DA-Zusammenfassung

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DA-Zusammenfassung
Sondereinsatzkräfte nach dem Zweiten Weltkrieg.
Sondereinsatzkräfte der NATO am Beispiel der USA
Problembereich
Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung der Sondereinsatzkräfte der USA nach dem
Zweiten Weltkrieg. Bei der Bearbeitung der Thematik hat sich gezeigt, dass die Bezeichnung
„Sondereinsatzkraft“ für die Spezialeinheiten der USA nicht zutreffend ist. Die USA
verwenden im Unterschied zu anderen Nationen für ihre militärischen Spezialeinheiten die
Bezeichnungen „Spezialkraft“ und „Spezialeinsatzkraft“.
Des Weiteren hat sich bei der Bearbeitung der Thematik gezeigt, dass zu dieser
Themenstellung nur wenig deutschsprachige Literatur existiert. Der Autor hat daher vor allem
auf englischsprachige Literatur zurückgegriffen. An dieser Stelle muss jedoch angemerkt
werden, dass die Literatur auf diesem Gebiet sehr widersprüchlich ist und daher eine sehr
genaue Studie der vorhandenen Lektüre vorgenommen werden muss.
Forschungsfragen
Der Arbeit liegt die folgende forschungsleitende Frage zugrunde:
•
Wie entwickelten sich die Spezialeinsatzkräfte der USA und welche Ereignisse hatten
einen Einfluss auf diese Entwicklung?
Ansatz/Theorie/Modell
Als wissenschaftliche Methode wurde die historische Methode gewählt.
Forschungsansatz:
Historischer Ansatz
Theorietyp:
Dialektisch-kritisch
Erhebungstechnik:
Text- und Dokumentenauswahl
Analysetechnik:
Dokumentenanalyse
Erkenntnisse
Die heutigen Spezialeinsatzkräfte der US-amerikanischen Streitkräfte haben großteils ihre
Wurzeln in den Spezialeinheiten des Zweiten Weltkrieges.
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges verfügten die US-amerikanischen Streitkräfte über keine
eigenen
Spezialeinsatzkräfte.
Man
war
allgemein
der
Auffassung,
dass
man
Spezialeinsatzkräfte erst bei Bedarf aufstellen und ausbilden konnte. Aufgrund der fehlenden
Erfahrung orientierten sich die USA bei der Aufstellung ihrer Spezialeinsatzkräfte großteils
an ihrem Verbündeten Großbritannien.
Die Geschichte der Spezialeinsatzkräfte verlief zunächst jedoch sehr wechselhaft. Viele
Spezialeinsatzkräfte wurden im Zweiten Weltkrieg wie konventionelle Truppen eingesetzt.
Dies ist auf die fehlende Erfahrung der übergeordneten Kommandanten zurückzuführen. Die
Folge war des Öfteren eine Vernichtung ganzer Spezialeinheiten. Obwohl dadurch manche
Spezialeinheiten noch während des Zweiten Weltkrieges deaktiviert werden mussten, kann
grundsätzlich von einem zahlenmäßigen Anstieg während des Zweiten Weltkrieges
gesprochen werden. Dieser Anstieg kann trotz der hohen Verluste als Ausdruck des
militärischen Erfolges der Spezialeinheiten gesehen werden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges setzte in den US-amerikanischen Streitkräften eine
Demobilisierungsphase ein. Von dieser waren vor allem die Spezialeinsatzkräfte betroffen.
Während die US Navy ihre Spezialeinheiten stark reduzierte, löste die US Army ihre zur
Gänze auf. Damit gingen die Erfahrungen und Lehren, welche die Spezialeinheiten aus den
Operationen des Zweiten Weltkrieges gewonnen hatten, großteils verloren.
Der Zweite Weltkrieg hatte die geopolitische Lage verändert. Die USA waren zur führenden
westlichen Großmacht aufgestiegen. Die Staaten Westeuropas orientierten sich zunächst
wirtschaftlich, bald aber auch schon militärisch an der neuen Großmacht. Für die Staaten
Osteuropas nahm die Sowjetunion diese Position ein. Da das Interessensgebiet dieser beiden
Großmächte, welche sich in ihren politischen und wirtschaftlichen Bestrebungen auf
Konfrontationskurs befanden, in Europa lag, war eine militärische Auseinandersetzung nicht
auszuschließen. Am 4. April 1949 unterzeichneten zwölf Staaten unter Führung der USA den
Nordatlantikvertrag und gründeten damit die North Atlantic Treaty Organization (NATO).
Die Sowjetunion gründete ihrerseits im Jahre 1955 den Warschauer Pakt.
