Liebe Leserinnen, liebe Leser
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Liebe Leserinnen, liebe Leser
Inhalt Themen In eigener Sache Einladungen Los Amigos del Libro (Nachruf auf Werner Guttentag) Titel Bolivien stimmt positiv über die neue Verfassung ab und bestätigt seine interne Spaltung Las Lineas Maestras de la Constitución Presseschau zur Verfassung Politik Boliviens Bergbau ächzt unter der Weltwirtschaftskrise Das „weltwärts“-Programm des DED Serie Das Bundesland Niedersachsen Das Bundesland Bremen Laboratorios Droguería INTI S.A. Computer & Co.: SSD-Speicher bald als Festplattenersatz? Kultur Ewige Jungs-Abenteuergeschichten aus Bolivien von Friedrich Ahlfeld Da war doch mal was... Reise Wandern am Ende der Welt De vuelta Aktuelles Bekanntmachung für Deutsche zur Wahl zum Europäischen Parlament 2009 Pilotprojekt des Auswärtigen Amtes zum Krisenmanagement Symposium zum 30. Jahrestag des ÖkologieInstituts in La Paz Ja wo laufen sie denn? – Eine neue sportliche Höchstleistung aus Bolivien Neue Ein neuer Pfarrer für die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde Vom Hafen des Friedens nach La Paz Glückstag 29. Februar 2008 Schule Philipps-Universität Marburg besucht Deutsche Schule La Paz Neuigkeiten von der Dualen Ausbildung Mischmasch Refrescos Finanzmarktkrise mal anders gesehen Veranstaltungen Goethe-Institut La Paz Mitteilungen der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Deutscher Sprache in Bolivien 1 Seite 3 3 4 9 14 17 21 25 26 32 39 42 45 47 48 58 62 63 64 66 69 72 74 76 78 81 84 85 88 Zweite Hand Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde deutscher Sprache Anzeigen 89 90 Monatsblatt des CCA Herausgeber: Deutsche Kulturgemeinschaft, Centro Cultural Alemán (CCA) Büro: Deutsche Schule La Paz - Colegio Alemán La Paz Zuständig: Lic. Miguel Angel Lazarte Tel.: 2671002 Fax: 2-711527 Casilla: 8718 e-mail: [email protected] La Paz - BOLIVIEN Redaktion: Manuel Lins Tel. 2713361 [email protected] Franziska Sörgel Tel. 2710281 [email protected] Dirk Hoffmann Tel. 2711724 [email protected] Werner Preiss Tel. 2792029 [email protected] Dr. Hans Schoeneberger Tel. 2771055 [email protected] Auflage: 400 Stück Artikel und Leserbriefe richten Sie bitte an die Redaktionsmitglieder oder das Postfach des CCA, 8718. Die Redaktion behält sich vor, Artikel und Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen. Artikel und Leserbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Anzeigen bitte als hardcopy und softcopy an das Büro des CCA senden. Die einzelnen Artikel des Monatsblatts und eine Gesamtfassung können von der Webseite www.cca-monatsblatt.org herunter geladen werden. Redaktionsschluss für das Monatsblatt 2-2009(Juni) ist der 31.05.2009 2 Liebe Leserinnen, liebe Leser, das neue Jahr, in dem wir Sie wieder sehr herzlich als unsere Leser begrüßen dürfen, hat gleich einen schwungvollen Start genommen. Die neue politische Verfassung Boliviens ist im Volksentscheid angenommen worden und nun auf dem Weg, umgesetzt zu werden. Die Diskussionen darüber, ob sie nun gut, schlecht oder verbesserungsbedürftig ist, werden dadurch nicht verstummen. Das Monatsblatt hat verschiedene Personen und Organisationen um ihre Meinung zur Konstitution gebeten; kontroverse Standpunkte waren dabei nicht nur zu erwarten, sondern ausdrücklich erwünscht. Das Ergebnis finden Sie in den Beiträgen zu unserem Titelthema. Welche Folgen die neue staatliche Basis zeitigen wird, bleibt abzuwarten. Unsere Bundesländer-Serientäter haben wieder zugeschlagen. Der Schwerpunkt liegt diesmal im Norden. Niedersachsen und Bremen werden in diesem Heft auf derart ansprechende Weise präsentiert, dass man umgehend Lust bekommt, einfach mal hinzufahren. Um an solch interessante Artikel zu kommen, greifen die Mitarbeiter des Monatsblattes bisweilen zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Der Autor eines der Länderartikel musste erst mit einheimischen EchinaceaTropfen „bestochen“ werden, ehe er sich an die Tastatur seines Computers setzte. Sie sehen, wir scheuen weder Kosten noch Mühen, um Ihnen ein abwechslungsreiches Blatt zu bieten. Und so sind wir gereist, haben Bücher gelesen, Festplatten aus dem Fenster geworfen und was nicht noch alles sonst, und das alles nur für Sie, unsere verehrten Leserinnen und Leser! Darauf können Sie schon ein bisschen stolz sein. Die Redaktion Einladung des CCA An dieser Stelle möchten wir alle Mitglieder des CCA zur Generalversammlung 2009 am 24. April um 19:00 Uhr in das Restaurant und Cafe Vienna, Calle Federico Suazo 1905 ganz herzlich einladen. Am 28.März findet außerdem unser Jahresempfang für alle Mitglieder des CCA statt. Ort: Deutscher Club (Achumani) Zeit: 10:30 Uhr 3 Los Amigos del Libro – die Liebe zum Buch Werner Guttentag starb Anfang Dezember 2008 in Cochabamba, im Alter von 88 Jahren. Das ist Anlass, sein Leben und Werk im Monatsblatt der Deutschen Kulturgemeinschaft zu würdigen, hat er doch das kulturelle Schaffen in Bolivien wesentlich gefördert, was die Produktion von Literatur angeht. In den folgenden Ausführungen stütze ich mich vor allem auf drei Quellen: die Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Buchhandlung und des Verlages „Los Amigos del Libro“ (1995), einen Nachruf, der in La Razón, La Paz, erschien und schließlich seine Rede, die er anlässlich der Auszeichnung mit dem Doktor h.c. in der Universidad Mayor San Simón, Cochabamba, im Mai 2003 hielt und die im Bolivian Studies Journal (Urbana-Champaign, USA, Vol. 10, 2003) abgedruckt wurde. Guttentag wurde 1920 in einer jüdischen Familie in Breslau geboren. Von seinen frühen Jahren in Europa ist wenig veröffentlicht. Die Schule konnte er zu seinem Leidwesen nur bis zur achten Klasse besuchen, was auf die politischen Umstände im damaligen Nazi-Deutschland 4 zurückzuführen war. Sein Vater wurde nach Buchenwald deportiert, sodass er anfangen musste zu arbeiten. Bereits im Alter von 12 Jahren schloss er sich einer Jugendbewegung an, die 1933 verboten wurde und deren Mitglieder im KZ oder im Exil landeten. 1937 schickte ihn seine Familie nach Holland in ein Ausbildungslager von jungen Flüchtlingen. 1939 wanderte er nach Bolivien aus und kam nach Cochabamba. In seinem Gepäck: eine Schreibmaschine, ein Buch von Dostojewski und ein Fahrrad (bezeichnend für seinen bescheidenen Lebensstil ist wohl, dass er dieses selbe Rad noch mehr als 50 Jahre später benutzte); ferner die Frustration, keine so vollständige Erziehung genossen zu haben, wie er es sich wünschte, und den Traum, Buchhändler oder Historiker zu werden. Die ersten Jahre verbrachte er als Lehrling eines Juweliergeschäftes und als Angestellter der Minengesellschaft Hochschild. Auf Reisen lernte er einen großen Teil Boliviens kennen. 1947 nahm er die bolivianische Staatsangehörigkeit an. 1944 verwirklichte er seinen Wunsch und gründete zusammen mit Edith Lublin eine Buchhandlung in Oruro. Ein Jahr später besaß er ein Geschäft mit dem Namen Los Amigos del Libro in Cochabamba, 1950 kam ein Ableger in La Paz dazu, in den 60er Jahren eröffnete er eine Filiale in Santa Cruz, in den 70er bis 80er Jahren weitere Filialen in Potosí, Sucre, Oruro und Tarija, die aber bald wieder geschlossen werden mussten, weil sie sich wirtschaftlich nicht halten konnten. Heute ist die Firma weiter geschrumpft. In La Paz hatte sie ihren Laden in der Straße Mercado, letztes Jahr zog sie in ein kleineres Geschäft in der Straße Ballivián um, nahe der Plaza Murillo; außerdem gibt es noch eine kleine Zweigstelle in San Miguel und eine dritte im Flughafen auf dem Alto. Buchhändler zu sein war Werner Guttentag nicht genug. Bezeichnend für sein unermüdliches Schaffen war nicht so sehr sein kommerzielles Interesse (er selbst bezeichnete sich als nur mäßig erfolgreichen Geschäftsmann), sondern sein Bestreben, als Verleger das kulturelle Schaffen Boliviens und seine Vielfalt einem breiten Publikum bekannt zu machen. Dazu wählte er den Leitspruch: „no leer lo que Bolivia produce, es ignorar lo que Bolivia es“ (nicht zu lesen, was in Bolivien produziert wird, hat zur Folge, Bolivien nicht zu kennen). Darüber hinaus schuf er den Literaturpreis „Erich Guttentag“ (benannt nach seinem Vater) und veröffentlichte die so ausgezeichneten Werke. Die Auswahl trafen Preisrichter unter denen sich international anerkannte Literaten wie Mario Vargas Llosa fanden. Er richtete auch den jährlichen Preis „Jaime Laredo“ (benannt nach einem Musiker) ein, mit dem er die besten Studenten der Universität von Cochabamba (UMSS) belohnte. Diese 5 Preise waren eine Privatinitiative ohne Unterstützung des Staates. Selbstkritisch meinte er zu seinen Wettbewerben: Einige waren erfolgreich und beeinflussten fast ein halbes Jahrhundert das literarische Schaffen dieses Landes, andere aber „waren zum Scheitern verurteilt, weil das Land dafür noch nicht reif war und sich in einer tiefgreifenden Entwicklung befand, wozu Revolutionen und mangelnde Stabilität gehörten. Außerdem war die Aufgabe für ein kleines von einer einzigen Person geführtes Unternehmen zu groß.“ Der Verleger Guttentag förderte eine ganze Generation von Literaten und war mit etlichen von ihnen befreundet. Das erste Buch, das er verlegte, war der Roman Surumi von Jesús Lara, von dem er zahlreiche Bände veröffentlichte. Er verlegte die Werke vieler anderer Schriftsteller, Historiker und Archäologen wie Néstor Taboada Terán, Hugo Boero Rojo, Carlos Ponce, Dick Ibarra Grasso, Pedro Shimose, Renato Prado Oropeza, Armando Soriano Badani und Juan de Recacoechea. Eines seiner großen Verdienste bestand darin, bolivianische Bücher auch im Ausland bekannt zu machen, unter anderem durch die Beteiligung an internationalen Buch-Messen, zuletzt in Rom im Jahre 1999. Werner Guttentag erlebte eine Phase tiefgreifender Veränderungen in Bolivien. Dazu erzählte er folgende Anekdote: Im Jahre 1948 kam ein etwa 12-14 Jahre alter Junge vom Lande (campesino) in seine Buchhandlung und verlangte einen Band mit Gedichten. Die zunächst angebotenen Bücher gefielen ihm nicht, es sollte etwas besonders Schönes für seine Freundin sein. Schließlich erstand er ein kleines in Leder eingebundenes Buch aus dem Ausland, das irrtümlich in das Geschäft geraten war, aber der Buchhändler erklärte ihm, dass es für ihn schwer lesbar sei, da es in Katalanisch geschrieben war. „Das macht nichts“, meinte der junge Mann, „meine Freundin und ich haben noch nicht lesen gelernt.“ Diese Szene wäre heute undenkbar. Aus seiner Verlegertätigkeit nennen wir hier einige der wichtigsten Beispiele: Guttentag las zufällig in die Geschichte des Verlagshauses Walter de Gruyter (Berlin), dass diese Firma den Verlag juristischer Bücher „Emanuel Guttentag“ übernommen hatte und dann die Sammlung von Jura-Werken namens Guttentag schuf, die es noch heute gibt. Das veranlasste ihn, in Bolivien eine ähnliche Reihe ins Leben zu rufen, die Colección Jurídica Guttentag. 6 Seine Serie Enciclopedia Boliviana brachte es auf 80 Bände, die Bolivien in verschiedenen Wissensgebieten repräsentierten und Themen von Geschichte, Geographie, Biologie, Musik, Wirtschaft, etc. behandelten. Im Bewusstsein, dass die weniger bemittelte Bevölkerung, also die Hauptmasse der Bolivianer, sich Bücher kaum leisten konnten, veröffentlichte er einige Titel der „Enciclopedia Boliviana“ in der Serie POPULAR und bot sie besonders preisgünstig an. Seine Sammlung Descubra Bolivia beziehungsweise Bolivia Mágica hatte das Ziel, den Tourismus zu fördern, zu einer Zeit, als weite Teile des Landes für die breite Öffentlichkeit noch unbekannt waren. Der Schriftsteller Hugo Boero Rojo unterstützte dieses Vorhaben. Es wurden Bände über die Archäologie von Tiwanaku, Samaipata, Iskanwaya, La Paz und Umgebung herausgebracht. Der Band „Bolivia Mágica“ des Jahres 1982 war der erste Versuch, eine umfassende Enzyklopädie zu verschiedenen Aspekten des Landes vorzulegen. Die Bibliografía Boliviana hatte das Ziel, die Veröffentlichungen Boliviens zusammenzufassen und den Studierenden als Nachschlagwerk zu dienen. Später schloss sie kurze Biographien der Autoren ein und bekam den neuen Titel Bio-Bibliografía Boliviana. Es erschienen 40 Bände. Insgesamt wird die Zahl von mehr als 800 Titeln genannt, die Los Amigos del Libro herausbrachte – ein imposantes Werk in einem Land mit der höchsten Analphabetenquote Südamerikas. Er selbst hat sich als Autor einer Reihe von Artikeln in der nationalen und internationalen Presse immer wieder über das Verlegen von Büchern und seine Buchserien geäußert, zum Beispiel über die „Bibliografía Boliviana“, die ihm besonders am Herzen lag. Er war sich sehr bewusst, dass mit dem Verlegen und Drucken von Büchern in Bolivien kein Reichtum gewonnen werden kann; er erklärte die Grenzen seines Verlages unter anderem mit der Tatsache, dass Studenten lieber die billigen Fotokopien benutzen. Das Lebenswerk von Werner Guttentag ist auf verschiedene Weise anerkannt worden. Er bekam zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen. Die Deutsche Botschaft überreichte ihm 1973 das Bundesverdienstkreuz. Die bolivianische Regierung zeichnete ihn 1987 7 mit dem Orden Cóndor de los Andes aus. Es erschien auch eine bolivianische Briefmarke mit seinem Porträt. Im Dezember 2008 wurde posthum eine Auszeichnung des bolivianischen Senats an die Familie übergeben. Matthias Strecker 8 Bolivien stimmt positiv über die neue Verfassung ab und bestätigt seine interne Spaltung Am 25. Januar 2009 stimmten ca. 90% der wahlberechtigten Bolivianer/innen über eine neue Verfassung und über eine Neuregelung des Großgrundbesitzes ab. Die Verfassung wurde erwartungsgemäß angenommen, allerdings nur mit 61,43%. Dies stellte für viele eine Überraschung dar, denn die Regierung erwartete durch die Einbeziehung der Autonomierechte in den Verfassungstext eine wesentlich höhere Zustimmung zur Verfassung. Über 70% stimmten für die Reduzierung des Großgrundbesitzes auf 5.000 Hektar, was zu erwarten war. Dies waren mehrheitlich diejenigen, die auch für die Verfassung gestimmt hatten. Der Verfassungstext Der neue Verfassungstext enthält verfassungsrechtliche Innovationen, die den von der Regierung angestrebten Demokratisierungsprozess in Bolivien weiterführen. Denn es werden Themen mit aufgenommen, die in vorherigen Verfassungstexten nicht berücksichtigt wurden. Gleichzeitig werden die Menschenrechte der ersten und zweiten Generation um die der dritten erweitert. Andererseits stellt die neue Verfassung aufgrund der unzureichenden Debatte innerhalb der Verfassungsgebenden Versammlung und im nachfolgenden Konzertationsprozess zwischen Regierung und Opposition - ein Zusammenspiel von widersprüchlichen Artikeln dar, die viele Interpretationsmöglichkeiten offen lassen. Von vielen wird kritisiert, dass der Text demokratische Grundprinzipien verletze. Im folgenden werden die wichtigsten Neuerungen kurz beleuchtet. 1. Elemente, die den Demokratisierungsprozess vertiefen: Definition des Staates: Der Staat selbst wird als plurinational und kommunitaristisch bezeichnet. Dies bedeutet insofern eine Änderung, als dass der Staat strukturell ein multinationaler Staat wird. Schon in den Neuerungen (1994 und 2004) der Verfassung von 1967 wurde festgelegt, dass die Republik Bolivien pluriethnisch und multikulturell ist, jedoch fehlt hier die strukturelle Verankerung dieser Elemente (wie bspw. Einführung indigener Wahlkreise, Quotenregelung für das Parlament etc.). Thematisierung der ethnischen Problematik im Land: Die in der Verfassung sichtbar gemachte Diskriminierung der indigenen Bevölkerung ist ein zentrales Element für die Konsolidierung der Demokratie in Bolivien. (Verbot der Diskriminierung Art. 14, Rechte der „indígenas originarios campesinos“,, IOC) Art. 30 und 31 und Art. 2. Erweiterung demokratischer Elemente: In Artikel 11 wird das Konzept der Demokratie erweitert, indem neben Elementen der repräsentativen Demokratie solche der direkten eingeführt werden. Ausweitung der Grundrechte: Schon in der Verfassung von 1967 werden die zivilen, politischen und sozialen Rechte anerkannt. Mit der neuen Verfassung werden diese in den Artikeln 15 bis 9 29 auf die Rechte der dritten Generation ausgeweitet, wie das Recht auf kollektive Identität und Kultur und der Zugang zu Grunddienstleistungen wie bspw. das Recht auf Trinkwasser, Elektrizität, Gas, Zugang zu Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Art. 20). Den indigenen Völkern wird ein ganzes Kapitel gewidmet, in denen ihre freien Rechte der Selbstbestimmung und die Institutionalisierung ihrer politischen, juristischen und wirtschaftlichen Bräuche und Sitten verankert sind. Verankerung der departamentalen Autonomien: Die verfassungsmäßige Verankerung der departamentalen Autonomien als eine politische Ebene bestätigt die Dezentralisierung und gibt Raum für einen Demokratisierungsprozess auf unterschiedlichen Ebenen (Art. 277 bis 279). Gleichzeitig werden die indigenen Autonomien als Institutionalisierung des Rechts auf freie Selbstbestimmung der Nationen anerkannt (Art. 289 bis 296). 