Johannes Raetz
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Johannes Raetz
Abschlussarbeit zur Erlangung des Magister Artium im Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften Goethe-Universität Frankfurt Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik Thema: Populäre Livemusik in Deutschland Aktuelle Studien zur Ökonomie des Konzerts 1. Gutachterin: Dr. Gisa Jähnichen Vorgelegt von Johannes Raetz aus: Dessau Einreichungsdatum: 02. März 2009 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 1.1. Methodischer Aufbau 2 1.2. Expertenbefragung 3 2. Musikwirtschaft in Deutschland 10 2.1. Musik als Ware 10 2.2. Live-Musikbranche und Tonträgermarkt 12 2.2.1. Die Märkte der Musikwirtschaft 12 2.2.2. Vergleich der Märkte 15 3. Veranstaltungen von Konzerten und Tourneen 21 3.1. Akteure 21 3.2. Das Zusammenspiel der einzelnen Akteure 28 3.3. Die Organisation eines Konzertes 31 3.3.1. Produktionsplanung 31 3.3.2. Personal 40 3.3.3. Material 47 3.3.4. Ämter und Behörden 52 4. Neue Marktteilnehmer 56 4.1. Live im Internet 57 4.2. Sponsoring und Corporate Events 59 4.3. 360°- Modell in der Live-Musikbranche 60 5. Ökonomie der Konzertwirtschaft 70 5.1. Angebot und Nachfrage eines einzelnen Konzertes 71 5.2. Steigende Nachfrage 77 5.3. Steigende Preise 81 5.4. Steigende Kosten 83 5.5. Steigende Preise in den USA 86 5.6. Stabilität des Marktes 89 6. Der Markt für Konzerttickets 6.1. Ticketdistribution 6.2. Zweithandel 94 94 100 6.2.1. Rechtliche Problematik 101 6.2.2. Wirtschaftliche Problematik 108 6.2.3. Umgang mit dem Zweithandel 118 7. Dynamische Preisfindung für Konzerttickets 127 7.1. Vorbetrachtung 127 7.2. Konzeption 129 7.3. Anforderungen und Eignungsprüfung 131 8. Implikationen für die weiterführende Forschung 134 Anhang Glossar Abbildungsverzeichnis Verwendete Gesetzestexte Literaturverzeichnis Interviews Oskar „Ossy“ Hoppe Christopher Noodt Fritz Rau Ralf Scheich II IV V IX XIII XIII XVII XX XXIV 1. Einleitung Rockonomics lautet der Titel einer amerikanischen Studie über die Ökonomie der populären Musik.1 Hierbei handelt es sich um eine durchaus gelungene Wortschöpfung, da sie neben der thematischen Synthese die normwidrigen Besonderheiten der Musikindustrie in sich trägt. Demnach wird ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften betrachtet, welches durch die Verbindung zur Musik auf den Namen Rockonomics getauft wurde. Als populär wurde dabei diejenige Musik definiert, die von einer breiten Masse konsumiert und von zeitgenössischen Künstlern geschaffen und interpretiert wird. Weiterhin wurde nur Musik betrachtet, deren massenhafte Reproduktion keine öffentlichen Subventionen erfordert. Demnach gehören Rock- und Popmusik ebenso zum Gegenstandsbereich der Rockonomics wie Jazz, Musicals und viele andere Genres. Für die ökonomischen Studien der populären Livemusik soll diese Definition ausschließlich auf die Rock- und Popmusik begrenzt werden. Diese Reduzierung 1 Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008. 1 ermöglicht eine detailgetreuere Beobachtung, deren Ergebnisse einen Bezug zur praktischen Anwendung ermöglichen. 1.1. Methodischer Aufbau Obwohl der deutsche Konzertmarkt kontinuierlich wächst und sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Industrie mit Umsätzen in Milliardenhöhe entwickelt hat, gibt es keine ausführlichen Studien über dessen Ökonomie. Die Rockonomics-Studie ist bislang die einzige wissenschaftliche Untersuchung über Livemusik, die deren wirtschaftlichen Zusammenhänge elementar erfasst. Für den deutschen Konzertmarkt sollen die Grundlagen analysiert und dargelegt werden. Dabei können mikroökonomische Modelle marktspezifische Eigenheiten zweckdienlich ergründen. Die Begriffe von Nutzen- und Tauschwert erläutern die Entwicklung von Musik als Ware. Die Betrachtung eines Konzertes erfolgt durch das Modell von Angebot und Nachfrage, wobei der Markt nur begrenzt rational reagiert und kein Gleichgewicht findet. Zum gleichen Ergebnis kommt ebenfalls die Untersuchung des Marktes für Konzerttickets mit Hilfe der Preistheorie. Die einzelnen Theorien werden, sollten sie für das Verständnis nötig sein, an entsprechender Stelle erläutert. Da es sich um eine personenbezogene Branche handelt, kann die einseitige Beurteilung durch starre Modelle dem Konzertmarkt nicht gerecht werden. Daher wurden, neben der theoretischen Analyse, Personen interviewt, die den Markt der Livemusik in Deutschland prägen und von ihm leben. So konnten zusätzliche Informationen gesammelt werden, die einen eingehenden Blick auf die Branche zulassen. Die Methodik zu den Experteninterviews sei im Kapitel 1.2. separat und etwas ausführlicher erläutert. Das darauf folgende, zweite Kapitel beschreibt die Musikwirtschaft. Der Vergleich der unterschiedlichen Segmente, Tonträger- und Konzertmarkt, ermöglicht erste Aussagen über deren Zusammenhänge. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit Konzerten und Tourneen, ihrer Organisation und den beteiligten Akteuren in dieser Branche. Weitere Marktteilnehmer werden anschließend im vierten Kapitel vorgestellt. 2 Warum dem Konzertmarkt ebenfalls eine Krise, vergleichbar der des Tonträgermarktes, drohen kann, wird am Ende des fünften Kapitels gezeigt. Kapitel sechs erklärt am Beispiel der Konzerttickets, mit einem Schwerpunkt auf den Sekundärmarkt, die Ineffizienz des Marktes. Anschließend wird mit dem Konzept der dynamischen Preisfindung eine Lösungsstrategie vorgestellt. Es folgen Implikationen für weiterführende Forschungen. Im Anhang befinden sich neben den Abschriften der Interviews auch eine Aufführung der benutzten Gesetzestexte sowie ein Glossar. Alle dort beschriebenen Fachbegriffe werden im Text mit KAPITÄLCHEN gekennzeichnet. 1.2. Expertenbefragung Die Expertenbefragung ermöglicht den Zugang zu exklusivem Wissen und persönlichen Meinungen von Personen aus der Live-Musikbranche. Diese speziellen Informationen sind ohne den persönlichen Kontakt schwer zu ermitteln. Aus diesem Grund wurde das Experteninterview als Forschungsmethode gewählt. Ziel war es, persönliches Fachwissen, Erfahrungen und Meinungen von den Interviewpartnern zu erlangen. Daher kam die explorative Methode zur Anwendung. Die zur Anwendung gekommene Methode soll näher erläutert werden. Es folgt eine Definition des Expertenbegriffs und eine Vorstellung der ausgewählten Interviewpartner. Die für ein Experteninterview maßgebenden Güterkriterien werden anschließend aufgelistet und konkretisiert. Der Begriff Experteninterview erscheint im wissenschaftlichen Diskurs über die Sozialund Marktforschung stark verwässert.2 Daher soll eine nähere Betrachtung der angewandten Methode folgen. Im Anhang befinden sich alle Interviews in einer gewissenhaft redigierten Abschrift. 2 Mey, Günter und Katja Mruck: Qualitative Interviews. In: Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis – Grundlagen, Methoden und Anwendungen. Hrsg. von Eva Balzer und Gabriele Naderer. Wiesbaden, Gabler 2007: 246 - 278: 254. 3 Allgemeine Methoden der Sozial- und Marktforschung Sozial- und Marktforschung kann nach quantitativen oder qualitativen Merkmalen unterschieden werden. Dabei bemüht sich die quantitative Forschung, objektiv erfassbare Daten zu untersuchen, die ein repräsentatives Bild des Ganzen wiedergeben. Die in Kapital 2.2. vorgestellte Studie zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland ist ein Ergebnis quantitativer Marktforschung. Die qualitative Forschung versucht in kleineren Fallzahlen zu ergründen, wie sich Personen verhalten. Diese Methode liegt vor, wenn folgende Punkte gegeben sind:3 • Die Datenerhebung darf sich nicht auf vorliegende Daten beziehen, sie muss also zu neuen Forschungszwecken initiiert werden. • Die Erhebungs- und die Auswertungsmethode müssen qualitativen Charakter haben. Dies bedeutet, dass bei der Datenerhebung Spielraum bei der Antwortgestaltung vorhanden ist und, dass die Argumentation der Zielperson bei der inhaltsanalytischen Auswertung im Mittelpunkt steht. Innerhalb der qualitativen Sozial- und Marktforschung gibt es, neben der Gruppendiskussion und der indirekten Befragung, das qualitative Interview. Wird dabei auf eine standardisierte Befragung verzichtet und das Augenmerk auf Wissen, Erfahrung oder Meinung des Befragten gelegt, handelt es sich um ein freies Interview. Das Ziel solcher freien oder explorativen Interviews ist die umfassende Sammlung individueller Sachinformationen. In Verbindung mit der explorativen Methode eignet sich das qualitative Interview für die Befragung von Experten. Wahl der Experten Die Einführung der Kategorie des Experteninterviews in die wissenschaftliche Forschung ist auf Meuser und Nagel zurück zu führen.4 Sie haben das akteurspezifische 3 Vorgaben des Bundesverbandes Deutscher Markt- und Sozialforscher. vgl.: Steinmetz, Peter und Hans C. Weis: Marktforschung. 7. Aufl. Ludwigshafen, Kiehl 2008: 35. 4 Meuser, Michael und Ulrike Nagel: Experteninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Methodendiskussion. In: Qualitativ-empirische Sozialforschung – Konzepte, Methoden, Analysen. Hrsg. von Detlef Garz und Klaus Kraimer. Opladen, Westdt. 1991: 441 - 471. 4 Interview als Methode gewählt, um das spezialisierte Wissen des Interviewten zu erfragen. Trotz wissenssoziologischer Fundierung ist dennoch keine einheitliche Begriffsabgrenzung für den Experten vorhanden. Aus diesem Grund soll der Expertenbegriff, wie er hier gebraucht wird, konkreter beschrieben werden: Die ausgewählten Personen besitzen alle jahrelange Erfahrung in ihrem Metier. Daraus resultieren ihr Fachwissen und ihre fachliche Kompetenz. Sie verfügen durch ihre langjährige Tätigkeit in der Live-Musikbranche über exklusives und umfassendes Wissen. Ihre Meinung, Erfahrung und Expertise soll dazu verhelfen, den Konzertmarkt besser zu verstehen und in die konzeptionelle Entwicklung bei der dynamischen Preisfindung von Konzertkarten einfließen. Es wurden Interviews mit vier Fachleuten geführt, von denen jeder Einzelne die typischen Merkmalsvoraussetzungen eines Experten erfüllt. Um eine Vielzahl an Informationen und Blickwinkel zu erlangen, wurden die Interviewpartner bewusst in unterschiedlichen Bereichen innerhalb der Live-Musikbranche gesucht. Konkret setzt sich die Stichprobe aus folgenden Experten zusammen: • Oskar „Ossy“ Hoppe ist Geschäftsführer und Mitbegründer der Wizard Promotions Konzertagentur GmbH. Als Tourneeveranstalter richtet er Konzerte von Künstlern wie U2, Bon Jovi, Sting oder Metallica aus. Zuvor arbeitete er jahrelang im Management, wobei er auf vielen Welttourneen Erfahrung im Veranstaltungsbereich sammeln konnte. Hoppe gilt als Wegbereiter des Hard Rocks in Deutschland. • Christopher Noodt ist freischaffender Musiker und Absolvent des Kontaktstudienganges Popularmusik an der Musikhochschule Hamburg. Neben Engagements als Studio- und Livemusiker wird er als Workshop-Leiter und Arrangeur gebucht. In der Spielzeit 2002 / 2003 war er musikalischer Leiter am Berliner Maxim-Gorki-Theater. Noodt ist Mitglied der Band Ohrbooten und mit dem Konzertbusiness aus Sicht des Musikers bestens vertraut. • Fritz Rau hat für sein Lebenswerk als Konzertveranstalter den Live Entertainment Award sowie einen Echo verliehen bekommen. Über Jahrzehnte hinweg organisierte er die Konzerte der nationalen und internationalen Größen 5 aus Jazz, Blues, Entertainment, Rock und Pop. Duke Ellington, Jimi Hendrix, Madonna, Miles Davis, Bob Dylan, die Rolling Stones und viele andere sind durch ihn nach Deutschland gekommen. 2005 erschien Raus autobiografisches Buch: 50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters.5 • Ralf Scheich ist im Vertrieb der CTS Eventim AG für den Bereich Norddeutschland tätig. Eventim ist für die Vermarktung und die Distribution von Eintrittskarten für alle Arten von Veranstaltungen zuständig. Über ein computergesteuertes System werden die Kartenverkäufe über Vorverkaufsstellen, Internetseiten und Telefonbestellservices synchronisiert. Mit dem Verkauf von 80 Prozent aller Konzertkarten in Deutschland ist Eventim Marktführer in der Ticketdistribution. Ebenso hält das Unternehmen Mehrheitsbeteiligungen an Veranstaltungsfirmen. Als Vertriebsrepräsentant hält Scheich Vorträge über modernes Ticket-Marketing. Bei der Wahl der Experten ging es nicht darum, ein repräsentatives Ergebnis zu erhalten. Vielmehr wurde die Typisierung genutzt, um inhaltliche und charakteristische Merkmale, in Bezug auf die Problemstellung, zu erlangen. Neben Typisierung sind Offenheit und Kommunikativität Prinzipien der qualitativen Forschung.6 Offenheit soll durch den Verzicht auf einengende Vorgaben von Seiten des Interviewers entstehen. Dabei ist es dessen Aufgabe die Befragung nicht nach einem vorgegebenen Fragenkatalog durchzuführen, sondern Bezug auf die genannten Aspekte des Interviewten zu nehmen und auf diese zu reagieren. Die Auskunftsperson soll keine vorgegebenen Antwortmöglichkeiten und genügend Freiraum erhalten, um die Erzählbereitschaft zu fördern. Dies ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikativität. Es wird versucht, eine natürliche Gesprächssituation zu schaffen. Die passende Kommunikationsstrategie zu wählen ist die Aufgabe des Interviewers. Bei der narrativen, also der maximal 5 Rau, Fritz: 50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters. Heidelberg, Palmyra 2005. 6 vgl.: Herrmann, Andreas und Christian Homburg: Marktforschung – Methoden, Anwendungen und Praxisbeispiele. 2. Aufl. Wiesbaden, Gabler 2002: 161. 6 offenen Erzählung, soll der Fragende eine zurückhaltende, interessierte Rolle einnehmen. Die problemzentrierte Technik nutzt dagegen provozierende Kommunikationsstrategien. Dabei kann der Interviewer gezielte Zwischenfragen stellen, um so Begründungen, Erklärungen, Urteile und Meinungen des Befragten zu erlangen.7 Als Gesprächstechnik wurde hauptsächlich die narrative Vorgehensweise gewählt. Bei Fragestellungen, welche die Problematik der Ticketdistribution und der dynamischen Preisfindung für Konzertkarten beinhalteten, kamen aber auch kritischere Inhalte zur Sprache, die dieses Thema betrafen, so dass zeitweilig auch die problemorientierte Technik Anwendung fand. Güterkriterien nach Mayring Da bei den Experteninterviews die statistische Repräsentanz aus Gründen der kleinen Stichprobe nicht als Kriterium der qualitativen Güte herangezogen werden kann, müssen andere Gütekriterien gewählt werden. Für die qualitative Datenerhebung schlägt Mayring sechs Kriterien vor, welche deren Güte bewerten sollen:8 1. Die Verfahrensdokumentation muss eine detaillierte Beschreibung des Forschungsprozesses beinhalten. Dabei müssen das Vorverständnis, die angewandte Methodik, die Durchführung und die Auswertung beschrieben werden. Die zur Anwendung gekommene Methodik wurde erklärt. Die Durchführung wird bei den folgenden Güterkriterien beschrieben. Nach den Güterkriterien folgt ein Hinweis zur methodischen Auswertung. 7 Kepper, Gaby: Qualitative Marktforschung – Methoden, Einsatzmöglichkeiten und Beurteilungskriterien. Wiesbaden. DUV und Dt. Univ. 1994: 44ff. 8 Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung. 5. Aufl. Weinheim, Beltz 2002: 144ff. 7 2. Bei der argumentativen Interpretationsabsicherung müssen alle Deutungen der Interviewaussagen schlüssig und argumentativ begründet sein. Weiterhin ist die Möglichkeit alternativer Deutungen zu prüfen. Alle Antworten der Interviewpartner waren deutlich und unmissverständlich. Eine alternative Deutung war nicht erforderlich. 3. Das systematische Vorgehen und die sinnvolle Unterteilung des Materials sind die Voraussetzungen für das Einhalten der Regelgeleitetheit. Diese Verfahrensregeln müssen trotz des freien Charakters der qualitativen Forschung eingehalten werden. Bei der Erstellung eines Interviewleitfadens wurde der Schwerpunkt jeweils auf die fachliche Expertise des Befragten ausgelegt. Schon bei der Anfrage der Experten, ob sie zu einem Interview bereit wären, wurden diese soweit wie möglich über den Inhalt der Befragung informiert. Neben dem thematischen Hintergrund dieser Forschungsarbeit, wurden auch die Methodik und die Themen, welche im Interview angesprochen werden sollten, genannt. Diese Themen basierten auf den Kapiteln Ökonomie der Konzertwirtschaft, Veranstaltungen von Konzerten und Tourneen und Ticketdistribution. Zusätzlich wurden Fragen über ein mögliches Konzept zur dynamischen Preisfindung von Konzerttickets gestellt. 4. Mit der Nähe zum Gegenstand ist der Grad der Natürlichkeit der Untersuchungssituation gemeint. Künstlich geschaffene Umgebungen sind zu vermeiden. Um eine natürliche Untersuchungssituation zu schaffen, erfolgten persönliche Besuche jedes einzelnen Interviewpartners. Das Gespräch mit Fritz Rau fand in dessen Wohnung in Bad Homburg statt. Die Wohnung ist voll mit Erinnerungsstücken aus seiner langjährigen Karriere als Konzertveranstalter und gleicht einem Museum. Oskar Hoppe wurde in seinem Büro besucht, welches einen faszinierenden Einblick in die Geschichte des Hard Rocks bot. Mit Christopher Noodt wurde das Interview vor einem Auftritt in der Frankfurter Jahrhunderthalle gehalten und Ralf Scheich folgte einer Einladung in ein Hamburger 8 Café. Viele seiner Kundengespräche führt er in Restaurants oder Cafés, so dass auch dieses Treffen in einer natürlichen Umgebung stattgefunden hat. Weiterhin wurde ein schematisches Abfragen der einzelnen Themengebiete vermieden und in dieser Weise versucht, ein natürliches, individuell gestaltetes Gespräch zu führen. 5. Die Prüfung der Ergebnisse wird mit Hilfe der kommunikativen Validierung vorgenommen. Dabei werden die Ergebnisse den Befragten vorgelegt und mit ihnen diskutiert. Durch die Bestätigung der Ergebnisse werden Missverständnisse vermieden und die Ergebnisse verifiziert. Die kommunikative Validierung wurde gewährleistet, indem jedem Interviewpartner eine revidierte Abschrift des Gespräches zukam. So konnten anhand der Rückmeldungen gegebenenfalls Änderungen vorgenommen werden. 6. Durch die Triangulation kann die Gütequalität gesteigert werden. Dabei werden anhand mehrerer Interpreten oder Methoden die voneinander unabhängigen Ergebnisse verglichen. Der Einsatz und der Vergleich verschiedener Analysen kann Aufschluss über die Güte der Erhebung geben. Auf die Triangulation wurde im Rahmen der durchgeführten Befragung verzichtet. Auswertung Aufgrund ihrer besonderen Eignung für die Auswertung von Experteninterviews, wurde die qualitative Inhaltsanalyse9 genutzt. Die Mitschnitte wurden zuerst transkribiert, dabei redigiert und wiederholende Aussagen der Interviewpartner ausgelassen. Die Transkription konnte dann systematisch zusammengefasst werden. Die Auswertung erfolgt innerhalb der thematisch passenden Kapitel. 9 vgl.: Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Technik. 10. Aufl. Weinheim und Basel, Beltz 2008: 58ff. 9 2. Musikwirtschaft in Deutschland In diesem Kapitel soll Musik als wirtschaftliches Gut dargestellt werden. Dabei wird das Geflecht der Musikwirtschaft umrissen und dessen beiden Kernbereiche, Tonträgerund Konzertmarkt, einander gegenübergestellt. Zuvor erfolgt eine kurze Betrachtung inwiefern Musik als Ware im Laufe der Zeit gehandelt wurde. 2.1. Musik als Ware Musik hat einen Nutzen. Die Nützlichkeit ist für jeden Hörer unterschiedlich und im Gegensatz zum Nutzen materieller Güter, nicht greifbar. Ein wesentlicher Aspekt, warum mit Musik gehandelt wird, liegt in ihrem unterhaltenden Charakter, der ein entsprechendes Bedürfnis nach Ablenkung, Ermunterung oder emotionaler Vertiefung einer persönlichen Verfassung befriedigen kann. Dies gilt nicht nur für die heutige Rock- und Popmusik. Die ersten professionellen Musiker in einem warenwirtschafltichen System arbeiteten unter anderem an den Höfen ihrer Regenten. Sie wurden ausschließlich für ihre Tätigkeit als Komponisten, Sänger und Instrumentalisten bezahlt. Hofmusiker waren Luxus. Die Anzahl der Musiker, die sich ein Monarch hielt, war in gleicher Weise 10 Statussymbol wie die Größe und Ausstattung des Herrschersitzes. Denn Musiker sollten in erster Linie für die Unterhaltung ihres Arbeitgebers sorgen. Dadurch erhielt Musik, neben ihrer Nützlichkeit, auch einen Tauschwert. Der Regent brauchte die Musiker, um sein Bedürfnis nach Unterhaltung und Repräsentation zu stillen. Dies war sein Nutzen. In der klassischen Ökonomie wird der Nutzen auch als Gebrauchswert bezeichnet. Die Musiker wurden für ihre Arbeit entlohnt. Der Lohn war der Tauschwert und die Gegenleistung zu ihrer Arbeit. Durch die Existenz von Gebrauchs- und Tauschwert wurde Musik zur Ware. Neben den Hofmusikern gab es auch Gaukler und umherziehende Theatergruppen, die ihren Lebensunterhalt ebenfalls durch Musik und Unterhaltung verdienten. Spielleute musizierten auf Jahrmärkten, Festen, in Schenken und auf der Straße.10 Ab dem 14. Jahrhundert wurden einige Spielleute von den Städten angestellt. Diese Stadtpfeifer besetzten die Wach- und Signalposten der städtischen Befestigungsanlagen und wurden zur musikalischen Unterstützung der kirchlichen Feiertage in den Gottesdienst berufen.11 Bei großen Festen waren die nicht-sesshaften Spielleute immer noch gern gesehene Gäste, allerdings hatten sie keinerlei Recht, längere Zeit in der Stadt zu bleiben. Dieses Privileg stand den Stadtpfeifern zu, die keine Konkurrenz zu befürchten hatten. Die Erfindung des Druckverfahrens im 15. Jahrhundert machte unter anderem auch die kommerzielle Verbreitung von Musik möglich. Zuvor mussten Noten abgeschrieben werden. Spielleute und Stadtpfeifer konnten jedoch lange Zeit keine Noten lesen, so dass die marktwirtschaftliche Bedeutung des Notendrucks erst durch dessen Industrialisierung relevant wurde. Durch sinkende Druckkosten wurden Noten für eine breitere Masse erschwinglich und die Gabe des ´nach Noten Spielens` löste das freie Spiel ab. 10 vgl.: Krickeberg, Dieter: Spielmann. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Hrsg. von Friedrich Blume. 2. Aufl. Sachteil Bd. 8, Kassel / Basel / London, Bärenreiter 1998: 1684 - 1692. 11 vgl.: Greve, Werner: Stadtpfeifer. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Hrsg. von Friedrich Blume. 2. Aufl. Sachteil Bd. 8, Kassel / Basel / London, Bärenreiter 1998: 1719 - 1732. 11 Die Ausweitung der Musikökonomie wurde durch die Möglichkeit der akustischen Konservierung potenziert. 1877 erfand Thomas Edison den Phonographen, der in der Weiterentwicklung durch Emil Berliner zur Verbreitung von Musik auf Tonträgern führte. Der Hörfunk brachte Musik auch in die Wohnzimmer der schlechter Situierten. Mit wachsendem technischem Fortschritt veränderten sich die Tonträger. Auf die Schelllackplatte folgten die Vinyl-Schallplatte, die Kassette und schließlich die CD. Nach dem Notendruck und der akustischen Konservierung ist die Digitalisierung die dritte gravierende Veränderung in der Musikgeschichte, die erneut eine Potenzierung der Musikverbreitung zur Folge hat. Musik wurde zunehmend immaterialisiert und dennoch hat sich die Kultur des Musizierens vor Publikum erhalten. Musik, ob live oder technisch reproduziert, ist ein allgegenwärtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie hat einen kulturellen Stellenwert in unserem Leben und hat ihren Nutzen nicht verloren, ideell und fassbar. 2.2. Live-Musikbranche und Tonträgermarkt Der erfassbare Wert von Musik drückt sich in dessen Preis aus. Werden die Verkäufe zusammengefasst, bildet dies einen Markt ab. Die Märkte in der Musikwirtschaft sollen nachfolgend differenziert werden. Anschließend erfolgt ein Vergleich zwischen dem Tonträgermarkt und der Konzertbranche mit besonderer Berücksichtigung der nationalen und internationalen Rock- und Popmusik. 2.2.1. Die Märkte der Musikwirtschaft Der Oberbegriff Musikwirtschaft kann in zwei Bereiche geteilt werden, der Tonträgerbranche und dem Live-Musikmarkt. Beide Bereiche sind in sich geschlossene Märkte, die durch gewisse Gemeinsamkeiten in Wechselbeziehung zu einander stehen und weitere angrenzende Märkte aufweisen. Der Kernbereich des Tonträgermarktes liegt in der Aufnahme, der Vervielfältigung und der Distribution von Musik. Dabei sind es die Tonstudios und Plattenfirmen, die diese Aufgaben übernehmen. 12 Auf dem Markt der Livemusik agieren Konzertveranstalter, Agenturen und Ticketdistributoren. Zusätzlich gibt es weitere angrenzende Märkte. Im Gegensatz zu den vorgelagerten Märkten, welche die Vorraussetzungen für die Konzert- und Tonträgerindustrie schaffen, profitieren die nachgelagerten Märkte aus den daraus entstandenen Gütern. Es gibt aber auch Märkte, die mit der Musikindustrie Synergien bilden. Diese werden Komplementär- beziehungsweise Substitutivmärkte genannt. Beispielsweise helfen Fanartikel aus dem Merchandising, den Bekanntheitsgrad des Künstlers zu erhöhen. Ein bekannter Künstler wiederum wird höhere Umsätze im Merchandising erzielen. Nebengelagerte Märkte ergänzen die Kernbereiche, haben aber nur geringen Einfluss auf die Musikindustrie. So profitieren zwar Gastronomiebetriebe vom Veranstaltungsmarkt, jedoch wäre ein Konzert auch ohne Gastronomie realisierbar. Oft sind die Übergänge der Märkte fließend und je nach Intention können weitere Strukturierungen erfolgen. Der Hersteller von Leermedien ist beispielsweise im vorgelagerten wie auch im substitutiven Markt aktiv. Rohlinge werden einerseits für die Pressung von Alben benötigt. Neben den Plattenfirmen sind aber andererseits auch Musikkonsumenten in der Lage CD-Rohlinge zu beziehen und sich Musik eigenständig zu vervielfältigen. Der Tonträgermarkt wurde im letzten Fall umgangen. Jedoch kann der Konzertmarkt durch die zusätzliche Verbreitung der Musik profitieren.12 In der Abbildung 1 werden die Kernbereiche der Musikindustrie und die angrenzenden Märkte dargestellt. 12 vgl.: Interview Christopher Noodt. 13 Abbildung 1 Vermarktungsbereiche von Musik13 Die Größe der Märkte wird durch Umsatzzahlen bestimmt. Dabei kann nicht jeder Markt genau erfasst und eingegrenzt werden. Zum Beispiel ist der Wert der Fachpresse oder des Rundfunks nicht anhand der Umsatzzahlen zu ermessen. Andere Märkte werden direkt gemessen. So ist beispielsweise bekannt, dass 90 Prozent der Konzertbesucher Geld für Gastronomie ausgeben. In der Summe entsprach dies 760 Millionen Euro im Jahr 2007.14 Im Jahr 2006 verkaufte der Einzelhandel 500 Millionen CD-Rohlinge, von denen jeder Zweite mit Musik bespielt wurde.15 Im selben Jahr haben die Tonträgerhersteller 150 Millionen Alben verkauft.16 13 vgl.: Kulle, Jürgen: Ökonomie der Musikindustrie: eine Analyse der körperlichen und unkörperlichen Musikverwertung mit Hilfe von Tonträgern und Netzen. Frankfurt am Main, Lang 1998: 119. vom Autor modifiziert. 14 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 16. 15 Brenner-Studie 2007. Hrsg. vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft und der Gesellschaft für Konsumforschung. 14 Der Vergleich der Märkte lässt Rückschlüsse auf deren wirtschaftliche Verknüpfung zu. So ist die Korrelation von verkauften Rohlingen und CD-Alben ein wichtiger Indikator für die Tonträgerwirtschaft. 2.2.2. Vergleich der Märkte Durch den Vergleich der beiden Kernbereiche der Musikwirtschaft soll untersucht werden, welche Einflüsse der Tonträgermarkt auf die Konzertbranche hat. Grundlagen sind die GfK-Studie 2007 zum Konsumverhalten der Konzertbesucher17 und der Jahresbericht 2007 des Bundesverbandes Musikindustrie, IFPI.18 Die GfK-Studie befragte 3.000 repräsentativ ausgewählte Personen und ist nach den Jahren 1995, 1999 und 2003 zum vierten Mal erschienen. Das gemeinsame Volumen des Musikveranstaltungs- und Tonträgermarktes betrug 2007 viereinhalb Milliarden Euro. Die Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Märkte ab 1995. http://www.musikindustrie.de/uploads/media/ms_branchendaten_brennerstudie_2007_02.pdf. Zuletzt besucht am 15. Dezember 2008. 16 Musikindustrie in Zahlen – Jahreswirtschaftsbericht 2007. Hrsg. vom Bundesverband Musikindustrie IFPI. http://www.musikindustrie.de/uploads/media/ms_branchendaten_jahreswirtschaftsbericht_2007_02.pdf. Zuletzt besucht am 14. Februar 2009. 17 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 8. 18 Musikindustrie in Zahlen – Jahreswirtschaftsbericht 2007. Hrsg. vom Bundesverband Musikindustrie IFPI. http://www.musikindustrie.de/uploads/media/ms_branchendaten_jahreswirtschaftsbericht_2007_02.pdf. Zuletzt besucht am 14. Februar 2009. 15 Abbildung 2 Musik-Veranstaltungsmarkt und Tonträgermarkt im Vergleich.19 In der Abbildung 2 ist deutlich zu erkennen, dass der Rückgang des Gesamtmarktes durch den Einbruch im Tonträgergeschäft verursacht wurde. Über den Betrachtungszeitraum verlor der Tonträgermarkt jährlich knapp vier Prozent seines Umsatzes.20 Sein Volumen schrumpfte zwischen 1999 und 2004 um fast ein Drittel. Der Gesamtmarkt verringerte sich dadurch, trotz des kontinuierlichen Wachstums der Livebranche, um etwas über einen Prozent pro Jahr. 19 Abbildung vom Autor erstellt. Datenherkunft: Tonträgermarkt 1999 - 2007 Musikindustrie in Zahlen – Jahreswirtschaftsbericht 2007. Hrsg. vom Bundesverband Musikindustrie IFPI. http://www.musikindustrie.de/uploads/media/ms_branchendaten_jahreswirtschaftsbericht_2007_02.pdf. Zuletzt besucht am 14. Februar 2009: 13. GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 21. 20 p = (n√(Ut ÷ Ut-n) − 1) × 100%; wobei p die Wachstumsrate, n die Anzahl der Betrachteten Perioden und (Ut ÷ Ut-n) den Quotienten aus Anfangs- und Endumsatzes darstellen. Mit dieser Rechnung werden auch alle nachfolgenden jährlichen Wachstumsraten ermittelt. 16 Selektion nach Repertoiresegmenten Innerhalb der Studien sind die Darstellungen der Märkte nach musikalischen Stilrichtungen sortiert. Um einen aussagekräftigen Vergleich führen zu können, werden die Daten qualitativ unterschieden. Lediglich 37 beziehungsweise 55 Prozent der Umsätze 2007 sind für die Untersuchung interessant. Dies entspricht den kumulierten Anteilen der Rock- und Popmusik. Auf dem Veranstaltungsmarkt wurden die Musiksparten klassische Musik, Oper / Operette, Musicals, Volksmusik, Schlager, Liedermacher / Chanson und Jazz nicht berücksichtigt. Klassische Musik und Opern werden vom Staat subventioniert. Der Vergleich mit einem freien Markt würde bei der Betrachtung der Kosten- und Preisrelation zu Verzerrungen führen. Musicals haben ebenfalls eine andere Kostenstruktur, welche mit der eines Rockkonzertes nicht zu vergleichen ist. Steigende Gagenforderungen, aufgrund der schlechten Umsatzzahlen des Musikverkaufs, sind in diesem Segment unwahrscheinlich. Musicals beziehen ihre Einnahmen aus den Kartenverkäufen. Die Preise sind mit durchschnittlich 60 Euro auch die Höchsten der Livebranche. Subventionierte Konzerte und Musicals kommen zusammen auf einen Marktanteil von knapp 50 Prozent. Deutscher Schlager und Volksmusik nehmen weitere sieben Prozent ein. Aufgrund anderer Konsumentengruppen und einer anderen Kalkulation werden diese Konzerte ebenfalls nicht berücksichtigt. Dies ist insofern zulässig, da diese Bereiche auch separat in der Struktur des Tonträgermarktes aufgeführt werden. In beiden Fällen können Schlager und Volksmusik ausgeklammert werden. Ähnlich verhält es sich mit der Jazzmusik. Die Sparte Liedermacher / Chanson kann nicht mit dem Tonträgermarkt verglichen werden. Bei dem Jahresbericht des Bundesverbandes der Musikindustrie gibt es keine entsprechende Sparte. Mit lediglich zwei Prozent des Umsatzes der Livemusik kann dieses musikalische Genre vernachlässigt werden. Damit verbleiben die Bereiche Rock / Pop international mit zwölf Prozent und Rock / Pop national mit acht Prozent, sowie Hard Rock / Heavy Metal mit drei Prozent und die 17 Musikfestivals mit 14 Prozent. Konzerte dieser Bereiche haben 2007 über eine Milliarde Euro eingespielt. Die Daten für die Rock- und Popkonzerte im Jahr 2003 sind unvollständig. Bekannt ist, dass der Anteil der internationalen Künstler leicht gestiegen ist.21 Der Anteil der Nationalen hat sich hingegen nicht verändert. Die Festivals und der Hard Rock Bereich werden als gleich bleibend angenommen.22 Bei den Tonträgerverkäufen verzeichnen die Repertoiresegmente Pop und Rock mit 55 Prozent an der Gesamtsumme, einen Umsatz in Höhe von 900 Millionen Euro.23 2003 generierten diese Segmente noch deutlich über eine Milliarde Euro. In dem Wirtschaftsbericht des Bundesverbandes der Musikindustrie wird die Herkunft von Pop- und Rockmusik nicht unterschieden. Jedoch gibt es eine Auflistung über die prozentuale Verteilung der nationalen und internationalen SINGLE- und LONGPLAYProduktionen, die ab 1994 in den Top 100 Charts vertreten waren. Mit Hilfe der Umsatzzahlen kann das Verhältnis der in- und ausländischen Musik ermittelt werden.24 Die Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Umsatzzahlen der Rock- und Popmusik auf dem Konzert- und Tonträgermarkt. Dabei wurde zwischen nationalen und internationalen Künstlern unterschieden. Der prozentuale Anteil der Segmente am Umsatz der Märkte wurde ebenfalls angegeben. 21 Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 197. 22 Die Schätzung scheint wahrscheinlich, da sich die beiden großen Segmente Klassik (+/−0%) und Musicals (−2%) nicht oder nur geringfügig verändert haben. 23 Dies beinhaltet auch den non-phyischen Musikvertrieb via Downloads und MOBILE MUSIK. 24 Die Berechnung erfolgte über ein Gewichtungsverfahren mit der Annahme, dass der Mittelwert der Chartpositionen nationale und internationale Künstler gleichen Verkaufszahlen entspricht. 18 Abbildung 3 Umsatzzahlen und Herkunft von Rock- und Popmusik im Vergleich25 Überraschend ist die Umsatzsteigerung der nationalen Tonträger. Der Bereich DOMESTIC hat sich gegen den Trend entwickelt und ist mit einem Umsatzplus von siebeneinhalb Prozent zum wichtigsten Bereich der Tonträgerindustrie geworden. Für Konzerte einheimischer Künstler wurde ebenfalls mehr Geld ausgegeben. Zwar stagnierte der Anteil innerhalb des gesamten Konzertmarktes bei acht Prozent, jedoch stiegen durch die allgemeine Verbesserung des Konzertmarktes auch die Umsätze nationaler Musik. Es scheint einen Trend deutscher Musik zu geben. Internationale Künstler hatten es auf dem deutschen Musikmarkt hingegen schwerer. Der Konzert- und der Tonträgermarkt verzeichnen deutliche Verluste in diesen Bereichen. Währendessen sich der Tonträgermarkt seit 2003 zu stabilisieren schien, ist der Bereich ´internationale Produktionen` weiter eingebrochen. Der Umsatz der internationalen Musikverkäufe hat innerhalb von fünf Jahren ein Viertel seiner Größe verloren. 25 Abbildung vom Autor erstellt. 19 Die Gründe dafür können vielseitig sein. So könnten sich die Deutschen verstärkt mit ihrer eigenen Musik identifiziert haben. Dies würde einen reellen Nachfragerückgang bedeuten. Es könnte aber auch sein, dass Musik internationaler Künstler stärker über Netzwerke getauscht wurde. Die Konsumenten würden den Tonträgermarkt in diesem Bereich einfach umgehen. Die Nachfrage hätte sich dabei zwar nicht verändert, durch das alternative Angebot ist jedoch das Marktergebnis verzerrt. Eine genauere Betrachtung, welche die Ursachen erläutert, warum gerade die internationalen Künstler weniger Tonträger verkaufen, soll hier jedoch nicht erfolgen. 20 3. Veranstaltungen von Konzerten und Tourneen Die Komplexität der Konzert- und Tourneeveranstaltungen erfordert eine Untergliederung des zu beschreibenden Gegenstandes. In den Kapiteln 3.1. und 3.2. werden die Akteure, deren jeweiliger Aufgabenbereich und ihre Beziehungen zueinander besprochen. Es folgt eine Betrachtung der Konzertplanung mit genauerem Blick auf die Personal- und Materialplanung. Der Aufwand einer Veranstaltung ist abhängig von der erwarteten Besucherzahl und den Verhältnissen vor Ort. Daher erfolgt keine Anleitung für die Durchführung eines Konzertes oder einer Tournee, sondern eine Zusammenfassung der notwendigen Elemente einer Veranstaltung. 3.1. Akteure Um ein Konzert oder eine Tournee zu spielen, benötigen Musiker in der Regel Hilfe von weiteren Personen. Die Berufsbezeichnungen dieser Helfer sind selten eindeutig definiert und je nach Produktionsgröße können die unterschiedlichen Aufgabenbereiche mal von einer, in anderen Fällen von mehreren Personen wahrgenommen werden. Im Gegensatz zu den Aufgaben eines MAJORLABELS oder eines Verlages, bei denen die Akteure und Positionen eindeutiger zu unterscheiden sind, ist dies in der Live21 Musikbranche etwas undurchsichtiger. Um diesen Umstand übersichtlicher darstellen zu können, wird von einer großen Produktion mit über 10.000 Besuchern ausgegangen, da in dieser Größenordnung jedem Akteur eine Kernaufgabe zugeordnet werden kann. Es soll an dieser Stelle dennoch darauf hingewiesen werden, dass ein erheblicher Teil der Live-Musik im kleineren Rahmen abläuft und hier oftmals nur wenige Helfer zur Verfügung stehen. Bei kleinen Bands ohne Platten- oder Managementvertrag werden alle Aufgaben unter den Musikern verteilt oder ehrenamtlich von Freunden übernommen. Management Ist die Karriere eines Musikers oder einer Band erfolgreich angelaufen, ist ein professionelles Management unverzichtbar. Das Management berät und vertritt seinen Künstler. Der Künstler hat in einem Dienstvertrag dem Management bestimmte Vollmachten erteilt. Im Regelfall verteilen sich die Aufgaben im Management erfolgreicher Künstler auf verschiedene Personen. Meist werden die finanziellen Bereiche von einem BUSINESSMANAGER übernommen. Er erledigt die Buchhaltung und –prüfung, kontrolliert die Zahlungsströme auf den Künstlerkonten und erledigt die Steuerangelegenheiten seines Mandanten. Für diese Arbeit erhält er bis zu fünf Prozent des Bruttoumsatzes. Neben dem BUSINESSMANAGER agiert der PERSONALMANAGER. Seine Hauptaufgabe ist es, die Entwicklung des Künstlers zu fördern. Er berät seinen Schützling, erarbeitet ein künstlerisches und wirtschaftliches Konzept, vermittelt Platten-, Verlags-, Agentur- und Lizenzverträge und kümmert sich um alle anderen Geschäftszweige. Die Vertrautheit zwischen dem Künstler und dem PERSONALMANAGER ist entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Der PERSONALMANAGER wird als „Schlüsselfigur im Leben des Künstlers“ und sogar als dessen „Beichtvater, Mutter und Freund zugleich“ bezeichnet.26 26 Lyng, Robert: Die Praxis im Musikbusiness: Musterverträge, Promotion, Booking, Management, Label und Verlag, GEMA/GVL. 9. Aufl. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 20. 22 Andreas Welskop, der Manager, des Künstlers Clueso hat nach eigener Aussage27 eine Beziehung zu seinem Künstler aufgebaut, die durch gegenseitigen Respekt, Vertrauen und Transparenz gekennzeichnet ist. Welskop investierte innerhalb mehrerer Jahre über 40.000 D-Mark in seinen Künstler. Als Clueso wirtschaftlich erfolgreich wurde, dankte dieser es seinem Manager und arbeitete weiterhin mit ihm zusammen. Bis heute bestehen keine schriftlich fixierten Verträge zwischen den Beiden. Welskop, der auch die Rolle des BUSINESSMANAGERS übernommen hat, führt die komplette Buchführung einsichtbar für alle Teammitglieder. Angst von seinem Künstler im Stich gelassen zu werden, habe er nicht. „Wenn das Verhältnis zwischen dem Künstler und seinem Manager nicht mehr stimmt, nütze auch ein Vertrag nichts, um noch anständig miteinander arbeiten zu können.