Bolivien im Schatten der Kokapflanze
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Bolivien im Schatten der Kokapflanze
Bolivien im Schatten der Kokapflanze ein internationales sozialökonomisches Problem Prof. Dr. A. Bühler Basel in „Über Anbau und Verwertung der Kokapflanze“ CIBA-Zeitschrift Nr. 92 Band 8 1958 Seite 3046 Wie manche andere Genussmittel und Drogen stammt auch die Koka aus Amerika. Sie hat aber nie die universale Bedeutung erlangt wie etwa der Tabak und blieb in ihrer Verbreitung im wesentlichen auf Südamerika beschränkt. Als Koka bezeichnet man die Blätter von Erythroxylazeen, die als Wirkstoffe gewisse Alkaloide, vor allem Kokain, enthalten. In der Literatur werden gegen zehn amerikanische Erythroxylon-Arten aufgezählt, die vermutlich alle kokainhaltig sind. Weitaus am wichtigsten ist die Spezies Erythroxylon Coca Lamarck, von der sich verschiedene Varietäten unterscheiden. Südamerikanische Kokapflanzen: 1. Erythroxylum coca Lamarck - Erythroxylum coca var. coca Erythroxylum coca var. ipadu 2. Erythroxylum novagranatense - Erythroxylum novagranatense var. novogranatense Erythroxylum novagranatense var. truxillense El Diario 6.102012 EVO MORALES 1. indigener Präsident Boliviens - Geboren am 26.Oktober 1959 in Isallawi bei Oruro Angehöriger der Aymaravolksgruppe - 1 Schwester, 1 Bruder, 4 Geschwister neugeboren oder als Kleinkinder gestorben - Dorfschule in Isallawi – nebenbei Arbeit als Viehhirte und Ziegelbrenner - Mit 14 Schule in Oruro nebenbei Arbeit als Bäcker - 1978 Umzug der Familie über die Yungas in den Chapare - Eltern bauen Koka an - 1978 Einzug zum Militär vor geplantem Studium, Dienst bei der Militärpolizei unter den Generälen Banzer, Pereda und Padilla - 1979/80 Arbeit beim Vater im Chapare als Cocaleros. Ein geplantes Studium in Cochabamba scheitert am Geld - begeister Fußballspieler - 1985 Wahl zum Führer der Sindikatzentrale der Chaparecocaleros nach mehreren Jahren als lokaler Sindikatführer - 1997 Wahl zum Deputierten ins Abgeordnetenhaus für die Sozialisten - 2002 Wiederwahl – zuvor Gründung der MAS aus 3 Linksparteien - Mehrheit im Abgeordnetenhaus - 18. Dezember 2005 Wahl zum 1. indigenen Präsidenten Boliviens mit knapp 54 % 22. Januar 2006 Amtseinführung - 6. Dezember 2009 Wiederwahl als Präsident mit über 60% der Stimmen BOLIVIEN Presseecho zur Moraleswahl „Albtraum der USA“ steht in Bolivien zur Wahl Evo Morales: Robin Hood der Indios Indio gewinnt Präsidentenwahl in Bolivien Indio und Castrofreund wird Präsident Kokabauernführer wird Präsident Triumph eines sozialistischen Kokabauern Wie Bolivien zum 2. Mal gegründet wurde Alles hofft auf Morales Symbol der Zeitenwende in La Paz Morales wird zur Stielikone Der Pulloverpräsident Ein Herz für Kokabauern Boliviens Kirche unterstützt Politik Morales Ein Staatschef zum halben Preis Morales enteignet sich selbst Der Mann mit dem Koks ist da La Prensa 3.9.2012 Das südamerikanische Kokadreieck Kolumbien Bolivien Peru Legaler und illegaler Kokastrauchanbau in Bolivien Apolo Chapare Yungas Legaler Kokapflanzenanbau in den Südyungas - Bereich Chulumani Das Kokablatt ist bolivianisches Nationalerbe und durch die neue Verfassung aus dem Jahr 2009 geschützt Süddeutsche.de 20.06.2012 Der Spiegel Nr. 51 1997 Latinapress 24.01.2011 KOKAPFLANZE - Koka/Kokaingeschichte Seit ca. 5000 Jahren Kultivierung in Südamerika 2500 v.Chr. Ritueller Kokagebrauch in Huaca Prieto 1500 v.Chr. Die Chavinkultur in Peru trepaniert unter Koka - Nutzung der Blätter für Tauschhandel, Medizin, Rituelle Zwecke, Aphrodisiakum 1560 Koka in Neuspanien verboten aber später wieder erlaubt vor allem für die indigenen