Das Bundesland Brandenburg
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Das Bundesland Brandenburg
Inhalt Themen In eigener Sache Seite 3 Titel Das Bundesland Brandenburg 4 Was jetzt, Herr Dr. Schäuble? Die schwierige Rückkehr nach Deutschland 11 13 How to wasser Bolivia Das Navigations- und Orientierungssystem GPS(Teil 3) Restauranttipps für Weltreisende 17 22 Politik Serie 24 Reise und Umwelt Kolumbien als Reiseland? Aber sicher! Urlaub auf dem Lande Camargo-den Namen hat man schon mal gehört So nah und doch so fern: Der „Tuni-Condoriri Nationalpark“ 26 33 39 44 Johannes Lein-das fotografische Werk 48 Gemeinsames Entwicklungszusammenarbeit(EZ)Haus in La Paz eingeweiht Pilotprojekt des Auswärtigen Amtes zum Krisenmanagement Nachgefragt: Schengen-Visa 50 53 Rechtschreibreform jetzt verbindlich (Lösungen) 54 Vorstellung des neuen Schulleiters der Deutschen Schule La Paz, Dieter Stolze DS La Paz-wir kommen! Vorstellung: Antje Stein Bolivien macht süchtig... 55 57 59 61 Nicht verwechseln! 62 Ein Ausblick auf Ausstellungen des Goethe-Instituts Kulturelle Veranstaltungen der Deutschen Botschaft Evangelisch-Lutherische Gemeinde Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde Anzeigen 1 63 66 67 69 70 Kultur Aktuell 52 Schule Neue Mischmasch Veranstaltungen Zweite Hand Monatsblatt des CCA Herausgeber: Deutsche Kulturgemeinschaft, Centro Cultural Alemán (CCA) Büro: Deutsche Schule La Paz-Colegio Alemán La Paz Zuständig: Lic. Miguel Angel Lazarte Tel.: 2-671002 Fax: 2-711527 Casilla: 8718 e-mail: [email protected] La Paz-BOLIVIEN Redaktion: Manuel Lins Tel. 2713361 [email protected] Franziska Sörgel Tel. 2710281 [email protected] Martin Homola Tel. 2413131 [email protected] Dirk Hoffmann Tel. 2711724 [email protected] Werner Preiss Tel. 2713796 [email protected] Michèle Martinic [email protected] Auflage: 400 Stück Artikel und Leserbriefe richten Sie bitte an die Redaktionsmitglieder oder das Postfach des CCA, 8718. Die Redaktion behält sich vor, Artikel und Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen. Artikel und Leserbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Anzeigen bitte als hardcopy und softcopy an das Büro des CCA senden. Die einzelnen Artikel des Monatsblatts und eine Gesamtfassung können von der Webseite www.cca-monatsblatt.org herunter geladen werden. Redaktionsschluss für das Monatsblatt 2/2008(Juni) ist der 31.05.2008 2 Liebe Leserinnen, liebe Leser, ein chinesisches Sprichwort sagt: Neues Jahr, neues Glück, neues Monatsblatt. Oder ist das etwa gar kein chinesisches Sprichwort, sondern ein bolivianisches? Oder überhaupt kein Sprichwort, sondern nur eine Erfindung unsererseits? Wie dem auch sei: Herzlich willkommen in der ersten Ausgabe des Jahres 2008! Deutschland ist nicht gleich Bayern, wie Redaktionsmitglied Martin Homola in der letzten Ausgabe mit Blick auf die immer sehr bayernlastige Folklore bei Oktober- und sonstigen Festen zu Recht monierte. Dem mussten sogar die beiden Redaktionsbayern zustimmen. Und so beginnen wir in dieser Ausgabe eine Serie, in der nach und nach alle 16 deutschen Bundesländer präsentiert werden sollen. Es versteht sich von selbst, dass wir dabei nicht mit Bayern anfangen. Vielmehr haben sich unsere Feldforscher im ersten Teil der Reihe des Landes Brandenburg angenommen. Damit nicht genug der neuen Serien. Beginnend mit dieser Ausgabe wollen wir Ihnen in loser Folge interessante und manchmal viel zu wenig bekannte Unternehmen und Projekte vorstellen. Da Wasser zurzeit in aller Munde ist – nicht nur beim Trinken und Zähneputzen, sondern auch als Gesprächsthema – , beginnen wir unsere Reihe mit den Wasserprojekten Wolfgang Buchners. In Deutschland ist das Unterhaltsrecht geändert worden. Kinder werden jetzt grundsätzlich bevorzugt, und die Dauer ist auf drei Jahre befristet. Das wollen wir vom Monatsblatt natürlich so nicht mitmachen. Unser Ziel bleibt es nach wie vor, nicht nur Kinder zu unterhalten, sondern alle Leser, und das möglichst auch noch unbefristet. Die Redaktion Zur Information aller Mitglieder: Die Generalversammlung der Deutschen Kulturgemeinschaft La Paz findet am 18. April 2008 um 19 Uhr im Restaurant Vienna statt. 3 Das Bundesland Brandenburg Höchster und tiefster Punkt des Landes Wichtiger Kulturbeitrag Heideberge bei Elsterwerda 202 m Rhinluch 24 m Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam (hff) Friedrich der Große wegen seiner gelungenen Integration hugenottischer, jüdischer und russischer Migranten bei voller Religionsfreiheit Theodor Fontane wegen seines literarischen Gesamtwerkes über die Brandenburger Provinz und Berlin Airbus-Triebwerke von Rolls Royce aus Dahlewitz In Fett gebadete Bratkartoffeln Innenminist. Jörg Schönbohm(CDU) wegen seiner ernst gemeinten Vorschläge zur Folter von Gefangenen unter Terrorismusverdacht Carl-Heinrich von Gablenz wegen seines betrügerischen Cargo-Lifter Projekts in Brand (siehe Text) Bedeutende Persönlichkeiten Beitrag zur Weltwirtschaft Kulinarische Verwirrungen Peinliche Persönlichkeiten Es ist wahrhaftig keine leichte Aufgabe, unseren Lesern alle Bundesländer in angemessener Weise zu präsentieren, da die föderale deutsche Staatsstruktur doch Unterschiede und Besonderheiten der einzelnen Länder in großer Zahl gedeihen lässt. Was ist also das Besondere, Typische? Die Redaktion des Monatsblatts hat sich auf einige fixe Eckpunkte der jeweiligen Länderreports verständigt, legt es aber ansonsten den Autoren in die Hand, was sie am jeweiligen Bundesland für besonders bemerkenswert halten. 4 Geografie: Brandenburg ist geprägt von den großen Urstromtälern, die es von Süd nach Nord durchziehen. Diese eiszeitlichen Geländeprägungen dominieren auch die landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes. Sandböden, lehmige Sandböden, große Feuchtgebiete (Rhinluch, Fiener Bruch) und Sanderflächen bilden die natürliche Basis der Landwirtschaft. Jahresdurchschnittstemperaturen zwischen 8 und 9 Grad Celsius sowie Niederschläge zwischen 600 mm im Westen und 500 mm im Osten des Landes sind weitere wichtige limitierende Ökofaktoren. Das Höhenprofil des Landes bewegt sich zwischen 24 m im Rhinluch und den 202 m des Heidberges in der Nähe von Elsterwerda. Brandenburg ist reich an Gewässern. Es wird durch die relativ großen Flüsse Oder im Osten und Elbe im Westen begrenzt und im Inneren von Havel, Spree und Dahme sowie einer Vielzahl kleinerer Flüsse durchzogen. Mehrere Seenplatten bei Brandenburg, Neuruppin, Rheinsberg, Lychen, Templin, Königs-Wusterhausen und Kyritz prägen das Bild der Landschaft und machen Brandenburg zu einem attraktiven Freizeitland. Besonders bemerkenswert ist die einmalige Landschaft des Spreewaldes bei Lübbenau mit einer Vielzahl natürlicher und künstlicher Wasserwege. Die Vegetation passt sich den natürlichen Gegebenheiten an und ist weitgehend eine gestaltete Kulturlandschaft. Auf den etwas höher gelegenen Sandflächen findet man fast ausschließlich Kiefernwälder. Bei etwas größerem Wasserdargebot wachsen auch Fichten und Laubhölzer. Brandenburg ist eines der waldreichsten Bundesländer. Die Landwirtschaft nutzt teilweise entwässerte Gebiete der Niederungen als Grünflächen für die Viehzucht und als Basisland des deutschen Kartoffelanbaus (Kartoffeledikt von Friedrich dem Großen) werden große Flächen bis heute mit dieser Kultur bestellt. Hinzu kommen Roggen, Gerste und auf lehmigen Böden auch Zuckerrüben und im Osten sogar 5 Tabak. Durch die Entwicklung des Absatzmarktes Berlin im Zentrum von Brandenburg entstanden in der Nähe riesige Obstplantagen und bedeutende Flächen mit dem beliebten Edelgemüse Spargel (Werder bei Potsdam und Beelitz bei Ludwigsfelde seien hier genannt). Als gebürtiger Brandenburger kann ich rückblickend sagen, dass ich niemals wieder solche Mengen an Obst, Gemüse und Spargel verschiedenster Art verspeist habe, wie während meiner Kindheit und Jugend in Brandenburg. Der eigene Garten mit einem paradiesischen Überfluss verschiedenster Produkte war in den 60er und 70er Jahren die absolute Normalität in Brandenburger Familien und ließ fehlende Bananen unwichtig werden. Bodenschätze: In der Lausitz erstrecken sich große Vorkommen von Braunkohle, die bis heute vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall als Basis einer umfangreichen Energieproduktion in Kraftwerken genutzt werden. In der ehemaligen DDR war Braunkohle in Form gepresster Briketts die Basis der so genannten Hausfeuerung. Sie wurde zum Preis von ca. 1,70 Mark(Ost) je 50 kg an die Bürger verkauft, die damit ihre Kachelöfen heizten und seit dem ersten Weltkrieg sogar in flüssige Treibstoffe verwandelt. Die Lausitz im Süden Brandenburgs verfügt auch über bedeutende Vorkommen von Kaolin und Quartzsanden, die in der Porzellan- und Glasindustrie benötigt werden. Durch die geologischen Gegebenheiten(Urstromtäler) werden Bausande und Kiese in großer Menge für die Bauindustrie, speziell auch in Berlin, abgebaut. Verkehr: Das Land Brandenburg ist verkehrstechnisch sehr gut erschlossen. Autobahnen und Eisenbahnstrecken sorgten seit Jahrzehnten für die Anbindung der Hauptstadt Berlin an den Rest Deutschlands. Die Hauptrichtungen sind Hamburg, Rostock, Hannover und München. Brandenburg profitiert davon. Neben Straßen- und Schienenwegen sind auch die Transporte auf den Wasserwegen über die Spree, Havel, Elbe und Oder bedeutsam. Neben den natürlichen Flüssen wurden seit 200 Jahren wichtige Kanäle, wie der Mittellandkanal, und der Oder-Havel-Kanal angelegt. Brandenburg besitzt momentan zwar keinen eigenen zivilen Großflughafen, wird aber im Südosten Berlins in den nächsten Jahren am Berlin-Brandenburg Airport beteiligt sein. Bevölkerung: Auf der Landesfläche von 29500 km2 leben heute 2,59 Mill. Einwohner. Das entspricht einer Bevölkerungsdichte von ca. 87 je km2. Damit ist Brandenburg nach Mecklenburg-Vorpommern das am dünnsten besiedelte Bundesland Deutschlands. Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig über das Land verteilt. Während in den Randregionen zu Berlin eine Verdichtung zu verzeichnen ist, drohen die berlinfernen Gebiete Prignitz im Norden, Lausitz im Süden und Uckermark im Nordosten zu veröden. Die Gründe sind eindeutig ökonomischer Natur. Seit der Wiedervereinigung sind die dort vorhanden gewesenen Arbeitsplätze in Landwirtschaft und Industrie massiv abgebaut worden, was nur die Alternativen des Pendelns der Arbeitnehmer über weite Strecken oder des 6 Wegzugs aus der Region lässt. Die Arbeitslosenquote liegt im Durchschnitt bei 17% der erwerbsfähigen Bevölkerung. In den Randregionen entwickelt sich gegenwärtig eine atypische Altersstruktur mit hohen Anteilen älterer Einwohner und zu wenigen jungen Menschen. Die politische Gegensteuerung brachte bisher nur Teilerfolge. Industrie: Heutige industrielle Kerne des Landes sind Potsdam, Brandenburg, Cottbus und Schwedt an der Oder. Während in Potsdam wichtige Standorte der Medienindustrie(Filmstudios) und der IT-Branche(Sitz von ebay Deutschland) zu finden sind, wird in Brandenburg nach wie vor hochwertiger Stahl produziert und in Schwedt Erdöl veredelt. Cottbus profitiert von der einzigen Technischen Universität des Landes und dem entsprechenden Forschungspotential. Das weltweit wohl bekannteste Produkt aus Brandenburg sind die Triebwerke der Airbus-Flugzeuge, die in Dahlewitz bei Ludwigsfelde von der Firma Rolls Royce hergestellt werden. High-Tech aus Brandenburg Politik: Brandenburg wird seit der Neugründung des Bundeslandes 1990 von der SPD bzw. von einer SPD/CDU-Koalition regiert. Zwischen 1990 und 2002 war der Theologe Manfred Stolpe(SPD) Ministerpräsident und bis heute Mathias Platzek, ebenfalls SPD. Besonders in der Ära Stolpe kam es zu einigen peinlichen Fehlentscheidungen, die von den meisten Bürgern jedoch erstaunlich gelassen hingenommen wurden. Ein Vorzeigeprojekt der Regierung Stolpe war die Ansiedlung des Unternehmens Cargo-Lifter(von Stolpe auch als 8.Weltwunder gepriesen), das Luftschiffe für den Transport extremer Lasten über große Strecken produzieren wollte. In Brand, Landkreis Teltow-Fläming, wurde eine überaus symbolische, 7 überdimensionierte Fertigungshalle (Deutscher Stahlbaupreis 2002) von einer Münchener Firma errichtet, die lange als Symbol des Brandenburger Aufschwungs galt. Cargo-Lifter Halle in Brand Es gab viele Spekulationen über die Ursachen des Flops, aber immerhin 50 Mill. Mark Steuergelder von Bund und Land und die Einlagen von 73000 Aktionären überlebten das Prestigeprojekt nicht. Nach Aussagen von beteiligten Ingenieuren im Fernsehmagazin Panorama 2002 gab es zu keiner Zeit ein schlüssiges Konzept für den Bau des Luftschiffes und schon gar keine praktischen Erfahrungen für dessen Betrieb. Kritiker bezeichneten das Projekt als gigantische „Geldsammelmaschine“ des Unternehmers von Gablenz ohne Absicht zur Realisierung des Vorhabens. Selbst wenn eine gute Absicht der Stolpe-Regierung unterstellt wird, wäre durch kritische Fachleute ein solcher Schaden für das Land zu vermeiden gewesen. Heute wird die riesige Halle von Cargo-Lifter übrigens als Tropenparadies genutzt. Asiatische Investoren haben dafür aber eigenes Geld mitgebracht und hoffen auf viele Besucher aus Berlin. Weite und Schönheit Das sind zweifellos die Merkmale, die einem beim Durchfahren des Landes Brandenburg in den Sinn kommen. Die Weite ist offenkundig, die Schönheiten erschließen sich oft erst bei genauer Betrachtung. Als 12jähriger bin ich eines Sonntagnachmittags mit meinem Fahrrad in Perleberg losgefahren und hielt erst wieder in Rheinsberg an. Das waren 80 km. Es ist ein Genuss, durch grüne Alleenstraßen, fast ohne 8 Autoverkehr, zu radeln und die Zeit zu vergessen. Um 22.00 Uhr war ich wieder zu Hause und hatte 160 km Brandenburg gesehen. Unvergesslich! Allee in der Prignitz Was noch? 240 km paddeln auf der Havel von den Quellen bis zur Mündung in die Elbe in 2 Wochen. Mehrere große Seen wurden bewältigt und mit einer Saite Speck und einem Kanten Schwarzbrot, ein paar Eiern vom Bauern am Fluss war man ausreichend versorgt. Gleich nach der Abiturfeier ging es los. Selbst wenn man sich heute in Fürstenberg an der Havel ein Hausboot mietet und etwas komfortabler unterwegs ist, wird man das Gefühl nachvollziehen können. Brandenburg sind auch die kleinen Städtchen mit 5-20Tausend Einwohnern. Ich denke an meine Heimatstadt Perleberg, an Pritzwalk, Wittstock, Rheinsberg, Neuruppin, Barnim, Templin und viele andere. Fast alle haben noch mittelalterliche Stadtkerne und oft sehr gute Heimatmuseen. Auch ohne große Berge und Meer vor der Haustür ist Brandenburg ein richtiges Wohlfühlland und immer eine Reise wert. Die Küchen des Landes halten Originelles und Nahrhaftes bereit. Am bekanntesten sind sicher die Gurken aus dem Spreewald, der Spargel und das herrliche Obst. Wegen der vielen Gewässer sollte man aber auf jeden Fall nicht den Fisch vernachlässigen. Zander, Barsch, Aal, Hecht und Karpfen werden gern mit Butter und Meerrettich zubereitet und serviert. Eine besondere Spezialität aus meiner engeren Heimat, der Prignitz, ist der Knieperkohl. Aus Stangenkohl, der im Rohzustand eigentlich nur für Tiere genießbar ist, wird durch saures Einstampfen in Tongefäßen eine pikante Speise und vor allem im Winter mit Kasseler oder Lungenwurst serviert. 