Da die NATO selbst über keine militärischen Kräfte verfügt, bestimmten die USA das
Vorgehen der NATO. Die ersten Jahre des Bündnisses waren geprägt vom Nuklearmonopol
der USA. Abgestützt auf dieses, konnten es sich die USA leisten, ihre konventionellen
Streitkräfte zu reduzieren. Spezialeinsatzkräfte spielten in den militärischen Planungen zu
Beginn des Bündnisses keine Rolle.
Der Koreakrieg (1950 bis 1953) führte zu einer Glaubwürdigkeitskrise bezüglich der
amerikanischen Nuklear- und Abschreckungsstrategie. Die USA setzten trotz Ansuchen des
amerikanischen Oberbefehlshabers der UNO-Streitkräfte Douglas MacArthur in Korea keine
Atombomben ein. Dieser Krieg musste mittels konventioneller Streitkräfte, verstärkt mit
Spezialeinheiten, durchgeführt werden. So kam es, wie schon im Zweiten Weltkrieg, zu
einem sprunghaften Anstieg der Spezialeinheiten. Wieder führte die fehlende Erfahrung der
Kommandeure zum falschen Einsatz der Spezialeinheiten und zu hohen Verlusten. Dass die
USA in den 50er Jahren noch nicht bereit waren, ein dauerhaftes Potenzial an
Spezialeinsatzkräften aufzubauen, zeigt die Tatsache, dass beispielsweise die US Army alle
Spezialeinheiten des Koreakrieges, im Speziellen die aufgestellten Ranger Infantry
Companies (A), wieder auflöste.
Mit der „Strategie der massiven Vergeltung“ reagierte die NATO 1954 auf den Koreakrieg.
Dieser Strategie lag der Gedanke zugrunde, auf einen sowjetischen Angriff mit einem
nuklearen Gegenangriff zu reagieren. Dieses Machtspiel der USA funktionierte bis 1957, als
die Sowjetunion selbst die Möglichkeit erlangte, die USA mit Nuklearwaffen anzugreifen.
Der
Koreakrieg
hatte
jedoch
auch
seine
Auswirkungen
auf
dem
Gebiet
der
Spezialeinsatzkräfte. Anders als nach dem Zweiten Weltkrieg bauten die USA langsam ein
eigenes, dauerhaftes Potential an Spezialeinsatzkräften auf. Zunächst noch unter US-Präsident
Dwight D. Eisenhower, vor allem aber ab 1961 unter US-Präsident John F. Kennedy, wurde
der Ausbau der Spezialeinsatzkräfte in allen Teilstreitkräften stark intensiviert.
Auf die „Strategie der massiven Vergeltung“ folgte 1967 die „Strategie der flexiblen
Antwort“. In dieser Strategie blieben Nuklearwaffen zwar als oberste Reaktionsform bestehen,
jedoch definierte die NATO mit dieser Strategie eine Anzahl anderer Reaktionsmöglichkeiten.
Zu diesen zählten unter anderem militärische Intervention, Umsturzversuche und
Umsturzbekämpfungen. Spezialeinsatzkräfte eigneten sich besonders zur Durchführung dieser
neu definierten Reaktionsmöglichkeiten.
Ab 1965 engagierten sich die USA im Vietnamkrieg militärisch stärker. Die Art der
Kriegsführung im Vietnamkrieg hatte einen hohen Bedarf an Spezialeinsatzkräften beim USMilitär zur Folge. Um diesen hohen Bedarf an Spezialeinsatzkräften abzudecken, wurden
während des Vietnamkrieges die Spezialeinsatzkräfte stark aufgestockt und ausgebaut.
Nachdem sich das US-Militär ab 1969 immer mehr aus dem Vietnamkrieg zurückzog, wurden
viele Spezialeinheiten wieder aufgelöst. Es folgte die letzte große Demobilisierung der
Spezialeinsatzkräfte. Dies ist jedoch mehr auf die Einstellung der amerikanischen
Bevölkerung zum Vietnamkrieg zurückzuführen als auf den Einsatz der Spezialeinheiten in
Vietnam.