2. Gefahren für die Demokratie innerhalb der Verfassung: Unklare Definierung der Zielgruppe positiver Diskriminierung: Die Verfassung definiert die „Nationen und Völker der indígenas originarios campesinos“ (siehe Fußnote 1 und Titel Kapitel 4 und Artikel 30 der Verfassung) als Subjekt der positiven Diskriminierung. Dadurch dass diese drei Bevölkerungsgruppen ohne Komma in einem Satz genannt werden, ist unklar, ob nur die Schnittmenge gemeint ist und alle drei Elemente erfüllt werden müssen oder ob auch nur ein Element reicht. Im ersten Fall würde dies nur auf eine sehr kleine Bevölkerungsgruppe zutreffen. Zudem wird nicht zwischen indígena, originario und campesino unterschieden. Sie stellen jedoch sozial unterschiedliche Gruppierungen dar und repräsentieren unterschiedliche Interessen, vor allem in Bezug auf Territorium, Umweltfragen und die Exploration der natürlichen Ressourcen. Die Konflikte zwischen campesinos (Kolonisatoren) und originarios in Nationalparks um die natürlichen Ressourcen und um Territorium, vor allem im Tiefland, sind bekannt. Gefahr der ethnischen Segregation: In Artikel 30,II,3 der Verfassung wird festgelegt, dass jeder Bürger, der einer/m indigenen Nation oder Volk angehört, seine Identität in den Personalausweis oder Pass eintragen lassen kann. Dies birgt die Gefahr der ethnischen Segregation im Land, die eine stärkere Diskriminierung zur Folge haben könnte. Im Widerspruch steht dies zu Artikel 14, der jegliche Art von Diskriminierung ächtet. Spezielle Wahlkreise und die doppelte ländliche/indigeneRepräsentation: In Artikel 146 und 147 wird festgelegt, dass es spezielle Wahlkreise von IOCs gibt, deren Mitglieder, neben dem allgemeinen Wahlrecht, das Recht haben, zudem eigene indigene Parlamentsabgeordnete zu ernennen. In Artikel 146 ist festgelegt, dass dies nur unter Berücksichtigung der Anzahl der Mitglieder und der territorialen Begrenzung gültig ist. Artikel 147 widerspricht dem, indem er diese beiden Kriterien für nichtig erklärt. Dies zeigt zudem, wie inkohärent und widersprüchlich an vielen Stellen die Verfassung ist. Zudem ist bis heute nicht klar, wie viele dieser speziellen Wahlkreise es geben wird, wie groß sie sein müssen und wie die Vertreter/innen ernannt bzw. gewählt werden sollen. Juristischer Pluralismus und die Aufgabe der individuellen Rechte in den 10 indigenen Autonomien: In den in der Verfassung festgelegten indigenen Autonomiegebieten kann ausschließlich Gemeinschaftsrecht angewendet werden, um Recht zu sprechen und Konflikte zu lösen. Dieses eigene Gemeinschaftsrecht zeichnet sich durch eigene Normen und Verfahrensweisen aus (Art. 304,8 und Art. 30). In vielen Fällen verletzen diese jedoch individuelle Grundrechte, die in dieser Verfassung verankert sind (Widerspruch zu den Artikeln 125 und 131). Nichtbeachtung eines Großteils der Bevölkerung: In Artikel 3 wird die bolivianische Nation definiert, die sich zusammensetzt aus den indigenen Nationen und Völkern (naciones y pueblos indígena originario campesino) und den interkulturellen und afrobolivanischen Gemeinschaften. Problem hierbei ist, dass die städtische, nicht indigene Bevölkerung, auf „interkulturelle Gemeinschaften“ reduziert wird und vor allem im weiteren Verlauf des Verfassungstextes nicht einmal mehr erwähnt wird. Alle Sonderrechte beziehen sich ausschließlich auf die „indígenas originarios campesinos“. Dies ruft bei vielen die Angst hervor, dass sich nun die Diskriminierung, die vorher den indígenas zuteil wurde, die mestizische, nicht indigene Bevölkerung treffen wird. Die Ergebnisse des Referendums Die Ergebnisse des Referendums nach Departement1 Departement La Paz Oruro Potosi Cochabamba Chuquisaca Santa Cruz Beni Pando Tarija Total Ja-Stimmen in % 78,12 73,68 80,07 64,91 51,54 34,75 32,67 40,96 43,34 61,43 Nein-Stimmen in % 21,88 26,32 19,93 35,09 48,46 65,25 67,33 59,04 56,66 38,57 Die Ergebnisse des Referendums zeigen zwar, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das Verfassungsprojekt unterstützt, auf der anderen Seite wird jedoch die Spaltung des Landes bestätigt. Trotz der Zustimmung zur Verfassung auf nationaler Ebene von knapp über 60% verliert die Regierung auf regionaler Ebene in den Ostdepartements der so genannten „Media Luna“2. Die z.T. sehr hohe Zustimmung im Westen des Landes kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verfassungstext in sechs von neun Provinzhauptstädten abgelehnt wird. Alle großen Städte zusammengenommen weisen einen sehr großen Gegensatz zu der Zustimmung auf dem Land auf. Der Verfassungsprozess erreichte nicht das Ziel, die Endgültige Zahlen des Nationalen Wahlgerichtshofes. Media Luna werden die vier oppositionellen Ostprovinzen Beni, Pando, Santa Cruz und Tarija genannt, die geographisch eine ähnliche Form wie ein Halbmond bilden. 1 2 11 Spaltung des Landes abzuschwächen, sondern bestätigt sie vielmehr. Die Akteure und ihre Interessenlage Die Spaltung des Landes (ethnisch-kulturell, gesellschaftlich, regional, Stadt-Land) führt dazu, dass sich zwei Hauptgruppierungen gegenüberstehen: die indigenen und z.t. Bauernbewegungen, die ihren Rückhalt vor allem im Westen des Landes, im Chapare und in den Satellitenstädten von Santa Cruz haben. Sie fordern ihre Einbindung in politische und soziale Prozesse und den Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten. Auf der anderen Seite stehen die Bürgerbewegungen, die vor allem die Agroindustrie und die Mittel- und Oberschicht des Landes repräsentieren. Ihre Interessen sind vor allem das Beibehalten eines wirtschaftlichen Systems in Übereinstimmung mit der Globalisierung und eine Dezentralisierung auf mittlerer Ebene (Departement), die den Zugang zu den Erlösen aus den Gasgewinnen garantiert. Diese Kluft spiegelte sich auch in der Verfassungsgebenden Versammlung wider: Der Textentwurf für die neue Verfassung wurde von beiden Gruppierungen z.T. abgelehnt. Dies führte zu der Notwendigkeit, innerhalb des Parlaments zu einem neuen Vorschlag zu kommen, der im Oktober 2008 verabschiedet wurde, und der der jetzigen Verfassung entspricht. Zwischen dem Führungsanspruch des MAS und der Hauptoppositionspartei PODEMOS gibt es deutliche Unterschiede. Der MAS hat seine Wurzeln und eine starke Unterstützung in den sozialen, indigenen und Bauernbewegungen. PODEMOS hingegen konnte keine Kommunikationswege mit der regionalen Opposition aufbauen und erfährt daher auch wenig Rückhalt von ihr. Aus diesem Grund versuchte PODEMOS nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Pando und der Schwächung der regionalen Opposition die Protagonistenrolle wieder aufzunehmen und zu einem Kompromiss mit der Regierung zu kommen, der in dem Verfassungsentwurf von Oktober endete. Hierdurch entfernte sich die Partei mehr und mehr von der regionalen Opposition, sprich den Präfekten und den Bürgerkomitees. Viele der Abgeordneten und Senatoren unterschrieben das Abkommen mit der Regierung, um den sozialen Frieden im Land wieder herzustellen, bestätigten jedoch direkt, dass sie sich an den Kampagne für das NEIN beteiligen würden, da sie schließlich ihre Region vertreten würden. Das Dilemma von PODEMOS ist, dass sich ihre Wähler nicht hundertprozentig von ihnen repräsentiert fühlen, doch die Partei brauchten, um eine solide Opposition im Parlament zu garantieren. Die Partei versucht einerseits, die Interessen der Wähler zu vertreten, doch auf der andern Seite muss sie mit den Präfekten konkurrieren, die eine wesentlich stärkere soziale Verankerung besitzen, da diese ihre Wurzeln in den Bürgerkomitees haben. Der Bruch zwischen Partei und Gesellschaft ist noch immer existent, die Legitimitätskrise des politischen Systems noch lange nicht überwunden. Aus diesem Grund beteiligten sich viele PODEMOS-Abgeordnete und –Senatoren an der „NEIN-Kampagne“ und damit an den regionalen Bewegungen, obwohl sie, um politisch zu überleben, die Verfassung mit auf den Weg gebracht hatten. Legitimiert durch eine große gesellschaftliche Unterstützung, die zwar schrumpft, doch noch immer hoch genug ist, versucht der MAS eine Strategie der Macht jenseits von Regierung und Verwaltung, indem staatliche Kontrollinstitutionen, die unter dem alten System eingeführt wurden, geschwächt werden (Bsp.: De-factoAbschaffung des Obersten Gerichtshofs, Regierung per Dekret und damit Schwächung des Parlaments). Seine Anhänger streben danach, besseren Zugang 12 zu den Gaserträgen zu erhalten, sei es durch Quotenregelungen oder durch eine quasi „Ko-Regierung“ vor allem im sozialpolitischen Bereich. Die Polarisierung und Fragmentierung des Landes haben das Misstrauen in allen sozialen Sektoren verstärkt. Im Rahmen eines gesellschaftlichen Wandels, der sich in Bolivien vollzieht, verspüren die Sektoren der nicht-indigenen, urbanen Mittel- und Oberschicht gewisse Angst, von ihrer sozialen Stellung vertrieben zu werden und ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten, Sozialstatus und ihren politischen Führungsanspruch zu verlieren. Diese Angst wird durch drei Faktoren verstärkt: 1. eine ambivalente Rhetorik der Regierung, die einerseits von sozialer Inklusion spricht, indem sie ehemals ausgeschlossenen Gruppierungen den Zugang ermöglicht. Andererseits spricht die Regierung oft von Entkolonisierung, beschuldigt die Vertreter der Autonomiestatuten, separatistisch zu sein, und unterstellt ihnen die Angst, Privilegien zu verlieren. Sie greift die katholische Kirche an und beschuldigt sie der Unterstützung bei der Teilung des Landes. 2. Falschinformation und verquere Darstellung vieler oppositioneller Mediensender, die die Regierung als totalitär und indigenistisch darstellen. 3. die ambivalente Verfassung, die in vielen Artikeln nicht versucht, die soziale Inklusion aller herzustellen, sondern bestimmte Bevölkerungsgruppen zu bevorteilen, also eine Umkehr des Status quo ante: hierzu zählen u.a. die Voraussetzung, dass ein öffentlicher Beamter mindestens zwei der in der Verfassung festgelegten 36 Landessprachen sprechen muss, das Gemeinschaftsrecht sowie andere Artikel, die die Angst schüren, indem sie den indigenen Völkern bestimmte Rechte und Privilegien einräumen, die der nichtindigenen Bevölkerung nicht zugesprochen werden. Mögliche Szenarien nach dem Referendum Zieht man die beschriebenen inneren Spannungen in Betracht, können drei mögliche Szenarien bis zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Dezember herausgestellt werden: 1. Ein neues Wahlgesetz wird verabschiedet, die alte Verfassung bleibt in Kraft bis zu den Wahlen und die neue plurinationale Gesetzgebende Versammlung (so der Name des neuen Parlaments) verabschiedet die Rahmengesetze, die zur Umsetzung der neuen Verfassung notwendig sind. Durch eine neue Kräfteverschiebung werden Korrekturen von Widersprüchen in der Verfassung durch die Formulierung der Gesetze vorgenommen (geringe Wahrscheinlichkeit). 2. Die Regierung beabsichtigt, die Verfassung durch Dekrete in Kraft treten zu lassen. Das neue Wahlgesetz wird im Senat blockiert, die Opposition protestiert auf der Strasse und die sozio-politische Konfliktivität erreicht einen neuen Höhepunkt, indem auch die Regierung ihre sozialen Kräfte erneut mobilisiert. Dies könnte zu einem institutionellen Bruch und damit zu einem neuen Verfassungsprozess führen (mittlereWahrscheinlichkeit). 3. Sektorale Dialoge werden zwischen der Regierung und Schlüsselgruppierungen der Opposition geführt, um die Rahmengesetze zu erarbeiten. Der Kongress wird beauftragt, diese zu verabschieden. Nichtsdestotrotz wird die Regierung versuchen, ihr wichtige Gesetze per Dekret zu verabschieden. Dies wird einhergehen mit Schwierigkeiten und Konflikten zwischen Regierung und Opposition und ggf. mit gewalttätigen Auseinandersetzungen innerhalb der Zivilgesellschaft (mittlere bis hohe Wahrscheinlichkeit). Momentan befindet sich Bolivien in dem dritten Szenario zwischen dem Versuch, 13 Abkommen mit der Opposition zu erreichen und auf der anderen Seite per Dekret zu regieren. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht noch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt. Die Verfasserinnen sind Politologinnen und beobachten seit Jahren die politische Entwicklung Boliviens" (Die Namen sind der Redaktion bekannt). LAS LINEAS MAESTRAS DE LA CONSTITUCIÓN En los últimos cinco años los bolivianos han sido testigos de un enfrentamiento entre dos visiones de país, por un lado, la visión pro indigenista de un Estado plurinacional, inclusivo, comunitaria y anticolonial y, por otro lado, la visión occidental mestiza, que partiendo de la política de la libertad, busca la construcción de una sociedad democrática, moderna, y pluralista. Esta lucha por la hegemonía del poder, si bien ha sido intensa en lo mediático, no ha tenido la posibilidad de analizar y debatir el contenido mismo de las ideas propuestas con la necesaria profundidad que requerían y, los actores políticos y sociales, han acudido solamente a posicionar un sentimientos de cambio de protagonistas de la vida nacional por parte gubernamental y, por parte de la oposición, el tratar de generar miedo en la población ante un inminente régimen de tendencia autoritaria que conculque libertades individuales y derechos políticos de los ciudadanos. Conociendo que los acuerdos congresales de octubre 2008 han logrado “suavizar” algunas de las posiciones más radicales del proyecto de Constitución de Oruro del MAS -100 artículos según los voceros de la oposición congresal que garantizaban principalmente la propiedad privada la educación de Convenio, e incluía las autonomías departamentales, entre otros- y se ha podido llevar adelante un referéndum aprobatorio que ha alejado un posible desempate de estos dos polos a través incluso de una guerra civil, ahora los principales actores políticos y sociales a nivel nacional deben asumir la necesidad de implementar la nueva Constitución Política del Estado de forma negociada, puesto que la voluntad del soberano expresada el domingo 25 de enero así lo determina. 14 Parafraseando a Savater es irracional decir “yo respeto sus ideas” sino que hay que decir “yo respeto al otro, pero sus ideas las combato porque no estoy de acuerdo con ellas”. En este sentido el 61,43 % que voto por el SI fundamentalmente en el área rural del occidente debe respetar el derecho del 38,57 % que dijo NO, en casi todas las zonas urbanas del país. Los procesos constituyentes no solo sirven para formalizar un texto constitucional sino que ofrecen una oportunidad para resolver los profundos conflictos sociales y, por lo tanto, hay que negociar y lograr consensos, si no se hace esto de nada sirve la nueva constitución. Ahora que el gobierno ha logrado concretar uno de sus principales objetivos de gestión política, que es la posibilidad de reproducir el poder a través de la reelección de su líder histórico el presidente Evo Morales, se espera que el aparato gubernamental se ocupe también de la gestión pública, junto a la concertación política con fuerzas de la oposición para ir implementando y reglamentando “racionalmente” la nueva constitución sin generar más división en el país. Por su parte, la oposición política y regional que ciertamente se ha debilitado con su electorado durante el “proceso de negociación forzada” para viabilizar la aprobación de la actual constitución, tiene que encontrar la coordinación necesaria entre sí, para poder concertar y lograr que el gobierno entienda que la única alternativa para no entrar en un proceso de caos y anarquía es el “acuerdo nacional” con actores serios y creíbles ante la opinión pública nacional e internacional. El país en su integridad y las distintas regiones que lo componen han soportado estoica y democráticamente la imposición de esta constitución por la fuerza del voto rural del occidente, pero no van aceptar más el desorden que se ve venir, por la profunda crisis económica mundial y las incongruencias del articulado de la nueva constitución que da para diversas interpretaciones. Ahora que ya paso la etapa de una mayor “inclusión social” que ciertamente era urgente y necesaria en Bolivia, el país debe entrar a una nueva fase buscando una “mayor eficiencia”, si se quiere conservar el poder, puesto que el fantasma de la ingobernabilidad ronda las puertas de palacio quemado. Con seguridad la fase de alta polarización ha llegado a su fin puesto que uno de los actores ha logrado imponerse por esta vez, y ahora debemos 15 preocuparnos por la concertación y “cohesión social” que deberá ser dirigida por la “inteligencia gubernamental” si es que quiere verdaderamente hacer gestión para analizar, implementar y evaluar políticas públicas con alto contenido social ofertadas hasta el cansancio a lo largo de estos tres años de continua campaña electoral cuando se vivía en el país una histórica bonanza económica. Finalmente, debemos manifestar con cierta preocupación que la lucha contra la pobreza, principal objetivo estratégico de los bolivianos, no se la gana con discursos y artículos declarativos que brindan mayores derechos a los ciudadanos en la constitución, sino con eficiencia administrativa y atracción de nuevas inversiones que tienden a generar más empleo y ganar competitividad en el mercado mundial, ya que no es importante lo que se haga y diga en la implementación de las políticas de Estado sino que políticas realmente funcionan o no en un determinado país. Por todo ello no hay que estar muy optimistas de los efectos que generara la “imposición” de esta nueva constitución que se declara en contra de la gran propiedad privada (sobre todo extranjera) artículos 47, 56, 312, 320, 330 y 396; pretende reinstaurar un estatismo ya fracasado en el país, artículos 20, 112, 255, 306, 311, 309 y 315; e implementar un Control social que simplemente generara mayor inseguridad jurídica, artículos 135, 136, 241, 242. Lic. Germán Ariel Benavides Gisbert Politólogo, Diplomático y Empresario. Wie weit die Meinungen über die politische Entwicklung in Bolivien auseinander gehen, mögen die folgenden zwei Leitartikel verdeutlichen. Während dem in diesem Bereich vielleicht wichtigsten deutschen Forum, 16 den „Lateinamerika-Nachrichten“, die Reformen nicht weit genug gehen und es dem ursprünglichen Verfassungsentwurf der MAS nachtrauert, sieht „La Prensa“ die Demokratie in Gefahr und ruft im letzten Satz des Editorials die internationale Gemeinschaft in ungewöhnlicher Deutlichkeit zur Wachsamkeit auf. EDITORIAL RADIKAL VERWÄSSERT Es ist fraglos ein wichtiger Etappensieg in Boliviens Transformationsprozess: Eine klare Mehrheit der vier Millionen geladenen Bolivianerinnen hat sich für den neuen Verfassungsentwurf entschieden. Formal ist die Neugründung mit der Nationalisierung der Rohstoffe, dem Landreformgesetz 2006 und nun der Magna Charta abgeschlossen, real ist noch ein weiter Weg zu gehen. Die neue Verfassung ist ein Kompromiss mit bitteren Seiten - vor allem dem rückwirkenden Schutz für den Großgrundbesitz. Eigentum verpflichtet nur in Zukunft, eine grundlegende Landreform steht damit vor großen gesetzlichen Hürden. Das Ja zur Verfassung ist ein Sieg des „Evismus“: Daran konnte auch die inhaltsleere, dafür religiös und rassistisch aufgeladene Angstkampagne der extremen Rechten nichts ändern. "Entweder