Von JPEG bis Sting

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Von JPEG bis Sting
AT WORK
VERGLEICHSTEST: BILDKOMPRESSIONSVERFAHREN
Von JPEG bis Sting:
Mathematik gegen
Speichernot
PUBLISHING PRAXIS nimmt
vier komprimierende Bildformate genau unter die Lupe
Auf der Cebit stellte Luratech das
erste funktionsfähige PhotoshopPlug-In vor, das kompatibel zum
neuen Dateiformat JPEG 2000 sein
soll. Wir testen die Beta-Version
im Vergleich zum Lurawave-Kompressionsverfahren der gleichen
Firma, zum fraktalen »Sting«-Dateiformat (Genuine Fractals) und
zum bekannten JPEG-Verfahren.
Die fast 15 Jahre alte JPEG-Kompression gehört zum Standard
aller Bildbearbeitungsprogramme
und Web-Browser. Für die drei
anderen genannten Verfahren
sind spezielle Plug-Ins erforderlich. Wenn sich das Ende letzten
pression. Zum Vergleich nehmen
wir das Ergebnis einer JPEGKompression mit der höchsten
Photoshop-Qualitätsstufe 12 mit
in die Tabelle auf.
Die Ergebnisse hängen von der
Art des Testbildes ab; die hier
ablesbare Tendenz finden wir jedoch bei mehreren unterschiedlichen Dateien bestätigt. Danach
liefert JPEG 2000 die beste Kompression, gefolgt vom GenuineFractals-Verfahren. Die reine
Wavelet-Kompression mit Lurawave erzeugt nur unwesentlich
kleinere, manchmal sogar größere Dateien als das einfache LZW.
Nachgemessen: Wir benutzen als
Testbild ein neu gescanntes Foto
im TIFF-Format, Original-Dateigröße 6,34 MB. Dieses Bild komprimieren wir mit den zu untersuchenden Verfahren verlustfrei.
Bis auf JPEG unterstützen alle
Verfahren eine verlustlose Kom48
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Unsere Kontrastkurven stellen den Tonwert- und Kontrastverlauf eines Teststreifens dar, der aus hellen und dunklen Balken mit von links nach rechts
steigendem Kontrast besteht. Die »Normalkurve« dieses Verlaufs besteht aus
zwei Schenkeln, deren Abstand gleich
dem Kontrast zweier benachbarter Balken ist. Schärfung und Weichzeichnung
öffnen oder schließen die Kurve. Auch
Störungen der Bildkanten werden deutlich sichtbar. Rote Punkte zeigen die
Beeinflussung der unmittelbaren Randpixel, grüne Punkte zeigen die Beeinflussung der Pixel in der zweiten, blaue
Punkte die in der dritten Reihe.
Wir komprimieren für einen zweiten Test unser Testbild in Photoshop in der JPEG-Qualitätsstufe 0
und nehmen die erhaltene Dateigröße von 59 KB als Maß für die
Kompression mit den anderen
Verfahren. Der Lurawave-Dialog
erlaubt die direkte Eingabe einer
Zieldateigröße. In der Beta-Version des Speicherdialogs des
Konfigurierbar: Der
Lurawave-Dialog zeigt,
welche vielfältigen
Einstellungsmöglichkeiten die WaveletKompression bietet.
Die Ergebnisse: Von
links nach rechts JPEG-,
Lurawave- und JPEG2000-Kompression bei
einer Zieldateigröße
von 59 KB (Kompressionsrate 1:110).
Jahres zum Standard erklärte
JPEG 2000 durchsetzt, wird sich
die Unterstützung dafür bald auch
in den Anwendungen finden.
Info: So testen wir
Die Vorteile der neuen Verfahren
werden vor allem dann deutlich,
wenn man mit gewissen Qualitätsverlusten leben kann, oder wenn
kleine Dateien Priorität haben,
etwa fürs Internet-Publishing.
JPEG-2000-Plug-Ins von Luratech waren die entsprechenden
Felder noch funktionslos, jedoch
kommen wir auch hier durch die
Wahl der Kompressionsrate auf
die gewünschte Dateigröße. Nur
Genuine Fractals Print Pro erlaubt keine Einstellungen und
bleibt hier unberücksichtigt.
Bis es nicht mehr geht: Die JPEGQualitätsstufe 0 in Photoshop erzeugt eine immer noch recht
»gute« Qualität. Mit speziellenG
Übersicht: Dateigrößen bei verlustloser Kompression
Verfahren
TIFF unkompr.
TIFF (LZW)
Sting
Wavelet
JPEG 2000
JPEG*
Dateigröße in KB
6.490
3.576
2.899
3.143
2.603
1.594
* Qualitätsstufe 12, nicht verlustlos
PUBLISHINGPRAXIS JUNI 2001
AT WORK
VERGLEICHSTEST: BILDKOMPRESSIONSVERFAHREN
G Programmen wie Ulead Smartsaver oder Photoimpact lassen
sich noch drastisch höhere Kompressionen bei entsprechenden
Qualitätseinbußen erzielen.
Dass auch Photoshop unser Testbild auf weniger als ein Hundertstel seiner ursprünglichen Größe
komprimiert, liegt an den vielen
gleichförmigen Flächen im Bild,
die sich gut komprimieren lassen.
Die Abbildungen auf der vorhergehenden Seite zeigen die Qualitätseinbußen, die sich vor allem
als Störungen an den Bildkanten
bemerkbar machen, im KontrastDiagramm sowie an einem vierfach vergrößerten Bildausschnitt.