“28 In der Regel werden jedoch Verträge geschlossen. Diese laufen über einen Zeitraum von mehreren Jahren und beinhalten, neben den Vollmachtregelungen und den Rechten und Pflichten beider Parteien, auch die Entlohnung für das Management. Ein persönlicher Vollzeitmanager verdient zwischen 15 und 25 Prozent des Bruttoumsatzes seines Künstlers. Von diesen Einnahmen bezahlt der Manager sein Team, welches aus Assistenzen, Presse- und PR-Mitarbeitern, Web- und Medienredaktionen, Art Director und weiteren Mitarbeitern bestehen kann. Es gibt auch Modelle in denen ein limitiertes Management ausgehandelt wird. Bei solchen Abstufungen des Managementvertrages, welche vor allem für Newcomer geeignet sind, wird die Entlohnung entsprechend angepasst. Agent Der Agent, in Deutschland auch oft als BOOKER bezeichnet, sucht Arbeit für den Künstler. Während die Bezeichnung BOOKER vor allem bei Konzerten gebraucht wird, ist der Agent für alle Arten von Auftritten zuständig. Dazu zählen neben den Musikkonzerten auch weitere Auftritte, die von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen werden. 27 Aus einem Gespräch mit Andreas Welskop vom 25. September 2008. Verifiziert per e-Mail am 18. Januar 2009. 28 ebd. 23 Während diese Vermarktungsprozesse in Deutschland nur zögerlich wahrgenommen werden, ist dies in den USA schon ein fester Bestandteil einer Musikerkarriere. Neben Gastrollen in Filmen, sind auch Fernsehauftritte in Talkshows oder Exklusivauftritte bei Galen typische Mittel, um die Öffentlichkeit zu gewinnen. Für diese vermittelnde Tätigkeit erhält der Agent in der Regel eine zuvor festgelegte Provision. Je nach Reichweite des Künstlers agiert dessen Management auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene. Handelt es sich um einen international bekannten Künstler, der eine Tournee plant, wendet sich dessen Management an eine internationale Agentur. Dabei ist ein Mitarbeiter dieser Agentur für die gesamte Tournee des Künstlers verantwortlich. Dieser Agent sucht dann auf regionaler Ebene kleinere Agenturen, welche wiederum alle Konzerte des Künstlers in ihrem Gebiet einem Agenten zuteilen. Dieser wiederum sucht auf lokaler Ebene einen örtlichen Veranstalter. Der örtliche Veranstalter führt das Konzert durch und trägt das Risiko im Falle einer geschäftlichen Enttäuschung. Es gibt zwei entgegengesetzte Vorgehensweisen, von der internationalen zur lokalen Ebene und umgekehrt. So kann ein örtlicher Veranstalter ebenso einen BOOKER engagieren und diesen beauftragen, einen passenden Künstler zu finden. Dazu spricht der BOOKER die entsprechende regionale Agentur an. Auch zwischen regionalen und internationalen Agenturen wird auf zwei Wegen kommuniziert. Eine national bekannte Band kann über ihren Manager und Agenten auch Kontakt zu anderen regional agierenden Agenturen aufbauen. Dies geschieht wieder über die internationale Agentur. Oft sind diese Umwege erforderlich, da zwischen den nationalen und regionalen Agenten noch keine Kontakte bestehen. Die folgende Abbildung soll exemplarisch noch einmal die Zusammenhänge verdeutlichen. 24 Abbildung 4 Das Verhältnis zwischen Künstler, Management, Agenturen und örtlichen Veranstaltern29 Bei international agierenden Künstlern kommt es vor, dass die regionale Agentur als Veranstalter fungiert. In diesem Fall trägt die Agentur das Risiko und der örtliche Veranstalter bekommt von der Agentur den Auftrag, das Konzert durchzuführen. Tourmanager Eng mit der Agentur ist auch der Beruf des Tourmanagers verbunden. Er kann von der Bookingagentur gestellt oder vom Künstler angeheuert werden. Der Tourmanager begleitet den Künstler auf seiner Tour und kümmert sich während dieses Zeitraums um die logistischen und organisatorischen Angelegenheiten. Er ist im Auftrag des Künstlers die Kontaktperson zum Veranstalter, Techniker, Presse und den 29 vgl.: Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 199. vom Autor modifiziert. 25 Fans. Der Tourmanager schützt den Künstler vor sämtlichen Ablenkungen und ist der Ansprechpartner für alle Belange während einer Tour. Zu seinen Tätigkeiten zählt unter anderem die Reise- und Unterkunftsplanung des Künstlers und seiner Crew. Dazu gehören die Beschaffung und Buchung von Fahrzeugen, die Bereitstellung und Überprüfung von Übernachtungen, aber auch die Sicherung der Verpflegung. Der reibungslose Ablauf des Auftrittes liegt ebenfalls in der Verantwortung des Tourmanagers, vom Aufbau und dem Soundcheck, der Sicherung des Künstlers durch den Ordnungsdienst, der Einhaltung des RIDERS30 bis hin zur Überprüfung der Abrechnung. Bei internationalen Tourneen ist der Tourmanager auch für die Pässe sowie die Kranken- und Reiseversicherungen der Crew verantwortlich. In der Regel werden die Einnahmen hälftig zwischen dem Veranstalter und dem Künstler geteilt. Der Tourmanager wird von den Einnahmen des Künstlers entlohnt und erhält zwischen zehn und 20 Prozent von dessen Anteil. Ist der Tourmanager von einer Agentur gestellt, bekommt er sein Gehalt von der Agentur und diese wird mit rund 20 Prozent der tourrelevanten Künstlereinnahmen entlohnt. Veranstalter Eine Veranstaltung im Sinne eines Konzertes, ist „eine Zusammenkunft mehrerer Menschen zum Hören oder Ansehen künstlerischer Darbietungen.“31 30 Der Rider ist der Anhang des Gastspielvertrages, welcher zwischen Künstler und Veranstalter geschlossen wurde. Die Anforderungen, die der Künstler im Rider stellt, können stark variieren. In einem Rider werden alle Vertragspunkte und möglicherweise auftretende Situationen genau geregelt. Bei einem international erfolgreichen Künstler kann der Rider sehr detailliert werden. Lyng gibt ein 21 Seiten umfassendes Beispiel eines Riders. Folgende Vertragspunkte werden darin geregelt: Absage / höhere Gewalt, Genehmigungen / Lizenzen / Zertifikate, Versicherung / Entschädigung, Zusätzliche Künstler, Werbung, Tickets, Zahlung, Ausgleich, Sicherheit, Transport, Zufahrtswege / Parken, Strom, Crew, Gewerkschaftsbestimmungen, Bühnen- und Haus-Mischpultplatzierung, Produktionsbüro, Umkleideräume, Catering, Soundcheck, Beleuchtung, Öffnung des Veranstaltungsortes, Merchandising, Kameras / Aufnahmen, Ankündigungen, Konzertbeginn bei Open-Air-Veranstaltungen, zusätzliche Bestimmungen; außerdem werden ein Bühnenplan und ein Zeitplan beigeführt. vgl.: Lyng, Robert: Die Praxis im Musikbusiness: Musterverträge, Promotion, Booking, Management, Label und Verlag, GEMA/GVL. 9. Aufl. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 342 - 362. 31 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 9. 26 Der Initiator des Konzertes ist der Veranstalter. Er trägt das wirtschaftliche Risiko. Der Veranstalter kann eine private oder eine juristische Person sein. Wird das Konzert von einer Firma oder einer Gesellschaft, also einer juristischen Person durchgeführt, muss im Schadensfall die Firma haften und nicht die Privatperson. Deshalb sind bei großen Produktionen immer Gesellschaften Veranstalter. Der Geschäftsführer einer Gesellschaft entscheidet über Geschäfts- und Vertragsabschlüsse. Ist die Firmenstruktur sehr groß, stellt der Geschäftsführer Vollmachten aus. Diese sind auch nötig, damit beispielsweise der Produktionsleiter ohne ständige Unterbrechungen, die durch das Einholen des Einverständnisses entstehen würden, seine Aufgaben erledigen kann. Produktionsleiter Der Produktionsleiter plant und führt die Veranstaltung durch. Er ist für den reibungslosen Ablauf und die technische Struktur eines Konzertes verantwortlich. Die Aufgabe des Produktionsleiters ist die Koordination von Material und Personal. Weitere Bezeichnungen für den Produktionsleiter sind Projektleiter, örtlicher Veranstalter, technischer Leiter, Event Manager und für die Behörden ist er der Verantwortliche vor Ort. Ein Produktionsleiter kann über seine Vergütung frei verhandeln. Sein Gehalt ist abhängig von der Größe des Gesamtbudgets, der Veranstaltungart und seinem Leistungsspektrum. Wird der Produktionsleiter nur für die Durchführung vor Ort engagiert, so ist ein Tagessatz von 300 bis 600 Euro netto üblich. Bei einer Komplettproduktion mit ungefähr einem Monat Planungszeit, richtet sich sein Gehalt am Einkommen mittlerer Führungskräfte. Es variierte in den Jahren 1999 bis 2003 zwischen 2000 und 6000 Euro netto.32 32 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 16. 27 3.2. Das Zusammenspiel der einzelnen Akteure Beschließt ein Künstler, auf Tournee zu gehen, wird er seine Pläne als Erstes mit seinem PERSONALMANAGER besprechen. Die weiteren Abläufe sind stark davon abhängig, wie bekannt der Künstler ist. Daher soll erst eine kurze Kategorisierung des Bekanntheitsgrades erfolgen, anhand derer das weitere Zusammenspiel der Akteure skizziert werden kann.33 1. National agierende Künstler haben ihre ersten Aufnahmen veröffentlicht. Sie werden bei einigen Radiostationen gespielt und über sie wird in den Printmedien häufig als Newcomer berichtet. 2. Künstler, die in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland agieren zählen zur zweiten Kategorie. Sie hatten meist Charterfolge, laufen regelmäßig im Radio und ihre Clips werden von den Musikfernsehsendern gespielt. 3. Etablierte Künstler im deutschsprachigen Raum haben mehrere Alben in hohen Stückzahlen verkauft und weitere Veröffentlichungen sind vorhersehbar. Hohe Chartplatzierungen und mehrere Tourneen geben den Künstlern ein gewisses Maß an Erfahrung. Konzerte mit etablierten Künstlern sind nur von erfahrenen und ebenfalls etablierten Veranstaltern realisierbar. 4. Internationale Stars sind in Europa und meist auch in Nordamerika bekannt. Sie spielen selten unter 10.000 Besuchern und haben an alle Akteure hohe Ansprüche. Internationale Stars werden ausschließlich über internationale Agenturen angeboten. Dabei verhandelt das Management mit der Agentur den Angebotsrahmen. Dieser beinhaltet einen Verfügbarkeitszeitraum und die angestrebte Größe der Tournee. Die Agentur plant den Ablauf der Tournee und bespricht diese im besten Fall mit der Plattenfirma. So kann ein gemeinsamer Marketingplan für die Tournee und die CDVeröffentlichung erarbeitet werden.34 33 vgl.: Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 200. 28 Die internationale Agentur sucht nun regionale Partner, welche die Organisation in ihrem Gebiet übernehmen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die nationale Agentur wird selbst zum Veranstalter und engagiert einen Produktionsleiter, der das Konzert organisiert und durchführt oder sie bieten den Konzertveranstaltern den internationalen Star an. Plant ein Veranstalter ein Konzert in der Größenordnung eines internationalen Stars, beginnt er ungefähr acht bis zwölf Monate vor dem Konzerttermin mit der Suche nach einem passenden Künstler. Dazu schickt er seinen BOOKER zu den regionalen Agenturen und lässt recherchieren, welche Künstler eine Tournee planen. Bei Internationalen Stars herrscht hundertprozentige OFFER-PRAXIS. Dies bedeutet, dass der Künstler von den nationalen Agenturen angeboten wird und die Veranstalter ein Angebot abgeben müssen. Der Künstler kann dann mit seinem Manager entscheiden, welches Angebot er annimmt. In der Regel bestehen diese Angebote aus einer Garantiegage und einer Beteiligung an der Gewinnsumme. Einige Agenturen bieten der internationalen Agentur auch eine Garantiesumme an. Wird diese vom Künstler und der internationalen Agentur angenommen, kann die regionale Agentur den Künstler eigenständig vermarkten. Dabei trägt sie das finanzielle Risiko. Der Produktionsleiter, welcher dann von der regionalen Agentur für die Durchführung beauftragt wird, bekommt eine Festgage oder eine prozentuale Beteiligung der Einnahmen. Egal ob die regionale Agentur selbst zum Veranstalter wird oder nicht, sie regelt und finanziert die Werbemaßnahmen und bestückt den örtlichen Veranstalter mit PRInformationen und Werbemitteln. Dieser ist dann für die lokale Werbung verantwortlich. Der örtliche Veranstalter bedient die regionalen Medien und kümmert sich um den Kartenverkauf an der Tageskasse. 34 Dies ist in der Praxis nur teilweise üblich. vgl.: Busdorff, Reimer und Bernie Schick, Dieter Schubert, Jörg Tresp: Podiumsdiskussion 360° Modell. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus73/events/2008/9/26/podiumsdiskussion/905. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 29 Ist die regionale Agentur für mehrere Konzerte des Künstlers verantwortlich, kümmert sie sich um den Ticketvertrieb. Mittlerweile sind die Grenzen zwischen regionaler Agentur und Konzertveranstalter fließend, so dass eine genaue Aufgabenverteilung nicht mehr beschrieben werden kann und je nach Konstellation unterschiedlich ausfällt. Die OFFERING-PRAXIS wird in den meisten Fällen auch bei etablierten Künstlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Dabei wendet sich der Manager der Künstler direkt an eine regionale Agentur. Plant der Künstler im fremdsprachigen Ausland Konzerte zu geben, organisiert die regionale Agentur den Kontakt zu einer internationalen Agentur. Diese wiederum kümmert sich um die Vertretung in den geplanten Ländern. So lange die Künstler im Ausland einen geringeren Bekanntheitsgrad haben, wird auch die Gagenvereinbarung anders geregelt. Ähnlich wie bei den Künstlern, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz agieren, aber noch nicht etabliert sind, wird eine prozentuale Beteiligung der Einnahmen zwischen Veranstalter und Künstler vereinbart. Ein Beispiel der Band Die Happy:35 Die Happy agieren im gesamten deutschsprachigen Raum. Sie haben beachtliche Erfolge in den Charts gehabt, sind dort aber nicht regelmäßig vertreten. Die Band hat ihrer ragionalen Agentur Extratours ihre Tourneepläne offenbart. Extratours sucht nun für den vereinbarten Zeitraum Veranstalter und koordiniert einen Tourneeplan. Für den Raum Hannover Braunschweig konnte der örtliche Veranstalter Hannover Concerts gefunden werden. Hannover Concerts mietet für den Auftritt das Capitol, welches für 1.800 Besucher Platz bietet. In diesem Fall muss Hannover Concerts die Kosten der Miete der Halle sowie der Ton- und Lichttechnik, der Hotelunterbringung, des Caterings, des Personals und der Werbung tragen. Extratours muss dagegen für die Kosten des Büros, des eigenen Personals, welches unter anderem den Tourmanager der Band einschließt, für Fahrzeuge sowie für Versicherung und Promotion aufkommen. Der von Hannover 35 vgl.: Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 202. 30 Concerts kalkulierte Eintrittspreis liegt bei 20 Euro. Das Konzert ist ausverkauft. Die Einnahmen belaufen sich auf 36.000 Euro. Der geschlossene Vertrag zwischen Extratours und Hannover Concerts sieht eine 60 zu 40 Teilung der Einnahmen vor. Damit erhält die Agentur 21.600 Euro, zieht ihre Provision ab und zahlt die Band aus. Die Happy erhalten ungefähr 15.000 Euro. 3.3. Die Organisation eines Konzertes Bei der Organisation eines Konzertes sind die Faktoren Zeit, Material und Personal Hauptbestandteil der Planung. Dabei ist eine Veranstaltung von der Idee bis zum Abbau ein dynamisches Gebilde, welches parallel auf mehreren Betrachtungsebenen dargestellt werden kann. Für die Darstellung wurden die Ebenen Produktionsplanung, Personal und Material gewählt. Abschließend erfolgt ein Blick auf die notwendigen Anträge und Genehmigungen, die für ein Konzert in Deutschland erforderlich sind. Mehr noch als bei der Zusammenarbeit der Akteure zeichnet sich die Konzertorganisation durch ihre Vielfalt und ihren Ideenreichtum aus. Daher treffen die Beschreibungen der folgenden Kapitel nicht auf jedes Konzert in gleichem Maße zu. Grundlegend wurde von einem mehrtägigen Festival ausgegangen, da die organisatorische Planung solcher Open-Air-Veranstaltungen sehr umfangreich ist. So soll ein Überblick über die Strukturierung und die erforderlichen Elemente eines Konzertes im Allgemeinen wie im Speziellen gegeben werden. 3.3.1. Produktionsplanung Die Planung eines Konzertes kann in drei aufeinander folgende Phasen eingeteilt werden. In der ersten Phase, der Konzeptionsphase, wird ein Gesamtkonzept inklusive eines Zeitplans erstellt. Es folgt die Planungsphase, in der vor allem der Bedarf von Material und Personal festgelegt wird. In der dritten Phase, der Vor-Ort-Phase, werden Aufbau, Durchführung und Abbau koordiniert. 31 Konzeptionsphase Die Konzeption eines Konzertes übernimmt in der Regel der Veranstalter. Besteht bereits ein Vertrag mit einem Produktionsleiter, wird dieser zur Ausarbeitung des Konzeptes mit einbezogen. Dies sorgt für Stabilität der Veranstaltung, da der Produktionsleiter seine Arbeitsbedingungen in seinem Interesse mitgestalten kann. In der Grundkonzeption sollten die Art der Veranstaltung sowie deren Thema und Größenordnung geklärt werden. Dies schließt auch die Anzahl der zu erwartenden Besucher sowie eine Zielgruppenbestimmung mit ein. Ist die gewünschte Zielgruppe festgelegt, kann auch über eine Auswahl der gewünschten Künstler nachgedacht werden. Bei wiederkehrenden Ereignissen, etwa bei einem Festival, werden Künstler entsprechend der Zielgruppe gesucht. Bekommt der Veranstalter den Auftrag, ein Konzert für einen Künstler zu organisieren, wird das Grundkonzept den Wünsche des Künstlers angepasst. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise eine Agentur zum Veranstalter wird. In die Konzeption gehören auch die notwendigen Spezifikationen, eines idealen Veranstaltungsortes, sowie die Dauer des Events, ein möglicher Termin und eventuelle Ausweichtermine. Der vielleicht wichtigste Punkt in der Konzeptgestaltung ist die Erstellung eines Finanzierungskonzeptes. Das vorhandene Budget wird in Teilbudgets eingeteilt und muss die Gage der Künstler, die Produktionskosten und die örtlichen Kosten decken. Welche Anteile den einzelnen Posten zugesprochen werden, ist von der Art und der Größe der Veranstaltung abhängig. Als Orientierung können circa 40 Prozent für das Material, 30 Prozent für das Personal und 20 Prozent für die öffentlichen Kosten wie Miete, Versicherung und Unterbringung gerechnet werden. Neben den Einzelbudgets sollte immer ein Puffer in Höhe von zehn Prozent des Gesamtproduktionsbudgets existieren. Die Abbildung 5 zeigt ein Beispiel für einen ersten Budgetierungsplan. 32 Abbildung 5 Beispiel eines Budgetierungsplan für die Produktion36 Planungsphase Wann mit der Planung begonnen werden sollte, hängt maßgeblich von der Größe der Veranstaltung ab. Dabei gilt: Je größer das Produktionsvolumen, desto detaillierter die Planungsschritte und desto eher muss mit der Umsetzung des Konzeptes begonnen 36 vgl.: Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 18. vom Autor modifiziert. 33 werden. Bei einer zu erwartenden Konzertgröße von etwa 1.000 Gästen sind zwei Monate, bei 50.000 Gästen etwa sechs Monate Vorlaufzeit nötig. Die einzelnen Planungsschritte sind bei kleineren und größeren Konzerten gleich, nur die Zeitfenster unterscheiden sich. Im Grundkonzept wurden die nötigen Bedingungen für einen Veranstaltungsort bereits ausgearbeitet. Das erste Auswahlkriterium ist die Kapazitätsgröße. Sie berechnet sich aus der Personendichte und der Veranstaltungsfläche. Die Personendichte variiert zwischen einem Gast pro Quadratmeter bei bestuhlten Veranstaltungen und zwei bis vier Gästen pro Quadratmeter bei unbestuhlten Konzerten.37 Die Veranstaltungsfläche ist die Grundfläche abzüglich der Bauten und gesperrten Bereiche.38 Bei der Wahl des richtigen Veranstaltungsortes sollten als nächstes die äußeren Bedingungen betrachtet werden. Dazu zählen die demografische Lage des Einzugsgebietes, sowie die Entfernung und Quantität der vorhandenen Infrastruktur. Nicht nur Bahnhöfe des Regionalverkehrs, Zufahrtsstrassen und ausreichend Parkplätze, sondern auch Polizei- und Rettungsstellen, Baumärkte und Versorgungsbetriebe könnten wichtig werden. Während der Vor-Ort-Phase kann beispielsweise ein Baumarkt Materialausfälle kompensieren. Wichtig ist auch die Anwohnersituation. In dicht besiedelten Gebieten wird es Probleme geben, alle nötigen Genehmigungen von den Ämtern zu erlangen. Außerdem könnten sich Anwohner durch die Lautstärke eines Konzertes gestört fühlen. Auch die Erschließung des Ortes ist von Bedeutung. Nicht vorhandene Wasser-, Stromund Telefonanschlüsse sowie Sanitäranlagen müssen mühsam und kostenintensiv organisiert werden. Außerdem muss ein Veranstaltungsort genügend Platz für Gastronomiestände und BACKSTAGEBEREICHE für Künstler und Crew bieten. Beliebt für große Konzerte sind Fußballstadien oder Sportarenen.39 Sie sind ausgerichtet für viele Besucher, verfügen über gute Anbindungen des öffentlichen Nahverkehrs und 37 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 24. 38 Maximalkapazität = Personendichte x Veranstaltungsfläche = Personendichte x (Gesamtfläche – Bauten – gesperrte Bereiche) 39 Interview Fritz Rau 34 des Straßennetzes, bieten ausreichend Parkmöglichkeiten sowie Strom, Wasser und Telefonanschlüße. Die O2-World in Berlin liefert durch ihre Multifunktionalität vielleicht das schönste Beispiel für die Eignung als Konzertveranstaltungsort und Sportstätte. In der 17.000 Zuschauer fassenden Arena wurden innerhalb der ersten drei Monate über 40 Veranstaltungen durchgeführt. Neben den Bundesligaspielen der Berliner Eishockeyund Basketballmannschaften waren es hauptsächlich Konzerte, welche die O2-World füllten. Dabei wurde allein in die Akustik der Halle über eine Million Euro investiert.40 Investor und Besitzer der Erlebnis-Welt ist die Anschutz Entertainment Group, die mitunter auch als Veranstalter fungiert. In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Spielstätten unterschiedlicher Größe. Gute Open-Air Bedingungen bieten auch Bühnen deren Aufbau an ein Amphietheater erinnert. Zu nennen sind die Waldbühne in Berlin, Ferropolis bei Gräfenhainichen oder die Loreley-Bühne bei Wiesbaden. Allerdings ist die Konkurrenz zwischen den Spielstättenbetreibern hoch und viele stehen an der Grenze zum wirtschaftlichen Exitus.41 Dies liegt auch an den Budgetmöglichkeiten des Veranstalters. Die durchaus gerechtfertigten Mietpreise der voll ausgestatteten Spielstätten zwingen den Veranstalter oft nach Alternativen zu suchen.42 Der nächste Schritt innerhalb der Planungsphase betrifft die Technik und das Material. Auf der Veranstaltungsfläche muss mit Hilfe des Grundrisses des Veranstaltungsortes, des RIDERS der Künstler und des Budgets eine Bühne konzipiert werden. Auch die Größe und Qualität der Licht- und Tonanlage wird jetzt geplant. Dieser Schritt zeigt, welche Technik und Materialien noch benötigt werden und von externen Firmen gekauft oder geliehen werden müssen. Bei einem Leihvertrag werden in der Regel 50 Prozent der Kosten mehrere Wochen im Voraus verlangt. Direkt nach Abbau wird dann die zweite Hälfte des Mietpreises fällig. 40 Leue, Gunnar: Vor dem Ansturm. O2 World bereitet sich auf mehrtägiges Eröffnungsprogramm vor. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 29: 16. 41 Brill, Michael: Die Phantasie ist scheinbar unbegrenzt – MM-Gespräch mit Michael Brill, SMG Deutschland. In: Musikmarkt special – spielstätten & ticketing. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2005: 8f. 42 vgl.: Kapitel 5.4. 35 Die Personalplanung richtet sich an der Materialplanung und der im Grundkonzept festgelegten Größe des Konzertes aus. Oft arbeiten die Produktionsleiter mit einem festen Grundstock an Arbeitskräften. Diese haben den Vorteil, dass sie im eingespielten Team schon Erfahrung gesammelt haben und schneller auf organisatorische Überraschungen reagieren können. Einige Materialverleihfirmen haben auch kleine Datenbanken mit geschultem Personal. Anbieter von Ordnungs- und Sicherheitsdiensten stellen eigenes Personal. Personalvermittler helfen bei noch zu besetzenden Stellen aus. Sobald alle relevanten Informationen zum geplanten Konzert vorliegen, sollten die nötigen Anträge43 bei den Behörden gestellt werden. Die Bearbeitungszeiten können bis zu sechs Wochen betragen und sich verdoppeln wenn einige Unterlagen nachgefordert oder korrigiert werden müssen. Bei jedem Amt ist es möglich, eine Auskunft über die ungefähre Bearbeitungszeit zu erlangen. Zusätzlich kann im Vorfeld geklärt werden, welche Unterlagen eingereicht werden müssen. Dies hilft, die Bearbeitungszeit zu senken. Ebenfalls muss den Behörden ein Plan vorliegen, aus dem die Anzahl notwendiger Rettungskräfte und Brandschutzwachen hervorgeht. Vier Wochen vor dem Konzert müssen auch Institutionen, wie die Feuerwehr und beispielsweise das Rote Kreuz eine Anmeldung erhalten. Während der Planungsphase sollte immer wieder mit der regionalen Agentur, welche die Schnittstelle zwischen Künstler und Veranstalter ist, kommuniziert werden. Steht das LINE-UP fest, sollte der Produktionsleiter die RIDER der auftretenden Bands erhalten. Dieser beinhaltet unter anderem die Maßgaben und Wünsche der Künstler an die Produktion und ermöglicht eine effizientere BACKLINE-Planung. Bei großen Produktionen mit einer Vielzahl an Künstlern wird dieser Weg teilweise umgekehrt. Hier wird den Künstlern ein GENERAL RIDER von der Produktion zugesandt. In ihm werden die zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten sowie einige organisatorische Angaben aufgelistet. 43 vgl.: Kapitel 3.3.4. 36 Die Genauigkeit in der Planungsphase bestimmt die Arbeitsbedingungen während der Vor-Ort-Phase. Werden entscheidende Punkte vergessen oder nur ungenügend durchdacht, droht Zeitverzug während des Aufbaus, was im schlimmsten Fall zur Absage der Veranstaltung führen kann. Die Vor-Ort-Phase kann in drei weitere Phasen unterteilt werden: dem Aufbau, der Durchführung der Veranstaltung und dem Abbau. Aufbauphase Die Aufbauphase ist zeitlich klar definiert. Sie beginnt mit der Übergabe des Veranstaltungsortes an die Produktion und endet mit dem Einlass der ersten Gäste auf das Konzertgelände beziehungsweise in die Konzerthalle. Vor Ort wird ein Produktionsbüro eingerichtet. Es dient bis zum Abbau als Zentrale für den Führungsstab und dem Personalleiter. Die Materiallieferungen sind zeitlich zu koordinieren und möglichst nahe am Einsatzort zu entladen. Dabei ist zu beachten, dass die Lastkraftwagen problemlos von den öffentlichen Straßen an die Entladungsstelle gelangen. Es ist einfacher auf dem Gelände von innen nach außen zu entladen. So stehen die Materialien später nicht im Weg. Bei jedem Entladungsvorgang sollten genügend Helfer und, wenn nötig, auch ein Gabelstapler vorhanden sein. Ideal ist es, wenn gelieferte Materialien sofort aufgebaut werden können. So stehen sie nicht im Weg herum und lassen schneller eine Struktur am Veranstaltungsort erkennen. Absperrzäune, die rings um das Gelände positioniert sind, bieten Sicherheit und sparen einen Teil des Ordnungspersonals ein, das ansonsten den Bauschutz übernehmen müsste. Wie viel Zeit für den Bühnenaufbau eingeplant werden muss, kann beim Hersteller erfragt werden. Steht die Bühne, kann die Bühnentechnik montiert werden. Ton- und Lichttechniker können den Einbau parallel durchführen. Zuletzt werden die Merchandisingstände postiert und wenn alle Kleinarbeiten erledigt sind, muss das Gelände gereinigt und vom überflüssigen Material befreit werden. 37 Danach erfolgt die Abnahme der behördlichen Auflagen durch einen Mitarbeiter des zuständigen Ordnungsamtes. Zum Ende der Aufbauphase treffen immer mehr Personalgruppen ein. Es werden Pässe und weitere Funkgeräte ausgegeben. Hinzu kommt ein finales Briefing aller beteiligten Bereichsleiter. Die Künstler sind in der Regel schon da und führen ihren Soundcheck durch. Wenn es das Budget zulässt, können auch noch Pufferzeiten eingeplant werden. Je nach Produktionsgröße und Personalzahl können diese aber sehr teuer und damit unverhältnismäßig werden. Eine gute Planung im Vorfeld und Improvisationstalent sind für den pünktlichen Abschluss des Aufbaus zwingende Voraussetzung. Veranstaltungsphase Der Einlassbeginn der Gäste markiert sogleich den Beginn der Veranstaltungsphase. Dieser kann sich leicht verzögern, wenn zum Beispiel der Soundcheck noch nicht abgeschlossen ist oder die Sicherheitskräfte noch nicht auf ihren Posten sind. Das Kommando DOORS-OPEN wird vom Produktionsleiter gegeben. Zwischen dem Einlassbeginn und dem Auftritt des ersten Künstlers sollte genügend Zeit sein, damit sich die Besucher vor der Bühne sammeln können. Viele erkunden das Gelände und suchen den Gastronomiebereich auf. Das Konzert sollte pünktlich beginnen und während des ersten Auftrittes arbeitet die Bühnencrew bereits an dem Aufbau der BACKLINE für den nächsten Künstler. Die Dauer der Umbauphasen und die Einhaltung der Auftrittszeit sind entscheidend für den Zeitplan. Ist dieser einmal in Verzug, ist es so gut wie unmöglich, die verlorene Zeit wieder einzuholen. Neben den Zusatzkosten, die durch die längeren Arbeitszeiten beim Personal entstehen, sind es vor allem die behördlichen Auflagen, welche die Einhaltung des Zeitplans erfordern. Ein Konzertabbruch wegen Ruhestörung wird beim Künstler wie auch bei den Besuchern eine negative Erinnerung hinterlassen. 38 Während der Veranstaltungsphase sollte der Produktionsleiter so oft wie möglich im Produktionsbüro sein und anfallende Probleme an seine Mitarbeiter delegieren. Seine wichtigste Aufgabe ist es den Überblick zu behalten und auftretende Probleme zügig beheben zu lassen. Nachdem der letzte Künstler von der Bühne gegangen ist, dauert es eine Weile, bis auch die letzten Besucher gegangen sind. Das Gelände muss jetzt bis zum vollständigen Abbau durch den Ordnungsdienst gesichert werden. Bei mehrtägigen Veranstaltungen sind Nachtwachen für Bühne, Technik, BACKSTAGE und an den Gastronomieständen zu postieren. Bei Open-Air-Veranstaltungen sind diese Bereiche vor der Witterung zu schützen. Absenkbare Bühnendächer und Regenplanen verursachen zusätzliche Kosten. Viele Veranstaltungen werden für einen Zeitrahmen geplant, der ein Einschichtsystem beim Personal vorsieht. Sollte die Veranstaltungsphase zu lang sein, bedarf es zusätzlichen Personals. Dies kann auch geschehen, wenn die Aufbauphase zu kurz geplant ist und zusätzlich nachts gearbeitet werden muss. In beiden Fällen kosten die Schichtübergaben viel Zeit, da die neuen Arbeitskräfte ebenfalls eingewiesen werden müssen. Abbauphase Der Abbau kann mit dem Verlassen des letzten Gastes und der Sicherung des Veranstaltungsgeländes beginnen. Dazu wird der Aufbauplan in umgekehrter Reihenfolge durchgegangen. Es wird sozusagen von außen nach innen abtransportiert. Der Abbau dauert ungefähr ein Drittel der Aufbauzeit.45 Ist das gesamte Produktionsmaterial geräumt, wird der Veranstaltungsort gereinigt. Wird dabei keine Firma engagiert, müssen genügend Reinigungskräfte und -material vorhanden sein. Auch um einen Ort für die Entsorgung des angefallenen Mülls muss sich gekümmert werden. Ist das Gelände geräumt und gereinigt, kann die Übergabe an den Vermieter erfolgen. Bei Schäden ist ein Protokoll mit Bilddokumentation anzufertigen, um Anspruch auf Versicherungsschutz geltend zu machen. 45 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 154. 39 3.3.2. Personal Die Personalstruktur bei einer Konzertproduktion kann auf unterschiedliche Weise gebildet werden. Der Produktionsleiter ist für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung verantwortlich und alle Aufgaben, die er nicht delegiert, fallen auf ihn zurück. Deswegen wird die Hierarchie innerhalb des Personals pyramidenförmig aufgebaut. Jedem Produktionsbereich wird ein Leiter zugeteilt. So ist beispielsweise der Sicherheitschef ausschließlich für das Personal des Ordnungsdienstes verantwortlich. Zu den Vorteilen einer solchen Struktur gehört, dass der Produktionsleiter die Gesamtstruktur besser überblicken und sich um grundsätzliche Dinge kümmern kann, da für die Einweisung der Arbeitskräfte sowie die Behebung von Problemen die Bereichsleiter verantwortlich sind. Ein Nachteil liegt in der Aufteilung der Bereiche. Es können sich Überschneidungen ergeben. Ist die Struktur zu verzweigt droht zusätzlich die Gefahr, dass Informationen und Anweisungen verloren gehen oder ungenau werden. Um eine schnelle und einfache Kommunikation zu gewährleisten, werden Funkgeräte ausgeteilt. Einige Funkanlagen ermöglichen die Aufteilung in verschiedene Kanäle. Dabei wird für den Ordnungsdienst und den Gastronomiebereich je ein separater Kanal verwendet. Der Produktionsleiter hört alle Kanäle mit und kann über das Funkgerät auch alle Bereichsleiter erreichen. Ähnlich wie die Funkkanalzuweisungen funktionieren die Pässe. Jeder Mitarbeiter erhält einen Pass. Dieser dient der Identifizierung und den Zugangsrechten für die verschiedenen Bereiche des Geländes. Die Pässe werden in der Regel in Security, Artist, Presse, Crew, Gastronomie, Stand und Alle Bereiche aufgeteilt, so dass nur zugangsberechtigte Personen die jeweiligen Zonen betreten können. So kann sich beispielsweise ein Techniker beim Bühnenzugang ausweisen und Einlass in den BACKSTAGEBEREICH erhalten. Die Aufteilung der Bereiche und die Anzahl des benötigten Personals hängen von der Größe und Art der Veranstaltung ab. Bei Heinze ist ein Überblick über eine prozentuale 40 Personalverteilung zu finden,46 welche zwar nicht repräsentativ ist, aber eine Orientierung gibt. Dabei enthält der Führungsstab, in dem auch der Produktionsleiter agiert, rund zehn Prozent der gesamten Personalstärke. 30 Prozent gehen an Techniker und deren Mitarbeiter, rund 20 Prozent des Personals besteht aus Kräften des Ordnungsdienstes. Eine ähnliche Größe erreicht die Personalstärke der Gastronomie. 15 Prozent sind Helfer und die verbleibenden fünf Prozent werden durch Rettungskräfte wie Feuerwehr und Sanitäter besetzt. Die folgende Abbildung zeigt diese Personalverteilung und ein Beispiel für die Zuordnung der einzelnen Bereiche. 46 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 113. 41 Abbildung 6 Personalstruktur bei der Durchführung eines Konzertes47 Produktionsassistenz Die Produktionsassistenz arbeitet direkt dem Produktionsleiter zu. Bei großen Konzerten gehört sie seit der Planungsphase in das unmittelbare Team des Produktionsleiters. Zu den Aufgabenbereichen gehören die Datenverwaltung und die Büroorganisation, Schreibarbeiten, Berechnungen und das Einholen von Kostenvoranschlägen. Die Assistenz kann auch ganze Bereiche übernehmen, wobei die 47 Abbildung vom Autor erstellt. 42 Haftung und die Vertretungsrechte, die dem Produktionsleiter vom Veranstalter übertragen wurden, in der Verantwortung des Produktionsleiters bleiben. Die Bezahlung eines Assistenten ist frei verhandelbar und hängt von dessen Erfahrungen und dem vereinbarten Arbeitsumfang ab. Stagemanager Der STAGEMANAGER ist für die Bühne verantwortlich. Dabei sollte bei Veranstaltungen mit mehreren Bühnen jede Bühne ihren eigenen STAGEMANGER haben. Seine wichtigste Aufgabe ist die Einhaltung des Zeitplans durch zügige Umbaupausen. Dazu koordiniert er seine Helfer und die Techniker, die für das Licht und den Klang, auf und vor der Bühne, zuständig sind. Ebenso benötigt er Fachwissen bezüglich Equipment und Mikrophonierung. Ein guter STAGEMANAGER regelt die Geschehnisse und klärt alle Probleme auf der Bühne. Er kann den Produktionsleiter dadurch entlasten und wird mit einem Tagessatz in Höhe von 300 bis 600 Euro, ähnlich wie dieser, entlohnt. Techniker Die Techniker unterteilen sich in Ton- und Lichttechnik. Bei der Tontechnik sind der FOH-TECHNIKER und der Techniker für den MONITORMIX zu nennen. FOH steht für FRONT OF HOUSE und bezeichnet, im Gegensatz zu BACKSTAGE, den gesamten Bereich vor der Bühne. Der FOH-TECHNIKER ist also für den Klang der Tonanlage im Zuschauerraum verantwortlich. Mit FOH ist während einer Produktion meist nur der abgesperrte Bereich gemeint, welcher neben dem Mischpult für den Ton auch die Steuerung für das Licht beinhaltet. Neben dem FOH-TONTECHNIKER gibt es bei größeren Produktionen noch einen Bühnen- oder MONITORMISCHER. Er ist nur für den Klang auf der Bühne verantwortlich und versucht die individuellen Wünsche der Musiker zu erfüllen. Der Lichttechniker ist für die Einleuchtung der Bühne und die Lichteffekte während der Show verantwortlich. Oft werden die Techniker zusammen mit der Anlage vermietet. Viele Bands bringen ihr eigenes Personal mit, welche für die Zeit des Soundchecks und der Auftrittszeit die Aufgaben der Techniker übernehmen. Bei großen Produktionen wird das Konzert auf Videoleinwänden übertragen. Zusätzlich können Videoeinspielungen in die Show integriert werden. Dafür sind wiederum eigene 43 Techniker verantwortlich, die neben den Anweisungen für das Kamerateam auch den Schnitt koordinieren. Techniker werden nach Tagessätzen ab 200 Euro bezahlt. Hands Erfahrene Helfer mit handwerklichen und technischen Fähigkeiten werden als HANDS bezeichnet. Es wird zwischen den STAGEHANDS und der SIDECREW unterschieden. Die STAGEHANDS arbeiten während der Veranstaltung direkt an oder auf der Bühne. Sie helfen den Technikern und dem STAGMANAGER. Die SIDECREW ist vor allem während des Auf- und des Abbaus tätig. Sie übernehmen die meist körperlich anstrengenden Bauarbeiten, die für die Produktion notwendig werden. Dies beinhaltet das Be- und Entladen von Produktionsmaterial, den Auf- und Abbau der Bühne und der Technik und die Montage sämtlicher Hardware. Der Bereich der SIDECREW wird von einem HANDCHEF geleitet, der direkt mit dem Produktionsleiter in Kotakt steht. HANDTEAMS können über Agenturen gebucht werden. Ihr Stundensatz pro Arbeitskraft liegt zwischen zehn und dreißig Euro. Rigger Rigger sind Fachkräfte, die den Traversenbau übernehmen. Sie arbeiten eng mit dem Lichttechnikern zusammen. Aber auch fliegende Boxen werden von Riggern aufgehangen. Sie müssen sich mit der Ton- und Lichttechnik sowie der Bühnenstatik auskennen. Oft agieren einige Rigger gleichzeitig als HANDS. Sie werden allerdings höher entlohnt. Tagessätze ab 150 Euro sind üblich. Elektriker Das Stromteam besteht aus einem Stromchef und einigen fachkundigen Kräften aus dem Bereich der Elektrik. Sie kümmern sich um die Energieversorgung der gesamten Produktion. Der Stromchef sollte gelernter Elektroingenieur sein oder eine vergleichbare Ausbildung haben. Nicht bei jeder Produktion ist ein Stromteam notwendig. Dies hängt von der Komplexität der Energieverhältnisse und dem Verbrauch der Veranstaltung ab. Eigen 44 akquiriertes Personal ist dabei meist erheblich günstiger, als die Bestellung bei einer Firma. Ordnungsdienst Der Ordnungsdienst sorgt für die Sicherheit während des Konzertes. Neben autoritärem Auftreten gehört das Erkennen und frühzeitige Unterbinden von Konfliktsituationen zu den Grundvoraussetzungen eines guten Ordnungsdienstes. Die Sicherheitskräfte sind für die Einlasskontrolle verantwortlich. Sie bewachen die gesperrten Bereiche und überprüfen die Pässe des Personals. Ihre Präsenz schreckt vor Gewalttaten, Diebstählen und Drogenkonsum ab. Patrouillierende Sicherheitskräfte können das ganze Veranstaltungsgelände überwachen und Unregelmäßigkeiten schnell über Funk kommunizieren. Neben dem Einlass sollten auch immer an der Bühne, dem Produktionsbüro, der Technik, den VIP-Bereich, an den Lagerräumen und im BACKSTAGEBEREICH genügend Sicherheitskräfte positioniert sein. Diese Grundposten sind durchgehend zu besetzen. Im schlimmsten Fall ist der Ordnungsdienst für die Bekämpfung von Ausschreitungen verantwortlich. Es wird ungefähr eine Fachkraft für 100 Gäste benötigt.48 Dabei ist dieser Richtwert von der Gesamtgröße der Produktion abhängig. Durch die notwendige Besetzung der Grundposten steigt der Wert bei kleineren Veranstaltungen und sinkt bei Größeren. Der gesamte Ordnungsdienst wird von einem Einsatzleiter befehligt. Dieser gibt seine Anweisungen an die Teamleiter, von denen jeder ungefähr zehn Kräfte koordiniert. Der Stundensatz einer Sicherheitskraft liegt zwischen zehn und vierzig Euro.49 Künstlerbetreuer Der Künstlerbetreuer sorgt sich ausschließlich um das Wohlergehen der ihm zugeteilten Künstler. Er geleitet den Künstler pünktlich zur Bühne und kümmert sich um den 48 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 119. 