Christus - oder Evo“; hieß es in einem der zahlreichen Fernsehspots, welche den "christlichen Okzident" gegen den "heidnischen Indio" in Stellung brachten. Die unheilige Allianz, welche die politische Reaktion mit der katholischen und den protestantischen Kirchen eingegangen war, stellte die Ultima Ratio einer seit dem gescheiterten "Zivilputsch" im vergangenen September arg geschwächten Rechten. dar. Ihr stetig an Aggressivität gewinnender Diskurs führte zu einem noch engeren Schulterschluss aller progressiven Kräfte - und einer weiteren Vertiefung der Bipolarisierung des Andenlandes. Denn das "Entweder-Oder" treibt seinen Keil nicht allein zwischen Diesseits und Jenseits, sondern vor allem in eine politisd1e Landschaft, in der für differenzierte Positionen derzeit wenig Platz bleibt. Von beiden Seiten befeuert, drehten sich die Debatten um die Verfassung folglich kaum um ihre Inhalte, als vielmehr um eine klare Positionierung gegenüber der Regierung und ihren Antagonisten. Entweder si zu Evo und der Verfassung - oder no und Partei für die rassistische Opposition ergreifen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Verfassungsinhalt fiel unter den Tisch: Und die wäre dringend notwendig. Denn tatsächlich ist die Geschichte des 17 Verfassungsprozesses auch eine Geschichte von schweren Enttäuschungen für Boliviens indigene und soziale Bewegungen. Sie beginnt mit der Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung (VV), welche die Parteien favorisierte und den indigenen Gruppen und Basisbewegungen die unabhängige Teilnahme beinahe unmöglich machte. Und sie endet im Kongress mit der undemokratischen Neuverhandlung des aus der VV hervorgegangenen Textes zwischen der MAS und den traditionellen Parteien im Oktober vergangenen Jahres. Das Ergebnis: Ein in Teilen radikal verwässerter Verfassungsvorschlag. Zwar sind die progressiven Elemente der neuen Verfassung des sich nun als "interkulturellen Staat" ver- stehenden Boliviens durchaus anzuerkennen. Insbesondere mit der Festschreibung von indigenen Autonomierechten, neuen Möglichkeiten politischer Partizipation, weit reichenden Menschen- und Arbeitsrechten und der Souveränität des Staates über die natürlichen Ressourcen wurden fraglos Fortschritte erzielt. Doch gleichzeitig beinhaltet die jetzt angenommene Verfassung auch enorme Rückschritte gegenüber dem aus der W hervorgegangenen Projekt. Die Reichweite der indigenen Autonomie wurde zusammengestaucht. wohingegen die der Departamentos stark ausgeweitet wurde. Die Instanz der "Sozialen Kontrolle" über staatliche Institutionen und Unternehmen wurde de facto ihrer Kontrollfunktion enthoben. Und schließlich haben die MAS und die rechte Opposition sich darauf verständigt. das zentrale Instrument zur Umverteilung des Bodens durch Zerschlagung des Großgrundbesitzes aus dem Verfassungstext zu tilgen. Die Regierung Morales hat unter Druck und wegen der Gefahr eines Bürgerkiegs die Lösung einiger der zentralen Probleme des Landes zu Gunsten eines faulen Kompromisses geopfert. Ein Kompromiss mit einer Minderheit, die schon viel zu lange das Sagen hatte und zum Leidwesen und gegen den expliziten Willen der Bevölkerungsmehrheit. Mit oder ohne neue Verfassung: Eine tiefgreifende Umwälzung der sozialen Verhältnisse wird nur von unten her möglich sein. Aus: „Lateinamerika-Nachrichten“, Heft 419, Februar 2009, S. 3, Berlin La Prensa. 22 de febrero de 2009 18 EDITORIAL ¿Hacia una militarización del país? Nadie sabe a qué hora un grupo de encapuchados volteará puertas o ventanas para llevarse presa a la gente, con violencia y sin explicación alguna. Pocos días atrás, el vicepresidente del “Estado Plurinacional”, Álvaro García Linera, afirmó que habrá más presencia militar. Advirtió a la población que debe “acostumbrarse” a ver tropas en las calles del país. Luego afinó la puntería para referirse a Pando: “El Gobierno ya tomó una decisión, hubo una reorganización estratégica, habrá mucha más presencia militar donde la presencia del Estado es débil, fundamentalmente en regiones fronterizas. Es una decisión que se tomó y eso va a ser así, acostúmbrense a ver presencia militar”, afirmó. La nueva Constitución Política del Estado expresa en su artículo 244: “Las Fuerzas Armadas tienen por misión fundamental defender y conservar la independencia, seguridad y estabilidad del Estado, su honor y la soberanía del país; asegurar el imperio de la Constitución, garantizar la estabilidad del Gobierno legalmente constituido, y participar en el desarrollo integral del país”. Nadie puede objetar estas funciones, pero de ahí a la pretensión de militarizar toda Bolivia hay un gran paso. Asimismo, ello podría significar un mayor presupuesto, un gasto extra que bien podría utilizarse para fines como salud, educación, etc. Más allá de las legítimas funciones de las FFAA, pareciera que se pretende generar cierto tipo de “amedrentamiento”en la ciudadanía o pasar a tener una “nación en armas”, pero no para defenderse de la agresión extranjera, sino del “enemigo interior”. La semejanza entre este atisbo de nueva política anunciada por García Linera y la odiosa “doctrina de seguridad nacional” de la época de las dictaduras militares es notoria. Nos hace ver la evolución de los hechos con profunda inquietud. “Garantizar la estabilidad del Gobierno legalmente constituido” tiene una lectura objetiva y otra subjetiva. La primera es indiscutible, pero la segunda puede dar lugar a interpretaciones que podrían vulnerar el estado de derecho y, sobre todo, los derechos y garantías fundamentales de la ciudadanía. Esto se ha visto en los recientes acontecimientos de Pando. Allí todo debió haberse hecho con fundamentos legales, con respeto y con propiedad, no atropellando y golpeando, como ocurrió. Aunque las FFAA han negado oficialmente su participación, sombras y dudas quedan, agrandadas luego por las expresiones de García Linera. Si en épocas dictatoriales vivíamos “con el testamento bajo el brazo”, ahora tal vez tengamos que hacer lo propio, ya que nadie sabe a qué hora un grupo de encapuchados volteará puertas o ventanas para llevarse presa a la gente, con violencia y sin explicación alguna. 19 Los militares deben estar donde les corresponde según sus funciones constitucionales, no en las calles ni en las casas, salvo tumulto tal que así lo amerite. Lo contrario o es parte de una guerra psicológica o, Dios no lo quiera, el principio del fin de las instituciones democráticas. La comunidad internacional tiene que estar alerta frente a las tristes derivaciones que surjan en esta nuestra Bolivia. 20 21 22 23 24 Das Weltwärts-Programm des DED Als ich in der Schule den Artikel über ´weltwärts´ las, wurde mir schnell bewusst, dass ich an diesem Freiwilligendienst teilnehmen wollte. Das vom BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) finanzierte ´weltwärts´-Programm ermöglicht jungen Erwachsenen, sich in Entwicklungsländern an sozialen Projekten zu beteiligen und dabei interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. Um an ´weltwärts´ teilzunehmen, suchten wir eine für uns passende Entsendeorganisation und stießen dabei auf den DED, eine der erfahrensten Institutionen in der Entwicklungszusammenarbeit. Nach der erfolgreichen OnlineBewerbung wurden wir zu einer eintägigen Auswahl eingeladen, in dem unser Konfliktverhalten und unsere sozialen Kompetenzen geprüft wurden. Anhand von kurzen Projektbeschreibungen gaben wir unsere Einsatzpräferenzen an. Unsere Wahl fiel auf das Colegio Kurmi Wasi in Achocalla, Bolivien. Unsere Wahl wurde bestätigt und die Vorbereitungen begannen: Unterlagen wurden vervollständigt, Impfungen durchgeführt, die Tropentauglichkeit festgestellt und Sprachkenntnisse verbessert. Schließlich fuhren wir auf ein neuntägiges Vorbereitungsseminar. Dort erhielten wir Informationen über den DED und Bolivien, außerdem arbeiteten wir an interkulturellen Fragestellungen und lernten die anderen Freiwilligen kennen. Anfang August 2008 starteten wir unseren Freiwilligendienst mit einer Einführungswoche in La Paz. Anschließend lernten wir unsere Gastfamilien und unser Projekt kennen. Unsere Aufgaben in der Schule sind das Unterstützen der Lehrer und das Unterrichten von Englisch. Über die Erfahrungen, die wir bei unserer Arbeit und im Alltag sammeln, verfassen wir dreimonatlich einen Bericht, der dazu dient, gemeinsam mit dem DED die Zusammenarbeit mit dem Projekt zu verbessern. Nun ist die Hälfte unseres Auslandsjahres vorüber und wir erwarten mit Freude unser Zwischenseminar. Dort werden wir uns mit den weiteren neun DED-Freiwilligen unserer Gruppe austauschen und reflektieren können über unsere Erlebnisse und Erfahrungen, aber auch über auftretende Schwierigkeiten. Caroline Strunk und Lukas Härter La Paz, Februar 2009 25 Das Bundesland Niedersachsen Höchster und tiefster Der höchste Berg Niedersachsens ist mit Punkt des Landes stolzen 971 Metern der Wurmberg im Harz. Der tiefste Punkt ist mit rund zweieinhalb Metern unter dem Meeresspiegel eine Senke bei Freepsum in Ostfriesland. Die Gärten in Herrenhausen in Hannover - die Wichtiger Kulturbeitrag einzig erhaltenen und nie veränderten Barockgärten der Welt. Die Künstlerkolonie Worpswede Zwei UNESCO-Welterbe Kultur-Stätten, die eine in Hildesheim, die andere in Goslar Das Werk Willhelm Busch's Bedeutende Persönlichkeiten Beitrag zur Weltwirtschaft Wilhelm Busch und Rainer Maria Rilke Kulinarische Verwirrungen Peinliche Persönlichkeiten Grünkohl mit Bregenwurst. Automobilwerk Volkswagen in Wolfsburg Hannover Messe Stahlindustrie in Peine und Salzgitter Ernst August (V.) Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg; er ist mehrfach mit gewalttätigen oder beleidigenden Ausbrüchen in die Medien geraten; so zum Beispiel bei der Weltausstellung 2000 in Hannover, als er am türkischen Pavillon urinierte und dabei von einem Paparazzo fotografiert wurde, was ihm zeitweise von der Boulevardpresse den Beinamen „Pinkelprinz“ einbrachte. Für den einen eine wahre Delikatesse, für den andere eine Zumutung: Grünkohl mit Bregenwurst. Jedes Jahr aufs Neue nach dem ersten Herbstforst ist es in Niedersachsen soweit. Familienangehörige, Mitglieder von Kegelvereinen oder Sportler aus Fußballklubs finden sich in geheizten Esszimmern oder Gaststuben zusammen, um einen alten norddeutschen Brauch zu pflegen und sich den Bauch vollzuschlagen. Die einen mit viel Lust und Appetit, die anderen mit leidtragender Miene 26 der Gemeinschaft zur Liebe und in hoffnungsvoller Erwartung auf den noch kommenden Verdauungsschnaps. Je nach Region wird das Grünkohlessen anders zelebriert. Im Hildesheimer Land, beispielsweise, macht man eine "Kohlfahrt", einen Ausflug durch die Natur zu einem Dorfgasthof, meist im tiefen Winter. Oft wird der Ausflug mit Spielen wie dem Boßeln verbunden und mit einem ausgedehnten Saufgelage - natürlich nur, um sich bei den tiefen Temperaturen nicht zu unterkühlen. Im Dorfgasthof wird anschließend Grünkohl mit Bregenwurst serviert und weiter getrunken - diesmal zur Anregung der Verdauung. In anderen Regionen ist es Brauch, einen Kohlkönig zu küren. Besonders die Stadt Oldenburg benutzt das „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“, um einmal jährlich im politischen Berlin für sich zu werben und einen Politiker als „Oldenburger Kohlkönig“ zu wählen. 1984 wurde zum Beispiel Altbundeskanzler Helmut Kohl Grünkohlkönig in Bonn. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff wurde am 24. Januar 2005 zum 48. Grünkohlkönig gewählt. In meiner Familie geht es dagegen recht bescheiden zu. Meine Oma stellt sich schon in den frühen Morgenstunden an den Herd und lässt den Grünkohl köcheln. Wenn ich mich mit meinen Eltern und meinem Großvater einige Stunden später zur Mittagszeit an den gedeckten Tisch setze, riecht es im ganzen Mietshaus bereits nach Kohl. Die Bregenwurst ist gut durchgezogen und der Grünkohl dampft. Mein Vater bekommt wie jedes Jahr eine Extrawurst, zartes Kassler, und nur ein wenig vom grünen Gemüse - für ihn zählt das Essen trotz der Kochkünste meiner Oma nicht zu Niedersachsens Delikatessen. So verschieden wir die regionalen und lokalen Feinheiten beim Grünkohlessen und Geschmäcker jedes einzelnen, sind auch die regionalen Gerichte recht unterschiedlich. Jede Region hat ihre eigene Küche, ob die Oldenburger, Braunschweiger oder Ostfriesische. Lediglich beim Gemüse sind sich die Niedersachsen einig. Kartoffeln gehören auf jeden Teller. Das haben die Niedersachen schließlich mit den Bolivianern gemein. Und nicht nur das. Auch die Liebe für Mythen und Sagen, Kostüme und Umzüge teilen sich die Norddeutschen mit den Andenbewohnern, so zum Bespiel im südniedersächsischen Mittelgebirge, dem Harz. Jedes Jahr in der Nacht vom 30. April zum 01. Mai sind im Harz die Hexen und Teufel los. Die jährlichen Walpurgisfeiern blicken auf eine über 1000 Jahre alte Tradition zurück. Mit der Entzündung eines großen Feuers 27 wird das heidnische Treiben gefeiert. Hier treiben im Frühling die Hexen ihr Unwesen: der Harz. Weiter nördlich, in der Kleinstadt Hameln treibt wiederum der allseits bekannte Rattenfänger sein Unwesen. Der Sage nach kam es hier im Jahre 1284 zur Entführung sämtlicher Kinder des Ortes, weil dem Rattenfänger der Lohn verweigert wurde, den er sich durch die Befreiung der Stadt von den Ratten wohlverdient hatte. Noch heute dreht sich in Hameln alles um diese Geschichte. Ein Highlight ist seit 1956 das Rattenfänger-Freilichtspiel das jedes Jahr tausende Besucher aus aller Welt anlockt. Neben kulinarischen Besonderheiten und alten Brauchtümern, kann sich auch Niedersachsens kulturelles Erbe sehen lassen. Baugeschichtlich bedeutsam in Niedersachsen war die Epoche der Renaissance, die sich in vielen Bauten im Stil der Weserrenaissance widerspiegelt. Eine weitere Sehenswürdigkeit sind die Gärten in Herrenhausen in Hannover – die einzig erhaltenen und nie veränderten Barockgärten der Welt. In Osnabrück finden sich viele Gebäude des Klassizismus und der Zeit des Rokoko. Sehenswürdigkeiten sind die Altstadt mit Dom und dem Rathaus des Westfälischen Friedens, zahlreiche Steinwerke wie der Ledenhof und 28 Fachwerkhäuser. Auch Niedersachsens größtes Barockschloss, das Schloss Osnabrück, und mit St. Katharinen das höchste mittelalterliche spätgotische Bauwerk sind hier zu sehen. Zudem zählt Niedersachsen zwei UNESCO-Welterbe Kultur-Stätten, eine in Hildesheim, die andere in Goslar. Die mittelalterliche Altstadt von Goslar. Letztere hat eine mittelalterlichen Altstadt und das historisches Erzbergwerk Rammelsberg aufzuweisen. Hildesheim verdankt den Titel seinen zwei Denkmälern samt ihrer Kunstschätze: St. Michael, eine der schönsten frühromanischen Kirchen in Deutschland, und der Dom mit seinen beeindruckenden Bronzegüssen. Beide Denkmäler sind herausragende Beispiele romanischer Baukunst. 29 Romanische Baukunst: Der Dom in Hildesheim gehört zum UNESCO Welterbe. Hildesheim und sein Dom sind Bischofssitz. Damit zählt die Stadt zu den wenigen Hochburgen des Katholizismus im sonst eher evangelisch geprägten Bundesland. Über 50 Prozent der Niedersachsen sind Protestanten, etwa 18 Prozent bekennen sich zum katholischen Glauben. So auch Pfarrers Schüler Willhelm Busch - um wieder zur Kultur und dem wohl wichtigsten kulturellen Beitrag Niedersachsen zurückzufinden. Heinrich Christian Wilhelm Busch wurde 1832 in Wiedensahl geboren und verstarb 1908 in Mechtshausen, einem jetzigen Stadtteil von Seesen am Harz. Er war einer der bedeutendsten humoristischen Dichter Deutschlands und gilt wegen seiner satirischen Bildergeschichten in Versen als einer der Pioniere des modernen Comics. Sein wohl bekanntestes Werk ist Max und Moritz. „Aber wehe, wehe, wehe! Wenn ich auf das Ende sehe", heißt es in eben diesem Werk - ein Grund, an dieser Stelle einen Schlussstrich unter die Vorstellung Niedersachsens zu ziehen. Natürlich wäre noch viel zu sagen, zum Beispiel über die abwechslungsreiche Natur. Die Nationalparks Wattenmeer und Harz sind auf jeden Fall eine Reise wert. 30 Ebenso zu erwähnen ist Niedersachsens Automobilindustrie, die VW-Werke in Wolfsburg und seine Autostadt, in der nicht nur die Fertigung der Fahrzeuge bestaunt werden kann, sonders vieles mehr rund um das Thema Mobilität. Um nun aber wirklich Schluss zu machen, noch einmal mit den Worten von Busch: "Gott sei Dank! Nun ist's vorbei. Mit der Übeltäterei!" Mehr Infos gibt es unter: www.reiseland-niedersachsen.de. Anne Bogdanski 31 Das Bundesland Bremen Höchster und tiefster Punkt: Die Innenstadt liegt auf einer Weserdüne, die am Bremer Dom ihre maximale Höhe von 11,5 m ü. NN erreicht. Die mit 32,5 m ü. NN höchste natürliche Erhebung befindet sich dagegen im Friedehorstpark des nordwestlich gelegenen Stadtteils Burglesum. Noch höher ist nur der Berg der Mülldeponie in Bremen-Blockland, dessen Gipfel 49 m ü. NN liegt. Wichtigster Kulturbeitrag: Der Beat Club von Radio Bremen. Bedeutende Persönlichkeiten: Henrich Focke (Focke-Wulf AG), Adolf Freiherr Knigge, Volker Ernsting, James Last. Robinson Crusoe ist der berühmteste Bremer in der Weltliteratur. Er ist nach Defoes Roman in Bremen geboren. Beitrag zur Weltwirtschaft: Die Verbindung Deutschlands mit der Welt über die Bremer Häfen, geschützt von der Hanse. Bremer Baumwollbörse. Peinliche Persönlichkeiten: Bis zur Winterpause die Mannschaft von Werder Bremen. Oder war es doch der Kaufmann Lüderitz, der die Kolonisierung Südwestafrikas begründete? Kulinarische Verirrungen: Rollmops (Sushi meets Bremen) Nun bin ich also gut ein Jahr wieder in Bremen zurück – und ich wollte auch nirgends anders hin, als in diese meine Heimatstadt. Jetzt, so um Weihnachten kommt der historische Marktplatz besonders zur Geltung, da einer der schönsten Weihnachtsmärkte hier aufgebaut ist. Er genießt inzwischen internationalen Ruf, da mit Ryanair von überall her Besuche in unsere schöne Stadt kommen – und sei es um mal eben auf dem Bremer Marktplatz zu flanieren, der zu den schönsten Europas gezählt wird. Einzigartig sein Ensemble historischer Bauten. Herausragend: Das Rathaus von 1405, das zusammen mit dem Roland zum Welterbe der