9 Luftbild vom Stadtkern Perlebergs in der Prignitz Werner Preiss 10 Was jetzt, Herr Schäuble? Grenzen und Möglichkeiten des Abhörfiebers Großen Rummel gab es jüngst um Wolfgang Schäubles Online-Durchsuchungen in privaten PCs. Jüngstes Zwischenergebnis: Das Bundesverfassungsgericht hat sie verboten. Argument: Der Computer sei vor Schnüffeleien geschützt, da er substanzieller Teil der Persönlichkeit ist. Mal sehen, was dran ist. Wir schlagen wahllos nach in der Substanz-Akzidens-Lehre bei Aristoteles und lesen: Substanz ist, was durch und in sich selbst ist, nicht durch ein anderes – unveränderlich also. Veränderlich ist sein Gegenteil, das Akzidens, „das Wechselnde, Zufällige, das auch wegbleiben kann, ohne dass sich dadurch das Wesen eines Dinges oder Menschen verändert“. Heißt also unmissverständlich, dass Gegenstände oder Eigenschaften, die sich häufig verändern, nicht Teil der Persönlichkeit sein können – hm. Ich schaue auf meinen Computer, der sich im Stundentakt mit unverlangt eingesandten Updates verjüngt, und stelle fest: Er verändert sich, selbstverständlich also, dass er abgehört werden darf, er kann in seiner flatterhaften Art unmöglich Teil meiner Persönlichkeit sein. Schäuble hat zwar mit rechtstaatlich nicht vertretbaren Willkürargumenten herum gefochten, aber in diesem Punkt zufällig Recht. Trotzdem lässt es sich mit dem Schema des Verfassungsgerichts besser arbeiten, denke ich, und sehe mich weiter bei meinen Kommunikationsmedien um. Da ist zunächst unser „Stammtisch mehr oder weniger erfolgreicher Frauen oder Männer“, und da sieht’s folgendermaßen aus: Dieselben Themen, dieselbe Belegschaft, dasselbe Bier – superstabil und superverboten also. Was sich allerdings stark verändert hat, sind die Bierpreise seit der Euroeinführung: In die Speisekarte dürfte der Verfassungsschutz ruhig mal reinsehen. Anschließend fällt mein Blick auf das Telefon: Dieselben 10 Tasten seit Jahren, auch was so an Text da durch kommt, ist verdächtig konstant geblieben, also: verboten – hochgradig sogar. Fast schon wie der Beichtstuhl, der ja quasi seit seiner Erfindung nie verändert wurde. Das einzige, was sich am Telefon praktisch im Sekundentakt ändert, ist übrigens die Zeitansage, da könnte Herr Schäuble öfter mal reinzuhören, allein schon um mitzubekommen, wann es mal 13 schlägt. Nun aber das nächste: GPS – jetzt wird es richtig kritisch. Stellen wir uns mal vor, wir werden beim Kauf eines GPS-Gerätes mit Fingerabdruck registriert! Dann kann Wolfgang Schäuble auf seiner riesigen Weltkarte immer sehen, wo wir sind – als kleine Leuchtpunkte wie früher die Agenten in den James-BondFilmen. Soll das so ein? Wäre das gut? Laut Verfassungsgericht ist das Abhören von GPS-Geräten natürlich völlig frei, da die Anzeige sich so rasch verändert wie ein Kompass im Mixer. Mit meiner Persönlichkeit hat das also gar nichts zu 11 tun – aber halt! Was sagt mir denn das GPS-Gerät und was frage ich es? Nichts weniger als die alten Menschheitsfragen sind’s: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wo bin ich? - Sind es meine Fragen? Schäubles? Nein, gemeinsame Fragen von uns allen. Und wenn wir uns schon die Fragen teilen, sollten wir uns auch die Antworten teilen, sprich, unsere GPS-Positionen. Denn das wäre nicht nur technischer, sondern gesellschaftlicher Fortschritt in Richtung freiheitlichdemokratischer Grundordnung: Soll das BKA doch wissen, wo ich bin, doch umgekehrt will ich auch wissen, wo das BKA gerade ist. Und ihm dann ein SMS schicken: „Wo tust du da? Und was hast du so vor?“ Franziska Sörgel Jetzt leichter durch GPS-Fahndung Hintergrund: Am 27. Februar hat das Karlsruher Verfassungsgericht das nordrheinwestfälische Gesetz zu heimlichen Online-Durchsuchungen als verfassungswidrig erklärt und strenge Auflagen für alle folgenden gesetzlichen Regelungen zu diesem Thema vorgegeben. Das Verfassungsgericht erlaube eine Ausforschung der Computer von Verdächtigen mit Spionageprogrammen nur dann, wenn „überragend wichtige Rechtsgüter“ wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet sind. Zudem sei eine vorherige richterliche Anordnung grundsätzlich notwendig Auf Grundlage des Karlsruher Richterspruchs werde die Bundesregierung nun einen Gesetzentwurf zur Ausweitung der BKA-Kompetenzen beschließen, sagte Schäuble daraufhin in Berlin. Er verfolgt nach wie vor seine Idee der heimlichen Online-Durchsuchung von Privatrechnern. Software-Sicherheitsexperten halten dies für ein ungeeignetes Instrument zur Terrorbekämpfung, da es von Spezialisten leicht umgangen werden kann, der Zugriff kann nur auf Computer von Normalnutzern leicht geschehen. Datenschützer befürchten eine Aufweichung der Auflagen in der Praxis (ähnlich wie im Telefonüberwachungsgesetz) und eine langfristig flächendeckende Überwachung von privaten Pcs von bspw. Steuerbehörden. 12 Die schwierige Rückkehr nach Deutschland – oder: Bildungspolitik live aus der Hauptstadt Nach vielerlei Angeboten der hiesigen Presselandschaft (Bild-ExklusivStory:„So entkam ich der Wasser-Höhle“; ZEIT-Streitgespräch mit Helmut Schmidt „Kann man sich wirklich um den Verstand rauchen oder hilft bei dem nur noch Coca?“ und Kicker: „Meine Max-Merkel-Gedächtnis-Analyse der bolivianischen Liga“) hat am Ende doch das Monatsblatt das Rennen gemacht und bekommt nun die knappe und lehrreiche Geschichte meiner Rückkehr nach Deutschland serviert. Ich möchte an dieser Stelle nicht von den vielen Terminen mit Sachbearbeitern in Sachen Versicherungen, Telefon- und Computerdiensten, Schufa-Auskünften und Einwohnermeldeämtern berichten. Fazit in diesen Angelegenheiten war meist, dass die Bürokratie in Bolivien doch gar nicht so schlecht war und viele Leute hilflos zu sein scheinen, wenn sie Lebensläufe und Vorgänge nicht einem bestimmten Formular zuordnen können. Egal geschenkt. Ich besitze inzwischen einen Fernseher, dessen viele technische Abkürzungen ich zwar nicht verstehe, mit dem ich aber jeden Abend das Sandmännchen mit meiner Tochter schauen kann. Auch mein Handy kann wahrscheinlich mehr als nur Telefonate durchführen. Vielleicht lasse ich mir mal in einer Vertretungsstunde von den Schülern alle Tasten und Funktionen erklären. Berichten möchte ich jedoch nicht von diesen alltäglichen Nichtigkeiten, sondern meiner Stellensuche. Ein bildungspolitisches Trauerspiel, ein pädagogisches Schurkenstück, am Ende immerhin mit glücklichem Ausgang. Wegen der Finanznot aus Berlin vertrieben, war ich während meiner Bolivienzeit in Brandenburg beurlaubt. Im März 2007 erhielt ich von meiner ehemaligen Fachseminarleiterin Geschichte eine mail, dass an ihrer Schule im Februar 2008 ein Kollege mit meinen Fächern in Pension gehen soll. Ich könnte mich doch mal bewerben. Dies tat ich prompt und der Direktor war auch angetan von dem netten Gutachten, das Herr Dr. Droste mir geschrieben hatte. Doch wie so oft in Berlin war völlig unklar, ob die Stelle denn überhaupt finanziert würde. Ewiges Hin und Her. Anfang Dezember 2007 stand nun endgültig fest, dass es einen Nachfolger geben muss und Berlin dafür auch Geld rausrückt. Als ich am Samstag, den 15. Dezember, in Berlin eintraf, wurde ich noch am Abend von der Fachseminarleiterin angerufen. Ich solle mich doch schnell bei der Schule melden und beim Direktor vorsprechen. Dies tat ich am Montag darauf auch sofort. Der Direktor der, nennen wir sie ruhig Franz-KafkaSchule, war anscheinend von der Fachseminarleiterin dermaßen mit Lobeshymnen über mich zugeschüttet worden, dass er mir wahrscheinlich sofort die Schlüssel und die Klasse 8b übergeben hätte. Aber er müsse sich auch an die Vorschriften halten und ein ordentliches Bewerbungsverfahren einleiten. Ach, ich solle mich doch noch auf die Liste für Festanstellungen setzen lassen. Am 13 nächsten Tag wollte ich genau dies im Landesschulamt machen. Was wollen Sie? Mitleidiger Blick. Nein, die Frist dafür ist am 25. November abgelaufen, das klappt erst wieder im Sommer 2008. Da brach natürlich die Welt zusammen. Das ersehnte ZEIT-Abonnement, die eingeplante BirkenstockGesundheitslatschen-Großpackung und der Leasing-Vertrag für den Volvo? Alles futsch. Doch in die Brandenburger Provinz. Nach endlosen Telefonaten und diversen Anwaltskonsultationen stand dann fest, dass die Liste kein Rechtsvorbehalt darstellt. Nur wenn einer der Konkurrenten klagen würde, stände es schlecht um meine Chancen. Na toll. Aber immerhin noch im Rennen für das große Bewerbungsgespräch am 14. Januar. Also erstmal Weihnachten feiern, Silvester an der Ostsee und Rahmenlehrpläne und gewünschte Schülerfertigkeiten auswendig lernen. Dann endlich der große Tag. Als erster Bewerber hinein und frischen Wind verbreitet. Man hätte die Personenkonstellation filmen müssen, weil die einzelnen Vertreter so typisch ihre Positionen lebten, dass es schon wieder weh tat. Interessierte Fachbereichsleiter, eine aufgetakelte Frauenbeauftragte (aber zu dieser Pfeife später) und ein endlos griesgrämiger Personalrat. Mir alles egal. Ich fabulierte also von der fremden Kultur, meiner Tochter, so vielen Perspektiven, die man mit Schülern haben kann und wie belastbar ich doch sei und was ich nicht alles Tolles gemacht hätte. Na ja, wie es halt so läuft bei Bewerbungsgesprächen. Man schüttelt sich innerlich ein wenig vor sich selbst, aber so ist das Spiel halt. Nach mir kamen noch drei Frauen zur Vorstellung. Zwei Tage später teilt mir der Direktor mit, dass er mich ausgewählt hat. Es ist der 17. Januar, Unterrichtsbeginn wäre der 5. Februar. Dazu muss man sagen, dass der Kollege, der ins verdiente Rentendasein entschwindet, eine volle Stelle hat, die 1 zu 1 ersetzt werden muss. Unter anderem eine 13. Klasse Geschichte, die Anfang Mai schriftliches Abitur schreibt. Wer anderes als ich, der aus der harten Susanne-Preiss-Schule kommende, sollte diese Herkules-Aufgabe meistern? Nach Meinung der Frauenbeauftragten und des Personalrates meine Konkurrentin, nennen wir sie Frau Schwarz. Es gibt also einen Einspruch, der die ganze Sache kompliziert macht. Frau Schwarz hat zwar seit zwei Jahren kein Geschichte mehr unterrichtet und zudem noch nie eine Prüfung in Geschichte abgenommen. Doch da sie Mutter von drei Kindern ist, hat sie das Votum der beiden Gremienvertreter. Zudem hat sie wohl im Gespräch geschickt erwähnt, dass sie sich im Studium viel mit Frauengeschichte beschäftigt habe. Zack, ist die Frauenbeauftragte bei ihrem Schäfchen. Dass wir uns nicht falsch verstehen: Ich bin grundsätzlicher Befürworter von Gewerkschaften und Mitbestimmungsrechten. Doch in den letzten beiden Monaten habe ich doch sehr starke Zweifel an der Modernität dieser Konstruktionen bekommen. Die Frauenbeauftragte, die klassisch Grundschullehrerin ist und seit zehn Jahren nicht mehr unterrichtet hat, entscheidet über eine Oberstufenstellenbesetzung. Der Personalrat ficht grundsätzliche Fragen aus. Doch am jämmerlichsten sind eigentlich die Begründungen. Als der Direktor die Eignung von Frau Schwarz anzweifelt und 14 auf die fehlende Unterrichtserfahrung im Fach Geschichte verweist, bekommt er von der Frauenbeauftragten zu hören: Wer in Berlin seinen Abschluss gemacht hat, schafft so etwas locker. Der Personalrat begründet sein Gegenvotum mit der Aussage: Er ziehe Frau Schwarz vor, weil sie schon einmal einen unbefristeten Vertrag in Berlin hatte. Oh man, wo leben wir denn? Geht es noch um Qualität oder doch nur um grundsätzliche Spiegelgefechte? Aber man darf den Einfluss dieser Vertreter nicht unterschätzen. Die Sache hängt fest und ich in der Luft. Jeden Tag telefoniere ich mit dem Direktor. Der ruft Senatsstellen an, die sich vertagen, nicht da sind oder sich die Sache notieren. Es naht der 5. Februar. Am 3. Februar meldet sich dann plötzlich Brandenburg. Ob ich denn demnächst arbeiten komme oder was nun wäre. Tja, die Sache ist etwas schwieriger, nämlich so. Dazu muss man