 Provinzen gegenüber dem Nationalstaat an. Die
Schulden, die Ende 2011 fällig waren, werden auf Ende
2013 verchoben, so dass sich der Betrag der Bedienung der
Schulden (Amortisation plus Zinsen) laut Cristina Kirchner um 40% verringert. Die genaue Berechnung über den
neuen Zahlungsmodus wurde vorerst nicht bekanntgegeben, so dass nicht klar ist, wie sich die Verringerung ergibt.
Viele hochverschuldete Provinzen hätten den Ende
2011 fälligen Betrag ohnehin nicht zahlen können. Somit
wurde im Wesen ein mehrfacher provinzieller Default
vermieden. Folgende Provinzen weisen keine Schulden
gegenüber dem Nationalstaat aus: La Pampa, San Luis,
Santa Cruz, Santa Fé, Santiago del Estero und Stadt Buenos Aires. Diese Provinzen und die Stadt Buenos Aires
stehen somit nicht unter ständigen direkten Druck der
Nationalregierung.
Laut Information des Wirtschaftsministeriums wiesen
die Provinzen, einschliesslich der Stadt Buenos Aires
(die einen ähnlichen Status hat, aber ohne eigene Polizei
noch eigene Gerichte, und ohne Hoheit über den Personentransport) per Ende September 2011 insgesamt eine
Schuld von $ 100,7 Mrd. aus, von der $ 58,82 Mrd. auf
Schulden gegenüber dem Nationalstaat entfielen. Weitere
$ 24,8 Mrd. entfallen auf Bonds u.a. Wertpapiere, die auf
dem Markt untergebracht sind, $ 11,5 Mrd. auf Kredite,
die bei internationalen Finanzanstalten (vornehmlich die
Interamerikanische Entwicklungsbank, BID) aufgenommen wurden, $ 2 Mrd. auf Schulden gegenüber Banken
und $ 3,4 Mrd. auf Schulden gegenüber Lieferanten u.a.
Gläubigern.
Ein grosser Teil der Schulden gegenüber dem Nationalstaat stammt aus der Rückzahlung der provinziellen
Geldscheine (Patacones, Quebracho u.a.), die Ende der
90er Jahre und Anfang der 20er ausgegeben worden
waren, für welchen Zweck der Nationalstaat 2002 das
Geld zur Verfügung stellte. Mit diesem provinziellen
Geld, dass viele Provinzen ausgaben, als sie ihre Schulden
nicht zahlen konnten, konnten die Gläubiger ihrerseits
ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen, wobei
die Empfänger der Bonds auch Schulden zahlten, was zu
einer relativen finanziellen Normalisierung führte, wobei
allerdings dabei alle Beteiligten dieser Zahlungskette einen Verlust erlitten, da das Provinzgeld schliesslich unter
Pari gehandelt wurde.
Von der provinziellen Schuld entfallen $ 57 Mrd. auf
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die Provinz Buenos Aires, von denen die Hälfte dem Nationalstaat geschuldet werden. Das das Haushaltsgesetz
der Provinz für 2012 einen Fehlbetrag von $ 13,5 Mrd.
vorsieht, wird klar ersichtlich, dass die Provinzverwaltung Zahlungsschwierigkeiten hat und auf die finanzielle
Unterstützung des Nationalstaates angewiesen ist. Auch
Córdoba weist eine hohe Schuld auf, von der 55,8% (gleich
$ 5,02 Mrd.) auf den Nationalstaat entfällt. Auch andere
Provinzen sind im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen
Bedeutung in hohem Umfang gegenüber der Nation verschuldet. In all diesen Fällen führt das zu einer finanziellen
Abhängigkeit gegenüber der Nationalregierung, die die
Präsidentin als Druckmittel benutzt. Ohne den finanziellen Beistand der Nation könnten viele Provinzen die
Gehälter nicht bezahlen, und das ist für einen Gouverneur
verhängnisvoll.
Am 10.Mai 2010 hat die Nationalregierung den Föderalen Plan zur Entschuldung der Provinzen eingeführt,
gemäss dem die Fälligkeiten zum Jahresende 2010 um
ein Jahr hinausgeschoben wurden. Ausserdem wurde
die Indexierung der provinziellen Schulden (gemäss
dem CER-Index, der dem der Konsumentpreise des INDEC entspricht) abgeschafft und die Schuld auf 20 Jahre
gestreckt, bei einem Zinssatz von 6% jährlich. Auf diese
Weise wird die Schuld bei einer Jahresinflation von etwa
25% nach und nach verwässert. Aber ausserdem wurden
die Schulden um $ 9,8 Mrd. verringert, indem dieser Teil
der Schulden mit Zuwendungen der Nation getilgt wurde,
über sogenannte ATN (“Aportes del Tesoro Nacional”).
Die Präsidentin kündigte am Mittwoch beiläufig auch
an, dass sie von den Provinzverwaltungen und Gemeinden Angaben über die Beamtenzahl gefordert habe. Hier
wird sich klar ergeben, dass viele in dieser Beziehung
allzu grosszügig umgegangen sind. Sie haben unzählige
öffentliche Angestellte eingestellt, die sie nicht brauchten,
aber kaum solche die notwendig waren, wie Polizisten
und Krankenschwestern.Gesamthaft liegt die Zahl der
Beamten der Provinzen und der Stadt Buenos Aires etwa
doppelt so hoch wie zur Zeit der Militärregierung, als
es auch schon zu viele waren. Und bei den Gemeinden
dürfte es ähnlich sein. Wird die Präsidentin jetzt Druck
auf Gouverneure und Bürgermeister ausüben, damit sie
es unterlassen, die Beamtenapparate weiter unnötig zu
erhöhen? Oder eventuell sogar zu verringern? Die Haushaltspolitik geht auf alle Fälle in diese Richtung.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 26 -
Wirtschaft
Die finanzielle Katastrophe von Aerolineas Argentinas
Das Luftfahrtunternehmen Aerolíneas Argentinas,
plus sein Tochterunternehmen Austral, haben im Jahr
2011 insgesamt umgerechnet u$s 757 Mio. vom Schatzamt erhalten. Letzte Woche wurde im Amtsblatt noch
die Erhöhung des Subventionsbetrages um $ 243 Mio.
bekanntgegeben, mit dem man zur obigen Gesamtzahl
gelangt. Diese Zuwendung stellt rund u$s 2 Mio. täglich
dar. Bestenfalls fliegt 5% der Bevölkerung, zum grössten
Teil gut situierter Mittelstand oder reiche Personen. Die
Staatsausgaben, die der Verlust mit sich bringt, können
somit gewiss nicht als Sozialausgaben eingestuft werden.
Vom Gesamtbetrag entfallen nur u$s 94 Mio. auf
Zahlung neu erworbener Flugzeuge. Der Rest wurde für
Deckung des finanziellen Defizites eingesetzt. In Wirklichkeit ist der Fall noch schlimmer, da die neuen Flugzeuge (brasilianische Embraer und EU-Airbus) finanziert
werden, und der Betrag, der nicht bekanntgegeben wurde,
auch einen finanziellen Beitrag für AA darstellt.
Die Zahlung des Schatzamtes an AA wurde als “Überweisung an private Unternehmen” gebucht, wie wenn AA
und Austral keine Staatsunternehmen wären. In der Tat
ist das im Juli 2008 eingeleitete Enteignungsverfahren des
Unternehmens, dessen Aktionär damals die spanische
Marsans war, immer noch nicht abgeschlossen. Dennoch
handelt es sich um ein Unternehmen im Staatsbesitz.
Wäre es privat, dann könnte das Schatzamt rein formell
gar nicht Geld beisteuern.