Nach dem Vietnamkrieg hatten die Spezialeinsatzkräfte lange Zeit für die US-amerikanischen
Streitkräfte eine geringe Bedeutung. Erst die gescheiterter Operation Eagle Claw im Jahre
1979 löste eine neue Diskussion über den Stellenwert und die Bedeutung von
Spezialeinsatzkräften aus. Nachdem am 4. November 1979 in Teheran (Iran) 66 Mitarbeiter
der amerikanischen Botschaft als Geiseln genommen worden waren und alle diplomatischen
Versuche zur Befreiung der Geiseln gescheitert waren, führte am 24. April 1980 eine Joint
Task Force, welche sich zum Großteil aus Spezialeinsatzkräften aller Teilstreitkräfte
zusammensetzte, einen Geiselbefreiungseinsatz durch. Dieser Einsatz scheiterte vor allem
aufgrund der unzureichenden Interoperabilität der Teilstreitkräfte. Die Erkenntnisse der nach
dem Scheitern der Operation eingerichteten Untersuchungskommission führten zu
Veränderungen bei den Spezialeinsatzkräften. Neben der fehlenden Interoperabilität wurden
von der Untersuchungskommission auch die personellen und finanziellen Kürzungen seit dem
Ende des Vietnamkrieges als Grund des Scheiterns gesehen. Die US Army und US Air Force
zogen daraus ihre Lehren. Die US Army aktivierte am 1. Oktober 1982 das 1st Special
Operations Command und vereinte darunter alle seine Spezialkräfte. Die US Air Force
richtete im März 1983 die 23rd Air Force beim Military Airlift Command ein. In der 23rd Air
Force wurden neben konventionellen Kräften alle Spezialeinsatzkräfte der US Air Force
zusammengefasst.
In den Morgenstunden des 25. Oktober 1983 griffen die USA den Inselstaat Grenada an.
Direkt im Hinterhof der USA hatte sich im Vorfeld der Operation Urgent Fury neben Kuba
ein weiteres marxistisches System entwickelt. Wie in der „Strategie der flexiblen
Antwort“ festgelegt, zählten militärische Interventionen zum Handlungsspektrum der USA.
Mit der Invasion des Inselstaates entledigten sich die USA dieses unliebsamen Regimes.
Diese Operation wurde vor allem von den Spezialeinsatzkräften der verschiedenen
Teilstreitkräfte durchgeführt. Obwohl die Operation mit einem Erfolg für die USA endete,
zeigte sie dennoch viele Schwächen im Einsatz der US-amerikanischen Streitkräfte, im
Speziellen der Spezialeinsatzkräfte, auf. Die Operation Urgent Fury hatte gezeigt, dass der
Zusammenschluss von Spezialeinsatzkräften über die einzelnen Teilstreitkräfte hinausgehen
musste. Zur besseren Zusammenarbeit aller Spezialeinsatzkräfte mussten diese unter Führung
eines einzigen, gemeinsamen Kommandos gestellt werden. Der zentrale Punkt hierbei war,
dass dieses Kommando über die Spezialeinsatzkräfte uneingeschränkt verfügen musste, um
nicht bei der Durchführung von Operationen durch die vier Teilstreitkräfte behindert zu
werden.
Nachdem auf politischer Ebene die Voraussetzungen hierfür geschaffen worden waren, wurde
am 16. April 1987 das United States Special Operations Command als ein funktionales
Oberkommando
der
US-amerikanischen
Streitkräfte
aktiviert.
Formal
hatten
die
Teilstreitkräfte damit keinen Einfluss mehr auf die Spezialeinsatzkräfte. Es entwickelte sich
eine langjährige Diskussion zwischen den Teilstreitkräften und dem neuen funktionalen
Oberkommando, da die Teilstreitkräfte ihre Spezialeinsatzkräfte nicht ohne weiteres abgeben
wollten. Die US Navy richtete zwar noch im Jahre 1987 ihr eigenes Teilstreitkraftkommando,
das Naval Special Warfare Command, beim United States Special Operations Command ein,
unterstellte aber erst am 1. Oktober 1988 ihre Spezialeinsatzkräfte dem neuen Kommando.
Die US Army unterstellte dem United States Special Operations Command zwar das 1st
Special Operations Command, hielt aber teilweise ihre Kräfte zurück. Erst im Jahre 1993
übernahm das United States Army Special Operations Command, welches am 1. Dezember
1989 aus dem 1st Special Operations Command hervorgegangen war, auch die Führung über
die letzten noch zu unterstellenden Spezialeinsatzkräfte.
Auch die US Air Force unterstellte ihre Spezialeinsatzkräfte dem neuen Kommando. Die
übergeordnete 23rd Air Force verblieb jedoch Teil der konventionellen Luftwaffe. Somit hatte
das United States Special Operations Command keinen uneingeschränkten Zugriff auf diese
Spezialeinsatzkräfte. Diese Problemstellung wurde erst durch die abgeleitenden Lehren und
Folgen der Operation Just Cause behoben.
