Die Strassen von Rom

Transcription

Die Strassen von Rom
Comune di Roma
Tourismus
Comune di Roma
Tourismus
Die Strassen von Rom
TOURISMUSINFORMATIONSZENTREN der Stadt Rom
Ein Spaziergang durch die historischen Strassen der italienischen Hauptstadt
Öffnungszeiten: Mo – So von 9.00 – 19.30 Uhr
Engelsburg - Piazza Pia
Trevibrunnen - Via Minghetti
Fori Imperiali - Piazza del Tempio della Pace
Navona - Piazza delle Cinque Lune
Santa Maria Maggiore - Via dell’Olmata
Bahnhof Termini - Via Giolitti, 34 (Gleis 24) [geöffnet: 8.00-21.00 Uhr]
Piazza Sonnino - Viertel Trastevere
Via Nazionale - Bei Palazzo Esposizioni
Flughafen Leonardo da Vinci (Fiumicino) - Terminal C
Via dei Coronari
Via Giulia
Via dei Condotti
Via Sistina
Via del Babuino
Via des Portikus der Oktavia
Via dei Giubbonari
Via di Campo Marzio
Via dei Cestari
Via dei Falegnami/Via dei Delfini
Referat für die Politischen Angelegenheiten im bereich der Internationalen Förderung des Tourismus
Via Leopardi 24 - 00185 Rom
Call Center für den Tourismus: Tel.: 0039 06 82059127
Öffnungszeiten: Mo – So von 9.00 – 19.30 Uhr
www.comune.roma.it
Grafiche Ponticelli Spa - Castrocielo - ord. 3304 del 7/02/06 - cp. 5000 - cod. 4611
Via di Monserrato
Via del Governo Vecchio
Via Margutta
Comune di Roma
Tourismus
Die Strassen von Rom
Ein Spaziergang durch die historischen Strassen der italienischen Hauptstadt
Via dei Coronari
Via Giulia
Via dei Condotti
Via Sistina
Via del Babuino
Via des Portikus der Oktavia
Via dei Giubbonari
Via di Campo Marzio
Via dei Cestari
Via dei Falegnami/Via dei Delfini
Via di Monserrato
Via del Governo Vecchio
Via Margutta
VIA DEI CORONARI
VIA DEI CORONARI
D
Die Strassen von Rom
2
iese Strasse stellt die erste gerade
Strassenachse dar, die Papst Sixtus IV.
anlässlich des großen Jubiläums von 1475 in
der mittelalterlichen Stadt als direkte
Verbindung zwischen dem Stadtteil Ponte und
dem Vatikan erschließen ließ. Der Strassenbau
erfolgte im Rahmen des sixtinischen, groß
angelegten Stadtveränderungsplans, der die
Verbindung zwischen dem dicht besiedelten
zentralen Stadtteil am linken Tiberufer, das
dem antiken Campo Marzio entsprach, und
den weiter nördlich auf der gegenüberliegenden Tiberseite gelegenen Stadtteilen, vor
allem mit der Peterskirche verbessern sollte.
Der gewaltige Pilgerstrom in Richtung
Engelsbrücke, die damals als einzige den
Zugang zum Vatikan ermöglichte, sollte damit
abgezweigt werden.