Zwangsarbeiter im Silberbergbau zur Leistungssteigerung 1569 Mondares (span. Arzt) beschreibt erstmals die Kokapflanze 1859 Isolierung des Alkaloids KOKAIN durch Albert Niermann in Göttingen 1863 Angelo Mariani bringt seinen Cocawein in Europa auf den Markt 1884 S. Freund: Kokain Allheilmittel bei Depression und Müdigkeit 1884 Kokain von Carl Koller erstmals als Lokalanästhetikum bei Augenoperationen eingesetzt 1885 Kokain erstmals von Halstedt und Hall zu Lokalanästhesie verwendet 1886 Coca Cola wird erfunden – Kokainzusatz seit 1914 verboten 1924 Erste Richtlinien zur Kokainanwendung ca. 1950 Peru führt staatliches Monopol zum Kokaverkauf ein (ENACO) 1961 UN-Drogenkonvention Kokapflanze kommt auf den Index (UNODC) 1964 - 1982 Zeit der Generale und des Koka-Faschismus 1988 Bolivien trennt mit dem Ley 1008 zwischen legalem und illegalem Kokaanbau 2005 Der Cocalero Evo Morales wird Boliviens Präsident und erklärt: „Coca si Cocain no“ 2008 Regierung Evo Morales weist die DEA (Drug Enforcement Administration) aus Bolivien aus 2009 Kokapflanze wird durch die Bolivianische Verfassung geschützt - „Heilige der Anden“ 2011 Regierung Evo Morales kündigt die Un-Drogenkonvention zum des „Acullico“ KOKAPFLANZE Erythroxylum coca (ca 250 Erythroxylumarten) Pflanze aus der Familie der Rotholzgewächse Immergrüner bis 2,5m hoher Strauch Wächst am besten bei konstanten Temperatur in höhen von 300 - 2000m ü.d.M. Ist mit sehr nährstoffarmen, sauren Böden zufrieden Hauptanbau: Osthänge der Anden in Peru, Bolivien, Kolumbien Weitere Anbaugebiete: Sri Lanka, Indien, Java, z.T. Afrika (unbedeutend) Verwendung zu kultischen u. medizinischen Zwecken Kokablätter helfen gegen Hunger, Kälte, Müdigkeit, Höhenkrankheit Der Konquistador Gonzalo de Zárate meldete Karl III. von Spanien: „ Die Indios in den Minen können 36 Stunden unter Tag bleiben , ohne zu schlafen und zu essen.“ Inhaltsstoffe: 0,5-1,5% Alkaloid davon zu ¾ Kokain weiterhin größere Mengen an Kohlenhydraten, Eiweiß, Eisen, Calcium, Vitamin A und B Anbau in Peru und Bolivien in traditionellen Anbaugebieten legal Kokablatternte 3-4 mal im Jahr Kokainherstellung illegal (auch in Bolivien!) Auch legale Kokaprodukte wie Kokatee - Mate de Coca - dürfen aus Peru und Bolivien nicht ausgeführt werden Nährwert der Kokablätter Durchschnittswert für 100g Kokablätter im Vergleich mit der gleichen Menge südamerikanischer Nahrungspflanzen (per 100g) - nach Dukes et al. 1975 (aus Ch. Rätsch und J. Ott : Coca und Kokain) ANBAUMETHODEN: 1. Huacho-Technik 2. Zanjeo- oder Surco(Furchen)-Technik 3. Tacana-Technik Trocknung der Kokablätter durch die Sonnen Regen bzw. Nässe schaden der Qualität Mate de Coca - Kokatee Aus: Christian Rätsch und Jonathan Ott „COCA UND KOKAIN“ AT Verlag Aarau Schweiz 2003 Kokafabrik im Department Cochabamba - Chapare Kokamesse in Cochabamba Präkolumbianische AcullicoDarstellungen ACULLICO - das sog. Kokakauen: 1. Getrocknete Kokablätter aus den Yungas 2. Alkalische Additive ADDITIVE: 1. Llipta - Pflanzenasche mit Stärke (Maismehl, Kartoffelmehl) 2. Kalkerden Gebrannter Kalk 3. Natriumbicarbonat 4. Kaliumcarbonat 5. Magnesiumsulfat 6. Bachpulver 7. Hirschhornsalz Acullico-Protest in La Paz 2011 Eröffnungszeremonie beim 7. spirituellen Treffen Condor und Adler der Völker Amerikas in Tiahuanaco im März 2009 Präkolumbisches Natitasfest - Totenverehrung der Aymaraindigenas Kokapflanzenerradikation durch Spezialeinheit UMOPAR der bolivianischen Armee KOKAPFLANZE - KOKAIN Kokainwirkung Niemann kristallisiert in seiner Dissertation erstmals Kokain und benennt die Substanz Wirkung: euphorisierend, erhöht Wachheitsgrad, vermindert