Der finanzielle Verlust, der vom Schatzamt gedeckt wurde, stieg von Jahr zu Jahr, 2008 waren es umgerechnet u$s
332 Mio., 2009 u$s 612 Mio., 2010 u$s 575 Mio. und 2011
u$s 757 Mio. Insgesamt wären es somit u$s 2.276 Mio. Bei
der staatlichen Buchführung wird die Verschuldung für
Finanzierung von Investitionen auch als Defizit berechnet, so dass zum Betrag noch mindestens u$s 500 Mio.
hinzukommen. Ebenfalls muss berücksichtigt werden,
dass AA den Treibstoff, den es in Argentinien bezieht, weit
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unter dem internationalen Preis bezahlt, was ebenfalls eine
verkappte Subvention darstellt.
Warum verliert AA so viel Geld? Das Grundproblem ist
die überhöhte Belegschaft. Der Staat hat das Unternehmen
mit um die 9.000 Angestellten übernommen, und danach
noch mehr eingestellt, darunter auch viele der politischen
Gruppe “La Cámpora”, die zum Teil leitendes (erfahrenes)
Personal verdrängt haben, so dass es jetzt um die 11.000
sein sollen. Gemäss internationalen Koeffizienten (Personal pro Flugzeug und pro geflogene Stunden) sollten
es nicht über 4.000 sein. Ausserdem sind die Gehälter
relativ hoch. Gemäss Angaben der Präsidentin Cristina
Kirchner vom November verdient ein Gepäckträger pro
Monat $ 11.500, ein Techniker $ 16.690, ein leitender
Beamter $ 21.000, und ein Pilot $ 37.800. Gehen wir von
einem Durchschnitt von $ 15.000 aus, der mit Soziallasten,
jährlichem Zusatzgehalt u.a. Kosten auf gut $ 25.000 steigt,
so wären es bei einem Überschuss von 7.000 Angestellten pro Monat $ 175 Mio., und pro Jahr $ 2,1 Mrd., also
nahe an die u$s 500 Mio. Das bedeutet, dass zwei Drittel
des finanziellen Verlustes auf den Personalüberschuss
zurückzuführen sind. Der Rest sind Investitionen und Ineffizienzquellen, wir die Erhaltung unrentabler Strecken.
Das bezieht sich nicht nur auf Flüge nach Gegenden des
Landes, wie besonders Patagonien, bei denen die Tarife
stark subventioniert werden, sondern auch auf internationale Flüge, bei denen ausländische Airlines den Dienst
auch versorgen, so dass AA nicht notwendig ist. Ebenfalls
verursachen die zahlreichen Streiks, die zu Unterbrechungen des Dienstes führen, hohe Verluste.
Zum Geschäftsführer von AA wurde bei der staatlichen
Übernahme Mariano Recalde ernannt, Sohn des Arbeitsanwaltes Héctor Recalde, der die CGT (besonders Hugo
Moyano persönlich) berät und ausserdem Nationaldepu-
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 27 -
Wirtschaft
tierter der Regierungspartei ist. Sohn Mariano, der an die
40 Jahre alt ist und zur Cámpora-Gruppe gehört, hatte
überhaupt keine Erfahrung auf dem Gebiet der Luftfahrt
und auch nicht auf dem des Managements von Grossunternehmen. Er müsste wirklich ein Genie sein, um seine
Arbeit effizient zu verrichten. Und das ist er gewiss nicht.
Es handelt sich um eine rein politische Ernennung, die
den Staat viel Geld kostet.
Recalde will grundsätzlich den Verlust durch Erweiterung des Dienstes überwinden, so dass das überschüssige
Personal produktiv eingesetzt wird. Das will ihm jedoch
nicht gelingen, da die Reisenden andere Unternehmen
bevorzugen und die AA-Maschinen bei internationalen
Flügen schlecht ausgelastet sind, was Verluste mit sich
bringt. In diesen Fällen wäre es billiger, das Personal zu
bezahlen, aber zu Hause zu lassen, statt zu fliegen.
Die Regierung, und besonders Planungsminister Julio
de Vido, ist sich in letzter Zeit über das Riesenproblem
bewusst geworden, dass AA darstellt. Er hat vor über
einem Monat verschiedene konkrete Massnahmen
angekündigt (siehe AT vom 26.11.2011), die jedoch bisher nicht durchgeführt wurden. Aber auch mit diesen
Massnahmen ist es nicht getan. Die Sanierung von AA
und Austral erfordert an erster Stelle eine bedeutende
Verringerung der Belegschaft, und das ist politisch
glühendes Eisen. Es wäre einfacher gewesen, diese
Arbeit der spanischen Marsans zu überlassen und ihr
dabei Rückendeckung zu geben. Doch die KirchnerRegierungen haben genau im entgegengesetzten Sinn
gehandelt, Streiks gutgeheissen und dem Unternehmen
Schwierigkeiten gemacht. Auch mit finanzieller Unterstützung für Marsans wäre der Fall für das Schatzamt
unverhältnismässig billiger gewesen als mit Übernahme
durch den Staat. Doch das ist etwas, was Néstor Kirchner nie begriffen hat. Und jetzt hat seine Gattin Cristina
ein Riesenproblem.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 28 -
Wirtschaft
Argentinien
Der Dollarkurs schloss am Donnerstag zu $ 4,315,
zur Vorwoche unverändert und 7,61% über Ende 2010.
Die Reserven lagen zum 15.12. bei u$s 46,27 Mrd., gegen
u$s 46,09 Mrd. am Donnerstag der Vorwoche. Die ZB
konnte auch letzte Woche Devisen auf dem Markt kaufen.
Der Rofex Terminkurs lag zum 30.12.11 bei $ 4,305, zum
30.3.12 bei $ 4,415 zum 30.6.12 bei $ 4,564, zum 28.09.12
bei $ 4,753 und zum 30.11.12 bei $ 4,88. Der Schwarzkurs
erreichte bei Bargeschäften $ 4,65 und bei Überweisungen
$ 4,74. Käufer von kleinen Beträgen werden jetzt faktisch
gezwungen, Dollar auf dem Schwarzmarkt zu kaufen,
da ihnen beim normalen Kauf in zugelassenen Wechselstuben Schwierigkeiten gemacht werden, wobei an erster
Stelle eine Genemigung der Steuerbehörde gefordert wird.
Somit wurde der Schwarzmarkt erweitert und der kleine
Mann geschädigt.
***
Der Merval Aktienindex der Börse von Buenos Aires
verzeichnet in einer Woche zum Donnerstag einen
Rückgang von 0,61%, und lag 31,15% unter Ende 2010.
***
Par-Bonds in Pesos notierten zur Vorwoche zum Donnerstag um - 0,54%, und lagen um - 35,87 % unter Ende
2010. Discount-Bonds in Pesos notierten zur Vorwoche
mit einem Minus von 0,79% und lagen um 33,76% unter
Ende 2010. Boden 2014 lagen zur Vorwoche unverändert
und gingen im Laufe dieses Jahres um 9,19% zurück. Boden 2012 gewannen zur Vorwoche um 1,47% und liegen im
Plus von 6,13% ab Ende 2010, und Boden 2013 gewannen
zur Vorwoche um 1,66% und verzeichnen einen Gewinnn
von 5,88% seit Jahresbeginn.
***
Der Notenumlauf erreichte am 16.12. $ 164,46 Mrd.,
ein Plus von 0,84% zur Vorwoche und von 32,06% über
Ende 2010. Girodepositen lagen mit $ 148,68 Mrd. um
13,30% über der Vorwoche, und um 26,17% über Ende
2010. Spardepositen lagen mit $ 70,45 Mrd. um -8,55%
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zur Vorwoche, und um +14,09% über Ende 2010.
***
Die gesamten Pesodepositen des Bankensystems
betrugen zum 16.12 $ 426,05 Mrd., um +1,88% zur
Vorwoche und um 33,35% zum Jahresende 2010. Davon
entfielen $ 187,83 Mrd. auf Fristdepositen, ein Minus von
1,95% zur Vorwoche und 48,87% über Ende Dezember
2010. Dollardepositen machten u$s 6,44 Mrd. aus, ein
Minus von 1,33% zur Vorwoche und um 1,18% weniger
als zum Jahresende 2010.