wissen, dass Brandenburg gerade viele Schulen schließt und froh ist über jeden Lehrer, der von der Gehaltsliste verschwindet. Um in Berlin arbeiten zu können, brauche ich eine Freigabe von Brandenburg. Diese geben sie auch gerne, aber eben nur bis zum 4. Februar. Na super, gewinnt Frau Schwarz also das Rennen, weil ich kein Benzin mehr im Tank habe. Aber es geschehen noch Wunder. Brandenburg denkt sich eine waghalsige Konstruktion aus. Ich bekomme eine Verlängerung der Freigabefrist, bis sich mein Verfahren in Berlin entscheidet. Doch da ich verstehen müsste, dass mich kein Gymnasium einplanen und nach möglichen vier Tagen wieder ausplanen könne, muss ich an meine alte Schule zurück. Ich würde dort – hüstel, hüstel – zwischengeparkt. Meine Schule ist eine ehemalige Gesamtschule, die inzwischen eine Hauptschule geworden ist. Hmh, nicht schön, aber ein paar Tage mit Enrico und Jenefer werde ich schon rumkriegen, also willige ich in den Deal ein. In Berlin tut sich inzwischen gar nichts. Der Personalrat hat 14 Tage Zeit um Widerspruch gegen den Widerspruch des Schulleiters einzulegen. Der Personalrat tut dies erneut, genau nach 13 Tagen. Die Sache liegt nun bei der Senatsschulverwaltung und dem Hauptpersonalrat. Da beide Seiten auch in Zukunft noch miteinander arbeiten und auskommen müssen, wird versucht einen außergerichtlichen Deal zu schließen. Als Kompensation soll Frau Schwarz eine andere Stelle in Berlin angeboten werden. Dagegen ist die Wahl des hessischen Ministerpräsidenten ein Kinderspiel. Doch die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam, die Tage verstreichen und ich muss nach Brandenburg raus fahren. Die alten Kollegen freuen sich zwar mich zu sehen, wissen aber nicht so richtig, was sie mit anfangen sollen. Da ja auch nicht klar ist, wie lange ich nun noch da bin, werden auch keine Kurse geteilt. So besteht meine Hauptaufgabe darin, staunenden Neuntklässlern von Bolivien zu erzählen. Ich berichte von Lamas, Karneval, Hausangestellten, Mias Geburt und dem leckeren und selbst gebrauten Mineragua. Und schon sind wieder 45 Minuten rum und alle zufrieden. Zwei Wochen ist der Kollege nun schon in Rente, seine Stunden fallen aus. Aber jetzt kommt plötzlich Bewegung in die Sache. Denn ab nächster Woche wären es nur noch sechs Wochen bis zum Abitur und falls die Schüler ab 15 Montag, den 25. Februar, keinen Unterricht hätten, dann dürften sie ihr Abitur nicht bekommen. Das schreckt doch einige Bearbeiter auf. Zudem hat sich herausgestellt, dass Frau Schwarz erst zum 1. April an die Schule kommen könnte. Sie arbeitet nämlich an einer Privatschule und hat eine vierwöchige Kündigungsfrist zum Monatsende. Da ist zwar auch seit längerem bekannt, aber bisher niemandem richtig aufgefallen. Nun geht alles plötzlich ganz schnell. Ein Mitarbeiter des Senats entscheidet sich für einen Arbeitsvertrag mit mir und sagt dem Hauptpersonalrat, dass er dies bis zur letzten Instanz durchfechten wird. Der Vertreter der Personalinteressen jault zwar noch mal auf, schwört ewige Rache, gibt dann aber klein bei. Frau Schwarz geht leer aus, kann aber bei einer Bewerbung im Sommer aber mit einer wohlwollenden Prüfung ihrer Bewerbung rechnen. Ich werde in das Schulamt zitiert. Alle Vertragssachen sind vorbereitet. Mein Angestelltengelöbnis wird mit dem Abschiedshändedruck besiegelt. Herrlich mal zu erleben, dass fehlende Unterlagen plötzlich bei einer Behörde keine Rolle mehr spielen (Ja, ja, das reichen sie dann einfach nach, jetzt fahren Sie mal schnell zur Schule). In der Schule werde ich wie der lang vermisste Sohn empfangen. Es gibt Aufläufe im Lehrerzimmer und auf dem Schulhof (Es gibt Sie wirklich). Ich bekomme tausend Dinge erklärt und ungefähr 423 neue Schülernamen in die Hand gedrückt. Zur Krönung darf ich auch noch gleich die sechste Stunde unterrichten („Die Schüler freuen sich doch so auf Sie“). Mit einem Brainstorming zum Zweiten Weltkrieg rette ich mich ins Wochenende und fort von dem Wahnsinn. Ab Montag darf ich ranklotzen: 25 Stunden und geschätzte 356 Klausuren in den nächsten drei Monaten. Etwas bedröppelt steht man am Ende dann da. Die dreifache Mutter weg geboxt, die Frauenbeauftragte verflucht (Man, das mir: Von der Frauenbeauftragten abgelehnt) und den Glauben an die Personalvertretung verloren. Da sind schon einige Wunden geblieben, beim Gang ins heilige Bildungsland Berlin. Davon kann man noch seinen Enkeln erzählen. Immerhin mal eine Geschichte außerhalb der bolivianischen Lama-Grenzdramatik-Karnevalsirrsinn-CocaKlischees. Der ganz normale Wahnsinn aus Deutschland. Geschrieben und ertragen von Florian Quaiser 16 How to wasser Bolivia Die Arbeit der Escuela Movíl Aguas y Saneamiento Básico – EMAS „Wasserprobleme?“ Don Eloy überlegt nur ganz kurz, „nein, Bolivien hat kein Wasserproblem, aber mit der Wasserwirtschaft, da hapert’s gewaltig.“ Don Eloy, mit bürgerlichem Namen Wolfgang Buchner, sitzt vor einem Haufen Dokumentarfilme, technischen Zeichnungen, Fotos und Patenturkunden und versucht zwei Monatsblatt-Redakteuren die Arbeit seiner Initiative zu erklären. Das heißt, 28 Jahre Arbeit an einem Nachmittag zu erzählen. Er blickt dabei auf seine bayerische Brotzeitbank und das Kruzifix darüber, und ab und an entfährt ihm ein ungeduldiges „ja, mei!“. Wolfgang Buchner kam im März 1980 von Holzkirchen in die Yungas, um als ausgebildeter Wassermeister für den katholischen Entwicklungsdienst AGH Wasserprojekte in der Pfarrei Chulumani abzuwickeln. Diesem Anfang entstammen ein langjähriges Engagement für Chamaca in Form eines selbstgebauten Krankenhauses, die Wasserschule EMAS, die in dieser Form und unter diesem Namen seit 1994 existiert, und eine Ehe. Den Geschichten aus den Anfängen, wie Kabeltrommeln und Baumaterial für ein ganzes Krankenhaus nebst Kraftwerk mit dem Motorrad in die Südyungas gebracht wurden, kann man nur mit Staunen begegnen. Aber, wie Buchner sagt, „jeder, der in Bolivien wurschtelt, ist ein engagierter Pionier, darüber zu schreiben, wäre langweilig.“ Nun, finden wir nicht, aber genauso fesselnd ist die Idee der EMAS. Die Escuela Movíl Aguas y Saneamiento Básico hat keine Organisationsform in Bolivien, sie ist kein öffentlich gefördertes Projekt und keine Firma, sie besteht aus einem privaten Verein, der sich von München aus um Mittel kümmert und aus Wolfgang Buchner und seinem zum Schulungszentrum ernannten Haus in Puerto Perez am Titicacasee. Dort arbeitet er an einem Multiplikatorensystem, mit dem jeder Einzelhaushalt in Bolivien ermuntert werden kann, seine eigene Wasserversorgung selbst in die Hand zu nehmen. „Do it yourself“ heißt also die klare Antwort der EMAS auf die fehlende Wasserwirtschaft Boliviens. Und folgerichtig baut die EMAS auch keine Brunnen oder Zisternen im Auftrag, sondern zeigt nur, wie es gehen kann. Zu dem Basisangebot von Brunnen, Pumpen, Wassertanks, Duschen, Toiletten und Waschbecken für den Alltagseinsatz gibt die EMAS jeweils eine gefilmte Step-by-step-Anleitung auf DVD heraus und dazu eine Papierversion mit ausführlichen Zeichnungen. Vertrieben und beworben werden diese Anleitungen zum Eigenbau über diverse Fernsehkanäle – ab März 2008 über den Universitätskanal canal 13, vorher 1 Jahre lang über Canal 11. Ab Juni 2008 kommt das – ausnahmsweise vom bolivianischen Staat geförderte Projekt – der Wanderlehrer dazu. Die Wanderlehrer sollen quer durchs Land in den Abschlussklassen Projektwochen durchführen, um die Idee der „Do it yourself“-Wasserversorgung zumindest den Jungen in die Ohren zu schütten. „Ich zeig dir, wie du angeln kannst, aber einen Fisch kriegst du nicht von mir“, ist das Motto der Bewegung. Von 17 Versorgungsmentalität hält Wolfgang Buchner wenig. Er will den Menschen helfen, sich selbst zu helfen und zwar mit einfachsten (Geld-) Mitteln. Großspurige Gemeindeprojekte, durch die teueres Geld in die Kassen der Alcaldias gespült wird und durch schlecht oder gar nicht funktionierende Wasserförderanlagen auch ziemlich direkt durch den Kamin, kann er an jedem Finger zehn aufzählen. Elektropumpen, die im ersten Frost platzen, sind dafür nur ein Beispiel. Die dezentrale Wasserversorgung (natürlich nur außerhalb großer Städte) unter Umgehung der Gemeindeverwaltung ist der erklärte – und daher nicht immer gemütliche – Weg Buchners, er nennt ihn „Personen helfen und keinen Institutionen“. Jeder, der will, kann sich mit der EMAS-Methode selbst eine private Wasserversorgung bauen, dazu Wassertanks in zwei Größen und als Sanitärmodule eine Toilette, Waschbecken und eine Dusche – auf Wunsch sogar mit warmem Wasser aus einer Solaranlage und alles ohne Strom. Als Don Eloy uns die Lehrfilme dazu zeigt, spitzen wir gewaltig die Ohren: Aus Polyesterrohren, Glasmurmeln, alten Bierflaschen und ein paar Sack Zement hat der Bastler Buchner Techniken für das Bohren, Fördern und Lagern von Wasser entwickelt, auf die er zahlreiche Patente angemeldet hat – die meisten davon hat er schon vor Jahren der WHO überlassen. (in Bolivien arbeitet nun die Sunahuasi damit). Mit verblüffend einfachen Methoden und Mitteln entstehen zugkräftige Pumpen, die 15 bis 30 Liter Wasser pro Minute fördern, Zisternen, die sauberes Wasser aus schlammigen Wasserstellen filtern, Bewässerungsanlagen für die Landwirtschaft, Trinkwasserfilter und Tanks. Auch um die Bearbeitung des Materials kümmert sich Buchner und hat z. B. eine eigene urige, aber wirkungsvolle Methode des Polyesterschweißens erfunden, die komplett ohne Werkstatt auskommt. Doch nicht alles klappt auf Anhieb selbst, dazu gehört das Bohren eines Tiefbrunnens. Die Brunnenbohrer bildet Wolfgang Buchner in Puerto Perez selbst aus. Es sind mittlerweile 300, die im ganzen Land ihr Geld mit Brunnenbohrungen verdienen – 5-6 US-Dollar kostet der gebohrte Meter bei einem EMAS-Perforador. Der Name klingt so, als ob in einigen Jahren Bolivien in einen praktischen Abreißblock verwandelt werden würde, und tatsächlich listet die Statistik des EMAS mittlerweile 30.000 Brunnen auf, der tiefste steckt mit 97 Metern im Beni. Diese größeren Anlagen werden nicht mehr per Hand betrieben, Buchner hat dafür auch den Bauplan für ein Windkraftrad im Angebot, das sich über einen Federmechanismus bei starkem Wind selbst wegklappt. Obwohl Bolivien – natürlich besonders das Tiefland – recht problemlos angebohrt werden kann, verlagert die EMAS ihr Wirken zunehmend auf den Zisternenbau, denn diese können in jedem Boden gebaut werden, auch in Stein. „Regnen tut’s ja genug“, sagt Buchner – ein oberflächlicher Blick aus dem Fenster auf la niña bestätigt uns dies sofort. Die Kunst sei, das Wasser von den Dächern ohne Verschmutzungen in geeignete Tanks zu leiten und von dort in die Häuser zu pumpen – möglichst in gleich bleibender Trinkwasserqualität. Zur Sicherheit stellt die EMAS in ihrem Schulungsfilm auch einige Methoden der 18 Wasserreinigung vor und zeigt auch gleich, wie man die Wasserqualität selbst mit Elektrolyse-Verfahren überprüfen kann. Nach dem Übersichts-Film, in dem sämtliche Arbeiten der EMAS in Kurzfassung zu sehen sind, sind wir zwangsläufig beeindruckt. Neben dem spürbaren Engagement Buchners ist es vor allem die Technik, die so wirksam und dabei so simpel erscheint, dass wir es uns ohne weiteres zutrauen würden, selbst eine Zisterne mit Pumpe zu basteln für den nächsten Wassernotstand. Als wir von uns Wolfgang Buchner und seiner Frau verabschieden, winkt er kurz, doch seine Augen grübeln bereits über der Aufhängung einer Solaranlage – es gibt noch so viel zu verbessern. Kontakt: Escuela Móvil Aguas y Saneamiento Básico EMAS Wolfgang Eloy Buchner [email protected] Die Anleitungen zum Selbstbauen sind für 30 Bolivianos erhältlich beim Kanal 13, Avenida 6 de agosto, Edificio Hoyten, 13. Stock 19 Wolfgang Buchner mit der Standard-Pumpe der EMAS Sanitärmodule aus dem EMAS-Angebot 20 EMAS-Tanks und –Windräder auf dem Schulungsgelände in Puerto Perez Hot Spot: Sie untenliegende Solaranlage erhitzt das Wasser im kleinen Tank. Text und Fotos: Franziska Sörgel und Manuel Lins 21 Das Navigations- und Orientierungssystem GPS (Global Positioning System) Teil 3 Die Positionsbestimmung erfolgt mit Hilfe von mittlerweile sehr kleinen Geräten, die einen so genannten GPS-Chip mit Antenne enthalten. Die Signale dieses Chips werden üblicherweise von Kleinstrechnern verarbeitet und schließlich in geeigneter Weise grafisch dargestellt. Das geschieht bei fest installierten oder auch mobilen GPS-Geräten in der Regel mit Hilfe eines kleinen LCD-Monitors. Zusätzlich enthalten die handelsüblichen Geräte von Garmin, Blaupunkt, TomTom und anderen Herstellern Speicherchips für eine Software, die die Daten des GPS-Chips(veränderliche) mit fest gespeicherten in Beziehung setzen und eigentlich erst dadurch für den Nutzer handhabbar machen. Wird vom GPS-Chip eine geografische Position bestimmt, sorgen Kleinstrechner und Software dafür, dass auf einer LCD-Karte der Name des Ortes, der Straße, des Gewässers usw. erscheinen. Erst so ist eine Orientierung dann praktisch möglich. Die Ansichten auf den Displays sind i.d.R. zoomfähig. Voraussetzung ist allerdings auch die vorherige Erfassung des Gebietes, die den Datenabgleich erst ermöglicht. Diese Erfassung ist in allen gut erschlossenen Ländern und Gebieten schon erfolgt. Je nach verfügbarem Speicherplatz auf den GPS-Geräten werden Datensätze vorinstalliert. Für ganz Westeuropa reicht beispielsweise schon 1GB Speicherplatz aus. Modernes GPS-Gerät(Blaupunkt Lucca) mit Entfernungsangabe zum nächsten wichtigen Navigationspunkt(oben links) und Distanzangabe zum Ziel(oben rechts) 22 Oft werden die Geräte durch die Software auch mit genaueren Standortinformationen versorgt, die der Nutzer bei Bedarf abrufen kann. Sehenswürdigkeiten, Restaurants, Tankstellen, Stadtzentren und Parkplätze lassen sich so gezielt ansteuern. Der praktische Ablauf der Navigation ist dann etwa folgender: Variante A(Sie wollen ein bestimmtes Ziel möglichst schnell erreichen.) 