Ziel der Operation Just Cause war der Sturz des Diktators Manuel Antonio Noriega in
Panama. Panama hatte lange Zeit ein gutes Verhältnis zu den USA gehabt. Die USA hatten
dem Staat zu seiner Unabhängigkeit verholfen, den Panamakanal fertig gestellt und seither
mit Militäreinheiten für dessen Schutz gesorgt. Ab dem Jahre 1987 hatte sich jedoch die
Beziehung zwischen den beiden Staaten aufgrund von Übergriffen rasant verschlechtert. Die
USA reagierten auf diese Übergriffe mit der Ausarbeitung eines Operationsplanes zur
Beseitigung des Regimes. Das Kommando über alle an der Operation teilnehmenden Truppen
wurde General Carl Stiner erteilt. General Stiner hatte, im Unterschied zu vorangegangenen
Operationen, als Kommandant Erfahrung im Einsatz von Spezialeinsatzkräften. Dies
verbunden mit der Tatsache, dass die Spezialeinsatzkräfte von Anfang an in die Planungen
mit eingebunden wurden, führte zum Erfolg der Operation. Die für diese Operation
zusammengestellte Joint Task Force übte, soweit es die Geheimhaltung zuließ, gemäß ihrer
Truppengliederung
für
die
einzelnen
Operationsziele.
Dies
schloss
Teilstreitkraft
übergreifende Übungen genauso wie gemeinsame Übungen von Spezialeinsatzkräften und
konventionellen Truppen ein. In den Morgenstunden des 20. Dezembers 1989 begannen die
USA mit der Invasion des zentralamerikanischen Staates. Die bereits im Vorfeld der
Operation stattgefundene Zusammenarbeit führte zu einem raschen militärischen Erfolg. Das
United States Special Operations Command konnte somit eine positive Bilanz für die
vorangegangene Reform ziehen.
Aufgrund der Erfolge während der Operation Just Cause wurde die 23rd Air Force am 22.
Mai 1990 zum Air Force Special Operations Command, einem neuen Hauptkommando der
US Air Force, aufgewertet. Mit dem Air Force Special Operations Command hatte auch die
US Air Force ihre Spezialeinsatzkräfte zur Gänze unter das alleinige Kommando des United
States Special Operations Command gestellt.
Nachdem Ende der 80er Jahre die Sowjetunion als Gegenpool zur Weltmacht USA immer
mehr an Bedeutung verlor, begannen die USA ihre „Strategie der flexiblen Antwort“ zu
überarbeiten. Für die NATO rückten vor allem jene Staaten, in welchen die staatliche
Ordnung stark geschwächt oder ganz zusammengebrochen war in den Mittelpunkt. So bot die
Allianz den Vereinten Nationen und der „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa“ militärische Unterstützung für Friedensoperationen an. Diese, als Non Article Five
oder out of area-missions bezeichneten Einsätze, dominierten bald das Aufgabenfeld der
NATO. Die USA setzt im Zuge dieser Operationen großteils ihre Spezialeinsatzkräfte ein.
Diese operieren wie im Falle der Operation Just Cause unter Führung eines regionalen
Special Operations Command, welches wiederum einem regionalen Oberkommando
untersteht. Vor allem auf dem Balkan und in den Anrainerstaaten des Persischen Golfes
kamen die Spezialeinsatzkräfte zum Einsatz.
Die neueste, vor allem aber für das Bündnis im Augenblick die größte Gefahr stellt der
internationale Terrorismus dar. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 auf das World
Trade Center und das Pentagon zeigen die immense Gefahr, welche von dieser Bedrohung
ausgeht. Die USA reagierten auf diese Bedrohung mit dem Global War on Terrorism, welcher
großteils von den Spezialeinsatzkräften geführt wird. US-Präsident George W. Bush
erweiterte daher 2005 die Kompetenzen des United States Special Operations Command.
Gemäß dem Unified Command Plan aus dem Jahre 2004 übernahm das United States Special
Operations Command weltweit die Führung im Global War on Terrorism. Ebenfalls als
Konsequenz auf die Terroranschläge des 11. September 2001 richtete das US Marine Corps
am 24. Februar 2006 als letzte noch verbliebene Teilstreitkraft ihr Kommando, das Marine
Special Operations Command, beim United States Special Operations Command ein. Damit
unterstanden alle Spezialeinsatzkräfte der US-amerikanischen Streitkräfte dem United States
Special Operations Command.
Die SOF der US-amerikanischen Streitkräfte haben mit dem Unified Command Plan vorerst
eine seit den 80er Jahren laufende Reform beendet, welche sie aus der Versenkung des Kalten
Krieges an die Spitze der US-amerikanischen Streitkräfte befördert hat.