Die Via dei Coronari, die auf den Spuren des
letzten Abschnitts der antiken Via Recta
erbaut wurde, war eine der drei Strassen, die
sich von der antiken Piazza di Ponte aus, oder
Trivium Mensariorum, dem Marktplatz und
Ort der Hinrichtungen, bis zur sehr zentral
gelegenen Piazza Colonna erstreckten und
somit den gesamten, so genannten
Renaissancestadtteil durchquerten. Dieser
Stadtteil wurde gegen Ende des 15. Jh. städtebaulichen
und
architektonischen
Veränderungsmaßnahmen unterzogen, wobei
dessen mittelalterliche Grundstruktur mit
einem herrlichen Renaissanceüberbau versehen wurde. Die Via dei Coronari entwickelte
sich rasch zu einem Knotenpunkt innerhalb
des erneuerten Strassennetzes dieses
Stadtteils, zur Innenarterie im Herzen der
Urbs, symbolisch genau zwischen der
„Heiligen Stadt“ und dem „Historischen
Zentrum“ gelegen. Die Strasse war außerdem
eng mit dem neuen Quartier der Banchi verbunden, wo sich die wichtigsten, ausländischen Banken nieder gelassen hatten. In diesem Sinne diente die Strasse nicht nur zur
Durchquerung, sondern sie stellte zu dieser
reinen Händler- und Handwerksgegend auch
eine wichtige Verbindung her. Diesen Zweck
erfüllt sie noch heute, wo sich an ihr zahlreiche, renommierte Antiquitätengeschäfte reihen. Die Via dei Coronari, „eingefasst“ in die
malerische Gegend um die genauso berühmte
Piazza Navona, verdankt ihren Namen gerade
dem konstanten Pilgerstrom, der besonders
während der „Anni Santi“, der heiligen Jahre,
sehr stark war. Damals zog sie viele Händler
an, auch „Paternostrari“ genannt, die religiöse Gegenstände verkauften. Die Strasse, die
ihren Renaissancestil fast vollständig beibehalten hat, durchquerte zwei angrenzende
Gegenden
dieses
Stadtteils:
die
„Scortecchiara“, in der Lederwarenhändler
niedergelassen waren, und die Imago pontis,
die ihren Namen von einem auf
Kirchenliteratur spezialisierten Zeitungskiosk
erhalten hatte. Zwischen dem 15. und dem
16. Jh. festigte sich die Funktion der Strasse
als Verbindung zur Stadtmitte mit ihren wichtigen Herrenhäusern, die oftmals herrlich
bemalte oder gravierte Fassaden aufwiesen.
Folgt man der Via dei Coronari durch ihre
geheimnisvollen und faszinierenden, architektonischen Kulissen hindurch, in denen auch
weniger bedeutende Bauwerke und einzelne
urbane Bauelemente wichtige Zeugen der
architektonischen und sozialen Entwicklung
der Strasse sind, gelangt man in ein wahres
Freiluftmuseum, belebt durch imposante
Kirchengebäude und zahlreiche, für Rom typische Zeitungskioske mit Kirchenliteratur.
Diese erinnern auf pittoreske Art und Weise
an den immerwährenden Fluss von Pilgern,
die vor den berühmten „Madonnelle“, den
kleinen Madonnenbildnissen, Halt machten,
um zu beten.
Palazzo Grossi-Gondi, das Gebäude befindet
sich an der Einfahrt zur Via dei Coronari in
Richtung Piazza di Tor Sanguigna. Es wurde im
16. Jh. im Auftrag der florentinischen Familie
Gondi erbaut und befindet sich noch heute in
ihrem Besitz. Seine Fassaden sind mit
Fenstern versehen, deren Ornamente am
Wappen des Geschlechts inspiriert sind. Der
Bau der Casa Lucci-Mancini wurde im 16 Jh.
von der römischen Adelsfamilie beauftragt.
Das Gebäude ging später an die
Erzbruderschaft Santa Maria in Portico über,
die im Innenhof eine ausgesuchte
Stuckdekorierung anbringen ließ. Die Casa
della Confraternita di Santa Maria dell’Orto,
das Haus der Bruderschaft der Heiligen Maria
des Gemüsegartens, verdankt seinen Bau dem
reichen Verein der Bewohner von Trastevere,
der in der Stadt zahlreiche Liegenschaften
besaß. Das Merkmal der Casa del Salvatore,
das Haus des Heilands, ist eine an der
Hausfassade angebrachte Büste des Heilands,
die im 16. Jh. von der Gesellschaft der
Empfohlenen des Herrns gestiftet worden
war.
Ende des 15. Jh. ließ die einflussreiche
Familie Bonaventura, aus der zahlreiche
Kardinäle und Senatoren hervorgingen, den
VIA DEI CORONARI
tonischer Höhepunkt des Bauwerks: auf einer
Seite wird dieser von einem Säulengang in
zweifacher Ordnung umzäunt, auf dessen
Wänden antike in Stuckrahmen eingefasste
Reliefs verlaufen. Genauso reich und herrschaftlich sind die daran angrenzenden Säle
mit ihren Fresken von Guercino und Agostino
Tassi. Der Palazzetto dell’ex Monte di Pietà,
in dem sich das in dieser Funktion gegen Ende
des 16. Jh. von Papst Sixtus V. eingerichtete,
ehemalige Leihhaus befand, wurde im Jahr
1572 von Grund auf neu errichtet, woran die
an seiner Frontseite angebrachte Tafel
erinnert. Der Palazzo del Drago wurde 1557
von den Gebrüdern Paolo, Giorgio und
Giampietro del Drago auf einer bereits bestehenden Häusergruppe gebaut, wobei auch die
mittelalterliche Kirche San Salvatore de
Inversis in den Bau mit eingebunden wurde.