1. Start des GPS-Gerätes 2. Eingabe einer Stadt oder auch genauen Adresse 3. Feststellung der IST-Position (bei mindestens 3 verfügbaren Satelliten) 4. Start der Navigation, die Sie mit Sprachkommandos in die richtige Richtung führt. („In 100 m nach rechts abbiegen!“ oder „Folgen Sie dem Straßenverlauf!“ oder „Ordnen Sie sich links ein!“) 5. Wenn Sie immer schön den Anweisungen gefolgt sind, kommt irgendwann: „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“ 6. Wenn Sie einmal rechts und links verwechselt haben sollten, registrieren moderne Geräte natürlich diesen Fehler und Sie werden ganz höflich auf den rechten (oder linken) Weg zurückgeführt. Variante B (Sie haben sich verlaufen und wüssten gerne, wo Sie sind.) 1. Start des GPS-Gerätes 2. Abwarten, bis das Gerät die Verbindung zu möglichst vielen (mindestens 3) Satelliten aufgenommen hat 3. Anzeige Ihrer tatsächlichen Position mit Ort, Straße (soweit dieses Gebiet in Ihrer Software gespeichert ist). Variante C (Sie sind Bergsteiger und wollen ihre Höhe ermitteln) 1. Gleiches Vorgehen wie bei Variante B, nur dass Sie ein Gerät mit Höhendarstellung benötigen, was aber heute eher normal ist. Neben Richtungsinformationen stellen Ihnen die meisten GPS-Geräte auch genaue Entfernungsangaben, variable Zeitangaben bis zum Erreichen eines Zielortes (in Abhängigkeit von Ihrer Durchschnittsgeschwindigkeit). Prognostische Berechnungen bei langen Tunneldurchfahrten ohne Verbindung zu den Satelliten und vieles mehr zur Verfügung. Ähnlich wie beim normalen Computer ist eine regelmäßige Aktualisierung der Gerätesoftware nötig, damit Sie nicht mal zu einer Straße wollen, die es gar nicht mehr gibt, oder die jetzt nicht mehr Walter-Ulbricht-Gasse sondern Helmut-Kohl-Allee heißt. Interessante Links im Internet: www.kowoma.de/gps/ www.gpsgazette.com Werner Preiss 23 Restauranttipps für Weltreisende Diese Tipps sind was ganz Besonderes. Nachdem unsere Hochzeit zur Hochzeit des Jahres 2007 (danke, Manuel) gekürt worden war, wollten wir natürlich in Sachen Hochzeitsreise (Luna de miel) nicht weniger bieten. In einem extra für die Reise gekauften VW Käfer (peta, escarabajo) ging es knapp 11000 km durch Bolivien, Argentinien, Brasilien und Chile. Auf dieser Reise konnten wir neben normalem Essen auch in sehr, sehr guten Restaurants speisen. Einige dieser Restaurants möchte ich denn hier allen zur Verfügung stellen, die auch mal in diesen Gegenden unterwegs sind. Es werden keine Bewertungen vergeben, da alle Tipps hier uns sehr gut gefallen haben: Stadt Restaurant Adresse Potosí/Bolivien Bentanzos Café Museo Restaurante C. La Paz esq. C. del Ingenio San Marcos Alle noch erhaltenen Teile sowie Gegenstände des alten Schürfbetriebes sind in das moderne Restaurant sehr gut integriert. Das Essen und die Bedienung waren ebenfalls sehr gut. Tarija/Bolivien Taverna Gattopardo La Madrid, am Plaza central Unglaublich! Vielleicht das beste Restaurant in Bolivien. Das Essen ist super und zu wirklich unglaublich guten Preisen. Puerto Iguazu/ Argentinien Il Fratello findet man schon Sehr gutes italienisches Restaurant mit super Pasta und wirklich gutem Service. Buenos Aires/ Argentinien Hard Rock Cafe in Recoleta, Taxifahrer fragen Tolles Ambiente mit toller Musik. Die Bedienungen sind sehr aufmerksam und die Spare-Ribs unglaublich lecker. Und zu guter letzt die guten Cocktails, ole olé. 24 Bariloche/ Argentinien Familie Weiß Palacios 167 In der Stadt gibt es Schokolade und Geräuchertes. Wildschwein, Lachs, Hirsch. Hier gibt es aus der eigenen Fabrik alles Leckere, was man sich so wünscht. Dazu der Ausblick über den See, toll. Santiago de/ El Fogon del Gaucho Chile La Reina, Echeñique 6483 Fon: 2265583 Es ist schon bezeichnend für die chilenische Küche, dass das beste Restaurant ein argentinisches ist. In der Nähe des Elternhauses des Top-Ten-Tennisspielers Fernando Gonzalez (sein Hausrestaurant) habe ich am besten bisher in meinen knapp 4 Jahren hier in Südamerika gegessen. Das Bife de chorizo ist der Hammer. Dazu gibt es alles, was der Gaumen begehrt, auch leckere Cocktails werden serviert. Suuuuuper. Bitte reservieren! Und….. tschüss, bis zum nächsten Mal, wieder aus Bolivien. Christian „Karpi“ Karp [email protected] 25 Kolumbien als Reiseland? Aber sicher! „Lasst euch mal nicht entführen!“ – Das war die typische Reaktion, wenn wir erzählten, dass wir nach Kolumbien reisen wollten. Lediglich Redaktionskollege Werner hatte nicht grundsätzlich etwas gegen eine Entführung einzuwenden, vorausgesetzt, die Entführer seien mit Apple-Computern und schneller Internetverbindung ausgestattet, damit ich regelmäßig einen schönen Bericht fürs Monatsblatt übermitteln könne. Kolumbien. Das klingt immer noch nach Mord, Totschlag und Drogenhandel, und außerdem, Medellin, das ist doch da, wo Pablo Escobar ... Pablo Escobar starb im Dezember 1993. Vielleicht ist es an der Zeit, die Vorurteile zu aktualisieren. Kolumbien also. Zweiter in Südamerika ist das Land sowohl bei der Einwohnerzahl (nach Brasilien) als auch bei der Bevölkerungsdichte (nach Ecuador). Im südlichen Hochland findet sich indigener Einfluss, im heißen Norden afrikanisch-karibischer, und praktisch überall ist das koloniale Erbe besser erhalten als in den meisten anderen Ländern des Kontinents. Teil 1: Statuen, Kaffee und eine Kathedrale im Salz San Agustín/Tierradentro. Früher standen die Steinstatuen noch einfach so in der Umgebung der Kleinstadt San Agustín herum. Heute hat man viele von ihnen in den archäologischen Park am Rande der Stadt umgesiedelt, zum Schutz vor Witterung und Diebstahl. Den anderen hat man zu diesem Zweck Zäune und kleine Dächer spendiert. Und da stehen sie dann und zeigen dem Besucher die Zähne. Wenig ist über die Kultur am Oberlauf des Río Magdalena bekannt. Die ältesten Funde datiert man auf 3300 v.C., die jüngsten auf 1200 n.C.. Viereinhalb Jahrtausende, die man tatsächlich alle der gleichen Kultur zurechnet – das ist so viel wie von Beginn der ägyptischen Hochkultur bis heute. Danach verschwand die Kultur, wohin und warum, weiß man nicht, und hinterließ uns eine Menge Statuen, von denen einige so modern aussehen, als seien sie gerade einem Comic entsprungen. 26 Diese Statue, geschätzte 4000 Jahre alt, weist noch Reste der ursprünglichen Bemalung auf. Auf den meisten anderen haben die Drahtbürsten unvorsichtiger Archäologen ganze Arbeit geleistet. Manchmal stelle ich mir seltsame, gänzlich unhistorische Fragen, wie z.B.: Ob denn diese Kultur auch nett war? Ich meine, großartige Statuen aufstellen ist eine Sache, aber dafür Menschen versklaven, misshandeln, töten, das ist eine ganz andere. Ich möchte mir gern vorstellen, dass diese Leistungen freiwillig erbracht wurden, ohne Zwang und Grausamkeiten, von Menschen, die dafür geschätzt wurden. Unerwartet gibt es darauf in Tierradentro eine Antwort. Die Kultur dort, die eindrucksvolle unterirdische Gräber in großer Zahl hinterlassen hat und die mit der in San Agustín Verbindungen hatte, gilt tatsächlich als pazifistisch. Man folgert das aus der Tatsache, dass auf den Tongefäßen, Wandgemälden und anderen Zeugnissen der Kultur rituell-religiöse Themen dominieren und kriegerische Inhalte völlig fehlen. Es scheint also wirklich eine „nette“ Kultur gewesen zu sein. Im Gegensatz zu San Agustín ist Tierradentro kein Städtchen, sondern eine Region. Die Dörfer liegen verstreut, das touristische Zentrum ist San Andrés de Pisimbalá (die Länge des Ortsnamens steht in gewissem Widerspruch zur Größe des Ortes). Einige der Gräber weisen noch die originale Bemalung auf, die meisten wurden geplündert. Gerade die nicht so gepflegten, etwas verfallenen Gräber vermitteln aber das richtige Indiana-Jones-Gefühl: Man steigt einen 27 glitschigen kleinen Abhang hinunter, und der Schein der Taschenlampe fällt auf... – nein, natürlich nicht auf Gold, auch nicht auf ausgeblichene Schädel, aber mit etwas Glück auf schwarze oder rote Zickzacklinien und Bilder von Echsen. Friedhof in malerischer Lage Bis vor wenigen Jahren galt das Gebiet von San Agustín und Tierradentro als Guerillagebiet und damit gefährlich. Galt – denn tatsächlich war die Gefahr für Touristen dort nie sehr groß. Aber auch jetzt muss man immer noch bei jeder Busfahrt mit Militärkontrollen rechnen: Die Ausweise werden überprüft, alle männlichen Fahrgäste müssen aussteigen und werden abgetastet. Eine beklemmende Prozedur, bei der es aber eher darum geht, Präsenz zu zeigen, als eine wirkliche Bedrohung abzuwenden. „Nein“, sagt Leonardo, ein Restaurantbesitzer in San Andrés, „mit der FARC hatten wir nie Probleme. Die haben sich immer anständig benommen. Die waren auch immer zivil gekleidet und hatten nie Uniformen an, wenn sie durchs Dorf gegangen sind.“ Salento. Quindío ist der heimliche Favorit der Kolumbianer. Die kleinste der Festlandsprovinzen, die zur Zona Cafetera gehört, genießt den Ruf außerordentlicher landschaftlicher Schönheit und besonders gastfreundlicher Menschen. Der Ruf stimmt. Selbst im ohnehin schönen und gastfreundlichen 28 Kolumbien hat Quindío einen eigenen Charme. Während meines viertägigen Aufenthaltes in Salento, dem Haupttouristenort, beherrschte allerdings eine andere Flüssigkeit als Kaffee die Szene: Regen. Es regnete fast ununterbrochen. An einem Abend krochen zwei Nacktschnecken die Wände meines Zimmers entlang. Wahrscheinlich war es ihnen draußen zu nass3. Monatsblattredakteur bei wohlverdienter Kaffeepause Eine Attraktion von Salento ist die Wachspalme, die im nahe gelegenen Valle de Cocora gedeiht. Der Name kommt von dem Wachs, das den Stamm umgibt, und nicht von „wachsen“, obwohl auch letzteres zutreffend wäre. Der grazile Nationalbaum Kolumbiens wird bis zu 60 Meter hoch – Rekord unter den Palmenarten – und bildet eine Art „Wald über dem Wald“, wie Humboldt und Bonpland es formulierten, als sie im Jahre 1801 die Gegend bereisten und die „Ceroxylon andicola“ erstmals klassifizierten. Der evolutionäre Vorteil liegt auf der Hand: Wer die anderen Bäume überragt, hat immer genug Licht. Was die Wachspalmen sich allerdings davon versprechen, die anderen Bäume um 30 bis 40 Meter zu überragen, weiß ich nicht. Vielleicht wollen sie einfach nur auffallen. 3 Das ist nur einer von vielen Nässewitzen. Trockener Humor ist bei solch einer Witterung nicht möglich. 29 Die Wachspalmen stehen einfach drüber-über dem ganzen irdischen Morast. Das darf man hier durchaus wörtlich nehmen. Zipaquirá. Was um alles in der Welt hat die Leute nur dazu bewogen, die eher langweilige Christus-Statue von Rio de Janeiro unter die sieben neuen Weltwunder zu wählen? Offenbar war es die Antwort auf die Frage: „Welche Bauwerke finden Sie besonders bewundernswert bzw. kennen Sie wenigstens dem Namen nach?“ Denn wenn schon ein christliches Gebäude unter den Sieben sein muss, dann hätte es die Salzkathedrale von Zipaquirá, knapp nördlich von Bogotá, bei weitem mehr verdient als der Corcovado-Christus. Aber was der Christ nicht kennt, wählt er nicht. Ist das überhaupt ein Bauwerk oder eher das Gegenteil? Ein Minus-Bauwerk, ein Ab-Bauwerk, ein Hauwerk? Aus einem alten, nicht mehr genutzten Salzstock hat man nicht nur eine ganze Kathedrale mit gewaltigen Salzsäulen gehauen, sondern dazu einen kompletten Kreuzweg, kleine Seitenkapellen, Altäre, Nischen, Treppen und Figuren. Die ganze unterirdische Anlage ist nur zurückhaltend beleuchtet und hat deshalb manchmal, wenn der Touristenstrom gerade woanders ist, etwas Unwirkliches – als ginge man durch einen Traum, keinen Albtraum, aber einen düsteren und unheimlichen Traum. 30 Praktische Tipps Anreise per Flugzeug mit TACA oder LAN. Letztere ist i.a. etwas billiger, hat aber die noch ungünstigere Ankunftszeit beim Rückflug (planmäßige Landung in La Paz gegen 3 Uhr – morgens, versteht sich). Wer den Süden Kolumbiens bereisen will, kann von Ecuador einreisen. Die Fahrt von Quito bis zum Grenzübergang Tulcán-Ipiales lässt sich bei einer Fahrzeit von sechs Stunden problemlos an einem Tag bewältigen. Ein paar Sachen sind in Kolumbien ungeheuer problemlos. Öffentlicher (Bus-) Transport zum Beispiel. Der funktioniert in etwa so: Man geht zum Busterminal und ist in aller Regel innerhalb einer Stunde weg; ohne Reservierung oder ähnliches. Oft sind es nicht einmal zehn Minuten. Die Kolumbianer sind recht reisefreudig und zahlreich, was sich in einer Vielzahl und Vielfalt von Verkehrsmitteln niederschlägt: Vom Sammeltaxi über den Kleinbus und den Etwas-größer-Bus bis hin zum richtigen Reisebus, und das quer durch alle Fahrzeugmarken. Ebenfalls kein Problem: Unterkunft. Im Zweifelsfall finden Sie überall eine Unterkunft. In jeder Stadt und jedem Städtchen sowieso, aber selbst auf dem Land, oder unterwegs entlang der Straßen, überall Schilder mit „hospedaje“ oder „camping“. Ein paar Kopfschmerzthemen gibt es dennoch. Nein, es ist nicht die Vermeidung von Entführungen. Viel banaler: Post, Geld, Brot. Den meisten Menschen ist die Nicht-Existenz eines Postwesens ziemlich egal. Mir nicht, denn ich bin ein geradezu fanatischer Postkartenschreiber. Ich weiß schon, Internet und Email ist viel praktischer und schneller, aber es ist etwas völlig anderes, eine echte Postkarte aus Fleisch und Blut (bzw. aus Papier und Briefmarke) in der Hand zu halten als nur auf einen Bildschirm zu gucken. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, Postkarten an eine Pinnwand zu heften. In Kolumbien aber wurde die Post vor einiger Zeit derart gründlich privatisiert, dass praktisch nichts mehr von ihr übrig geblieben ist. Es gibt zwar theoretisch die Möglichkeit, mit mehreren Gesellschaften Postkarten zu verschicken, aber die Preise sind unglaublich. Die postalische Tochter der Fluggesellschaft Avianca wollte für die Beförderung einer Karte nach Bolivien umgerechnet gut fünf Dollar; der „billigste“ Konkurrent Adpostal verlangte „nur“ die Hälfte, und tatsächlich kam die Karte nach zweieinhalb Monaten in La Paz an. Vergessen Sie’s also. Konsequenterweise weiß oft nicht einmal die Touristeninformation, wo das Postamt ist. Mir kam der Titel eines Buches von Gabriel Garcia Márquez in den Sinn: „El coronel no tiene quien le escriba“. Kein Wunder bei diesem Postsystem. Geld hingegen gibt es. Es ist nur manchmal schwierig dranzukommen4. Am besten funktioniert noch das Geldziehen mit der ec-Karte am Automaten. Aber die Automaten sind sehr knauserig. Die meisten wollen einem kaum mehr als ungerechnet 100 Euro geben, was angesichts der Bankgebühren nicht sehr rentabel ist. Außerdem muss man dann dauernd zum Automaten rennen. Selbst deren großzügigste Vertreter gönnen einem nicht mehr als 500.000 Pesos – etwa 170 Euro. Die allermeisten Banken haben das Geldwechseln komplett eingestellt; wir haben ja jetzt diese Automaten, nicht wahr. Wechselstuben wechseln zwar, aber zu einem sehr ungünstigen Kurs, der zum Teil 20 Prozent unter dem Devisenkurs liegt. Die Erklärung ist ganz einfach: In Kolumbien herrscht ein ständiges Überangebot an baren 4 Das entschuldigt allerdings noch lange keine Entführungen. 31 Dollars und Euros, die über den Drogenhandel illegal ins Land fließen. Das steht ganz offen in kolumbianischen Wirtschaftszeitschriften. Ein Angebotsüberhang drückt auf den Preis – reine Marktwirtschaft. Brot, ojeoje, Brot! Das kolumbianische Brot ist das schlechteste der Welt. Dabei wurde das Land nicht einmal von den Engländern kolonialisiert. Aber die Kolumbianer verstehen es, brottechnisch noch eins draufzusetzen: Süß, weich, pappig, voller Triebmittel und Zusatzstoffe. Es ist schrecklich. Das Beste, was man mit einem kolumbianischen Brot machen kann, ist, es als Kopfkissen zu benutzen. Fahrer von Brotlastern können auf Airbag und Seitenaufprallschutz verzichten. In einer solchen Brotdiaspora entwickeln sich natürlich Oasen, in denen Deutsche, Franzosen und Italiener aus purem Überlebenswillen anfangen, selbst Brot zu backen, echtes Brot. Und wissen Sie was? Die Kolumbianer kaufen dieses echte Brot! Verstehe einer die Menschen. Text und Fotos: Manuel Lins In Folge 2: Koloniale Städte, der omnipräsente Bolívar und ein betrügerischer Norweger 32 Urlaub auf dem Lande: Haciendas und Hotelanlagen bei Buena Vista, Santa Cruz Im Septemberheft 2006 schreibt Dietrich Bender unter der Rubrik Hoteltipps, dass das Monatsblatt versucht, die Leser mit zuverlässigen Informationen zu versorgen. Unter diesem Motto soll der folgende kleine Beitrag stehen. Nachdem im Dezemberheft 2007 Patrik Deppe über Haciendas südlich von Santa Cruz berichtet hat, geht es heute in den Nordwesten der Stadt nach Buena Vista. Der Ort liegt genau 100 km von Santa Cruz entfernt an der Straße nach Cochabamba. Er ist Ausgangspunkt für Touren in den Amboró Nationalpark und im Folgenden soll über vier Möglichkeiten berichtet werden, in der näheren Umgebung von Buena Vista einen Kurzurlaub auf dem Lande zu verbringen. Posada Santa Maria Antigua Hacienda Santa Maria, die Anlage Auf einer Rückfahrt von Santa Cruz nach Cochabamba wollten wir für zwei Tage die Fahrt unterbrechen, konnten den Termin aber nicht genau festlegen und hatten somit nicht im Voraus gebucht. Sechs Kilometer vor dem Ort Buena Vista oder 94 km von Santa Cruz entfernt wiesen große Schilder auf die Posada Santa Maria Antigua hin, versuchen wir es mal. Auf einer sieben Kilometer 33 langen Sand- oder in der Regenzeit besser Schlammpiste erreichen wir die Farm, die auf den ersten Blick einen einladenden Eindruck macht. Es ist Platz für uns und wir beziehen in einer Cabaña ein Doppelzimmer mit Bad, das hinsichtlich der Einrichtung und Sauberkeit keine Wünsche offen lässt. Die Hacienda wurde vor 30 Jahren von dem spanischen Staatsbürger Javier Alcalá erworben und seitdem von ihm mit seiner französischen Frau und einem Sohn bewirtschaftet. Sie hat eine Größe von 5000 Hektar, die etwa 5000 Rinder ernähren. Im Wesentlichen handelt es sich um indische weiße Neloreund dunkle Bramanrinder zur Fleischproduktion, daneben gibt es aber auch etwa 50 schwarz-weiß gescheckte Milchkühe, deren Produkt an die Molkerei Pil in Santa Cruz geliefert wird. Später kamen Fischteiche zur Aufzucht von Pacú dazu und vor einem Jahr wurde der Farm ein Hotelbetrieb angegliedert. Für die derzeit etwa 30 möglichen Gäste steht ein geschlossener Aufenthaltsraum zur Verfügung und ein großer offener Speisesaal. Ein richtiges Restaurant gibt es nicht, aber ein Koch bereitet nach voriger Absprache ein bodenständiges Mittag- oder Abendessen zu. Getränke aller Art stehen in einer Bar zur Verfügung. Des weiteren verfügt die Hacienda über ein kleines Schwimmbad mit sauberem Wasser, eine kleine Kapelle und eine Aussichtsplattform, von der man den Blick auf eine Weide mit Kühen hat. Es werden Ausritte mit Pferden angeboten. Ich bevorzugte eine einstündige Wanderung mit einem Führer, der sich später auch als der Koch entpuppte. Zu sehen gab es außer Kühen nicht viel; in dem zwischen den Weiden stehen gelassenen Montewald fanden sich ein paar Kakaosträucher mit reifen Früchten, deren weißes Fruchtfleisch herrlich schmeckte. Das fanden die Affen auch, wie man an den herumliegenden Schalen sah, nur von den vorher angekündigten Tieren selber, keine Spur. Es hat es uns gut gefallen auf der Farm, auch wegen der Freundlichkeit und Offenheit des Personals. Wir bezahlten für das Doppelzimmer inklusive eines etwas mickrigen Frühstücks 40 Dollar pro Nacht und für die Malzeiten 35 Bs. Anmeldung : www.santamaria.com, [email protected], Tel. cel. 71677553. 34 Hacienda El Cafetal Hacienda El Cafetal Diese Anlage liegt auf einem Hügel 3,5 km südlich der Plaza Principal des Ortes Buena Vista. Die Gäste werden in vier Cabañas untergebracht. Jede von Ihnen enthält drei Räume, in denen bis zu sieben Personen übernachten können. Auffallend die geschmackvolle und komfortable Ausstattung der Räume, auch ein großer Kühlschrank steht zur Verfügung. Daneben gibt es mehrere kleine Bambushütten für zwei Personen mit Palmstrohdach und einer Veranda. Zur Anlage gehört ein Aufenthalts- und Frühstücksraum, ein kleines Schwimmbad und ein 20 m hoher Aussichtsturm, von dem man einen atemberaubenden Blick nach Süden über die Kaffeeplantagen hinweg auf die gelbe Bergkette des Amboró hat – klares Wetter vorausgesetzt. Die Hacienda besitzt kein Restaurant, es wird nur Frühstück angeboten, das im Übernachtungspreis enthalten ist. So bringen sich viele Gäste Fleisch aus Buena Vista mit, das auf einem großen Grill selbst zubereitet werden kann. Unterhalb des Hügels liegen die Kaffeeplantagen und eine Rösterei zur Weiterverarbeitung der Kaffeebohnen nach der Ernte. In einem kleinen angeschlossenen Kaffee besteht die Möglichkeit verschiedene Kaffeesorten zu probieren und zu kaufen. Aus dem benachbarten Dorf stehen Führer bereit, die den Gästen auf Wunsch die Kaffeeplantagen sowie die Pflanzen- und Tierwelt in der näheren und weiteren Umgebung der Hacienda El Cafetal erläutern. Der Preis für die Cabaña beträgt 70 Dollar pro Nacht, für die Bambushütte werden 30 Dollar berechnet. Anmeldung : www.anditradecoffee.com, Tel. 3 9352067, Tel. cel. 71696540 35 El Hotel Flora y Fauna Einfahrt Hotel Flora y Fauna Vier Kilometer südlich von Buena Vista an der Straße zum Amboró Nationalpark liegt das Hotel Flora y Fauna. Es gehört dem Engländer Robin Clark, der 1984 zusammen mit Noel Kempff Mercado den Nationalpark Amboró gründete. Die Anlage umfasst 50 Hektar, davon, wie uns versichert wurde, der größte Teil unberührter Primärwald. Mr. Clark ist Zoologe, Ornithologe und vor allem ein Spezialist für einheimische Käfer, wovon eine riesige Sammlung dieser Tiergattung zeugt, die er gerne vorführt. Seine Gäste setzten sich ganz im Wesentlichen aus ausländischen Naturwissenschaftlern 36 zusammen, die zu speziellen botanischen oder zoologischen Studien Bolivien bereisen. Unterkommen kann man in einigen sehr einfach ausgestatteten Cabañas, davon eine mit einer großen Küche zur Selbstverpflegung. Es wird aber auch Übernachtung mit Vollpension angeboten; der Preis dafür mit Unterkunft beträgt 60 Dollar pro Person, worin auch alle Getränke, einschließlich Wein und Bier eingeschlossen sind. Geführte Touren zur Erläuterung der offensichtlich reichhaltigen Pflanzen- und Tierwelt werden mit 10 Dollar pro halben Tag veranschlagt. Anmeldung: [email protected], Tel. cel. 71043706 Hotel Amboró Eco Resort Hotel Amboró Eco Resort Direkt an der Straße Santa Cruz – Cochabamba drei Kilometer hinter der Ortschaft Buena Vista liegt das sehr bekannte Hotel Amboró Eco Resort. Es handelt sich um das ehemalige Lager für die am Straßenbau beteiligten Arbeiter. Natürlich ist alles enorm aufgepeppt. Um ein riesiges Schwimmbad herum liegen Restaurant, Versammlungs- und Aufenthaltsräume, Diskothek, Boutique, Kinderspielplatz und diverse Sportstätten – ein richtiges Resort, wie man hier 37 sagt. Von Eco war bei unserem Besuch nicht viel zu spüren, aus riesigen Lautsprechern wurde die Ferienanlage kräftig von Julio Iglesias und Co. beschallt. Der Besuch dieses Hotels kann jungen Familien mit Kindern empfohlen werden, die sich den ganzen Tag in dem großen Schwimmbad mit Rutschen etc. austoben können. Für ein Doppelzimmer in den langgestreckten Cabañas werden 40 Dollar, für Familiensuiten 85 Dollar pro Nacht verlangt. Zu erwähnen sei noch, dass dieses Hotel das einzige der vier beschriebenen ist, welches Kreditkarten akzeptiert. Anmeldung: [email protected], Tel. 3 422372, Fax. 3 421909 Zusammengefasst: Welches der beschriebenen Hotelanlagen bei Buena Vista nun für einen Kurzurlaub in Frage kommt, hängt ganz von den persönlichen Erwartungen ab. Wer Erholung gemischt mit der Erkundung der abwechslungsreichen Umgebung sucht, dem kann die Hacienda El Cafetal empfohlen werden. Dies gilt eingeschränkt auch für die Posada Santa Maria Antigua, die ein angenehmes Ambiente auf der Farm vermittelt, aber die Umgebung bietet nur wenig Spektakuläres. Das Hotel Fauna y Flora kann man wohl nur ausgesprochenen Naturfreunden empfehlen, außer dem Wald mit seinem Leben darin wird praktisch nichts geboten. Wer laute, kurzweilige Unterhaltung sucht, der ist im Hotel Amboró Eco Resort sicher gut aufgehoben. Christian Neumann-Redlin Cochabamba Anmerkung der Redaktion: Wir möchten darauf hinweisen, dass über die im obigen Beitrag erwähnte Hacienda „El Cafetal“ schon einmal im Monatsblatt 4-2005 berichtet worden ist und halten den damaligen Hoteltipp als Ergänzung für erwähnenswert. 38 Camargo – den Namen hat man schon mal gehört Ich war im November in Camargo und habe mir die Wasserprojekte meiner Freundin Hanne Atzinger angeschaut. Hanne Atzinger ist eine pensionierte Grundschullehrerin, die ich über Freunde aus meinem ehemaligen Spanischkurs an der Ulmer Volkshochschule kennengelernt habe. Letztes Mal, als ich in Deutschland war, hab ich sie in Wettenhausen besucht und sie hat mit von den Wasserprojekten, den Leuten dort und dem harten Leben auf dem Land erzählt. Dagegen ist La Paz eine Weltstadt, sagte sie, und schmückte ihre Erzählungen mit einigen heftigen Details, darüber, wie einfach und hart das Leben dort sei, aus. Sie konnte mich aber dadurch nicht abschrecken und ich fragte sie, ob ich sie, wenn sie das nächste Mal dort ist, nicht besuchen könne. Klar, sagte sie und so kam es, dass ich am Freitag, den 23.11.2007 den Bus von „Expreso Tarija“ (sehr zu empfehlen, viel Fußraum!) Richtung Camargo nahm. Ich war ganz erstaunt, dass die Fahrt nur 13 Stunden dauert. Wo liegt dann nun eigentlich Camargo? Es liegt ziemlich genau zwischen Sucre und Tarija, die Busse fahren aber über Potosí, weil die Straße dort viel besser ist. Es ist ein kleines Städtchen, nur ca. 4000 Einwohner, dafür ist es aber ziemlich bekannt, zumindest den Namen haben viele schon mal gehört. Camargo 39 Camargo liegt auf 2400m, ist also „ valle“, was man auch an der Kleidung der Cholitas sieht. Die Röcke sind wie in Cochabamba, aber sie tragen braune Filzhüte, Frauen wie Männer, was ihnen unheimlich gut steht. Was viele über Camargo wissen, ist, dass es eine alte Wein- und SinganiGegend ist (klar, das steht ja auf den Flaschen). Es gibt viele alte, zum Teil auch schon verlassene Estancias. Außerdem werden Pfirsiche und Feigen angebaut, ich glaub, ich hab noch nie so große Feigenbüsche gesehen wie hier. Und lecker sind sie, die Pfirsiche, die so saftig sind, dass sie La Paz niemals lebend erreichen würden, und die getrockneten Feigen mmm! Was gibt es sonst noch in Camargo: rote Erde! Die eine Seite des Städtchens wird von einer imposanten roten Felswand mit ziemlich schrägem Sedimentmuster begrenzt. Man kann oben entlang wandern und den weiten Blick genießen. Kein Wunder dass sich in diesem schönen Fleckchen Erde auch einige Deutsche angesiedelt haben: hauptsächlich Priester und Ordensleute. Die Plaza zwischen Parroquia und Kirche Es gibt ein deutsches Krankenhaus, die „Clinica San Clemente“, sehr sauber und freundlich, von der deutschen Schwester Goretti, einem liebenswerten Unikum aus Schwaben, geführt. 