49 ebd. 45 BACKSTAGERAUM, das CATERING und um spezielle Wünsche. Personal, welches für die Betreuung der Künstler zuständig ist, sollte im Service geschult sein und gute Sprachkenntnisse besitzen. Runner RUNNER erledigen die Arbeit eines Kuriers. Vor allem der Transport von Kleinmaterialien und Dokumenten gehört zu ihrem Aufgabenbereich. Neben Materialtransporten können RUNNER auch als Chauffeurdienst eingesetzt werden. Die Vorraussetzungen für RUNNER sind der Besitz eines gültigen Führerscheins und Ortskenntnisse. RUNNER werden mit zehn bis dreißig Euro die Stunde plus einer Nutzungsgebühr, für den Fall dass sie mit ihrem Privatauto fahren, entlohnt. Gastronomie Der gastronomische Bereich läuft meist autark. Er ist unterteilt in das BACKSTAGECATERING und die Kundengastronomie. Weitere Kräfte, die sich durch ihre Bezeichnung erklären, sind Rettungskräfte wie Feuerwehr und Sanitäter, das Kassenpersonal, die Verkäufer an den Ständen für das Merchandise, der Hostessservice für Sponsoren und VIP, Parkplatzeinweiser, die zusammen mit den Zeltplatzpersonal zum Bereich OUTDOOR zählen, Garderobiere sowie der Pressechef. Während der Auf- und der Abbauphase gibt es noch weitere Arbeitskräfte. Etwa den Bereichsleiter für den Fuhrpark, die Fahrer, ein Dekorationsteam und ein Reinigungsteam. Die Kosten für das Personal sollten ein Drittel der Produktionskosten nicht übersteigen. Zu den Lohnkosten kommen noch die Mehrwertsteuer und die Cateringkosten hinzu. Bei den professionellen Kräften fallen oftmals noch Hotel- und Transportkosten an. Viele Agenturen und Profis werden im Voraus bezahlt. 46 3.3.3. Material Bühne Die Bühne steht im Mittelpunkt jedes Konzertes. Allerdings hat nicht jeder Veranstaltungsort eine fest installierte Bühne parat. Darum gehört die Beschaffung der Bühnentechnik auch in die Materialplanung. Die Größe der zu installierenden Bühne hängt von den Anforderungen der Künstler und dem vorhandenen Platz ab. Bei der Einmessung müssen Unebenheiten sowie die eventuelle Neigungen des Bodens beachtet werden. Auch die Beschaffenheit des Bodens kann beim Bühnenbau erhebliche Schwierigkeiten verursachen. Bei weichen oder sandigen Böden kann die Bühne wegsacken und ist dann nicht mehr bespielbar. Im Notfall muss der Boden vor dem Bühnenaufbau mit Beton- oder Stahlplatten ausgelegt werden. Zur Dimensionierung der Bühne gehört neben der Breite und Länge auch die Höhe sowie die Art und Größe der Überdachung. Es gibt verschiedene Konstruktionssysteme: Das Baukasten- und das Komplettprinzip. Beim Baukastenprinzip werden Einzelelemente nach belieben kombiniert. Ein Grundelement besteht aus einer zwei Quadratmeter großen Platte, die mittels variablen Füßen auf die gewünschte Höhe gebracht werden kann. Von diesen Platten können dann beliebig viele miteinander verschraubt werden. Die Vorteile dieses Systems sind die modulare Bauweise, welche die einfache Montage von zusätzlichen Podesten und Stegen ermöglicht und der einfachere Transport. Zusätzlich können mit diesem System auch Tribünen für die Zuschauer oder ein erhöhter Platz für Rollstuhlfahrer errichtet werden. Bei dem Komplettsystem wird ein bestimmter Bühnentyp in Einzelteilen geliefert und vor Ort wie ein Gerüst aufgebaut. Der Transport und der Aufbau sind meist komplizierter, dafür sind diese Bühnen sehr stabil. Durch die vorgegebenen Bühnengrößen ist eine Anpassung an die Platzbedingungen vor Ort nicht mehr möglich. Zusammen mit der Bühne wird ein Bühnenbauer vermietet. Dieser kann schon bei der Planung konsultiert werden und eine genaue Einschätzung, über Aufwand und Zeit für 47 den Bau geben. Er kennt auch die im Bühnenbuch geführten Aufbaurichtlinien und Sicherheitshinweise. Das Bühnenbuch enthält ebenfalls Angaben über die Statik der Bühne und muss auf Verlangen dem Ordnungsamt vorgelegt werden. Steht die Bühne, können Licht- und Tontechnik installiert werden. Tontechnik Die Tontechnik für ein Konzert setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Die meisten Mietkosten verursachen Verstärker, Boxen, Mischpult und MONITORANLAGE. Hinzu kommen unzählige Kabel, Mikrophonierung und Effektgeräte. Boxen und Verstärker werden als PA bezeichnet. PA steht für ´Public Address`,50 wird aber auch als Abkürzung für ´Power Amplifier` genutzt. Die benötigte Verstärkerleistung hängt von der Größe des zu beschallenden Geländes ab. Bei OpenAir-Veranstaltungen wird ein höherer Schalldruck von etwa 20 Watt pro Person benötigt.51 Zur Verbesserung der Klangqualität werden bei großen Veranstaltungen LINE ARRAYS und DELAY-LINIEN verwendet. Bei LINE ARRAYS werden die MITTEL- und HOCHTÖNER übereinander und mit einem bestimmten Abstrahlwinkel zum Publikum positioniert. Dies geschieht meist über eine fliegende Konstruktion, die nur von Spezialisten montiert werden kann. Der Vorteil der LINE ARRAYS liegt in der Charakteristik der abgestrahlten akustischen Wellen. Der Raum vor der Bühne wird, im Gegensatz zu nebeneinander positionierten Boxen, gleichmäßiger beschallt.52 50 Pieper, Frank: Das P.A. Handbuch – praktische Einführung in die professionelle Beschallungstechnik. 3. Aufl. München, GC Carstensen 2005: 37. 51 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 81. 52 vgl.: Goertz, Anselm: Theoretische Grundlagen und die praktischen Anwendung von Line-Arrays in der Beschallungstechnik und ihre Berücksichtigung in Simulationsprogrammen. http://www.anselmgoertz.de/Page10383/Anselm_Goertz_dt/Veroffentlichungen_dt/Cavis2002Goertz.PDF. Zuletzt besucht am 22. Januar 2009. 48 Bei der Umsetzung von DELAY–LINIEN werden zusätzliche Boxen mit einem größeren Abstand zur Bühne montiert. Dies ist bei großen Veranstaltungsorten notwendig, um die zeitliche Verzögerung des Schalls über größere Entfernungen auszugleichen. Ebenso können in großen Hallen ungewünschte Raumreflexionen mit DELAYBOXEN unterdrückt werden. Ein großer Vorteil, bei einem Konzert mit DELAY-LINIEN, ist die gleichmäßigere Beschallung des Publikums. Durch die verschiedenen Beschallungspunkte kann die Gesamtlautstärke reduziert werden. Für alle Zuhörer herrschen dadurch in etwa gleiche Lautstärke und gleicher Klang. Lichttechnik Während die Tontechnik an die Größe der Veranstaltung angepasst werden muss, kann die Lichttechnik in Größe und Ausstattung stark variieren. Bei Veranstaltungen im Freien und am Tag werden die Effekte der Lichtanlage kaum wahrgenommen. Kommt die Lichttechnik aber zur vollen Geltung, wird sie die emotionalen Momente eines Konzertes verstärken und zum Veranstaltungserfolg beitragen. Das Maß der benötigten Lichttechnik ist nicht nur vom Budget abhängig, sondern oftmals auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Bei einer Grundbeleuchtung werden nur wenige statische Lampen in Position gebracht, hingegen kann ein Beleuchtungskonzept, welches die technischen Möglichkeiten nahezu ausschöpft, die künstlerisch-musikalische Darbietung stören. Unbedingt muss der Stromverbrauch der Lichttechnik beachtet werden. Daher sollte neben dem Lichttechniker auch der Bereichsleiter für den Strom bei der Planung zu Rate gezogen werden. Eine einfache Lichttechnik besteht aus mehreren PAR-LEUCHTEN und einem Mischpult. PAR-LEUCHTEN können nach ihrer Leistung und ihrer Charakteristik beschrieben werden. Dabei reicht das Spektrum von SPOT bis FLOOD mit bis zu 1000W. Ein SPOT ist ein Lichtstrahl, der nur einen kleinen Ausschnitt, meist den Künstler ins richtige Licht setzt. FLOODS ´überfluten` die Bühne mit ihrem Lichtstrahl. PAR-LEUCHTEN besitzen eine Halterung für hitzebeständige Folien. Werden bunte Folien vor die 49 Lampen gesetzt ist eine Beleuchtung mit unterschiedlichen Farben möglich. Die Steuerung der Lichttechnik geschieht über die Dimmerpulte, die mit Schiebereglern die Möglichkeit haben, jede Lichtgruppe in ihrer Stärke zu variieren. Aufwendiger ist die Bedienung von MOVING LIGHTS. Dabei handelt es sich um Lampen, die Lichter aller Farben in verschiedenen Winkeln abstrahlen und über ein Lichtpult bedient werden können. Bewegliche SPOTS, Nebelmaschinen und STROBOSKOP gehören ebenfalls zum Repertoire eines ausgeklügelten Lichtkonzeptes. Auch Lasershows und Pyrotechnik werden bei einigen Konzerten eingesetzt. Diese Aspekte eines Konzertes müssen ebenfalls von Fachleuten gesteuert und vom Lichttechniker koordiniert werden. Neben der Bühnenbeleuchtung ist auf dem ganzen Veranstaltungsgelände auch eine ausreichende Grundbeleuchtung notwendig. Diese, wie auch die Notbeleuchtung, müssen auch in das Konzept der Lichttechnik eingebaut werden. Fuhrpark Je nach Größe des geplanten Konzertes sind verschiedene Fahrzeuge notwendig. Bei kleinen Veranstaltungen reichen meist die privaten PKW um Kleinmaterialien, Dokumente und Personen zu transportieren. Oft sind auch Kleintransporter hilfreich. Sie können kleine Tonanlagen oder auch Personengruppen befördern. Bei großen Produktionen werden für Bühne und Anlage das Ladevolumen von LKW benötigt. Ebenfalls unerlässlich bei größeren Produktionen sind Gabelstapler und Arbeitsbühnen. Diese Fahrzeuge können nur durch ausgebildete Fahrer bedient werden. Unter den HANDS ist es üblich, dass einige einen Gabelstapler-Schein besitzen. Dennoch müssen Lastkraftfahrer meist separat angefordert werden. Container Container bieten sich als zusätzliche Räume wie zum Beispiel als Produktionsbüro, Arbeitsraum, Kassenhäuschen, Materiallager oder Sanitäreinrichtung an. 50 Je nach Verwendung benötigen die Container Strom- und Wasseranschlüsse, die zusätzlich zu planen sind. Stromaggregate, Wasserpumpen und -tanks und die Verbrauchskosten sind in der Kostenplanung zu kalkulieren. Für den Sanitärbereich einer Eintagesveranstaltung kommen Mobiltoiletten zum Einsatz. Sie sind durch ihr geringes Gewicht und die schmalen Abmaße leicht zu platzieren und benötigen durch ihre Trocken-Chemie Lösung, keine Anschlüsse. Eine Damen- und eine Herrentoilette für je einhundert Besucher gelten als ausreichend. Zäune Zäune dienen zum Absperren verschiedener Flächen. Mit Hilfe von Bauzäunen können große Bereiche kostengünstig voneinander abgetrennt werden. Neben den Bauzäunen gibt es auch noch eine zweite Art von Zäunen: die Barricades. Barricades sind schwere Absperrungen mit nur einem Meter Höhe. Sie werden zum Errichten des Bühnengraben oder eines Wellenbrechers eingesetzt. Sie sind durch ihr Gewicht schwerer zu platzieren und verursachen höhere Mietkosten. Funk Funkgeräte dienen der veranstaltungsinternen Kommunikation. Dabei sollte der Produktionsleiter und dessen Assistenz, der STAGEMANAGER, die Bereichsleiter, jede zweite Sicherheitskraft, die Künstlerbetreuer und je ein Vertreter der Rettungskräfte über Funk in Verbindung stehen. Bei größeren Veranstaltungen sollten mehrere Funkkanäle geschaltet werden. So kann beispielsweise je ein Kanal für den Ordnungsdienst, den Gastronomiebereich und die Produktion benutzt werden. Jedem Kanal wird eine Funkfrequenz zugewiesen. Die Frequenzen werden vom Verleiher beantragt. Die Zuweisung dauert mehrere Tage, daher ist die rechtzeitige Bestellung von Funkgeräten mit in die Planung einzubeziehen. Der Tagessatz für die Miete eines Gerätes liegt zwischen fünf und zehn Euro. Je nach Veranstaltungsort sind weitere Materialien notwendig. So können mit Zelten weitere Räumlichkeiten geschaffen werden. Je nach Jahreszeit sind Heiztechnik oder Klimageräte notwendig. Küchentechnik erleichtert das Catering. Pässe für verschiedene 51 Zugangsbereiche müssen ebenso vorhanden sein, wie jede Menge an Kleinmaterialien vom Werkzeug bis zum Aschenbecher, dessen Auflistung hier nicht weiter fortgeführt werden soll. 3.3.4. Ämter und Behörden Bei jedem Konzert sind Richtlinien und Gesetze zu beachten, welche regional sehr unterschiedlich sein können. Einige Grundlagen sollen trotz der lokalen Unterschiede dennoch dargestellt werden. Eine allgemeine Veranstaltungserlaubnis ist die Grundvoraussetzung für die Durchführung eines Konzertes. Diese kann beim Ordnungsamt beantragt werden. Auf jeden Antrag gehören bestimmte Grundangaben, dazu zählen Name, Datum und Ort der Veranstaltung, außerdem die Anschrift des Veranstalters sowie die erwartete Besucherzahl. Neben der allgemeinen Veranstaltererlaubnis ist das Ordnungsamt auch für die Besucherzahlbegrenzung, die Sicherheitsauflagen, die Prüfung der Gesamtkonzeption, der Stellflächen und die Toilettenanzahl verantwortlich. Beim Ordnungsamt werden die Sonderanträge für die Überschreitung der Schallgrenzwerte und der zulässigen Spielzeiten gestellt. Das Bauordnungsamt ist für die Errichtung der Bühne zuständig. Auch Zelte und andere fliegende Bauten sowie die dazugehörigen Sicherheitsauflagen unterliegen dem Bauordnungsamt. Bei der Nutzung von öffentlichen Flächen muss das Grünflächenamt aufgesucht werden und für den Fall notwendiger Straßensperrungen, Umleitungen oder Neuausschilderungen ist das Verkehrsamt zuständig. Alle Ämter benötigen eine Bearbeitungszeit von mehreren Wochen. Wird eine große Veranstaltung geplant, bei der viele Ämter konsultiert werden müssen, lohnt es sich, ein Treffen zwischen Veranstalter, Produktionsleiter und Vertretern aller beteiligten Behörden einzuberufen. Dies spart Zeit und kann helfen, mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen. 52 Brand- und Lärmschutz Die Brandschutzrichtlinien bestimmen die zu erfüllenden Auflagen für ein Konzert. Diese sind abhängig von der Art und Größe des Konzerts. So sind die Brandschutzbestimmungen bei Hallen- oder Clubkonzerten strenger als bei Freiluftveranstaltungen. Meist wird ein Brandschutzkonzept verlangt. Dieses muss unter anderem einen Rettungswegplan mit ausreichender Beschilderung, eine Kennzeichnung aller nötigen Feuerlöscher, die Positionierung der Feuerwehrkräfte und ein Notbeleuchtungsplan beinhalten. Dabei ist die Verwendung von schwer entflammbaren Materialen und Baustoffen vorgesehen. Erhebliche zusätzliche Kosten können entstehen, wenn ein Brandschutzgutachter eingesetzt werden muss. Die Lärmminderungsplanung wird im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt. Dort werden die einzelnen Gemeinden und Behörden für die Regelung des Lärmschutzes beauftragt.53 Prinzipiell gilt zwischen 22 Uhr abends und sechs Uhr morgens die Nachtruhe. Während der Nachtruhe darf der Schalldruck einen halben Meter vor dem nächsten bewohnten Haus 45 Dezibel nicht überschreiten. Beim Ordnungsamt kann ein Sonderantrag auf eine höhere Schallabstrahlung während der Nachtruhe, gestellt werden. Der Innenschallpegel darf 110 Dezibel nicht überschreiten. Ein höherer Schalldruck kann gesundheitsschädigend sein und neben Kopfschmerzen und Übelkeit auch zu bleibenden Hörschäden führen. Rettungskräfte Wurde eine Veranstaltungserlaubnis erteilt, werden Polizei und Feuerwehr, in der Regel vom Ordnungsamt, informiert. Zusätzlich müssen ausreichend Sanitäter während der Veranstaltung vor Ort sein. 53 Die Gemeinden erarbeiten ihre Regelung des Lärmschutzes nach dem Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge. Sechster Teil – Lärmminderungsplan. 53 Das Brandschutzamt legt das Aufgebot fest, welches von der örtlichen Feuerwehr mindestens gestellt sein muss. Diese Anzahl an benötigten Feuerwehrpersonal und Fahrzeugen muss bei der Feuerwehr angefordert werden. Die Kosten einer Brandwache liegen zwischen acht und zwanzig Euro pro Einsatzstunde. Fahrzeuge der Feuerwehr können mehrere hundert Euro pro Stunde kosten.54 Die sanitätsdienstliche Absicherung liegt in der Verantwortung des Veranstalters und muss konzeptionell dem Ordnungsamt vorgestellt werden. Ersthelfer, Notärzte und Krankentransportwagen können beim Roten Kreuz, Johannitern, Maltesern oder dem Arbeiter-Samariter-Bund gemietet werden. Die Kosten variieren zwischen den Vereinen. Nach welchen Entscheidungskriterien die Größe der sanitätsdienstlichen Absicherung erfolgt, stellt Heinze in einem Punktemodell dar. Bei einem Open-Air Rockkonzert mit 10.000 erwarteten Besuchern sind nach diesem Modell ein Notarzt, zwei Rettungswagen, drei Krankentransportwagen und 20 Sanitäter notwendig.55 Die Polizei sollte in jedem Fall verständigt werden. Geschieht dies nicht über das Ordnungsamt genügt ein Fax. Im Gegensatz zur Feuerwehr oder den Sanitätern kann die Polizei nicht bestellt werden. Vielmehr entscheidet das zuständige Präsidium über die Präsenz von Polizeikräften. Die Kosten werden dem Veranstalter nicht auferlegt. Gastronomie Die Konzession für den gastronomischen Betrieb wird vom Gewerbeamt erteilt. Den Antrag kann nur eine Person stellen, die durch die Industrie- und Handelskammer im Umgang mit Lebensmitteln unterrichtet wurde. Daher wird der Antrag meist in Vertretung des Gastronomiebetriebes, welcher für die Veranstaltung gemietet wurde, gestellt. Zu beachten sind die Gewerbeordnung, das Gaststättengesetz, das Bundesseuchengesetz und die lebensmittelhygienischen Vorschriften. Außerdem müssen alle Mitarbeiter des Gastronomiebereiches ihren Gesundheitsausweis mitführen. 54 Heinze, Robert: All Area Access: Produktionsleitung in der Veranstaltungsbranche; juristisches, technisches und wirtschaftliches Know-how. Bergkirchen, PPVMedien 2003: 56 55 ebd.: 62. 54 Amtliche Abnahme Die amtliche Abnahme sollte am Ende der Aufbauphase stattfinden. Meistens müssen Vertreter der Polizei und Feuerwehr, des Ordnungs-, Bauordnungs- und Hygieneamtes anwesend sein. Dabei sind alle Brandschutzmaßnahmen, Fluchtwege und Zufahrtskonzepte zu erläutern. Außerdem müssen alle gastronomischen und sanitären Einrichtungen, die Bühne und alle anderen Aufbauten sowie die Einsatzzentralen und Stützpunkte der Feuerwehr und der Sanitäter gezeigt werden. Ein Zeitfenster sollte einkalkuliert werden um kleinere Mängel zu beseitigen. Gibt es aufgrund erheblicher Mängel keine Genehmigung, kann die Veranstaltung nur noch abgebrochen werden. Die amtliche Abnahme ist teilweise gebührenpflichtig. Wird die amtliche Freigabe erteilt, können die ersten Gäste eingelassen werden. 55 4. Neue Marktteilnehmer Nachdem die traditionellen Akteure vorgestellt wurden, soll nun ein Blick auf neue Marktteilnehmer folgen, welche die Konzertlandschaft erweitern oder sie in einen neuen Kontext stellen. An die Möglichkeit, Konzerte live im Internet zu verfolgen, war vor einigen Jahren nicht zu denken. Auch dass ein Konzertbesucher bei der Heimreise bereits eine Aufnahme des gerade erlebten Konzertes gekauft hat, ist recht neu. Musik wird zunehmend präsenter. Eine Tendenz, die auch Marketingspezialisten erkannt haben. Das Geschäft mit Musiksponsoring hat an Bedeutung gewonnen. In den letzten fünf Jahren haben sich die Einnahmen aus Sponsorenverträgen bei der Livemusik verdreifacht.56 Warum die Werbenden selbst zu Veranstaltern werden, wird im Kapitel 4.2. untersucht. Als Abschluss soll eine knappe Analyse des vieldiskutierten 360°-MODELLS erfolgen. Dabei wird vordergründig der Einfluss auf die LiveMusikbranche betrachtet. 56 Vogt, Lars-Oliver: Trend zur Eigenveranstaltung. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 43: 19. 56 4.1. Live im Internet Mit der stetig wachsenden Übertragungsgeschwindigkeit von Daten, ist das Internet zu einem neuen Kanal innerhalb der Live-Musikbranche geworden. Mittlerweile ist es möglich, Konzerte in guter Qualität zu STREAMEN. Dabei werden Bild und Ton aufgenommen und auf der Internetseite des jeweiligen Anbieters wiedergegeben. Neben dem LIVESTREAM wird oft die Möglichkeit gewährt, das entsprechende Konzert, noch im Nachhinein anzuschauen. Die Produktion der Aufnahmen übernehmen meist die Anbieter der Internetseiten. Allerdings gibt es auch Seiten, auf denen Mitschnitte eingestellt werden können. Diese werden dann durch eine Redaktion, die Mindestanforderungen an die Qualität stellt, freigegeben. Im Gegensatz zu den Seiten, die nicht ´User-Generated` sind, kommen hier die Musiker, Veranstalter und Plattenfirmen auf den Anbieter zu und nutzen den STREAMING-SERVICE als Werbemedium. Andere Anbieter von Livekonzerten im Netz produzieren die Aufnahmen selbst. Dabei müssen sie die Rechte der Content-Inhaber einholen. Konkret müssen Komponist, Texter, Interpret und der Veranstalter ihr Einverständnis geben. Dies kann vor allem dann kompliziert werden, wenn der auftretende Künstler Stücke von verschiedenen Komponisten spielt. Während bei einem Konzert der Komponist durch den Apparat der GEMA entlohnt wird, ist die Lage bei einem STREAMING- oder Downloadangebot schwieriger. Im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte wird keine Aussage über das STREAMEN getroffen. Allerdings kann durch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung57 davon ausgegangen werden, dass die Lizenzinhaber, sich ebenfalls das Recht zum STREAMEN gesichert haben. Bei den üblichen Lizenzverträgen sind in der Regel sämtliche Möglichkeiten der Verbreitung über das Internet eingeschlossen. 57 § 19a UrhG. 57 Auch der Veranstalter muss sein Einverständnis zu einer Übertragung geben. Denn der Schutz des Veranstalters58 beinhaltet ebenso das ausschließliche Recht für die Aufnahme59 und die Sendung60 seines Konzertes. Sind alle Rechte eingeholt, steht der zeitgleichen oder versetzten Veröffentlichung im Internet nichts mehr im Wege. Viele der Angebote sind kostenpflichtig. Zwischen sieben und fünfzehn Euro werden im Durchschnitt für einen Konzertmitschnitt verlangt. Das zusätzliche Angebot hat in mehrfacher Hinsicht potential wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Alle, denen es nicht möglich war, auf ein Konzert zu gehen, haben so die Chance einen Eindruck von der Veranstaltung zu bekommen. Dies schließt nicht nur diejenigen ein, die keine Karten mehr erwerben konnten, sondern auch all jene, die das Konzert sonst nie besucht hätten. Sei es, dass die Anreise zu aufwendig wäre, dass sie die Menschenmassen nicht mögen oder aus anderen Gründen. Vor allem bei sehr seltenen und begehrten Konzerten61 kann ein solcher Dienst auf eine große Nachfrage stoßen. Der nachträgliche Download kann bei den Besuchern des aufgenommenen Konzertes auf Interesse treffen. Das Bedürfnis etwas von der Emotionalität des Konzertes zu konservieren, ist bei vielen Besuchern vorhanden. Dies wurde auch von Veranstaltern und Plattenfirmen erkannt. Bei der Abschiedstour von Fury in the Slaughterhouse wurden Mitschnitte am Ende des Konzerts auf USB-Sticks verkauft.62 15 Prozent der Besucher nahmen sich diese Erinnerung mit nach Hause. Der Mitschnitt und direkte Verkauf einer Aufführung ist noch recht neu, wird aber sehr wahrscheinlich eine wachsende Bedeutung innerhalb der Live-Musikbranche erhalten. Nicht zuletzt durch die Reichweite des Internets sind es vor allem die KONZERTSTREAMS und –downloads, die eine weitere Vermarktungsmöglichkeit für Künstler bieten. 58 § 81 UrhG. 59 § 77a UrhG. 60 § 78 (1) UrhG. 61 so zum Beispiel beim Berliner Barbra Streisand Konzert. vgl.: Kapitel 5.5. 62 vgl.: Busdorff, Reimer und Bernie Schick, Dieter Schubert, Jörg Tresp: Podiumsdiskussion 360° Modell. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus73/events/2008/9/26/podiumsdiskussion/905. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 58 4.2. Sponsoring und Corporate Events Sponsoring ist für die Finanzierung eines Konzertes wichtig. Durch Sponsorengelder können zusätzliche Einnahmen generiert werden. Vor allem mehrtägige Festivals sind für die Präsentation von Markenartiklern geeignet. Diese Veranstaltungen haben eine attraktive Zielgruppe: 90 Prozent der Festivalbesucher sind zwischen 19 und 29 Jahre alt und überdurchschnittlich gebildet.63 Zusätzlich lässt sich Sponsoring sehr gut im Rahmenprogramm aktivieren. Das Umfeld eines mehrtägigen Festivals erhält vom Publikum mehr Aufmerksamkeit als jenes einer Eintagesveranstaltung. Ungefähr zehn Prozent aller Sponsoreneinnahmen kommen von Tabakherstellern, weitere vierzig Prozent von Brauereien.64 Dabei sind es hauptsächlich kleinere Clubs und Festivals, die auf solche Sponsoren angewiesen sind. Problematisch wird diese Art der Werbung im Sinne des Jugendschutzes. Ob der Gesetzgeber Tabak- und Alkoholwerbung im Kultur- und speziell im Musikbereich verbieten sollte, soll hier nicht diskutiert werden. Kleine Veranstalter und Clubs deren Existenz davon bedroht wäre, sollten daher rechtzeitig ihr Sponsoring weiter fächern. Die Hersteller von Markenartikeln treten aber nicht nur als Sponsoren auf. Mittlerweile gibt es in Deutschland eine Reihe von Veranstaltungen bei denen Softdrink- oder Mobilfunkanbieter selber zum Veranstalter werden. Dabei tritt der Sponsor nicht nur als PRESENTER auf, wie es oft im Sport der Fall ist, sondern übernimmt immer häufiger die ganze Veranstaltung. Die Kosten werden als Marketingausgaben der Unternehmen abgeschrieben. Die Eintrittspreise decken dabei nur einen geringen Teil der Aufwendungen ab. Bei den T-Mobile Extreme Playgrounds werden nur etwa zehn Prozent der Kosten durch die Ticketeinnahmen gedeckt. Die Preise liegen dabei zwischen 15 und 20 Euro. Die Veranstaltung ist in ihre Gesamtheit auf Unterhaltung ausgelegt. Neben dem Konzert von national und international agierenden Künstlern werden auch Wettkämpfe 63 Vogt, Lars-Oliver: Trend zur Eigenveranstaltung. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 43: 18. 64 Vogt, Lars-Oliver: Sponsoring auf dem Prüfstand. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 17: 21. 59 in jungendlich-trendigen Sportarten ausgetragen. Beim BMX, Mountainbiking, Skateoder Wakeboarding treten Profisportler gegeneinander an. Ob die Veranstaltungen nun T-Mobile Extreme Playgrounds, Jägermeister Rockliga oder Coca-Cola Soundwave heißen, alle sind auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet und versuchen effektives Marketing zu betreiben. Sponsoring wird auch in Zukunft ein interessantes Feld im Konzertgeschehen bleiben. Allerdings sollte kein Engagement langfristig auf Sponsoreinnahmen aufgebaut werden. Ändern sich die strategischen Ziele eines Unternehmens oder gerät es in eine Krise, kann ein Sponsor schnell wegfallen. Dies geschieht bei Konzertveranstaltungen ebenso wie bei Plattenfirmen. Das Kaffeehaus Starbucks hatte sein eigenes LABEL mit dem Namen Hear Music gegründet. Paul McCartney war der erste Künstler, der bei der neuen Plattenfirma einen Vertrag unterschrieb.65 Als die Umsatzzahlen des Kaffeeverkaufs sanken, wurde sich bei Starbucks wieder mehr um das Kerngeschäft gekümmert. Die Anstrengungen das LABEL Hear Music auszubauen, wurden eingestellt.66 Dies kann auch eine Veranstaltungsreihe betreffen. Dennoch sind die Anstrengungen branchenfremder Unternehmen, Musik als Werbemedium zu nutzen, keinesfalls negativ zu bewerten. Sie sind eine wichtige Einnahmequelle für alle Veranstalter. Selbst die ´Corporate Events`, bei denen der Sponsor zum Veranstalter wird, müssen von Fachkräften durchgeführt werden. Diese kommen in der Regel aus der Musikbranche. 4.3. 360°- Modell in der Live-Musikbranche „Management statt Plattenfirma“ fordert Tim Renner in seinem Buch „Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Ueber die Zukunft der Musik- und Medienindustrie“.67 Es 65 Paul McCartney soll für Starbucks arbeiten. In: SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,471386,00.html. Zuletzt besucht am 06. Februar 2009. 66 vgl.: Busdorff, Reimer und Bernie Schick, Dieter Schubert, Jörg Tresp: Podiumsdiskussion 360° Modell. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus73/events/2008/9/26/podiumsdiskussion/905. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 67 Renner, Tim: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Ueber die Zukunft der Musik- und Medienindustrie. Frankfurt am Main / New York, Campus 2004: 269. 60 wird schon im Titel klar, dass für ihn das Modell der klassischen Plattenfirma ausgedient hat. Renner schlägt stattdessen ein umfassendes Management vor, welches unter anderem die Aufgaben der Plattenfirma und die des Musikverlages übernimmt. Diese Idee hat Renner mit der Motor Entertainment GmbH68 umgesetzt. Die Firmengruppe Motor beinhaltet mit Motor Music ein eigenes PLATTENLABEL, welches auch die Aufgaben des Verlages übernimmt. Dabei fungiert Motor Music auch gleichzeitig als Management. Für das Tourgeschäft wurde unter dem Namen Motor Tours eine BOOKINGAGENTUR gegründet, die im JOINT VENTURE mit Four Artist arbeitet. Außerdem gehören zur Motor Entertainment GmbH auch der Radiosender Motor FM, der Musikvideosender Motor TV und die Social Community Plattform Motor.de. Diese Komplettbetreuung des Künstlers wurde später unter dem Synonym 360°MODELL bekannt. Verschiedene Seiten der Branche, etwa Plattenfirmen, Agenturen oder Konzertveranstalter, versuchen ein solches Modell umzusetzen. Antrieb für die Erweiterung des Aufgabenbereiches ist die Partizipierung an den vielseitigen Umsätzen, die ein Künstler erwirtschaftet. Die Gründe, für die einzelnen Marktteilnehmer zum 360°-MODELL zu wechseln, sind verschieden. Oft ist es nicht die Gier, sondern die Notwendigkeit nicht Bankrott zu gehen, welche zur Erweiterung des eigenen Geschäftsmodells führt. Durch die massiven Einbrüche bei den CD-Verkäufen, versuchen vor allem die großen Plattenfirmen stärker von der Wertschöpfungskette zu profitieren. Warner Music69 unterteilt ihr 360°-ANGEBOT in neun Segmente: Recorded Music, Publishing, Live, Ticketing, Merchandise, Synch, Brands / Sponsorship / Testimonial / Endorsement, Management, Action / Non Music Performances.70 68 Motor Entertainment GmbH. Hrsg. von Tim Renner. http://www.kommunikationskongress.de/_files/presentations_2007/renner_tim.pdf. Zuletzt besucht am 12. Januar 2009. 69 Warner Music Group Germany Holding GmbH. 70 vgl.: Lazimbat, Sascha: 360 Grad aus der Sicht eines Majors. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus-73/events/2008/9/26/sascha-lazimbat/903. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 61 Die Rückflüsse aus dem Segment der Recorded Music werden durch den digitalen und physischen Musikverkauf erzielt. Dies entspricht der Kernkompetenz einer Plattenfirma. Das Publishing beschreibt die ursprüngliche Aufgabe eines Verlages, die sich mit der kommerziellen Verwertung von Musiktiteln beschäftigt. Dazu zählen die Wahrnehmung der Rechte, wie dem Urheber-, Verlags- und Verwertungsrechten, sowie die Vermittlung zwischen Komponisten, Texter und Bearbeiter, der Ton- und Bildtonträgerindustrie, den Sendeanstalten und den Verwertungsgesellschaften. Das Segment Live umfasst die Einnahmen durch die Konzerte des Künstlers. Mit Ticketing werden die Gebührengewinne der Eintrittskartendistribution beschrieben. Dem Merchandise kommt in der Musikbranche eine immer bedeutendere Rolle zu. Meist sind es Kleidungsstücke, die mit dem Namen oder dem Logo des Künstlers bedruckt werden. Bei einem Marktvolumen von knapp 350 Millionen Euro71 liegt die Überlegung nahe, die Merchandise-Artikel in Eigenregie zu produzieren. Allerdings geht es beim Merchandise um die Vermarktung von Persönlichkeitsrechten. Damit verdient hauptsächlich der Künstler an seinen eigenen Merchandise-Artikeln. Synch ist die Abkürzung für Synchronisationsrecht und ist Teil des Lizenzgeschäftes. Es beschreibt das Recht der Verbindung zwischen Musik und Film. Dem Urhebergesetz nach handelt es sich dabei um die Einräumung des Verfilmungsrechtes an einem Musikwerk.72 Die Begriffe Brands, Sponsorship, Testimonial und Endorsement kommen aus dem Marketing. Dabei soll der Künstler für ein bestimmtes Produkt werben. Durch Branding soll eine Marke aufgebaut werden. Diese kann sich auf ein Unternehmen wie auch auf ein einzelnes Produkt beziehen. Wirbt der Künstler für die Marke, hilft er dabei, diese in die Köpfe der Konsumenten zu ´brennen`. Ein Sponsorship hilft einem Unternehmen Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erlangen. Sponsoren unterstützen den Künstler mit Geld-, Sach- oder Dienstleistungen 71 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 16. 72 vgl.: § 88 UrhG. 62 und erhoffen sich durch die Nennung eine Erweiterung ihrer marketing-politischen Reichweite. Testimonial und Endorsement sind sich ähnlich. Beim Testimonial spricht sich der Künstler für ein bestimmtes Produkt aus. Der Bekanntheitsgrad und das Image des Künstlers wird dabei zur Vertrauensbildung und der Schaffung von Glaubwürdigkeit für das beworbene Produkt genutzt. Im Endorsement-Vertrag wird festgelegt, dass der Künstler das Produkt in der Öffentlichkeit benutzt. Bei Musikern werden solche Werbeverträge meist mit Herstellern von Musikinstrumenten geschlossen. Das Segment Management partizipiert am Einkommen des Künstlers. Allerdings kann hier nicht von einem Spitzensatz von 25 Prozent ausgegangen werden. Da beim 360°MODELL alle Bereiche der Wertschöpfungskette in einer Hand liegen sollen, sich die Entlohnung eines konventionellen Managers aber nach dem Einkommen des Künstlers richtet, würde eine zusätzliche Managerentlohnung im 360°-MODELL zum Nachteil für den Künstler ausfallen. Einnahmen, die er bereits geteilt hat, würden ein weiteres Mal geteilt. Die Vertragsgestaltung einer Komplettbetreuung ist dementsprechend ausgerichtet. Das neunte Segment beinhaltet die Non Music Performances. Hier geht es um Fernseh- und Filmeinsätze des Künstlers. Diese Form ist vor allem in den USA sehr verbreitet. Während es in Deutschland oft Soapstars sind, die eine Karriere in der Musikbranche finden, sind es in Amerika die Musiker, die zusätzlich in der Filmbranche arbeiten. Natürlich gehören in dieses Segment auch die Einnahmen, welche aus dem Print-, Radio- oder New Media-Bereich kommen. Zusammen mit den Werbeverträgen Brands, Sponsorship, Testimonial und Endorsement bildet Action beziehungsweise Non Music Performances den typischen Aufgabenbereich eines Promotors73 ab. Alle MAJORS wechselten in den letzten Jahren vom Vier-Konfigurationen-Modell hin zum Multikanal-Modell.74 73 Eine ausführliche Besprechung des Aufgabenbereiches eines Promotors findet sich in: Reichert, Jürgen: Promotion. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 95 - 108. 63 Das Vier-Konfigurationen-Modell beinhaltet den physischen Tonträgerverkauf, der durch die vier Medien Vinyl-Schallplatte, Kassette, CD und DVD beziehungsweise VHS vertrieben wurde. Neu ist der Wunsch, an allen Gliedern der Wertschöpfungskette zu partizipieren. Es gibt drei Möglichkeiten: M&A, die Lizenzierung der Verwertungsrechte mit Partnern und die eigenständige Realisation, beispielsweise die Gründung einer Sparte für die Konzertorganisation. M&A steht für MERGERS AND ACQUISITIONS, was in etwa mit Fusion und Übernahme übersetzt werden kann. So ist es für Plattenfirmen möglich, durch hohen Kapitalaufwand Unternehmen zu kaufen, welche erfolgreich innerhalb der Musikindustrie bestehen. Eine weniger aggressive Strategie ist die Kooperation mit Partnern. Warner hat sich in den letzten Jahren in Europa verstärkt nach Partnern innerhalb der Live-Musikbranche umgeschaut.75 Get In aus Spanien, Talent Distribution aus Frankreich und Friends & Partner aus Italien arbeiten mit Warner zusammen. In Deutschland wurde Christian Gerlach, der jahrelang bei der Karsten Jahnke Konzertdirektion GmbH gearbeitet hatte, verpflichtet. Gerlach ist für Neuland Concerts, einem Geschäftsbereich von Warner, verantwortlich und übernimmt das BOOKING und die Rolle des TOUR-PROMOTERS. Das 360°-MODELL beinhaltet nicht nur die Erweiterung der Plattenfirma im Bereich der Livemusik. Vielmehr sind es alle Bereiche der Musikindustrie, die durch die neun Punkte, welche Warner aufgestellt hat, für jeden MAJOR zutreffen. Die Plattenfirmen werden sich zu einem Multiprodukt- und Multikanalunternehmen weiterentwickeln.76 Das Partizipieren an mehreren Elementen der Wertschöpfungskette fordern auch Jakob und Stein77. Die größten Einnahmen der Künstler werden, neben dem Verkauf der Recorded Music, bei den Konzert- und Merchandiseeinnahmen gesehen. 74 Lazimbat, Sascha: 360 Grad aus der Sicht eines Majors. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus-73/events/2008/9/26/sascha-lazimbat/903. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 75 ebd. 76 Briegmann, Frank und Hubert Jakob: Management der Wertshöpfungskette. In: Ökonomie der Musikindustrie. Hrsg. von Michael Clement, Oliver Schuster und Dominik Papies. 2. Aufl. Wiesbaden, Gabler 2008: 98. 77 Thomas M. Stein war 2001-2004 Präsident der BMG Europe. 64 Als Beispiel wird das Bruttoeinkommen der Rolling Stones im Zeitraum von 1989 bis 2002 betrachtet. Von insgesamt eineinhalb Milliarden US-Dollar wurden 865 Millionen Dollar durch den Verkauf von Tickets und 136 Millionen Dollar durch Merchandising erwirtschaftet. 522 Millionen Dollar wurden durch den Verkauf von Platten eingespielt und 22 Millionen Dollar durch Sponsorchips.78 Seit 2002 sind jedoch die Plattenverkäufe eingebrochen und die Ticketpreise explodiert, was die Gewichtung der Einnahmen deutlich verschoben haben müsste. Lazimbat79 vergleicht ebenfalls die Einnahmen aus dem Tonträgergeschäft mit denen aus Konzert und Merchandise:80 Bei einem Konzert der Band Linkin Park auf der Berliner Waldbühne wurden 22.000 Karten zwischen 50 und 70 Euro verkauft. Durch das Merchandising wurden allein bei diesem Konzert rund 90.000 Euro eingenommen. Das Album der Band kostet 15 Euro, ein T-Shirt dagegen 19 Euro. Diese Beispiele beziehen sich jedoch auf Umsatzzahlen und nicht auf Gewinnzahlen, so dass ein Vergleich immer ungenau ist. Die Produktionskosten einer Tournee sind ebenso wenig vergleichbar mit denen der CD-Herstellung, wie die Vertriebskosten von *.mp3-Dateien und Ticketversand. Fraglich bleibt auch, auf welcher Seite der Einnahmen ein 360°-MODELL partizipieren soll. Etablierte Künstler werden keinen Eingriff in ihre Einnahmen dulden und Merchandiseartikel- Hersteller und Veranstalter haben keinen Grund, eine Kooperation einzugehen, welche zu ihrem Nachteil ausfällt. Die Bemühungen der Plattenfirmen, in den Konzertmarkt einzusteigen, treffen bei den deutschen Veranstaltern auf wenig Begeisterung. Lieberberg81 steht einer Lizenzierung durch Plattenfirmen kritisch gegenüber. Er wolle „unabhängig und vertragsoffen“ 78 Jakob, Hubert und Thomas M. Stein: Schrumpfende Märkte und neue Vertriebswege als Herausforderung für die strategische Unternehmensführung in der Musikindustrie. In: Handbuch Medienund Multimediamanagement. Hrsg. von Bernd W. Wirtz. Wiesbaden, Gabler 2003: 480. 79 Sascha Lazimbat ist verantwortlich für Managing Director Business & Corporate Development Central Europe bei Warner Music. 80 Lazimbat, Sascha: 360 Grad aus der Sicht eines Majors. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus-73/events/2008/9/26/sascha-lazimbat/903. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 81 Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co. KG. 65 bleiben und hält es für „Eskapismus“ wenn Plattenfirmen plötzlich europäische Tourneen koordinieren und promoten wollen.82 Bönisch83 hält das 360°-MODELL für kritisch, da jahrelange Erfahrungen nicht ersetzt werden könne. Die einzelnen Marktteilnehmer besitzen ihre Kernkompetenzen und sollten in Kooperation miteinander arbeiten. Außerdem bringt Bönisch die Lage neuer Künstler auf den Punkt: „Es wird darauf hinauslaufen, dass die jungen Leute Verträge unterschreiben müssen, mit denen sie quasi alle Rechte abtreten. [...] Wie soll denn mein Manager, wenn er auch meine Plattenfirma ist, meine Interessen vertreten und meine Rechte sichern? Das geht ganz und gar nicht. Diese Version des 360-Grad-Modells in der Hand einer Person, ob juristische oder natürliche Person ist egal, ist ein absolutes Ding der Unmöglichkeit.