Menschheit gehört. Der St. Petri-Dom, begonnen 1042, der "Schütting", Bremens traditionsreiche Handelskammer von 1537, die Kaufmanns-Häuser aus der Zeit der Weser-Renaissance um 1600 und das Bremer Wahrzeichen, die Roland-Statue von 1404, zugleich Freiheitssymbol der Stadt. Das Bremer Stadtgebiet ist etwa 38 Kilometer lang und 16 Kilometer breit. Bremen ist von der Fläche und nach Einwohnern die zehnt größte Stadt Deutschlands und nach Hamburg die zweitgrößte Stadt in Norddeutschland. Bremen ist selbständiges Land der Bundesrepublik Deutschland. Es besteht aus 32 den Großstädten Bremen und Bremerhaven. Als Zwei-Städte-Staat auf 400 Quadratkilometern ist es kleinstes unter den 16 deutschen Ländern. Auf Landesebene hat es 663.129 Einwohner, davon in Bremen 544.853. und 118.276 in Bremerhaven. Bedeutung: Die Nummer 2 unter den Außenhandelsstandorten der Bundesrepublik Deutschland. Bremen hat 1.200 Jahre Geschichte, ist ein frühes Zentrum der christlichen Mission Nord- und Nordost-Europas und hatte eine bedeutende Rolle unter den Hansestädten des Mittelalters. International ist Bremen jedoch manchmal bekannter wegen seiner Rolle in einem Märchen, (es ist eben eine märchenhafte Stadt!) nämlich den Stadtmusikanten – auch wenn jeder weiß, dass die ja nie bis nach Bremen gekommen sind. Die Gebrüder Grimm haben ihre Geschichte als Märchen überliefert, Bremen hat ihnen ein Denkmal gesetzt: Den Bremer Stadtmusikanten, die, in ihrer Heimat vom Tode bedroht, in Bremen auf ein Überleben in Freiheit hofften. Ihre Skulptur in der klassischen Formation des aufeinander stehenden Quartetts von Esel, Hund, Katze und Hahn steht an der Westseite des Rathauses und wurde erst 1953 von dem Bildhauer Gerhard Marks geschaffen. Weitere Interpretationen der Stadtmusikanten finden sich auch in der Böttcherstraße und im Schnoor. Schnoor Der Schnoor ist ein erhaltenes Altstadtquartier eines mittelalterlichen Gängeviertels. Einst ein Stadtteil von Flussfischern, Handwerkern und Gewerbetreibenden, heute Ort exquisiter Läden, nostalgischer Kneipen, Restaurants und kuschelig-behaglichen Cafés. Liebevoll restaurierter Stadtbezirk, dessen Geschichte ins 13. Jahrhundert zurückreicht und dessen heute erhaltene Bausubstanz um 1500 entstand. Merkwürdigkeiten 1. Eiswette "Eiswette" heißt es und macht eigentlich keinen Sinn. Seit über 50 Jahren friert die Weser nicht mehr zu. Der begradigte Strom fließt zu schnell. Dennoch: Alljährlich am 6. Januar um 12 Uhr ist trotzdem Ortstermin am Punkendeich. Ehrwürdige Kaufleute in feinem Tuch werfen Steinchen ins Wasser und lassen von einem Notar 33 beurkunden, wie die Weser durch den Winter kommt: ob sie steht oder geht. Der Ausgang der Wette wird heute per Los entschieden, womit der Zweck des Unternehmens gesichert ist: Dass sich Verlierer finden, die hernach alles bezahlen, die Eiswette und das sich anschließende Festmahl für 500 Honoratioren (Mitglieder der Eiswette und ihre geladenen - sehr oft auswärtigen - Gäste) und die ganz freiwillig eine erhebliche Summe an Geld spenden. Es ist die größte jährliche Einzelspende, welche die ausschließlich aus Spendengeldern finanzierte Seenot-Rettungsgesellschaft erhält. 2. Spuckstein Man muss ihn suchen, so unscheinbar ist er: nicht mehr als ein Pflasterstein mit einem eingelassenen Kreuz. Der Stein an der Westseite des Doms bezeichnet die Stelle, an der 1831 - bei der letzten öffentlichen Hinrichtung in Bremen - die Giftmörderin Gesche Gottfried ihr Leben ließ. Der "erfolgreichsten Giftmischerin Deutschlands" waren 15 vollendete und 15 versuchte Morde nachgewiesen worden. Und noch heute äußern Bremer ihre Abscheu, mit zielgenauem Ausspeien auf den Spuckstein. 3. Bleikeller Mumien, Särge, Schrecklichkeiten: zu besichtigen im Bremer Bleikeller. Ein niemals restlos aufgeklärtes Phänomen bewirkt, dass Leichen in den Grüften des Domes mumifizieren. Wanderhandwerker, von denen man meinte, sie würden später einmal in ihre Heimat überführt, waren die ersten, die hier ihre letzte Ruhe fanden. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen auch hochwohlgeborene Tote hinzu, die seither im Bleikeller beigesetzt sind. 4. Domtreppenfegen Ein Schauspiel, das Auswärtigen ein Rätsel ist: Ein junger Mann, der zylinderbehütet und mit einem Besen versehen zum Dom marschiert, der unablässig fegt, während umstehendes Volk unaufhörlich "Kronkorken" auf den Domtreppen ausbreitet. Bis, ja bis ein junges Mädchen den Feger per Kuss erlöst. Eine Parade auf bremisch, die jedem Junggesellen droht, der an seinem 30. Geburtstag noch unverheiratet ist. Und während die Herren der Schöpfung die Domtreppen fegen, müssen junge Frauen gleichen Alters die Portal-Klinken putzen, bis, ja bis ... 5. Schaffermahlzeit Es ist das wohl älteste Brudermahl der Welt, das traditionsreiche Schaffermahl in der Oberen Rathaushalle. Es wird in Bremen seit 1545 alljährlich im Februar 34 ausgerichtet. An Neptuns Tafel, in der Form seines Dreispitz, versammelten sich einst Kaufleute, Reeder und Kapitäne, um mit ihren Geschäftspartnern aus aller Welt das Ende des Winters und den Beginn einer neuen Geschäftssaison zu feiern. Ebenfalls seit 1545 unabänderlich festgelegt: Die Speise- und Getränkefolge, die den Teilnehmern bis tief in die Nacht serviert wird. 6. Kohl und Pinkel "Kann man das essen?" Man kann! Auch wenn es auswärts bisweilen heißt, das Bremer Nationalgericht sei mindestens so unaussprechlich wie der vom Altbundeskanzler Kohl geschätzte Saumagen. Bremer hingegen schwören auf ihre Leibspeise, die aus reichlich Grünkohl unter Beigabe deftigen Fleisches von vielerlei Art besteht. Pinkel bezeichnet dabei einen speziellen Schweinedarm-Abschnitt, der mit Grütze verfüllt wird. Gegessen übrigens wird das Traditionsmahl vorwiegend mit Freunden und Kollegen anlässlich eines gemeinsamen Ausflugs. Womit auch die ur-bremische Vokabel "Kohl-und-Pinkel-Fahrt" erklärt ist. Leicht identifizierbar als eine Gruppe bremischen Volkes, die grünkohlgeschmückt und aufgeräumter Stimmung durch die Botanik der Bremer Umgebung zieht. Allerdings ist der Grünkohl keine Erfindung der Bremer, denn schon den Griechen in der Antike und den Römern war der Grünkohl bekannt und wurde von ihnen geschätzt. 7.Freimarkt Bremer bezeichnen den Freimarkt im Oktober als ihre "fünfte Jahreszeit" und feiern diese mindestens ebenso inbrünstig wie die Rheinländer ihren Karneval: mit prächtigen Umzügen, unter Aufhebung der polizeilichen Sperrstunde und mit der wunderbaren Wandlung des gemeinhin seriösen Bremers in einen Ausbund an Fröhlichkeit und Lebenslust. Wobei der Freimarkt nicht nur für Bremen ein ultimatives Ereignis ist. Er ist das größte Traditionsfest des Nordens und das älteste in Deutschland sowieso, gefeiert seit 1035. Bremer Produkte, sie haben ihren Platz auf den Märkten der Welt - oder sie finden sich weltweit in den Einkaufstaschen qualitätsbewusster Verbraucher. Ergebnis von Bremens herausragender Position in der Welt der Genüsse. Seit 1.000 Jahren ist Bremen zentraler Weinhandelsplatz, 700 Jahre zählt die Bier-Vergangenheit. Heute veredelt die Stadt jede zweite in Deutschland getrunkene Tasse Kaffee. Europaweit führend das einzigartige Netz potenter Nahrungs- und Genussmittelhersteller. Mit Spitzenkaffees der Marken-Ersten Jacobs, Eduscho, Melitta und HAG, Frühstücks-Snacks von Kelloggs, Schokolade von Hachez. 35 Kraft Foods, Tchibo, Frosta, Nordsee und Atlanta sind weitere Unternehmen, die von Bremen und Bremerhaven aus die globalen Märkte erobern. Gegenwärtig sind diese Wirtschaftszweige für Bremen besonders wichtig: Daimler AG: Der Autohersteller mit dem Gütesiegel des Mercedes-Sterns fertigt in Bremen rund um die Uhr die C-Klasse und sämtliche Sportwagenreihen wie den SLK, CLK oder den SL. Rund 16.000 Beschäftigte arbeiten hier im zweitgrößten Daimler Werk Europas. Übrigens auf dem ehemaligen Gelände des legendären Borgwardwerks. Luft- und Raumfahrt: Im europäischen Verbund der „Airbus Familie“ ist Bremen der zweitgrößte deutsche Produktions- und Entwicklungsstandort. Mit der Flügelendmontage für alle Airbus-Maschinen hat auch Bremen seinen Anteil am steilen Aufstieg von Europas erfolgreichster Jet-Generation, indem es bei Produktion und Entwicklung des neuen Megaliners A 380 eine zentrale Rolle spielte. Als operativer Hauptsitz der EADS SPACE Transportation wird von Bremen aus der Weltraum erobert. Mit der Konstruktion und Endfertigung des europäischen Weltraumlabors Columbus für die internationale Raumstation ISS, des europäischen ISS-Transportmoduls ATV (Automated Transfer Verhicle) sowie der Trägersysteme für das Ariane-Programm schlägt in Bremen das Herz der europäischen Raumfahrtindustrie. Uns hat es nach La Paz in den Bremer Stadtteil Neue Vahr im Osten der Stadt verschlagen. Ein Stadtteil Bremens, der erst in den 60er Jahren gebaut wurde. Äußerlich grün und angenehm zeigt sich erst beim zweiten Blick, welche sozialen Probleme sich hier bergen. Hohe Arbeitslosigkeit, viele kaputte Familien, Harz IV Empfänger. In unserem kirchlichen Kindergarten haben 80% der Kinder einen Migrationshintergrund. Integration – wie soll das gehen? Doch wir haben zusammen mit einem 4-Sternehotel ein sagenhaftes Projekt gestartet, das inzwischen auch bundesweite Resonanz erfahren hat. Es ging aus von dem Hoteldirektor Marc Cantauw, der nicht hinnehmen wollte, dass montags die Kinder mit so leerem Magen in den Kindergarten kamen, dass der Koch fast das Doppelte kochen musste. So startete das Projekt Mahlzeit (www.mahlzeitbremen.de), das seit einem Jahr jeden Sonntag kostenlos ein warmes Essen ausgibt, gekocht und finanziert vom Hotel. Dieses Projekt ist nun von der Bertelsman-Stiftung unter 800 Projekten ausgewählt worden, und wird mit neun anderen im Februar in Berlin öffentlich vorgestellt und ausgezeichnet. Der Hoteldirektor ist wegen seines Einsatzes sogar vom Bundespräsidenten eingeladen worden, an den Feierlichkeiten zum 60. Jubiläums der Gründung der Bundesrepublik teilzunehmen. Dieses Beispiel zeigt eine der positiven Seiten der Bremer Kaufmannschaft: Man verdient sicher gut mit dem, was man tut und womit man handelt – aber das soziale Engagement gehört jedenfalls bei den 36 alten Bremer Familien untrennbar dazu. Wir freuen uns, dass dieses Projekt in unserer Kirchengemeinde Heilig-Geist stattfindet. Und wenn dann mal etwas freie Zeit übrig bleibt, gehen wir sehr gerne im nahe gelegenen Rhododendronpark spazieren. 8.Rhododendronpark Er gehört zu den größten seiner Art und begeistert alljährlich im Mai mit einem Blütenrausch von einzigartiger Farbenpracht. Der Bremer Rhododendronpark umfasst die umfangreichste Sammlung von Rhododendren-Kulturen auf dem europäischen Festland mit über 450 Arten, 350 Unterformen, 350 Azaleen-Sorten und 250 weiteren Arten an verwandten Immergrünen. Das Schauhaus „botanica“ präsentiert ein einmaliges Natur-Erlebniszentrum und führt u.a. in die faszinierende Bergwelt des Himalaya. Als Park ist diese Grünanlage freilich nur einer von vielen, die in besonderer Weise das Bremer Stadtbild prägen. Mit 140 Hektar der größte: Der Bürgerpark am Rande der Innenstadt, 1865 als englischer Landschaftsgarten geschaffen. Aber eigentlich komme ich ja gar nicht aus dieser Region Bremen, sondern aus dem Norden. Dort haben die Bremer, als die Weser immer mehr versandete, den Hafen Vegesack gegründet (hier wurde den Seeleuten der Geldsack „gefegt“). Es ist eine kleine Hafenregion, mit niedrigen Häusern, eher skandinavisch als hanseatisch anmutend. In den angrenzenden Dörfern haben sich dann viele ehemalige Kapitäne von Walfängerschiffen niedergelassen. Man erkennt noch heute einige der Häuser daran, dass sie am Eingang oder im Garten riesige Walkiefern aufgestellt haben. Im Norden Bremens hat es große Werften gegeben, die aber bis auf kleine Spezialwerften für Jachten und Kriegsschiffe (A+R, Lürssen) nicht mit den internationalen Preiskämpfen konkurrieren konnten. . 37 Weitere bekannte Bremer: Pastor Joachim Neander, der Kolonialkaufmann Franz Adolf Eduard Lüderitz, der Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde, der Bundesminister Jürgen Trittin, der Designer Wilhelm Wagenfeld, die Fernsehmoderatoren Hans-Joachim Kulenkampff und Bärbel Schäfer, der Schriftsteller und Musiker Sven Regener. 1834, 16. Juli, Franz Adolf Eduard Lüderitz, † 30. Oktober 1886 im OranjeFluss in Südwestafrika, Großkaufmann und Begründer der Kolonie DeutschSüdwestafrika 1872, 12. Dezember, Heinrich Vogeler, † 14. Juni 1942 im Kolchos Budjonny bei Kornejewka (Kasachstan), deutscher Maler 1878, 26. Januar, Rudolf Alexander Schröder, † 22. August 1962 in Bad Wiessee, Innenarchitekt, Maler, Dichter („Wir glauben Gott im höchsten Thron“, „Abend ward bald kommt die Nacht“) 1890, 8. Oktober, Henrich Focke, † 25. Februar 1979 in Bremen, Flugzeugkonstrukteur (Gründer der Fa. Focke-Wulf AG) 1914, 14. Dezember, Karl Carstens, † 30. Mai 1992 in Meckenheim, Bundespräsident (1979–84), Bundestagspräsident (1976–1979), Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag (1973-1976), Staatssekretär und Chef des Bundeskanzleramts (1967–1969) 1938, 31. Oktober, Henning Scherf, Bremer Politiker (SPD), Senator, Bürgermeister und Präsident des Senats Quellen: www.bremen.de u.a. Heinz-Martin Krauß 38 Laboratorios Droguería INTI S.A. In Fortsetzung unserer Serie „Unternehmen vorgestellt“ möchten wir Sie in dieser Ausgabe des Monatsblatts mit einem der wohl bekanntesten und zudem seit über 70 Jahren in deutscher Hand befindlichen Unternehmen Laboratorios Droguería INTI S.A. bekannt machen. Wir nutzten die einmalige Gelegenheit, im November 2008 die Produktionseinrichtungen der Firma in El Alto zu besichtigen, um Ihnen einen Eindruck vom Hintergrund des Erfolges des Unternehmens vermitteln zu können. Die AHK hatte zu einer Besichtigung eingeladen und eine Gruppe von etwa 25 Interessierten das Angebot gern angenommen. 1936 in Miraflores gegründet, waren in den 90iger Jahren alle Möglichkeiten der Erweiterung erschöpft und eine neue Fertigungsanlage musste geschaffen werden. Als Ort dieser Erweiterung bot sich damals schon El Alto an. Kurze Wege zu den Märkten in Bolivien und Peru und keine Platzprobleme waren die Hauptgründe für diese Standortwahl. Während im Zentrum von La Paz nach wie vor der Vertrieb der INTI – Produkte organisiert wird, ist die etwa 2 ha große Fertigungsanlage in El Alto für die Produktion und Konfektion des breiten Angebots sowie die Lagerung der Rohstoffe bestens geeignet. Geschäftsführer Christian Schilling begrüßte die wissbegierige Schar und stellte uns Dr. Gallo vor, der in El Alto für die Qualitätssicherung der Produkte zuständig ist. Er führte uns zunächst in den Lagerbereich des Betriebes, wo in modernen Hochregalen die Vielzahl der Rohstoffe aus aller Herren Ländern, aber auch die zum Versand bereiten Endprodukte zu finden sind. Alle eingehenden Rohstoffe werden einer Qualitätsprüfung unterzogen, um fehlerhaften Endprodukten vorzubeugen. Ein wichtiger Beitrag zu hochwertigen Produkten ist auch die aufwendige Eigenproduktion von pharmazietauglichem Wasser, das natürlich hohen Anforderungen an die Reinheit entsprechen muss. Hierzu verfügt das Unternehmen über eigene Brunnen und Reinigungsanlagen. Als gesundheitsrelevante Produktionsfirma unterliegt INTI natürlich der Kontrolle des bolivianischen Gesundheitsministeriums. Die etwa 200 Produkte der Firma werden überwiegend in Bolivien durch ein eigenes Vertriebsnetz verkauft. Exportiert wird nach Paraguay, Peru und auch nach Deutschland. INTI stellt auch im Auftrag größerer Firmen, für die sich eine eigene Produktion in Südamerika nicht lohnt, Produkte in Lizenz oder als Gestattungsproduktion her. Die Produktion für andere Firmen ist natürlich nur durch die Anerkennung INTIs als Firma mit GMP (Good Manufacturing Practics) überhaupt möglich. Von den 550 Mitarbeitern sind 110 in der Produktion tätig und die restlichen im Vertrieb und Marketing der Produkte. Dieses scheinbare Missverhältnis ist bei 39 ähnlichen Unternehmen, übrigens auch in Europa, durchaus üblich, denn der Weg der Produkte zum Kunden geht sich nicht von allein. Christian Schilling bei der Begrüßung der Gäste Ein kleiner Eindruck von der Größe der Anlagen 40 Ein Teil des umfangreichen Sortiments Die „Mentisan“-Abfülleinrichtung in klimatisierten und besonders sauberen Räumen Text und Fotos: Franziska Sörgel/Werner Preiss 41 Computer & Co. SSD - Speicher bald als Festplattenersatz? Nach kurzer Unterbrechung unserer langjährigen Serie möchte ich Sie heute über ein neues Produkt im Bereich der Computertechnik informieren und – vor eventuellen Fehlinvestitionen warnen. Bis zum heutigen Tag werden, die übrigens von dem deutschen Physiker Peter Grünberg(Jülich) wesentlich mit entwickelten so genannten Festplatten, zur Speicherung von Anwendungsdaten und Programmdateien in unseren PCs und Notebooks verwendet. Diese magnetischen Speichermedien funktionieren zwischen 100000 und 1000000 Betriebsstunden, sind zwischen 1“ und 3,5“ groß und arbeiten so lange problemlos, bis man sie aus Versehen mal beim Ausbauen oder wechseln auf dem Boden fallen lässt. Mechanische Gewalt vertragen diese recht kompakten und schweren Bauteile nämlich gar nicht. Grund dieser Empfindlichkeit ist das sensible Innenleben: Die Metallscheiben zur Datenspeicherung werden durch Mikromotoren mit bis zu 10000 U/Minute gedreht, damit ein empfindlicher Lesekopf die unterschiedlichen magnetischen Zustände möglichst schnell auslesen und an den Nutzer des PC oder Notebooks weitergeben kann. Gerade bei mobilen Rechnern besteht dadurch häufig die Gefahr eines Datenverlustes, da nur Spezialfirmen in der Lage sind, die Daten zu retten, wenn die Festplatte ihren normalen Dienst versagt. 