40 Schwester Goretti Hierher kommen nicht nur Mütter zum Entbinden, oder Menschen aus der Region mit ihren Krankheiten, ab und zu werden auch Kinder abgegeben, Waisenkinder, oder Babys, die die Familien nicht groß ziehen können. Sie werden eine Zeit lang betreut und bekommen dann bolivianische Adoptiveltern. 41 José, Lourdes und Finny sind inzwischen sicher schon in guten Händen Außerdem gibt es die „Parroquia „ unter der Leitung des deutschen „Padre Otto“, und ein hübsches Kloster für deutsche und bolivianische Schwestern. Die dazugehörende große, weiße Pfarrkirche prägt das Stadtbild. Dieser Padre Otto, eine beeindruckende Persönlichkeit mit einem dicken Bart leitet die verschiedenen karitativen Aufgaben, die sich die Pfarrei gestellt hat: beispielsweise „sozialer Wohnungsbau“, das heißt, für bedürftige (beispielsweise alleinerziehende Mütter mit vielen Kindern) werden kleine Häuschen gebaut, die diese zum Spezialpreis erwerben über mehrere Jahre abzahlen können. Und unter seiner Leitung stehen auch die Wasserprojekte in den abgelegenen Gemeinden in den Bergen, wegen denen ich ja eigentlich hier war. (Dazu mehr im 2. Teil.) In Camargo gibt es einige nette Hotels, Hanne und ich waren aber in der Klinik einquartiert, im Männertrakt, jeder in einem der beiden Einzelzimmer. Gefrühstückt haben wir in der Pfarrei zusammen mit den deutschen Padres und einigen deutschen und bolivianischen Schwestern. Das war schon interessant. Mittag gegessen und Kaffee getrunken haben wir zusammen mit den deutschen und bolivianischen Kranken- (Kloster-)Schwestern, die in einem Teil der Klinik wohnen. Die Verbindungen nach Deutschland sind gut, es gab Sauerkraut, Lebkuchen und Stollen! Und abends schlenderten wir durchs Städtchen und landeten dann bei einem Bier in unserer Stammkneipe. (Ich hab den Namen vergessen, das kommt davon, wenn man nicht gleich schreibt.) Wir haben auch in der Gegend eine Menge angeschaut: Beispielsweise waren wir im Nachbarstädtchen Villa Abecia bei einem Internat für Mädchen, die auf 42 dem Campo, zu weit weg von einer guten Schule wohnen, ganz herrlich im Grünen gelegen, mit Pool und verschiedenen Tieren, auch von deutschen Ordensschwestern geleitet. Und wir haben Manuela besucht, eine Frau, die ehemals aus Potosi stammt, die die Hanne schon lange kennt und die auf einem ganz einfachen Webstuhl aus Zweigen wunderschöne Taschen und Bänder webt. Manuela mit ihrem Webstuhl Einmal sind wir auch oberhalb von Camargo auf dieser roten Wand gewandert, das sieht von unten so einfach aus, der Weg ist aber nicht so einfach zu finden, weil das alles so zerklüftet ist. Es ist eine sehr interessante, wunderschöne Landschaft. Alles was dort wächst ist ziemlich stachelig: Dornenbüsche und viele verschiedene Kakteenarten, die zu dieser Jahreszeit geblüht haben. Wer also demnächst mal nach Tarija fährt, sollte einen Stopp in Camargo einlegen. Es gibt dort auch einige- wie man mit sagte- sehr nette Hotels. Und im nächsten Monatsblatt schreibe ich über die Wasserprojekte in den Berggemeinden rund um Camargo. Text und Fotos: Barbara Günther 43 So nah und doch so fern: Der „Tuni-Condoriri Nationalpark“ Nicht nur ein Naherholungsziel, sondern eine kulturelle und ökologische Schatzkammer ist der „Tuni-Condoriri Nationalpark“ vor den Toren von La Paz. Neben beeindruckenden, schroffen Gebirgs- und Gletscherformationen, sowie einer faszinierenden Flora und Fauna, bieten sich ungeahnte Einblicke in die Kultur der Aymara. Und auch der praktische Nutzen der Region sollte von den paceños und alteños stärker wahrgenommen werden: ein Großteil ihres Trinkwassers entstammt der Region. Die Sonne nimmt einen letzten tiefen Atemzug und taucht die weißen Schneekuppen des Condoriri und Huayna Potosí in ein flammendes Rot, kurz bevor sie hinter den Berggipfeln versinkt. Die schneebedeckten Berge stehen in Flammen, die sanft geschwungenen Hügel bieten sich gekleidet in herbstlichen Orange- und Brauntönen dar und spiegeln sich in der Oberfläche des tiefblauen Tuni-Stausees. Völlig unbeeindruckt von diesem tagtäglichen Naturschauspiel trotten Dutzende Lamas begleitet von den Hirtenhunden, die laut kläffend um sie herumspringen, in die nächtlichen Unterkünfte. Nur eine kleine Mauer aus Steinen bietet den Tieren Schutz gegen Wind und Kälte. 44 Aus der Vogelperspektive betrachtet wirkt das Dorf Tuni idyllisch, als wäre die Welt hier in Ordnung, „wie noch vor hundert Jahren“, als wäre die Zeit stehen geblieben. Während der idyllischen Abendstimmung scheint nichts zu verraten, dass Tuni der Ausgangspunkt für Trekkingtouren in die Cordillera Real ist, ebenso wie für die Besteigung des 6.088m hohen Huayna Potosí. Noch weniger ist zu erahnen, dass gerade diese Region der Cordillera von der in vielen Regionen Boliviens und ganz Lateinamerikas gravierenden Landflucht geprägt ist. Viele der traditionellen Lehmhäuser stehen leer oder sind bereits verfallen. Die Nähe zur Großstadt ist unter anderem an den ökonomischen Strategien der Bewohner zu bemerken. Viele ehemaligen Altiplano – Bewohner verdienen sich ihren Unterhalt heute in den großen Städten El Alto und La Paz und leben bereits seit einer Generation in der urbanen Umgebung. Wer nicht migriert ist, lebt von der Viehwirtschaft, Ackerbau oder im geringen Maße vom Tourismus. Viele Möglichkeiten sich sein tägliches Brot zu verdienen gibt es auf über 4000 Metern über dem Meer nicht. Kartoffeln und Quinoa werden zur Eigenversorgung angebaut, ein Großteil der Hochgebirgsfläche ist überweidet. Durch die steigende Rohstoffnachfrage auf dem Weltmarkt werden seit kurzer Zeit alte Minen wieder in Betrieb genommen – nicht ohne Auswirkungen auf die Umwelt. Ein Schutzgebiet in dem Bergbau betrieben wird – ein nicht untypischer Gegensatz der bolivianischen Realität. Bereits 1942 wurde die Hochgebirgsregion um den Chacaltaya und den Huayna Potosí durch ein Präsidialdekret als Schutzgebiet ausgewiesen: das sollte die andine Fauna schützen und den Tourismus fördern. Aber was hilft eine legale Grundlage, die nicht aktiv umgesetzt wird? Wie kann nachhaltiger Tourismus in einer schützenswerten Region funktionieren ohne Konzept, ohne Nationalparkverwaltung, ohne Reglementierungen – selten wissen die lokalen Reiseagenturen oder die Touristen mehr über die Region, als dass dort einer der bolivianischen Sechstausender bestiegen werden kann. Ansätze eines ökologischen und sozialverträglichen Tourismus Und was bleibt den Bewohnern der Region anderes übrig als diesen Fakt zu nutzen, als Koch oder Träger zu arbeiten, Mulis zu vermieten, den internationalen Trekkinggruppen gelegentlich ein Mittagessen zu servieren und vielleicht eines Tages als „guía de montaña“ zu arbeiten. Doch es stellt sich einen bitterer Nachgeschmack ein – es kommt das Gefühl auf, dass Tourismus, der die lokale Bevölkerung lediglich für die einfachsten Dienstleistungen bei geringster Bezahlung benutzt, so nicht funktionieren sollte. Und obwohl man diesen Dingen hilflos gegenüber steht, so bleibt doch die Möglichkeit mit dem Machbaren anzufangen. 45 Dazu gehört sicherlich auch, dass das „Tuni-Condoriri“ – Schutzgebiet nicht nur weiterhin auf dem Papier existiert. Denn neben dem Schutz der Biodiversität und der einzigartigen Hochgebirgslandschaft, könnte eine funktionierende Administration das touristische Potenzial der Region erhöhen und neue Tourismusprojekte schaffen – Projekte, die internationalen Richtlinien entsprechen. Nicht nur lokalen Touranbietern und den Gemeinden ist die Attraktivität der Region bekannt, auch internationale Reiseagenturen investieren in neue touristische Projekte. Die Vermarktung der Region hat begonnen, umso wichtiger ist gerade jetzt die Planung und Überwachung der neuen Projekte durch eine zentrale Instanz. Denn Tourismus kann sicherlich als Devisenbringer funktionieren, doch sollte dies nicht auf Kosten des Schutzgebiets geschehen. Dazu gehören auch dessen Bewohner, die Aymara, die aktiv eingebunden werden wollen in den Prozess, die ökologische Schatzkammer vor ihrer Haustür zu erhalten. Auch die Möglichkeit, die Kultur der Aymara in einer anderen Umgebung, als im Grau der Großstädte kennenzulernen, könnte der Multiethnizität Boliviens eine neue Kommunikationsmöglichkeit hinzuzufügen. Denn beim Beobachten und Teilnehmen am Alltag anderer wird häufig deutlich, dass jede Kultur Fähigkeiten besitzt, die eine andere nicht hat und die beeindrucken können. Dieses gegenseitige Kennenlernen der Bolivianer untereinander kann vielleicht auch zu einem besseren Verstehen beitragen. Dies scheint – gerade in Anbetracht der aktuellen politischen Lage – unverzichtbar. Trinkwasserreservoir für La Paz und El Alto Die Hochgebirgsregion ist nicht nur kulturell etwas Besonderes. Buchstäblich atemberaubend sind die fünf- bis sechstausend Meter hoch gelegenen Gletscher der Region. Die schroffen und schneebedeckten Gipfel der Cordillera Real laden ein zu neuen Ausblicken: Wüstenartige Landschaften wechseln sich ab mit grünen Hochtälern, gelblich-braunen Hängen an denen Lamas weiden und kristallblauen Stauseen eingerahmt von schroffen Felsformationen. Auf den ersten Blick wirken die Täler manchmal grau und vielleicht sogar trostlos – nach einigen Stunden in dieser völlig konträren Realität zur Großstadt beginnen wir wieder Feinheiten wahrzunehmen: Feine Unterschiede in Grün – und GrauNuancen. Unsere Augen gewöhnen sich auch wieder an die Feinheiten der Flora und Fauna, die uns dort umgibt. Beeindruckend viele Pflanzen und Tiere machen die ökologische Welt des andinen Hochlandes aus: Gräser, kleinste Flechten und Moose, verschiedenste Vogelarten und Füchse. Die Weite der Landschaft scheint eine Verschwendung nach der städtischen Enge – gerade das ist das Erholsame, das „Atem holen“ und die „Naherholung“. Nicht nur wegen seines hohen Naherholungswertes ist diese Region der Cordillera Real für die Großstädter von Wichtigkeit: ein Großteil des Trinkwassers für La Paz und El Alto entstammt der Region. Aber wie lange noch? Die rapide Gletscherschmelze im Zuge der weltweiten Klimaerwärmung 46 ist auch hier alarmierend. Denn welche Konflikte werden erst zu bewältigen sein, wenn das Trinkwasser nicht mehr ausreicht. Die Ressource Wasser wird in Zukunft sicherlich ein soziales Spannungsfeld sein und schon heute sind die Auswirkungen des Bergbaus auf die Qualität des Trinkwassers unübersehbar, ein Grund mehr, nachhaltigere ökonomische Strategien zu fördern. Insgesamt spielen sich in der flächenmäßig kleinen Region bedeutende Prozesse ab, die beispielhaft sind für ganz Bolivien. Ein bisschen scheint es auch hier, als nützten wir nur Teile einer ganzen Maschinerie, beuten aus, statt eine Gesamtheit zu konstruieren und vergessen, dass die Maschine eines Tages – im besten Fall – stehen bleiben wird. Während sich nun langsam die Dunkelheit über das Dorf Tuni legt und die Lamas gemütlich die letzten Grashalme malmen, wird in den Küchen gemeinsam die abendliche Suppe gegessen. Dazu gibt es den obligatorischen dampfenden Mate mit viel Zucker. Gerade nach Einbruch der Dunkelheit ist es kalt im Hochland. Welche Gedanken gehen wohl durch die Köpfe der Bewohner? Welche persönlichen Probleme beschäftigen sie? Und welche Probleme können wir vielleicht gemeinsam lösen? Anne Broocks* *Anne Broocks beschäftigte sich Ende 2007 im Rahmen eines studentischen ASAProgramms mit den Perspektiven eines ökologischen und ethnologischen Tourismus in der Region Tuni-Condoriri. 