***
Gold wurde am Donnerstag in Buenos Aires (Banco
Ciudad) bei 18 Karat zu $ 162,24 je Gramm gehandelt
(Vorwoche Dienstag $164,15), und bei 24 Karat zu $
231,76 (Vorwoche $234,50).
***
Das US-Handelsdepartement (USDA) hat das Zentrum und den Süden der Provinz Mendoza als “frei von
der Obstfliege” erklärt, was eine wesentliche Erleichterung für den Export von Obst und Gemüse aus dieser
Gegend darstellt. Dabei enfällt die Behandlung, die bisher
für diese Produkte erforderlich war, was kostensparend
wirkt.
***
Das neue Exportsystem für Weizen, das der neue
Landwirtschaftminister Norberto Yauhar mit den
Verbandsleitern besprochen hatte, wurde noch nicht
in Kraft gesetzt, da angeblich Binnenhandelssekretär
Guillermo Moreno Einwände hat. So weit bekannt
wurde, soll der Weizenexport freigegeben werden, bis
eine bestimmte Exportmenge erreicht wird, die der
Produktion plus Überschüssen aus der vorangehenden
Ernte, minus interner Bedarf, entspricht. Bisher wurden
periodisch kleinere Kontingente für den Export freigegeben, was dazu führte, dass der interne Preis weit unter
der Parität liegt, die sich aus dem internationalen Preis
minus Exportkosten, Frachten, Exportzöllen und Steuern
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 29 -
Wirtschaft
ergibt. Mit dem neuen System soll die Ernte angeblich
sehr schnell exportiert werden, was logisch ist, da sich
sonst die Verkäufe mit denjenigen der USA u.a. Staaten
der nördlichen Hämisphäre decken. Ausserdem werden
dabei Lagerkosten und Finanzierungskosten gespart. Das
neue System soll angeblich nächste Woche in Einzelheiten
bekanntgegeben werden.
***
AFIP-Direktor Ricardo Echegaray erklärte, die gesamten Einnahmen aus Steuern, Zöllen, Sozialabgaben
und Gebühren, für die das Amt verantwortlich ist,
werden 2011 um die $ 540 Mrd. erreichen, 30% mehr
als im Vorjahr. Die Zunahme entspricht etwa der des BIP
zu laufenden Werten. Für 2012 sind im Haushaltsgesetz
Einnahmen von $ 667 Mrd. vorgesehen.
***
Die Bankangestellten erhalten im Januar, Februar
und März eine Zulage von $ 1.180 in jedem der drei
Monate, plus eine weitere von $ 200, auf die keine Soziallasten berechnet werden (“no remunerativo”). Bei den
Angestellten der unteren Kategorien, die ein Gehalt von
$ 5.800 beziehen, macht dies 23,8% aus. Ab März sollte
dann ein neuer Gesamtarbeitsvertrag gelten, wobei man
schon davon ausgehen kann, dass die Zulage weit über
dem Richtsatz von 18% liegen wird, den die Regierung
festgesetzt hat.
***
Eine Studie des USA-Energiesekretariates schätzt die
argentinischen Reserven von nicht konventionellem
Gas, das sich im unterirdischen Gestein oder Sand befindet (“shale gas”) auf 22 Bio. cbm, was 60 Mal so viel
wie die festgestellten Reseren von konventionellem Gas
ausmacht. Es handelt sich weltweit um die drittgrösste
Reserve, nach China und den USA. Das argentinische
Energieinstitut der Akademie für Ingenieurtechnologie
hat sich mit dem Fall befasst und ist zum Schluss gelangt,
dass man erst in etwa 7 Jahren eine effektive Gasförderung
aus diesen neuen Quellen erwarten kann. Inzwischen
ist Argentinien weiter auf importiertes Gas angewiesen,
das in Mengen 14% des gesamten Gaskonsums darstellt,
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wertmässig jedoch 50% ausmacht, weil der Preis unverhältnismässig höher ist.
***
YPF verzichtete auf dem Kauf der Metrogas-Aktien
im Besitz der britischen BG Group, und somit auf die
Kontrollmehrheit. Es konnte keine Einigung mit den
Gläubigern erreicht werden; YPF wollte einen hohen
Schuldenschnitt und günstige Zahlungsbedingungen.
Die Alterntive, nämlich höhere Tarife (wie sie dem Konzessionsvertrag entsprechen) kommt eben nicht in Frage.
Ob es jetzt zum Konkurs (auf spanisch “quiebra”) kommt
oder zur staatlichen Übernahme, oder ob BG weitermacht,
weiss man nicht. 70% von Metrogas wird von GASA kontrolliert, 8,3% ist in den Händen der Anses, 11,7% wird in
der Börse gehandelt und die übrigen 10% befinden sich
im Besitz der Mitarbeiter. BG (ehemals British Gas) ist im
Besitz von 54,67% der Aktien, während YPF 45,33% der
Aktien dieses Unternehmens kontrolliert.
***
Die Gasrechnungen werden im kommenden Jahr
höher ausfallen als bisher angenommen. Nebst der allgemein bekannten Streichung der Subventionen wird es
zwei Posten geben, die im verabschiedeten Haushaltsgesetz vorgesehen sind. Es handelt sich dabei um Beiträge
zur Finanzierung von Gasleitungen und zur Erweiterung
von Haushaltsleitungen. Die neuen Tarifkomponenten
summieren sich zu den seit 2006 bereits bestehenden Zusatzkosten für mittlere und grosse Kunden der Industrie
zur Finanzierung der Erweiterung der Gasfernleitungen
durch TGN und TGS, sowie dem 2008 geschaffenen, und
von fast allen Verbrauchern zu zahlenden Beitrag, um die
Preisidiferenz bei Gasimporten zu zahlen.
***
Im November hat sich der Konsum leicht erholt, steigt
jedoch weit weniger als die BIP-Zunahme, die gemäss
offiziellen Statistiken bei 95 und gemäss privaten bei 7%
liegen wird. Nach einer Umfrage der Consulting Firma
CCR lag der Konsum von Lebensmitteln, Getränken,
Reinigungsmitteln und Parfümerieprodukten leicht über
dem vom Vormonat. Während im Oktober der Verkauf
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 30 -
Wirtschaft
solcher Produkte eine innerjährliche Zunahme von 1,5%
verzeichnete, lag der Plus im November bei 2,2%. Für
dieses Jahr wird mit einem kumulierten Durchschnitt
von 2,2% gerechnet. Die Gewinner des Jahres sind beim
Handel die traditionellen Geschäfte, die im Schnitt um
2,8% wuchsen. Der Grosshandel wuchs um 2,6%. Die
Supermärkte kontrollieren auf natio-naler Ebene ca. 40%
der Lebensmittelverkäufe. Vor der Krise 2001 hatten die
Supermärkte einen Marktanteil von 46%. Die Kundenwanderung ging zugunsten der Billigmärkte wie Día oder
Eki, dessen Bedeutung sich verdreifachen konnte, und
auch der chinesischen Märkte, dessen Anteil um fast 5%
gewachsen ist.
***
Der interne Verkauf von Landwirtschaftsmaschinen
wuchs innerjährlich um 29% und erreichte2011 u$s
843 Mio. Die gute Geschäftszahlen haben zu hohen Investitionen geführt, die für 2012 über die u$s 580 Mio.
hinausgehen sollen. John Deere investiert in Santa Fe u$s
130 Mio. bis 2015 in die Fabrikation von Traktoren und
Mähdreschern. Dadurch werden Importe in Höhe von
u$s 150 Mio. substituiert. FIAT kündigte Investitionen
über u$s 100 Mio. an, und baut in Córdoba ein Werk zur
Herstellung von Motoren und Landwirtschaftsmaschinen.