Schlafbedürfnis, appetitsenkend, Pulsbeschleunigung, Verengung der Blutgefäße (Vasokonstriktion), Anstieg von Körpertemperatur, Blutdruck und Atemfrequenz Siegmund Freud 1884: „Die psychische Wirkung des Cocainum besteht in einer Aufheiterung und anhaltenden Euphorie…… Man fühlt eine Zunahme der Selbstbeherrschung, fühlt sich lebenskräftiger und arbeitsfähiger…… Man ist eben einfach normal und hat bald Mühe, sich zu glauben, dass man unter irgendeiner Einwirkung steht“. Siegmund Freund setzt Kokain als Antidepressivum ein, als Stimulans, zur Alhokol- und Morphinentwöhnung Regelmäßiger Konsum führt zur Drogenabhängigkeit - laut Lancet 2007 zweitgefährlichste von 20 untersuchten Drogen : US-Prsäident William Taft 1909-1913 erklärt „Kokain zum Staatsfeind Nr. 1“ Ältestes bekanntes Lokalanästhetikum Gesundheitsschäden: Angstgefühle, Schlafstörungen, Aggressionen, Depressionen, Halluzination , Schleimhautschäden , Atemstörungen, Kreislaufkollaps, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, myokardiale Ischämie durch Koronarspasmen, Herzrhytmusstörungen, Endokarditis und Myokarditis bei i.v.-Kakainanwendung Drogen ein amerikanisches Trauma ? Drogenschmuggel Korruption und Drogengelder Chapare - größtes Kokaanbaugebiet Boliviens Hauptproduzent für Kokainkoka Schwerpunktregion der bolivianischen Drogenmafia 835kg Kokapaste - von der Drogenpolizei FELCN in Santa Cruz beschlagnahmt Coca ist nicht Kokain Wie aus Cocablättern die Droge Kokain gemacht wird 1. Stufe - Herstellung von Kokain-Paste - PBC Pasta basica de Cocain: In einem großen Zementbecken bzw. in Plastikbecken werden getrockneten Cocablätter in Wasser und Schwefelsäure eingeweicht und von Cocatretern (pisores) 24 Std. zu einer grün-brauen Brühe getreten. Diese wird mit Kerosin und Kalk oder Natriumbikarbonat versetzt. Es bilden sich weiße Flocken, die gesiebt werden. Die Stufe das Kokainsulfat ist fertig. Aus 200 bis 250kg Cocablätter gewinnt man ca. 1kg weißliche Kokapaste. 2. Stufe - Herstellung von kristallinem Kokain: Die Kokainpaste wird von Zwischenhändlern aufgekauft und in Labors der Drogenmafia gebracht - früher nach Kolumbien geflogen heute aber auch in den Anbaugebieten in Peru und Bolivien-. In den Labors wird die Kokapaste mit Äther und Aceton zur Kokainbase raffiniert, welche mit Salzsäure zum Kokainhydrochlorid veredelt wird. Aus 1kg Kokapaste werden ca. 800g reines Kokainhydrochlorid, welches durch Zusatz von Milchzucker, Traubenzucker oder Borax gestreckt und portioniert von der Drogenmafia über Zwischen- und Endhändler verkauft wird. Früher wurde der Kokainhandel vom Cali- und Medellinkartell in Kolumbien heute von Mexikanischen Drogenkartellen dominiert. „Miami-Connection“ und US-Mafia übernehmen Verteilung an die Dealer und Konsumenten. Kosten der Kokainherstellung 1. Materialkosten der Kokablätter ca. 350$ 2. Löhne der Transportarbeiter ca. 200§ 3. Materialkosten der Chemikalien ca. 100$ 4. Löhne der Arbeiter für Cocapastenherstellung ca. 500$ 5. Produktionskosten für 1 kg Cocapaste 1.150$ 1kg Cocapaste bringt in Bolivien 5.000$. Nach der Reinigung werden daraus 800g Kokain Wert 18.000$ in Kolumbien. Verkauf nach Miami (Exilkubaner und US-Amerikaner) Wert 54.000$. Gestreckt und in Portionen verpackt ergibt sich ein Gewinn von 450.000$ Studie von 1989 Entwicklung des Cocaanbaues Regionen des Cocaanbau Cocaanbau 1970 3400ha 6000t Blätter 1975 5700ha 10300t Blätter 1980 12600ha 24200t Blätter 1988 60000ha 132000t Blätter 2011 27000ha Cocapreise im Jahr 2011 Entwicklung des Cocahandels in den Departments 2004 - 2011 Verlauf der Cocaerradicación Cocaerradicación im Chapare 2011 Cocaerradicación Cocapreise 2011 