47 Johannes Lein – das fotografische Werk Neuerscheinung Johannes Lein verbrachte mit Pausen 19 Jahre in Bolivien – 1939 betrat und fotografierte er das Land zum ersten Mal und 1967 schoss er sein letztes Bild auf bolivianischem Boden. Er fotografierte, was ihm vor die Linse kam, Menschen, Landschaften, Feste, Märkte, Gebäude und Tiere. Als entsandter deutscher Lehrer fiel sein Blick natürlich zwangsläufig auch auf die Deutschen im Lande. Für diese – aber durchaus nicht nur – ist nun von Grel und Matthias Strecker in Zusammenarbeit mit Leins Ehefrau und Freddy Taboada ein Fotoband erschienen, der auf 158 Seiten eine Auswahl der Lein´schen Schwarzweiß-Bilder präsentiert. Die Anliegen des dreisprachigen Buches sind zweierlei: Erstens das fotografische Werk Johannes Leins der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so wie dies schon durch Ausstellungen und Teilveröffentlichungen (u. a. im Monatsblatt) geschah. Und zweitens dem heutigen Zeitgenossen das bolivianische Leben aus dieser Zeit vor Augen zu führen. Darin liegt auch eine der großen Stärken des Fotografen Lein. Er konnte den Indigenas jener Jahre jederzeit über die Schulter sehen, auf ihren Festen, ihren Märkten und oder in ihrem Alltag. Diese Bilder vermitteln auch heute noch die lebendige Nähe eines Familienalbums. Eine weitere Stärke Leins ist der sorgfältige Bildaufbau. Klar und motivzentriert eignen sich die Aufnahmen wunderbar für eine großformatige Veröffentlichung. Die Auswahl der Bilder trägt ein weiteres dazu bei, dass man Fotografen und Herausgebern für Ihren Einsatz danken möchte. Ein 6-spaltiger Einführungstext erzählt von den Umständen, unter diesen die Aufnahmen gemacht wurden, vom Leben des Ehepaars Lein und der Situation der deutschen Schulen La Paz und Oruro. Lein fotografierte im Kleinbildformat und ohne dokumentarischen Ehrgeiz – leider, denn eine fehlende Beschriftung kann auch der größte Herausgeberfleiß nicht herbeizaubern. So musste offensichtlich improvisiert werden und so manche Bildunterschrift hat dadurch eher erheiternden als erhellenden Charakter. Um der Qualität der Fotos entgegenzukommen, hätte man sich im Druck durchaus den Luxus einer zweiten Farbe leisten können, so ist die Tiefe in vielen Bildern verloren gegangen. Die Ausstattung des Bandes macht das Buch von außen zum edlen Blickfang, von innen hat es nicht mehr als Zeitschriftenqualität. Vielleicht geht es in der nächsten Auflage anders herum: Statt Leineneinband und matt laminiertem Schutzumschlag könnte man das Geld besser in festeres Papier und eine haltbarere Bindung stecken. Denn dieses Buch wird eindeutig dank 48 seiner Fotografien überleben und nicht auf Grund seines schicken Einbandes. Matthias Strecker, Grel Aranibar-Strecker, Freddy Taboada (Hrsg): Johannes Lein Un Fotógrafo Alemán en Bolivia (1939-1967) A German Photographer in Bolivia Ein Deutscher Fotograf in Bolivien 158 S., Hardcover, S/W 29,7x27 cm Eigenverlag, La Paz, 2008 Das Buch ist erhältlich bei den Autoren ([email protected]) zum Preis von 200,- BS und bei Arco Iris für 230,- BS, von denen 70,- BS in die Arbeit der Arco-Iris-Initiative fließen. Außerdem ist es in ausgewählten Buchläden zu beziehen. Franziska Sörgel 49 Gemeinsames Entwicklungszusammenarbeit(EZ)-Haus in La Paz eingeweiht – mit dem Segen des Yatiri Am 6. Februar weihte BMZ-Staatssekretär Erich Stather in San Miguel (Zona Sur) das neue gemeinsame Haus von GTZ, CIM, KfW, DED und InWEnt ein. Um den Segen der Pachamama für das neue Haus bat ein Yatiri in einer traditionellen Zeremonie („mesa“). Anwesend waren auch GTZ-Geschäftsführer Wolfgang Schmitt, die Büroleiter und Landesdirektoren der genannten EZInstitutionen sowie der Direktor des EZ-Komitees bei der OECD, Eckhard Deutscher, der Geschäftsführer der DEG, Winfried Polte, KfW-Bereichsleiter Helmut Gauges, Botschafter Erich Riedler und zahlreiche bolivianische Ehrengäste sowie Vertreter anderer EZ-Organisationen in Bolivien. In einer Feierstunde hoben die Festredner die Bedeutung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in Bolivien hervor. Sie betonten zudem, dass die schon in der Vergangenheit erfolgreich praktizierte enge Zusammenarbeit durch das gemeinsame EZ-Haus nun auch nach außen hin deutlicher sichtbar sei. Bis auf den DED waren die deutschen EZ-Organisationen auch bislang schon in einem gemeinsamen Haus in La Paz untergebracht. Der eigentliche Umzug in das neue Haus wird aber erst Anfang März stattfinden. Das gemeinsame Haus befindet sich übrigens in der Calle 21 Nr. 17., direkt gegenüber der Tankstelle. Die Delegation unter Leitung von Staatssekretär Stather war in den Tagen vor der Eröffnung durch den Chaco (Camiri und Villamontes) gereist. Dort informierte sie sich über die gemeinsame und erfolgreichen Planung und Umsetzung der deutschen EZ-Vorhaben. Auch für einen Besuch in das gemeinsam von GTZ und KfW geförderte Naturschutzvorhaben am Sajama blieb Zeit. Auf dem Weg dorthin besichtigte die Delegation im Dorf Patacamaya die Arbeit eines durch die Niederlande „kombifinanzierten“ Energieprojektes der GTZ. Und neben Projektbesuchen und Hauseinweihung blieb auch noch Zeit für ein ausführliches Gespräch mit Evo Morales, der die hohe Wertschätzung der bolivianischen Regierung für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zum Ausdruck brachte. 50 (v.l.n.r.) Christian Olk von der Deutschen Botschaft in La Paz, DEDLandesdirektor Hans Schoeneberger, GTZ-Büroleiter Martin Homola, BMZStaatssekretär Erich Stather, KfW-Büroleiter Frank Bellon und der Deutsche Botschafter Erich Riedler. Fotos: Fernandez Martin Homola 51 Botschaft der Bundesrepublik Deutschland La Paz 05. Februar 2008 Embajada de la República Federal de Alemania Pilotprojekt des Auswärtigen Amtes zum Krisenmanagement Die Deutschenlisten sind wesentlicher Bestandteil des Krisenplanes einer jeden deutschen Botschaft und Grundlage aller Arbeiten des Auswärtigen Amts zur Krisenbewältigung. Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Erstellung und Pflege der herkömmlichen Deutschenlisten erhebliche Arbeitsbelastung darstellen und personelle Kapazitäten binden. Leider sind die Listen meist nicht aktuell, da sich zwar viele (aber bei weitem nicht alle) Deutsche in die Listen eintragen, es dann aber bei ihrem Wegzug versäumen, sich „abzumelden“ bzw. ihre Daten löschen zu lassen. Um künftig ein gezieltes Krisenmanagement auf Basis aktuellerer Deutschenlisten betreiben zu können, hat das Auswärtige Amt eine Software zur elektronischen Erfassung von Auslandsdeutschen („ELEFAND“ – kein Schreibfehler….) entwickelt. Damit können diese künftig ihre Daten selbst über das Internet auf der Homepage der für sie zuständigen deutschen Botschaft oder Generalkonsulat eingeben und auch aktualisieren. Die Botschaft La Paz ist neben den Botschaften Abidjan, Addis Abeba, Lomé und Washington sowie den Generalkonsulaten in Miami, Istanbul und St. Petersburg als Pilot-Vertretung für die Probephase von ELEFAND vorgesehen. Das System ist funktionsfähig und muss nun unter realen Bedingungen getestet werden (bis Ende März 2008). Die Botschaft möchte Sie nun herzlich bitten, uns in der Testphase zu helfen und sich einmal direkt online in die neue elektronische Deutschenliste einzuwählen und sich in die Deutschenliste einzutragen. Hierzu rufen Sie bitten folgende Webseite auf (leider derzeit noch etwas lang….): http://service.diplo.de/registrierungav/registration.do?missionname=LAPA Nun, letztlich wurde diese Software auch für Sie entwickelt. Es wurde bewusst keine Bedienungsanleitung erstellt, da solche nur in seltenen Fällen gelesen werden und ebenfalls getestet werden soll, ob das Programm aus sich heraus verständlich ist. Nach Registrierung wählen Sie dann in der Eingabemaske im Feld „Vertretung“ Ihre entsprechende Botschaft aus. Die Botschaft dankt Ihnen für Ihr Verständnis und Ihre Mitarbeit. Für Rückmeldungen und konstruktive Kritik sind wir dankbar. 52 Nachgefragt Seit einem Jahr gibt es die Visumspflicht für Bolivianer. Wie sind die bisherigen Erfahrungen? 5 Fragen von Manuel Lins an Gerhard Manderla, Leiter des Rechts- und Konsularreferats bei der Deutschen Botschaft La Paz. MoBla: Manderla: MoBla: Manderla: MoBla: Manderla: MoBla: Manderla: MoBla: Manderla: MoBla: Wie viele Visa-Anträge bekommt die Deutsche Botschaft La Paz? Um welche Art von Visa handelt es sich? Wir haben durchschnittlich etwa 150 Visa-Anträge pro Monat, von denen die meisten für Besuchsaufenthalte, Geschäftsreisen und berufliche Fortbildung im Rahmen unserer Entwicklungszusammenarbeit sind. Wie lange dauert es im Normalfall, bis das Visum erteilt ist? Visa bis zu 90 Tagen Aufenthalt entscheidet die Botschaft allein; diese Visa werden in der Regel innerhalb von 24 Stunden ausgestellt (...wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen...). Visa für längerfristige Aufenthalte ab drei Monaten werden ausschließlich von den deutschen Ausländerbehörden erteilt, d.h. die Botschaft kann ein derartiges Visum nur mit deren Zustimmung ausstellen. Die Bearbeitungsdauer variiert stark und kann durchaus bis zu acht Wochen betragen. Normal sind allerdings vier bis sechs Wochen. Welches sind die häufigsten Probleme und Hindernisse? Die häufigsten Probleme sind unvollständige Unterlagen (fehlende Krankenversicherung usw.), mangelnde Organisation (man kommt erst am Tage vor dem Abflug) oder ganz einfach unrealistische Vorstellungen (6 Monate Tourismus). Gibt es noch andere Besonderheiten? Wir erteilen hier in La Paz von allen Schengen-Botschaften die Visa am schnellsten (innerhalb eines Tages, in eiligen Fällen auch schon einmal morgens rein, mittags raus). Bei den anderen VisaStellen dauert es sehr viel länger (z.B. Spanien zehn Tage bis drei Wochen, Italien eine Woche). Um dies zu umgehen, kommen recht viele Antragsteller zu uns, die eigentlich in der EU bzw. in den Schengen-Staaten irgendwo anders hin wollen, und erzählen uns wundersame Geschichten, legen gefälschte Unterlagen vor etc. Oft wird auch versucht, als Tourist ein Visum zu erhalten mit einer „gebuchten“ Tour (wie z.B. acht Tage Urlaub in Frankfurt im Januar...) und dann auf dem Rückweg zufällig noch einige Tage in Spanien… (und ward nie wieder gesehen). Was macht die Deutsche Botschaft La Paz, wenn ihr derart seltsame Unterlagen vorgelegt werden? Das deutsche Ausländergesetz und die Schengen-Vorschriften sind in solchen Fällen eindeutig: Das Visum muss abgelehnt werden. Wir danken Ihnen für dieses Gespräch! 53 Die Lösungen zum Artikel: “Rechtschreibreform jetzt verbindlich” aus Monatsblatt 4-2007 Alle Tücken der neuen Rechtschreibung verbargen sich in diesem Text. In Klammern die zutreffende Schreibweise. Freddy Auch mit Mitte Siebzig (siebzig) war Freddy noch ein echtes As (Ass)! So konnte er beispielsweise Welt berühmte (weltberühmte) Sonaten in A-Moll (aMoll) pfeifen und sich eine Viertel-Stunde (Viertelstunde/viertel Stunde) lang Tod stellen (tot stellen). Schon als 8jähriges (8-jähriges/achtjähriges) Kind verfügte Freddy über erstaunliche Potentziale (Potentiale/Potenziale), die er später weiter entwickelte (weiterentwickelte). Immer schon war er ein (behändes) Kerlchen gewesen, das einfach nicht klein zu kriegen (kleinzukriegen) war und das stundenlang Eis laufen, Kopf stehen und Rad fahren konnte – von morgens Früh bis Spät (früh bis spät). Durch seine enorme Energie kam ihm sein Leben schnellebiger (schnelllebiger) als das seiner Mitmenschen vor, doch daran war schließlich nicht er Schuld (schuld)! Für Einige (einige) war er einfach nur ein 100%-iger (100%iger/100-prozentiger) Spinner. Andere fanden sein umtriebiges Verhalten zum Ausderhautfahren (Aus-der-Haut-Fahren), da Freddy all ihre klein karierten (kleinkarierten) Vorstellungen von einem würdigen Alten zunichte machte (zunichtemachte). Am Vorabend seines 80. Geburtstags kam es sogar soweit (so weit), dass Freddy in einer Mond beschienenen (mondbeschienenen) Nacht auf die schmutziggraue (schmutzig graue), zwei meterhohe (zwei Meter hohe) Wand eines Imbisses in der Nachbarschaft stieg. Dort fiel es ihm ein, aus lautem Halse selbst vertonte Grimmsche (Grimm’sche/grimmsche) Märchen kund zu tun (kundzutun) und von Sagen umwobenen (sagenumwobenen) Fabeltieren zu erzählen. Michéle Martinic 54 Vorstellung des neuen Schulleiters der Deutschen Schule La Paz, Dieter Stolze Inzwischen kennen mich sicher auch bereits viele Leser des Monatsblattes der Deutschen Kulturgemeinschaft. Für die anderen stelle ich mich auch hier gerne noch einmal vor. Ich habe als Nachfolger von Herrn Dr. Droste im Januar 2008 die Leitung der Deutschen Schule La Paz übernommen. Nein, ich bin kein Berliner! Ich bin Hamburger! Wenn auch nicht gebürtig, aber aufgewachsen und zur Schule gegangen bin ich in Hamburg. Hier habe ich studiert, hier habe ich meine Frau kennen gelernt und viele Jahre gearbeitet. Das prägt, da bilden sich Wurzeln, und wenn die Sonne scheint ist Hamburg für mich die schönste Stadt. Warum dann umziehen, weg von Hamburg, noch dazu ins Ausland? Unglücklicherweise scheint die Sonne in Hamburg eher selten ... Nein, das war natürlich nicht der Grund. Die Möglichkeit einige Zeit im Ausland zu leben und zu arbeiten, neue Menschen kennen zu lernen, Erfahrungen zu sammeln, den eigenen Horizont zu erweitern, hatte für mich schon als junger Lehrer eine große Faszination. Nach Brüssel (1982-1987) und Stockholm (1998-2003) ist La Paz nun meine dritte Auslandsvermittlung. Im Dezember bin ich „nur noch“ mit meiner Frau nach Bolivien gezogen. Unsere beiden erwachsenen Kinder leben und arbeiten in Stockholm und München. Südamerika kannte ich bis dahin noch gar nicht. So ist für mich diesmal nicht nur die Sprache neu. 55 Dass es wieder eine Begegnungsschule ist, freut mich besonders. Hier lernen Kinder und Jugendliche, die aus mindestens zwei verschiedenen Kulturen stammen, miteinander und voneinander. Im besten Fall nicht nur Deutsch, Mathematik und die anderen wichtigen Fächer, sondern auch Respekt und Toleranz. Bildung ist längst international geworden. Schul- und Universitätsaufenthalte in anderen Ländern sind nichts Außergewöhnliches mehr. Eltern suchen für ihre Kinder eine gute internationale Schulausbildung. Eine Begegnungsschule kann da ein guter erster Schritt sein. Meine ersten Eindrücke vom Land, seinen Bewohnern und der Deutschen Schule sind überwiegend positiv! Freundlichkeit und die Hilfsbereitschaft sind sehr groß, das Klima in der Schule, soweit ich das nach der kurzen Zeit beurteilen kann, offen und freundlich. Schüler, Eltern, Kollegium und Verwaltung leisten eine sehr gute Arbeit! Die Tätigkeit als Schulleiter an der deutschen Schule hier in La Paz ist für mich eine ganz neue Herausforderung. Der griechische Philosoph Demokrit sagt: „Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“ Dazwischen, das sagt nicht Demokrit, sondern meine Lebenserfahrung, liegen Arbeit, Mühe, Beharrlichkeit und gute Mitstreiter an der Seite. Ich freue mich auf die neue Aufgabe und die kommende Zeit in Bolivien. Dieter Stolze 56 DS La Paz – wir kommen! 