Die US-Firma Case New Holland investiert ebenfalls u$s
100 Mio. für die Herstellung von Traktoren, Mähdreschern und Motoren. FTP wird Motoren für Mähdrescher
und Traktoren der Marke CNH bauen. Agrinar erwägt
ihre Produktion binnen eines Jahres zu verdoppeln, und
könnte mit der Herstellung von Kleintraktoren für Gärten
und Parks beginnen. Apache investiert schliesslich u$s 5
Mio. in der Herstellung eines Traktores mit überwiegend
lokalen Komponenten und substituiert dadurch Importe
in einer Höhe von u$s 25 Mio.
***
Der Merval-Aktienindex der Börse von Buenos Aires
setzt sich ab Januar folgendermassen zusammen: Grupo Financiero Galicia: 18,64%; Tenaris: 18,47%; Banco
Macro: 10,68%; Telecom: 7,71%; Siderar: 5,96%; Pampa
Energía: 5,95%; Petrobras Brasil: 5,86%; YPF: 4,28%;
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Banco BBVA Francés: 3,68%; Edenor: 3,14%; Aluar:
2,47%; Petrobras Argentina: 2,18%; Banco Patagonia:
1,95%; Transener: 1,86%; Comercial del Plata: 1,69%;
Molinos Rio de la Plata: 1,65%; Banco Hipotecario:
1,43%; Mirgor: 1,21%; Ledesma: 1,19%. Die Prozente
entsprechen den Umsätzen im vorangehenden Quartal.
Neu ist dieses Mal die Aufnahme von Ledesma (Zucker,
Papier, Alkohol u.a. Produkte). Der Techint-Konzern ist
mit zwei Unternehmen in den ersten Plätzen vertreten:
Tenaris und Siderar. Petrobas ist zwei Mal vertreten, einmal als brasilianisches und dann als argentinsches Unternehmen. Sieben Unternehmen sind aus Privatisierungen
hervorgegangen. Fünf sind Banken. Die Börse hat sich in
den letzten Jahrzehnten total verändert. Unternehmen,
die früher bedeutend waren, wie Acindar, Alpargatas,
Celulosa, Fabril Financiera, Tabacal u.a., sind vom Handel
verschwunden, zum Teil auch zu Grunde gegangen.
***
Vertreter der Gewerkschaft der leitenden Angestellten
beim Erdölunternehmen Apache in Feuerland setzten
einen einmaligen Bonus in Höhe von $10.000 durch.
Darüber hinaus wird ein individueller Bonus über $533
ausbezahlt, und ein weiterer für Produktion in Höhe von $
996. Weiterhin gültig bleibt eine zehnprozentige Erhöhung
der Gehälter für das gehobene Personal, sowie ein Bonus
für die Dauer der Betriebszugehörigkeit von jährlich $ 28.
***
Im November wurden 10% mehr Immobilien in der
Provinz Buenos Aires als im gleichen Monat vor einem
Jahr gehandelt, hat der Verband der Notare (Colegio de
Escribanos) mitgeteilt. Insgesamt wurden 13.283 Immobiliengeschäfte getätigt, 12% mehr als im Vormonat.
Der Gesamtbetrag der seit Jahresanfang abgeschlossenen
Immobiliengeschäfte liegt bei $ 25,81 Mrd. Im November
lag die Gesamtsumme bei $ 3,15 Mrd.
***
Der argentinische Staat hat eine Kapitalbeteiligung
von 15% beim Flughafenbetreiber “Aeropuertos Argentina 2000” (die von Eduardo Eurnekian kontrolliert wird) übernommen. Seit März 2008 war der Staat
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 31 -
Wirtschaft
berechtigt, dies zu tun, nachdem er Wandelobligationen
als Zahlung einer Schuld übernommen hatte. Der Staat
hatte bereits ein Direktor im Unternehmen. Eurnekians Anteil an Aero-puertos geht jetzt von 99% auf
84% zurück. Die verbleibenden 1% bleiben in Händen
des Bauunternehmens Riva. Eurnekian übernahm die
Kontrolle von 33 Flughäfen, an erster Stelle Ezeiza und
Aeroparque, im Rahmen der Privatisierung von 1998.
Dabei verpflichtete er sich zur Zahlung einer jährlichen
Gebühr von u$s 171 Mio. Ursprünglich hatte er bei der
Übernahme die US-Firma Ogden und die italienische
SEA als Partner. Dieses europäisches Unternehmen hob
die Bindung mit Aeropuertos Argentina 2000 im letzten
Juni auf. Das Aktienpaket wurde an die uruguayische
Cedicor verkauft, welche wiederum von Corporación
América kontrolliert wird. Kurz nachdem die Konzession begann, wurde die Gebühr nicht mehr entrichtet. Es
kam schliesslich zu einer Einigung mit dem Staat, bei der
dieser Obligationen für die nicht gezahlten Gebühren
erhielt. Die Berechnung der Gebühr wurde gleichzeitig
geändert und die Konzession bis 2028 verlängert, bei
neuen Investitionsverpflichtungen.
***
Die ZB hat am Dienstag Wechsel für $ 800 Mio. ausgeschrieben, Offerten für $ 2 Mrd. erhalten und $ 1,7
Mrd. zugeteilt. Die Amortisation bestehender Wechsel
betrug $ 895 Mio., so dass Liquidität in Höhe von $ 803
Mio. abgeschöpft werden konnte. 72% der Angebote entfielen auf Lebac. Die Zinsen bei Lebac lagen bei 112 Tagen
Laufzeit bei 13,97%, und bei 672 bei 14,95%. Nobac auf
546 wurde zu Badlar-Satz plus 2,50% jährlich verzinst.
***
Die argentinische Kammer der Biokraftstoffe
(Carbio) erwartet einen starken Exportsprung weil
demnächst neue Werke in Betrieb genommen werden,
und bestehende erweitert werden. Für 2011 erreicht die
Produktion nach Berechnungen der Kammer einen Gesamtwert von u$s 1,9 Mrd., 58,6% mehr als im Vorjahr.
***
Nach Auskunft des Argentinischen Kapitalmarktinstitutes (IAMC), hatte die Börse von Bue-nos Aires die
weltweit grössten Verluste ihrer Aktienkurse im Jahr
2011. In US-Dollar ausgedrückt hatte der Merval Index bis
letzten Freitag 35,1% seit Jahresbeginn verloren. Es handelt
sich dabei um den zweitgrössten Wertverlust seit 2001,
auch höher als der von 2008. An zweiter Stelle unter den
verlustreichen Weltbörsen lag die brasilianische Bovespa
mit -25,6% und an dritter die chilenische Börse mit -23,8%.
***
Der Bierkonsum stieg von 12,6 Mio. hl im Jahre 2000
auf 19,8 Mio. hl 2010, teilten die argentinische Kammer
der Bierbrauer (CAIC) und das Statistikamt INDEC am
Dienstag mit. Von den insgesamt in 2009 verbrauchten
3,05 Mrd. Litern an alkoholischen Getränken, waren 60%
davon Bier, während nur 34% auf Wein entfielen. In den
80er Jahren war Wein mit 90% beim Konsum alkoholischer Getränke vertreten.
***
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 32 -
Wirtschaft
Lateinamerika
Die brasilianischen Umweltbehörden haben den USKonzern Chevron wegen des Ölunfalls vor der Küste des
Landes mit einer zweiten Millionenstrafe belegt. Die
Buße beträgt diesmal 10 Mio. Reais (u$s 5,36 Mio.), wie
das brasilianische Institut für Umwelt und erneuerbare
Naturrohstoffe (IBAMA) am Freitag mitteilte. Chevron
habe die bei der Lizenzerteilung gemachten Auflagen nicht
erfüllt, hieß es. Unter anderem habe Ausrüstung an Bord
der Notfallschiffe gefehlt. Bereits im November hatte die
Behörde eine Strafe von 50 Mio. Reais (u$s 26,82 Mio.)
gegen den Ölkonzern verhängt. Bei dem Unfall im Ölfeld
Frade rund 120 km vor der Küste Brasiliens liefen im November schätzungsweise bis zu 3000 Barrel Öl ins Meer.
