Ich bin doch nicht verrückt - UL

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Ich bin doch nicht verrückt - UL
ULTRALEICHT SEGELFLUG
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Die GFW-3 von Gerhard Friedrich Wagner – Einzelstück oder ein
bahnbrechender Schritt in die UL-Zukunft?
Ein weiterer Quantensprung im UL-Segelflugzeugbau ist
Dr. Gerhard-Friedrich Wagner (71) mit seiner in fünfjähriger Planungs-, Konstruktions- und Bauzeit entwickelten GFW-3 gelungen.
Erst im Juli 2010 bestand das UL-Flugzeug anlässlich des Jahrestreffens des Deutschen Ultraleicht Segelflugverbandes (DULSV) in BadSobernheim seinen Jungfernflug – und das mit Bravour: Mit einer
Gleitzahl von 35 (bei 85 km/h) verweist die GFW-3 Konkurrenten
wie ULF-1, Banjo, Archaeopteryx und andere ganz klar auf ihre
Plätze. Beim F-Schlepp am UL verhält sich die GFW-3 genau so unproblematisch wie hinter einer Remo. Am Seil einer Drachenflugwinde ist der Windenstart ebenso sicher wie an einer ganz normalen
Segelflugwinde. Mit diesen Kriterien setzteWagner mit seiner
GFW-3 bereits in der Testphase neue Maßstäbe, denn im Gegensatz
zu anderen Typen dieser Art lässt sich die GFW-3 mit ihren unkritischen Eigenschaften problemlos in den regulären Segelflugbetrieb
integrieren. Selbst beim Streckenflug dürfte die GFW-3 mit ihren leistungssteigernden Wölbklappen und einer Höchstgeschwindigkeit
von 185 km/h so manchem „Allerweltssegler“ das Fürchten lehren.
Trotz seiner hervorragenden Leistungsdaten bleibt der Prototyp
der GFW-3 vorerst ein Einzelstück, denn der Konstrukteur will sich
dem Aufwand einer Musterzulassung zum Serienbau nicht mehr
unterwerfen. Damit der Prototyp der GFW-3 aber nicht im Status
eines Einzelstücks verharrt, erklärt sich Wagner bereit, die zum
Nachbau erforderlichen Konstruktionszeichnungen und Berechnungen sowie sein gesamtes Know-how zur Verfügung zu stellen.
Die GFW-3 könnte einen optimalen Einstieg für eine der drei
deutschen Segelflugzeugschmieden auf dem bisher vernachlässig-
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Erster Flug des Konstrukteurs Dr. Gerhard F. Wagner, anlässlich des
DULSV-Jahrestreffens 2010 in Bad-Sobernheim
ten Sektor UL-Segelflugzeugbau bieten. Ob sie mit ihrer Meinung
richtig liegen, oder sie in naher Zukunft von der ausländischen Konkurrenz eines Besseren belehrt werden, wird die Zukunft zeigen.
Doch diese hat auf dem Sektor eigentlich schon lange begonnen.
Das allerdings scheint nach Bruchsal, Poppenhausen oder Kirchheim/Teck bisher noch nicht durchgedrungen zu sein. Damit wäre
dann leider wieder einmal eine Chance im „bezahlbaren“ deutschen
Segelflugzeugbau vertan.
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Mit einer Gleitzahl von 37 macht derweil eine UL-Segelflugzeugkonstruktion aus den USA auf sich aufmerksam: Bereits im Herbst
2001 hat Greg Cole (Winward-Performance aus Bend, Oregon) seinen SparrowHawk (Sperber) zur Serienreife gebracht. Im Gegensatz
zu herkömmlichen Segelflugzeugen ist der SparrowHawk aber nicht
in Gfk, sondern komplett aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff (so genannten Carbon pre-pregs) gefertigt. Hierbei handelt es sich um
mit Spezialharz vorimprägnierte Gewebeplatten, die mehrschichtig
in Formen gelegt und unter Druck im Autoklaven bei einer Temperatur von ca. 150°C „gebacken“ werden. Durch dieses Verfahren wer-
Die Sparrow Hawk, ein Entwurf von Greg Cole, fliegt in den USA überaus
erfolgreich, hier drei Exemplare am Flugplatz Northfield, MN, USA.
(Foto: Tom Rent)
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den die Fertigteile unempfindlich gegen Sonneneinstrahlung und
Materialerhitzung. Der SparrowHawk kann daher in der jeweiligen
Wunschfarbe des Kunden gefertigt werden.