23. November 2006, 20:06 h Sehr geehrter Herr Winkel, die DS La Paz / Bolivien sucht zum 26.01.2008 einen Leiter der deutschen Berufsschule im Ausland. Bitte teilen Sie mir bis Mitte Januar mit, ob Sie an der Stelle interessiert sind. Mit freundlichen Grüßen Dr. Hermann – Josef Droste Schulleiter Warum sollten wir bis Mitte Januar warten? Wir, Luz Müller und Jürgen Winkel, waren uns sofort einig, nicht erst bis Januar zu warten. Nach der Beantwortung einiger Fragen über die politischen Umstände in Bolivien, die Situation des Comercios und das Verhältnis der Bolivianer zu Chilenen sagten wir zwei Tage später Dr. Droste zu. Warum die Frage zum Verhältnis Bolivianer und Chilenen? Ganz einfach, Luz ist Chilenin. Jürgen lernte Luz bei seinem ersten Auslandsaufenthalt von 1998 57 bis 2003 in Santiago de Chile kennen. Er unterrichte dort während den ersten 4 Jahren an der Deutschen Kaufmännischen Berufsschule als ADLK kaufmännische Fächer und leitete in seinem letzten Jahr die Schule kommissarisch. Ende 2003 fand die Hochzeit statt und Luz folgte Jürgen ins Saarland. Deutschland war ihr nicht ganz unbekannt, hatte sie doch schon früher 9 Jahre mit ihrer Tochter in der Nähe von Frankfurt gelebt und in Königsstein/Main Taunus als Kosmetikerin gearbeitet. Zurück in Deutschland war es für Jürgen klar, dass er bei der ersten Gelegenheit wieder eine Aufgabe im Ausland übernehmen wollte. Seine Bewerbung als Studiendirektor an der Kaufmännischen Berufsschule in Trier zog er deshalb sofort zurück als das Angebot von La Paz kam. La Paz und die Deutsche Schule waren Luz und Jürgen nicht unbekannt. Bei einer Bolivien – Peru – Reise im Februar 2002 hatten sie bei einer Stadtrundfahrt in La Paz die Deutsche Schule zumindest von außen gesehen Schon damals waren sie von der Architektur der Schule und der Bergkulisse begeistert und Jürgen meinte: „Man weiss ja nie, was noch kommen kann.“ Mit der Vertragszusage im April 2007 durch den Schulvorstand freuten sich auch die beiden Töchter von Jürgen, wussten sie doch vom ersten Auslandsaufenthalt ihres Vaters, dass sie den südamerikanischen Kontinent in den Semesterferien weiter erkunden können. In der Schule übernahm Jürgen die Leitung der Deutschen Berufsschule und er startete mit 5 Schülerinnen und Schülern im Comercio I. Darauf lässt sich aufbauen!!! Die Betreuung durch die Kollegen während der Vorbereitungsphase und in den ersten Wochen in La Paz war so herzlich, das Verwaltungspersonal war so hilfreich, dass wir uns sofort wohl fühlten. Dafür ein „muchas gracias“ Luz Müller und Jürgen Winkel 58 VORSTELLUNG: ANTJE STEIN Wieder ein neues Gesicht an der deutschen Schule! Wer ist diese blonde Frau? Wo kommt sie her und warum ist sie nach La Paz gekommen? Diese Fragen will ich nun so gut es geht beantworten und mich vorstellen. Ich, Antje Stein, stamme ursprünglich aus Marburg, bin aber nach dem Abitur nach Frankfurt am Main gezogen, um dort Deutsch, Soziologie und Politik sowie Arbeitslehre zu studieren. Bereits während des Studiums wäre ich gerne ins Ausland gegangen, doch leider war dies aufgrund meiner Fächerkombination nicht möglich. Nach dem ersten Staatsexamen habe ich jedoch sofort meine Sachen gepackt und bin drei Monate lang durch Neuseeland gereist. Pünktlich zu Beginn des Referendariats traf ich wieder in Deutschland ein und machte meine praktische Ausbildung an einem ganz gewöhnlichen Gymnasium in der Frankfurter Innenstadt. In der Frankfurt Rundschau entdeckte ich eines Tages mehrere Stellenangebote deutscher Schulen und brachte nach einigen Recherchen in Erfahrung, dass auch nicht verbeamtete Lehrer im Ausland arbeiten können. Im Frühjahr 2003 ließ ich das Auswahlverfahren im Kölner Bundesverwaltungsamt über mich ergehen und erhielt bereits wenige Tage später einen Brief mit der Nachricht, ich könne eine Stelle in der Stadt Margilan in Usbekistan annehmen. Aha. Margilan? Usbekistan? Drei Tage hatte ich Bedenkzeit. Für mich stand nach dem Gespräch mit meiner Vorgängerin und etlichen Informationen aus Reiseführern und dem Internet fest: Ja, dieser Aufgabe werde ich mich stellen; dorthin werde ich gehen. Die Zeit in Usbekistan war schön und schwierig zugleich: An der Schule wurde russisch gesprochen, was ich anfangs überhaupt nicht konnte, wir waren nur zwei Deutsche, machten den gesamten Fremdsprachenunterricht ab der 8. Klasse und nahmen den 11. Klässlern das Sprachdiplom der Stufe II ab. Morgens gab es meist kein Wasser, der Strom war fast immer abgeschaltet, die Heizung nur im Dezember und Januar lauwarm, den schriftlichen Teil des Sprachdiploms legten die Schüler in Mützen, Schals und Handschuhe (!) gepackt ab. Der finanziellen Armut stand die Fröhlichkeit und Gastfreundlichkeit der Menschen gegenüber. Jedes Wochenende wurde irgendwo ein Fest mit Bergen von Essen und ausgelassen tanzenden Gästen gefeiert. Als ich im Sommer 2005 nach Deutschland zurückkam, hatte ich großes Heimweh nach meinen fleißigen Schülern, den lieben Kollegen, meinen Freunden, den riesigen Wassermelonen, den Aprikosen, Mandeln, dem Pamirgebirge, den Eseln und Pferden auf der Straße,… Ich hatte eine Stelle an einer Realschule in Dingolfing (Niederbayern) angenommen und war unverhofft wieder im Ausland gelandet: In den ersten Monaten hatte ich große Mühe, den bayerischen Dialekt meiner Schüler und Kollegen zu verstehen. Aber auch in Dingolfing fühlte ich mich nach kurzer Zeit heimisch. Warum bin ich nun hier in La Paz? Dafür gibt es nur einen Grund: Vor meiner Verbeamtung wollte ich noch einmal „raus“ und mir einen vollkommen anderen Teil der Welt ansehen. 59 Im Sommer werden mein Freund und ich in Deutschland heiraten () und in zwei Jahren werden wir wohl nach Hessen zurückkehren, um uns dort häuslich niederzulassen. Auf die Zeit hier in Bolivien bin ich sehr gespannt! Ich hoffe, dass ich viel über Bolivien erfahre und schon bald besser spanisch spreche, denn nur so werde ich Land und Leute wirklich verstehen können. Außerdem möchte ich natürlich meine Spuren in der Schule hinterlassen, guten Unterricht machen und meinen Schülern viel beibringen. Mein größter Wunsch ist allerdings, dass mein Freund so bald wie möglich nachkommt! Antje Stein (32) Lehrerin & Marcus Ostrowski (33) Meister für Bäderbetriebe 60 Bolivien macht süchtig... ... das ist ein Satz, der sich bewahrheitet hat. Das erste Mal kam ich 2001 durch einen Pfadfinderaustausch nach Bolivien. Es war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Aber es sollte, wie auf dieser Reise prophezeit wurde nicht der einzige Besuch bleiben. In den darauf folgenden Jahren kam ich noch sechs weitere Male hierher: meist als Tourist, aber auch als Praktikantin der Sonderschule des IDAI. Mit der Weile war es nicht mehr nur die Sucht nach Bolivien, sondern auch die Liebe. Jetzt bin ich seit Oktober im schönen La Paz. Aber eigentlich sollte ich besser wir sagen, denn ich lebe hier mit meinem Freund, der zwischendurch auch in Deutschland studiert hatte. Da wir jetzt schon einige Zeit hier sind, haben wir uns an die Höhe gewöhnt und uns wieder eingelebt. Daher kann jetzt auch die Arbeit losgehen. Dieses Jahr gebe ich mein Bestes, um im Kindergarten der Deutschen Schule, Kindern aus bilingualen Ehen die deutsche Sprache zu vermitteln. Ja, und vielmehr gibt es auch gar nichts zu sagen. Ich freue mich auf eine wunderbare Zeit! Sinja Hoffmann 61 Nicht verwechseln! iPod Ei-Pott Manuel Lins 62 Ein Ausblick auf Ausstellungen des Goethe-Instituts La Paz Charlotte Salomon - "Leben oder Theater?" Eine Autobiographie in Gouachen. Charlotte Salomons Gouachen stellen, einem Tagebuch ähnlich, ein außerordentliches historisches Zeugnis dar. Diese Bilder spiegeln das tragische Schicksal eines jüdischen Mädchens wider; geboren in einer gutbürgerlichen Familie, die sich immer deutlicher mit den Schrecken des Nazi-Regimes konfrontiert sieht. Bis kurz vor ihrer Deportation und Hinrichtung in Auschwitz schuf Salomon ein Gesamtwerk von mehr als tausend Bildern, die sie unter dem Titel "Leben oder Theater?" zusammenfasste. Die Ausstellung zeigt einen Teil dieser bewegenden Facsimiles, die uns auf ähnliche Art und Weise wie das Tagebuch der Anne Frank anhand eines Einzelschicksals den Schrecken dieser Epoche deutlich machen. wann: Mittwoch, 5. März – Mittwoch, 26. März 2008 Montag – Samstag 9.00 – 12.30 Uhr und 15.00 – 19.00 Uhr Sonntag 9.00 – 12.30 Uhr wo: Museum für Ethnographie und Folklore (calle Ingavi 916) Freier Eintritt Günter Grass – „Der Butt“ 25 Radierungen zum Buch „Der Butt“ Der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass feierte im letzten Jahr seinen 80. Geburtstag. In Kooperation mit der Casa de la Cultura präsentiert das GoetheInstitut La Paz 25 Radierungen von Günter Grass zu seinem 1977 verfassten Roman „Der Butt“. In diesem Roman erinnert der Ich-Erzähler während der Schwangerschaft seiner Frau Ilsebill in neun einzelnen Monats-Kapiteln an Episoden aus der Geschichte der europäischen Zivilisation. Diese sind exemplarisch auf den Danziger Raum, wo Günter Grass geboren wurde, bezogen und erstrecken sich zeitlich von der Eiszeit bis zur Arbeiterrevolte von Gdansk im Jahr 1970. wann: Montag, 7. April – Freitag, 25. April 2008 Montag – Freitag 9.30 – 12.30 Uhr und 15.00 – 20.00 Uhr wo: Casa de la Cultura (calle Mcal. Santa Cruz esquina Potosí) Freier Eintritt 63 Subjektive Fotografie Der deutsche Beitrag 1948 - 1963 Diese Ausstellung des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. (ifa), die von J.A. Schmoll gen. Eisenwerth kuratiert wurde, stellt anhand von 165 Originalfotografien den deutschen Beitrag zur subjektiven Fotografie vor, einer internationalen Strömung zwischen den Jahren 1948 und 1963. Die Traditionslinien dieser Strömung reichen bis zur Bauhaus-Fotografie der 20er Jahre zurück und auch heute verstehen sich viele Fotografen noch als in dieser Tradition stehend. Nicht die objektive Wiedergabe der Wirklichkeit ist es, die die subjektive Fotografie anstrebt, sondern deren bildhafte Deutung, deren persönliche Interpretation durch subjektive Bildvorstellungen. Ergebnis ist eine formbewusste Strukturfotografie in Schwarz-Weiß mit betont graphischen Werten. wann: Mittwoch, 14. Mai – Sonntag, 1. Juni 2008 Dienstag bis Samstag 9.00 – 12.30 Uhr und 15.00 – 19.00 Uhr, Sonntag 9.00 – 12.30 Uhr wo: Museo Nacional de Arte (calle Comercio y Socabaya) Freier Eintritt 64 Anzeige: 65 Kulturelle Veranstaltungen März – Juli 2008 27.03.2008 Florian Wiek (Piano) und Daniel Petrovitch (Cello) spielen Beethoven Klavierkonzert Nr. 5, Emperator – Haydn Cellokonzert Nr.1 Ort: Auditorium Goethe Institut Uhrzeit: 19:30 7.06.2008 Día de la Beca Ort: Goethe Institut, Av. Arce esq. Campos Uhrzeit: 10:00 – 15:00 10. oder 11.07.08: Trio Soli Sono Flötentrio aus Aachen Ort: Centro Sinfónico, Calle Ayacucho Vorankündigung: Boogie-Woogie-Konzert Axel Zwingenberger und Frank Muschalle Trio DAS Musik-Event 2008!!! Änderungen vorbehalten. Für genaue Information bitte an Helen Bender, Kulturabteilung Deutsche Botschaft, unter 2440066 wenden. 66 Terminplan der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Deutscher Sprache in Bolivien 14.-16.03.08, Fr.-So. Santa Cruz u. Cochabamba Ostergottesdienste 21.03.08, Fr. 10.30 Uhr Karfreitagsgottesdienst 23.03.08, So. 10.30 Uhr Ostergottesdienst mit A. anschließend Osterfrühstück Jeder bringt etwas mit, was er mit anderen teilen möchte 06.04.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst 17.04.08, Do. 16.00 Uhr Recreacion in der Kirche 05.-06.04.08 Sa. + So Konfirmandenwochenende 09.04.08, Mi. 20.00 Uhr Gesprächskreis im Pfarrhaus 12.04.08, Sa. 19.30 Uhr Musik aus Renaissance u. Barock, instrumental und vokal, aus Europa und Bolivien in der Kirche 14.04.08, Mo. 20,00 Uhr GKR 19.04.08, Sa. 19.30 Uhr Mozart: Krönungsmesse Chor der Universidad del Valle Cochabamba in der Kirche 20.04.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst mit A. Generalhauptversammlung Wichtig für alle Gemeindemitglieder, die an der Zukunft unserer Gemeinde mitbauen wollen 20.04.08, So. 12,00 Uhr (in der Kirche) 04.05.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst 12.05.08, Mo. 20.00 Uhr GKR 67 14.05.08, Mi. 20.00 Uhr Gesprächskreis im Pfarrhaus 15.05.08, Do. 16.00 Uhr Recreacion 17.-18.05.08 Sa+So Konfirmandenwochenende 18.05.08, So. 10.30 Uhr ök. Pfingstgottesdienst im Freien 25.05.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst 07.-08.06.08 Sa+So Konfirmandenwochenende 08.06.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst 09.06.08, Mo.20.00 Uhr GKR 11.06.08, Mi. 20.00 Uhr Gesprächskreis im Pfarrhaus 12.06.08, Do. 16.00 Uhr Recreacion in der Kirche 22.06.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst mit A. 21.06.-20.07.08 Winterferien Schulferien 06.07.08, So. 10.30 Uhr Gottesdienst Gemeindepräsidentin: Pastor: Claudia Kuruner Tel. 2416118 Christian von Wangelin Tel. 2414645 Martin-Luther-Kirche: Sánchez Lima esq. Rosendo Gutiérrez Casilla 2851 La Paz/Bolivien Tel. 2419619 Iglesia Luterana de Habla Alemana en Bolivia (IELHA) www.ielha.de 68 Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde deutscher Sprache Termine der Gottesdienste in der Kapelle der Schwestern Calle Fernando Guachalla, Ecke 6 de Agosto Messe 29.03.2008, 19.00 Uhr Messe 26.04.2008, 19.00 Uhr Messe 31.05.2008, 19.00 Uhr Messe 28.06.2008, 19.00 Uhr Messe 26.07.2008, 19.00 Uhr 69 Zweite Hand Verkaufe: Zwei Luftbefeuchter (amerikan. Vaporizer) für je 100 Bs. Dr. Annette Steinich, Tel.2792029 Suchen: Babykleider und Kinderspielzeug für das Kinderkrankenhaus La Paz, Alste-Maria Raffel, Tel.2795912 Verkaufe: Spannungswandler für den Einsatz im Auto (12V auf 220V) für 550 Bs. Dr. Annette Steinich, Tel.2792029 Verkaufe: PC Pentium 4 (2 GHz), 768 MB Arbeitsspeicher, TV-Karte PAL, DVD-Brenner, ZIP-Laufwerk, 80 GB Festplatte, Firewire Karte, USB 2.0, Logitech Tastatur (deutsch) und optischer Microsoft Maus sowie HP Scanner Scanjet 4400color (ohne Monitor) Betriebssystem Windows XP Home mit CD und Key(deutsch) sowie Office 2003 für 250 USD Werner Preiss, Tel. 2713796 70