Chev-ron hatte die volle Verantwortung für den Vorfall
übernommen. Ein Staatsanwalt in Campos (Bundesstaat
Rio) kündigte vorige Woche eine Klage in Höhe von 20
Mrd. Reais (u$s 10,73 Mrd.) an. Bislang wurde die Klage
aber nicht angenommen. (dpa)
***
Das staatliche venezolanische Erdölunternehmen
PDVSA unterschrieb ein Vertrag mit der italienischen
Eni und der spanischen Repsol YPF, um die Entwicklung des Gasfeldes Perla voranzutreiben. Man erhofft
sich Investitionen in Höhe von u$s 4,5 Mrd. Die Produktion sollte Ende 2012 beginnen. PDVSA verfügt nicht über
die notwendigen Mittel, da der Gewinn weitgehend für die
Staatsfinanzierung eingesetzt wird, und auch nicht über
die moderne Technologie, die die privaten ausländischen
Firmen beisteuern.
***
Brasilianisches Ethanol kann ab 1. Januar 2012 in den
USA frei eingeführt werden, nachdem der US-Kongress
die am 31.12. auslaufenden Zollschranken nicht mehr
verlängerte.
***
Brasilianische Unternehmen übernahmen Aktiva
von ausländischen Firmen, die in Brasilien tätig sind,
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über u$s 27,5 Mrd. Nach einem Bericht der Brasilianischen Gesellschaft für das Studium von transna-tionalen
Gesellschaften und Globalisierung (Sobeet) wurden in
diesem Jahr Aktiva in Höhe von u$s 17 Mrd. allein von
US-Unternehmen übernommen. Ebenfalls stark vertreten
sind seit 2008 Firmen aus Portugal und Spanien, mit einem
Gesamtbetrag von u$s 6,7 Mrd. Keine Veränderung ergab
sich beim chinesischen Firmen, die in Brasilien investiert
haben. Hier konsolidiert sich die gleiche Wachstumstendenz der letzten Jahren.
***
Die uruguayische Wirtschaft wächst 2011 um 6%,
und das pro- Kopf-Einkommen liegt bei ungefähr u$s
15.000, teilte der Wirtschafts- und Finanzminister Uruguays, Fernando Lorenzo, mit. Für das kommende Jahr
geht das Wirtschaftskabinett von einem wirtschaftlichen
Wachstum um 4% aus. Uruguay verzeichnet gegenwärtig
die niedrigsten Arbeislosenraten seiner Geschichte, mit
nur 6% Erwerbslosen. 2011 wurden 14.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Gehälter wuchsen im letzten Jahr
um 3%. Die Armut ging von 18% auf 14% zurück.
***
Die Erweiterung des privaten Sektors bleibt eine der
grössten Herausforderungen der Regierung von Kubas
Präsident Raul Castro. Am Montag wurde im Amtsblatt
veröffentlicht, dass einige Staatsangestellten die Möglichkeit erhalten sollen, in die private Wirtschaft zu wechseln.
Davon betroffen sind die Tischler, die Schuster, die Fotografen, die Schlosser, die Polsterer, die Uhrmacher, die
Juweliere und die Elektriker für Reparaturarbeiten. Solche
Handwerker, die ehemals als Staatsangestellte tätig waren,
sollen jetzt Mietverträge in ihren alten Diensträumlichkeiten abschliessen und frei als Selbstständige arbeiten
können. Dieses Jahr wurde ausserdem der An- und Verkauf von Autos und Wohnungen unter Privatpersonen
genehmigt. Eine weitere Neuigkeit betraf die Selbstständigen, die nun ihre Dienste über Anzeigen anbieten dürfen.
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 33 -
Wirtschaft
***
Das Unternehmen Energimp hat im Bundesstaat
Santa Catarina, im Süden Brasiliens, einen Windpark
eingeweiht. Energimp wird von der argentinischen Impsa
(Pescarmona-Gruppe) kontrolliert. Das neue Komplex
trägt mit 22,5 MW Leistungsbedarf bei. Die Errichtungg
des Parks wurde von der Caixa Economica Federal finanziert. Bei Impsa Energy handelt es sich um den grössten
lateinamerikanischen Investor in Windenergie. Das
Unternehmen verfügt über 322 MW funktionsfähige
Projekte, weitere in Bau befindliche Projekte mit 285 MW,
535 MW in abgeschlossenen Projekte für den Ankauf und
Verkauf von Energie in verschiedenen Ländern, und in
Entwicklung befindliche mit 1200 MW.
***
Die brasilianische Regierung kündigte am Dienstag eine Erhöhung der Zollsätze für importierte Bekleidungsstücke und Stoffe an. Finanzminister Guido
Mantega erklärte, das Ziel sei, eine Überschwemmung
von chinesischen Billigprodukten zu vermeiden. In dieser Hinsicht soll das Zollsystem dahingehend geändert
werden, dass nicht mehr wie bislang nach dem Konzept
ad valorem, sondern nach dem ad rem- Grundsatz (also
ein fester Betrag pro Einheit) eingeführt wird. Mantega
zeigte sich überzeugt davon, dass dies eine “starke Waffe”
sein wird, um die Konkurrenzfähigkeit der brasilianischen Textilprodukte gegenüber den importierten wieder
herzustellen. Er schloss nicht aus, dass weitere Produkte
von der gleichen Massnahme betroffen werden könnten,
namentlich Autoteile, Maschinen, chemische Produkte
sowie solche aus Kunststoffen. Diese Industrien weisen die
grössten Handelsdefizite aus. Brasilien erhebt seit einigen
Wochen eine Sondersteuer auf asiatische und europäische
Autos. Nicht betroffen sind die PKW-Importe aus den
Mercosur-Ländern sowie aus Mexiko.
***
Die brasilianischen Filialen des Telekommunikationskonglomerats America Movil (im Besitz des Mexikaners Carlos Slim, dem reichsten Mann der Welt) investieren im kommenden Jahr u$s 5,4 Mrd. (10 Mrd. Reais),
berichtet die Zeitung Folha de Sao Paulo. Dieser Betrag
ist, in der brasilianischen Währung, höher als die 9,4 Mrd.
Reais die dieses Jahr von den drei Hauptunternehmen der
Gruppe investiert wurden: der Mobiltelephonieanbieter
Claro, der Festtelephonieanbieter Embratel und der Kabelprogrammanbieter Cable Net. Für nächstes Jahr ist der
Bau einer Unterwasserleitung für die Datenübermittlung
zwischen den USA und Brasilien vorgesehen. Der Kostenpunkt soll bei ca. u$s 540 Mio. liegen, gab der CEO von
Claro in Brasilien, Carlos Zenteno, bekannt. Hauptziele
der Gruppe für das kommende Jahr sind eine Erweiterung
des Internetnetzes für Handys, die Weiterentwicklung
der Glasfaser-Technologie und die Vorbereitungen zur
Ausschreibung der neuen Technologie 4G, die schnellere
Zugangsgeschwindigkeiten erlauben wird.
***
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 34 -
Wirtschaft
Geschäftsnachrichten
Transener
Diese Gesellschaft, die Stromfernleitungen betreibt,
investierte $ 35 Mio. für den Kauf eines neuen Dreiphasentransformators. Die Ausrüstung wurde auf der Station
Henderson, Provinz Buenos Aires, installiert, um die
Stromversorgung in den anliegenden Städten von Trenque
Lauquen, Bragado und Coronel Suarez zu gewährleisten.