“84 Folkert Koopmann85 sieht im 360°-MODELL einen Angriff auf den Markt der Tourneeveranstalter, kann aber die Intention der Plattenfirmen verstehen. Er bietet sein Unternehmen Scorpio als gleichberechtigten Partner an.86 Ähnlich äußert sich auch Bisping:87 „Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass ein Investor, der viel Geld in ein junges, neues Thema steckt, [...] an diesem auch auf allen Ebenen mitverdienen möchte. Der Versuch nun aber alles aus einer Hand selbst bewerkstelligen zu wollen, erscheint mir jedoch zum Scheitern verurteilt. Auf der anderen Seite ist aber sicherlich die Zeit der klaren Trennung der verschiedenen Sparten der Musikindustrie vorüber, und ich denke, wir alle werden uns daran gewöhnen 82 Nebelkerze 360-Grad-Modell? – Sony BMGs Tourneepläne ab 2008 stoßen in der Live-Branche auf geteiltes Echo. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 50: 13. 83 Klaus Bönisch Konzertdirektion GmbH. 84 Bönisch, Klaus: Macht heute Nacht München zu!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 15: 24f. 85 FKP Scorpio Konzertdirektion GmbH. 86 Nebelkerze 360-Grad-Modell? – Sony BMGs Tourneepläne ab 2008 stoßen in der Live-Branche auf geteiltes Echo. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 50: 13. 87 a.s.s. concert & promotion GmbH. 66 müssen, das Mischformen und neue Kooperationen an der Tagesordnung sein werden.“88 Mischformen und neue Kooperationen sind durchaus realistisch. Allerdings gibt es auch andere Institutionen, die mit ausreichend finanziellen Mitteln Marktmacht erlangen. So sind Plattenfirmen nicht die einzigen Marktteilnehmer, die im 360°-MODELL ihre Zukunft sehen. Live Nation hat Künstler, die zuvor unter anderem bei Warner unter Vertrag standen, abgeworben. Madonna, Nickelback, Jay-Z und Shakira haben sich von ihren Plattenfirmen abgewandt und sind einen 360°-DEAL mit Live Nation eingegangen. Vor allem der Fall Madonna hat Aufsehen erregt. Für einen Vertrag über zehn Jahre erhält die Sängerin 120 Millionen US-Dollar.89 Dafür verpflichtete sie sich zur Produktion von drei Alben und zu mehreren Tourneen. Zusätzlich umfasst der Vertrag die kompletten Vermarktungsrechte der Künstlerin. Dies beinhaltet auch die Segmente Merchandising, Filmprojekte, Internetauftritte und Werbung. Live Nation ist ein Unternehmen, welches Entertainmentveranstaltungen weltweit produziert und vermarktet. 2008 wurden Konzerte von 1.500 Künstlern in 57 verschiedenen Ländern von Live Nation produziert. Dabei wurden auf 16.000 Veranstaltungen, 45 Millionen Tickets verkauft.90 Live Nation bietet nicht nur die Komplettbetreuung ihre Künstler an, sondern ist auch Eigner, Betreiber oder Lizenzinhaber von über 150 Veranstaltungsorten in Nordamerika und Europa.91 Im Februar 2009 fusionierte Live Nation mit Ticketmaster Entertainment.92 Ticketmaster ist der weltweite Marktführer bei der Distribution von Eintrittskarten. 88 Bisping, Michael: Bandaufbau hat Priorität. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 20: 18f. 89 Madonna verlässt Warner für Konzertveranstalter. In: SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Kultur. http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,511887,00.html. Zuletzt besucht am 05. Februar 2009. 90 Investor Relations. Hrsg. von Live Nation, Inc.. http://phx.corporateir.net/phoenix.zhtml?c=194146&p=irol-irhome. Zuletzt besucht am 04. Februar 2009. 91 Willard, Kathy: 2007 Annual Report – Live Nation. Hrsg. von Live Nation, Inc.. http://media.corporate-ir.net/media_files/irol/19/194146/AR/2007_Annual_Report.pdf. Zuletzt besucht am 04. Februar 2009. 92 Löffler, Magaretha: Jetzt ist es offiziell: Live Nation und Ticketmaster Entertainment fusionieren. Hrsg. von Musikmarkt & Musikmarkt Live!. http://www.musikmarkt.de/site/start.php. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 67 Durch die Fusion ist das neu entstandene Konglomerat, mit dem Namen Live Nation Ticketmaster, das erste Unternehmen, welches tatsächlich in allen Bereichen der Musikwirtschaft vertreten ist. Die Expansionsanstrengungen von Live Nation werden wahrscheinlich auch bald den deutschen Markt erreichen. Die Abgabe ihrer Verwertungsrechte hält Madonna für einen Fortschritt. Erstmals in ihrer Karriere könne ihre Musik ihre Fans direkt erreichen,93 so die Künstlerin. Was auch immer sie mit dieser Aussage gemeint hat, es ist davon auszugehen, dass sie weiterhin genügend Einfluss hat, ihre künstlerischen Entscheidungen eigenständig zu treffen. Problematischer wird dies bei neuen Künstlern. Künstler, die bereits einen Vertrag mit einer Plattenfirma unterzeichnet haben, werden in der Regel selbstständig entscheiden können, ob und welche Aufgaben sie von wem übernehmen lassen wollen. Etablierte Künstler haben zusätzlich noch Verhandlungsmacht und können ihren Forderungen Gewicht verleihen. Neue Künstler hingegen, werden in vielen Fällen nur noch ein 360°-ANGEBOT bekommen. Wie auch das Beispiel Madonna zeigt, werden solche Verträge über einen langen Zeitraum geschlossen. Bei unbekannten Künstlern sind Verträge meist einseitig, jedoch nie von Seiten des Künstlers, kündbar. Entwickelt sich der Künstler nicht wie erhofft, wird er aus dem Vertrag entlassen, ist er jedoch erfolgreich, wird der Vertragszeitraum ausgeschöpft. Für einige Künstler kann eine 360°-Vereinbarung eine hervorragende Chance sein, Andere hingegen werden entmündigt. Die freie Wahl der Partner, ermöglicht es dem Künstler nach seinem eigenen Ermessen seine Laufbahn zu gestalten. Wird ihm diese Wahl genommen, muss er hoffen, dass das Unternehmen, welches ihn vermarkten will, auch alle Bereiche bewerkstelligen kann. Fraglich ist auch, wie und von wem die Interessen des Künstlers fachgerecht vertreten werden. Dies übernimmt eigentlich das Management, welches ausschließlich in Absprache mit dem Künstler agiert. Ist das Management jedoch gleichzeitig in der Rolle der Plattenfirma und des Promoters werden Interessenskonflikte auftreten. 93 Madonna verlässt Warner für Konzertveranstalter. In: SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Kultur. http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,511887,00.html. Zuletzt besucht am 05. Februar 2009. 68 Wahrscheinlich wird das 360°-MODELL in seiner Reinform nur in Ausnahmefällen, wie bei Motor oder Live Nation, auftreten. Jedoch scheint eine weitere Veränderung der traditionellen Geschäftsfelder innerhalb der Musikindustrie realistisch. Die Branche wird dadurch komplexer und undurchsichtiger. Jede Marktbewegung bietet neue Möglichkeiten. Wer die Bedürfnisse der jungen Musiker erkennt und diese am Besten bedient, wird langfristig den Markt prägen. Im Grunde übernehmen viele INDEPENDENT LABELS seit Jahren die Inhalte des 360°MODELLS. Jedoch ist dies in der Regel ein Serviceangebot, aus welchem die Künstler frei wählen können. Kleinen Plattenfirmen fehlt es oft an Erfahrungen, so dass sie nur bedingt alle Punkte des Musikgeschäftes abdecken können. Fehlt es nicht am Know-How, sind es oft die finanziellen Möglichkeiten, welche die INDEPENDENTS hemmt. Es gibt aber auch Beispiele bei denen zumindest Verlag, Plattenfirma und Management in einer Hand liegen. Die Toten Hosen zusammen mit JKP94 oder auch Die Ärzte mit Hot Action95 haben Strukturen geschaffen, welche sich um die Interessen der Künstler gruppieren. Dabei werden von den Managern, die Tonaufnahmen und deren Vermarktung, das Merchandising und die Tourneeplanung übernommen. Auch die Aufgaben eines Verlages und die Sponsorsuche werden intern organisiert und die Musiker bei allen Entscheidungen mit einbezogen. Eine Innovation wäre die Gründung einer unabhängigen Management- und Serviceagentur, in der alle Bereiche der Musikindustrie bedient und maßgeschneiderte Betreuungsangebote für Künstler realisiert werden könnten.96 Die Vorraussetzungen dazu wäre ein flächendeckendes Netzwerk von Spezialisten, die auf Wunsch des Künstlers bestimmte Bereiche dessen Karriere mitgestalten. In Zeiten, in denen Plattenfirmen viele kompetente Mitarbeiter entlassen, sollte der Aufbau einer solchen Agentur möglich sein. 94 JKP GmbH & Co. KG. 95 Hot Action Records GmbH. 96 vgl.: Busdorff, Reimer und Bernie Schick, Dieter Schubert, Jörg Tresp: Podiumsdiskussion 360° Modell. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus73/events/2008/9/26/podiumsdiskussion/905. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 69 5. Ökonomie der Konzertwirtschaft Die Begriffe Gebrauchswert und Tauschwert, wie sie von den klassischen Ökonomen verwendet werden, können die Situation der Musikökonomie zwar oberflächlich beschreiben,97 stoßen jedoch recht bald an ihre Grenzen. So ist beispielsweise der Gebrauchswert eine subjektive Größe, die aber keinen Marktwert wiederspiegelt. Alternativ kann der Markt der Livemusik über Angebot und Nachfrage erfasst werden. In der neoklassischen Mikroökonomie wird davon ausgegangen, dass das Zusammenwirken von Angebot und Nachfrage den wesentlichen Funktionsmechanismus von Marktwirtschaften kennzeichnet. In diesem Kapitel sollen Angebot und Nachfrage eines einzelnen Konzertes erläutert werden. Es folgt eine Betrachtung des gesamten Konzertmarktes, wobei die Entwicklung von Nachfrage, Preis und Kosten im Fokus stehen. Abschließend wird die gesamte Branche untersucht. 97 vgl.: Kapitel 2.1. 70 5.1. Angebot und Nachfrage eines einzelnen Konzertes Eine genaue Ermittlung der Nachfragefunktion des Konzertmarktes ist nicht möglich, da das nachgefragte Gut nicht homogen ist. Alle Konzerte unterscheiden sich voneinander, so dass es den Besuchern nicht möglicht ist, die Angebote rational zu bewerten. Daher kann die Nachfragekurve nur von einem einzelnen Konzert beschrieben werden. Typischerweise unterscheiden sich die Nachfrager durch ihre Zahlungsbereitschaft für ein bestimmtes Gut. Das Gut, welches nachgefragt wird, ist ein Konzert. Dabei ist den Nachfragern bekannt, welcher Künstler spielt und wann und wo das Konzert stattfindet. Werden nun einige Nachfrager befragt, wie viel Geld sie bereit sind für das Konzert zu bezahlen, wird die individuelle Zahlungsbereitschaft bestimmt. Die gesammelten Daten können in ein Koordinatensystem eingetragen werden. Es ergibt sich eine absteigende Treppe, wie sie in Abbildung 7 zu sehen ist, wobei die Abszisse die Nachfragemenge und die Ordinate den Preis darstellt. Abbildung 7 98 Herleitung der Nachfragefunktion98 Abbildung vom Autor erstellt. 71 Die Summe der nachgefragten Mengen aller individuellen Nachfrager entspricht der Gesamtnachfrage eines Konzertes. Ist die Zahl der betrachteten Nachfrager groß genug, wird die Nachfragefunktion zu einer fallenden Kurve. Bei einem geringeren Preis steigt die Gesamtnachfrage. Erhöht sich der Preis, werden weniger Karten verkauft. Neben dem Preis gibt es weitere Faktoren, welche die Nachfragefunktion beeinflussen: Wie gerne möchte der Zuschauer den Künstler sehen? Wie hoch ist das Einkommen des Nachfragers und kann er sich eine Eintrittskarte überhaupt leisten? Gibt es ähnliche Konzerte, die besucht werden können und wie teuer sind diese? Bei der Erstellung der Gesamtnachfrage spielen all die individuellen Entscheidungen eine Rolle und bestimmen neben der absoluten Größe der Nachfrage auch deren Steigung. Zum Beispiel wird die Nachfrage eines Künstlers, welcher ein junges Publikum mit durchschnittlich geringer Kaufkraft anspricht, einen flacheren Funktionsverlauf haben. Das Konzert eines anderen Künstlers, der weniger bekannt ist, wird insgesamt eine geringere Nachfrage haben. Die Nachfragekurve verschiebt sich dadurch zum Ursprung des Koordinatensystems. Die Nachfragekurven werden als Geraden dargestellt. Dies ist insofern zulässig, da das Modell von Angebot und Nachfrage den Markt durch das Marginalprinzip erklärt. Dabei werden kleinste Änderungen an der Ausgangssituation vorgenommen, um zu erforschen, wie sich das Resultat verändert. Bei der Betrachtung eines Konzertes genügt es, die Nachfragekurve als linear anzunehmen. Die ordinale Reihenfolge der Werte bleibt unverändert. Dadurch können bei der Untersuchung des Marktes Aussagen getroffen werden, ob sich eine Marktsituation verbessert oder verschlechtert. Allerdings kann nicht gesagt werden, um wie viel besser oder schlechter eine Veränderung ist. Die Abbildung 8 zeigt zwei verschiedene Nachfragefunktionen. Die Funktion A entspricht der abstrahierten Nachfragekurve aus Abbildung 7. Die Funktion B bildet eine geringere Nachfrage ab. 72 Abbildung 8 Linearisierte Nachfragefunktionen99 Die Nachfrage eines Konzertes kann mit diesem Modell der Mikroökonomie dargestellt werden. Die Angebotskurve wird im Normalfall spiegelbildlich ermittelt. Dabei bestimmen die Anbieter den Preis, zu dem sie bereit wären, ihr Produkt zu verkaufen. Die Angebotsfunktion würde in dasselbe Diagramm eingezeichnet werden und einer steigenden Geraden entsprechen. Auf dem vollkommenen Markt führt der Konkurrenzkampf der Anbieter zur Preisfindung. Die Annahme, dass bei einer kleinen Änderung des Preises alle Nachfrager beim günstigeren Anbieter kaufen, bewirkt so lange eine Preisunterbietung, bis die Erlöse, welche die Anbieter erzielen, genau den Kosten entsprechen. Dies ist der Punkt an dem sich Angebot und Nachfrage schneiden. Er beschreibt das Gleichgewicht des Marktes. 99 Abbildung vom Autor erstellt. 73 Bei der Betrachtung des Konzertmarktes muss davon ausgegangen werden, dass der Veranstalter und nicht etwa der Künstler, der Anbieter ist. Der Künstler und das von ihm gespielte Konzert ergeben das Gut, für welches der Nachfrager bezahlt. Der Künstler wiederum erhält seine Gage vom Veranstalter. Dieser trägt die örtlichen Kosten und die Produktionskosten.100 Die örtlichen Kosten sind die Ausgaben für die Miete und Herrichtung des Veranstaltungsortes. Auch die Aufwendungen für die Organisation des Konzertes, sowie für Werbung und Promotion zählen zu den örtlichen Kosten. Die Produktionskosten beinhalten die Ausgaben für die Ton- und Lichtanlage, sowie die Lohn-, Reise- und Aufenthaltskosten aller Beteiligten. Der Veranstalter muss also für die komplette Produktion aufkommen. Er trägt das finanzielle Risiko. Zur Ermittlung des Eintrittspreises wird eine einfache Rechnung aufgestellt. Alle Kosten müssen bei 80 Prozent Auslastung gedeckt sein.101 Dieser Punkt wird auch BREAK-EVEN genannt. Erst ab diesem Punkt verdient der Veranstalter. Werden weniger als 80 Prozent der Karten verkauft, macht er Verlust. Der Erlös eines Konzertes berechnet sich aus dem Produkt der verkauften Eintrittskarten und dem Einzelpreis. Die Zusammensetzung der Kosten muss genauer betrachtet werden. Neben den örtlichen Kosten und den Produktionskosten ist die Gage des Künstlers für die Kalkulation entscheidend. Dabei bieten alle, an dem Künstler interessierten Veranstalter, dem Künstler eine Garantiesumme. Dieser kann sich für das beste Angebot entscheiden. Sind alle Rahmenbedingungen gleich, wählt der Künstler das höchste Angebot. Dies führt dazu, dass die Veranstalter, in Konkurrenz zu einander stehen. Letztendlich wird nur ein Veranstalter das Konzert ausrichten. Dennoch handelt es sich nicht um ein Monopol, da der alleinige Anbieter über den freien Wettbewerb ermittelt wurde. Wird davon ausgegangen, dass jeder Veranstalter die gleichen Produktionskosten und örtlichen Kosten hat, ist die genaue Kenntnis der Nachfrage für ein Gagenangebot entscheidend. 100 vgl.: 3.3.1. 101 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe, Interview Fritz Rau. 74 Wäre die Nachfragefunktion den Konzertveranstaltern bekannt, würden sie sich bei den Gagenangeboten solange überbieten, bis sie trotz maximalen Erlöses beim Nullgewinn angekommen wären. In der Realität ist die Nachfragefunktion nicht bekannt. Die Schätzungen der Veranstalter beinhalten einen Puffer und rechnen bei der Ermittlung der Zuschauereinnahmen nur mit einer Auslastung in Höhe von 80 Prozent. Die Abbildung 9 zeigt Angebot und Nachfrage eines einzelnen Konzertes. Bei der Kalkulation schätzt der Veranstalter zuerst die Nachfrage.102 Dann sucht er anhand der geschätzten Nachfragefunktion ein optimales Preis-Mengen-Verhältnis.103 Dies steht in Abhängigkeit zur Veranstaltungsgröße, da mit der Erhöhung der Angebotsmenge auch die Produktionskosten steigen. Ist die Menge ermittelt (xmax), kann der Eintrittspreis festgelegt werden.104 Der Eintrittspreis ist für alle Besucher gleich groß, deshalb muss die Angebotsfunktion in der Abbildung eine Waagerrechte sein. Da die Nachfrage geschätzt wurde, wird zur Sicherung ein Puffer eingeplant. In der Abbildung beträgt dieser Risikoabschlag (RA)105 20 Prozent. Der BREAK-EVEN-Punkt liegt demnach bei 80 Prozent. Bei diesem Punkt müssen, nach den zuvor getroffenen Annahmen, die Gesamtkosten106 des Veranstalters den Einnahmen entsprechen.107 102 Die Nachfragefunktion wird aus Sicht des Anbieters auch Preisabsatzfunktion (PAF) genannt. Eine lineare PAF hat folgende Funktion: x = a + b × p; b<0; Wobei x die Nachfragemenge, a den PROHIBITIVPREIS und b die (negative) Steigung darstellen. 103 Es gibt mehrere mathematische Lösungen für die Ermittlung der optimalen Größe in Abhängigkeit der Kosten. Jedoch wird die Berechnung kein genaueres Ergebnis liefern, als die Methode, die in der Praxis gewählt wird. Dies liegt an der Komplexität der sich ergebenen Nebenbedingungen und an der bedingten Teilbarkeit der Angebotsmenge. Jeder Veranstaltungsort bietet andere Vorraussetzungen für und Anforderungen an den Veranstalter. (vgl.: Kapitel 3.3.1.) Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Besucherplatz durchschnittliche Kosten verursacht. Eher ist es genau anders herum, nämlich dass die Grenzkosten eines zusätzlichen Besuchers sehr gering sind. Erreicht der Veranstaltungsort allerdings sein Kapazitätsmaximum, muss ein größerer Veranstaltungsort gesucht werden. Die Kosten steigen also sprunghaft und bleiben bis zur nächst größeren Kapazität annähernd gleich. In der Praxis werden die möglichen Veranstaltungsorte auf ihre Eignung für das geplante Konzert geprüft. Aus allen geeigneten Spielorten, wird das beste Kosten-Leistungs-Verhältnis bevorzugt. Der gewählte Veranstaltungsort gibt mit seiner Besucherkapazität die Maximalmenge xmax vor. 104 Die PAF wird nach p umgestellt und die Optimalmenge xmax für x eingesetzt. p = (xmax − a) ÷ b. 105 In der Entscheidungstheorie bezeichnet der Risikoabschlag die Differenz des Erwartungswertes zum Sicherheitsäquivalent. 106 K = kö + kP + kG; Gesamtkosten = örtliche Kosten + Produktionskosten + Kosten für die Gage. 107 K = 0,8xmax × p = E = Einnahmen. 75 Abbildung 9 Angebot und Nachfrage eines Konzertes108 Dem Veranstalter sind nach der Wahl des Veranstaltungsortes seine voraussichtlichen Einnahmen, sowie Produktionskosten und örtlichen Kosten bekannt. Nun kann er die maximale Gage, die er zu zahlen bereit ist, bestimmen.109 Bei besonders großen Produktionen sind die 20 Prozent über BREAK-EVEN, absolut gesehen, sehr groß. Im besten Fall werden diese letzten 20 Prozent der Tickets verkauft und bilden, multipliziert mit dem Preis, den Gewinn des Veranstalters. Ist der spekulative Gewinn sehr hoch, kann es dazu kommen, dass die Veranstalter ihren BREAK-EVEN-Punkt verschieben. Der Risikoabschlag wird dadurch geringer. In sehr optimistischen Fällen steigt der BREAK-EVEN-Punkt bis zu 95 Prozent.110 Die zweite Möglichkeit bei den Gagenangeboten mitzuhalten, ist die Erhöhung des Eintrittspreises. Dabei würde die Angebotsfunktion parallel nach oben verschoben 108 Abbildung vom Autor erstellt. 109 kG = 0,8xmax × p − kö − kP. 110 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 76 werden. Das Kostenviereck würde solange nach oben wachsen bis dessen rechte obere Ecke die Angebotsfunktion tangiert. Egal ob der BREAK-EVEN-Punkt oder der kalkulierte Preis steigt, in beiden Szenarien erhöht sich das unternehmerische Risiko. Wurde die Nachfrage dabei überschätzt, drohen große Verluste. Die wichtigste Vorraussetzung für ein erfolgreiches Konzert ist demnach die genaue Einschätzung der Nachfrage. Die Nachfrage richtet sich nach dem Marktwert des Künstlers. Vor einigen Jahren waren Chartplatzierungen und die Zahl der Plattenverkäufe Hinweise, welche Rückschlüsse auf den Marktwert zuließen. Mit dem Einbruch des Tonträgerhandels wurden diese Indikatoren verwässert. Stattdessen wird von Erfahrungswerten ausgegangen. Dabei werden frühere Konzerte als Vergleich herangezogen. In welchen Städten ist der Künstler bereits aufgetreten? Wie teuer waren dort die Tickets und wie viele Nachfrager haben das Konzert besucht? Die Medienpräsenz eines Künstlers ist ebenfalls ein Indiz für dessen Marktwert. 5.2. Steigende Nachfrage Der Marktwert eines Künstlers wurde oft unterschätzt. Dies lag im Wesentlichen daran, dass dessen Nachfrage falsch beurteilt wurde. Vor allem die Auftritte etablierter Künstler sind in den letzten Jahren schnell ausverkauft gewesen. Dies musste auch Fritz Rau, der jahrelang Veranstalter für die Rolling Stones war, erkennen. Bei den Verhandlungen zur Voodoo-Lounge-Tournee 1994 konnte er das Millionenangebot eines anderen Veranstalters nicht überbieten: „Ich habe die Stones verloren als ihnen von einem anderen Veranstalter eine Garantiesumme angeboten wurde, an die sie nie gedacht hätten. 28 Millionen Mark für zehn Open-Airs. Ich habe gerechnet und gerechnet und mir wurde klar, dass die Karten über 100 Mark kosten werden. 80 Mark war für mich die Grenze. Die Stones wollten bei ihrem Fritz bleiben, dafür hätte ich aber das Angebot des Konkurrenten, welches mir unsinnig hoch erschien, übernehmen müssen. Ich habe es nicht gemacht und die Band gewarnt, dass die Leute nicht mehr als 100 Mark zahlen würden und die Stadien halb leer bleiben würden. Der neue Veranstalter hat 77 im Schnitt über 120 Mark genommen und die Tournee war innerhalb von drei Tagen ausverkauft.“111 Die Gründe für die steigende Nachfrage, sieht der Konzertveranstalter Klaus Bönisch in der Erweiterung der Konsumentenschicht. Neben den heranwachsenden Konzertbesuchern, die Bönisch als „natürlichen Nachwuchs“ bezeichnet, sei es vor allem die Elterngeneration, die auch weiterhin zu Konzerten ginge.112 Auch Rau hat beobachtet, dass die Konzerte der „Rockklassiker“ von bis zu drei Generationen besucht würden. Lange Zeit herrschte ein „Jugendwahn“ in der Branche, der eine ganze Generation von Nachfragern ignoriert habe.113 Tatsächlich ist der Musikveranstaltungsmarkt zwischen 1995 und 2007 mit einer durchschnittlichen Rate von 1,2 Prozent pro Jahr gewachsen. 2007 wurden in Deutschland 2,8 Milliarden Euro für den Kauf von Eintrittskarten ausgegeben.114 Einige Experten führen die positive Entwicklung auf eine steigende Anzahl von Konzerten und damit auf einen erhöhten Gesamtticketverkauf zurück.115 Diese Annahme würde bedeuten, dass durch die Erhöhung des Angebotes ebenfalls die Nachfrage gestiegen ist, was bei dem vorgestellten Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage nur möglich wäre, wenn der Preis sinkt. Jedoch gibt es keine Anzeichen für eine Preisminderung. Es wird noch erläutert, warum sich die Experten, die sich in der Studie äußerten, zumindest in diesem Punkt geirrt haben. Ein weiterer Grund für die steigende Nachfrage, könnte im Wandel des gesellschaftlichen Ansehens der Konzertbranche liegen. Die Pluralität der wirtschaftlich erfolgreichen Musikrichtungen und deren Akzeptanz beim Publikum beschreiben diesen Wandel. So werden beispielsweise Hard Rock Bands wie Black Sabbath, AC/DC oder Guns N´ Roses von vielen als Klassiker verehrt. Die Veränderung der Hörgewohnheiten 111 Interview Fritz Rau. 112 Bönisch, Klaus: Macht heute Nacht München zu!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 15: 24. 113 Rau, Fritz: 50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters. Heidelberg, Palmyra 2005: 260. 114 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 24. 115 vgl.: Fischer, Corinna: Einfluss von Live-Musikveranstaltungen auf den Tonträgerkonsum: eine explorative Studie. Aachen, Shaker 2006. 78 führte dazu, dass diese Musik bei jungen Konzertbesuchern auch nicht mehr als Hard Rock bezeichnet wird. Werden die Programme der großen Festivals verglichen, fällt die Pluralität der Musikrichtungen auf. Neben den Klassikern der Rockmusik und neuen Rockbands treten auch Songwriter, Popsängerinnen, HipHop-Musiker oder Metalbands auf, um das Publikum zu unterhalten. Jedoch ist ein Festival lediglich auf eine Zielgruppe ausgerichtet. Vor wenigen Jahrzehnten sorgte Musik regelmäßig für Spannung zwischen den Generationen. Mittlerweile wurde die Gesellschaft an provozierende oder vermeintlich chaotische Musik und deren Interpreten gewöhnt. Elvis Presley, The Beatles oder Madonna haben durch ihre betont sexuellen Auftritte Skandale ausgelöst; The Sex Pistols, Jimi Hendrix oder The Who fungierten als Sprachrohre rebellierender Jugendbewegungen; der Auftritt von Bob Dylan auf dem Newport Folk Festival wurde von einigen Fans bis heute nicht verkraftet. Dylan ließ sich am Ende des Konzerts elektronisch verstärken und von einer Band begleiten. Dylans folgende Konzerte 1965 und 1966 wurden zum Spießrutenlauf. Er wurde eine ganze Tournee lang von vielen Fans ausgepfiffen. Dennoch konnte er sich und seine Musik weiter entwickeln. Nachdem er von der Folkbewegung ausgestoßen wurde, avancierte er zum Rockstar. All diese Künstler gehören längst zu wichtigen musikalischen Vertretern des zwanzigsten Jahrhunderts. Heutzutage sind die Erwartungen der Konzertbesucher an den Künstler angepasst. Überraschende Stilwechsel eines Künstlers sind längst vor dem Konzert bekannt. Stößt der neue Stil auf Desinteresse, sinkt die Nachfrage. Skandalträchtige Schlagzeilen beinhalten nur noch Details aus dem Privatleben der Künstler und erhöhen eher dessen Marktwert, als dass sie ihnen schaden. Provokationen auf der Bühne, wie etwa bei Marilyn Manson oder der Bloodhound Gang wirken meist inszeniert und gehören zur Show. Das Publikum will unterhalten werden und hat an jeden Künstler eine gewisse Erwartungshaltung. Diese Form der Inszenierung hat den gesamten Musikmarkt beschleunigt. Künstler wurden zunehmend gewinnbringend vermarktet und nachhaltige Talentförderung blieb aus. Musiker nutzten die anstößigen Elemente vergangener Künstler um mediale 79 Aufmerksamkeit und ein marktkonformes Image zu erhalten. Die Überschüttung des Marktes mit solchen Inszenierungen ließ die zu Grunde liegende Ideologie, die in den skandalösen Auftritten zum Ausdruck kam, verblassen. Neben diesem, auch weiterhin anhaltendem, Wertewandel, welcher die Rock- und Popmusik zur Inhaltslosigkeit führt, gibt es einen gesellschaftlichen Wandel im Freizeitverhalten der Konsumenten, von dem die Livemusik profitiert. Das Bedürfnis nach Unterhaltung und gemeinschaftlich emotionalem Erlebnis der Konsumenten nimmt zu.116 Der Wert eines Konzertes beruht im Wesentlichen auf dessen Emotionalität. Mit dem Kauf der Eintrittskarte verbindet sich die Erwartungshaltung, die sich in der Hoffnung ausdrückt, etwas Einmaliges zu erleben. Die Einmaligkeit eines Konzertes beschreibt der Musikmanager und BOOKER Achim Köller: „Live-Events sind nicht reproduzierbar. Zwar kann zum Beispiel ein DVD-LiveMitschnitt gemacht werden, aber jeder Besucher erlebt eine einmalige Atmosphäre und das Gefühl des ´Dabeiseins`, das nicht auf Datenträgern konserviert werden kann. Deshalb leben Festivals, aber auch Einzelkonzerte, im Besonderen von ihrer einzigartigen Atmosphäre. Diese zu schaffen, ist eine wichtige Aufgabe der Veranstalter.“ 117 Rau beschreibt das Konzert ebenfalls als gesellschaftliches Ereignis. Er erkennt, dass die Emotionalität ein wichtiger Bestandteil einer gelungenen Veranstaltung ist. „Entscheidend ist für mich das bei großen Konzerten entstehende Gemeinschaftsgefühl, das wahrscheinlich ein wichtiges Geheimnis des Erfolgs dieser Veranstaltungen ist. Jeder Besucher weiß, dass er tausende und abertausende von Gleichgesinnten trifft, die wie er ihre Rolling Stones verehren oder ihren Peter Maffay. [...] Doch nur wer im Innenraum oder auf den Rängen das Geschehen ganz konzentriert und wenn möglich aus nächster Nähe mitverfolgt und ein Teil der begeisterten Masse wird, kann das Konzert musikalisch und gesellschaftlich voll 116 vgl.: Fischer, Corinna: Einfluss von Live-Musikveranstaltungen auf den Tonträgerkonsum: eine explorative Studie. Aachen, Shaker 2006. 117 Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 203f. 80 erleben und danach die Erinnerung an ein unvergesslichen Tag mit nach Hause nehmen.“118 Dass ein Konzert zum gesellschaftlichen Ereignis wird, belegt auch eine Studie über das Konsumverhalten der Konzertbesucher.119 Demnach gehen 78 Prozent der Befragten gern mit Freunden oder dem Partner zu Veranstaltungen. Dies ist der zweithöchste Wert und findet mehr Zuspruch als „Ich möchte einen Künstler / das Programm live auf der Bühne sehen“. Das Treffen von Gleichgesinnten ist jedem zweiten Konzertbesucher unter 30 Jahren wichtig. Den meisten Zuspruch erhielt die Aussage, dass Eintrittskarten ein schönes Geschenk seien. 5.3. Steigende Preise Es gibt keine Studien, die sich näher mit der Preisentwicklung des deutschen Konzertmarktes beschäftigen. Jedoch ist auch ohne Studien unübersehbar, dass die Ticketpreise in den letzten Jahren spürbar gestiegen sind. Oft wird der eingebrochene Umsatz im Tonträgergeschäft als Grund genannt. Die Künstler würden mit ihren Konzerten die fehlenden Einnahmen kompensieren. Dies ist zu untersuchen. Bönisch meint, dass vor allem die Spitzenwerte bei den Ticketpreisen „explodiert“ sind. Aber auch der Durchschnittspreis sei stark gestiegen. Er schätzt die Preissteigerung innerhalb von sechs Jahren auf 100 Prozent. Seiner Meinung nach hat sich bis 2008 der durchschnittliche Ticketpreis seit der Einführung des Euros verdoppelt.120 Die GfK-Studie zum Konsumverhalten der Konzertbesucher, die unter anderem vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft herausgegeben wird, hat die Ticketpreise nach Musikrichtungen sortiert. In der Studie ist die Tabelle der Eintrittspreise mit 118 Rau, Fritz: 50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters. Heidelberg, Palmyra 2005: 85. 119 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 15. 120 Bönisch, Klaus: Macht heute Nacht München zu!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 15: 24. 81 „Gefühlte und tatsächliche Ticketpreise“ überschrieben.121 Der durchschnittliche Preis aller Tickets für Musikveranstaltungen lag bei 33,20 Euro, der für fremdsprachige Rock- und Popkonzerte bei knapp 44 Euro.122 „Die teuersten Eintrittskarten [..., die] gerade Kulturjournalisten gerne bei Superstars“ kritisieren, seien Einzelfälle.123 Dass die Spitzenpreise spürbar gestiegen sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Rekordverdächtig war die Europatournee von Barbra Streisand. Die Eintrittspreise für ihr Berliner Konzert im Sommer 2007 lagen zwischen 100 und 550 Euro.124 Die Waldbühne war mit über 17.000 Plätzen ausverkauft. Dieses Beispiel kann wirklich als Einzelfall bezeichnet werden. Streisand gibt wenige Konzerte und der Auftritt in Berlin war das erste Deutschlandkonzert in ihrer Karriere. Zudem wurde die Sängerin von 60 Orchestermusikern begleitet. Dennoch sind Ticketpreise über 100 Euro keine Seltenheit. Durch unterschiedliche Preisklassen liegen die Spitzenwerte sogar deutlich darüber.125 Die Konzertkarten für The Police, U2, Metallica, Madonna, Elton John, Celine Dion, Genesis oder Georg Michael kosteten in den letzten drei Jahren im Durchschnitt 100 Euro oder mehr. Dass etablierte Künstler jedoch nicht immer auf die erhoffte Nachfrage stoßen, zeigten die letzten Konzerte der Rolling Stones. Fritz Rau gab 1994 die Voodoo-Lounge-Tour der Stones ab. Er befürchtete, dass die Nachfrage bei einem Preis über 100 Deutsche Mark nicht groß genug sein würde. Die Tournee war erfolgreich. Hingegen war das Nachholkonzert der A-Bigger-BangTournee 2007 in Frankfurt ein wirtschaftlicher Misserfolg. Im Vorverkauf wurden ausschließlich Sitzplatzkarten zwischen 80 und 190 Euro angeboten. Von den 35.000 121 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 8. 122 ebd.: 2. 123 ebd.: 8. 124 Heidböhmer, Carsten: Barbra-Streisand-Konzert – 500 Euro sind noch nicht zu viel. Hrsg. von stern.de. http://www.stern.de/unterhaltung/musik/:Barbra-Streisand-Konzert-500-Euro/592133.html. Zuletzt besucht am 12. Januar 2009. 125 Einige Tickets sind Bestandteile von Eventreisen, die neben dem Konzertbesuch auch die Kosten für Übernachtung, Anreise und Verpflegung beinhalten. Diese Tickets können je nach Rahmenangebot bis zu 1.000 Euro und mehr kosten. Diese Ticketangebote werden hier nicht betrachtet. Alle genannten Preise beinhalten nur die Eintrittskarte. 82 Tickets126 wurden nur 70 Prozent, teils stark verbilligt, verkauft.127 Bricht die Nachfrage bei solch kostspieligen Konzerten weg, muss der Veranstalter mit Abschreibungen in Millionenhöhe rechnen. Das Beispiel der Rolling Stones Konzerte zeigt, dass die Nachfrage durchaus auf die Höhe der Preise reagiert. Die Ticketpreise für die Konzerte internationaler Stars sind gestiegen. Dies lässt aber keine Rückschlüsse auf den Gesamtmarkt zu. Dieser muss aber betrachtet werden, da der Vergleich der Ticketpreise anhand weniger ausgewählter Künstler über eine gewisse Zeitspanne unzulässig ist. Die Rolling Stones hatten 1994 einen ähnlichen Bekanntheitsgrad wie 2007, andere Künstler hingegen, haben sich in dieser Zeit etablieren können. Ihre Eintrittspreise sind aufgrund ihres wachsenden Bekanntheitsgrades und der damit wachsenden Nachfrage überdurchschnittlich gestiegen. 5.4. Steigende Kosten Die Erhöhung der Eintrittspreise ist auf eine Erhöhung der Kosten zurückzuführen. Internationale Künstler verlangen ihre Gagen in US-Dollar. Fällt der Wert des Euros, steigen damit auch die Gagenkosten in Europa. Dies erklärt allerdings lediglich eine mögliche Schwankung der Preise und wird angesichts der Kursentwicklung des Euros zum Dollar, kaum Einfluss auf eine Preiserhöhung gehabt haben. Andersherum ist es bei einem niedrigen Dollarkurs für amerikanische Künstler sehr profitabel in Europa auf Tour zu gehen.128 Trotz der Begünstigung der Konzertbranche durch den schwachen Dollar der letzten Jahre sind die Gagen stark gestiegen. Konzertveranstalter Karsten Jahnke behauptete in 126 Die genaue Kapazitätsmenge für dieses Konzert ist nicht bekannt. Bei anderen Konzerten im selben Stadion kamen über 55.000 Besucher. Kurzfristig wurde bei den Rolling Stones die Bühne längs gestellt. Ebenso wurden anfangs keine Stehplätze verkauft. Daher ist die Kapazitätsmenge wahrscheinlich auf 35.000 Plätze gesunken. Etwa 25.000 Besucher kamen zum Frankfurter Konzert. Es gab zwei weitere deutsche Nachholkonzerte in Düsseldorf und Hamburg, die ebenfalls katastrophale Vorverkaufszahlen aufwiesen. 127 Kreitling, Holger: Tournee: Stones bekommen Arena in Frankfurt nicht voll. Hrsg. von Welt Online. http://www.welt.de/vermischtes/article933878.ece. Zuletzt besucht am 13. Januar 2009. 128 Seit der Einführung des Euros ist dessen Wert im Verhältnis zum Dollar stark gestiegen. 2001: 1 $ = 0,80 €; 2008 schwankte der Dollar zwischen 1,23 € und 1,60 €. 83 einem Interview, dass im Jahr 2000 die Gagenpreise vergleichbarer Künstler von 100.000 US-Dollar auf 300.000 Euro im Jahr 2008 gestiegen wären.129 Neben den sinkenden Umsatzzahlen aus den Tonträgerverkäufen, würden die Showelemente eines Auftrittes immer kostspieliger werden. Diese Kosten schlagen sich in den Gageforderungen nieder. In Deutschland gehören vergleichsweise viele Veranstaltungsorte den Kommunen. Die Verwaltungen dieser Spielstätten sind nicht auf Einnahmen durch Konzerte angewiesen. Die Mieten und der Service von kommunal geführten Hallen werden im Allgemeinen von Veranstaltern kritisiert. Service und Preise würden auf einem freien Markt zum Wettkampf der Eigentümer führen und letztendlich auch zu geringeren örtlichen Kosten. Hoppe vergleicht die Situation der deutschen Spielstätten mit denen in Amerika: „Die örtlichen Kosten sind in Deutschland mit am höchsten. Viele Hallen hier sind nicht in Privatbesitz. Die Mietpreise werden vorgeschrieben. Es interessiert manche Hallenbesitzer nicht ob 2.000 oder 10.000 Leute in die Festhalle kommen. In Amerika ist es anders. In einigen Städten gibt es drei oder vier Hallen in Privatbesitz. Bei den Ausweichmöglichkeiten stehen die Betreiber in starker Konkurrenz zu einander und müssen dann entsprechend günstigere Angebote geben.“130 Die Zahl der unternehmerisch geführten Veranstaltungsorte nimmt auch in Deutschland zu. Einige Experten befürchten regionale Überangebote. Vor allem in schwach besiedelten Gegenden ist der Bau von großen Konzerthallen umstritten.131 Nach Aussagen der Veranstalter tragen die gestiegenen örtlichen Kosten ebenfalls zur Preiserhöhung bei. Gestiegene Mieten und die Einhaltung behördlicher Anforderungen seien die größten Verursacher.132 Zudem sind die Nebenleistungen der Veranstalter in 129 Busdorff, Reimer und Bernie Schick, Dieter Schubert, Jörg Tresp: Podiumsdiskussion 360° Modell. Kiez Kongress 2008 - Musikwirtschaft erleben. http://www.ligx.de/de/hamburg/kulturhaus73/events/2008/9/26/podiumsdiskussion/905. Zuletzt besucht am 10. Februar 2009. 130 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 131 Brill, Michael: Die Phantasie ist scheinbar unbegrenzt – MM-Gespräch mit Michael Brill, SMG Deutschland. In: Musikmarkt special – spielstätten & ticketing. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2005: 8f. 132 Bönisch, Klaus: Macht heute Nacht München zu!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 15: 24. 84 den letzten Jahren professioneller geworden. Komfortablere Sanitärbereiche, Parkplatzflächen und geschultes Personal sind einige Beispiele, die zwar von vielen Besuchern als selbstverständlich angenommen werden, aber auch höhere Kosten verursachen. Auch die Werbung wird zu den örtlichen Kosten gezählt. Die Preise urbaner Werbeflächen sind für viele Konzertveranstalter kaum mehr zu finanzieren. Eine weitere deutsche Besonderheit ist die hohe Besteuerung in der Konzertbranche. Vor allem die Ausländereinkommenssteuer wurde heftig kritisiert. Dabei handelte es sich um eine Bruttobesteuerung der Künstlergage mit 20 Prozent. Der entsprechende Artikel aus dem Einkommenssteuergesetz ist Ende 2008 nach langem Streit weggefallen.133 Zwar gab es die Möglichkeit auf Steuerbefreiung, diese war aber nicht einheitlich geregelt. Der Konzertveranstalter Marcel Avram wurde 1997 wegen ´Steuerhinterziehung zugunsten Dritter` zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Steuerzahlungsfreistellungen, die er für seine Künstler beantragt134 und erhalten hatte, wurden vom Finanzamt rückwirkend aberkannt.135 Auch wenn diese Steuer nicht mehr existiert, war sie in der Vergangenheit ein weiterer Kostenfaktor. Rau, der ein Partner von Avram war, ließ 1998 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erkennen, wie er zur deutschen Steuerpolitik und dessen Einfluss auf die Ticketpreise steht: „Wir Konzertunternehmer schaffen die wirtschaftliche Vorraussetzung für Ereignisse, die Kulturgeschichte sind – ohne Subventionen der öffentlichen Hand, ohne Verschwendung von Steuergeldern. Aber wir zahlen Millionen und Abermillionen Steuern und andere öffentliche Abgaben auf dem Rücken unseres Publikums, das alles durch den Kauf einer Eintrittskarte finanziert.