1 2 1 Speicherplatte 2 Schreib- und Lesekopf Als Ausweg kennen wir als PC – Nutzer schon lange die Sicherheitskopie auf optischen Speichermedien wie CD oder DVD und auf USB – Speichersticks. Bis vor 2 Jahren waren gerade diese Sticks noch sehr teuer und bestenfalls in Größen bis 2 GB zu haben. Das hat sich inzwischen grundlegend geändert und heute sind Kapazitäten bis 16 GB bereits für 20 Euro verfügbar. Dieser Verfall der Preise für Speichermedien, verbunden mit einer starken Erhöhung der Speicherdichten machte den Beginn der Entwicklung der so genannten SSD – Speicher möglich. SSD bedeutet Solid State Disk und ist eigentlich ein völlig irreführender Name, denn zumindest der dritte Teil (Disk) 42 ist Unsinn, denn eben diese gibt es in diesen Datenspeichern nicht mehr. Das Speichermedium sind Halbleiterwerkstoffe ohne bewegliche Teile, die ihre Speicherfunktion aufgrund ihrer atomphysikalischen Eigenschaften wahrnehmen können. Es gibt keine rotierenden Teile und demzufolge auch kaum Stoßempfindlichkeit bei diesen neuen Speichern. Eine Beeinflussung durch starke Magnetfelder ist ebenfalls nicht gegeben. Die Größe dieser Speichermedien kann wegen der hohen Datendichte stark reduziert werden. Hinzu kommt der angenehme Nebeneffekt der völligen Lautlosigkeit beim Betrieb. Vor- und Nachteile der Anwendung von SSD-Speichern Zu den bereits genannten Vorteilen kommen noch weitere wichtige hinzu: - schnelle Zugriffszeiten auf gespeicherte Daten (besonders wenn es sich um weniger große Datenpakete handelt, z.B. in Datenbanken) - Halbierung des Gewichts(bezogen auf gleich große Festplatten) - geringerer Stromverbrauch(verlängert die Akku-Laufzeiten bei mobilen Rechnern) Nachteile sind in diesem Entwicklungsstadium einer neuen Technik natürlich auch nicht zu verschweigen: - noch geringe Speicherkapazitäten(im Vergleich zu herkömmlichen Festplatten) - beschränkte Zahl paralleler Schreibzugriffe auf den Speicher(bedingt durch Probleme mit den Controllern dieser Speicher) - große Qualitätsunterschiede bei den verschiedenen Herstellern 43 - hohe Preise - niedrigere Datentransferraten(vor allem bei großen Dateien) Trotz der relativ hohen Kosten setzt bereits eine ganze Reihe von Herstellern die neuen Speichermedien ein. Vor allem in Mobilrechnern kommen SSDs zum Einsatz. Apple bietet sein 2008 vorgestelltes Mac Book Air auch mit SSD Speicher an. Für die Standard – Variante mit 80 GB Festplatte verlangt der Hersteller 1699 Euro. Wer die gleiche Konfiguration mit 64 GB SSD wählt, muss 2598 Euro auf den Tisch legen. Auch Lenovo(früher IBM) bietet sein Thinkpad X300 mit SSD – Speicher an. Je nach Ausstattung werden hier zwischen 2500 und 2750 Euro fällig. Bei Dell bewegen sich die Aufpreise zwischen 200 und 750 Euro. Erfahrungsgemäß ist ein einmal gestarteter technologischer Trend nicht aufzuhalten und wird sich in den kommenden 3-5 Jahren durchsetzen, aber die Hersteller haben noch eine große Entwicklungsarbeit zu leisten, um mehr Kunden von ihren Produkten zu überzeugen. Als Tipp für unsere Leser sei gesagt: Wer sich heute ein Notebook mit konventioneller SATA – Festplatte und 500 GB Speicherkapazität zulegt, kann in Ruhe die weitere Entwicklung abwarten, ohne als Technikmuffel zu gelten – er sollte es aber auch nicht vom Tisch fallen lassen. Werner Preiss 44 Ewige Jungs Abenteuergeschichten aus Bolivien von Friedrich Ahlfeld Friedrich Ahlfeld ist dem aufmerksamen Monatsblatt-Leser bereits als Naturkundler gut bekannt. Er lebte sein langes Leben von 1892 bis 1982 hauptsächlich in Bolivien. Als Geowissenschaftler hat er ganz entscheidend zur geologischen, mineralogischen und lagerstättlichen Erkundung des Landes beigetragen. Nun liegt ein hübsches Bändchen mit Erzählungen vor, das ihn in einem ganz anderen Licht zeigt. Als Reisenden und Abenteurer in Bolivien, als übermütigen Naturburschen, der waghalsige Kletterpartien unternimmt, spontan Fünftausender ersteigt, im Wettlauf mit Kumpanen Flüsse durchquert und im Titicacasee tollt. Bolivien als unerschöpflicher Abenteuerspielplatz für Jungs in jedem Zeitalter. Das führt uns Ahlfeld in neun Reisegeschichten vor, deren Routen noch heute erlebenswert sind. Eine seiner Wanderungen (heute würde man sagen Trekking-Touren) führt ihn einmal rund um den Illimani, eine andere auf den Huallatiri jenseits der chilenischen Grenze, eine weitere auf den Chorolque. Bekanntere Ziele wie die Sonneninsel und Potosí findet man ebenfalls in der Zusammenstellung. Doch erscheint alles in einem eigenen Licht. Ahlfelds Liebe zum Land und seine leichtentzündliche Begeisterung für Naturschönheiten wirken noch heute ansteckend. Die Erzählungen und Reisen sind undatiert, aus seinen Lebensdaten geschlossen, müssen sie deutlich in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts stattgefunden haben. Von einigen Käuzen und Sonderlingen, die zu dieser Zeit in Bolivien gehaust haben, berichtet Ahlfeld ebenso wie von Abenteurern aus Europa, die entweder hofften, hier sagenhafte Schätze zu heben oder sich zumindest durch die Leichtgläubigkeit von den Aktionären ihrer Expeditionen solche vorsätzlich zusammenspekulierten. Auch wenn ich als multifunktionale Hausfrau und Mutter des 21. Jahrhunderts bestimmt nicht zu der Zielgruppe gehöre, die der junge Ahlfeld bei seiner Reiseschriftstellerei im Sinn hatte, hat mir die Lektüre große Freude bereitet. Dies nicht zuletzt wegen seines kavalierhaften Stils, der zum einen der Entstehungszeit geschuldet ist und zum anderen an den „Inselstil“ von Autoren wie Kafka erinnert, an denen die Sprachverjüngung im deutschen Mutterland vorbeigezogen ist. Formulierungen wie „Dort […] von wo ich vor kaum acht Wochen des Titicaca volle Schale geschaut (habe)“ könnte man den jungen DeutschSchülern der Colegio Alemán durchaus wieder nahe legen. Das Büchlein – für dessen Edition Christian Neumann-Redlin aus Cochabamba verantwortlich ist – kommt unaufwändig als Taschenbuch daher. Es ist jedoch sorgfältig ediert. Die Karten zu jeder Geschichte sind eine echte Bereicherung und die Fotos, die extra auf gestrichenem Papier eingebunden sind, von erstaunlich guter Qualität. Ein weiteres 45 Plus ist die konsequente Zweisprachigkeit (Deutsch/Spanisch), wodurch sich nicht nur die Zielgruppe erweitert – besonders Ehrgeizige können auch noch sprach-didaktischen Nutzen daraus ziehen. Einige charmante Satzfehler verzeiht man der Ausgabe gerne – der Blocksatz hat nun mal seine Tücken – siehe Monatsblatt. Sowohl als Reisebegleiter, als kalorienarmes Gastgeschenk oder als Kameraden vor dem heimischen Kaminfeuer lässt sich dieses Buch guten Gewissens empfehlen, da es den Blick sowohl in die Landschaften als auch in die Geschichte Boliviens vertieft. Franziska Sörgel 46 Da war doch mal was... Im Heft 3-2007 unseres Monatsblatts gab es zum ersten Mal in seiner Geschichte einige farbige Innenseiten. Wer sich erinnern kann, wird wissen, es war damals immerhin ein Weltrekordversuch, der uns zu dieser Ausschweifung veranlasst hat. Auf dem Acotango strebte die Kapelle Roggenzell aus Bayern unter Beteiligung von Philipp Knill, der damals bei der Deutschen Botschaft arbeitete, den Höhenkonzertweltrekord an. Jetzt können wir vermelden, dass der Rekord tatsächlich anerkannt worden und im Guinness-Buch 2009 auf Seite 240 zu finden ist. Unser Redaktionsmitglied Dr. Hans Schoeneberger hat seinem Sohn das seltene Exemplar entwendet, so dass wir den Text als Beleg für Sie nachliefern können. Die Redaktion 47 Wandern am Ende der Welt Der südlichste Trekkingweg der Welt ist der „Circuito de los Dientes“ – sagt der Reiseführer von Lonely Planet. Falsch. Die Viertageswanderung zum Lago Windhond geht noch ein bisschen südlicher und ist nebenbei um einiges schöner. Puerto Williams, Isla Navarino, Chile. 55. Breitengrad. Auf der Nordhalbkugel endet auf dieser Breite gerade einmal Deutschland. Auf der südlichen Hemisphäre aber sind nicht nur die Jahreszeiten anders. Ozeanien reicht nur bis zum 47. Breitengrad, Afrikas Kap der Guten Hoffnung liegt nicht einmal auf 35° Süd. Und so ist der 2000-EinwohnerOrt Puerto Williams, von der Hauptinsel Feuerland durch den BeagleKanal getrennt, der südlichste Vorposten der Zivilisation, mit Supermärkten, Internetcafé und Geldautomat. Puerto Williams nimmt seinen Status ernst. Wenn hier schon die Zivilisation endet und gleich am Ortsrand die Wildnis und das Abenteuer beginnen, dann muss man vorher einfach noch einmal sehr zivilisiert sein. Die Einwohner sind ausgesprochen gastfreundlich und aufgeschlossen; die Häuser übrigens auch. Der Ort ist so sicher, dass die meisten Leute ihre Türen nicht zusperren, und es ist keine Seltenheit, wenn jemand im geparkten Auto den Schlüssel stecken lässt. Auch das Hostal Coirón, eine von etwa einem halben Dutzend Unterkünften, hat seinen ganz speziellen Charme. Man fühlt sich sofort wohl. Ein Feuerchen knistert gemütlich im Wohnzimmer, und der Neuankömmling bekommt gleich mal einen Tee oder Kaffee angeboten. Ob von den Verwaltern des Hostals oder von anderen Gästen, kann man nie so genau wissen, denn die Verwalter wohnen woanders im Dorf und sind oft nicht da. Dann wird der Laden eben in schönster Anarchie ein paar Stunden lang von den Gästen selbst geschmissen. Existenzgrundlage von Puerto Williams ist nach wie vor der Militärstützpunkt; den Charakter bekommt der Ort aber durch Menschen, die von überall her und aus den verschiedensten Gründen zugewandert sind. Da ist z.B. Luis, der bei der Feuerwehr arbeitet und nebenher den Kiosk von „Turismo Shila“ betreibt, weil sich das zeitlich gut vereinbaren lässt. Der Kiosk bietet ein erstaunliches Sortiment an Ausrüstung zur Miete an. Man hat nicht das Gefühl, dass er besonders viel Geschäft damit macht. Man hat auch nicht das Gefühl, dass Luis das irgendwie stört. Mir leiht er zwei „Topoguias“, Wanderbroschüren des chilenischen „Ministerio de Bienes Nacionales“. Ohne Gebühr, nur mit der Bitte, sie nach der Wanderung zurückzugeben, weil er nicht viele Exemplare davon hat. Dann ist da Denis, Tee-Gourmet und Consultor aus Genf. Er gehört zu den Pionieren des Tourismus auf Navarino und hat bei der Kartographie der Insel und der Markierung der Wanderwege mitgewirkt; so wenig 48 erforscht war die Gegend, dass nun eine Gruppe von Seen südlich der Dientes-Berge seinen Namen trägt. Nach wie vor führt er Wandergruppen, aber für einen Einzelwanderer wie mich wäre das ziemlich kostspielig. Die Beratung in seinem Haus ist hingegen kostenlos, Mango-Tee inclusive. Und dann ist da natürlich noch Loreto, die eigentlich aus Valdivia stammt und den vermutlich südlichsten Rhabarberkuchen der Welt verkauft. Ihr „Angelus Café“ ist so etwas wie das Touristenzentrum von Puerto Williams. Man kommt auf einen Kaffee oder eine Kleinigkeit zu essen, quatscht sich fest und muss aufpassen, dass es einem nicht so geht wie mir: Ich fühlte mich so zuhause, dass ich zu zahlen vergaß. Loreto erinnert einen nicht daran. Die meisten Leute kommen zurück, um zu zahlen, sagt sie. Und die anderen zahlten irgendwann in ihrem Leben auf eine andere Weise. Aber man reist natürlich nicht nach Puerto Williams, um Rhabarberkuchen zu essen und mit Feuerwehrmännern zu plaudern. Manche kommen allein wegen des Ende-der-Welt-Gefühls, das Ushuaia zwar vermarktet, aber tatsächlich Puerto Williams hat. Die meisten wollen wandern, den „Circuito de los Dientes“, den Rundweg um die gezackten Berge Navarinos. Ist es doch der laut Lonely Planet südlichste Wanderweg der Welt. Die noch ein bisschen südlichere Wanderung zum Lago Windhond – landschaftlich vielseitiger, geschützter, besser markiert und mit dem zusätzlichen Pluspunkt eines Refugios nahe am See – wird lediglich in einem kurzen Satz erwähnt („From here a rougher track continues down south to Lago Windhond.“). Beide Treks sind nicht gerade überlaufen. Aber während der Dientes-Rundweg jährlich vielleicht von 500 Wanderern gegangen (oder zumindest begonnen) wird, dürften sich kaum 50 auf den Weg zum Windhundsee machen. In jener Woche im Dezember 2008 bin ich der einzige. Ich habe mich gut vorbereitet. Habe ein sehr gutes Zelt, einen warmen Schlafsack, Regenkleidung, zwei paar Wanderschuhe plus Trekkingsandalen, einen Spirituskocher mit genug Brennstoff, und viel zu essen dabei. Zur Orientierung dienen ein GPS-Gerät, eine Wanderkarte und ungefähr vier verschiedene Wegbeschreibungen. Geplant ist eine Wanderung von vier Tagen, mein Proviant reicht vermutlich für sechs, wodurch der Rucksack geschätzte 25 Kilo wiegt. Es ist der 14. Dezember 2008. Ich habe mich bei den Carabineros abgemeldet. Sollte ich nicht bis zum 18. Dezember zurück sein – ein Tag Puffer – würde man mich suchen. Ein tröstliches Gefühl, denn ich muss damit rechnen, dass ich auf der ganzen Wanderung keiner Menschenseele begegne. Warum mache ich das eigentlich? Ich bin kein gewohnheitsmäßiger Extremwanderer. Ich suche nicht gerade die Gefahr, und für risikoreiche Trendsportarten bin ich viel zu ängstlich. Jetzt aber gehe ich los, völlig auf mich allein gestellt, wissend, dass mich vor dem 19. Dezember ganz 49 bestimmt niemand vermissen wird. Ich bin einfach weg – nicht zu erreichen, auch nicht mit dem Handy. Das liegt natürlich zum einen daran, dass ich überhaupt kein Handy habe, zum anderen gäbe es während der Wanderung ohnehin keinen Empfang. Tatsächlich ist das Risiko ja gar nicht so groß, sage ich mir. Habe ich mich jemals auf einer Wanderung ernstlich verletzt, so dass ich nicht mehr weitergehen konnte? Nein. Andererseits: Wenn es nun gerade dieses Mal ...? Auf dem ersten Anstieg zum Cerro Bandera, immerhin von Meereshöhe auf 590 Meter, macht sich das Gewicht des Rucksacks doch deutlich bemerkbar. Immerhin ein Trost: Mit jeder Pause, mit jedem Brötchen wird es weniger werden. Also mache ich oben erstmal Rast und esse eines. Auf dem Cerro Bandera. Unten liegt Puerto Williams, der Beagle-Kanal, gegenüber die Hauptinsel Feuerland. Danach geht es lange Zeit an einer Bergflanke entlang, immer knapp oberhalb der Baumgrenze, die hier auf diesen südlichen Breitengraden recht konstant bei 450 bis 500 Metern liegt. Es sind Lenga, kleine, krüppelige Südbuchen, die die Baumgrenze bilden, kaum 50 Zentimeter hoch. Weiter unten, in geschützten Lagen, bildet diese erstaunlich anpassungsfähige Pflanzenart gewaltige, 20 Meter hohe Bäume. Irgendwo am Berghang rutscht meine Wasserflasche aus ihrer Halterung 50 und rumpelt zehn Meter weit in ein Wäldchen. Nach einer mittleren Kletterpartie rette und schimpfe ich sie. Seltsam: Kaum 100 Meter weiter liegt noch eine Wasserflasche auf dem Weg, die ein anderer Wanderer verloren hat. Es scheint eine Passage zu sein, auf der häufiger Wasserflaschen abhanden kommen. Man sollte Warnschilder aufstellen. Vor dem Abstieg zur Laguna del Salto beginnt sich das bisher unmotivierte Nieseln in ernsthaften Regen zu verwandeln. Der Abstieg ist steil und steinig, ich rutsche einmal weg, aber es passiert nichts. Es darf auch nichts passieren. Noch bin ich zwar auf dem DientesRundweg, wahrscheinlich kämen morgen andere Wanderer des Wegs, aber ich will ja noch weiter. Eigentlich wollte ich sogar an diesem Tag noch weiter, aber angesichts des Wetters, und da man am ersten Wandertag ohnehin nicht übertreiben soll, beschließe ich zu bleiben. Es regnet die ganze Nacht durch, aber morgens, nette Überraschung, ist das Wetter schön. Es geht bergauf mit mir: vom See zu drei Bergpässen, erst der Paso Primero, dann der Paso Australia, schließlich der Paso de los Dientes. Zeitweise regnet oder schneit es leicht, aber der Wind, der hier extrem heftig sein kann, ist nur schwach. Ein paar Schneefelder sind zu queren oberhalb eines noch teilweise zugefrorenen Sees, es ist schließlich erst Frühsommer. Immer die Markierungen im Blick behalten!, sagt der Topoguia, die chilenische Wanderbroschüre. Dumm nur, dass da keine Markierungen mehr sind. Das Wetter der letzten sieben Jahre hat sie mitgenommen. Gegen 12 Uhr 30 erreiche ich die Weggabelung. Der Dientes-Rundweg wendet sich nach Westen, zum Windhundsee geht es geradeaus Richtung Süden. Bisher bin ich niemandem begegnet, ab jetzt wird es noch unwahrscheinlicher. Also höchste Vorsicht und Aufmerksamkeit, wieder der Gedanke: Vor Freitag wird niemand nach dir suchen. Heute ist Montag. 51 Blick Richtung Süden. Irgendwo dahinten muss der Lago Windhond liegen. Das Gelände war bisher eher unangenehm: Schutthalden mit großen, aber dennoch oft instabilen Steinen. Auf dem Dientes-Rundweg bliebe das vier Tage lang so. Auf meinem Weg dagegen geht es hübsch durch ein Wäldchen bergauf, nur habe ich wieder einmal die Markierungen verloren, und die GPS-Punkte des Topoguia weichen um 60 bis 200 Meter von meinen angezeigten ab. Na toll. Irgendwann nach dem Wäldchen finde ich die Markierungen wieder und mache mich auf den Weg zum Gipfel des Monte Bettinelli, dem höchsten Punkt der Tour, 883 Meter. Von dort oben, hieß es, hat man einen fantastischen Blick nach Süden zum Wollaston-Archipel, zu dem Kap Hoorn gehört. Das kann ich leider nicht bestätigen. Denn als ich oben bin, sehe ich: nichts. Nichts als dichten Nebel, so dicht, dass ich nicht von einem Steinmännchen zum nächsten schauen kann. Erkennen kann ich, dass es am Rand atemberaubend bergab geht. Schneefelder kleben an steilen Hängen. Immerhin ist es windstill, die Gefahr, von patagonischen Sturmböen mal eben über die Kante geschubst zu werden, besteht nicht. Ich reime mir mit Hilfe der Beschreibungen des Topoguia die Richtung zusammen, sie erweist sich als zutreffend. Es ist vielleicht 16 Uhr, meine Stimmung ist eigentümlich gelassenkonzentriert. Die Wichtigkeiten verschieben sich vom Materiellen zum Elementaren. Ob der Italiener aus dem Hostal Coirón sich mit meinen 52 Wertsachen aus dem Staub gemacht hat? Völlig egal. Wichtige Frage hingegen: Was tun, wenn der Nebel so dicht wird, dass ich nicht mehr weiter kann? Die Antwort: Dann gehe ich zurück, und morgen nach Puerto Williams. Und wenn es so dicht wird und bleibt, dass ich nicht einmal zurückgehen kann? Dann bleibe ich in dieser Senke, in dieser Art Krater, der etwas Windschutz bietet, und ruiniere dabei die Zeltunterlage, das Zelt und vielleicht auch den Schlafsack. Aber mir würde nichts passieren. Hauptsache: sich nicht verletzen. Nicht irgendwo abstürzen. Man geht anders, wenn man in solchem Gelände allein unterwegs ist: bewusster, vorsichtiger, langsamer. Aber die angekündigten Gefahrenstellen erweisen sich als weniger schlimm als befürchtet. Die Sicht wird auch besser, und irgendwann befinde ich mich auf einem angenehmen Weg bergab, an Seen vorbei, über eine Ebene, auf den Wald zu. Die Waldgrenze erwartet mich, ordentlich wie eine Hecke. Der Weg durch den Wald ist ein Genuss, ein Traum von Frühling. Es ist ganz still. Die einzigen Zivilisationsgeräusche sind meine Schritte. Der Weg hinunter zum Rio Windhond, immer noch durch den Wald, erfordert dann noch einmal höchste Konzentration, denn er ist steil, rutschig, und das Gepäck beschleunigt mich unnötig. Ich bin froh, als ich heil unten bin. Ich überquere den Windhundfluss auf einem breiten Baumstamm, danach folgt noch ein Waldstück, und dann zweieinhalb Kilometer durch einen Turbal, ein sumpfartiges Gebiet mit weichen Moosen und Tümpeln, angenehm federnd. Ich gehe einfach, es ist schön, das Licht, die Farben in der einsetzenden Dämmerung. Das Wetter ist ruhig, ich bin müde von der langen Wanderung und gehe auf Reserve, aber noch nicht im roten Bereich. Es ist paradox, aber manchmal kann Erschöpfung ein Treibstoff sein. Die Füße tun weh, die Hüfte tut weh. Ich freue mich darauf, endlich das Refugio zu erreichen. Auf dem letzten Stück ist der Weg nicht klar zu erkennen, ich wühle mich durch den Wald, auf die GPS-Daten ist auch wieder kein Verlass. Aber dann finde ich den Weg wieder, da ist sogar ein richtiger Wegweiser, und dann: die Hütte! 