Claas
Dieser deutsche Landwirtschaftsmaschinenhersteller
investiert u$s 67 Mio. für die Erweiterung zwei seiner
Werke, eines in Oncativo (Provinz Córdoba), und das
andere in Florentino Ameghino (Provinz Buenos Aires).
Ein drittes Werk steht in Sunchales, Provinz Santa Fe.
Ausserdem verpflichtet sich Claas, zwischen 2011 und
2014 keine Gewinne ins Ausland zu überweisen. Nächstes
Jahr beginnt Claas mit der Herstellung von zwei neuen
Mähdreschern mit einem 45-prozentigen Anteil an lokalen Teilen. Ein Jahr später wird dieser Anteil um 10%
höher liegen. Das angepeilte Ziel bis 2015 liegt bei einer
Produktion von 800 Mähdreschern (200 für den lokalen
Markt, 400 für Brasilien und 200 für weitere Länder in
der Region sowie Afrika).
Productos Medix
Dieses mexikanische Pharmalabor übernahm für u$s 2
Mio. das alte Werk des Pharmalabors Garden House, das
völlig erneuert wurde, um unter der Marke Esbelta ihre
Produktlinie von Fettleibigkeits- und Übergewichtsmedikamente anzubieten. Diese Präparate werden ausschliesslich in Apotheken erhältlich sein.
Nobleza Piccardo
Dieser Tabakkonzern beendete seinenUmstrukturierungsprozess, der mit der Inbetriebnahme des neuen
Werks in Pilar begonnen wurde, und hat jetzt ihre Handelsbüros nach San Isidro umgezogen. Der Umzug kostete
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$ 62 Mio., einschliesslich der Bau eines neuen Gebäudes
mit mehr als 20.000 qm in Martínez.
Newsan
Diese Gruppe begann im Werk von Monte Chingolo mit
der Herstellung von Bügeleisen unter der Marke Atma.
Das angepeilte Ziel liegt bei monatlich 40.000 Einheiten
der vier Modelle, zwei davon Dampfbügeleisen.
Plaza Logistica
Dieses Unternehmen investiert $ 300 Mio. für die Errichtung und Inbetriebnahme von zwei Logistikparks in Escobar und Pilar, in der Provinz Buenos Aires. Das Projekt
sieht den Bau von Depots mit insgesamt 85.000 qm vor.
Anfang 2011 waren bereits 15.000 qm fertiggestellt worden. Die Investition wird von der Inneramerikanischen
Bank (BID) und dem Overseas Private Investment Corporate (OPIC), eine Agentur der US-Regierung, finanziert.
Aerolíneas Argentinas
Die Flotte der staatlichen Fluggesellschaft zählt seit letztem Wochende zwei neue Maschinen vom Typ Airbus
A-340/300, mit einer Kapazität für 290 Passagiere, und
eine Boeing 737/800 der letzten Generation. Erstere werden die Langstrecken bedienen, während die 737, mit
einer Kapazität für 170 Passagiere, für die Inlandsflüge
und den regionalen Dienst vorgesehen ist. Insgesamt zählt
Aerolineas Argentinas seit 2009 mit 49 neuen Flugzeugen.
Cervecería Quilmes
Diese Brauerei kündigte am Dienstag ein neues Investitionsplan über insgesamt $ 3 Mrd. für die Jahre 2011-2015 an.
Diese ursprünglich argentinische Brauerei ist Bestandteil
der belgischen Gruppe Anheuser-Bush. Die Gelder sollen
vornehmlich für die Erweiterung der inländischen Produktionskapazität verwendet werden, aber auch für die
Modernisierung der Flaschen und Dosenwerke. Darüber
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 35 -
Wirtschaft
hinaus soll ein 18.000 qm grosses überdachtes Lager, und
ein weiteres freistehendes mit 26.000 qm in der Nähe des
Grossmarkts bei der Ausfahrtstrasse nach Ezeiza entstehen.
Quilmes braut für die Biermarken Brahma, Quilmes, Stella
Artois, Iguana, Liberty, Norte, Patagonia und Andes.
YPF
Dieses integrierte Erdölunternehmen, eine Tochtergesellschaft der spanischen Repsol, hat in der Raffinerie
in Ensenada, bei La Plata, die Anschaffung eines hochmodernen Reaktors für die Erzeugung von Super- und
Premiumbenzin bekanntgegeben, der soeben eingetroffen
ist, mit dem ab Ende 2012 900 Mio. Liter Benzin zusätzlich erzeugt werden. Dadurch wird die Produktion von
hochwertigem Benzin gesamthaft in Argentinien um
32% erhöht. Es handelt sich um die grösste Investition
auf diesem Gebiet im ganzen Land in den letzten 10 Jah-
ren. Gegenwärtig muss Benzin importiert werden, weil
die Raffinerien voll ausgelastet sind. Vor wenigen Jahren
wurde noch Benzin exportiert.
Dass
Die brasilianische Dass-Gruppe hat ein Gelände von
17.000 qm in El Dorado, Provinz Misiones, erworben, um
eine Sportschuhfabrik zu errichten. Gegenwärtig erzeugt
die Firma schon 14.000 Paare täglich, und mit den neuen
Anlagen sollen es insgesamt 18.000 sein. Es handelt sich
in diesem Fall um ein Teil des Investitionsprogrammes
von u$s 12 Mio., das dieses Jahr in Angriff genommen
wurde. Dass liess sich 2007 in Argentinien nieder und
versorgt den lokalen Markt für Marken wie Nike, Fila,
Converse und Umbro.
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 36 -
Wirtschaftsübersicht
Der Widerspruch der Politik
mit Vernunft und wirtschaftlicher Wirklichkeit
Die Präsidentin hält dauernd Reden, in denen sie allerlei
Themen anschneidet, dabei stets den Erfolg des KirchnerWirtschaftsmodells betont (also der Wirtschaftspolitik
ihres verstorbenen Gatten und der ihrigen), und über
allerlei Dinge doziert, von denen sie im Grunde herzlich
wenig versteht. Die Schriftstellerin Beatriz Sarlo hat die
Reden zusammengezählt, die sie ab 10. Dezember 2007
gehalten hat, und ist dabei auf die beachtliche Zahl von
600 gekommen (Siehe “Noticias” vom 24.12.11). Damit
kann selbst der Venezolaner Chávez nicht konkurrieren!
Sie betont dabei ständig die Bedeutung der Industrie
und setzt sich hier für mehr Wertschöpfung ein, erwähnt die Landwirtschaft nur am Rande, obwohl die
gute Konjunktur der letzten Jahre zur Hauptsache auf
den ausserordentlichen hohen Ernten von Getreide und
Ölsaat, sowie den hohen Weltmarktpreisen dieser Güter
beruht. Der Dienstleistungsbereich, der über 60% des
Bruttoinlandsproduktes ausmacht und für die Beschäftigung wesentlich ist, wird von ihr ebenfalls nur am Rande
erwähnt. Inflation gibt es bei der offiziellen Darstellung
nicht (oder in letzter Zeit doch ein wenig?), Arbeitslosigkeit
und Schwarzarbeit wird mit guten Absichten bekämpft,
aber nicht mit effektiven Massnahmen und Reformen
der Arbeitsgesetzgebung, und die Armut nimmt statistisch ab, während die Elendsviertel wachsen. Unter der
verpönten Militärregierung, als Brigadier Osvaldo Cacciatore Bürgermeister von Buenos Aires war, gab es kein
einziges Elendsviertel in der Stadt, wie es in vergleichbaren
Grossstädten auf der ganzen Welt der Fall ist. Heute sind
es über 30, mit über 200.000 Bewohnern, und sie wachsen
ununterbrochen und ungehindert weiter. Davon nimmt
die Präsidentin jedoch nicht Notiz.