Mit nur 11 m Spannweite, einem max. Abfluggewicht von 188 kg
bei 70 kg Leergewicht, einer Bruchlast von +5,48 / -4,0 g, einem geringsten Sinken von 0,6 m/s bei 70 km/h, einer Vmin von 59 km/h
und einer Vne von 227 km/h ist der SparrowHawk wohl eine der
herausragendsten Neukonstruktionen der jüngsten Zeit. Sein Komplettpreis von ca. 33 500 € (44 500 $) liegt trotz der hohen Leistung
preislich weit unter dem, was man gemeinhin für ein Flugzeug dieser Güteklasse erwarten würde.
Konstruktion, Herstellung und Betrieb des SparrowHawk basieren auf der Grundlage der FAR 103 (Federal Aircraft Regulations, Part 103/Ultralight Vehicles), die nicht ganz so restriktiv
gestaltet sind wie die deutschen Bau- und Prüfvorschriften für
Gleitflugzeuge. Gemäß der NfL II 24/05- Bekanntmachung von
Lufttüchtigkeitsforderungen für Gleitflugzeuge (Ultraleichte Segelflugzeuge, dreiachsgesteuert) vom Februar 2005 (LFG) gilt für
die ultraleichte Klasse eine rechnerische Mindestgeschwindigkeit
bei höchstzulässiger Flugmasse in Landekonfiguration von höchstens 55 km/h. Für die Zulassung des SparrowHawk mit 59 km/h
würde dies in Deutschland somit das Aus bedeuten. Allerdings äußert der Hersteller auf seiner Website (www.winward-performance.com), dass eine deutsche Zulassung als UL-Segelflugzeug
und UL-Flugzeug (wahlweise mit Verbrennungsmotor oder E-Antrieb) angestrebt werde.
Jim Payne (OLC-Weltmeister 2008) aus USA hat mit dem SparrowHawk in kürzester Zeit bereits sieben Weltrekorde in unterschiedlichen Disziplinen der UL-Segelflugklasse errungen. Bereits
mit seinem fünften Flug und ersten Überlandflug im SparrowHawk
erflog er am 25. April 2009 mit 1002,10 km einen neuen Weltrekord in freier Strecke mit max. drei Wendepunkten. Nach OLC-Reglement wurden ihm dabei sogar 1258,86 km anerkannt, die er in
der Welle in 12:14 Stunden mit einer Schnittgeschwindigkeit von
beeindruckenden 102,82 km/h zurücklegte.
Doch damit nicht genug: In der Weltrekordliste für UL-Segelflugzeuge der FAI finden sich derzeit 17 anerkannte Weltrekorde. Acht
entfallen auf Rekorde mit dem SparrowHawk, davon gehen sieben
Ein neuer Stern am deutschen UL-Segelflughimmel ist die GFW-3 von
Dr. Gerhard F. Wagner aus Kaiserslautern, hier bei ihrem ersten Flug
mit dem Konstrukteur in Bad-Sobernheim 2010.
auf das Konto von Jim Payne. Ein Weltrekord entfällt auf TST-3
Alpin mit GZ 33, drei auf Silent-II mit GZ 39 und fünf auf ApisWR,
ebenfalls GZ 39.
Damit wird deutlich, dass der UL-Segelflug schon lange die Entwicklungsstufe fragiler Experimentalflugzeuge verlassen hat und in den
Leistungsbereich „ganz normaler Segelflugzeuge“ aufgestiegen ist.
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Angesichts der rasanten und viel versprechenden Entwicklungen sei
die Frage erlaubt, wann sich die deutschen Segelflugzeughersteller
endlich auf diesem Erfolg versprechenden Marktsegment positionieren. Das erforderliche Know-how und die Fertigungstechniken
sind zweifelsfrei vorhanden und auch an Fertigungskapazitäten
dürfte es nicht fehlen.
Kein Medical, kein IHP, keine sonstigen EASA-Auflagen, dies alles
verbunden mit guten Leistungsdaten und bezahlbaren Flugzeugpreisen – das schon allein müsste ausreichen, um eine neue deutsche Segelflug-Erfolgsgeschichte zu schreiben. Wenn nicht jetzt,
wann dann?
Text und Fotos: Klaus Burkhard
Weitere Informationen zum Thema UL-Segelflug unter
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Erster Flug des Konstrukteurs Dr. Gerhard F. Wagner, anlässlich des DULSV-Jahrestreffens 2010 in Bad-Sobernheim. Gespannt verfolgen andere
ULSFler die letzten Startvorbereitungen und den anschließenden F-Schlepp. Die GFW-3 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht endlackiert.
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