“136 Auch ohne die Ausländereinkommenssteuer ist das deutsche Steuergesetz im internationalen Vergleich hochgradig komplex. Die Steuern, die für Veranstaltungen gelten, machen da keine Ausnahme. 133 § 50a Abs. 4 EStG. 134 § 50 EStG. 135 Rau, Fritz: 50 Jahre Backstage – Erinnerungen eines Konzertveranstalters. Heidelberg, Palmyra 2005: 143. 136 ebd.: 149. 85 Jedwede Steuer wird vom Veranstalter getragen. Der Künstler entscheidet sich für das beste Angebot. Dabei vergleicht er seine Nettoerlöse. Steuern, die vom Künstler abgeführt werden müssen, werden auf den Veranstalter abgewälzt. Steigen zudem die Gagenforderungen, erhöhen sich die zusätzlichen Kosten der Steuern im gleichen Maße. 5.5. Steigende Preise in den USA Den Ursprung der Preissteigerung sieht Hoppe in den USA.137 Um Rückschlüsse für den deutschen Markt zu ziehen, sollen die Ergebnisse der Rockonomics-Studie zum Vergleich herangezogen werden. 138 Marie Connolly und Allen Krueger gelang es, die Preissteigerung des Konzertmarktes zu beziffern. Dazu werteten sie die Daten der Fachzeitschrift Polstar aus. Polstar sammelte zwischen 1981 und 2003 Konzertberichte mit Angaben zu Ticketverkäufen und –preisen. Insgesamt stehen die Kennzahlen von 233.000 Rockund Popkonzerten zur Verfügung. Als Gegenprobe wurden bei einigen Berechnungen nur Künstler berücksichtigt, die in The Rolling Stone Encyclopedia of Rock & Roll genannt sind. Dies sollte große Fluktuationen der Erhebungsbasis vermeiden. Die Basis umfasst 1.300 Künstler, die 75 Prozent der Polstar-Umsätze repräsentieren. Für alle Berechnungen wurden die Nominalpreise benutzt. Dies bedeutet, dass weder Vorverkaufsgebühren noch Preise auf dem Sekundärmarkt berücksichtigt wurden. Aus Sicht der Anbieter ist dies durchaus sinnvoll, da so die Rückflüsse aus den Konzerten erfasst werden können. Die eigentliche Preisentwicklung für den Nachfrager bleibt aber tendenziell unterbewertet. Von 1996 bis 2003 wuchs der durchschnittliche Ticketpreis jährlich um neun Prozent. Bei der Gegenprobe waren es elf Prozent. Die Inflationsrate der Vereinigten Staaten betrug im gleichen Zeitraum 2,3 Prozent pro Jahr. Diese Gegenüberstellung hat lediglich eine geringe Aussagekraft. Deswegen wurde die Preisentwicklung der Konzertkarten zusätzlich mit einem Preisindex für andere „live entertainment events“ 137 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 138 Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008. 86 verglichen. Dabei wurden aus dem CPI-U139 die Bereiche Film, Sportveranstaltungen und Theater separiert. Die Preise der Unterhaltungsbranche wuchsen zwischen 1997 und 2003 um 32 Prozent, die der Konzerte um 64 Prozent. Connolly und Krueger untersuchten ebenfalls die Streuung der Ticketpreise. Dabei wurden jeweils die höchste und die niedrigste Preisklasse analysiert. 2003 gab es nur bei 57 Prozent der Konzerte Preisunterschiede. Der Preis der besten Plätze korreliert mit den Durchschnittspreisen, wobei die teuren Plätze eine sehr deutliche Steigung in der absoluten Betrachtung aufwiesen. Die günstigsten Preise verteuerten sich um jährlich 6,7 Prozent. Dementsprechend wurde die Spanne zwischen den Preiskategorien größer. Die Abbildung 10 zeigt die durchschnittlichen Eintrittspreise der Jahre 1996 bis 2003, die Entwicklung der teuersten und der günstigsten Ticketkategorien sowie den CPI-U SUB-INDEX für Film-, Theater- und Sportveranstaltungen. 139 Der Consumer Price Index for All Urban Consumers (CPI-U) ist der Verbraucherpreisindex der amerikanischen Stadtbevölkerung und spiegelt ungefähr 80 Prozent der US-Amerikaner wieder. 87 Abbildung 10 Preisentwicklung von Konzertkarten und anderen LiveVeranstaltungen in Amerika. 1996 - 2003.140 Somit ist der Verdacht der Preissteigerung, zumindest für den amerikanischen Markt, bestätigt. Aber auch in Deutschland gibt es genügend Hinweise auf eine derartige Entwicklung. Die GfK-Studie gibt keine Auskunft über die Entwicklung der Ticketpreise.141 Jedoch kann aus der Anzahl verkaufter Konzertkarten und dem Umsatz ein Durchschnittspreis von 33 Euro bestimmt werden. 2003 lag dieser Wert bei 19 Euro. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate in Höhe von 15 Prozent. Deutlich höher 140 vgl.: Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008. vom Autor modifiziert. 141 Die vergangenen Studien liegen nicht vor und sind vergriffen. Trotz einer Anfrage beim Verlag ergab sich keine Möglichkeit einer Einsicht. Die Studien sind auch nicht Bestandteil der Sammlung der Deutschen Nationalbibliothek. Der Gesellschaft für Konsumforschung und dem statistischen Bundesamt liegen keine Daten zur Preisentwicklung vor (vgl. Fischer). Auch die Veranstalter können nur Vermutungen anstellen. Allerdings berichten Fischer und Köller von der 2003 erschienenen Studie. Einige Daten konnten so zum Vergleich herangezogen werden. Bekannt ist ebenfalls, dass es 1995 und 1999 keine segmentspezifischen Preisbefragungen gab. 88 als die Preisentwicklung bis 2003 in den USA. Die Zahlen bestätigen die Vermutung der Experten. Demnach hat sich der Preis von 2002 bis 2008 mehr als verdoppelt, die Schätzung von Bönisch war also keineswegs übertrieben. Die Preisentwicklung von Rock- und Popkonzerten kann nicht genau ermittelt werden. Die GfK-Studie gibt aber Auskunft über die Preise im Jahr 2007. Es wurden 27 Millionen Tickets zum Durchschnittspreis von 39 Euro gekauft.142 Die Ticketpreise für Rock- und Popmusik sind überdurchschnittlich hoch angesetzt. 5.6. Stabilität des Marktes Die Umsatzzahlen der Konzertbranche deuten auf ein stabiles Wachstum hin. Jedoch zeigt die Betrachtung der Ticketpreise eine starke Dynamik des Marktes. Werden die Kennzahlen der Musikveranstaltungen aus den Jahren 2003 und 2007 verglichen, fallen ebenfalls große Veränderungen auf.143 Die Anzahl verkaufter Tickets ist von 142 Millionen auf 82 Millionen gesunken. Dies ist ein Rückgang von 13 Prozent pro Jahr. Dieser Rückgang wird nur durch die Erhöhung der Preise retuschiert. Warum gehen einige Experten jedoch von einer steigenden Nachfrage aus?144 Vermutlich liegt diese Fehleinschätzung in der Wahrnehmung des Marktes. Mediale Aufmerksamkeit wird vor allem den mittleren und großen Konzerten geschenkt und 142 Bekannt sind die Durchschnittspreise und die Umsätze der Sparten. Werden die einzelnen Umsatzanteile mit den entsprechenden Preisen dividiert ist die Ticketmenge bekannt. Die bereinigten Daten (nur Rock- und Popmusik gemäß der in der Einleitung getroffenen Definition) werden als Basis auf den Wert 100 gesetzt. Nun kann der Anteil der einzelnen Sparten zur Basis ermittelt werden. Dieser Anteil wird mit dem Sparten-Durchschnittspreis multipliziert. Die Summe aller Produkte ergibt den Durchschnittspreis für alle Rock- und Popkonzerte. 143 2003 haben 34 Millionen Besucher im Durchschnitt 80 Euro für durchschnittlich vier Konzerte ausgegeben. 2007 waren es nur noch 27 Millionen Personen, die zu Konzerten gegangen sind. Sie bezahlten für drei Konzerte über einhundert Euro. vgl.: GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 2. und Köller, Achim: Concertbooking. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen - Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 197f. 144 vgl.: Kapitel 5.2. 89 derer gab es in den letzten Jahren zunehmend mehr. Die Nachfrage dieser Künstler war ungebrochen hoch, jedoch bewirkte der starke Anstieg der Preise, dass die Besuchsintensität gesunken ist. Viele Konzertgänger leisteten sich Tickets für etablierte Künstler und verzichteten auf den Besuch kleinerer Konzerte. Tatsächlich wurden 2003 in den USA 85 Prozent des Umsatzes von lediglich fünf Prozent der Künstler eingespielt.145 Der Löwenanteil der Ticketausgaben wird auch in Deutschland an wenige Künstler mit Star-Charakter gehen. Dies hatte zur Folge, dass kleine Clubs oft leer blieben und unbemerkt verschwanden. Die erhöhten Ticketpreise können aber auch zur Gefahr für etablierte Künstler werden. Wird davon ausgegangen, dass sich die Einnahmen der Tonträger nicht regenerieren, sind die Künstler auch in Zukunft auf erfolgreiche Konzerte angewiesen. Dies bedeutet, dass die Besucher wieder kommen müssen. Umso höher die Preise, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Besucher erneut ein Konzert des Künstlers besucht.146 So wird trotz der hohen Preise das Angebot von der aktuellen Nachfrage gedeckt, jedoch sinkt dadurch die zukünftige Nachfrage überproportional. Etablierte Künstler haben einen verhältnismäßig hohen Anteil von Besuchern, die nur gelegentlich zu Konzerten gehen. Fallen diese Konsumenten weg, wird in erster Linie ihnen geschadet. Sieben Millionen Besucher sind innerhalb von fünf Jahren aus dem Markt gefallen.147 Das Frankfurter Rolling Stones Konzert148 bestätigt diese Theorie. Sollte dieses Szenario für die gesamte Branche eintreten, brechen in der Konzertindustrie die Umsätze ein. 145 Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008: 19f. 146 Die Problematik kann mit Hilfe der Kunden-Lebenswert-Analyse erfasst werden. Der KundenLebenswert wird berechnet, indem alle erwarteten Netto-Einnahmen addiert und über den betrachteten Zeitraum abgezinst werden. Dadurch kann der Kapitalwert der Ertragsrückflüsse, die mit einem bestimmten Konzertgänger über die Dauer des Betrachtungszeitraums erzielt wird, bestimmt werden. Die im Text geäußerte Vermutung besagt, dass der durchschnittliche Kunden-Lebenswert durch die hohen Preise sinkt. 147 vgl.: Fußnote 143. 148 vgl.: Kapitel 5.3. 90 Es gibt zwei Gründe, warum diese Entwicklung erst in den letzten Jahren einsetzte. Zum einem ist der Konzertmarkt zur wichtigsten Einnahmequelle etablierter Künstler geworden,149 daher ist die Frequenz ihrer Tourneen gestiegen. Der Zweite Grund liegt in der Liberalisierung des Marktes: Die Konzertbranche ist ein sehr personenbezogenes Business. Künstler und Veranstalter verbindet meist mehr als die reine Geschäftsbeziehung. Fritz Rau und Oskar Hoppe berichteten in den Interviews von engen Freundschaften zwischen ihnen und vielen Künstlern. Dies führte dazu, dass die Künstler auch nur mit diesen Veranstaltern zusammenarbeiteten. Die Gagen wurden ausgehandelt. Die Einnahmen, welche die Veranstalter durch erfolgreiche Konzerte verdient hatten, wurden genutzt, um unbekannte Künstler langfristig aufzubauen. Das finanzielle Risiko wurde gern in Kauf genommen, da sich so Partnerschaften entwickelten, die jahrelang hielten. Durch die Entwicklung zu einem Markt, welcher durch Angebot und Nachfrage reguliert wird, verändert sich die Preisfindung. Viele Künstler sind dazu übergegangen, ihre Tourneen komplett von internationalen Agenturen planen zu lassen. Diese ´Entpersonalisierung` hat zur Folge, dass sich die Veranstalter gegenseitig überbieten müssen. Ihr Risiko steigt und ihre Gewinne sinken. Da den Veranstaltern weniger Geld zur Verfügung steht, werden risikoreiche Investitionen strenger bewertet. Die Nachfrage an unbekannter Musik ist stark zurückgegangen und ein ehemals ungeschriebenes Gebot der Loyalität, zwischen Künstler und Veranstalter, verblasst. Langfristige Verträge sind in der Konzertbranche, bis jetzt, nicht üblich. Neue Musik wurde in der Vergangenheit immer durch die Einnahmen bereits erfolgreicher Künstler finanziert. Plattenfirmen haben bei den SINGLE-Auskopplungen eine Erfolgsquote von ungefähr zehn Prozent.150 Die Gewinne dieser Verkaufserfolge wurden in der Vergangenheit genutzt, um junge Künstler aufzubauen. Ähnlich 149 vgl.: Kapitel 2.2.2. 150 Cordes, Johannes: Artist-And-Repertoir, Majorlabels und Musikmanagement. Redigierte Mitschrift einer Ringvorlesung 2005/2006 am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung (IJK) der Hochschule für Musik und Theater Hannover. In: Musikwirtschaft und Medien: Märkte - Unternehmen Strategien. Hrsg. von Beate Schneider und Stefan Weinacht. München, R. Fischer 2007: 36. 91 funktionierte der Konzertmarkt. Ein überzeugter Veranstalter konnte durch sein Engagement, den Grundstein einer erfolgreichen Künstlerkarriere legen. Es scheint paradox, dass jene Künstler, die zuvor die Nachwuchsförderung finanzierten, nun die Ursache eines drohenden Marktversagens sein sollen. Der Tonträgermarkt scheint, in der andauernden Absatzkrise, nicht mehr in der Lage zu sein, Künstler nachhaltig aufzubauen. Die Zahl der Musiker, die sich etablieren und über Jahre hinweg erfolgreich sind, wird geringer und internationale Superstars werden älter.151 Nachwuchs wird es trotzdem geben, heutzutage wahrscheinlich mehr als je zuvor. Tim Renner macht die „Demokratisierung der Musikproduktion“152 für diesen durchaus positiven Effekt verantwortlich. Durch die digitale Technologie könne eine CD bereits mit einem Mikrofon und einen Laptop produziert werden. Jedoch ist fraglich, wie diese Künstler in den Markt kommen sollen. Das Internet kann dies nur in Ausnahmefällen leisten. In vielen Fällen fehlt die redaktionelle Plattform, so dass die Musiker in der Masse untergehen werden. Die Gefahr besteht demnach nicht im fehlenden Nachwuchs, sondern im Verlust der marktspezifischen Infrastruktur. Dies wird durch die GfK-Studie bestätigt. So gingen 2007 nur noch elf Prozent aller Konzertbesucher zu Veranstaltungen mit Künstlern, die sie noch nicht kannten.153 In wiefern dieses Szenario zum ernsthaften Problem werden kann, ist nicht mit Sicherheit vorherzusagen. Ein Blick auf den amerikanischen Markt läst aber wenig Grund zum Optimismus. Nach den spürbaren Preiserhöhungen ab 1996 sind die Umsatzerlöse der etablierten Künstler bis zum Jahr 2000 um 40 Prozent gestiegen, 151 Hoppe meint, dass es so gut wie keine Künstler unter 50 Jahren mehr gäbe, die eine Open-AirWelttournee spielen könnten. vgl.: Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 152 Renner, Tim: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Ueber die Zukunft der Musik- und Medienindustrie. Frankfurt am Main / New York, Campus 2004: 271. 153 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 15. 92 danach jedoch wieder gesunken. Die Zahl der verkauften Konzertkarten ist zwischen 2000 und 2003 um 20 Prozent gefallen.154 154 Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008: Abbildungen 4.3.a - 4.3.c. 93 6. Der Markt für Konzerttickets In diesem Kapitel werden die Grundlagen für den Ticketverkauf behandelt. Dabei werden die Distributionswege, einige Kennzahlen zur Wirtschaftlichkeit des Konzertes sowie zum Kundenverhalten besprochen. Danach folgt ein Blick auf den Sekundärmarkt und dessen Problematik. 6.1. Ticketdistribution Hat ein Veranstalter seine Kalkulation aufgestellt und einen passenden Ort für sein Konzert gefunden, muss er dafür Sorge tragen, dass der Kartenverkauf beginnt. Die Konzertkarten können am Veranstaltungsort oder über eine Ticketagentur verkauft werden. Der Verkauf am Veranstaltungsort ist meist auf die Abendkasse reduziert. Einige Veranstalter bieten die Karten zu ihren Konzerten auch schon im Vorverkauf über Tageskassen an. Tageskassen werden meistens bei Spielstätten mit häufigem Konzertbetrieb eingerichtet. In der Regel bieten Opern und Theater, aber auch einige Clubs oder Mehrzweckhallen diesen Service. Drei Viertel aller Karten werden über Ticketagenturen verkauft, denen eine Vielzahl an Distributionsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Neben den klassischen 94 Vorverkaufsstellen sind es vor allem die Ticketverkäufe über das Internet, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Die Ticketagenturen erheben eine System- und eine Vorverkaufsgebühr. Die Systemgebühr ist unabhängig von der Veranstaltung und besteht aus einem Fixbetrag zwischen einem und drei Euro. Die Vorverkaufsgebühr beträgt ungefähr zehn Prozent des Kartenpreises. Eine weitere Möglichkeit des Ticketbezuges ist der Sekundärmarkt. Auf dem Sekundärmarkt werden Tickets angeboten, die bereits über die regulären Vorverkaufsstellen ausgegeben wurden. Der Sekundärmarkt stellt keine institutionelle Einrichtung dar und ist somit nicht eindeutig reglementiert. Es gibt unterschiedliche Motive, gekaufte Konzertkarten ein zweites Mal zu verkaufen. Einige Konsumenten können beispielsweise den Konzerttermin nicht wahrnehmen und sind aufgrund der fehlenden Rückgabemöglichkeiten zum Verkauf ihrer Tickets gezwungen. Der Handel mit Konzerttickets, die sich bereits im Umlauf befinden wird immer beliebter, da sich bei diesem Geschäft mitunter hohe Gewinnmöglichkeiten bieten. Anhand der folgenden Abbildung sollen die soeben dargestellten Bezugsströme noch einmal verdeutlicht werden: 95 Abbildung 11 Ticketmarkt155 Im Jahr 2007 wurden im Bereich der Rock- und Popmusik Konzerttickets im Wert von über eine Milliarde Euro gekauft.156 Bei einem Durchschnittspreis von 39 Euro entspricht dies 27 Millionen Konzertkarten. 157 Konkret setzt sich der Kartenverkauf wie folgt zusammen:158 40 Prozent der Karten werden über die klassischen Vorverkaufsstellen vertrieben, weitere 29 Prozent über die offiziellen Verkaufsstellen im Internet. An der Abendkasse werden rund 22 Prozent der Eintrittskarten verkauft. Einen vergleichsweise geringen Stellenwert nimmt dagegen die telefonische Kartenbestellung mit sieben Prozent ein. Die verbleibenden zwei Prozent der Karten werden auf dem Sekundärmarkt gehandelt. 155 vgl.: Courty, Pascal: Some Economics of Ticket Resale. Hrsg. London Business School - Department of Economics. http://www.iue.it/Personal/Courty/Pub/JEP.pdf. Zuletzt besucht am 29. Oktober 2008. vom Autor modifiziert. 156 vgl.: Kapitel 2.2.2. 157 vgl.: Kapitel 5.5. 158 Die prozentualen Angaben basieren auf den gleichen formalen Berechnungen wie beim Durchschnittspreis (Fußnote 142). Die Daten, die zur Berechnung nötig waren, stammen aus: GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 10. 96 Auch wenn die aufgeführten Teilmengen des Kartenvertriebs in ihrer Summe 100 Prozent ergeben, muss auf eine Ungenauigkeit hingewiesen werden. Da die Karten auf dem Sekundärmarkt bereits einmal auf dem Primärmarkt gekauft wurden, müssen sie zwangsläufig doppelt in der Statistik auftreten. Diese Verzerrung ist bei zwei Prozent des Mengen-Gesamtvolumens hinzunehmen, darf aber nicht zu der falschen Annahme führen, dass der Zweitmarkt keinen Einfluss auf die Wertschöpfungskette nimmt. Die kurzfristigen Einnahmen, welche, abzüglich der System- und Vorverkaufsgebühren, dem Veranstalter und damit auch dem Künstler zugute kommen, werden durch den Sekundärmarkt nicht verändert. Allerdings schaltet sich in die Wertschöpfungskette ein zusätzliches Glied. Dies ist der Grund für die erhöhten Preise auf dem Sekundärmarkt, welche zu einer Verzerrung des Konzertangebotes führen können.159 Welcher Anteil genau über die Tageskasse verkauft wird, ist in der Gesamtbetrachtung nicht bekannt. Bei der Rock- und Popmusik ist die Unterscheidung zwischen Tagesund Abendkasse zu vernachlässigen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass bei kleinen Konzerten der Verkauf vermehrt über die Abendkasse abgewickelt wird. Hier lohnt es sich in den seltensten Fällen, eine Agentur mit der Abwicklung der Ticketdistribution zu beauftragen. Bei sehr großen Produktionen hingegen, wird die Abendkasse prozentual eher wenige Karten verkaufen. Durch die stärkere Medienpräsenz und dem Starstatus des Künstlers gehen viele Konsumenten von einer vermeintlich hohen Nachfrage aus. Dies kann dazu führen, dass Konsumenten die falsche Annahme treffen, es würde sich nicht mehr lohnen zum Veranstaltungsort zu fahren. Verbleibende Karten werden trotz einer bestehenden Nachfrage nicht verkauft. Große Konzerte sind mit einem höheren finanziellen Risiko, seitens des Veranstalters, behaftet. Durch einen frühzeitigen Vorverkaufsstart und einem raschen Abverkauf der Tickets wird das Risiko verringert. Um das Risiko besser zu kalkulieren, will der Veranstalter schon am Anfang der Planungsphase ein Abbild der Nachfrage erhalten. 159 vgl.: Kapitel 6.2.2. 97 An dieser Stelle ergibt sich jedoch ein Interessenkonflikt zwischen den Konsumenten und dem Veranstalter. Zwei Drittel der Konsumenten würden ihre Tickets gerne kurzfristig kaufen. Dennoch kaufen über 60 Prozent der Konzertbesucher ihre Karten drei bis zwölf Monate im Voraus.160 Grund für den Unterschied ist erneut die Unsicherheit: Ist zu befürchten, dass das Konzert vorzeitig ausverkauft ist, werden die Karten frühzeitig erworben. Konzertveranstalter sind auf eine Ticketagentur angewiesen. Um die Zielgruppe möglichst breitflächig abzudecken, kann auf die Distributionsmöglichkeiten moderner Ticketvertreiber kaum noch verzichtet werden. Neben der klassischen Vorverkaufsstelle und der telefonischen Kartenbestellung sind es vor allem moderne Kommunikationswege, die Einzug in die Ticketdistribution halten. Internetticketshops sind bei den Konsumenten bis zum Alter von 40 Jahren sehr beliebt. Bis zu 41 Prozent der Konzertbesucher dieser Alterstufen würden ihre Karten gern im Internet bestellen und per Post zugesandt bekommen.161 Der Onlinekauf wird in Zukunft einen höheren Stellenwert einnehmen, da das Alter der Nutzer steigt. Neben dem Postversand gibt es die Möglichkeit des PRINT@HOME-Bezugs. Durch einen Bar- oder Zahlencode können Karten über den heimischen Computer bestellt und anschließend direkt ausgedruckt werden. Diese Vertriebsart hat den Vorteil, dass der Postversand entfällt, was Kosten spart und auch den spontanen Kartenkauf noch kurz vor Veranstaltungsbeginn ermöglicht. Der ausgedruckte Barcode kann mittels eines Scanners am Veranstaltungsgelände erfasst werden. Bei Zahlencodierungen müssen die ausgedruckten Karten am Eingang mit einer Referenzliste abgeglichen werden. Dies dauert etwas länger und empfiehlt sich nur für kleinere Veranstaltungen. 160 vgl.: GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 13. 161 vgl.: GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 12. 98 Ebenfalls für Spontankäufer geeignet, ist die Zusendung der Eintrittsberechtigung auf das Mobiltelefon.162 Dies wird in Deutschland bisher eher selten praktiziert. Ein Beispiel in dem diese Kaufmöglichkeit angeboten wurde, ist das Melt! Festival. Durch einen SMS-Newsletter erhielten die Besucher zusätzlich Informationen zu Programm, Wetter und Parksituationen. Die Mobiltelefone der Kunden wurden nicht nur als Ticketund Informationsträger sondern auch als Marketinginstrument genutzt. Insgesamt wird bei den Ticketdistributoren auf eine Mehrkanalstrategie gesetzt. Dabei gilt es, alle zur Verfügung stehenden Medien zu nutzen. Die physischen Vorverkaufsstellen sind über ein computergestütztes System mit den Onlineangeboten verbunden. So ist es stets möglich, den aktuellen Verfügbarkeitsstatus eines Konzertes einzusehen. Dadurch können beispielsweise bestimmte Sitzplätze jederzeit und über alle Kanäle bestellt werden. Der Vollständigkeit halber sei noch eine weitere Form des Ticketverkaufs genannt. Diese ist nicht neu, aber mittlerweile auch in der Rock- und Popmusik angekommen: das Abonnementkonzert. Dabei werden mehrere Konzerte einer Reihe zusammen verkauft. Diese Konzerte sind an einen bestimmten Veranstalter oder eine bestimmte Spielstätte gebunden. Das Konzerthaus Dortmund bietet Popkonzerte im Abonnement an. Dort spielen bekannte Pop- und Rockmusiker Unplugged-Konzerte. Die Abonnementenzahlen sind innerhalb von zwei Jahren um 15 Prozent gestiegen.163 Ein weiterer Vorteil dieser Variante liegt in der Förderung neuer Künstler. Da der Eintritt bereits gezahlt wurde und keine weiteren Kosten entstehen, kommen auch Zuhörer zu unbekannten Künstlern, die der Standardwerbung folgend, wahrscheinlich nicht zum Konzert gegangen wären. 162 vgl.: Kruse Brandão, Jacques: Sicherer als jedes Papierticket!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 19: 16f. 163 Laumann, Jörg: Popmusik im Konzerthaus. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 47: 19. 99 6.2. Zweithandel In diesem Kapitel sollen die verschiedenen Formen des erneuten Verkaufs von Konzertkarten dargestellt werden. Dabei wird zwischen privater und gewerblicher Motivation unterschieden. Um einen Überblick der Dimensionen des Zweithandels zu erlangen, werden kurz einige Kennzahlen des Marktes genannt. Es folgt eine Betrachtung rechtlicher und wirtschaftlicher Probleme. Mit Zweithandel ist der nicht lizenzierte Weiterverkauf von Eintrittskarten gemeint. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden auch die Begriffe Schwarz- oder Schleichhandel verwendet, allerdings ist die mit diesen Begriffen implizierte Illegalität nur bedingt gegeben. Sachgerechter ist die Bezeichnung des Grauhandels. Es ist oftmals nicht zu unterscheiden, ob der Weiterverkauf aus privaten oder gewerblichen Gründen vollzogen wird. Jedoch ist genau dies der entscheidende Aspekt der allgemeinen Rechtsempfindung. Vor der Besprechung der juristischen Problematik sind die Formen des Zweithandels zu klären. Es soll dabei zwischen Offline- und Onlinehandel unterschieden werden. Der Offlinehandel findet in den meisten Fällen in unmittelbarer zeitlicher wie räumlicher Nähe zum Konzert statt. Die Karten werden also kurz vor Veranstaltungsbeginn in der Nähe zum Veranstaltungsort angeboten. Dies setzt dauerhafte Strukturen voraus. Der Anbieter muss es für wahrscheinlich halten, Abnehmer für seine Karten zu finden. Andersherum wird kein Käufer zu einem ausverkauften Konzert gehen, wenn er nicht erwartet, vor Ort noch eine Karte zu bekommen. Der Onlinehandel ermöglicht vielfältigere Erfolgsaussichten. Die hohe Reichweite des Internets bietet einen Multiplikator bei der Erreichbarkeit möglicher Interessenten und die Anonymität im Netz sorgt für den nötigen Schutz vor Rechtsverfolgung. Über spezielle Plattformen können Konzertkarten angeboten und ersteigert werden. Um die Akteure genau voneinander abzugrenzen, seien hier die Begriffe Plattformbetreiber und Zweithändler genutzt. Mit Plattformbetreiber ist der Anbieter einer Online-Ticketbörse gemeint, wohingegen Zweithändler die Person beschreibt, welche Tickets zum Wiederverkauf anbietet. Die zusätzlich in der Literatur verwendeten 100 Begriffe Reseller, Secondary-Ticketing-Anbieter, Touter, Broker und Scalper sind teilweise mehrdeutig und werden hier nicht verwendet. 2007 wurden 1,6 Millionen Tickets im Bereich der Musikveranstaltungen über Weiterverkaufsplattformen verkauft. Dies entspricht ungefähr zwei Prozent aller Karten.164 Dabei ist bei den Käufern die Affinität zum Internet entscheidend. Es fällt auf, dass der Zweithandel mit Tickets in den Altersgruppen dominiert, in denen die regulären Tickets auch über den lizenzierten Onlinehandel bezogen werden. In der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen werden bereits 34 Prozent aller Tickets im Ersthandel über das Internet bestellt. Der Zweithandel liegt bei drei Prozent. Im Vergleich die Altersgruppe der ab 60-Jährigen: 53 Prozent kauften ihre Tickets an den Vorverkaufstellen, nur neun Prozent im Internet, dabei weniger als ein Prozent auf Weiterverkaufsplattformen. Bei der Masse und der steigenden Bedeutung des Internets für den Ticketverkauf ist der Sekundärhandel ein lohnendes Geschäft, welches von branchenfremden Unternehmen mit jährlichen Umsatzzahlen im dreistelligen Millionenbereich betrieben wird. Das Phänomen des Zweithandels ist in Deutschland recht neu. Lange Zeit bildete eBay die einzige Online-Möglichkeit, Tickets erneut zu verkaufen. Mittlerweile wurde das Potential, welches im Zweitmarkt steckt, auch in Deutschland erkannt. 6.2.1. Rechtliche Problematik Der Weiterverkauf von Konzertkarten befindet sich in einer rechtlichen Grauzone. Die Gründe, welche aus Sicht der Veranstalter zu einem Verbot des gewerblichen Zweithandels führen sollten und die Komplexität der Rechtslage, werden dargestellt. Dazu soll stellvertretend die Problematik im Profifußball betrachtet werden, da hier die Vereine der deutschen Fußballbundesligen in einem größeren Umfang als die LiveMusikbranche vom Weiterverkauf ihrer Karten betroffen sind. Außerdem gelten die im 164 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 9. 101 Fußball erfochtenen Rechtssprechungen in allen Bereichen, in denen mit Eintrittskarten gehandelt wird. Bei erfolgreichen Veranstaltungen liegt der Wiederverkaufspreis von Eintrittskarten bei einem Vielfachen des Originalpreises. Dies verträgt sich wenig mit der sozialen und gesellschaftspolitischen Funktion von Kultur und ist umso ärgerlicher, da sämtliche Gewinne des Zweitmarktes an den Künstlern und Veranstaltern vorbei fließen. Wieso kann der Zweitmarkthandel dann aber nicht rechtskräftig eingeschränkt werden? Für eine genauere Betrachtung muss zwischen dem Anbieter der Karten und der Plattform, die für die hohe Marktdurchdringung sorgt, unterschieden werden. Wird der Plattformbetreiber reglementiert, trifft jede Beschränkung nicht nur den gewerblichen, sondern auch den privaten Verkäufer. Für alle Eintrittskarten gilt, dass die Erstkäufer als Gläubiger vorleistungspflichtig sind. Bevor ein Ticket ausgegeben wird, müssen jedwede Zahlungsansprüche bereits erfüllt sein. Mit dem Ticket hat dessen Inhaber das verbriefte Recht auf den Einlass zum Konzert. Dies bedeutet, dass nach dem Kauf der Karte der Veranstalter keine Kontrolle mehr über deren Verbleib hat. Der Erstkäufer ist nicht verpflichtet auf das Konzert zu gehen. Das Recht an der Karte hat dessen Inhaber. Dabei ist es egal ob die Karte verschenkt, weiterverkauft oder sogar gestohlen wurde. Eintrittskarten gelten im Sinne des § 807 BGB als kleine Inhaberpapiere. Mit dem Verkauf sichert der Veranstalter (Aussteller) dem jeweiligen Inhaber zu, eine Gegenleistung zu erbringen. Der Inhaber der Karte kann das durch die Karte verbriefte Recht der Gegenleistung geltend machen.165 Diese Schuldverschreibung gilt ausdrücklich für den Inhaber, nicht für den Käufer. Denn diejenige Person, die eine Karte vorlegt, ist gleichzeitig materieller Inhaber der Forderung.166 Beim Einlass zeigt der Inhaber seine Karte vor, diese wird von ihm ausgehändigt167 und er macht sein 165 §§ 807, 793 Abs. 1 Satz 1 BGB. 166 Gutzeit, Martin: Handelsbeschränkungen für Eintrittskarten. In: Betriebs-Berater. Frankfurt am Main, Recht und Wirtschaft. 62. Jg., 2007, Heft 3: 113. 167 Eintrittskarten werden in der Regel nicht wieder abgegeben sondern entwertet. Dies entspricht dem i. S. d. BGB § 797 (Leistungspflicht nur gegen Aushändigung). 102 Recht auf Eintritt geltend. Der Aussteller wird gleichzeitig von seiner Leistungsverpflichtung frei.168 Es liegt im Interesse des Veranstalters den Zweithandel nach Möglichkeit einzudämmen. Kleine Inhaberpapiere dürfen wie bewegliche Sachen übertragen werden.169 Damit ist der Weiterverkauf von Eintrittskarten prinzipiell rechtens. Untersagt ist aber der gewerbliche An- und Verkauf auf der Straße. Laut Gewerbeordnung betreibt ein Straßenhändler ein Reisegewerbe.170 Der Vertrieb von Tickets, welche als kleine Inhaberpapiere zu den Wertpapieren zählen, wird als verbotene Tätigkeit für das Reisegewerbe aufgelistet.171 So entschied 1979 auch das Bayerische Oberlandesgericht. Es verurteilte einen Straßenhändler, der an einem Tag für 2.000 Deutsche Mark Karten für ein Fußballspiel kaufte und sie vor dem Stadion für 5.000 Deutsche Mark wieder verkaufte. In der Begründung heißt es: “Eintrittskarten zu Veranstaltungen sind Wertpapiere im Sinne von § 56 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h GewO und dürfen daher im Reisegewerbe nicht vertrieben werden.”172 Der gewerbliche Offline-Ticketverkauf ist demnach rechtskräftig untersagt. Der Löwenanteil der nicht lizenzierten Tickets wird allerdings über das Internet gehandelt. Die Online-Händler sind jedoch vom Verbot des Wertpapiervertriebes ausgeschlossen, da sie rechtlich kein Reisegewerbe betreiben. Zur Eindämmung des Online-Zweithandels helfen vertragliche Handelsbeschränkungen, wie sie beispielsweise in Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (ATGB) aufgeführt werden. Wenn die ATGB, in denen der Weiterverkauf untersagt wird, auf 168 § 797 BGB. 169 § 929 BGB. 170 § 55, Abs. 1, Satz 1 GewO. 171 § 56 GewO Abs. 1 Nr. 1 h. 172 Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen. Hrsg. von Mitgliedern d. Gerichts. München, Beck 1979. 103 dem Ticket abgedruckt sind, darf dieses nicht erneut verkauft werden.173 Dies gilt für Erstkäufer wie auch für Händler, die ihre Tickets über Dritte beziehen.174 Die Deutsche Fußball Liga GmbH hat Muster-ATGB verfasst und diese den Vereinen empfohlen. Für die gewerbliche oder kommerzielle Veräußerung bedarf es der schriftlichen Zustimmung durch den betroffenen Verein. Die Tickets dürften im Rahmen der privaten Weitergabe weder in Internet-Auktionshäusern noch zu einem höheren Preis, als dem Aufgedruckten verkauft werden.175 Die Übertragung der ATGB bilden damit eine rechtsgeschäftliche Beschränkung der Verfügungsfreiheit. Zweithändler sahen die Freiheit des Handels bedroht und klagten. Die ersten Gerichtsurteile zu diesem Thema sind wiederum beim Fußball zu finden. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat eine einstweilige Verfügung gegen einen Zweithändler verhängt.176 Dieser hatte Eintrittskarten für den 1. FC Nürnberg im Internet mit erhöhten Preisen zur Versteigerung angeboten. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vereins wurde diese Form des Handels klar untersagt. In der Urteilsbegründung wurde darauf hingewiesen, dass es Fans mit geringerem Einkommen nicht verwährt werden dürfe, an Karten für Spitzenspiele zu gelangen. Des Weiteren habe der Verein ein berechtigtes Interesse, dass sich keine Schwarzmarktstrukturen bildeten.177 Wegen unlauteren Wettbewerbs hat das OLG Hamburg den gewerblichen Handel mit Eintrittskarten untersagt.178 Grundlage war der Paragraph drei des UWG.179 Ein Kartenhändler beeinträchtigt demnach den Wettbewerb zum Nachteil des Hamburger Sportvereins und der Fans. In letzter Instanz hat der Bundesgerichtshof Karlsruhe dieses 173 § 796 BGB. 174 Gutzeit, Martin: Handelsbeschränkungen für Eintrittskarten. In: Betriebs-Berater. Frankfurt am Main, Recht und Wirtschaft. 62. Jg., 2007, Heft 3: 115. 175 vgl.: Gutzeit, Martin: Handelsbeschränkungen für Eintrittskarten. In: Betriebs-Berater. Frankfurt am Main, Recht und Wirtschaft. 62. Jg., 2007, Heft 3: 113. 176 LG Nürnberg-Fürth, 12.07.2007 – 1 HK O 3849/07 –. 177 vgl.: Quentin, Andreas: Überteuerte Eintrittskarten für Heimspiel beim 1. FCN 24.Juli 2004 Pressemitteilung 24/07. Hrsg. vom Oberlandesgericht Nürnberg. http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/n/presse/archiv/2007/00711/. Zuletzt besucht am 13. November 2008. 178 OLG Hamburg, 05.04.2006 – 5 U 89/05 –. 179 § 3 UWG. 104 Urteil teilweise revidiert.180 Demnach kann der HSV durch seine AGB den Handel mit Eintrittskarten nicht verbieten, solange diese von Privatpersonen erworben wurden.181 Die AGB standen zum Anfang des Streits 2005 noch nicht auf den Tickets.182 Für die Live-Musikbranche bedeutet dies, dass die Auktion von Eintrittskarten im Internet nicht untersagt werden kann. Ein Argumentationsgrund beim Fußball ist, dass durch die Auktion das selektive Vertriebssystem untergraben wird. Gewaltbereite Personen sollen keinen Einlass in die Stadien bekommen. An den offiziellen Vorverkaufsstellen ist es Hooligans, deren Daten gespeichert sind, nicht möglich Karten zu erhalten. Bei Auktionen hat der Verkäufer keine Entscheidungsgewalt, ob eine Person, die aus Sicherheitsgründen nicht ins Stadion darf, die Karte erwirbt.183 Da es in der Live-Musikbranche kein selektives Vertriebssystem gibt, ist es unwahrscheinlich, dass ein Verbot, Tickets zu versteigern einer Prüfung standhalten würde. Auch das Verbot, ein Ticket zu einem höheren, als dem aufgedruckten Preis zu verkaufen, ist nach Gutzeit unwirksam.184 Im Rahmen einer privaten Weitergabe können die Kosten für Zeitungsannoncen, Versand- oder Fahrtkosten auf den Käufer abgewälzt werden. Stellt man die unterschiedlichen Interessen der Parteien gegenüber, würde durch ein stark eingeschränktes Abtretungsrecht der Erstkäufer unangemessen benachteiligt. 180 BGH Karlsruhe, 11.09.2008 – I ZR 74/06 –. 181 „Schwarzhandel“ mit Bundesligakarten. Hrsg. von der Pressestelle des Bundesgerichtshofs. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2008-9&nr=45177&pos=13&anz=22. Zuletzt besucht am 13. November 2009. 182 Es ist fragwürdig, ob das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb den richtigen Ansatzpunkt bietet. Die Bewältigung der zu behandelnden Problematik liegt eher im § 796 des BGB und nicht in § 3 des UWG. vgl.: Ensthaler, Jürgen und Herbert Zech: Verkehrsfähigkeit von Inhaberkarten nach § 807 BGB Abtretungsverbot für Fußball-Bundesliga-Karten. In: Neue juristische Wochenschrift. Hrsg. vom Deutschen Anwaltsverein und der Bundesrechtsanwaltskammer. München / Frankfurt am Main, Beck 58. Jg., 2005, Heft 47: 3390f. 183 vgl.: Ulbricht, Johannes: Was tun gegen Ticket-Touter? In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 42: 19. 184 vgl.: Gutzeit, Martin: Handelsbeschränkungen für Eintrittskarten. In: Betriebs-Berater. Frankfurt am Main, Recht und Wirtschaft. 62. Jg., 2007, Heft 3: 118. 105 Die gewerbliche Veräußerung der Tickets kann dagegen durch ATGB rechtskräftig untersagt werden. Damit werden weder die Interessen der Kunden noch die des Veranstalters benachteiligt. In der Praxis wird trotz dieser Beschränkung der gewerbliche Tickethandel ungehindert fortgeführt. Möglich machen dies Ticketbörsen. Sie bilden leicht zugängliche Plattformen für den legalen wie auch illegalen Zweithandel. Da die Verkäufer nach außen komplett anonym auftreten, ist es unmöglich dem einzelnen Angebot eine Person zuzuordnen. So kann auch nicht unterschieden werden, wer wie viele Karten anbietet und gegebenenfalls gewerblich handelt. In der E-Commerce-Richtlinie der EU185 wird im Artikel 15 klar gesagt, dass Dienstanbieter nicht verpflichtet sind, Informationen, die von ihnen übermittelt und gespeichert werden, zu überwachen. Für Deutschland wurde die Richtlinie im Telemediengesetz umgesetzt.186 Die Plattformbetreiber können trotzdem für den gewerblichen Tickethandel auf ihren Seiten verantwortlich gemacht werden. Wird ihnen eine rechtswidrige Tätigkeit auf ihrer Seite bekannt, so sind sie verpflichtet diese unverzüglich zu unterbinden. Da es keine Kontrollpflicht der Informationen Dritter auf der eigenen Internetseite gibt, kann der Plattformbetreiber mit zivil- oder öffentlich-rechtlichen Unterlassungsansprüchen darauf hingewiesen werden. Eine Abmahnung, die auf einen konkreten rechtswidrigen Inhalt hinweist, genügt, um den Verantwortlichen der Internetseite zu verpflichten, diesen Inhalt zu entfernen. Der nicht lizenzierte gewerbliche Verkauf von Tickets, welcher einen solchen rechtswidrigen Inhalt darstellt, kann aufgrund der Anonymität der Täter jedoch nur vermutet werden. Eine, wenn auch begründete, Vermutung beweist jedoch keine Rechtsverletzung. Allein der Plattformbetreiber könnte den gewerblichen Zweithandel 185 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr"). Hrsg. vom Europäisches Parlament und des Rates. http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32000L0031:DE:HTML. Zuletzt besucht am 15. September 2008. 186 § 7 Abs. 2 TMG. 106 unterbinden. Dies steht jedoch im Widerspruch zu seinen eigenen Interessen. Denn durch das zugrunde liegende Vergütungssystem steigen die eigenen Einnahmen mit der Menge und den Preisen der weiterverkauften Tickets. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der gewerbliche Handel von Tickets durch aufgedruckte ATGB verboten werden kann, gewerblich agierende Tickethändler aber durch die Anonymität der Ticketbörsen geschützt sind. Die Folge ist eine hitzige Debatte zwischen Veranstaltern und den Verantwortlichen der Ticketbörsen, wie im Fall Seatwave gegen Lieberberg, geschehen. Während Seatwave behauptet, durch den offenen und transparenten Marktplatz den Spekulationshandel einzugrenzen und sich stark zu den Interessen der Fans positioniert,187 hält Marek Lieberberg dies für eine Verschleierungstaktik. Tatsächlich ginge es um eine Legalisierung von Vorgängen, die man früher mit den Begriffen “Schwarzmarkthandel und -preise” gekennzeichnet hätte.188 Eine erste Abmahnung gegen Seatwave wurde von deren Rechtsabteilung ignoriert. Die MLK189 wollte nach dem Ausverkauf des Festivals Rock am Ring den weiteren Tickethandel auf der Homepage von Seatwave mit einer anwaltlichen Abmahnung untersagen. Auf den Tickets war deutlich zu lesen, dass der gewerbliche Weiterverkauf nicht gestattet sei. Hunderte Tickets wurden weiterhin zwischen 140 Prozent und 250 Prozent über dem Nominalwert angeboten und verkauft. Eine außergerichtliche Einigung scheint nicht möglich. Ulbricht, der für den Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft als Justiziar arbeitet, sieht keine rechtlichen Möglichkeiten für ein Verbot oder eine Einschränkung von Ticketbörsen.190 187 Seatwave.de – Konzert-Tickets – Theater-Tickets – Sport-Tickets – Fußball-Tickets. Hrsg. Seatwave Deutschland GmbH. http://www.seatwave.de/. Zuletzt besucht am 23. November 2008. 188 Löffler, Magaretha: Tickets auf Abwegen – Seatwave tritt hitzige Debatte um Ticket-Wiederverkauf los. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 16: 15f. 189 Marek Lieberberg Konzertagentur GmbH & Co.KG. 190 Ulbricht, Johannes: Was tun gegen Ticket-Touter? In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 49. Jg., 2007, Heft 42: 19. 107 6.2.2. Wirtschaftliche Problematik Mit dem Kauf einer Eintrittskarte erwirbt der Konsument die Berechtigung zum Einlass in das Konzert. Die Leistung für die er bezahlt hat, ist die künstlerische Darbietung der Musiker und die Bereitstellung der veranstaltungsspezifischen Infrastruktur. Die Eintrittskarte macht dieses Gut erst physisch handelbar. Mit dem zeitversetzten Handel und der Vertretung des immateriellen Guts, durch eine physisch existente Karte, werden die Grundbedingungen für den Zweithandel geschaffen. Die vier Güterkriterien Knappheit, Verbrauch, Grad der Substitution und Preiselastizität machen den Weiterverkauf von Tickets lukrativ. Um diese Punkte genauer untersuchen zu können, werden folgende Annahmen getroffen: Es wird ein einmaliges Konzert betrachtet. Dieses findet an einem festen Ort zu einer bestimmten Zeit statt. Ferner soll es von einem bekannten und beliebten Künstler gespielt werden, so dass von einer hohen Nachfrage ausgegangen werden kann. Die Knappheit ist durch die Kapazitätsgrenze des Veranstaltungsortes gegeben. Es steht nur eine bestimmte Menge an Karten zur Verfügung. Ist diese erreicht, ist das Konzert ausverkauft. Potenziellen Kunden kann keine Karte mehr angeboten werden. Der Zweithandel ermöglicht es trotz offiziellen Ausverkaufsstatus am Konzert teilzunehmen, daher ist er maßgeblich von der Knappheit des Gutes begünstigt. Ähnlich deutlich ist die Überlegung Tickets als Verbrauchsgut einzustufen. Das Konzert findet an einem bestimmten Tag statt. Wurde das Ticket beim Einlass entwertet oder ist dieses Datum verstrichen, so ist die Eintrittskarte wertlos und damit verbraucht. Die dritte getroffene Annahme beschreibt die Konzertkarte als Substitutionsgut.191 Ob es adäquate Ersatzgüter gibt, hängt von den Bedürfnissen des einzelnen Konsumenten ab. So können Veranstaltungen mit ähnlichem Inhalt Substitute darstellen. Ein 191 vgl.: Mankiw, Nicholas G.: Gründzüge der Volkswirtschaftslehre. 3. Aufl. Stuttgart, Schäffer-Poeschel 2004: 98. 108 Kinobesuch oder der Kauf einer DVD kann ebenfalls als Ersatz gelten. Umso geringer und enger die Möglichkeiten nach Alternativen für einen Besucher ausfällt, umso wichtiger ist es ihm, dieses Konzert mitzuerleben. Aus der Sicht des Nachfragers kann der Wert einer Karte über den nominalen Preis steigen. Da es sich bei einem Konzert um eine einmalige und unwiederbringliche Leistung des Künstlers in einem bestimmten Moment handelt, sinkt die Nachfrage nach einem möglichen Substitut. Je nach individueller Präferenz hat jeder Nachfrager seinen persönlichen TRADE-OFF zu bestimmen. Bis zu einem bestimmten Preis wird er gewillt sein, eine Karte zu kaufen. Wird dieser Preis überschritten, wählt er eine Alternative. Eng mit der Überlegung nach dem Grad der Substitution ist auch die der negativen Preiselastizität verbunden. Allerdings beschreibt sie nicht den individuellen TRADEOFF, sondern die Veränderung der Gesamtnachfrage. Eine negative Preiselastizität besagt, dass bei steigendem Preis eine geringere Nachfrage entsteht. Dies kann bei einem Konzert intuitiv angenommen werden. Die Preiselastizität gibt zudem die prozentuale Änderung der nachgefragten Karten an, wenn sich der Preis um ein Prozent verändert.192 Sie beschreibt sozusagen die Auswirkung einer Ursache. Ist die Auswirkung einer Preiserhöhung gering, gilt die Nachfrage als relativ unelastisch.193 Erst dies macht den Zweitverkauf profitabel. Denn, sobald trotz einer Erhöhung des Preises weiterhin viele Abnehmer vorhanden sind, können hohe Gewinne mit dem Weiterverkauf von Tickets erzielt werden. 192 vgl.: Pindyck, Robert S. und Daniel L. Rubinfeld: Mikroökonomie. 6. Aufl. München / Boston, Pearson Studium 2005: 63f. 193 Eine relativ unelastische Nachfrage wird mit einem Elastizitätenwert zwischen −1 und 0 dargestellt. Die Elastizitätseinschätzung gilt nur in einem bestimmten Wertebereich. Bei ausverkauften Konzerten und hoher Beliebtheit des Künstlers wird sie sich dem Wert Null nähern. Bei weniger bekannten oder beliebten Künstlern wird eine Preiserhöhung einen größeren Effekt auf den Kartenverkauf haben. Die Elastizität verschiebt sich vom Nullpunkt weiter in den Negativbereich. Die genaue Stärke des Rückgangs zu untersuchen, wäre in der Konzertbranche nur durch eine grobe Annäherung möglich. Um aussagekräftige Daten zu bekommen, müsste dasselbe Konzert zu unterschiedlichen Preisen mit unbeschränkten Kapazitäten angeboten werden. Dies ist praktisch unmöglich. Bei unterschiedlichen Spielstätten wären Faktoren wie Infrastruktur, lokales Durchschnittseinkommen, Fandichte usw. nicht miteinander vergleichbar. Bei Beibehaltung der Spielstätte wäre die Einmaligkeit nicht gegeben. Es würde schnell zu einer Übersättigung kommen. 109 Um dies klarer darzustellen, müssen die Ausgangsbedingungen des Veranstalters verdeutlicht werden. Unter gewinnmaximierenden Annahmen194, versucht ein Veranstalter mit einem möglichst hohen Eintrittspreis (p*) die maximal zur Verfügung stehenden Karten (xmax) zu verkaufen. Die genaue Nachfragefunktion ist ihm nicht bekannt. Aufgrund der negativen Preiselastizität muss sie aber fallen. Der Preis stellt die einzige Variable dar, die der Veranstalter eigenständig beeinflussen kann. Möglichkeiten der Preisdifferenzierung seien vorerst nicht gegeben. Der Preis wird nun festgelegt (pfix). Bei einem ausverkauften Konzert ergibt sich folgende Grafik. Abbildung 12 Nachfrage eines ausverkauften Konzertes195 Die Abbildung 12 zeigt, dass auch bei einem höheren Preis (bis p*) die gleiche Anzahl an Karten (xmax) verkauft werden könnte. 194 vgl.: Kapitel 5.1. 195 Abbildung vom Autor erstellt. 110 Im Vorverkauf gilt das FIRST COME, FIRST SAVE-Prinzip. Daher kann nicht gesagt werden, ob die Karten an Personen mit hoher (>pfix) oder gerade ausreichender (=pfix) Zahlungsbereitschaft verkauft wurden. Der Sekundärmarkt offenbart die Zahlungsbereitschaft derjenigen, die kein Ticket bekommen haben. Besonders Online-Plattformen bieten sich für den Weiterverkauf an. Sie erreichen eine große Bandbreite möglicher Nachfrager und bieten bislang eine juristische Nische.196 Ein Zweithändler kauft, wie in Abbildung 13 zu sehen ist, einen Teil des Kartenkontingentes (x`) auf. Für diese Karten muss er den Betrag A bezahlen (x´ × pfix). Damit verknappt er künstlich das Angebot. Die noch zur Verfügung stehende Kartenmenge beträgt somit xmax − x`. Sobald diese Karten vergriffen sind, kann der Zweithändler seine Karten versteigern. Unter allen beteiligten Bietern wird derjenige mit der höchsten Zahlungsbereitschaft den Zuschlag bekommen. Diese Zahlungsbereitschaft muss oberhalb von pfix liegen, ansonsten wäre das Konzert nicht ausverkauft. B stellt den Gewinn des Zweithändlers dar, indem alle Auktionen miteinander summiert und die Kosten für die gekauften Karten (A) abgezogen werden. B ist nach oben durch die Nachfragekurve begrenzt. Die genaue Größe der Fläche kann jedoch nicht ermittelt werden, da sie von x` und der Nachfrage potentieller Bieter abhängig ist. 196 vgl.: Kapitel 6.2.1. 111 Abbildung 13 Zweithandel eines ausverkauften Konzertes197 Bei einem ausverkauften Konzert wird ein Zweithändler ohne Risiko immer Gewinne erzielen. Auch wenn der Veranstalter die Nachfrage genau kennen würde und seinen Eintrittspreis auf p* setzt, würde durch das Aufkaufen von x` Karten eine Verknappung des Angebots entstehen. Das neue Gleichgewicht würde bei xmax − x` und p` liegen. Der Gewinn würde kleiner ausfallen, wäre aber nicht weniger sicher.198 Sollte das Kartenkontingent nicht ausgeschöpft werden, droht dem Zweithändler kein großer Verlust. Wieder hat er x` Karten aufgekauft und dafür A bezahlt. Merkt er nun, dass der Vorverkauf schleppend vorangeht, kann er die Karten für p`` verkaufen. Dabei liegt p`` unterhalb von pfix. Die Nachfrager werden das günstigere Angebot solange wählen bis es vergriffen ist. Der Verlust des Zweitanbieters beträgt C.199 197 Abbildung vom Autor erstellt. 198 Als untere Grenze würde p* dienen. Die vertikalen Grenzen wären die Ordinate und x`. Die maximale obere Grenze wird durch die Nachfragekurve beschrieben. 199 Gewinn = Einnahmen - Ausgaben; hier: A − (x` × p``) = x` × (pfix − p`) = C; negativer Gewinn entspricht einem Verlust. 112 Abbildung 14 Zweithandel eines nicht ausverkauften Konzertes200 Durch die flexible Preisgestaltung kann der Zweithändler auf die Nachfrage reagieren und gegebenenfalls seinen Preis anpassen. Ein wichtiger Aspekt beim Tickethandel ist die Zeit. An zeitlichen Dimensionen kann der Marktwert von Tickets geschätzt werden. Auch die Preisgestaltung auf dem Zweitmarkt ist stark von der Zeit abhängig. Da das Konzert ein vergängliches Gut darstellt, unterliegt die Nachfragekurve einem Lebenszyklus. Im Regelfall beginnt dieser mit der Ankündigung einer Tour oder eines Auftrittes in einer bestimmten Region. Dies kann durch die Fachpresse oder auch auf der Homepage der Künstler geschehen. Oftmals stehen weder Spielstätte noch Datum fest. Erst wenn diese bekannt sind, kann der Vorverkauf beginnen. Mit begleitenden Marketingaktionen werden gezielt Konsumenten geworben. Durch die Vorberichtserstattung der Medien steigt die Gesamtnachfrage kurz vor dem Ereignis auf ihren Höhepunkt. Ist sie größer als das Angebot, kann anhand der Zeitspanne zwischen 200 Abbildung vom Autor erstellt. 113 Vorverkaufsstart und Ausverkauf ein Wiederverkaufswert geschätzt werden. Dabei gilt, je schneller ein Konzert ausverkauft ist, desto höher die Nachfrage und der Wiederverkaufswert. Courty hat ein Modell entwickelt, welches den Zweithandel mit Tickets anhand einer Zeitschiene erläutert.201 Er unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Konsumentengruppen: den Früh- und Spätkäufern. Dabei spielt der Grad der Substituierbarkeit keine Rolle, da die Bedeutsamkeit des Konzertmiterlebens für beide Gruppen im Schnitt als gleich groß anzusehen ist, nur der Zeitpunkt des Ticketkaufs ist zu unterscheiden. Folgende Annahmen werden getroffen: Es gibt xf Frühkäufer, die bereit sind pf für das Konzert zu zahlen und xs Spätkäufer, die ps zahlen. Außerdem sind die Kapazitätsgrenze xmax und der Eintrittspreis pfix gegeben. Dabei müssen pfix < pf < ps und xf > xs sein. Mit dem Vorverkaufsstart bietet der Veranstalter xmax Tickets zu pfix an. Diese werden von xf Frühkäufern und Zweitmarkthändlern bezogen. Die Zweitmarkthändler verkaufen ihre Tickets dann für ps. Courty zeigt, dass auch bei Preisdifferenzierung in Form zweier Verkaufsphasen, der Veranstalter keinen zusätzlichen Gewinn erhält. In der ersten Verkaufsphase sollen nur x1 Tickets zu p1 für die Frühkäufer angeboten werden. Die zweite Phase ist für die Spätkäufer gedacht, es werden x2 Tickets zu p2 angeboten. Wobei x1 + x2 = xmax und p1 < p2 . In diesem Modell werden die beiden Fallmöglichkeiten einer durchgeführten und einer unterlassenen Preisdifferenzierung dargestellt, die beide zum gleichen Ergebnis aus Sicht des Veranstalters, jedoch jedes Mal zu einem Gewinn für die Zweitmarkthändler führen. Dies zeigt, dass beide Anbietergruppen nicht dieselben Vorraussetzungen haben. Zweitmarkthändler können ihre Preise ohne Zeitverlust anpassen. Sie reagieren flexibel auf die Nachfrage und der ihnen verbliebenen Anzahl an Tickets. 201 Courty, Pascal: Some Economics of Ticket Resale. Hrsg. London Business School - Department of Economics. http://www.iue.it/Personal/Courty/Pub/JEP.pdf. Zuletzt besucht am 29. Oktober 2008: 9ff. 114 Durch den Informationsvorsprung der Zweitmarkthändler ist es dem Veranstalter unmöglich, diesen zu verdrängen. Er muss stets als erster Marktteilnehmer p2 festlegen. Der Händler kann seine Preise dann anpassen. Setzt er diesen gleich, ist der Spätkäufer indifferent bei welchem Anbieter er kaufen soll. Unterbietet der Zweithändler p2 minimal, würden, nach Modellvorstellung, alle Spätkäufer bei ihm kaufen. In der Konsequenz kann der Veranstalter p2 nicht durchsetzen. Da er als erster Marktteilnehmer den Preis festlegen und dabei jedes mal mit niedrigeren Preisen auf dem Zweitmarkt konfrontiert wird, muss er den Preis solange senken, bis p2 = p1. Eine zweiphasige Preisdifferenzierung ist demnach nicht rational. Die Abbildung 15 visualisiert den zeitlichen Ablauf der dargestellten Situation. Abbildung 15 Model of Ticket Resale202 Courty behauptet, dass nur ein Gleichgewicht möglich ist. Dabei müsste der Veranstaltungsort groß genug sein, um alle Nachfrager zu bedienen, das Konzert also nicht ausverkauft sein. Entschied sich dann der Veranstalter gewinnmaximierend zu handeln und zeitlich gestaffelte Preise anzubieten, würde er den Zweithändlern die 202 vgl.: Courty, Pascal: Some Economics of Ticket Resale. Hrsg. London Business School - Department of Economics. http://www.iue.it/Personal/Courty/Pub/JEP.pdf. Zuletzt besucht am 29. Oktober 2008: Fig2 Time Line: 19. vom Autor modifiziert. 115 Möglichkeit lassen, in den Markt einzusteigen und Profite zu erzielen. Dem Veranstalter wäre es unmöglich, die Gewinne des Zweitmarktes abzufangen und, was Courty für überraschender hält, die Entstehung eines Zweitmarkts zu verhindern.203 Um den Zweitmarkt zu unterbinden und das Marktgleichgewicht zu erlangen, muss der Veranstalter von seiner gewinnmaximierenden Strategie abweichen und zu jeder Zeit den gleichen, niedrigeren Preis verlangen und genügend Tickets anbieten. Das mögliche Gleichgewicht würde demnach bei pfix und xf + xs liegen, wobei (xf + xs) ≤ xmax. Empirisch wurde das Modell bis jetzt weder bestätigt noch widerlegt. Der Sekundärmarkt für Tickets ist ein diffuser Markt, der in seiner Gesamtheit schwer zu erfassen ist. Es gibt einzelne Untersuchungen, die sich auf den amerikanischen Ticketmarkt beziehen. Dort ist der Zweithandel stärker verbreitet als in Deutschland, dennoch sind grundlegende Ergebnisse übertragbar. Beispielhaft wird eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 betrachtet. Sie ermöglicht einen Abgleich mit der theoretischen Darlegung, da die in der Einleitung des Kapitels getroffenen Annahmen (Knappheit, relativ unelastische aber hohe Nachfrage, außerdem gab es keinerlei Preisdifferenzierung) erfüllt sind. Krueger204 hat vor einem Konzert von Bruce Springsteen and The E Street Band205 858 Fans über die Art ihres Ticketerwerbs befragt. Insgesamt wurden knapp 20.000 Tickets, jedes für 75 US-Dollar zum Verkauf angeboten. Das Konzert war Teil der sehr erfolgreichen Tour The Rising und nach kurzer Zeit ausverkauft. Es wurde mit einem hohen Anteil von wiederverkauften Tickets gerechnet. Das erste Ergebnis überraschte: nur 20 bis 25 Prozent der Konzertbesucher haben ihre Tickets über den Zweitmarkt bezogen. Viele Experten hätten einen deutlich höheren 203 Courty, Pascal: An economic guide to ticket pricing in the entertainment industry. Hrsg. London Business School - Department of Economics. http://www.iue.it/Personal/Courty/Pub/LER.pdf. Zuletzt besucht am 05. November 2008: 9ff. 204 Connolly, Marie und Alan B. Krueger: Rockonomics: The Economics of Popular Music. Hrsg. Princeton University – Industrial Relations Section. http://www.irs.princeton.edu/pubs/pdfs/499.pdf. Zuletzt besucht am 28. Oktober 2008: 27ff. 205 Konzert vom 06.10.2002 Bruce Springsteen and the E Street Band im 19738 Besucher fassendem First Union Center, Philadelphia. 116 Anteil erwartet. Der durchschnittliche Wiederverkaufswert lag bei 280 Dollar. Dabei waren es eher die schlechteren Plätze, die erneut verkauft wurden. Eine Erklärung für diesen Umstand könnte das Vergabesystem mit Hilfe von Vorbestellungen sein. Fans konnten sich in Listen eintragen und bekamen ihre Tickets entsprechend ihrem Listenplatz. Dabei wurden für die ersten Registrierungen die besten Plätze ausgegeben. Fans die mit ihren schlechten Plätzen unzufrieden waren, verkauften ihre Tickets an Zweitmarkthändler. Dieser Verteilungsmechanismus ist unvorteilhaft, da im Endeffekt die schlechtesten Plätze auch die Teuersten waren. Hier ist die Ineffizienz des Marktes deutlich zu erkennen. Ein weiteres überraschendes Ergebnis zeigt sich bei der Frage nach dem Zeit-PreisVerhältnis. Bei der Befragung stellte sich heraus, dass es keine Preissteigerung gab, je näher der Konzerttermin rückte. Dies steht im Widerspruch zu Courtys Model of Ticket Resale, welches eine Preissteigerung mit fortschreitender Zeit impliziert.206 Um die wirtschaftlichen Dimensionen des Zweithandels dieses einen Konzertes zu verdeutlichen, werden noch einige Zahlen aufgeführt: 1,5 Millionen US-Dollar wurden auf dem primären Ticketmarkt eingenommen. Von den 20.000 Besuchern haben ungefähr 4.500 ihre Tickets über den Sekundärmarkt bezogen. Dabei wurden 1,3 Millionen Dollar ausgegeben. Nach Abzug der Anfangsinvestitionen wurde knapp eine Million Dollar Gewinn im Zweithandel erzielt. Da die Kapazitätsgrenze nicht unbegrenzt verschoben werden kann, müsste bei Konzerten wie bei dem betrachteten von Bruce Springsteen der Eintrittspreis erhöht werden. Die Gesamtnachfrage würde sinken, die Einnahmen für den Veranstalter steigen und der Zweithandel würde eingeschränkt. Ist das Angebot minimal höher als die Nachfrage, ist nach Courtys Modell das Gleichgewicht erreicht, in dem kein Zweithandel existiert. Allerdings bleibt das Problem der unbekannten Nachfrage weiterhin bestehen. 206 Courty, Pascal: Ticket Pricing Under Demand Uncertainty. Hrsg. London Business School Department of Economics. http://www.iue.it/Personal/Courty/Pub/jle.pdf. Zuletzt besucht am 11. November 2008. 117 6.2.3. Umgang mit dem Zweithandel Um den Sekundärmarkt effektiv einzudämmen, ist es notwendig, dass ein Gleichgewicht gefunden wird. Marktgleichgewichte können auf natürlichem Weg erzielt oder aber künstlich geschaffen werden. Natürliche Gleichgewichte stellen sich durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ein. Der Ticketmarkt besteht aus vielen Nachfragern und nur einem Anbieter. Aufgrund des fehlenden Konkurrenzkampfes kann sich kein Gleichgewichtspreis bilden. Künstliche Gleichgewichte werden durch Marktbegrenzungen geschaffen. Vor allem gesetzliche Regelungen sind typische Ursachen für die Entstehung künstlicher Gleichgewichte. Nachfolgend wird an einigen theoretischen wie auch praktischen Beispielen gezeigt, welche Erfolgsaussichten natürliche oder künstliche Gleichgewichte haben. Kapazität und Preis Bei der Suche nach einem natürlichen Gleichgewicht zwischen vielen Nachfragern und einem einzigen Anbieter liegt die Überlegung nahe, dieses Problem mit Hilfe der traditionellen Monopoltheorie zu betrachten. Die Monopoltheorie geht davon aus, dass der Monopolist seinen Einfluss auf den Markt geltend macht, indem er versucht, bei maximalem Gewinn den Preis festzulegen. Es wird der Schnittpunkt zwischen den GRENZKOSTEN und dem GRENZERLÖS gesucht und danach der Preis bestimmt. Als GRENZKOSTEN werden dabei die Kosten bezeichnet, die durch die Produktion einer zusätzlichen Einheit eines Produktes entstehen. Der GRENZERLÖS ist der entsprechende Gewinn des zusätzlichen Produktes. Ist der Erlös höher als die Kosten, ist es rational, ein weiteres Produkt zu produzieren. Bezogen auf den Konzertmarkt sind GRENZKOSTEN gering. Ein zusätzliches Ticket verursacht keine weiteren Kosten. Allerdings gibt es bei einer bestimmten Menge von Zuschauern einen Sprung in den GRENZKOSTEN, da ein neuer, größerer 118 Veranstaltungsort gebucht werden muss. Die GRENZKOSTEN sind also nicht stetig und eine beliebige Teilung der Angebotsmenge unmöglich. Da die Nachfragefunktion nicht genau bekannt ist, der Veranstalter also nicht gewiss sein kann, welche Veranstaltungsgröße optimal ist, führt die Betrachtung zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis. Der Zweitmarkt profitiert von der Knappheit des Guts. Gelingt es dem Veranstalter diesen Engpass zu überwinden, wird der Zweithandel eingeschränkt. Dies kann auf zwei Wege geschehen. Über den Preis oder über die Angebotsmenge. Setzt der Veranstalter den Preis hoch genug, wird die Nachfrage automatisch zurückgehen und unterhalb der Kapazitätsgrenze liegen. Die zweite Möglichkeit liegt in der Erweiterung der Kapazitätsgrenze. Liegt sie unterhalb der Nachfrage kommt es zum selben Effekt, wie bei der Preiserhöhung. Beide Eingriffe können aber weiterhin zu Situationen führen, die nicht optimal sind. Eine zu starke Preiserhöhung kann je nach Elastizität zu einem unterschätzen Rückgang der Nachfrage führen, ein zu großer Veranstaltungsort kann, aufgrund der zusätzlichen örtlichen Kosten, unwirtschaftlich sein. Preisdifferenzierung Die Monopoltheorie bietet auch noch ein anderes Instrument, um den Veranstaltergewinn zu erhöhen. Mit Hilfe von Preisdifferenzierung ist es möglich, Kunden mit unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften anzusprechen. Courtys Modell hat gezeigt, dass eine zweiphasige Preisdifferenzierung weder den Zweitmarkt einschränkt, noch einen gewinnsteigernden Effekt birgt. Er hat aber zwei Ansätze, die einzeln betrachtet, eine (Un-)Gleichgewichtsveränderung hervorrufen. Die Zurückhaltung einiger Tickets und die Idee der Preisdifferenzierung. Dabei soll nicht wie bei Courty nach dem Verkaufszeitpunkt unterschieden werden, sondern nach qualitativen Merkmalen. In der Theorie wird zwischen drei Graden der Preisdifferenzierung unterschieden. Bei der DIFFERENZIERUNG ERSTEN GRADES zahlt jeder Konsument den Preis, der seiner marginalen Zahlungsbereitschaft entspricht. Dies bedeutet, dass der Konsument genau 119 den Betrag zahlt, den er maximal bereit ist, für das Konzert auszugeben. Liegt dieser über den Grenzkosten des Veranstalters, wird ihm die Karte verkauft. Diese Form der Preisdifferenzierung ist praktisch kaum zu realisieren. Der Kunde wird seine wahre Zahlungsbereitschaft nicht preisgeben, wenn ihm bewusst ist, dass er auch zu einem niedrigeren Preis eine Karte bekommt. Anders sieht es aus, wenn die Karten einzeln bei eBay versteigert werden. Die Form der Versteigerung wie sie bei eBay praktiziert wird, eignet sich hervorragend, um die Zahlungsbereitschaft der Kunden zu erfahren. Der Bieter gibt sein Höchstgebot ab. Dieses ist für die Mitbieter nicht sichtbar. Derjenige mit dem höchsten Gebot erhält den Zuschlag, bezahlt aber nur den Preis des zweithöchsten Gebotes. Diese SECOND PRICE SEALED BID AUCTION lässt zwar nicht die maximale Zahlungsbereitschaft der Bieter erkennen, zwingt sie aber zu einer wahren Angabe. Daher ist diese Form der Auktion sogar effektiver als eine Erstpreisauktion.207 Bei der FIRST PRICE SEALED BID AUCTION werden die Bieter weniger als ihre wahre Wertschätzung bieten, die sie dem zu ersteigerndem Gut geben, um einen zusätzlichen Gewinn zu erlangen. Bei der PREISDIFFERENZIERUNG ZWEITEN GRADES werden die Preise bezüglich der Abnahmemenge unterschieden. Dies ist für die Betrachtung des Konzertmarktes uninteressant. Schließlich soll es keine Mengenrabatte geben. Diese würden den Zweitmarkt sogar noch unterstützen. Auch die DIFFERENZIERUNG DRITTEN GRADES ist für die populäre Livemusik wenig interessant. Hier werden die Kunden nach bestimmten Kriterien in verschiedene Gruppen unterteilt und der Verkäufer verlangt für jede Gruppe einen unterschiedlichen Preis. Beispiele für die letzten beiden Arten der Preisdifferenzierung sind bei Konzert- und Opernhäusern zu finden. Hier gibt es Rabatte für Auszubildende oder Gruppentarife. Akzeptanz bei den Kunden werden die Formen der Preisdifferenzierung finden, wenn zusätzlich auch die Form des Angebotes unterschiedlich ausfällt. Bessere Plätze können teurer verkauft werden. Stehplätze direkt vor der Bühne oder auch Sitzplätze mit der 207 Vickery, William: Counterspeculation, Auctions and Competitive Sealed Tenders. In: Journal of Finance. Hrsg. The American Finance Association. Malden / Oxford, Blackwell 15. Jg., 1961, Heft 16: 13-21. 120 besten Sicht können einen zusätzlichen Anreiz für Kunden bieten, die bereit sind mehr zu zahlen. Aber auch Empfänge, ´Meet and Greet-Arrangements`, besondere Shuttelservices bis hin zu Eventreisen, bei denen für die Gäste von der Anreise bis hin zur Übernachtung alles organisiert wird, sind neue Formen der Preis- und Produktdifferenzierung, die in den letzten Jahren zugenommen haben. Ein großes und bis jetzt weitgehend unerschlossenes Feld findet sich bei den Festivals. Bei mehrtägigen Festivals wird in Zelten übernachtet, was viele ältere Konsumenten ablehnen. Gelingt es anständige Übernachtungsmöglichkeiten zu organisieren und im Paket mit den Tickets anzubieten, erwächst dadurch sicher eine neue und zahlungskräftige Kundensicht. Eine Vielzahl an verschiedenen Angeboten würde die Zahlungsbereitschaft der Kunden im größeren Maße abdecken, als ein fixer Preis. In der Abbildung 16 ist erneut die Nachfrage bei einem ausverkauften Konzert zu sehen. Dabei wurden drei verschiedene Angebote zu unterschiedlichen Preisen abgebildet. Abbildung 16 208 Preisdifferenzierung bei einem ausverkauften Konzert208 Abbildung vom Autor erstellt. 121 Es ist klar ersichtlich, dass die Fläche zwischen Angebots- und Nachfragekurve bei Preisdifferenzierung abnimmt. Die Fläche zwischen den beiden Kurven ist in diesem Fall die Konsumentenrente (KR), welche die Summe aller Differenzen zwischen Zahlungsbereitschaft und dem Marktpreis beschreibt. Der Vergleich zwischen der Konsumentenrente vor der Preisdifferenzierung (beide grauen Flächen zusammen) und jener mit verschiedenen Preisen (hellgraue Fläche) zeigt, dass die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager in einem stärkeren Maße abgeschöpft wurde und somit ein geringeres Ungleichgewicht herrscht. Je geringer dieses Ungleichgewicht ausfällt, desto geringer ist auch die Motivation für Zweithändler Tickets anzubieten, da die möglichen Gewinne auf dem Sekundärmarkt niedriger ausfallen. Zurückgehaltene Kontingente Preisdifferenzierung nach Qualität der Plätze ist gerade bei kleineren Konzerten nicht möglich. Grund sind die Bedingungen am Veranstaltungsort. Eine für alle Größenordnungen realisierbare Möglichkeit, um einen überteuerten Zweitmarkt einzudämmen, könnte in der Zurückhaltung von Tickets liegen. Anders als bei Courty soll es aber nicht darum gehen Spätkäufer mit einem höheren Preis zu bedienen. Die Verfügbarkeit der Tickets, soll genauer zu kontrollieren sein. Es handelt sich dabei eher um einen psychologischen Trick, welcher mit gutem Timing die Knappheit des Guts kaschiert. Sobald die Ticketpreise auf dem Zweitmarkt ansteigen, könnten neue Kontingente freigesetzt werden um so die Kunden mit dem Originalpreis bedienen zu können. Auf dem Zweitmarkt können keine hohen Preise durchgesetzt werden, solange es noch günstigere Tickets gibt. Ist die Gesamtnachfrage aber größer als das Ticketangebot, werden die Preise auf dem Zweitmarkt erneut steigen, sobald die Resttickets vergriffen sind. Hier hat der Veranstalter aber einen entscheidenden Vorteil. Die Gesamtnachfrage steigt kontinuierlich bis kurz vor den Konzerttermin. Sollte die Nachfrage deutlich über dem Angebot liegen, steigen der durchschnittliche RESERVATIONSPREIS der Nachfrager und die Gewinnaussichten der Zweitmarkthändler. Diese können aber ihre Tickets nur bis zu einem bestimmten Tag verkaufen, da sie einige Tage für den Versand einplanen müssen. 122 Auf den Verkaufsplattformen liegen diese CLOSINGDATES fünf Werktage vor dem Konzert. Also kann angenommen werden, dass die Preise in der vorletzten Woche auf das höchste Niveau steigen.209 Bietet der Veranstalter seine Resttickets zu diesem Zeitpunkt an, wird er die Preisspirale auf dem Zweitmarkt unterdrücken. Durch die verschiedenen Distributionswege210 gelingt es dem Veranstalter, die Tickets länger anzubieten als es auf den Plattformen möglich wäre. Mit der PRINT@HOME-Lösung können Tickets sogar noch wenige Minuten vor Konzertbeginn am heimischen Computer bestellt und anschließend ausgedruckt werden. Dänische Lösung In Dänemark ist der Ticket-Zweithandel an Gesetze gebunden, die den Wiederverkauf regeln. Demnach dürfen Tickets bis maximal 115 Prozent des Nominalpreises erneut veräußert werden. Diese Regelung legalisiert den Zweithandel, verringert aber die Gewinnmöglichkeiten gewerblich agierender Verkäufer. Die gesetzliche Vorschrift kann aber auch neue Probleme hervorbringen. Zum Einem wird die Argumentation der moralischen Zweifelhaftigkeit des gewerblichen Zweithandels mit der staatlichen Legitimation in Form eines Gesetzes unbrauchbar. Händler könnten durch hohen finanziellen Einsatz ARBITRAGEGEWINNE erzielen. Konzertkarten, deren Eintrittspreise zu niedrig kalkuliert sind, würden von Händlern aufgekauft und für Privatpersonen nur über den Zweitmarkt bezogen werden können. Hier wird auch die zweite zu überdenkende Folge einer gesetzlichen Lösung nach dänischem Vorbild sichtbar. Der Markt würde sich nicht selbstständig regulieren. Ob dies eine wünschenswerte Sache ist, hängt stark vom Betrachter ab, jedoch fördert ein Ungleichgewicht den dann zu recht betitelten Schwarzmarkt mit Preisen über den erlaubten 115 Prozent. Kontrollen und Ahndungen gegen Gesetzesverstöße wären nötig. Leider liegen keine Messungen zur Effektivität dieses Gesetzes vor, so dass eine Beurteilung schwer möglich ist. 209 Diese Annahme steht im Widerspruch zur Untersuchung von Krueger. vgl.: Kapitel 6.2.2. 210 vgl.: Kapitel 6.1. 123 Abgabe der Tickets Im Gegensatz zur dänischen Lösung steht die uneingeschränkte Legalisierung und Förderung des Zweitmarktes. Durch den freien Wettbewerb zwischen den Händlern müsste sich der Preis auf dem Zweitmarkt beruhigen. Ist der Originalpreis aus Sicht der Händler zu niedrig gesetzt, würden die Karten schnell auf dem Primärmarkt vergriffen sein. Der Veranstalter hätte nur noch die Funktion eines Zwischenhändlers. Wird der vom Veranstalter gesetzte Preis überbewertet, wird es nicht zum Ticketaufkauf kommen und in der Vorverkaufsphase wird sich zeigen, ob der Preis bei den Konsumenten angenommen wird oder nicht. Der offene Umgang mit dem Sekundärmarkt, würde bei der Annahme der Unterbewertung des Ticketpreises zu einem Marktgleichgewicht durch Angebot und Nachfrage führen. Die Profite der Händler würden sinken, da ein offener und transparenter Markt den Wettbewerbsdruck erhöht. Auch die zeitlich bedingten Unterschiede des Preises werden nicht auftreten. Viele Anbieter werden ihre Tickets erst spät anbieten. Trifft große Nachfrage auf ein großes Angebot, bleibt der Preis stabil. Der Unterschied zum Verkauf über einen einzigen Anbieter besteht in der Findung des Gleichgewichtspreises. Dieser wird in der Regel über dem Abgabepreis des Veranstalters liegen. Theoretisch könnte der Gleichgewichtspreis aber auch unter den Abgabepreis fallen. Dies könnte dann daran liegen, dass viele Käufer den Originalpreis als unterbewertet eingeschätzt haben und es durch einen externen Effekt, beispielsweise durch einen Skandal, der zu einem Imageschaden des Künstlers führt, zu einem Einbruch in der Nachfrage kommt. Gilt der Abgabepreis im durchschnittlichen Marktempfinden als unterbewertet, werden die Zweitmarkthändler zur Versicherung des Veranstalters. Hat er all seine Tickets abgegeben, ist sein Konzert ausverkauft. Er kann mit festen und risikolosem Budget kalkulieren. Der Mehrgewinn, welchen die Händler auf dem Zweitmarkt erzielen und dem Veranstalter ausbleiben, steht somit im Wechsel zur sicheren Zahlung, die jener erhält. 124 Personalisierte Tickets Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 hat die FIFA besondere Ansprüche an die Ticketvergabe gestellt. Die Auflagen, seitens der FIFA, beinhalteten die Punkte der Fälschungssicherheit, der Kontrolle über den Primär- und Sekundärmarkt und ein flächendeckendes Netzwerk zum Vertrieb der Karten. Das Organisationskomitee beauftrage Eventim211 mit der Abwicklung des gesamten Kartenverkaufs. Mit Hilfe von RFID-CHIPS, die in den Karten integriert waren und Scannern an den Stadioneingängen konnte jede Karte seinem Käufer zugeordnet werden. RFID steht für RADIO FREQUENCY IDENTIFICATION. Bei dieser Technologie ist es möglich, Daten über Funkerkennung auszulesen. Dabei kann ein Chip, welcher als Transponder dient, mit Hilfe eines Lesegerätes eindeutig zugeordnet werden. Diese Zuordnung ermöglicht es, über angefertigte Datenbanken den Chipträger zu identifizieren.212 Beim Kauf einer solchen Karte mit integriertem RFID-CHIP musste der Käufer seinen Namen angeben. Dieser wurde gespeichert und die Daten mit dem Transponder gekoppelt. Beim Stadioneingang wurden die Käufer der Karten identifiziert. Konnte sich der Inhaber ausweisen, war eine eindeutige Ermittlung der Rechtmäßigkeit des Karteninhabers gewährleistet. Das Organisationskomitee war mit einer Stadionauslastung von über 99 Prozent und der fast vollständigen Eindämmung des Zweitmarktes zufrieden.213 Allerdings bedurfte es in allen Stadien der Installation von Scannern. Inwiefern die Installation von Scannern und die Datenerhebung für den Konzertmarkt realisierbar sind, ist auf Grund der, mit der Einführung des Systems verbundenen Kosten und rechtlichen Bedenken die Datenspeicherung betreffend, fraglich. Die vorgestellten Lösungsansätze basieren auf externen Regulierungen des Marktes. Bei der Kapazitätserweiterung oder der Preiserhöhung wird auf Seiten des Anbieters nur die 211 CTS EVENTIM AG 212 vgl.: RFID Journal. Hrsg. von Tim Kröner. http://www.rfid-journal.de/rfid-systeme.html. Zuletzt gesichtet 09. Dezember 2008. 213 Interview Ralf Scheich. 125 Ausgangsituation verändert. Ähnlich verhält es sich mit dem Zurückhalten von Kartenkontingenten. Auch bei der Preisdifferenzierung wird durch die Variation des verkauften Gutes nur nach Kundengruppen unterschieden. Dabei wird der Markt nur in den Dimensionen Zeit, Angebotsmenge oder Produktqualität gesteuert. Eine Änderung der grundlegenden Problematik, dass ein Gleichgewichtspreis gefunden werden kann, der automatisch die Grundvoraussetzungen des gewerblichen Zweithandels unterbindet, wird, wenn, dann nur mit zusätzlich erhöhtem Risiko erreicht. Die Legalisierung des Sekundärmarktes ist aus Sicht der Veranstalter unbefriedigend und sowohl eine gesetzliche Regulierung, wie auch eine Personalisierung der Tickets, lösen das Problem im Falle einer überhöhten Nachfrage nicht. Keine der oben genannten Maßnahmen führt zu einem weitgehend befriedigenden Resultat. Die grundsätzliche Problematik liegt im Preis-Mengen-Verhältnis. Da eine Kapazitätsveränderung nur in einigen Fällen möglich und dies immer mit Aufwand und Kosten verbunden ist, soll im folgenden Kapitel ein Konzept für ein Modell vorgestellt werden, welches durch dynamische Preisfindung ein natürliches Gleichgewicht erlangt. 126 7. Dynamische Preisfindung für Konzerttickets Es wird ein Modell konzipiert, indem der Ticketpreis nach variablen Vorgaben auf die Nachfrage reagiert. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für dieses Konzept. Anschließend wird geprüft, ob das Konzept der dynamischen Preisfindung den spezifischen Ansprüchen der Marktteilnehmer standhält. 7.1. Vorbetrachtung Der Konzertmarkt ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht effizient, aber Verbesserungen für alle Marktteilnehmer sind möglich. Um sich dem Gleichgewicht zu nähern, bedarf es eines Mechanismus, welcher jedem Beteiligtem genügend individuelle Anreize schafft, damit sein Verhalten zum kollektiven Optimum beiträgt. Ist ein Optimum erreicht, welches keinen Marktteilnehmer besser stellen kann, ohne die Situation eines Anderen zu verschlechtern, wird von PARETOEFFIZIENZ gesprochen. Dabei ist das Verhältnis von Angebotsmenge und Preis für den Konzertmarkt entscheidend. Um den Markt langfristig zu festigen, sind die Verringerung der Preise und die Erhöhung der Angebotsmenge notwendig. Damit werden die Konsumenten besser gestellt als zuvor. Das PARETOKRITERIUM hat weiterhin Bestand. 127 Auch die Künstler profitieren von einer Verringerung der Ticketpreise, da die Nachfrage langfristig nicht sinkt. Etablierte Künstler, die nur wenige Konzerte zu hohen Preisen geben, werden in Zukunft geringere Erlöse erzielen.214 Daher sollten mehrere Konzerte mit geringeren Eintrittspreisen angeboten werden. Der Tagesverdienst verringert sich. Dennoch wird dieser Verlust durch die langfristigen Einnahmen kompensiert, da die Bereitschaft der Nachfrager, in Zukunft erneut auf ein Konzert zu gehen, steigt. Durch den Mechanismus der Gagenbestimmung sind die Einnahmen auf der Angebotsseite sehr hoch. Die etablierten Künstler müssten bei niedrigen Preisen eine kurzfristige Verschlechterung ihrer Situation hinnehmen. Dies würde eine Verletzung des PARETOKRITERIUMS bedeuten. Langfristig schadet dieser Mechanismus den Künstlern, sowie dem gesamten Markt. Die ausgegrenzten Konsumentenschichten gehen dem Markt verloren. Der dadurch verursachte Wohlfahrtsverlust wird zunehmend größer und könnte eine Krise verursachen. Einen zusätzlichen Anreiz der einzelnen Künstler liegt in der Möglichkeit, Teile des unternehmerischen Risikos zu übernehmen. Werden die Gewinne, wie auch mögliche Verluste, nach einem Schlüssel zwischen Veranstalter und Künstler aufgeteilt, verdient der Künstler auch oberhalb des BREAK-EVENS mit. Der Veranstalter wird ebenfalls besser gestellt, da er Teile des Risikos abgibt. Wenige Künstler übernehmen bereits jetzt das unternehmerische Risiko ihrer Konzerte vollständig, indem sie einen Konzertveranstalter als durchführendes Organ engagieren, sie aber selbst zum Veranstalter werden.215 Durch die Erhöhung der Angebotsmenge und der Beteiligung am unternehmerischen Risiko steigt der Gewinn der Künstler. Bei der Gegenüberstellung von Kosten und Einnahmen werden weitere Gründe für eine Veränderung von Menge und Preis deutlich. 