Wirklichkeitsfremde Gesetze
Die Sorgen der Regierung konzentrieren sich offensichtlich auf Bereiche, die mit der bestehenden wirtschaftlichen
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Problematik nichts zu tun haben. Beim Zeitungspapier
wurde per Gesetz ein Problem geschaffen, wo es überhaupt
keines gab. Nur um die grossen Zeitungen, “Clarín” und
“La Nación”, dessen Verlage die Zeitungspapierfabrik in
San Pedro, Provinz Buenos Aires, errichtet haben (und
dabei schon weit über u$s 200 Mio. investiert haben!)
unter Druck zu setzen. Vizepräsident Amado Boudou, der
nachplappert was die Präsidentin sagt und andeutet, ist
so weit gegangen, zu behaupten, dass die beiden genannten Zeitungen mit so vielen Seiten erscheinen, weil sie
das Papier billig beziehen, während andere, die es teurer
zahlen, dünn erscheinen müssen. Das ist ein kollossaler
Blödsinn, der einem so hohen Beamten, der sich zudem
als Ökonom ausgibt, nicht gut steht. Die beiden grossen
Zeitungen sind so umfangreich, weil sie viele Anzeigen
haben, was wiederum darauf beruht, dass sie hohe Auflagen erreichen. Mit entsprechenden Anzeigen würden
wir gewiss ein “Argentinisches Tageblatt” mit doppelt
so viel Seiten herausgeben, und hätten dabei überhaupt
keine Schwierigkeiten mit dem Papier. Das Gesetz über
Zeitungspapier entspricht einer totalitären Vorstellung
der Staatsfunktionen und wirkt weltweit negativ. Denn es
bedeutet, dass die Regierung macht was sie will, dass es
kein echtes Parlament gibt, und dass die Rechtsordnung
eine Fiktion ist. Bedenklich.
Das Gesetz über Beschränkung des ausländischen Eigentums am Besitz von landwirtschaftlichem Boden hat
ebenfalls nur politische Bedeutung. Gemäss einer FAOStudie, die auf Daten lokaler Forscher beruht, befindet
sich schätzungs-weise etwa 10% des landwirtschaftlich
nutzbaren Bodens im Besitz von Personen, die im Ausland
wohnen oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland. Das
Gesetz ist nicht klar darüber, was ausländischer Besitz
bedeutet: wie ist es mit einer lokal eingetragenen Akti-
Mehr
Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 37 -
Wirtschaftsübersicht
engesellschaft, deren Aktionäre zum Teil in Argentinien
und zum Teil im Ausland wohnhaft sind? Und wie ist es
überhaupt mit Ausländern, die in Argentinien wohnhaft
sind, und umgekehrt, mit Argentinern, die im Ausland
wohnen? Abgesehen davon ist die Begrenzung des Landkaufes durch Ausländer auf 1.000 ha im ganzen Land, die
das neue Gesetz vorsieht, grober Unfug. In der zentralen
Pampa-Gegend ist dies recht viel (Es kann gut u$s 10
Mio. darstellen), in Patagonien und im Chaco-Urwald
sehr wenig (Es kann sich eventuell um u$s 100.000 oder
weniger handeln). Die Begrenzung des Gesamtbesitzes auf
15% des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens, ein sehr
elastischer Begriff, setzt voraus, dass ein Zensus gemacht
wird und obige Fragen vorher geklärt werden. Viel Arbeit
für nichts! In einer globalisierten Welt erscheint ein Gesetz
dieser Art wie ein Anachronismus. Auch dieses Gesetz
schafft Probleme, wo keines besteht.
Bei der Reform der Arbeitsgesetzgebung für Landarbeiter wird im Wesen wenig geändert. Nur der RenatreFonds, den bisher die Gewerkschaft der Landarbeiter (geleitet vom Oppositionsgewerkschafter “Momo” Venegas)
mitverwaltete, wird jetzt vom Staat allein verwaltet. Es
ging hier um Geld und nichts anderes. Zu diesem Anlass
wurde auch allerlei Unfug über die bestehende gesetzliche Ordnung für Landarbeiter verzapft, die auf die letzte
Militärregierung zurückgeführt wurde, wo sie doch aus
dem Jahr 1944 stammt (als General Farrell Präsident der
damaligen Militärregierung und Oberst Perón Arbeitssekretär war) und später mehrmals in unwesentlichen
Aspekten korrigiert wurde.
So ganz nebenbei wurde auch das Gesetzesprojekt
über den Haushalt des Jahres 2012 ohne echte Diskussion
verabschiedet. Dabei wird hier entschieden, wie der Staat
sein Geld ausgibt und woher es stammt. Und das verdient
zumindest eine Analyse. Die Opposition hat hier auch
versagt, da sie keine gründliche Untersuchung bekanntgegeben hat, die zumindest der Öffentlichkeit gezeigt
hätte, dass der Staat besser wirtschaften kann. Senatoren
und Deputierte verfügen über ein Heer von angeblichen
Beratern (es dürften gegenwärtig um die 12.000 sein), von
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denen zumindest einige qualifiziert sein sollten, um eine
eingehende Budgetanalyse durchzuführen. Und wenn
nicht, kann man diese Arbeit bei privaten ConsultingFirmen verpflichten, eventuell auch beim Verband über
Budgetstudien ASAP.
Die echten Probleme
Doch hinter den Kulissen bemühen sich viele Fachbeamten doch um echte Probleme. Die Mannschaft des
Wirtschaftsministeriums, angeführt von Minister Hernán
Lorenzino, bei der der schweigsame und erfahrene Schatzsekretär Juan Carlos Pezoa einen wesentlichen Einfluss
hat, bemüht sich, die verfahrene Lage der Staatsfinanzen
einzurenken. Auch Planungsminister Julio de Vido macht
jetzt offensichtlich mit, nachdem ihm Nestor Kirchner keine direkten Anweisungen mehr erteilt. Nach acht Jahren
Amtszeit kennt er die Themen seines Amtsbereiches bestimmt sehr gut, und handelt so vernünftig wie es ihm die
Umstände und die Politik erlauben. Cristina K. entscheidet nur gelegentlich und am Rande, während Néstor K.
auch als eigentlicher Planungsminister fungierte, obwohl
er wenig von den Problemen verstand, um die es hier ging.
Nebenbei bemerkt: De Vido hat vor einigen Wochen ein
mutiges Sanierungsprogramm für Aerolineas Argentinas
angekündigt; doch danach ist es still um dies geworden.
Haben die Gewerkschaften einmal mehr gewonnen? Bei
dieser Regierung ist es üblich, dass Ankündigungen versanden und in Vergessenheit geraten.
Dass die gesamten Ausgaben des Nationalstaates im
November nur um 14% über dem gleichen Vorjahresmonat lagen, ist ein grosser Erfolg. Das bedeutet, bei
einer Inflation von 20% bis 25%, dass die Staatsausgaben
real gesunken sind, während sie in Vormonaten um die
40% über dem Vorjahr lagen, also auch real stiegen. Die
Wahlen sind vorüber, und es wird offensichtlich weniger
ausgegeben. Ebenfalls spielt der Umstand eine Rolle, dass
die Pegelerhöhung des Wasserkaftwerkes Yacyretá von 76
auf 83 Meter, die vor einigen Jahren in Angriff genommen
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 38 -
Wirtschaftsübersicht
wurde, Anfang 2011 beendet wurde, so dass jetzt mehr
Strom erzeugt und verkauft wird, und kaum noch staatliche Zuschüsse erforderlich sind. Auch das Kernkraftwerk
Atucha II, das CK vor einigen Wochen feierlich eingeweiht
hat, obwohl es noch nicht in Betrieb genommen wurde,
befindet sich in der Endphase des Baus und beansprucht
weniger Mittel.