Kokabuschkultivierung, Kokabuscheradikation, Kokainproduktion 2009 Prohibition in den USA 1919-1933 neue nidwaldner zeitung 21.08.2012 Südwestpresse 20.09.2012 Tagesanzeiger 04.08.2910 Deutsche Welle 20.01.2011 Sevilla Expo1992 Bekannte Kokainkonsumenten - Kokser Siegmund Freund Jules Verne Emile Zola Kaiserin Sisi Otto Dix Gottfried Benn Konstantin Wecker Falco Christof Daum Reinhard Fendrich Eckard Witzigmann Papst Pius X Michael Friedmann Hermann Göring Michael Friedmann Kate Moss und viele andere G. Amendt 23. Oktober 2000 taz: „Der Treibstoff der New Economy ist Kokain“ Coca - Segen und Fluch Eine Legende aus der spanischen Kolonialzeit in Südamerika über die Entstehung des Cocastrauches Bolivianische Legende der Quechua-Indigenas aus A.Paredes-Candia „Las mejores tradiciones y leyendas de Bolivia, La Paz 1979 Als die Spanier das Inkareich erobert, die Inkastädte zerstört und die heiligen Tempel geschändet und die Schätze der Götter geraubt hatten, flehte das Volk der Indios seine Götter um Hilfe an. Umsonst! Die Felder waren verwüstet oder unbebaut. Tausende zogen heimatlos im Land umher, versunken in Hoffnungslosigkeit und Trauer um den Verlust ihrer Fürsten und Götter. Damals war auch Kjana-Chuyma, der alte und weise Mann von der Sonneninsel, vor den Spanischen Soldaten mit seinem Volk an das östliche Ufer des Titicacasees geflohen. Eines Nachts ertönte ihm die Stimme des Sonnengottes INTI und sagte: „Weiser alter Mann auch mich schmerzt das Leiden des Volkes. Meine Macht aber ist geringer als die Kraft der Blitz- und Donnerwaffen der Eindringlinge. Aber ich kann Euch helfen, eure Leiden zu lindern. Schau um dich! Überall siehst du hier kleine Sträucher mit ovalen Blättern. Ich habe Sie wachsen lassen für dich und deine Brüder. Sie werden euch die bitteren Tage erleichtern. Kjana-Chuyma rief sein Volk und sagte ihm: „Unser Sonnengott Inti hat uns ein Geschenk gemacht. An den Abhängen der östlichen Berge findet ihr eine strauchartige Pflanze mit ovalen Blättern. Sie wird euch im Elend nähren und trösten. Kaut ihre getrockneten Blätter bei den unmenschlichen Arbeiten. Sie geben euch neue Kraft. In den Tiefen der Bergwerke wird sie eure Angst und Verzweiflung betäuben. In den wenigen Stunden der Ruhe wird sie euch Fröhlichkeit schenken und eure Traurigkeit vergessen lassen. Eure Priester werden euch aus den Blättern sagen, was die Zukunft bringt. Aber wenn die weißen Unterdrücker es euch gleich tun wollen, so werden sich die guten Eigenschaften der Blätter in ihr Gegenteil verkehren: Die kleinen Blätter, die für euch Stärke und Überleben bedeuten, werden für sie zum Fluch. Ihr Gebrauch wird für sie zur Schwäche und Sucht, die sie zerstören wird. Für die Präsentation „Bolivien im Schatten der Kokapflanze“ verwendete Quelle: Agencia Boliviana de Informacione Bolivianische Presseorgane: Los Tiempos Opinion El Deber La Prensa La Razon El Diario Abendroth, Hans Huber u. Mitarbeiter : „Die Koka ist unsere einzige Rettung“ ASA Texte Nr. 4 1993 Aspiazu, Rene Bascope: Die weiße Ader. Coca und Kokain in Bolivien Rotpunktverlag, 1989 Bühler, A. (HG.): Koka CIBA-Zeitschrift Nr. 92, Bd 8 1958 Freund, Sigmund: Schriften über Kokain Fischer Verlag 2004, dritte korrigierte Auflage Krauthausen, Ciro (Hg.): Koka - Kokain Raben-Verlag 1991 Rätsch, Christian und Jonathan Ott: Coca und Kokain. Ethnobotanik, Kunst und Chemie. AT Verlag 2003 Schley, Gernot (Hg.): Im Schatten der heiligen Pflanze. Boliviens Coca-Bauern klagen an. Horleman Verlag 1992 UNO-Drogenberichte der UNODC Verschiedene themenbezogene Wikipediadateien Zeitungsberichte wie in der Präsentation angegeben Eigenes Bildmaterial