53 Das Refugio Charles. Ende eines langen Wandertags. Es ist kurz nach 21 Uhr. Ich bin über 11 Stunden unterwegs gewesen, mit zweimal einer halben Stunde Rast, sonst nur kurze Pausen zum Orientieren, Anziehen, Ausziehen, bisschen Trinken. Alle Wetter waren dabei, Regen, Wind, keinen Wind, Sonne, Schneegeriesel. Die Füße, die Schultern und einiges dazwischen schmerzt, aber mir geht es gut. Ich habe nicht einmal Blasen an den Füßen. Merkwürdig, wie sich manches ändert: Gestern, am Lago del Salto, hätte ich mich noch über die Gesellschaft anderer Wanderer gefreut. Heute hoffe ich, dass niemand außer mir da ist. Die Hoffnung erfüllt sich. Ich bin allein. Zelt aufbauen, Sachen auspacken, kochen. Das Refugio ist dunkel, schmutzig und nicht in allerbestem baulichem Zustand. Aber es ist ein Refugio, und somit ist es wunderbar. Eigentlich sollte man meinen, dass man nach einem solchen Wandertag schläft wie ein Toter. Aber ich wache wesentlich öfter auf, als Tote das gemeinhin tun. Nachts ist es ziemlich stürmisch, gegen 4 Uhr 30 wird es hell und beginnt zu regnen. Es regnet immer noch, als ich um 8 Uhr 15 aufstehe und frühstücke. Aber wenn auf eines bisher Verlass war auf dieser Wanderung, dann ist es der Wechsel. Und so ist es auch diesmal. 54 Der Wind wischt die Wolken beiseite wie ein schlechtes Argument, und ich gehe die zehn Minuten zum See. Der Windhundsee. Endpunkt der Träume, Südpunkt der Tour. Als kurz die Sonne herauskommt, nehme ich das als Zeichen, dass ich baden soll. Das Wasser ist eiskalt und sehr flach. In Ermangelung eines Handtuchs wische ich mir das Wasser vom Körper und lasse mich zusammengekauert trocknen, nackt wie ein Feuerland-Indianer. Dass ich erst um 12 Uhr 30 loskomme, macht nichts, denn die dritte Tagesetappe ist vergleichsweise kurz und angenehm zu gehen, zudem ist es ja sehr lange hell. Nervig sind nur die Stellen, wo Biber gewütet haben und Baumstämme wie Mikadostäbe kreuz und quer liegen. Das ist kein Wandern, sondern ein ständiges Klettern, Untendurchtauchen und Ausweichen, in einer Stunde komme ich meinem Ziel nicht einmal einen Kilometer näher. Blöde Tiere, dumm wie Menschen! Machen sich auf Dauer ihre eigene Lebensgrundlage kaputt. Der Biber, auf spanisch „Castor“, ist hier eigentlich nicht heimisch, sondern wurde vor Jahren aus Nordamerika eingeführt und fühlt sich mangels natürlicher Feinde sehr wohl. Na bitte, denke ich mir, ich war ja schon immer gegen CastorTransporte! Die Risiken sind einfach zu groß. Und wenn man sie dann doch durchführt, muss man sich über Castor-Blockaden nicht wundern. 55 Ich rufe ein paar deftige Biber-Beleidigungen in die Landschaft, die niemanden interessieren, am wenigsten die Biber selbst, und freue mich auf Sumpf und Wald. Warum ist ein solcher Genuss, allein in der Wildnis unterwegs zu sein? Ich habe da meine eigene Theorie. Zum einen ist es gar nicht so einfach, mehrere Tage lang weg zu sein von allem, von jedem menschlichen Kontakt und jeder Kommunikation. Und zum anderen verliert vieles seine Kompliziertheit. Das Leben wird einfach. Für ein paar Tage drehen sich die innermenschlichen Hierarchien um. Zuhause gibt der Geist den Ton an, er sagt z.B., dass noch ein, zwei Stunden weiter gearbeitet wird, und der Körper, der eigentlich Hunger hat, oder Durst, oder müde ist, muss sich fügen und gedulden, bis er an der Reihe ist. Auf der Wanderung hingegen ist der Körper der Chef. Wenn der Körper sagt, dass er jetzt bitteschön eine Pause braucht und was trinken möchte, dann wird sofort Pause gemacht. Wenn der Körper sagt, dass er müde ist und ein bisschen dösen möchte, dann wird gedöst, notfalls mitten im Wald auf einem Baumstumpf. Die Argumente des Geistes, dass es doch gar nicht mehr weit sei bis zum Etappenziel und man die Rast doch auf später verschieben könne, verhallen ungehört. Nein, tatsächlich bringt der Geist diese Argumente gar nicht erst vor, er behält sie für sich, denn es ist völlig klar, dass die Wünsche des Körpers absolute Priorität genießen. Vom Wohlbefinden des Körpers hängt alles ab. Und deshalb ist das Alleinwandern in der Wildnis so ungeheuer einfach. Es gibt kein Ausdiskutieren unterschiedlicher Meinungen. Man muss nur auf seinen Körper hören, das ist alles. Der letzte Wandertag ist relativ lang, aber nicht schwierig, und er beginnt mit einem Spiegelei auf Salami. Das bedeutet, dieses Ei, das ich da in die Pfanne haue, habe ich drei Tage lang mit mir herumgetragen. Das entspricht nicht unbedingt dem Bestreben, das Gepäck leicht zu halten, aber ein bisschen Luxus trägt zur guten Laune bei. Sei gut zu Dir selbst, denn wenn Du es nicht bist – wer dann? Das Wetter ist ungewöhnlich stabil an diesem Tag: seit dem Morgen Wolken, manchmal Wind, aber kein Tropfen Regen. Der schwierigste Teil kommt ironischerweise, als ich schon auf dem Fahrweg bin, kurz vor Puerto Williams. Statt wie üblich durch Villa Ukika zu gehen, biege ich ab, weil ich auf dem GPS sehe, dass die Entfernung zum Hostal plötzlich wieder größer wird. Das kann ja nun nicht sein! Also folge ich einem Waldweg und finde mich unversehens auf einer steilen Böschung und schließlich unten an einem Fluss wieder, dem Rio Ukika. Gegenüber sind die ersten Menschen seit drei Tagen. Wie ich denn nun nach Puerto Williams käme? Über den Fluss und dann den Weg entlang. Also 56 balanciere ich noch einmal über einen dicken Baumstamm ans andere Ufer. Am Ende des Stichwegs steht eine Tafel: „Recinto militar. Prohibida la entrada“. Militärgelände. Zutritt verboten. Aber ich bin ja nicht zugetreten, sondern nur rausgegangen. Rein gefühlsmäßig finde ich, dass man mich jubelnd empfangen müsste, aber die Bevölkerung hat natürlich Besseres zu tun. Also jubele ich kurzerhand selbst, eine Art innerer Triumphzug. Die Wanderung ist vorbei, sie war großartig. Pausen eingerechnet, bin ich in vier Tagen ungefähr 29 Stunden gewandert, und, was das Beste war, ich habe es genossen. Im Hostal Coirón, in dem wieder einmal das Personal nicht da ist, setze ich mich aufs Sofa und genieße den Augenblick. Tags darauf, am Ende meines Ruhetages, meinem letzten Abend in Puerto Williams, sitze ich wieder einmal bei Loreto im Angelus Café, esse Centolla und trinke ein paar Bierchen. Wie sie eigentlich auf die Idee gekommen ist, nach Puerto Williams zu gehen, frage ich sie. Sie hatte gehört, dass es in Puerto Williams nichts gebe, sagt sie. Und das hatte eine ungeheure Anziehungskraft. Manuel Lins 57 De vuelta José Martí, Fidel Castro, Ché Guevara, Ernest Hemingway – Mythen, die zusammen mit den sozialen Errungenschaften der Revolution, Salsa, Rum und Lebenslust das Bild von Kuba prägen, oder doch eher: zerfallene Häuser, leere Geschäfte, autoritäres Regime, Lethargie und Langeweile? Ein Charakteristikum von Kuba ist diese Widersprüchlichkeit. Daneben gibt es aber viel mehr zu erleben und kennen zu lernen: Die Menschen, ihre Geschichten und Lebensumstände. Schon bei der Ankunft am Flughafen in Havanna braucht man Zeit und Geduld – beides unerlässlich für Kuba. Erst die Immigrationskontrolle und dann das Warten auf den Koffer. Das dauert. Selbst das Gepäckband läuft langsamer als anderswo – aber es läuft! Der erste Eindruck von Kuba nach zwei Jahren: Es hat sich nichts geändert, allenfalls gibt es mehr Touristen als sonst, die zum 50. Jahrestag der Revolution nach Kuba gereist sind. Am Flughafen warten zwei kubanische Freunde, die unterschiedlicher nicht sein können: Yunier zuverlässig, immer beschäftigt (wie das bei der kubanischen Arbeitsweise möglich ist, bleibt ein Rätsel), tanzt kein Salsa und würde am liebsten nach Nordeuropa auswandern; Yoandri tanzt, spielt in einer Band, hat zwei Freundinnen gleichzeitig, davon eine im Ausland3, und schaut mit Mitte 20 bereits auf eine berufliche Laufbahn zurück, die nur auf Kuba möglich scheint: erst Profesor emergente4, dann beim kubanischen Fernsehen und jetzt Standesbeamter. Mit dem Taxi geht es vom Flughafen ins Stadtviertel Vedado zur Casa Particular5 eines befreundeten Ehepaars. Dort wohnen Teresa und Jorge mit ihren beiden Töchtern und der Enkelin. Man könnte meinen, eine ganz normale Familie, wenn man die Tochter der Hausmutter, den Sohn und die „So-wie-eineTochter“ des Hausvaters aus anderen Zeiten nicht mitrechnet. Manchmal schleicht sich schon das Gefühl ein, dass die Insel aus einer großen PatchworkFamilie besteht. Zudem ist es eine Ehe zwischen einem Afro-Kubaner und einer weißen Kubanerin, was in dem Land selten vorkommt. Trotz der Integrationspolitik der Revolution existieren weiterhin Vorurteile und Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe. Teresa war vor der „Sonderperiode in Friedenszeiten“6 beim Kulturministerium Getreu dem Sprichwort: „Ojos que no ven, corazón que no siente.“ Als in Kuba Lehrermangel herrschte, wurden GrundschullehrerInnen in achtmonaTgen Schnellkursen ausgebildet. 5 So werden in Kuba die offiziellen Vermietungen an AusländerInnen bezeichnet. 6 Im August 1990 rief die kubanische Regierung die sogenannte “Período Especial en Tiempos de Paz“ aus. Dieser Begriff soll die Etappe bezeichnen, die zwischen dem Ende der Beziehungen zu den sozialisTschen Ländern und dem Beginn einer eigenen WirtschaCsentwicklung liegt. 3 4 58 beschäftigt und reiste beruflich u. a. in die ehemalige DDR und nach Russland („wo sie an der Kälte fast gestorben wäre“). Als auf Kuba die Lebensmittel- und Treibstofflieferungen aufgrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion ausblieben, gab sie ihren Beruf auf und begann Pizza zu verkaufen. Damit verdiente sie mehr Geld als vorher. Ihr Mann Jorge war zu dieser Zeit auf See. Er ist Matrose und verkauft und kauft für Kuba Zucker ein – und das für die einstige „Perle der Karibik“! – jedenfalls bis vor zwei Jahren. Seitdem stehen keine staatlichen Schiffe mehr zur Verfügung, die auslaufen könnten. Altstadt von Havanna (Foto: Daniel Lüthi) Später sitzt man im Patio, es kommen Verwandte und Freunde zu Besuch, die sich nach kubanischer Art in einer Lautstärke unterhalten, bei der man meinen könnte, es handle sich um einen Streit. Man trinkt Bier oder Rum (oder auch beides gleichzeitig). Während die eine Tochter vor dem Spiegel steht und sich zurecht macht, tanzt die fünfjährige Enkeltochter mit dem Nachbarjungen so gut Salsa, dass man neidisch wird. Daneben sitzt die Nachbarin und bestaunt mit solcher Begeisterung ein Foto, dass Neugierde aufkommt - es stellt sich heraus, dass es ihr eigenes ist! In Sachen Selbstbewusstsein macht man den KubanerInnen nichts vor! Die Nachbarin von oben kommt herunter. Sie ist damals mit ihrem Mann vor der Revolution von Spanien nach Kuba emigriert. Trotz der Enteignung ihres Geschäfts blieben beide auf der Insel. Als ihr Mann letztes Jahr starb, reiste sie nach Spanien, um ihre Familie zu besuchen. Seitdem sie wieder in die tropische Hitze zurückgekehrt ist, teilt sie die Meinung ihres verstorbenen Mannes, dass es besser ist „pasar hambre en Cuba que frío en España“. 59 Abends ist Silvester. Man feiert mit Verwandten und Freunden, es wird gegessen und auf Mitternacht gewartet. Die Sorge, dass es aufgrund der vergangenen Wirbelstürme und der Zerstörung der Ernte nicht genügend zu Essen geben könnte, hat sich zumindest für die Silvesternacht als unbegründet herausgestellt – laut Teresa das Verdienst von Raúl Castro. Nach Neujahr sieht dies allerdings wieder anders aus - Gemüse und Obst gibt es kaum auf den Märkten. Anschließend geht es auf eine Fiesta im Stadtteil Playa – es wird weiter gegessen, getrunken und getanzt. Ein kubanischer Freund erzählt, dass er unbedingt aus Kuba raus möchte. Das ist keine Seltenheit. Gerade die jüngeren KubanerInnen, die so genannte Generation „Y“7, die während der Sonderperiode aufwuchsen, leiden unter Perspektivlosigkeit. Auch wenn Bildung kostenlos ist und jeder studieren kann, bleibt die Frage, was danach kommt, da Unterbeschäftigung und niedrige Löhne kaum Anreiz bieten, sich Arbeit zu suchen. Die meisten hoffen, durch Schwarzmarktgeschäfte oder Beziehungen zu AusländerInnen ein besseres Leben zu führen. Allerdings ist es nicht leicht ein Visum zu erlangen, oft werden diese entweder auf kubanischer Seite oder mit der Begründung „möglicher Immigrantenstatus“ seitens der Einreiseländer abgelehnt. Am nächsten Tag wird weiter gefeiert. Es ist der 1. Januar – Neujahr und Jahrestag der Revolution. Die Festlichkeiten fallen jedoch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation bescheidener aus als geplant. Traditionell findet aber auch dieses Jahr wieder auf der antiimperialistischen Bühne ein Konzert mit der Gruppe Los Van Van statt. Am Ende der Tribüne steht eine Statue des Vaters mit Elián8 auf dem Arm und zeigt anklagend auf das amerikanische Interessenbüro. Vor diesem wehen Fahnen, die die riesige Leuchtschrift verdecken sollen, auf der das Interessenbüro politische Freiheit für alle KubanerInnen fordert. Nachmittags geht es mit Yunier nach Habana Vieja – mit dem Guagua (Bus, kein Kind!). Wenn sich eines in Havanna in den letzten zwei Jahren geändert hat, dann das Transportsystem! Kein „empujen, suban, estrujen, bajen“, um sich in die Camellos9 zu quetschen, die größtenteils in die Außenbezirke verbannt wurden. In der Altstadt wird zuerst das Café Habana besucht, wo es den besten Kaffee der Hauptstadt gibt. Anschließend kann man die beste Schokolade im Museo de Viele der Kinder, die in den 1970/ 1980ern geboren wurden, besitzen einen Vornamen, der mit „Y“ anfängt wie Yunier, Yanisleidi, Yoandri, Yusimí, Yuniesky … 8 Bei dem Fall Elián González handelt es sich um ein Kind, das bei der Flucht nach Miami seine MuUer verloren hat. Nach einem langen Gerichtsstreit zwischen den Verwandten in Miami und dem Vater in Kuba wurde Elián zurückgeflogen. 9 Busse, die aufgrund ihrer Form „Kamele“ genannt werden und in die ca. 300 Personen „passen“ oder passend gemacht werden. 7 60 Chocolate genießen - das war es auch schon mit den kulinarischen Superlativen. Der Weg zurück führt am Malecón entlang – bis dahin ohne Zwischenfälle. Wenn AusländerInnen mit farbigen KubanerInnen in Havanna unterwegs sind, führt dies in den meisten Fällen dazu, dass die Polizei nach dem Ausweis des Kubaners bzw. der Kubanerin fragt – oft abseits von den TouristInnen, damit diese auch nicht belästigt werden. Als offizielle Begründung wird hervorgebracht, dass man letztere vor Dieben schützen wolle (faktisch eher, um Beziehungen zu AusländerInnen und die Prostitution einzuschränken). Am letzten Tag findet noch ein Treffen mit einem Mitarbeiter der Deutschen Welthungerhilfe statt. Vor dem Hintergrund der Zerstörungen durch die Wirbelstürme und der erneuten Zusammenarbeit mit der EU, berichtet er von den Veränderungen der letzten zwei Jahre in der (urbanen) Landwirtschaft. Während auf der einen Seite die Tendenz zu mehr Zentralisierung und Kontrolle besteht 10, gibt es auf der anderen Seite Dezentralisierungsbestrebungen11 – erneut diese Widersprüchlichkeit, auf die man in die Kuba so oft trifft. Abends wird dann am Malecón der Abschied von Kuba gefeiert. Während das Meer hinter einem rauscht, fühlt man sich an das Lied von Carlos Varela erinnert: „La Habana guarda un tesoro que es difícil olvidar“ - und die Habaneras und Habaneros mit ihren Geschichten und ihrer Lebensweise sind ein Teil davon. Ingrid Schuchhardt ist Mitarbeiterin bei der GTZ. Sie studierte von August 2005 bis März 2006 an der Universidad de la Habana und forschte zwischen September und Dezember 2006 in Havanna zu ihrer Diplomarbeit „Der Beitrag von Kooperativen zur Armutsreduzierung in Kuba“. Beispielsweise bei den UBPCs, den landwirtschaClichen GenossenschaCen. Über die InsTtuTonalisierung der munizipalen LandwirtschaCsdelegaTonen. 10 11 61 Bekanntmachung für Deutsche zur Wahl zum Europäischen Parlament Am 7. Juni 2009 findet die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland statt. Deutsche, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben und im Bundesgebiet keine Wohnung mehr innehaben, können bei Vorliegen der sonstigen wahlrechtlichen Voraussetzungen an der Wahl teilnehmen. Für ihre Wahlteilnahme ist u. a. Voraussetzung, dass sie 1.1 seit mindestens drei Monaten in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Wohnung innehaben oder sich mindestens seit dieser Zeit dort gewöhnlich aufhalten (auf die Dreimonatsfrist wird ein unmittelbar vorausgehender Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland angerechnet) oder 1.2 in anderen Gebieten leben und vor ihrem Fortzug nach dem 23. Mai 1949 aus der Bundesrepublik Deutschland 1.) mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland 1.) gewohnt oder sich dort sonst gewöhnlich aufgehalten haben; 2. in ein Wählerverzeichnis in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen sind. Diese Eintragung erfolgt nur auf Antrag. Der Antrag ist auf einem Formblatt zu stellen; er soll bald nach dieser Bekanntmachung abgesandt werden. Einem Antrag, der erst am 18. Mai 2009 oder später bei der zuständigen Gemeindebehörde eingeht, kann nicht mehr entsprochen werden (§ 17 Abs. 1 der Europawahlordnung). Antragsvordrucke (Formblätter) sowie informierende Merkblätter können bei - den diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland, dem Bundeswahlleiter, Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn, Postfach 170377, 53029 BONN, GERMANY den Kreis- und Stadtwahlleitern in der Bundesrepublik Deutschland angefordert werden. Weitere Auskünfte erteilt die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in La Paz: Av. Arce 2395, La Paz Tel.: (00591-2) 244-0066 Öffnungszeiten: Mo – Do: 08:00 – 16:30 Uhr; Fr: 08:00 – 14:00 Uhr La Paz, 17.02.2009 1) Zu berücksichtigen ist auch eine frühere Wohnung oder ein früherer Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuzüglich des Gebiets des früheren Berlin (Ost)). 