214 vgl.: Kapitel 5.6. 215 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 128 Die Kosten wachsen nicht proportional mit der Anzahl der Auftritte. Die örtlichen Kosten bleiben für jeden Auftritt annähernd gleich, die Produktionskosten könnten aber durch abnehmende Skalenerträge sinken. Somit erhöhen sich Fixkosten trotz zusätzlicher Konzerte nicht. Dekoration und extra angefertigte Bühnenkonstruktionen sind solche Einmalkosten. Diese Kosteneinsparungen werden jedoch nicht geringere Eintrittspreise kompensieren können. Neben dem langfristigen Erhalt der Nachfrage gibt es zusätzliche Einnahmen durch die Verkäufe des Merchandisings. 2007 gab jeder Konzertbesucher durchschnittlich über fünf Euro für Merchandise-Artikel aus.216 Durch zusätzliche Konzerte wird diese Einnahmequelle konstant steigen.217 Die langfristigen Gewinne müssen steigen, damit das PARETOKRITERIUM erfüllt ist und Künstler bereit sind, ihr Angebot zu verändern. Eine genaue Berechnung, die einen Vergleich beider Strategien zulässt, wird durch die unbekannte Nachfragefunktion diffus, jedoch ist der Grad des Risikos bei einer Erhöhung des Angebotes maßgeblich. Die dynamische Preisfindung soll das Risiko minimieren. 7.2. Konzeption Die zu Grunde liegende Konzeptidee beruht auf einem sich selbst regulierenden Preis. Dabei wird in einem dynamischen Prozess der Preis eines bestimmten Konzertes, dessen Nachfrage angepasst. Ursache für eine Preisänderung ist die Zeit sowie die verbleibende Ticketmenge. Die Preisbestimmung ist demnach durch zwei Funktionen gekennzeichnet, die als Alpha und Beta bezeichnet werden sollen. Alpha und Beta stellen zwei entgegenwirkende Mechanismen dar, wobei Alpha zu einem Preisverfall und Beta zum Preisanstieg führt. Durch eine Gewichtung beider Funktionen wird der Verkaufspreis ermittelt. Der Preis fällt, wenn die Änderung des Betrages der Variable Alpha größer ist 216 GfK-Studie 2007 – zum Konsumverhalten der Konzert- und Veranstaltungsbesucher in Deutschland. Hrsg. vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft (idkv) und dem Branchenmagazin Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 2008: 17. 217 Neue Marktideen profitieren ebenfalls von einer Erhöhung der Angebotsmenge. So zum Beispiel die Anbieter von Konzertmitschnitten. vgl.: Kapitel 4.1. 129 als die der Variable Beta. Verhalten sich die Änderungen spiegelbildlich von einander, steigt der Preis. Alpha beinhaltet eine Variation der holländischen Auktion. Die holländische Auktion wird bei mehreren gleichartigen Artikeln angewandt. Dabei ruft ein Auktionator Preise mit absteigender Wertigkeit aus. Bei dem absichtlich weit überteuerten Anfangsgebot wird es keine Bieter geben. Der Preis fällt weiter, bis ein Interessent das Angebot annimmt. Der Interessent erhält die Ware und die Auktion wird bei dem bezahlten Preis fortgesetzt. Der letzte Bieter bezahlt den geringsten Preis, trägt aber zuvor das größte Risiko leer auszugehen. Jeder Nachfrager muss also sein persönliches Verhältnis zwischen Unsicherheit, den Zuschlag zu bekommen und Spekulationsgewinnen, abwägen. Dabei gilt: Je knapper das Gut wird und je mehr Interessenten es gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, beim Warten auf niedrigere Preise leer auszugehen. Es ist demnach rational, bei einem Preis, welcher der individuellen Zahlungsbereitschaft entspricht, zu bieten. Der Preis, welcher durch die Alphafunktion ermittelt wird, fällt bis zum Konzertbeginn sukzessiv. Die Dynamik des Preisverfalls kann durch die Funktion bestimmt werden. Ebenso kann eine Preisober- und eine Preisuntergrenze als Anfangs- und Endpreis festgelegt werden. Beta stellt eine gegensätzliche Funktion dar, wobei die Verknappung der TicketRestmenge zu einer Erhöhung des Preises führt. Ebenso wie Alpha, kann die BetaFunktion modifiziert werden. Durch einen modifizierten exponentiellen Funktionsverlauf wird die Krümmung den Bedürfnissen des Marktes angepasst. In Kombination mit einem anfangs schnell fallenden Alphawert wird der Preis mit dem Vorverkaufsstart sehr sensibel auf Nachfrageänderungen reagieren. Der Konzertpreis hätte sich demnach in den ersten Tagen des Vorverkaufs auf dem punktuellen Marktgleichgewicht eingependelt. Im weiteren zeitlichen Verlauf wäre er zwar immer noch variabel, aber weniger volatil. 130 Die Möglichkeiten der Funktionsmodifizierung und der Verwebungen von Alpha und Beta ergeben unzählige Variationen, die den Bedürfnissen und Wünschen der Veranstalter angepasst werden können. Der Einfluss beider Komponenten kann durch einen intern ermittelten Hebesatz gewichtet werden, so dass die Preisgrenzen nicht über- beziehungsweise unterschritten werden. Die Preisuntergrenze schützt den Veranstalter vor einem zu großen Preisverfall, die Preisobergrenze vor Wucher. Beide Schwellenwerte sind frei wählbar. 7.3. Anforderungen und Eignungsprüfung Um die Effektivität dieses Konzeptes zu prüfen, müssen die Anforderungen der Veranstalter und das Kaufverhalten der Konsumenten berücksichtigt werden. Daher sind die Daten bisheriger Konzerte, bezüglich Kaufzeitpunkt, Kaufentscheidung und Preisakzeptanz zu erheben. Veranstalter wollen frühzeitig wissen, ob ein Konzert wirtschaftlich erfolgreich wird. Zudem benötigen sie eine Basis, die ihnen eine Kalkulation ermöglicht. Die Konsumenten sollten ihre Kaufentscheidung nicht spekulativ fällen. Starke Preisschwankungen, mittels geglätteten Durchschnittswerten, sind zu vermeiden. Diese sollen gleichzeitig verhindern, dass sich Nachfrager, die einen höheren Preis bezahlt haben, ungerecht behandelt fühlen. Aus diesen Daten könnten beispielsweise Preiselastizitäten ermittelt werden, die ein Verhältnis zwischen relativen Preis- und Mengenänderungen angeben. Unter Berücksichtigung der Kostenstruktur einer Tournee ist es möglich, eine optimale Angebotsmenge für einen Künstler zu ermitteln. Die Wohlfahrtsverluste des Konzertmarktes werden so verringert. Die zu überprüfende These besagt, dass die optimale Angebotsmenge aller etablierten Künstler weit oberhalb ihres jetzigen Angebotes liegt. Das Konzept ist variabel gestaltet, wodurch weitere Ausarbeitungen und Anpassungen an den Markt möglich bleiben. Es beinhaltet unter anderem die Möglichkeit, die monetären Rückflüsse eines Konzertes zu kalkulieren. Anstatt des Risikoaufschlages wird die Spanne zwischen den Grenzwerten die Folgen von Fehleinschätzungen abfangen. Jedoch hat die dynamische 131 Preisfindung den Vorteil, dass die Einnahmen immer höher sein werden, als bei einem festen Preis. Es kommt zu einem punktuellen Gleichgewicht, da der Preis auf die Nachfrage reagiert. Die Preisuntergrenze verhindert ein Abrutschen des Preises. Führt die Nachfrage trotz des Minimalpreises nicht zum Ausverkauf, wäre das Konzert auch ohne dynamische Preisfindung fehlerhaft kalkuliert worden. Der Verlust würde sogar noch größer ausfallen. Die Nachfragefunktion muss demnach nicht exakt abgeschätzt werden. Sie wird im Laufe des Vorverkaufs automatisch ermittelt. Das unternehmerische Risiko eines Konzertes verringert sich! In dieser Möglichkeit liegt jedoch auch eine Gefahr. Theoretisch kann die gesamte Konsumentenrente abgeschöpft werden. Die Tickets von beliebten Künstlern, die nur wenigen Nachfragern ermöglichen, ihr Konzert zu besuchen, werden sehr hohe Preise erzielen. Es hätte denselben Effekt, wie die Einzelversteigerung der Tickets. Dadurch würde die Ineffektivität des Marktes verstärkt. Ein Problem, welches charakteristisch für den Konzertmarkt ist, und in der Konzeption der dynamischen Preisfindung berücksichtigt wurde, liegt in der zeitlichen Dimension der Nachfrage. Durch den Vorverkauf kommt es zu einer bestimmten Zeitspanne, welche mit dem Vorverkaufsstart beginnt und erst an der Abendkasse endet. Jedoch ist eine zusammenfassende Nachfragefunktion durch die temporären Unterschiede stets ungenau. Diese Tatsache wird durch die Gestaltung von Alpha und Beta berücksichtigt. Der gewerbliche Sekundärmarkt wird bei einem hohen Startpreis und einer genügend großen Angebotsmenge unterbunden. ABITRAGEGEWINNE, welche die Grundlage für den Zweithandel bilden, fallen weg. Durch die Erhöhung des Angebotes und der automatischen Regulierung des Preises befindet sich der Markt im Gleichgewicht. Das Verhältnis der Risikoverteilung wird somit gedreht. Händler auf dem Sekundärmarkt können sich nicht mehr sicher sein, ob sie ihre Tickets gewinnbringend weiter verkaufen können. Ist der Startpreis allerdings deutlich zu niedrig, besteht die Gefahr, dass mit dem Vorverkaufsstart viele Tickets in den Sekundärmarkt gelangen und somit nicht nur das Angebot verknappt wird, sondern auch der Preis der regulären Tickets steigt. Courty hat 132 gezeigt, dass der Veranstalter in diesem Fall keinen Einfluss mehr auf eine Preisgestaltung hat.218 Die dynamische Preisfindung ist nicht im gleichen Maße für alle Veranstaltungen geeignet. So ist es notwendig, dass der Vertriebsschwerpunkt im Vorverkauf liegt und von einem exklusiven Anbieter organisiert wird. Dieser sollte über vielfältige, untereinander vernetzte Distributionsmöglichkeiten verfügen. Die Inputmengen werden so für die Berechnung des dynamischen Preises und die Preisänderungen zeitnah übermittelt.219 Es besteht eine große Gefahr, dass dieses Instrument, würde es ohne eine Mengenerhöhung der Angebotsseite eingesetzt werden, zur Verschärfung der Probleme des Konzertmarktes führt. Die ursprüngliche Intention bestand darin, eine Lösung zu finden, welche das Risiko eines Konzertveranstalters verringern sollte. Durch die dargestellte Dekomposition des Marktes wurde gezeigt, dass etablierte Künstler dieses Risiko an die Veranstalter abgeben. Sollte, wie in der Theorie dargelegt, das Risiko deutlich verringert werden können, ist eine Restrukturierung des Konzertmarktes wahrscheinlich, wobei die Künstler eigenverantwortlicher handeln werden. Die Auswirkungen auf den Gesamtmarkt sind keinesfalls vorhersehbar, jedoch wurden mögliche Szenarien angerissen. Daher bedarf es insbesondere zur Marktentwicklung weiterer Untersuchungen. 218 vgl.: Kapitel 6.2.2. 219 ein solches System bietet die CTS Eventim AG. Inwiefern eine Umsetzung der Konzeption der dynamischen Preisfindung eine Monopolisierung dieses Anbieters begünstigt, ist spekulativ und kann hier nicht untersucht werden. 133 8. Implikationen für die weiterführende Forschung „Wir, die ´Älteren` haben zumindest das Glück gehabt, dass wir in einer Zeit den Job machen durften, in der noch viele große Bands da waren. Wie lange dies aber noch so sein wird, kann nur die Zukunft zeigen und da bin ich nicht so optimistisch.“220 Die Konzertbranche wurde im Geflecht der Musikwirtschaft eingebettet und ist im Gegensatz zum Tonträgergeschäft nicht von einem Umsatzrückgang betroffen. Jedoch gibt es Anzeichen, dass auch dieser Markt instabil werden könnte. Die Preisgestaltung der Tickets ist ökonomisch gesehen ineffizient, so dass Angebot und Nachfrage stets im Ungleichgewicht stehen. Der Einfluss der Konzertveranstalter auf Gagenforderungen, Kosten und Preise ist geschwunden. Die ökonomische Forschungslage zur Konzertbranche ist knapp. Daher sollen die gewonnen Erkenntnisse aufgeführt und Fragestellungen für weiterführende Untersuchungen mitgegeben werden. 220 Interview Oskar „Ossy“ Hoppe. 134 Es wurde gezeigt, dass der Einbruch des Tonträgergeschäftes einen erheblichen Einfluss auf die Angebotsmenge und die Preisentwicklung des Konzertmarktes hat. Die Erlöse aus Konzerten wurden zur wichtigsten Einnahmequelle für Künstler. • Vor allem nationale Künstler gewinnen an Beliebtheit. Wie ist diese Besonderheit zu erklären? • Kann die Konzertindustrie dauerhaft für eine Kompensation sorgen oder besteht die Gefahr einer Übersättigung? Ein großes Problem stellt der Sekundärmarkt für Konzertkarten dar. Rechtliche Versuche den gewerblichen Zweithandel zu untersagen, sind wiederholt gescheitert. Gewerblich agierende Tickethändler nutzen die Ineffizienz des Marktes aus und erreichen auf Kosten der Konzertbesucher risikolose Gewinne. • Wie haben sich die Preise und die Verkaufszahlen auf dem Sekundärmarkt entwickelt? Welchen Schaden verursacht der nicht-lizenzierte Handel von Eintrittskarten für die Künstler und Veranstalter? Das Zusammenspiel der Akteure auf dem Musikmarkt ist komplex und kann nicht vereinheitlicht werden. Jedoch ist festzuhalten, dass die unternehmerischen Entscheidungen einer Künstlerkarriere zunehmend von Managern und Agenten getroffen werden. Dadurch hat sich der Kontakt der Künstler zu anderen Marktteilnehmern, wie beispielsweise Konzertveranstaltern, verringert, was zu einer stärkeren Liberalisierung des Marktes führte. • Können langfristige Verträge den Veranstaltern Sicherheit garantieren und Nachwuchsförderung ermöglichen? • Wie sollten die Anreize für beide Parteien gestaltet sein, ein solches Engagement einzugehen? Der Markt ist im Begriff sich zu wandeln. Neue Marktteilnehmer werden in Zukunft die Konzertlandschaft prägen und die vorhandenen Strukturen verändern. Dabei wird die Bandbreite der Akteure vielschichtiger. Die Unternehmen entwickeln 135 Mehrkanalstrategien, um an möglichst vielen Elementen der Wertschöpfung zu partizipieren. • Welche Rolle werden Konzertveranstalter in den neuen Marktstrukturen einnehmen? • Ist die flächendeckende Positionierung im Musikmarkt rational? • Kann eine Spezialisierung innerhalb des Konzertmarktes effizienter sein? Die Stabilität des Konzertmarktes scheint gefährdet. Einflussfaktoren wie Gagenforderungen, örtliche Kosten und Produktionskosten auf der einen und eine unbekannte Nachfragefunktion auf der anderen Seite, sind in einem dynamischen Prozess miteinander verbunden. Die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen den Faktoren könnte weitere Aufschlüsse über die Marktdynamik liefern. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Aggregation der Gesamtnachfrage. Aus dem Konsumentenverhalten können, aufgrund der individuellen Präferenzen, keine allgemeingültigen Folgerungen getroffen werden. • Kann der Konzertmarkt in Teilmärkte gegliedert werden, die aussagekräftige Untersuchungen zulassen? • Ist es möglich die Instabilität des Marktes zu spezifizieren oder gar zu beheben? Mit der Konzeption der dynamischen Preisfindung wurde ein theoretisches Konstrukt geschaffen, welches zur Verbesserung aller Marktteilnehmer führen soll, indem es unter anderem das unternehmerische Risiko eines Konzertes, welches in der Regel vom Veranstalter getragen wird, verringert. • Ist es durch ein Preisfindungsinstrument möglich, dass ein natürliches Gleichgewicht eintritt und unter welchen Bedingungen verbessert es real die Situationen der Marktteilnehmer? Der Bedarf an neuen, wegweisenden Untersuchungen ist groß. Die gewonnenen Erkenntnisse enthalten aktuelle Skizzen zur Ökonomie des Konzertes und sollen neuen Studien als Grundlage dienen. 136 Anhang Glossar 360°-Modell A&R Abitragegewinne Act AEG Artist and Repertoire Backline Backliner Backstage(-bereich) Booker Booking-Agentur Break Break-Even Businessmanager Catering Closingdate Delay domestic Doors-Open First Come, First Safe First Price Sealed Bid Auction Flood FOH FOH-Techniker Front of House Grenzerlös Grenzkosten Hands Independent-Labels Independents JKP Joint Venture Konzertstream Label Line Arrays Line-Up Livestream Longplay M&A Major(-label) Mergers and Acquisitions hier: Idee, dass alle Rechte eines Künstlers von einem Akteur vertreten werden siehe: Artist and Repertoire risikolose Gewinne durch ein Marktungleichgewicht Künstler, Interpret, Band Anschutz Entertainment Group Development GmbH Abteilung eines Unternehmens, welche für die ´Entdeckung` neuer Künstler zuständig ist Verstärkeranlage eines Künstlers, einer Band Verantwortlicher für die BACKLINE abgesperrter Bereich hinter der Bühne (Künstler-)Vermittler Agentur die Auftritte für Künstler ´bucht` siehe: BREAK-EVEN Gewinnschwelle Wirtschaftsberater eines Künstlers hier: Verpflegung für Künstler und Crew hier: letztes Einstelldatum bei Ticketbörsen Verzögerung inländisch, Beschriebt den deutschsprachigen Vertriebszweig bei Plattenfirmen Ausspruch für den Einlassstart Verteilungsprinzip, ´Wer zuerst kommt, malt zuerst“ Erstpreisauktion Beleuchtungskörper siehe: FRONT OF HOUSE Tonmischer Bereich vor der Bühne zusätzliche Erlös durch den Verkauf einer weiteren Einheit zusätzliche Kosten durch den Verkauf einer weiteren Einheit (Bühnen-)Hilfsarbeiter siehe INDEPENDETS unabhängige Plattenfirmen Jochen`s Kleine Plattenfirma Gemeinschaftsunternehmen siehe STREAM Plattenfirma Typisierung für Lautsprecheranlagen Aufstellung, Programm siehe: STREAM Langspielplatte siehe MERGERS AND ACQUISITIONS marktdominierende Plattenfirmen (Universal, Sony, EMI, Warner) Fusion und Übernahme II Mittel- und Hochtöner Mobile Music Monitormischer Monitormixer Monitoring Moving Lights Offering Offer-Praxis OK Outdoor PA PAR-Leuchten Paratoeffizienz Personalmanager Preisdifferenzierung Lautsprechertypen hier: Musikvertrieb über mobile Endgeräte Tontechniker für das MONITORING Mischpult für das MONITORING Beschallungssystem der Bühne bewegliche Beleuchtungskörper anbieten (einer Gage) siehe O FFERING Organisationskomitee hier: außerhalb des Veranstaltungsgelände Public Address oder Power Amplifier (Verstärkeranlage) Beleuchtungskörper Grad einer Marktsituation Manager für den künstlerischen Bereich einer Künstlerkarriere Preispolitik, bei der für ähnliche Leistung unterschiedlich Preise verlangt wird Presenter Präsentator einer Veranstaltung, kein Veranstalter print@home Ticketvertriebsmöglichkeit bei dem die Tickets ausgedruckt werden können Prohibitivpreis Preis, bei dem keine Nachfrage existiert Promo Abkürzung von Promotion, Verkaufsförderung Reservationspreis Preis der von einem Konsumenten maximal bezahlt wird RFID-Chips Transponder innerhalb der RFID-TECHNIK RFID(-Technik) Radio Frequenzy Identification = Identifizierung mit Hilfe elektomagnetischer Wellen Riders Bühnenvertrag Roster hier: Künstlerbestand Runner flexible Einsatzkräfte Second Price Sealed Bid Auction Zweitpreisauktion Sidecrew hier: Abteilung der HANDS signen unter Vertrag nehmen Single Tonträger mit einem (oder wenigen) Stücken Spot Beleuchtungskörper Stagehands Bühnenhilfsarbeiter Stagemanager Bühnenverantwortlicher Streamen hier: Übertragen von Datenströmen über das Internet Stroboskop Beleuchtungskörper, Blitzgerät Ticketing Ticketdistribution Tour-Promoter Verantwortlicher für die Verkaufsförderung einer Konzertreihe Trade-Off hier: Entscheidungskonflikt ob ein Ticket gekauft werden soll Venue Veranstaltungsort III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Vermarktungsbereiche von Musik 14 Abbildung 2 Musik-Veranstaltungsmarkt und Tonträgermarkt im Vergleich. 16 Abbildung 3 Umsatzzahlen und Herkunft von Rock- und Popmusik im Vergleich 19 Abbildung 4 Das Verhältnis zwischen Künstler, Management, Agenturen und örtlichen Veranstaltern 25 Abbildung 5 Beispiel eines Budgetierungsplan für die Produktion 33 Abbildung 6 Personalstruktur bei der Durchführung eines Konzertes 42 Abbildung 7 Herleitung der Nachfragefunktion 71 Abbildung 8 Linearisierte Nachfragefunktionen 73 Abbildung 9 Angebot und Nachfrage eines Konzertes 76 Abbildung 10 Preisentwicklung von Konzertkarten und anderen Live-Veranstaltungen in Amerika. 1996 - 2003. 88 Abbildung 11 Ticketmarkt 96 Abbildung 12 Nachfrage eines ausverkauften Konzertes 110 Abbildung 13 Zweithandel eines ausverkauften Konzertes 112 Abbildung 14 Zweithandel eines nicht ausverkauften Konzertes 113 Abbildung 15 Model of Ticket Resale 115 Abbildung 16 Preisdifferenzierung bei einem ausverkauften Konzert 121 IV Verwendete Gesetzestexte BGB - Bürgerliches Gesetzbuch Stand: 12.08.2008 § 793 Rechte aus der Schuldverschreibung auf den Inhaber (1) Hat jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, dass er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit. [...] § 796 Einwendungen des Ausstellers Der Aussteller kann dem Inhaber der Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen. § 797 Leistungspflicht nur gegen Aushändigung Der Aussteller ist nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit der Aushändigung erwirbt er das Eigentum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber zur Verfügung über sie nicht berechtigt ist. § 807 Inhaberkarten und -marken Werden Karten, Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen sich ergibt, dass er dem Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften des § 793 Abs. 1 und der §§ 794, 796, 797 entsprechende Anwendung. § 929 Einigung und Übergabe Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums. EStG - Einkommenssteuergesetz Stand 17.12.2008 § 50 Sondervorschriften für beschränkt Steuerpflichtige (4) Die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt; ein besonderes öffentliches Interesse besteht insbesondere 1. im Zusammenhang mit der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer kultureller und sportlicher Ereignisse, um deren Ausrichtung ein internationaler Wettbewerb stattfindet, oder 2. im Zusammenhang mit dem inländischen Auftritt einer ausländischen Kulturvereinigung, wenn ihr Auftritt wesentlich aus öffentlichen Mitteln gefördert wird. V § 50a Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen [nicht mehr gültig] (4) Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben 1. bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen [...] Bei im Inland ausgeübten künstlerischen, sportlichen, artistischen oder ähnlichen Darbietungen beträgt er [Steuerabzug] bei Einnahmen [...] über 1.000 Euro 20 Prozent der gesamten Einnahmen. GewO - Gewerbeordnung Stand: 17.03.2008 § 55 Reisegewerbekarte (1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zu haben 1. Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht oder 2. unterhaltende Tätigkeiten als Schausteller oder nach Schaustellerart ausübt. (2) Wer ein Reisegewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis (Reisegewerbekarte). (3) Die Reisegewerbekarte kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Verbraucher erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig. § 56 Im Reisegewerbe verbotene Tätigkeiten (1) Im Reisegewerbe sind verboten 1. der Vertrieb von [...] h) Wertpapieren, Lotterielosen, Bezugs- und Anteilscheinen auf Wertpapiere und Lotterielose; zugelassen ist der Verkauf von Lotterielosen im Rahmen genehmigter Lotterien zu gemeinnützigen Zwecken auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen oder anderen öffentlichen Orten, [...]. Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr Stand: 08.06.2000 Artikel 15: Keine allgemeine Überwachungspflicht (1) Die Mitgliedstaaten erlegen Anbietern von Diensten im Sinne der Artikel 12, 13 und 14 keine allgemeine Verpflichtung auf, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. TMG - Telemediengesetz Stand: 26.02.2007 § 7 Allgemeine Grundsätze (1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. VI (2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 88 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren. UrhG - Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Stand: 07.12.2008 § 19a Recht der öffentlichen Zugänglichmachung Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. § 77 Aufnahme, Vervielfältigung und Verbreitung (1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. (2) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu vervielfältigen und zu verbreiten. § 78 Öffentliche Wiedergabe (1) Der ausübende Künstler hat das ausschließliche Recht, seine Darbietung 1. öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a), 2. zu senden, es sei denn, dass die Darbietung erlaubterweise auf Bild- oder Tonträger aufgenommen worden ist, die erschienen oder erlaubterweise öffentlich zugänglich gemacht worden sind, 3. außerhalb des Raumes, in dem sie stattfindet, durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen. § 81 Schutz des Veranstalters Wird die Darbietung des ausübenden Künstlers von einem Unternehmen veranstaltet, so stehen die Rechte nach § 77 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie § 78 Abs. 1 neben dem ausübenden Künstler auch dem Inhaber des Unternehmens zu. § 10 Abs. 1, § 31 sowie die §§ 33 und 38 gelten entsprechend. § 88 Recht zur Verfilmung (1) Gestattet der Urheber einem anderen, sein Werk zu verfilmen, so liegt darin im Zweifel die Einräumung des ausschließlichen Rechts, das Werk unverändert oder unter Bearbeitung oder Umgestaltung zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen und das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen auf alle Nutzungsarten zu nutzen. § 31a Abs. 1 Satz 3 und 4 und Abs. 2 bis 4 findet keine Anwendung. UWG - Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Stand: 21.12.2006 § 3 Verbot unlauteren Wettbewerbs VII Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig. § 8 Beseitigung und Unterlassung (1) Wer dem § 3 zuwiderhandelt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. [...] VIII Literaturverzeichnis Bisping, Michael: Bandaufbau hat Priorität. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 20: 18f. Bönisch, Klaus: Macht heute Nacht München zu!. In: Musikmarkt & Musikmarkt Live!. München, Musikmarkt GmbH & Co. KG. 50. Jg., 2008, Heft 15: 24f. Brenner-Studie 2007. 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Wir versuchen dann mit Management und Agentur Kontakt aufzunehmen und die neuen Bands zu verpflichten und auf Tour zu bringen. Das ist ein Teil des Business. Ein Anderer beinhaltet die Bands, die wir schon seit Jahren betreuen, Bands bei denen wir dabei sein durften als sie groß geworden sind und bei denen wir einen Anteil an ihrem Wachstum und ihrer Erfolgsgeschichte geleistet haben. Bon Jovi oder Metallica sind Bands, die von Anfang an bei uns waren. Wir versuchen nicht nur professionelle Arbeit zu leisten, sondern auch freundschaftliche Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. Über die Jahre sind Freundschaften mit den Künstlern entstanden. Ein weiterer wichtiger Punkt, im Business, ist es Kontakte mit Managern und Agenturen zu halten. Man darf nicht den Fehler machen in die Arroganz zu verfallen und denken: „Wir sind groß genug, die kommen automatisch zu uns.“ Agenturen und Agenten wechseln und junge Agenten, die nachziehen interessieren sich wenig für Oskar Hoppe, da sie mich und meine Mitarbeiter noch nicht kennen. Also muss ich zu ihnen gehen und mich ins Gespräch bringen. Im Grunde genommen muss jeder das Gefühl haben, dass wir ein Team sind auf das man sich verlassen kann. Wir müssen auch in Schönheitskonkurrenz zu anderen Veranstaltern antreten und versuchen den Bands zu verdeutlichen, dass wir die richtige Agentur für sie sind. Wir müssen Ideen präsentieren, Vermarktungs- und Spielstättenstrategien vorschlagen und so weiter. So versuchen wir ein Klientel aufzubauen. In unserem Business stagniert im Moment der Nachwuchs. Große Bands die weltweit Stadien ausverkaufen können, sind alle über 50 Jahre. Rolling Stones, Madonna, Bon Jovi, der noch nicht ganz fünfzig ist oder U2, all diese Bands, haben dieses Alter erreicht. Das macht mich nachdenklich. Es gibt natürlich einige Ausnahmen aber nicht auf weltweiter Ebene. Die Red Hot Chilli Peppers sind die einzige Band, welche diese Lücke füllt, aber so jung sind sie auch nicht mehr. Es gibt regionale Größen, die in Amerika Erfolg haben, hier aber keine Telefonzelle ausverkaufen könnten oder umgekehrt ein Grönemeyer, der hier ein Superstar ist, aber im Ausland unbekannt ist. Diese Entwicklung stellt ein großes Problem dar. Der gesamte Mittelblock und der Nachwuchs brechen weg. Die Plattenbranche ist eingebrochen und die Künstler sind „gezwungen“, ihre fehlenden Einnahmen über die Konzerte einzuspielen. Das klingt für mich als Veranstalter zwar positiv, hat aber unangenehme Nebenwirkungen. Gut ist, dass viele amerikanische Bands zu uns kommen um zu touren. Auf der anderen Seite, wollen sie sehr viel Geld verdienen, so dass die Preise entsprechend nach oben geschraubt werden. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass wir so viel Geld verlangen. Ich als Veranstalter bestimme nicht die Preise, die Preise bestimmt der Künstler. Ich würde gerne nur 20- oder 25 Euro verlangen, aber das geht nicht. Es gibt zwei Einflüsse auf den Preis: Die Garantiesumme, sie ist das Minimum, für das sich die Band auf die Bühne bewegt und die örtlichen Kosten. Diese beinhalteten Hallenmieten, Werbung, Security und vieles mehr. Die örtlichen Kosten sind in Deutschland mit am höchsten. Viele Hallen hier sind nicht in Privatbesitz. Die Mietpreise werden vorgeschrieben. Es interessiert manche Hallenbesitzer nicht ob 2.000 oder 10.000 Leute in die Festhalle kommen. In Amerika ist es anders. In einigen Städten gibt es drei oder vier Hallen in Privatbesitz. Bei den Ausweichmöglichkeiten stehen die Betreiber in starker Konkurrenz zu einander und müssen dann entsprechend günstigere XIII Angebote geben, damit sie überhaupt die Möglichkeit haben, dass Konzerte in ihren Hallen gespielt werden. Wie kommen Sie als Veranstalter mit einer Band überein, ein Konzert durchzuführen? Wir versuchen mit den Agenturen enge Kontakte zu knüpfen. Es gibt einige Agenturen die arbeiten nicht mit uns und Andere arbeiten nicht mit anderen Veranstaltern, aus welchen Gründen auch immer. Es ist ein sehr personenbezogenes Business, indem man sich selbst gut verkaufen muss. Deutschland hat den Vorteil, für mich natürlich ein Nachteil, dass es eine Bandbreite von guten Veranstaltern gibt, die im Grunde genommen alle das Gleiche können. Deswegen muss ich raus und die Agenturen überzeugen, dass wir besser sind als die Anderen. Leider ist die Frage des „besser seins“ heute nicht mehr so wichtig wie noch vor 20 Jahren. Heute geht es fast ausschließlich ums Geld. Die Agenturen wissen, dass sie die teilweise wahnsinnigen Forderungen, die sie stellen, erfüllt bekommen. Es gibt immer einen Idioten der bezahlt. Ob der danach Pleite geht oder nicht ist eine andere Geschichte. Zum Glück gibt es Ausnahmen. Einige Künstler widerstehen diesen Dingen. Ein gutes Beispiel ist Sting, dessen Konzerte von Marek Lieberberg, meinem ehemaligen Partner und mir seit Jahren ausgerichtet werden. Er bleibt auch bei uns, da er weiß, dass wir ihm das beste Angebot machen. Verantwortungsbewusste und gute Managements wissen wie viel die Organisation eines Konzertes kostet und welchen Preis sie verlangen können. Sting ist ein Beispiel aber auch Metallica oder Kiss, die würden gar kein anderes Gebot annehmen. Deren Manager ist seit 30 Jahren ein guter Freund und würde ich ihm einmal ein unfaires Angebot machen, würde er nie mehr mit mir arbeiten. Es muss eine Vertrauensbasis vorhanden sein. Es gibt aber auch Agenturen, da fällt mein Angebot hinten den Tisch runter. Das Problem hat Lieberberg, genauso wie Rieger, Jahnke oder Avram. Persönliche Beziehungen sind sehr wichtig und daran haben wir uns gewöhnt. Bei wem liegt die Verantwortung Nachwuchsmusiker aufzubauen? Das erste Problem liegt bei den LABELS. Plattenfirmen sind heutzutage anders geordnet als sie es früher waren. Früher hat man eine Band verpflichtet und man wusste genau, dass es zwei oder drei Platten dauert, bis die Band ihre Marktreife erlangte. Das war ein auf lange Sicht geplantes Unternehmen. In der Zwischenzeit hat sich die Medienlandschaft verändert. Durch das Internet ist die ganze Entwicklung viel schneller geworden. Es gibt fast keine guten A&R-LEUTE mehr. Würden Pink Floyd oder Genesis heute anfangen, hätten sie wahrscheinlich keine Chance. Heute werden doch nur noch Look-alikes nach Medienaffinität GESIGNT: Wenn sie das Glück haben und erfolgreich sind, dann alles Gute, wenn sie jedoch keinen Erfolg haben sind sie sofort wieder vergessen. Bei Deutschland sucht den Superstar gewinnt nicht derjenige, der am meisten Talent hat, sondern der, der am besten in das Format reinpasst. Bei allem Respekt manchen Leuten gegenüber, aber [...] wo kommt unsere Branche da hin? Wenn ich mir in der Batschkapp Bands wie zum Beispiel We Are Scientist anschaue, die richtig gut sind und dann sehe ich einen Mark Medlock, da frage ich mich wie blöd wir eigentlich sind. Das ist meine persönliche Meinung. Es gibt wenige Bands, die wirklich auf Qualität achten, darunter sind auch einige junge Bands die ihre Ansprüche ganz anders umsetzen. Die brauchen keinen roten Teppich und kein Fünf-Sterne-Hotel. Sie nehmen ihr Geld und finanzieren damit ihre nächste Produktion. Diese Künstler werden es auf lange Sicht hoffentlich schaffen. Sie verdienen es. Die Plattenfirmen haben sich stark verändert. Ich habe letztens eine CD von einer Plattenfirma geschickt bekommen, sie mir angehört und mir gedacht: “Was ist das den für ein Mist?“ Unten drunter stand: „No live experience yet. Soon to come.“ Müssen die jetzt erstmal lernen Instrumente zu spielen? Darauf läuft es heutzutage hinaus und deswegen glaube ich, dass sich Qualität nur noch über den Live-Bereich durchsetzen wird. XIV Demnach haben die Veranstalter nicht die Pflicht den Nachwuchs aufzubauen, sie haben gar keine andere Wahl. Absolut. Das ist immer dieselbe Spirale über die wir uns auf jeder Convention unterhalten. Wenn wir als Veranstalter nicht die Möglichkeit haben bei den großen Veranstaltungen Geld zu verdienen, dann können wir dieses Geld nicht in Nachwuchsbands investieren. Aber genau das wird immer erwartet. Und es gibt noch ein weiteres Problem: Früher waren die Jungs, gerade im Hard Rock-Bereich loyal. Wenn wir einen guten Job gemacht haben, dann sind die mit uns durch die Wand gelaufen und wir mit ihnen. Deswegen sind Bon Jovi, Sting und Metallica bei uns geblieben. Heute ist es anders. Ich habe es gerade erst erlebt: Wir haben einen ACT aufgebaut und als die nächste Tour kam, musste die Band sie wegen Krankheit absagen. Wir hatten 15.000 bis 20.000 Euro Kosten für Werbung und Hallenmieten. Wir meinten: „Kein Thema, die Kosten nehmen wir in die nächste Tournee mit rein.“ Für die nächste Tournee wurden wir noch nicht mal mehr gefragt. Sie wurde von einem anderen Veranstalter durchgeführt. Das zum Thema Loyalität. Wie sollen wir da kleine Bands unterstützen? Bei den großen Bands verdienen wir immer weniger und welche Garantien habe ich denn, dass eine Band das nächste Mal wieder zu mir kommt? Wenn ich einen schlechten Job mache, dann hat der Künstler jedes Recht auf der Welt zu gehen. Dann bin ich selber schuld. Ich weiß aber, dass wir unseren Job gut machen, da bin ich von überzeugt. Ich kann doch nicht 10.000 Euro oder 20.000 Euro in eine Band investieren, damit ich sie für jemand anderen aufbaue. Also gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache langfristige Verträge, gegen die ich mich aber vom Prinzip her wehre oder es muss sich wieder eine Kultur der Loyalität entwickeln. Das werden wir aber nicht mehr ändern können. Diese Seite des Business gefällt mir persönlich nicht mehr. Es ärgert mich und es tut mir weh. Früher waren Manager entscheidend. Dann kamen die Agenten, die aber noch von den Managern gesteuert wurden. Die Manager beauftragten die Agenten, den besten Deal im Sinne des Künstlers zu besorgen und der war keinesfalls rein finanzieller Natur, sondern berücksichtigte auch die Entwicklungsmöglichkeiten der Band. Heute haben wir Anwälte, die vieles kaputt machen, da es nur noch ums Geld geht. Der Manager von Bon Jovi, Mötley Crüe, Skid Row und Kiss, Doc McGee, hat einmal zu mir gesagt: „Ossy, buche meine Bands nie in ein Venue, das größer ist als sie selbst. Wenn sie 500 Leute wert sind, dann buche sie auch nur in einen Club dieser Größe. Ich will immer ausverkaufte Häuser sehen.