Die typischen acht mal acht Pixel
großen JPEG-Artefakte spiegelt
das Diagramm nicht wider, aber
auch so ist sichtbar, dass JPEG
deutlich mehr Störungen hinzufügt als die anderen Verfahren.
Der Weichzeichnungseffekt in Bereichen geringen Kontrasts, wie
ihn die Wavelet-Kompressionen
erzeugen, dürfte bei Bildern vom
Scanner oder
aus der Digitalkamera vielleicht sogar erVerfahren
wünscht sein,
Programm
um das CCDRauschen zu
Hersteller
verringern.
Fraktal: Der
Speichern-Dialog von Genuine Fractals erlaubt nur die
Auswahl zwischen verlustlos und »visually lossless«.
Letztere Einstellung reduziert die Datei
auf 948 KB.
50
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Info: Die Kompressionsverfahren JPEG, Wavelet, JPEG 2000
je nach Kompressionsgrad weglassen. Die
Ergebnisse sind deutlich besser als die der
JPEG-Kompression.
JPEG: Dieses Verfahren arbeitet mit der
so genannten diskreten Kosinustransformation (DCT). Das Bild wird in acht mal
acht Pixel große Blöcke aufgeteilt und ihr
Inhalt mit Kosinusfunktionen unterschiedlicher Frequenzen dargestellt. Nach der
DCT filtert JPEG hochfrequente Anteile
abhängig von der Kompressionsrate heraus und komprimiert das Ergebnis mit
Lauflängen- und Huffmann-Kodierung. Die
bei höheren Kompressionsraten sichtbaren Blockgrenzen stellen den größten Mangel der JPEG-Kompression dar.
Gut, aber groß: Die
Genuine-Fractal-Kompression »Visually Lossless« erzeugt nur wenige, kaum sichtbare
Störungen – aber auch
recht große Dateien.
Wavelet-Komprimierung: Sie setzt
kompakte Schwingungen, Wavelets, ein.
Der Rechenaufwand steigt hier lediglich
proportional mit der Pixelzahl, weshalb
eine Aufteilung in Blöcke nicht erforderlich ist. Die Ergebnisse der Wavelet-Transformation werden dann mit Tief- und
Hochpassfiltern in detailarme und detailreiche Bildelemente getrennt. Informationsarme Bildelemente lassen sich dann
Einfach: In Genuine
Fractals Print Pro gibt
es nur eine einzige Einstellungsmöglichkeit.
Sting: Dieses von Iterated Systems (jetzt
Mediabin) entwickelte und undokumentierte Format verwendet eine Kombination aus Wavelets und rekursiven mathematischen Funktionen (Fraktalen).
JPEG 2000: Der Ende letzten Jahres verabschiedete neue JPEG-Standard verwendet ebenfalls Wavelets; seine Spezifikationen werden schrittweise bis Ende 2001
veröffentlicht. Weitere Vorteile:
A Progressiver Bildaufbau oder Sperrung
höherer Auflösungen mit einem Kennwort,
A Fehlertoleranz für die Übertragung zum
Beispiel per Funk oder über das Internet,
A wichtige Bildteile lassen sich weniger
stark komprimieren als das restliche Bild,
A Unterstützung von bis zu 256 Kanälen,
A Speicherung optionaler Zusatzdaten.
Fazit: Mit JPEG 2000 kommt endlich ein Bildformat, dass hohe
Kompressionsraten ohne Artefakte erlaubt. Schon die verlustlose Kompression in diesem Format erzeugt deutlich kleinere
Dateien als die bisher bekannten
Verfahren. Jetzt sind die Softwarehersteller gefordert, die Unterstützung für JPEG 2000 rasch in
ihre Programme einzubauen.E
Ralph Altmann/eb
Für den Vergleich
erzeugen wir mit
den anderen Verfahren fast gleich
große Dateien. Wir
finden jedoch trotz
Vergrößerung
kaum Qualitätsunterschiede. Bei der
verlustlosen Kompression schlägt
sich diese mit Fraktalen arbeitende Methode deutlich besser.
Übersicht: Alle Kompressionsverfahren
JPEG
JPEG 2000
TIFF (LZW)
Alle gängigen Bildbearbeitungsprogramme
z.B. Lurawave 3.0
JPEG 2000
Alle gängigen Bildbe- Genuine Fractals Print Pro Lurawave 2.0
arbeitungsprogramme
Sting
Lurawave
–
Luratech
–
Altamira Group
Internet
www.jpeg.org
www.jpeg.org,
www.luratech.de
home.earthlink.net/
~ritter/tiff/
www.altamira-group.com www.luratech.de
Systemanforderungen
Alle Betriebssysteme
Mac, Windows, Sun
Solaris
Alle Betriebssysteme
Mac, Windows; ab Photo- Mac, Windows, Sun
shop 3.0.5 oder Plug-In- Solaris, Linux
kompatible Programme
Photoshop-Plug-In? Ja/integriert
Ja
integriert
Ja
Vorzüge
sehr hohe Kompressionsraten möglich
sehr hohe Kompressionsraten möglich,
gute Qualität
Robustes und etablier- Gute Qualität, Bilder
tes Standardformat
lassen sich beim Öffnen
skalieren
Nachteile
Artefakte bei höheren
Kompressionsraten
Als Standard noch nicht
umgesetzt
Vergleichsweise geKeine Qualitätseinstellung, Kein Standardringe Kompressionsrate kein Standardformat
format
Preis
–
kostenlos
–
619 Mark
149 Mark
Vertrieb
–
Internet
–
Innotech Software
Internet
Wertung
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++++++
++++++
Luratech
Ja
Sehr hohe Kompressionsraten, gute
Qualität
PUBLISHINGPRAXIS JUNI 2001