62 Botschaft der Bundesrepublik Deutschland La Paz Embajada de la República Federal de Alemania 05. Februar 2008 Pilotprojekt des Auswärtigen Amtes zum Krisenmanagement Die Deutschenlisten sind wesentlicher Bestandteil des Krisenplanes einer jeden deutschen Botschaft und Grundlage aller Arbeiten des Auswärtigen Amts zur Krisenbewältigung. Erfahrungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass Erstellung und Pflege der herkömmlichen Deutschenlisten erhebliche Arbeitsbelastung darstellen und personelle Kapazitäten binden. Leider sind die Listen meist nicht aktuell, da sich zwar viele (aber bei weitem nicht alle) Deutsche in die Listen eintragen, es dann aber bei ihrem Wegzug versäumen, sich „abzumelden“ bzw. ihre Daten löschen zu lassen. Um künftig ein gezieltes Krisenmanagement auf Basis aktuellerer Deutschenlisten betreiben zu können, hat das Auswärtige Amt eine Software zur elektronischen Erfassung von Auslandsdeutschen („ELEFAND“ – kein Schreibfehler….) entwickelt. Damit können diese künftig ihre Daten selbst über das Internet auf der Homepage der für sie zuständigen deutschen Botschaft oder Generalkonsulat eingeben und auch aktualisieren. Die Botschaft La Paz ist neben den Botschaften Abidjan, Addis Abeba, Lomé und Washington sowie den Generalkonsulaten in Miami, Istanbul und St. Petersburg als Pilot-Vertretung für die Probephase von ELEFAND vorgesehen. Das System ist funktionsfähig und muss nun unter realen Bedingungen getestet werden (bis Ende März 2008). Die Botschaft möchte Sie nun herzlich bitten, uns in der Testphase zu helfen und sich einmal direkt online in die neue elektronische Deutschenliste einzuwählen und sich in die Deutschenliste einzutragen. Hierzu rufen Sie bitten folgende Webseite auf (leider derzeit noch etwas lang….): http://service.diplo.de/registrierungav/registration.do?missionname=LAPA Nun, letztlich wurde diese Software auch für Sie entwickelt. Es wurde bewusst keine Bedienungsanleitung erstellt, da solche nur in seltenen Fällen gelesen werden und ebenfalls getestet werden soll, ob das Programm aus sich heraus verständlich ist. Nach Registrierung wählen Sie dann in der Eingabemaske im Feld „Vertretung“ Ihre entsprechende Botschaft aus. Die Botschaft dankt Ihnen für Ihr Verständnis und Ihre Mitarbeit. Für Rückmeldungen und konstruktive Kritik sind wir dankbar. 63 Symposium zum 30. Jahrestag des Ökologie-Instituts in La Paz Bereits im November vorigen Jahres hat das Instituto de Ecología (IE) der staatlichen Universität UMSA mit einem feierlichen Festakt seinen 30. Geburtstag gefeiert. Anwesend waren neben verschiedenen Gründungsmitgliedern sowie langjährigen Mitarbeitern und Unterstützern auch der deutsche Botschafter Erich Riedler – dies nicht ohne Grund, geht die Gründung des Ökologie - Instituts im Jahr 1978 doch maßgeblich auf deutsche Initiativen zurück: Die GTZ und die Universität Göttingen fungierten als Taufpaten und sind dem IE seitdem in unterschiedlicher Weise verbunden geblieben. Aber Gedenkfeiern allein bringen bekanntlich die Wissenschaft nicht voran, so machte es sich das Institut zur Aufgabe, anlässlich des dreißigjährigen Bestehens mit einem internationalen Symposium an die Öffentlichkeit zu treten. Dies fand in der ersten Märzwoche an drei Tagen in La Paz statt und bot Gelegenheit, sich einen Eindruck zu verschaffen vom wissenschaftlichen Geschehen im Lande im Hinblick auf alles, was mit Biologie und Ökologie zu tun hat. Selbst gestecktes Ziel war es, Forschung und Wissen in Bezug auf den Schutz und den nachhaltigen Nutzen der Biodiversität zusammenzuführen. In sieben thematischen Blöcken (Biodiversitätsinventarisierung, ökologische Landschaftsdynamiken, Nutzung von Flora und Fauna, Schutz der Biodiversität, Umweltqualität, Klimawandel sowie Ökologie und Politik) und drei parallelen Veranstaltungsräumen ging man diese Aufgabe strukturiert und konzentriert an. Die einzelnen Vorträge bewegten sich zwischen der Vorstellung der Ergebnisse studentischer Feldforschungen bis hin zu übergreifenden Expertenvorträgen zu „30 Jahre(n) Landschaftsdegradation in Bolivien“ von Gerhard Gerold (Uni Göttingen) oder „Klimawandel und die Zukunft der menschlichen Lebenssphäre Erde“ von Stephan Halloy (TNC Chile). Die Forschung des IE ist anwendungsorientiert und in der Regel praxisnah, an konkreten Frage- und Problemstellungen des Landes oder einzelner Regionen orientiert. Besonderes Augenmerk legten viele der Vortragenden auf die 64 Einbeziehung der ländlichen und indigenen Bevölkerung in die Forschung; generell wurde dem traditionellen Wissen mit verstärktem Interesse begegnet. Der Publikumsandrang im „Capitolio“ war enorm und übertraf bei weitem die Erwartungen der Organisatoren. Auch von der Vielzahl der eingereichten Vorträge war man überrascht worden: Am letzten Tag vor Ablauf der Frist erreichten noch hundert Vorschläge für Präsentationen das Organisationskomitee, so dass kurzfristig neue Räumlichkeiten außerhalb des Instituts gesucht werden mussten. Es gibt mittlerweile erste Überlegungen, möglicherweise im jährlichen Rhythmus mit den Forschungsergebnissen des Instituts im Rahmen eines Symposiums an die Öffentlichkeit zu gehen. Dirk Hoffmann Weitere Informationen: [email protected] Über das Instituto de Ecología (IE) in La Paz Das Ökologie-Institut gehört zur biologischen Fakultät der staatlichen Universität „Universidad Mayor San Andrés-UMSA“und verfügt derzeit über 30 Mitarbeiter unter Leitung der Direktorin María Cristina Ruíz; hinzu kommen eine mindestens ebenso grosse Zahl „assoziierter Wissenschaftler“, die auf Projektbasis mit dem IE verbunden sind. Das IE besteht aus mehreren Abteilungen: Limnologie, Bodenkunde, Botanik (mit der pflanzenkundlichen Sammlung), Zoologie (der zoologischen Sammlung) sowie Ökologie und Umweltmanagement. Zu den Aufgaben des Instituts gehören vorrangig die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung in den Bereichen Biologie, Ökologie, Naturschutz sowie Management der natürlichen Ressourcen sowie die Ausbildung von Fachpersonal und technischer Experten auf nationaler Ebene, um den wachsenden ökologischen Problemen des Landes kompetent begegnen zu können. Außer über den Universitätshaushalt finanziert sich das IE insbesondere über einen Fonds aus Schulden – gegen - Naturschutzgeldern Deutschlands, die über die Stiftung FUND-ECO (Fundación para el Desarrollo de la Ecología) verwaltet werden. Mit diesen Geldern wird u.A. ein regelmäßig stattfindender zweijähriger Aufbaustudiengang „Ökologie“ finanziert. Weitere Finanzmittel für Projektdurchführungen werden von unterschiedlichen nationalen und internationalen Gebern eingeworben. Es werden Kooperationen unterhalten, mit anderen Universitäten im In- und Ausland, Munizipien, Präfekturen, Bauerngemeinschaften, Ministerien, Umweltorganisationen (z.B. WCS, Conservation International) sowie der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (z.B. GTZ, COSUDE). Das IE war in den letzten drei Jahrzehnten – zum Teil maßgeblich – an den zentralen Diskussionen über Umwelt und Entwicklung, Naturschutz, Ökologie und Ressourcenschutz im Land beteiligt; dies schließt die Mit- bzw. Zuarbeit bei diversen Gesetzesvorhaben (z. B. Forstgesetz, Umweltgesetz, Biodiversitätsgesetz) und Strategieentwürfe (z.B. Regionale Biodiversitätsstrategie der CAN-Comunidad Andina de Naciones) ein. Seine entwicklungspolitische Relevanz resultiert aus der Tatsache, dass das IE sich seit seiner Gründung 1978 immer als Forschungs- und Ausbildungs-Institution, die der ökologisch verträglichen Entwicklung des Landes verpflichtet ist, verstanden hat. Dies ist bis heute so geblieben. 65 Ja wo laufen sie denn? Eine neue sportliche Höchstleitung aus Bolivien Das Thema Jungs und Abenteuer scheint das heimliche Titelthema dieser Ausgabe zu sein. Die beschaulichen Maultier-Ausflüge von Friedich Ahlfeld (siehe Buchbesprechung) gehören deutlich ins vergangene Jahrhundert. Dieses hier ist schneller. Vom alten Bahnhof in La Paz rannte der in Bolivien lebende Brandenburger Jens Georgi vom 27. bis 30. November vergangenen Jahres an den alten Bahngleisen entlang 240 km bis an die chilenische Grenze. In vier Tagen joggte der enthusiastische Marathonist über Comanche (78 km), Calacoto (53 km) und Sopocachi (40 km) nach Charaña (70 km). Das sind knapp 6 Marathons hintereinander auf durchschnittlich 4050m über dem Meeresspiegel wo ja offiziell schon ein einziger VollMarathon am Stück verboten ist. Die Strecke über wurde er abwechselnd begleitet von seinen Trainingspartnern Rodrigo Terrazas und Francisco Monje sowie einem mehrköpfigen Support-Team im Jeep, das Ausrüstung, Lebensmittel, Sauerstoff und eine medizinische Grundversorgung für ihn bereit hielt. Der Lauf gestaltete sich komplizierter als gedacht, da in dieser Ecke Boliviens alle technischen Hilfsmittel (Handys und GPS-Systeme) unbrauchbar sind, Kartenmaterial unzuverlässig und die mündlichen Angaben zu Streckenverläufen und –Längen sowieso. Oftmals mussten ungeplante Umwege mitgelaufen werden oder die Läufer standen am Ende des Tages vor den verschlossenen Türen fest zugesagter Unterkünfte. Georgi vorfolgte mit diesem Rekordplan einen guten Zweck: Pro gelaufenen Kilometer hatte er sich vorher in monatelanger Arbeit hochkarätige Sponsoren - Firmen sowie Privatspender – angeworben. Der Erlös kommt herzkranken Kindern in Bolivien zugute, deren Eltern die lebensnotwenige Operation nicht zahlen können. 5-6 Operationen á ca. 5000,- Dollar hat sich Georgi mit seinem Team erlaufen. Das Monatsblatt zieht den Hut vor diesem Engagement und dankt allen Sponsoren, die sich an dieser Aktion beteiligt haben! 66 Bei der Verabschiedung am alten Bahnhof von La Paz Francisco Monje, Rodrigo Terrazas, Jens Georgi und Pablo Freudenthal 67 Auf der Strecke Am Ziel, die bolivianisch-chilenische Grenze Franziska Sörgel 68 Ein neuer Pfarrer für die Deutschsprachige Evangelische Gemeinde Nachdem Pfarrer Christian von Wangelin im Dezember nach Deutschland zurückgekehrt ist, habe ich zum 15. Februar die Vakanzvertretung in der hiesigen Gemeinde übernommen. Seitdem wohnen wir, meine Frau und ich, im geräumigen Pfarrhaus in Sopocachi, haben „el mal del alto“ erfolgreich überwunden und sind dabei, die Gemeinde in La Paz sowie die Inlandsgemeinden in Santa Cruz und Cochabamba kennen zu lernen, - eine spannende und interessante Aufgabe. Vielleicht sind Sie neugierig zu erfahren, was das für Leute sind, die da aus dem fernen Deutschland, aus Düsseldorf am Rhein, nach Bolivien gekommen sind. Deshalb möchten wir uns mit diesen Zeilen kurz vorstellen. Ich selbst bin 65 Jahre alt und war bis zu meiner Pensionierung im vergangenen Jahr für die Ausbildung von Prädikanten (Laienpredigern) in der Evangelischen Kirche im Rheinland zuständig. In den 1990er Jahren bis 2001 war ich Pfarrer der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde in Barcelona in Spanien und davor in Köln, Bonn und Düsseldorf in Gemeindepfarrämtern tätig. Meine Frau Dietrun ist gebürtig aus Siebenbürgen (Rumänien) und war in ihrem Berufsleben Lehrerin für Kunst und Textilgestaltung sowie in der Seniorenarbeit tätig. Wir haben drei Kinder (zwei Söhne und eine Tochter) sowie ein Enkelkind von zwei Jahren. Dass meine Frau und ich auf Bitten des Kirchlichen Außenamtes der EKD noch einmal ins Ausland – und ausgerechnet nach Bolivien gegangen sind, hängt sicherlich mit den fast neunjährigen Erfahrungen in Barcelona zusammen. Wer mit offenen Augen durch die katalanische Metropole geht, dem fällt die große Zahl von Latinos auf, denen man überall begegnet. Und zwar nicht nur als Musiker auf der Plaza Catalunya. Auffälliger noch sind die vielen Menschen indianisch-südamerikanischer Abstammung, die alte und gebrechliche Leute behutsam durch den Straßenverkehr begleiten. Bei häuslichen Krankenbesuchen habe ich viele Latinos, Männer und Frauen, näher kennen gelernt und war beeindruckt von der Geduld und Fürsorge, die sie im Umgang mit den oft schwierigen alten und kranken Menschen aufbrachten. Fast zwangsläufig fiel von daher der Blick auf das einst von Spanien kolonisierte Südamerika, und speziell auf Bolivien, weil viele von denen, die wir in Barcelona kennen lernten, von hier kamen. Kein Wunder also, dass wir der Bitte der EKD nicht widerstehen konnten! 69 In den vier Wochen, die wir nun hier sind, wurden wir freundlich und herzlich von der Gemeinde aufgenommen. Natürlich sind wir auch sehr bald auf Probleme gestoßen, die die Gemeinde seit langem beschäftigen und in den nächsten Jahren gelöst werden müssen: Zum Beispiel, dass ein Großteil der Mitglieder mit der Deutschen Schule in die 400 Meter tiefer gelegene Südstadt abgewandert ist, so dass Pfarrhaus und Kirche in Sopocachi relativ isoliert zurückgeblieben sind. Was kann und soll die Gemeinde tun, damit sie wieder näher bei den Menschen ist, die Begleitung und Seelsorge erwarten? Eine weitere Sorge bereitet dem Gemeindekirchenrat die Tatsache, dass die Mitgliederzahl stetig sinkt, was auch mit der politischen Entwicklung in den letzten Jahren zu tun hat. Damit unsere Gemeinde auch in Zukunft ihre Aufgaben als deutschsprachige evangelische Kirche im bolivianischen Ambiente wahrnehmen kann, benötigt sie neue Mitglieder, die die Arbeit ideell und finanziell unterstützen. Darum die herzliche Bitte: Überlegen Sie, ob Sie nicht Mitglied unserer Gemeinde werden wollen, wenn Sie sich als evangelischer Christ verstehen und das Vaterunser in deutscher Sprache beten. Wenn Sie Interesse haben, wenden Sie sich bitte direkt an mich als Pfarrer. Ich würde mich freuen, Sie kennen zu lernen und komme auch gerne zu Ihnen. Im übrigen haben wir ein offenes Pfarrhaus, in dem wir gerne Gäste 70 empfangen. Pfarrer Karl Haverkamp Calle Cardon No. 9 esq. calle Miguel Cervantes, La Paz Tel. 02 2414645 Cel. 70178004 [email protected] 71 Vom Hafen des Friedens nach La Paz Mein erster Auslandseinsatz führte mich für die Friedrich-Ebert Stiftung nach Dar es Salaam, dem Hafen des Friedens am indischen Ozean. Nun arbeite ich als WZ - Referentin an der Deutschen Botschaft in La Paz. Davor und dazwischen liegen einige Stationen, wie die Lehrtätigkeit am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, Mitarbeit in der Stiftung Entwicklung und Frieden, Aufenthalte mit meiner Familie in Honduras, Guatemala und Rom. Danach hat mich mein Weg ins BMZ geführt, wo ich über vier Jahre im Governance -Referat tätig war. Als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte konnte ich an Prozessen der Verwaltung mitwirken. In La Paz werde ich mit meinem Mann, Wulf Killmann, leben und wünsche mir, dass uns unsere in Deutschland lebenden Töchter so oft wie möglich besuchen. Im Bild rechts, die Autorin Damals wie heute liegt eine große Herausforderung darin, sich mit einem neuen Land, seinen Menschen, seiner Kultur, Geschichte und aktuellen Situation auseinanderzusetzen. Eine kritische Distanz zur alltäglichen Betriebsamkeit hat sich durch einige interessante „Auftragsarbeiten“ entwickelt. Hierzu gehören die DSE-Themendienste über Entwicklungshilfe-Kritik und Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik. Die Beschäftigung mit Kritik und dem Wandel der 72 Entwicklungspolitik hat sich für mich als wichtige Ergänzung zur praktischen Entwicklungszusammenarbeit erwiesen. Neben den beruflichen Erfahrungen und Lernprozessen habe ich Vieles von den Menschen in den Partnerländern gelernt. Vor allem auch von Frauen, die mit Kraft und Würde ihr Schicksal tragen, das oftmals nicht zu ändern ist. Ihre Stärke und Würde haben mich immer wieder sehr beeindruckt. Zu den ersten positiven Erfahrungen in La Paz zählt die freundliche Aufnahme in der Deutschen Botschaft. Ich freue mich auf eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Allen, mit denen ich hier zusammenarbeiten werde. Nur so wird es möglich sein, einen - wenn auch bescheidenen - Beitrag zur „refundación“ Boliviens zu leisten, die mit der Umsetzung der neuen Verfassung konkrete Züge annimmt. Ludgera Klemp 73 Glückstag 29. Februar 2008 Das Jahr 2008 war ein Schaltjahr und das war auch gut so. Denn ausgerechnet am 29. Februar 2008 erhielten wir, Frank Schwanbeck, Kathrin und Lina Schönlein, das Angebot, in La Paz zu wohnen und zu arbeiten. Fast 2 Jahre früher reifte in uns der Wunsch, aus dem Alltag im Brandenburgischen, nördlich von Berlin, auszubrechen und etwas Neues zu beginnen. Frank arbeitete zu dieser Zeit als Lehrer für Mathematik und Physik am Strittmatter-Gymnasium in Gransee, Kathrin als Softwareentwicklerin bei Siemens in Berlin. Lina dagegen war in ihrem Beruf als Kindergartenkind durchaus zufrieden, wurde diesmal aber überstimmt. Da das Ausbrechen möglichst mit finanzieller Absicherung verbunden sein sollte, bot sich die Tätigkeit als AdLK-Lehrer an, wobei Kathrin durchaus kritisch ihre Rolle als mitreisende Ehefrau sah. Der Schalttag 2008 jedenfalls war der Beginn einer Zeit des Überlegens, Planens und Diskutierens mit dem eindeutigen 74 Abstimmungsergebnis von 3 : 0 – wir machen es, wir gehen nach La Paz! Nachdem Eltern, Freunde und Franks Söhne, die mit 17 bzw. 20 Jahren ihre Abiturvorbereitung bzw. ihr Studium in Deutschland fortsetzen, informiert und überzeugt wurden, begann die seelische, organisatorische und sprachliche