“ Er hatte völlig recht. Nur so baut man Karrieren auf. Heute werde ich nach meiner Meinung als Veranstalter gefragt, welche Spielstätten ich für einen A CT vorschlagen würde. Ich antworte und dann werde ich mit höheren Angeboten von anderen Veranstaltern konfrontiert. Warum werde ich dann überhaupt gefragt? Gegenseitiger Respekt und Verständnis haben nur noch einen geringen Stellenwert. Ich habe heute die wenigen loyalen A CTS, die übrig geblieben sind und die junge Abteilung kümmert sich um den Nachwuchs. Wir haben ein schönes Nachwuchs-ROSTER, mit Künstlern wie Kings of Leon oder Adele. Darauf können wir stolz sein. Ansonsten kann ich jeden nur warnen in diese Branche zu gehen. Wie schätzen Sie die Preisentwicklung der Konzerttickets ein? Der Ursprung der steigenden Ticketpreise kommt aus Amerika. Dort waren Preise in drei Ticketkategorien 150, 250 und 350 Dollar normal. Als wir zum ersten Mal die Rolling Stones gebucht haben, haben wir 120 DM verlangt. Dafür wurden wir stark kritisiert. Heute sind 120 oder 150 Euro für die Rolling Stones normal. Allerdings sind sie nicht dafür belohnt wurden. Tina Turner verlangt über 200 Euro und trotzdem werden die Karten verkauft. Wenn die Nachfrage da ist, kann ein Künstler verlangen was er will. Die Preisspirale muss aber auch irgendwann enden. Ansonsten werden viele darunter leiden und einbrechen. Solange aber der Konsument bereit ist für die großen Bands so viel Geld zu zahlen und diese Preispolitik somit belohnt, kann ich als Veranstalter gar nicht dagegen argumentieren. Die Agenturen fragen mich dann, warum ihr Künstler auf 100.000 oder 200.000 Dollar am Abend verzichten solle? XV Wenn ich als Manager oder Bandmitglied 50 Millionen auf der Bank hätte, dann würde ich für die treusten Fans eine kostenlose Welttournee spielen. Denn nur durch die Fans sind die Bands so groß geworden, aber so denkt keiner. Wir als Veranstalter haben keine Möglichkeit die Preisspirale zu stoppen. Würde ich mit zwei, drei Kollegen die Bremse ziehen und uns verweigern, würde es einen Vierten, Fünften und Sechsten geben, der ins Business will und dem es egal wäre. Auf dem Sekundärmarkt werden Tickets für ein vielfaches der Originalpreise angeboten. Was halten Sie davon? Das kann man nicht stoppen. Glauben Sie, dass eine dynamische Preisfindung eine Lösung für die geschilderten Probleme sein kann? Ich bin immer offen für alle Lösungsversuche. Die ganze Preistreiberei ist mir ein Dorn im Auge. Letztendlich haben wir aber keinen Einfluss darauf. Es wurde immer wieder versucht Lösungen zu finden: Maximal zwei Tickets pro Käufer oder andere Versuche. Es gibt aber immer Schlupflöcher. Der entscheidende Punkt ist aber ein Anderer. Der Unternehmer, sprich der Veranstalter, trägt das Risiko. Eine Band kommt zu mir und will die Summe X als Garantie. Zu der Summe X kommt noch die Summe Y, die örtlichen Kosten. Plötzlich habe ich bei einem Open-Air-Konzert bis zu vier Millionen Euro an Ausgaben. Diese zweieinhalb bis vier Millionen Euro, die den gesamten Kostenrahmen darstellen, verringern sich mit jedem verkauften Ticket. Als Veranstalter wäre ich ein Wrack, wenn sich die Preise zum Schluss hin verringern. Der Anspruch des Publikums könnte sich verschieben und die Tickets könnten recht kurzfristig gekauft werden. Aus unternehmerischer Sicht ist es wichtig, dass die Tickets so schnell wie möglich verkauft werden. Nicht nur, dass ich ruhig schlafen kann sondern, dass ich mit dem erreichen des BREAK-PUNKTES das Konzert noch verbessern kann, beispielsweise mit einer zusätzlichen Band. Manche Bands denken anders. Wenn sie sowieso wissen, dass sie ausverkaufen, engagieren sie den Veranstalter nur noch als ausführendes Organ. Der kümmert sich dann um Promotion und die Organisation und dafür bekommt er eine feste Summe von der Band. Dieses Prinzip gibt es in Amerika. Kiss zum Beispiel heuert einen Veranstalter an. Der hat dafür zu sorgen, dass die Bude voll wird. Er bekommt im Endeffekt zwar weniger von den Erlösen ab, trägt aber auch kein Risiko. Das sind Ansätze von verantwortungsvollen Bands. Die Mehrheit der Bands will jedoch große Garantien und wir reden von viel Geld. Wenn man sich verkalkuliert, dann muss man entweder ein dickes Fell haben oder man kann ganz schnell die Türen zu machen. Deswegen sind in Deutschland einige Veranstalter in den letzten Jahren umgekippt. Vielleicht hatten sie Pech und dadurch die Situation falsch eingeschätzt. Letztendlich haben sie immer zu viel garantiert. Wenn man erst bei den letzten 20 Prozent verdient wird die Luft dünn. Manchmal waren es aber nur 15-, 10- oder 5 Prozent. Es gibt keine Garantie, dass eine Band wirklich ausverkauft. Als Veranstalter muss man versuchen, sein Geschäft zusätzlich in andere Ebenen zu verlagern. Wir sind im Entertainment-Business und Entertainment bedeutet ja nicht nur Musik. Mario Barth zum Beispiel: Vor einigen Jahren war nicht daran zu denken, dass Comedy im ausverkauften Stadion stattfindet. Ich versuche auch andere Standbeine zu finden. Ich schaue der Entwicklung mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Wie lange werden die Großen noch touren und wie viele junge Bands schaffen den Durchbruch? Wir müssen lernen den Konsumenten wieder vernünftig zu bedienen. Es müssen nicht immer fliegende Untertassen auf der Bühne sein. Es muss wieder zur Musik gefunden werden. Wir, die „Älteren“ haben zumindest das Glück gehabt, dass wir in einer Zeit den Job machen durften, in der noch viele große Bands da waren. Wie lange dies aber noch so sein wird, kann nur die Zukunft zeigen und da bin ich nicht so optimistisch. XVI Christopher Noodt 22. November 2008 Ihr seid wieder auf Tour. Was bedeutet es für dich, live zu spielen und welchen musikalischen Stellenwert hat das Konzert für dich? Für mich ist Live-Musik der zentrale Punkt meines Berufes. Ich bin Musiker. Als Musiker kann man viele verschiedene Sparten abdecken; verschiedene Tätigkeiten ausüben. Meine Tätigkeit als Musiker ist in erster Linie die Bühne. Dies bedeutet nicht zwangsläufig, immer unterwegs zu sein. Es bedeutet: abends auf der Bühne stehen, egal wo. Ich mag das sehr gerne und es ist ein Beruf, den ich frei gewählt habe und mit viel Freude ausübe. Ihr, als Ohrbooten, seid recht kreativ was den Umgang mit euren Fans angeht. Ihr pflegt auf euren Konzerten und über eure Homepage den Kontakt zu ihnen, ihr gebt regelmäßig unangekündigte Konzerte auf der Straße und ihr führt ein öffentliches Filmtagebuch. Was glaubst du, inwiefern solche Instrumente für euren Erfolg verantwortlich sind? Kontaktpflege mit den Fans ist uns wichtig, weil wir wissen wollen wer uns zuhört. Wir wollen keine unzugängliche Band sein, die sich nicht darum kümmert, was ihre Fans denken. Für uns ist ein Konzert sehr publikumsabhängig. Es besteht eine Interaktion zwischen der Band und dem Publikum. Ohne Publikum gäbe es kein Konzert. Deshalb ist uns auch das Feedback der Leute wichtig. Wir sprechen gerne nach dem Konzert mit einzelnen Personen aus dem Publikum und wir wollen uns auch als ganz normale Menschen präsentieren, die ein wenig Musik machen und die gemeinsam mit den Fans etwas erleben wollen. Es ist uns wichtig zu wissen, was unsere Fans über unsere Musik sagen. Heute spielt ihr im Vorprogramm der Orishas. Was ist anders, im Gegensatz zu eurer letzten Tournee? Wir sehen diese Tour nicht als unsere Tour. Wir sehen das eher als Forum, um neue Leute kennen zu lernen und Leuten, die Möglichkeit zu geben, uns kennen zu lernen. Für uns ergibt sich eine klassische Win-Win-Situation. Wir spielen eine halbe Stunde. Es ist ein nettes, rollendes Festival, in dem wir sicherlich keine entscheidende Rolle spielen, aber wir können uns zu nutze machen, dass Leute auf dieses Konzert gehen, die diese Art von Musik gut finden. Wenn 10 Leute nach dem Konzert sagen: “Orishas fand ich super, aber die Ohrbooten habe ich vorher noch nie gehört, die find ich auch nicht schlecht.”, dann ist etwas für uns übrig geblieben. Wer begleitet euch? Wir sind sieben. Da ist unser Tourmanger, unser BACKLINER, der sich um die Technik kümmert und fährt und dann haben wir noch unseren Mischer, der seit unserem ersten Konzert dabei ist, quasi als fünftes Bandmitglied. Kannst du ein bisschen was erzählen, wie ihr zu „JKP“ gekommen seid? Das ist so eine Bilderbuchgeschichte, wie sie selten passiert, aber der Zufall wollte es so, dass die Freundin unseres Sängers in einer WG mit der damaligen Freundin von Campino wohnte. Der hatte unser Demotape in der WG-Küche gehört, welches wir ein paar Wochen zuvor aufgenommen hatten. Er nahm es mit nach Düsseldorf und so entstand die Kooperation. Nach und nach haben sie sich um das Verlagsgeschäft, das Management und schließlich auch um das BOOKING gekümmert. Sie haben viel für uns gemacht und uns rundum versorgt. Es war ein Glücksgriff für uns, zumal JKP ein sehr potentes LABEL mit super Kontakten und einem sehr gut funktionierendem Netzwerk ist. Wir konnten uns ins gemachte Nest setzen. XVII Momentan scheint das Rundum-Paket die einzige Möglichkeit für junge Künstler zu sein, um an einen MAJOR-Plattenvertrag zu kommen. Dies beinhaltet auch die komplette Lizenzierung aller Rechte. Inwiefern ist es ein Vorteil, wenn man alles aus einer Hand bekommt? Die Kommunikation ist im besten Fall unkomplizierter. Da die Mitarbeiter des LABELS nur eine Tür weiter gehen müssen um eine Frage zu klären und nicht in einer anderen Stadt anrufen oder sich für Konferenzen treffen müssen. Das ist natürlich schon mal ein Gewinn. Vieles fällt weg, was vorher die Sachen unnötig komplizierter gemacht hat. Früher war ich auch mit anderen Bands unterwegs. Da wusste man oft nicht wer wofür verantwortlich ist. Ich glaube, dass heutzutage auf einige Stellen verzichtet werden kann um den ganzen Apparat schlanker zu machen. Es braucht gar nicht so viele Leute. Es braucht aber verschiedene Kompetenzen in verschiedenen Bereichen und man kann bestimmt nicht alles in Personalunion erledigen. Ich glaube, dass der Zusammenschluss von beispielsweise Labelmanagement und Verlag, oder Vertrieb und BOOKING ein zunehmend erfolgreicheres Modell wird. Ich habe ein paar Erfahrungen mit MAJORS gemacht. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie den Bürokratismus noch sehr pflegen. Häufig weiß die linke Hand nicht, was die Rechte tut. Da ändert sich momentan viel. Es rollen Köpfe und es wird an Stuhlbeinen gesägt. Zwangsläufig werden weniger Leute mehr übernehmen müssen. Ich glaube, dass sich die MAJORLABELS neu orientieren müssen. Dies beinhaltet auch andere Geschäftsbereiche. Das 360°-MODELL wird vor allem von den Konzertveranstaltern argwöhnisch beobachtet. Wenn sich die Plattenfirmen neu orientieren und auch das Livegeschäft übernehmen, wird der Veranstalter überflüssig? Haben die LABELS überhaupt die nötigen Kompetenzen? Der Veranstalter fällt ja nicht zwingend weg. Ich glaube nicht, dass Kompetenzen verloren gehen. Sie werden wahrscheinlich nur von einer Instanz zur anderen verlagert. Nach wie vor muss jemand wissen, wie ein richtiges BOOKING funktioniert, wie eine Tour geplant wird, das steht außer Frage. Genauso muss jemand wissen, wie eine Platte vertrieben wird und welche PROMO man dafür braucht. Alle Bereiche werden zunehmend unter einem Dach gesammelt und dazu gehört auch das Livegeschäft. Das Livegeschäft ist das Einzige was man der Musikindustrie nicht nehmen kann. Da sind wir auch gleich beim nächsten Thema. Die Platteneinnahmen brechen ein. Für viele Künstler wird das Livegeschäft wieder interessanter. Gibt es in letzter Zeit mehr Konzerte? Das kann ich nicht unbedingt bestätigen. Aber ich kann bestätigen, dass Konzerte mehr Aufmerksamkeit bekommen beziehungsweise, dass mehr Leute auf Konzerte gehen. Ich sehe das als eine Renaissance der Livemusik. Früher gab es keine Alternative zur Livemusik. Danach gab es Grammophone und Radios. Musiker haben sich in Gewerkschaften organisiert und sind auf die Barrikaden gegangen. Sie versuchten ihren Beruf zu erhalten. Heutzutage verläuft es umgekehrt. Es ist ein auf und ab. Zur Konserve und wieder zurück. Der Musikvertrieb wird mit neuen Marketingstrategien schon noch andere Vertriebswege finden. Momentan wird die Livemusik wieder zum größeren Erlebnis. Mehr Menschen sind bereit auf Konzerte zu gehen. Sind sie auch bereit mehr dafür zu bezahlen? Ja, weil auch mehr Geld zur Verfügung steht. Wenn man weniger Geld für Tonträger ausgibt, dann hat man mehr Geld für Tickets. Schmerzt es dich, wenn du weißt, dass deine Musik kopiert und weitergegeben wird? Nein. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Es schmerzt mich wenig. Mir geht es darum, dass die Musik verbreitet wird. Wenn ich daran verdiene ist es gut, wenn nicht, auch. Wie viel Musik habe ich kennen gelernt, weil ich von Jemanden ein Mixtape bekommen habe? Das kann ich gar nicht aufzählen. Dies ist XVIII aber auch heute noch das entscheidende Plus. Dadurch werden Musiker bekannt, ohne dass sie nennenswert Platten verkaufen. Es hat sein „Für und Wider“. Natürlich verliert der Künstler im ersten Moment und natürlich kostet eine Produktion Geld, aber eigentlich geht es darum, dass Musik verbreitet wird. Unsere Erfahrung ist, dass die Leute, die sich die Platte vielleicht nicht gekauft haben trotzdem zum Konzert gehen. Wir stellen auf unseren Konzerten häufig die Frage wer unsere CD illegal herunter geladen oder kopiert hat. Die Meisten geben das natürlich auch frei heraus zu, aber es ist in Ordnung, schließlich sind sie zum Konzert gekommen. Unterm Strich verdienen wir daran natürlich sogar noch mehr als mit jeder verkauften CD. Bei größeren Konzerten werden Tickets über den Zweitmarkt verkauft. Dies sind nicht nur Privatpersonen, sondern auch Händler, die risikoarm Geld verdienen. Stört dich so etwas mehr als illegal herunter geladene Platten? Ja, dass stößt mir unangenehm auf. Ich bin davon sogar noch eher als Musikkonsument betroffen. Jemand, der sich als Zwischenhändler einschaltet und auf dem Zweitmarkt Konzertpreise in die Höhe treibt, bereichert sich auf Kosten Anderer. Das finde ich moralisch verwerflicher, als sich umsonst Musik zu besorgen. Fändest du es in Ordnung, wenn die Besucher eines Konzertes unterschiedlich viel für gleichwertige Karten bezahlen obwohl sie dieselbe Performance sehen? Warum? Ich finde jeder sollte das Gleiche zahlen. Ich finde es nicht fair. Alle sehen das Gleiche, warum sollten da nicht alle das Gleiche bezahlen. Ob es da ein paar Euro Unterschied gibt, das ist egal. Eine CD kostet ja auch mal 15 Euro und mal 20 Euro. Das alles ist noch im Rahmen, aber bei Ticketpreisen, die wie im Moment bei 17,50 Euro anfangen und bei mehreren hundert Euro aufhören, finde ich nicht korrekt. Abgesehen von solch extremen Schwankungen. Würden alle Einnahmen des Ticketverkaufs direkt dem Veranstalter und damit auch dem Künstler zukommen... ...dann wäre es in Ordnung. XIX Fritz Rau 19. Januar 2009 Wie hat sich das Berufsbild eines Konzertveranstalters verändert? Quantitativ. Früher war ein Konzert in einem Saal mit 1.000 Leuten schon ein riesiges Ereignis. Ich war vermessen genug, mit meinem ersten Konzert 1955 in die Heidelberger Stadthalle zu gehen. Sie war mit 1.400 Plätzen ausverkauft, gespielt haben die Frankfurter Jazz-Allstars. Heute gibt es Open-Air Konzerte oder Konzerte in große Hallen. Die Festhalle in Frankfurt zum Beispiel, die habe ich erst Ende der 60er Jahre bekommen. Led Zeppelin und die Rolling Stones waren meine ersten beiden Veranstaltungen in der Festhalle und dann gingen wir mit Bob Dylan und Eric Clapton Open-Air. 80.000 Zuschauer kamen auf das Zeppelinfeld, dem früheren Reichsparteitaggelände in Nürnberg. Heute ist ein Konzert in der Jahrhunderthalle oder in der Alten Oper mit 2.500 Plätzen, ein kleineres Konzert. Bedeutend und sehr wichtig sind aber die Clubs, wie die Batschkapp, in denen junge Gruppen oder ehemalig sehr populäre, aber immer noch gute Musiker spielen. Die sollten auch vom Staat gefördert werden. Wir haben uns vom ehrbaren Handwerk zu industriellen Dimension entwickelt. Ein Open-Air zu veranstalten, kostet unglaublich viel Geld und Know-How. Ich habe, mit Billy Graham, der für mich der beste Open-Air Veranstalter war, einen guten Lehrmeister gehabt, bei ihm habe ich viel gelernt. Er hatte in Kalifornien aber auch ganz andere Verhältnisse als wir hier in Deutschland. It never rains in southern California, aber es regnet in Frankfurt. Dann fingen wir auch an Open-Airs zu veranstalten. Die Rolling Stones im Stuttgarter Neckarstadion waren mit 60.000 Leuten ausverkauft. Ab 1974 haben wir dann jedes Jahr große Open-Airs durchgeführt, die mir viel Spaß gemacht, mich aber auch sehr beansprucht haben. Ich bin kein Open-Air Veranstalter für mehrtägige Sachen, wie auf dem Nürburgring. Da kommt man nicht wegen der Musik, sondern durch die Musik. Ich bewundere den Kollegen Lieberberg, dass er sein Festival seit Jahrzehnten erfolgreich macht, mittlerweile ist er mit über 80.000 Sonnen voraus ausverkauft. Das hat mich nicht interessiert, dafür aber Open-Airs in den Stadien oder an besonderen Plätzen, zum Beispiel auf der Loreley, dort haben wir viele Konzerte gemacht. Durch die Entwicklung der Quantität werden mittlerweile ganz andere Anforderungen gestellt. Das Leben besteht nicht nur aus Open-Airs, sondern aus Livemusik. Live ist Leben. Das kann in den Clubs sein und das kann Open-Air sein. Heute müssen Veranstalter ganz anders arbeiten, als ich es getan habe. Viele Konzerte werden schon vorzeitig über das Internet ausverkauft. Einer meiner Lieblingsgruppen ist AC/DC, deren jetzige Tournee in den großen Hallen innerhalb fünf Minuten ausverkauft war. Ein Veranstalter hat heut die Möglichkeit ganz anders zu arbeiten. Ich musste noch plakatieren. Dank Günther Kieser hatten wir aber die schönsten Plakate, die Neugierde erweckt haben. Viele Künstler, die wir vorgestellt haben, waren zwar sehr gut, wie Muddy Waters oder Jonny Lee Hooker, aber halt unbekannt. Das hier ist das Jimi Hendrix Plakat, in das Günther Kieser Philosophie hineingebracht hat; hat bei Hendrix den Haarschopf durch Elektrokabel ersetzt, schließlich spielte er ja Elektric-Blues. So haben wir die Leute neugierig gemacht und deswegen kamen sie auch. Das ist visuel-music. So mussten wir arbeiten. Trotzdem sind Sie nicht immer ohne Risiko ausgekommen. Es hatte sich herum gesprochen, dass wir gut sind. Und 1978 kam Bob Dylan. Ich habe Jerry Weintraub kennen gelernt, weil ich seine Künstler John Denver und Jonny Cash präsentiert habe und er mit meiner Arbeit zufrieden war. Jerry Weintraub rief mich an und fragte mich, ob ich die Europa-Tournee von Bob Dylan machen wolle. Ich bin zu ihm geflogen und wir haben eine Woche lang alles miteinander besprochen. Plötzlich stand Bob Dylan in der Tür und wir unterhielten uns anfangs über das American Folk Blues Festival. Später erklärte ich ihm, dass ich den Traum habe auf Hitlers Field den Spirit zu ändern. Ich wollte ihm alles sehr ausführlich erläutern, aber er fragte mich, ob ich Leni Riefenstahls Film „Triumph des Willens“ kenne. Ich kannte den Film und da war er überzeugt, dass es eine gute Sache ist, in Nürnberg ein Konzert zu geben. Es war also alles geklärt und im letzten Meeting fragte Jerry XX Weintraub: „Fritz how about the money? How are you going to pay. The japanese had been here last week and they brought little black cases full of green dollars.“ Sie hatten alles im Voraus bezahlt. Ich sagte: „Nee, ich bezahl nicht im Voraus.“ „Why, Fritz?“ Immer noch lachend und mir fiel nichts ein, also habe ich gesagt: „It´s against my religion.“ Weintraub ist aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen, er rief seine Frau an und lud mich in seine Villa zum Essen ein. Als das Gelächter vorbei war, musste ich einen Vorschlag machen und so bot ich ihm eine Bankbürgschaft an. Plötzlich musste ich eine Bankbürgschaft über zwei Millionen Dollar beibringen und da war der Dollar noch über drei Mark. Mein Bungalow in Oberursel war gerade zur Hälfte abbezahlt. Alleine hätte ich eine Bürgschaft in dieser Höhe niemals bekommen, aber zum Glück war Horst Lippmann mein Partner. Er hatte großartige Visionen und er war sehr wohlhabend. Seine Bank übernahm die Bürgschaft. Die Dylan-Tournee lief gut und wir verdienten dabei sogar noch etwas Geld. Darum heißt die Firma auch nicht Rau & Lippmann, sondern Lippmann & Rau. Mein Prinzip ist es, dass ich ein kostspieliges Konzert nur übernehme, wenn das Geld bereits vorher vorhanden ist. Wenn alles schief laufen würde, bekommen die Musiker ihr Geld und alle anderen Kosten können bezahlt werden. Für mein erstes Konzert in Heidelberg habe ich einen Kinobesitzer als Geldgeber gefunden. Er gab mir 5.000 Mark, was damals sehr viel Geld war. Das Konzert war erfolgreich und ich gab ihm, wie verabredet, alle Gewinne ab. Ich kann es jedem nur empfehlen es so altmodisch zu machen, wobei Geld heutzutage geliehen werden kann. Entweder du gehst zu einer Bank oder du hast einen Partner, der das Geld hat, wie es bei mir der Fall war. Wie äußert sich die Industrialisierung der Branche? Früher habe ich mit Mick Jagger zusammen gesessen und wir haben die nächste Tournee besprochen. Heute haben die Stones einen Vermarkter, der ihnen über mehrere Jahre neunstellige Dollarsummen garantiert. Die Band konzentriert sich nur noch auf die Show und auf ihre Musik und der Vermarkter sucht einen der am meisten und am schnellsten bezahlt. Das ist allerdings nicht die beste Methode für den Künstler, denn wer viel bezahlt muss nicht unbedingt ein guter Promoter sein. Die letzten Rolling Stones Konzerte in Deutschland.... ...das war eine Katastrophe. Nur die Hälfte der Karten wurden verkauft. Die Bühne musste umgesetzt und 6.000 Platzkarten umgetauscht werden. Die Stones sollten darüber nachdenken, sie haben es mit den Preisen übertrieben. Ich habe die Stones verloren als ihnen von einem anderen Veranstalter eine Garantiesumme angeboten wurde, an die sie nie gedacht hätten. 28 Millionen Mark für zehn Open-Airs. Ich habe gerechnet und gerechnet und mir wurde klar, dass die Karten über 100 Mark kosten werden. 80 Mark war für mich die Grenze. Die Stones wollten bei ihrem Fritz bleiben, dafür hätte ich aber das Angebot des Konkurrenten, welches mir unsinnig hoch erschien, übernehmen müssen. Ich habe es nicht gemacht und die Band gewarnt, dass die Leute nicht mehr als 100 Mark zahlen würden und, dass die Stadien halb leer bleiben würden. Der Neue Veranstalter hat im Schnitt über 120 Mark genommen und die Tournee war innerhalb von drei Tagen ausverkauft. Die letzten Konzerte haben gezeigt, dass eine Grenze erreicht ist. Sehen sie in dieser Entwicklung ein Problem für junge Musiker? Ja. Wenn die Stones 250 Euro verlangen und Vater, Mutter und 2 Söhne zum Konzert wollen, dann sind 1.000 Euro weg. Der Alte zahlt, weil er die Stones braucht. Aber dann ist ein halbes Jahr Schluss mit Konzerten. Die Leute haben keine 30 Euro mehr für ein Konzert in der Jahrhunderthalle und nicht mal 15 für ein Konzert in der Batschkapp. Der Markt wird wie von einem Staubsauger leer gesaugt. Jeder hat ein gewisses Budget für Kultur. Dann kommt noch der Urlaub hinzu und die Eintracht und dann ist kein Geld mehr für Konzerte da. Das schwächt schon den Markt für kleine und mittlere Bands. Die Stones haben auch den Vorteil, dass sie drei Generationen anziehen und nicht nur Klassenkameraden. Richtet die Industrialisierung der Konzertbranche langfristig Schaden an? XXI Nein, man muss nur dagegen steuern. Man muss den Leuten sagen, dass sie ihr Geld nicht für ein OpenAir zum Fenster raus werfen sollen, wenn in der Batschkapp gute Bands spielen. Neulich war ich mit meinen Enkelkindern bei den Black Eyed Peas. Das hat mich begeistert und es war ein toller Abend. Tina Turner zum Beispiel, die habe ich vor acht Jahren mit einem Open-Air im Waldstadion verabschiedet. Sie spielt jetzt nur noch Hallenkonzerte. Die sind auch ausverkauft. Open-Airs sind eine harte Probe. Das Volk hat alle Macht und wenn es eine Verweigerung wie bei den Stones, gibt mit 25.000 echt verkauften Karten anstatt 55.000 letztes Jahr, dann denken alle Beteiligten nach. Es wird sich wieder normalisieren. Nur keine Sorge, junge Bands kommen nach, man braucht sich nur die Charts anzusehen. Wird es zukünftig verstärkt die Aufgabe von Veranstaltern sein, unbekannte Künstler aufzubauen? Ja. Ich sage immer zu jungen Veranstaltern, dass sie sich nicht an dieser Überbietung von Preisen beteiligen sollen. Es gibt viele gute Künstler. Annette Louisan ist herrlich oder Ina Müller, das ist Entertainment. Aber auch Silbermond, Wir sind Helden oder Juli es gibt immer neue Künstler und Leute wie Lindenberg, Maffay und Grönemeyer werden bleiben, weil sie vernünftige Preise nehmen. Günstige Preise werden durch den Sekundärmarkt relativiert. Halten Sie das für eine Gefahr? Man kann sich ja nicht dagegen wehren. Wenn ein Konzert ausverkauft ist, ist der Schwarzmarkt nicht zu vermeiden. In der Regel sind Tickets aber verfügbar. Die Umsatzzahlen der Livemusikbranche steigen von Jahr zu Jahr. Liegt es an den Preiserhöhungen oder gibt es mehr Konzerte Es gibt viel mehr Konzerte und das in allen Preislagen. Natürlich sind es die großen Konzerte mit sehr hohen Preisen, die für die Umsatzerhöhung verantwortlich sind. Es gibt aber auch noch genügend andere Konzerte, die dazu beitragen. Ich bin froh, dass ich am Ende meines Lebens feststellen kann, dass Konzerte beliebt sind. Live bedeutet zu leben. Über das Fernsehen kann alles verfolgt werden, niemand brauch sich bewegen. Das hat aber nichts mit dem Live-Erlebnis zu tun. Du musst raus gehen, dir Karten besorgen und bei Sturm und Regen dir sechs bis sieben Stunden die Beine in den Bauch stehen. Du kannst nicht mehr weg, nicht auf Toilette, weil du mit tausend Anderen vor der Bühne gedrängt stehst. Das alles wird in Kauf genommen, aber du weißt, du lebst. Das Schöne daran ist, dass du tausende Menschen um dich herum hast, die alle gleiches fühlen. Dieses Gemeinschaftserlebnis, das ist live. Darum wird es auch immer Livekonzerte geben. Man muss nur mit den Kommunikationsmitteln und dem Geld umgehen können. Ich habe einen ungeheuerlichen Respekt vor Geld, da ich aus einfachen Verhältnissen komme. Der Tonträgermarkt musste in den letzten Jahren starke Verluste hinnehmen. Plattenfirmen wenden sich zunehmend dem Konzertmarkt zu. Ist die Livebranche die einzig verbliebene gesunde Branche in der Musikindustrie? Die Platte wird sich erholen, sie ist auf einem guten Weg. Mittlerweile kannst du dir eine Single für 99 Cent legal laden. Das Unrechtsbewusstsein ist das Problem. Geistiger Diebstahl geht zu Lasten der Künstler, aber da gibt es auch technische Entwicklungen. Es gibt Spieler, die kopierte Platten gar nicht abspielen können. Die Plattenindustrie wird sich dem zuwenden. Momentan suchen die Leute das Erlebnis eines Konzertes. Dafür habe ich 50 Jahre getrommelt. Nun wollen die Plattenfirmen ihr Geld wieder haben, welches sie in den sechziger und siebziger Jahren für Tourneen ausgegeben haben. Sie wollen an unserem Erfolg beteiligt werden. Aber das ist falsch gerechnet. Wir Veranstalter sind damals nicht reich geworden. Wir mussten die Künstler für größere Konzerte aufbauen und wir haben nie einen Pfennig von den Plattenfirmen dafür bekommen. Das Geld ging an die Künstler. Die Konzerteinnahmen wurden sechzig zu vierzig oder halbe, halbe geteilt. Jimi Hendrix hat damals zehn Mark gekostet. Er spielte in der Jahrhunderthalle. Wir hatten 25.000 Mark Bruttoeinnahmen minus Steuern. Also hat jeder ungefähr 10.000 Mark bekommen. Wir mussten die XXII örtlichen Kosten decken, die Büroorganisation finanzieren und für die entstandenen Schäden bezahlen. Wir wurden nicht reich. Wir mussten viele Konzerte durchführen und neue Gruppen aufbauen. Es besteht kein Grund, dass die Plattenfirmen an unseren Tourneen verdienen, aber es bestünde ein Grund, dass sie am Vermögen der Künstler beteiligt werden, denn die haben sie unterstützt und die haben viel Geld verdient, aber das ist Utopie. Für den Veranstalter sind die Ticketverkäufe die einzigen Einnahmequellen. Bei mir war es früher so, dass ich die örtlichen Kosten und die Produktionskosten zusammengestellt habe. Dann kam ich zu einem BREAK-EVEN-POINT, der musste erreicht werden und lag bei 80 Prozent. Die 20 Prozent darüber waren der Gewinn und gleichzeitig auch eine Absicherung. Es wurde sich also nach den Kosten gerichtet. Die wichtigste Entscheidung war es einen passenden Konzertort zu finden. Wenn ein Künstler 500 Leute zieht, darf er nicht in ein tausender VENUE. Wenn er 2.000 zieht, dann soll er in die Jahrhunderthalle gehen, aber wehe er geht in die Festhalle. Das wäre eine Katastrophe. Umso größer der Ort, desto teurer ist er auch. Also ist die richtige Wahl des Ortes bereits der entscheidende Schritt über das Schicksal eines Konzertes. Früher waren die Plattenverkäufe ein Indiz, heute ist es Erfahrung. Nach dem Willen der Manager können die V ENUES nicht groß genug sein, da sie an den Mehreinnahmen beteiligt sind. Dagegen muss ich mich als Veranstalter wehren. Ich als Veranstalter trage ja das Risiko und im Zweifel kann man das Konzert ja wiederholen. Maffay hatte ein Geniestreich vollführt. Er ist in die Alte Oper gegangen, hätte aber die Festhalle voll bekommen. In der Alten Oper hatte jeder seinen Platz und jeder konnte sich gute oder weniger gute Plätze kaufen. Das erste Konzert war mit 2.500 Leuten ausverkauft und dies war erst der Tourneeauftakt. Das zweite und dritte Konzert war ebenfalls ausverkauft, das Vierte nahezu. Vier aufeinander folgende Konzerte in der Alten Oper und die Kosten waren wesentlich geringer, als in der Festhalle. Was halten Sie von einer dynamischen Preisfindung für Konzerttickets? Das ist eine interessante Idee, die müsste ich überdenken. Die Leute wollen aber wissen was sie erwartet, es hätte keinen Zweck, dass sie nachher enttäuscht sind, weil sie zu früh oder zu spät gekauft haben. Wir sind Kartenverkäufer und der Umgang mit unseren Kunden ist sehr wichtig. Es wäre gerecht, wenn die Preise mit der Zeit steigen. Wenn sie aber fallen warten die Leute und vielleicht werden die Karten gar nicht verkauft. Da würde ich von abraten. Es ist aber interessant eine Dynamik unter zu bringen. Das würde bedeuten, dass die Veranstalter und die Künstler daran beteiligt sind und die Karten vom Schwarzmarkt vertrieben werden. Denk darüber nach. Ich müsste auch darüber nachdenken. XXIII Ralf Scheich 03. Dezember 2008 Kannst du kurz beschreiben, was du bei der CTS EVENTIM AG machst? Ich arbeite im Vertrieb für CTS Eventim, speziell in Norddeutschland. Vertrieb bedeutet, die Kontakte zwischen den Vertriebspartnern herzustellen. Da wären zum einem die Veranstalter. Sie wollen ihre Veranstaltungen bei uns im System einstellen. Meine Kunden sind also Konzertveranstalter, aber auch die Vertriebspartner der Vorverkaufsstellen, die klassischen Vorverkaufsstellen, Handelsketten und Reisebüros. Die Zeitungsverlage darf ich nicht vergessen. Da haben wir eine ganze Menge als Kunden. Wie viele Mitarbeiter seid ihr? Die genaue Zahl weiß ich nicht. Im letzten Bericht waren wir etwas unter 900. Circa 900 bei CTS. Und im Vertrieb? Wir zählen die Vertriebsgebiete durch: Norddeutschland, Nordwest (u.a. Bremen), West (NRW), Mitte (u.a. Hessen), Nordost (inkl. Berlin), Südost, Südwest und Süddeutschland. Insgesamt sind es acht Vertriebsrepräsentanten und dazu kommen noch Key-Account Manager und der Vertriebsinnendienst. Im Vorgespräch hast du schon angesprochen, dass unter anderem MLK und Scorpio zur EVENTIM AG gehören. Damit profitiert das Unternehmen EVENTIM auch von den erfolgreichen Konzertveranstaltern? Es sind immer Mehrheitsbeteiligungen beziwhungsweise Minderheitsbeteiligungen mit Option. Die CTS EVENTIM AG steht auf zwei Säulen. Einmal das TICKETING und einmal der Bereich Live-Entertainment. In der Wertschöpfung des Bereiches Live-Entertainment verdienen wir natürlich mit. Dies ist ein wichtiger Bestandteil der AG. Seit wann ist das so? Seit dem Börsengang. Damals wurden die großen Konzertveranstalter gekauft. Wobei einige wie Lieberberg, damals im Umkreis der CTS GmbH schon dabei waren. Der Börsengang war 2000. Die Aktie ist damals bei rund 18 Euro gestartet. Wir haben einen Aktiensplit gehabt. Seit dem Börsengang hat sich der Kurs fast verdreifacht. Kurz nach der Akquisition von getgo.de waren wir bei 1,01 Euro. Das war aber nicht unbedingt auf die AG zurückzuführen. In der allgemeinen Krise war die gesamte Marktlage schlecht. Heute steht CTS, trotz erneuter allgemeiner Krise sehr stabil da. Ist es die Folge des ZweiSäulen-Prinzips? Und vielleicht auch der Vorreiter zum 360°-MODELL? Ja. Über das 360°-MODELL wird jetzt viel gesprochen. Es gab aber auch schon in der Vergangenheit solche Versuche. Tim Renner hat es vor vielen Jahren schon bei Universal gemacht. Aber auch Konzertveranstalter, die schon lange auf dem Markt sind, profitieren davon. Das Rad wurde durch das 360°-Modell nicht neu erfunden. Bekannt ist es jetzt durch Live Nation aus Los Angeles geworden, die mit Madonna als ersten ACT dieses 360°-MODELL groß publik gemacht haben. Mittlerweile ist aber der Plattenbereich wieder ausgegliedert. XXIV Hat sich Live Nation überschätzt? „Schuster bleib` bei deinen Leisten.“ Wenn sie es nicht richtig umsetzen können, ist es die richtige Entscheidung das Plattengeschäft wieder abzugeben. Aber sie setzen jetzt alles daran, dass auch das Geschäft mit dem LABEL läuft. Zurück zu CTS. Ihr seid deutlicher Marktführer in Deutschland und habt jetzt einen Vertrag mit Live Nation ausgehandelt. Wie soll die Zusammenarbeit aussehen? Wir haben einen Vertrag mit Live Nation, die circa 70 Prozent der Welttourneen ausrichten. Sie haben lange Ticketmaster als exklusiven Vertriebspartner gehabt. Dieses System wird ab dem 01 Januar 2009 von unserem System ersetzt. Erst in den USA und in Kanada und dann nach und nach auch auf den anderen Kontinenten. Das bedeutet, dass wir unser System als Lizenzsoftware zur Verfügung stellen. Es ist dasselbe System, welches hier an den Vorverkaufsstellen zum Einsatz kommt. Dieses System wird jetzt in den USA implementiert. Live Nation hat eine Sparte TICKETING eröffnet, die mit unserer Software arbeiten. Weltweit? Die Software wird weltweit genutzt, aber Europa übernehmen wir. In Europa werden in den jeweiligen Ländern, falls noch keine eigene Vertriebsstruktur vorhanden, entweder Gesellschaften gegründet, oder vorhandene Vertriebsnetze akquiriert. In Deutschland wurde jetzt die O2-World in Berlin eröffnet. Die Color Line Arena in Hamburg gehört zum selben Unternehmen. Bei beiden Veranstaltungsorten habt ihr die Ticketdistribution übernommen. Habt ihr ebenfalls ein Lizenzvertrag mit ANSCHUTZ? Nein, das läuft über die V ENUES. ANSCHUTZ war traditionell auch enger Partner von Ticketmaster und so sollte das auch in Deutschland umgesetzt werden. Es gab eine Ausschreibung für beide Projekte und wir haben uns beteiligt. Nachdem wir den Zuschlag bekommen haben, setzten wir in einigen Wochen die Installation inklusive mobiler Zutrittskontrolloption um. Mit den beiden Konzerten Grönemeyer und Metallica wurde dann die O2-World eröffnet. Wir haben jetzt alles sehr global besprochen. Vielleicht könntest du noch die Vertriebsstruktur in Deutschland erklären? Die Vorverkaufsstellen sind Partner von uns und haben die Software auf ihren Rechnern. In fast allen Fällen stellen wir auch die Hardware, außer die Monitore. Dadurch können wir bei Problemen schneller helfen. Dies entstand aus der Historie heraus. Die CTS GmbH gab es seit 1989 und wurde von großen Veranstaltern wie Lieberberg, Hoffmann, der jetzt mit Africa! Africa! unterwegs ist, Fritz Rau und so weiter gegründet. Und schon damals wurde gesagt, wenn ein System aufgebaut werden soll, dann müssen wir auch unsere Partner anbinden. Wenn ein kleiner Lottoladen oder ein Reisebüro, die eine kleinere Kapitalstruktur haben, nicht mehr arbeiten können, weil der PC kaputt ist, funktioniert das System nicht. Also verleihen wir unsere Geräte. Die Vorverkaufsstellen haben die Geräte und unsere Software dann vor Ort. Der Offline-Handel läuft also direkt über die Vorverkaufsstellen. Hinzu kommt der OnlineHandel. Ticket per Post ist auch von euch? Ticket per Post ist eine Vorverkaufsstelle von uns. Es ist eine andere Website und ein anderes Call-Center aber sie arbeiten mit unserer Software. Es läuft alles auf das Selbe hinaus. Ihr habt auch die Ticketdistribution für die Fußball WM in Deutschland gemacht. Dabei wurden personalisierte Tickets eingesetzt. Da wart ihr Vorreiter... XXV Genau. Das war Teil des Anforderungskataloges des OK für die WM 2006 und die konnten wir dann auch alle erfüllen. Es gab ein sehr großes Bündel an Anforderungen, welche im Umsetzungsprozess sogar noch zunahmen und Entwicklungs Know-How erforderten. Unser Enwicklungsteam und alle die in diesem Projekt involviert waren, haben wirklich Großes geleistet. Die personalisierten Tickets waren juristisch umstritten, aber letztendlich war es doch eine Lösung, die vergleichsweise sehr gut ausgefallen ist? Wie war das Feedback von der OK? Das war super. Das System hat funktioniert. Es gab ja auch in den Medien viel Anerkennung. Ein Grund warum die Tickets personalisiert werden sollten, war ja auch, dass man die Kontingente besser steuern konnte. Bei der EM in Portugal gab es ein Problem. Die teilnehmenden Verbände haben immer Pakete bekommen. Das konnten wenige Karten sein aber auch mal die halbe Tribüne. Bei einem Spiel wurde vom Verband nicht gemeldet, dass die Tickets nicht eingelöst wurden. Da war dann die Tribüne komplett leer. Dass darf es natürlich nicht geben. So was ist bei der WM in Deutschland nicht passiert. [...] Das Ergebnis war, das wir eine Auslastung von 99,5 Prozent hatten. Das war noch nie da gewesen. Die Karten zur WM waren personalisiert. In den Karten war ein RFID-CHIP. Dieser Chip benötigt einen Scanner zum auslesen. Die Scanner wurden im Zuge der Stadienrenovierungen installiert. Bei der O2-World und der Color Line Arena wird am Eingang ebenfalls gescannt. Ist dies auch ein Modell für die Konzertbranche? Das sind Handscanner. Diese Mobilscanner sind, soweit ich weiß, keine Transponderscanner. Die können nicht berührungslos über RFID-CHIPS gelesen werden. AEG hat sich dafür entschieden. Sie hätten zum Beispiel auch Drehkreuze installieren können, was sicherlich ein bisschen teurer und in der Umsetzung komfortabler gewesen wäre, aber so sind sie natürlich flexibel. Wir haben das installiert und die Software implementiert. Das Personal wurde geschult und jetzt kann der Sicherheitsdienst den Einlass machen. Die Barcodescanner sind sehr neu und superschnell. Außerdem funktionieren sie auch wenn der Accesspoint ausfällt. Die Scanner werden laufend synchronisiert und alle notwendigen Daten sind auf dem Gerät. Schützt so ein System vor Fälschungen? Das ist ein Punkt. Der andere Punkt ist das Marketing. Im Ligasport, wie zum Beispiel bei den Hamburg Freezers werden die Tickets auch gescannt. Die Scannvorgänge kann man dann auswerten. Wie kommen die Zuschauer in die Halle hinein? Wie bewegen sie sich? Wenn man jetzt merkt, dass die Dauerkarteninhaber nicht oder erst fünf Minuten vor dem Spiel kommen, kann man sie anschreiben und ihnen Gutscheine anbieten wenn sie eher kommen. Und wer ein Bier trinkt, trinkt dann meistens auch ein Zweites. Von daher wird auch die Gastronomie angetrieben. Auf Schalke wird zum Beispiel mit der Knappenkarte, mit der Bargeldlos in der Arena eingekauft werden kann, seit Jahren sehr erfolgreich gearbeitet. Hinter dem Barcode steht nicht nur die Ticketnummer, sondern auch die Person. Kann so verfolgt werden wo oder wann das Ticket gekauft wurde? Genau. Das kann man natürlich nur, wenn die Person bekannt ist, wie bei Dauerkarten. Wenn es ein gekauftes Ticket an der Vorverkaufsstelle ist, dann nur wenn die Daten abgegeben wurden, was heutzutage noch sehr unüblich ist. In Amerika gibt es so genannte BROKER und SCALPER. Sie betreiben das, was man hierzulande gewerblichen Zweithandel oder auch Grauhandel nennt. Glaubst du, dass der Grauhandel hier noch zunimmt und bald Ausmaße annimmt wie in den USA? Ich glaube schon, dass es zunimmt. Die Strukturen begünstigen es einfach. Vor allem die Möglichkeit online Tickets anzubieten sind groß. Es gibt eBay, Seatwave, Viagogo und noch andere. Aber nicht jede XXVI Veranstaltung ist natürlich ein Erfolg für diese Unternehmen. Es ist aber auch eine Frage der Zeit, wie sie sich entwickeln wollen, welche Größe sie erreichen wollen. Ich weiß nicht welche Gründungsstruktur sie haben, aber wenn sie wachsen wollen, müssen sie natürlich immer stärker in das Geschäft rein und sie müssen an die Quelle kommen. Sie müssen im Prinzip die Tickets direkt aus erster Hand bekommen. Von uns bekommen sie keine Karten und soweit ich weiß auch nicht von anderen Ticketsystemen. Sie müssen also mit anderen Margen arbeiten. Sie erhalten nicht die vollen Vorverkaufsgebühren als Erlös, sondern sie teilen sie sich mit Zwischenhändlern. Das sind andere Vorverkaufsstellen oder Einkäufer, die die Tickets besorgen. Zum Verständnis: Seatwave und Viagogo kaufen selber Tickets? Diese Portale kaufen Tickets ein, ja. Sie lassen aber auch Tickets einstellen und bekommen eine Provision. Und bieten sie zu höheren Preisen an? Zu extrem höheren Preisen. Das ist natürlich ein Teil des Deckungsbeitrages. Sie müssen ja eine Erfolgsquote erzielen um das Prinzip aufrecht zu erhalten. Wenn sie zum Beispiel jetzt gerade AC/DC anbieten wird die Erfolgsquote sicherlich hoch sein, da die Nachfrage extrem überzeichnet ist. Aber Sie wollen ja alles anbieten und nicht jede Veranstaltung wird natürlich gekauft. [...] Selbst wenn man die Tickets im regulären Verkauf nicht bekommen hat, ist die Frage: Will ich wirklich soviel Geld ausgeben? Die Meisten machen es nicht. Trotzdem ist es ein risikoarmes Geschäft? Genau. Es ist ja eigentlich so, dass bei Viagogo und Seatwave Tickets von Fan zu Fan angeboten werden. So wird es ja kommuniziert. Wie auch bei eBay, gibt es eine Privatperson, welche die Tickets einstellt und an eine andere Privatperson verkauft. So ist das Konzept eigentlich gewesen. Aber Seatwave versucht mittlerweile selber Kontingente zu bekommen beziehungsweise kauft Tickets auf und stellt diese dann selber rein. Sie schicken auch Faxe an die Vorverkaufsstellen, ob Interesse besteht, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Also sie machen es schon nicht mehr verdeckt. Das ist sehr aggressiv, aber ich glaube nicht daran, dass wir in fünf oder sechs Jahren noch was von solchen Händlern sehen werden. Es gab immer einen Handel mit Tickets, nur heute sind die Möglichkeiten besser als damals und wir sehen es intensiver. Damals gab es immer 50 bis 60 Leute vor den Hallen und wollten Tickets verkaufen. Das Problem ist auch, dass diese Plattformen nicht im Risiko stehen. Der Konzertveranstalter steht im Risiko. Er hat die Veranstaltung geplant, er muss sehen, dass er auf seine Quote kommt und sein BREAKEVEN erreicht und wenn er es nicht erreicht, dann hat er den Schaden, aber nicht diese Plattform. XXVII