Auch der Umstand, dass die Rentner dieses Jahr keinen Zusatz erhalten, wie es in den letzten drei Jahren der
Fall war, deutet in eine andere Richtung. Empfänger von
Pensionen und Hinterbliebenenrenten haben dieses Jahr
eine Gesamterhöhung von 37% erhalten, weit mehr als
die Inflation und mehr als die meisten Arbeitnehmer. Das
sollte genügen. Ebenfalls zeigt die vorsichtige Haltung bei
der Entscheidung über den steuerfreien Mindestbetrag bei
der persönlichen Einkommenssteuer (die in Argentinien
absurderweise Gewinnsteuer benannt wird, wie wenn ein
Lohn oder ein Gehalt ein Gewinn wären!), zeugt von der
neuen Richtung. Die Entscheidung wurde nicht per Gesetz
getroffen, wie es hätte sein sollen, sondern der Exekutive
überlassen, die dies jetzt per Dekret verfügen kann. Im
Parlament wäre kaum vermieden werden können, dass
die Erhöhung über die effektive Inflation hinausgegangen wäre. Von der Präsidentin kann man jetzt eine bescheidene Erhöhung erwarten, wobei dies eventuell bei
Verhandlungen mit den Spitzengewerkschaftern als Gegenleistung für Zurückhaltung bei den Lohnforderungen
eingesetzt wird. Die Präsidentin hat hier ein Druckmittel
in der Hand. Wobei dieser Fall ausserdem zeigt, dass die
Staatseinnahmen gehütet werden.
Der wichtigste Problemfall, der unmittelbar auf die
Regierung zukommt, besteht in den Lohnerhöhungen.
Die Regierung hat eine Obergrenze von 18% erwähnt,
die jedoch nicht bindend ist. Die meisten Gewerkschafter
wollen beträchtlich mehr, und denken an 25% bis 35%, gelegentlich noch mit Zusätzen. Obwohl die Verhandlungen
zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverbänden
frei sind, hat die Regierung die effektive Möglichkeit,
die Erhöhungen zu begrenzen. Das ist ohnehin bei einer
schwächeren Konjunktur einfacher, wobei auch der hinter
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der internen Inflation zurückgebliebene Wechselkurs in
diesem Sinn wirkt. Viele Unternehmen können bestenfalls nur bescheidene Zulagen gewähren, und mehrere
drohen sogar mit Entlassungen. Denn schliesslich sind
die Unternehmer nicht bereit, sich selbst einen Strick um
den Hals zu binden, und die Arbeitnehmer betrachten die
Erhaltung ihrer Arbeitsplätze als wichtiger als Lohnerhöhungen, auch wenn die Gewerkschafter, die sie vertreten,
oft den Zusammenhang bagatellisieren und einen Weg in
den Abgrund befürworten. Meistens sind die Belegschaften vernünftiger als die Gewerkschafter, die schliesslich
nicht viel anders wie die Politiker denken und handeln.
Die Präsidentin hat sich schon vor Antritt ihrer zweiten
Amtszeit energisch und unmissverstädlich über die Notwendigkeit der Mässigung geäussert. Sie hat ausserdem
danach den Begriff der Konkurrenzfähigkeit betont, der
sich auch auf Löhne und Arbeitskosten bezieht. Doch
auf der anderen Seite hat sie Carlos Tomada als Arbeitsminister bestätigt, der für die bisherige inflationäre
Arbeitspolitik veranwortlich zeichnet und deutlich wie
ein Gewerkschaftsanwalt, der er von Haus aus ist, denkt
und handelt. Das kann somit kaum gut ausgehen. Und
darüber muss man sich Sorgen machen; denn wenn die
Lohnpolitik scheitert, und die Erhöhungen über der ungechriebenen Richtlinie von 18% liegen, dann geht das ganze
Schema der Regierung in die Brüche. Denn dann steigen
die Staatsausgaben wieder stark, das Defizit verbleibt oder
nimmt sogar zu, es muss stärker abgewertet werden, die
Inflation nimmt zu und wird selbstbeschleunigend, und
die Rezession steht vor der Türe.
Die Haltung der Unternehmer
Die Bevölkerung und besonders die Unternehmerschaft, an erster Stelle die Kleinunternehmer, nehmen die
Regierung und auch das politische Geschehen offensichtlich nicht ganz ernst. Sie handeln wie es die Umstände
empfehlen, produzieren und investieren, wie wenn die
Regierung nur ein Theaterstück wäre, wie es in gewisser
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Freitag, 30. Dezember 2011 - Seite 39 -
Wirtschaftsübersicht
Hinsicht auch der Fall ist, und empfinden den Staat im
Grunde nur als ein störendes Element, das man so gut
wie möglich vermeiden muss, wenn es um ihre konkrete
Tätigkeit geht. Der mächtige Staatssekretär Guillermo
Moreno sorgt auch dafür, Zweifel zu beseitigen, dass der
Staat effektiv ein Störungselement ist. Ihm verdanken
wir nichts weniger als den Abbau des Rinderbestandes
um über 10 Mio. Stück und den danach folgenden Preissprung bei Rindfleisch, aber auch die Tatsache, dass gut 5
Mio. Weizen weniger produziert werden, als es sein sollte.
Für diese u.a. “Leistungen” wurde Moreno mit einer Erweiterung seiner Machtsphäre belohnt! Argentinien ist
ohnehin unter den Kirchners zu einem Beispiel irrationaler Intervention des Staates in die Wirtschaft geworden,
der grossen Schaden verursacht, (ganz besonders bei der
Erdöl- und Gaswirtschaft, die ein Bereich von kritischer
Bedeutung darstellt), jedoch schlauen Unternehmern und
besonders Kirchner-Freunden gute Gelegenheiten bietet,
um leicht Geld zu verdienen.
Für die Landwirte sind Regen und internationale Preise
viel wichtiger als alles, was die Regierung tut. Dennoch
machen sie sich zunehmend Sorgen über die hohen
Exportzölle, die bei den gesunkenen Weltmarktpreisen
und den gestiegenen Kosten für viele Landwirte, ganz
besonders in Grenzgegenden, wo die Erträge niedriger
sind, unerträglich geworden sind und zu Verlusten führen.
Dieser Regierung fehlt die notwendige Flexibilität, um
sich den Umständen anzupassen, und das führt schliesslich dazu, dass weniger produziert wird, als es effektiv
möglich wäre. Für andere Unternehmer ist die Kaufkraft
der Landwirtschaft entscheidend. Und für viele stehen
die technologische Herausforderung, die direkt oder
indirekt (über Konkurrenten und Konsumänderungen)
auf sie zukommt, oder die Entwicklung in Brasilien, oder
andere konkrete Fakten im Vordergrund, die nichts mit
der Regierung zu tun haben.
Die grundsätzlichen Umstände, die die Entwicklung der
argentinischen Wirtschaft bestimmen, sind weiterhin so
günstig wie nie zuvor. Die Preise der Exportcommodities
sind trotz dem Rückgang der letzten Monate immer noch
unverhältnismässig höher als vor einem oder zwei Jahrzehnten (z.B. Sojabohne zu über u$s 400 pro t, gegen etwa
u$s 200 in den 90er Jahren), die technologische Revolution
(die bedeutendste der ganzen Menschheitsgeschichte!)
wirkt sich weiter auf breiter Ebene aus, und der Staat
wurde unter Menem dank umfangreichen Privatisierungen saniert, die Staatsfinanzen dabei entlastet, und die
Wirtschaft gleichzeitig durch einen Effizienzsprung bei
öffentlichen Diensten und hohe Investitionen der privatisierten Unternehmen angetrieben, und das hat sich unter
den Kirchners nur zum geringen Teil geändert, obwohl
sie viel Sand in das Getriebe geschüttet haben.
Die Unternehmer haben viel damit zu tun, die neue
Technologie, die sich nicht auf den Computerbereich beschränkt, sondern überall auftritt, aufzunehmen und in
die Praxis umzusetzen. Und das spornt schliesslich das
Wachstum an, unabhängig von all dem Unfug, der von
der Regierung kommt.
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