Vorbereitung auf das Abenteuer Bolivien. Nun sind wir fast 2 Monate in La Paz, wohnen inzwischen in unserem Haus in Achumani und fühlen uns tatsächlich schon zu Hause in dieser Stadt. Besonders angenehm war für uns die freundliche, hilfsbereite Aufnahme durch die Kollegen des Colegio Aleman, für die wir unbedingt danke sagen möchten. Wir hoffen nun, in den nächsten Monaten und Jahren viel zu sehen von Bolivien und Südamerika, viele nette Leute kennenzulernen und selbst eine Menge neuer Erfahrungen und Erlebnisse zu sammeln. Und vielleicht findet sich ja auch für Kathrin in nächster Zeit eine Möglichkeit, ihre Kenntnisse und Erfahrungen in der Softwareentwicklung in einem Unternehmen oder einem Bereich in La Paz anwenden zu können. Frank Schwanbeck 75 Philipps-Universität Marburg besucht Deutsche Schule La Paz Ende 2007 begann die Deutsche Schule La Paz eine Kooperation mit der Philipps-Universität in Marburg. Während die Uni Marburg bereits seit Jahren insbesondere mit der Deutschen Schule in Cali, Kolumbien, in Kontakt stand, ist es für La Paz die erste Zusammenarbeit dieser Art mit einer Universität in Deutschland. Auf ihrer Lateinamerikareise, die sie in fünf Städte mit Deutschen Schulen führte, besuchten nun Anke Heibrock und Angel Rafael das „Mariscal Braun“. Frau Heibrock arbeitet seit August 2008 im Rahmen des DAAD-Programmes BIDS (Bildungsinitiative Deutsche Schulen im Ausland) am Studienkolleg Mittelhessen, nachdem sie dort vorher acht Jahre lang als DaF-Lehrerin tätig war. Herr Rafael ist Referent für Europäische Studienförderprogramme. Im Rahmen seiner Tätigkeit ist er nicht nur für rein europäische Mobilitäts- und Studienförderprogramme verantwortlich, sondern z.B. auch für das ALFA-Programm der EU-Kommission, mit dessen Hilfe u.a. Hochschulprojekte europäischer und lateinamerikanischer Hochschulen finanziell unterstützt werden können. Anke Heibrock beim Vortrag für die S4 In drei Veranstaltungen – je eine für die Schüler der S3, die Schüler der S4 sowie für interessierte Eltern und Angehörige – stellten die 76 Vortragenden die Besonderheiten und Vorzüge der Philipps-Universität dar, wobei es natürlich ein Glücksfall war, dass die Präsentationen – Herr Rafael ist Spanier – zweisprachig durchgeführt werden konnten. Marburgs Vorteile liegen, neben dem Niveau der akademischen Ausbildung mit Spitzenplätzen im Hochschulranking in verschiedenen Bereichen, vor allem in der individuellen Betreuung und der Überschaubarkeit des Studienstandorts, was sich in den vergleichsweise kurzen Durchschnittsstudienzeiten niederschlägt. Insbesondere die Abendveranstaltung mit den Eltern erwies sich als voller Erfolg. Es erschienen etwa 30 Personen, die großes Interesse zeigten und zahlreiche, zum Teil sehr detaillierte Fragen stellten. Vielen Schülern und Eltern war bis dahin überhaupt nicht bewusst, dass auch ohne deutsches Abitur durchaus die Möglichkeit besteht, in Deutschland zu studieren. In diesen Tagen nehmen die ersten beiden „Pionierpflanzen“ der Kooperation ihr Studium an der Philipps-Universität Marburg bzw. am angeschlossenen Studienkolleg Mittelhessen auf. Valentina Alves strebt über den Weg des Studienkollegs ein Studium der Ökotrophologie in Gießen an, während Pablo Tavera Volkswirtschaftslehre studieren wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Kooperation erfolgreich weitergeführt und in Zukunft noch ausgebaut werden kann. Manuel Lins 77 Neuigkeiten von der Dualen Ausbildung Seit dem letzten Monatsblatt hat es in der Formación Dual der Deutschen Schule einige Veränderungen gegeben. Wir möchten Sie darüber informieren: Besuch der Studenten des COM 2008 bei unserem Ausbildungsunternehmen INTI Im Rahmen des Programms „Betriebsbesichtigungen“ konnten sich die Studenten des COM I am 20.11.2008 einen eigenen Eindruck von der Produktion, der Qualitätskontrolle und der Lagerung der verschiedenen Medikamente und sonstigen Produkte bei der Droguería Inti S.A. machen. 78 Richtfest des Neubaus der Berufsschule am 29.11.2008 Im Beisein von Vertretern der Deutschen Kulturgemeinschaft, der Deutschen Schulgemeinschaft, der Deutschen Botschaft und der AHK konnte Dr. Dieter Hausherr kurz nach Beginn der Sommerferien zum Richtfest einladen. Im Vordergrund v.l.n.r. der Vertreter der AHK, Andreas Schröder (Deutsche Botschaft) und Dr. Dieter Hausherr (Projektmanagement des CCA) 02.12.2008: Zusendung des Musterconvenios der Universität del Salvador von Buenos Aires mit der Deutschen Berufsschule La Paz Das Abkommen, das noch im März 2009 unterzeichnet werden soll, ermöglicht den Studenten des ISFDP eine Anrechnung von 18 Prüfungen im Studiengang „Carrera de Licenciatura en Comercio Internacional“. Im Studiengang „Kulturwirtschaft/International and Business Studies“ werden 13 Fächer (ca. 1 Jahr) anerkannt. Bei diesem Studiengang ist sogar ein Deutsch-Argentinischer Doppelabschluss an der Universität Passau möglich. 79 Start des neuen COM 2009 am 27.01.2009 Nachdem im letzten Ausbildungsjahr nur 6 Studenten die Duale Ausbildung antraten, begannen in diesem Jahr 18 Studenten ihr 2-jähriges Studium am ISFDP. 7 Industriekaufleute und 11 Kaufleute für Groß- und Außenhandel haben sich für ein Studium mit Zukunft entschieden. Herzlichen Glückwunsch! Jürgen Winkel Leiter der Deutschen Berufsschule La Paz 80 Refrescos Es soll immer noch Leute geben, die nicht wissen, dass man diese leckeren Fruchtsäfte, die man landesweit karaffenweise in den Restaurants und Lokalen bekommt, auch zu Hause sehr einfach herstellen kann. Wenn die Empleada gerade nicht da ist, müssen diese Menschen dann verdursten oder Coca-Cola trinken. Beides ist aus Gesundheitsgründen nicht wünschenswert. Das Monatsblatt, immer um die ausgewogene Ernährung seiner Leserschaft bemüht, sagt Ihnen, wie es geht. Bei den Rezepten handelt es sich um so etwas wie Prototypen, die je nach Lust, Laune und Experimentierfreudigkeit variiert werden können. Refresco de Tumbo 500 g Tumbos 100 g Zucker ½ Liter Wasser Das Fruchtfleisch der Tumbos (mit Kernen, aber ohne die Schale der Früchte) mit Zucker und Wasser mixen und durch ein Sieb gießen. Nach Geschmack verdünnen. Der Saft eignet sich auch als Grundlage für Cocktails; man verdünnt ihn dann eben mit Singani oder ähnlichem. 81 Nach dem gleichen Rezept macht man Refresco der Maracuya. Verwendet man Grenadilla, so braucht man weniger Zucker (nur ca. die Hälfte), da die Früchte nicht so sauer sind. Refresco de Carambola 500 g (ca. 6 Stück) Carambola (Sternfrüchte) 100 g Zucker ½ Liter Wasser Carambola mit Bürste schrubben, von hässlichen Stellen befreien (schälen ist nicht nötig), in Stücke schneiden, mit Zucker und Wasser mixen und durch ein Sieb gießen. Nach Geschmack verdünnen. Refresco de Papaya 500 g Papaya (etwa ein Drittel bis die Hälfte einer normalen Papaya) Saft von 1-2 Limonen 50-100 g Zucker (je nach Reife der Papaya) reichlich Wasser Fruchtfleisch der Papaya (ohne Schale und Kerne) mit Limonensaft, Zucker und Wasser mixen. Durch ein Sieb gießen ist weder nötig noch sinnvoll. Aber Achtung! Ist das Refresco de Papaya zu dickflüssig, so neigt es dazu, im Kühlschrank zu gelieren. 82 Limonada 5-6 Limonen 100 g Zucker etwas Wasser Die Limonen klein schneiden, mit und etwas Wasser mixen und durch ein Sieb gießen. Mit etwa einem Liter Wasser verdünnen. Die Limonen können grundsätzlich mit oder ohne Schale verwendet werden. Die Schale verleiht der Limonada einen erfrischend herben Geschmack. Man sollte sie dann aber rasch verbrauchen. Denn Limonada, mit Schale gemixt, verbittert mit zunehmendem Alter zusehends – das hat sie mit einigen Menschen gemeinsam. Manuel Lins 83 Finanzmarktkrise mal anders gesehen (gefunden von Frank Schwanbeck) 84 Veranstaltungen des Goethe-Instituts La Paz Theater Marabu: Nur ein Tag Das Theater Marabu GbR ist ein professionelles freies Gastspieltheater mit eigener Spielstätte in dem Kulturzentrum Brotfabrik in Bonn. Jährlich erarbeitet das Theater mit freien Gast-KünstlerInnen eine Theaterproduktion für Kinder und Erwachsene. Die Geschichten beschäftigen sich mit den komplexen Lebenswelten von Kindern, nehmen ungewöhnliche Perspektiven ein und vertrauen auf die Phantasie der Zuschauer. Gleichzeitig experimentiert Marabu mit neuen Erzählund Darstellungsweisen. Besonders wichtig ist dem Ensemble dabei stets der Dialog mit den jungen Zuschauern auf Augenhöhe. Das Theater Marabu ist mit seinen Produktionen auf den wichtigsten regionalen und überregionalen Theaterfestivals vertreten und für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden. Die Theaterstücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wurden neben Deutschland bislang auch in Belgien, Holland, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, Österreich, Italien, Kroatien, Tschechien, Portugal, Weißrussland, Bolivien, Brasilien und Griechenland gezeigt. Dieses Jahr präsentiert das Theater Marabu in La Paz Martin Baltscheits „Nur ein Tag“: Wildschwein und Fuchs lernen die bezaubernde und sympathische Eintagsfliege kennen. Die Vorstellung, dass sie ihr ganzes Leben in nur einem Tag erlebt, fasziniert die Beiden. Die Eintagsfliege glaubt jedoch, eine Maifliege zu sein und hat sich viel vorgenommen. Die beiden Jungs bringen es nicht über’s Herz, ihr die Wahrheit zu sagen und verstricken sich immer mehr in ihre Notlügen, welche zu den mitreißendsten Szenen des Stückes führen. „Nur ein Tag“ ist ein humorvolles Theaterstück voller berührender Momente über die Chancen, die uns das Leben bietet und über die Kraft der Freundschaft. Mitwirkende: Regie: Rüdiger Pape Ausstattung: Regina Rösing Schauspieler: Tina Jücker, Bene Neustein, Claus Overkamp, Walter Zick Ausstellung: Innenansichten – Fotografische Erkundungen im Europäischen Parlament „Den meisten Menschen ist das Europaparlament ein Rätsel. Niemand kann sagen, was es zu entscheiden hat (falls überhaupt irgendetwas), keiner weiß, wie es arbeitet (…) Nur eine einzige kleine Möglichkeit gibt es, den modernen Menschen dafür zu interessieren. Das ist die Neugier.“ (Robert Birnbaum, Der Tagesspiegel, Berlin) Diese Neugier haben die Fotografen aus zehn verschiedenen Ländern der Europäischen Union mitgebracht, als sie der Einladung gefolgt sind, die Parlamentsgebäude in Brüssel, in Luxemburg und in Straßburg zu erforschen. Die entstandenen Fotoarbeiten vermitteln sehr individuelle Einblicke in die komplexe Realität des Europäischen Parlaments und ermöglichen dem Betrachter, gerade auch unspektakuläre Momente und Aspekte des Parlamentsalltags kennen zu lernen, die in der üblichen Medienberichterstattung keine Beachtung finden. Die Ausstellung steht im Kontext der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Europäischen Parlamentes. Fotografinnen und Fotografen: JH Engström (Schweden) Pierre Faure (Frankreich) Toby Glanville (Großbritannien) Lukás Jasanský/Martin Polák (Tschechien) Aino Kannisto (Finnland) Martin Kollár (Slowakei) Bettina Lockemann (Deutschland) Erica Overmeer (Niederlanden) Xavier Ribas (Spanien) Krzysztof Zielinski (Polen) Kunstprojekt von Roland Stratmann: lo mío y lo tuyo – mein und dein Ein partizipatives soziales Kunstprojekt mit Jugendlichen Trotz der politischen Transformation auf dem Weg zur Demokratie gibt es in den meisten Staaten Südamerikas immer noch eine große Kluft zwischen Arm und Reich in der Bevölkerung. Die weithin geltende Schulpflicht und die verstärkten Bemühungen um erweiterte Bildungsmaßnahmen sind sicherlich wichtige Schritte, um dieses Ungleichgewicht langfristig zu mindern. Die Jugend aber lebt immer in der Gegenwart, das Hier und Jetzt ist für sie der einzige sinnstiftende Moment. Da jede heranwachsende Generation in absehbarer Zeit ihr Land mitgestalten und Verantwortung übernehmen wird, erscheint es interessant, wie Jugendliche unterschiedlicher Sozialisation ihre Situation, ihre Möglichkeiten und künftigen Chancen einschätzen und welche Gestaltungsmöglichkeiten sie für sich sehen oder bereits entdeckt haben. Wie bedeutend ist für die junge Generation in diesem Zusammenhang der Begriff der Unabhängigkeit und was beinhaltet er für sie? 85 Roland Stratmann geht der Frage in einem partizipativen Kunstprojekt nach. Zwei von ihm geleitete Arbeitsgruppen mit Jugendlichen aus der ärmeren und reicheren Bevölkerungsschicht bilden hierfür die Basis, von der aus dann in einem weiteren Schritt die künstlerische Umsetzung erfolgen soll. Beiden Gruppen wird jeweils ein anderes Ausgangsmaterial zur Verfügung gestellt, auf und mit dem sie ihren Ideen und Meinungen Raum geben können. Als Basismaterial bekommt eine der Gruppen einfache Kartonpappen (gewonnen aus leerem Verpackungsmaterial). Die andere erhält handelsübliche, unbedruckte weiße Einkaufstüten aus Plastik. In beiden Fällen handelt es sich um vertraute und gewöhnliche Materialien aus dem Alltagsleben. Das in diesen Workshops erarbeitete Material soll dann zusammengeführt den Grundstock für die künstlerische Gestaltung eines pulsierenden Raumkörpers bilden. Möglich wäre eine Art autarker, in sich geschlossener Zellkörper, aus dessen Öffnungen die von den Jugendlichen gestalteten Einkaufstüten hervorquellen. Im Inneren dieses Gebildes zirkuliert – für den Betrachter jedoch nicht sichtbar - durch Ventilatoren verwirbelte Luft, wodurch die Tüten wie aufgeblähte Lungen nach außen gestülpt werden. Im Idealfall entsteht aus diesem gemeinschaftlichen Arbeitsprozess eine Skulptur, die dem „jugendlichen“ Zwiespalt aus empfindsamer Abwehr und wehrhafter Empfindlichkeit Gestalt gibt und in der der widersprüchliche Drang zum Rückzug und zur Revolte gleichermaßen zum Ausdruck kommt. Das Morgenstern Trio in La Paz "Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis" - dass Christian Morgensterns Lyrik voller Musik steckt, wusste man schon lange. Trotzdem dauerte es bis zum 90. Todestag des Poeten, bis sich ein Kammermusikensemble nach ihm benannte. Die drei Musiker des Morgenstern Trios fanden sich an der Folkwang Hochschule in Essen zusammen und wurden innerhalb kurzer Zeit mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen bedacht: Dem 1. Preis beim HaydnWettbewerb in Wien im April 2007 folgten Preise in Melbourne und beim renommierten ARD-Wettbewerb in München, dort sogar mit Publikumspreis. Im Jahr zuvor gewannen Catherine Klipfel (Klavier), Nina Reddig (Violine) und Emanuel Wehse (Violoncello) bereits das begehrte Stipendium des deutschen Musikwettbewerbs. Die Folkwang Hochschule in Essen hat das Trio zum "Ensemble in Residence" für die Jahre 2008 und 2009 ernannt. Für die Saison 2009/2010 wurde das Morgenstern Trio auf Vorschlag der Kölner Philharmonie und der Elbphilharmonie Hamburg für die "Rising Stars"-Reihe der ECHO (European Concert Hall Organisation) ausgewählt und wird in den wichtigsten Sälen der europäischen Musikzentren debütieren (Paris, Wien, Amsterdam, Köln, Brüssel, Birmingham, Stockholm etc.). Auf dem Konzertpodium konnte sich das Morgenstern Trio bei der Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler des Deutschen Musikrats und bei der Konzertreihe "Best of NRW" einen Namen machen. Gastspieleinladungen führen das Ensemble zu Festivals wie dem Pablo Casals Festival nach Prades/Frankreich, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, dem Heidelberger Frühling und dem Kuhmo Chamber Music Festival in Finnland. Zahlreiche Rundfunkmitschnitte (u.a. BR, SWR, HR, ORF, ABC Classic/Australien) und die Debüt-CD dokumentieren die Arbeit des Ensembles. Wichtige künstlerische Impulse erhält das Trio von Vladimir Mendelssohn, Menahem Pressler, Vesselin Paraschkevov und Dirk Mommentz, durch ein Aufbaustudium beim Alban Berg Quartett in Köln und durch die ECMA (European Chamber Music Academy). 86 Programa Cultural de marzo 2009 – junio 2009 Fecha Evento Artista(s) Lugar 17.04.09 17:00 Uhr „Nur ein Tag“ von Martin Baltscheit I. THEATER Theater Marabu aus Bonn Compa El Alto 18.04.19.04.09 17:00 Uhr „Nur ein Tag“ von Martin Baltscheit Theater Marabu aus Bonn Casa de la Cultura La Paz 15.04.30.04.09 „lo mío y lo tuyo – mein und dein“ II. AUSSTELLUNGEN Roland Stratmann MUSEF (c. Ingavi 916) 08.05.29.05.09 “Innenansichten – Fotografische Erkundungen im Europäischen Parlament” 06.0516.05.09 Encuentro Musical Boliviano Europeo: 08.05.09 20:00 Uhr Homenaje 200 años de Mendelssohn-Bartholdy Konzert im Rahmen des „Homenaje 200 años de MendelssohnBartholdy“ 23.04.24.03.09 18:30-21:00 Uhr Verschiedene Fotografen aus Ländern der EU Freier Eintritt MUSEF (c. Ingavi 916) Freier Eintritt III. KONZERT Verschiedene En diferentes Künstler* iglesias Trio Morgenstern (Alemania) Centro Sinfónico Nacional IV. WORKSHOPS/SEMINARE/VORTRÄGE “El aporte de la Dozenten der Goethe-Insitut Filosofía Alemana” philosophischen (Av. Arce 2708) Fakultät UMSA 04.05.10.05.09 Festival de Comic 2009 Fachmann aus Deutschland* Freier Eintritt Casa de la Cultura, La Paz 08.05.09.05.09 Taller sobre el Comic Fachmann aus Deutschland* Freier Eintritt Casa de la Cultura, La Paz Freier Eintritt *Steht noch nicht abschließend fest. 87 Mitteilungen der Evangelisch – Lutherischen Gemeinde Deutscher Sprache in Bolivien 88 Gemeindepräsidentin: Claudia Kuruner Pastor: Martin-Luther-Kirche: Anschrift: Postfach: Karl Haverkamp Tel.: 2445349 Tel.: 2414645 Tel.: 2419619 Sánchez Lima esq. Rosendo Gutierrez Casilla 2851 Mitteilungen der Katholischen Kirchengemeinde deutscher Sprache Termine der Gottesdienste in der Kapelle der Schwestern Calle Fernando Guachalla, Ecke 6 de Agosto Messe 28.03.2009, 19.00 Uhr Messe 25.04.2009, 19.00 Uhr Messe 30.05.2009, 19.00 Uhr Messe 27.06.2009, 19.00 Uhr 89 Zweite Hand SUCHEN: (gilt immer) Babykleider und Kinderspielzeug für das Kinderkrankenhaus La Paz Alste-Maria Raffel, Tel. 2791790 ------ CONTAINER -----Im Dezember 2009 werden wir mit unseren 7 Sachen nach Deutschland zurückkehren. Da wir uns tatsächlich nur wenige Möbel in Bolivien gekauft haben, suchen wir „Beipack-Platz“ in einem Container oder jemanden, der sich mit uns einen Container teilen möchte. Wer muss auch Ende dieses, Anfang nächsten Jahres nach Deutschland umziehen? Bitte meldet euch bei Antje und Marcus Stein Cel: 79 69 84 36 oder Email: [email protected] 90