Das Gebäude fällt durch seine gelungene
Fassade mit ihren auf der Höhe des zweiten
Stockwerks gewölbten und kunstvoll eingerahmten Fenstern auf. Der im 16. Jh. erbaute
Palazzo Fioravanti war ursprünglich
Eigentum der Familie Sala, danach ging er an
das Adelsgeschlecht der Fioravanti aus Pistoia
über. Die Casa dell’Arciconfraternita del
Gonfalone, der Erzbruderschaft des
Gonfalone, besser bekannt als das Haus von
Fiammetta, stellt eines der seltenen Beispiele
von Wohngebäuden aus der ersten Hälfte des
15. Jh. dar, das noch heute als mittelalterliches Bauwerk erkennbar ist. Seine
Berühmtheit verdankt es dem Namen der
bekannten Kurtisane und Geliebten von
Cesare Borgia. Die Casa di Prospero Mochi
wurde 1516 von Pietro Rosselli im Auftrag des
Generalkommissars für Festungsanlagen der
3
Die Strassen von Rom
Palazzetto Bonaventura erbauen. Seine eine
einheitliche Kottofassade weist Lesenen auf,
die mit korinthischen Kapitellen versehen
sind. Der stilvolle Innenhof wurde im 17. Jh.
Neuerungen unterzogen. Im 17. Jh. ging das
Gebäude zuerst in den Besitz der Familie
Latini, anschließend in den der DiamantiValentini über. Die Casa dipinta, das bemalte
Haus, befindet sich an der Ecke zur Via della
Maschera d’Oro. Es ist ein wunderbares
Beispiel der ab Ende des 15 Jh. üblichen
Technik, nach welcher die Fassaden von
Wohnhäusern und Palazzi mit einem Hell-undDunkel-Effekt veredelt wurden, wobei der
monumentale Charakter der Stadt betont
wurde. Die heute stark verblasste
Fassadendekoration, die einen durch
Trophäen und mythologische Figuren belebten
Bildzyklus darstellt, soll das Werk von auf diesem Gebiet gerade in Rom sehr rege tätigen
Künstlern des Kalibers eines Maturino da
Firenze und eines Polidoro da Caravaggio sein.
Der Palazzo Lancellotti, nimmt die
Häusergruppe zwischen der Piazza di San
Simeone und der Piazza San Salvatore in Lauro
ein. Das monumentale Bauwerk, die einen
Teil der ursprünglichen Bauten in sich integriert hat, nimmt eine besondere Stellung
unter den wichtigen Gebäuden an der Via dei
Coronari ein. Es wurde Ende des 16.Jh. von
Francesco Volterra im Auftrag des Kardinals
Scipione Lancellotti nach einem aufwendigen,
schließlich von Carlo Maderno zu Ende geführten Bauplans errichtet. Auf die präzise und
nüchterne Fassade, die in der Mitte durch das
von
Domenichino
ausgeführte
reich
beschmückte Tor unterbrochen wird, folgt ein
wunderschöner Innenhof als wahrer architek-
VIA DEI CORONARI
Die Strassen von Rom
4
Stadt Rom erbaut und ist eines der beeindrukkendsten Bauten der Via dei Coronari. Die
Casa Lezzani, oder Haus von Raphael, ist ein
nüchternes Renaissancegebäude, in dem der
Überlieferung nach der berühmte Maler
gelebt haben soll. Am Palazzo Vecchiarelli,
der in der zweiten Hälfte des 16. Jh. erbaut
wurde, fällt vor allem ein Altan hervor, der
Bartolomeo Ammannati zugeschrieben wird.
In den Genuss des Anblicks der Kuppel der
Kirche Santa Maria della Pace kommt man
von den architektonischen Stadtkulissen des
Vicolo della Volpe aus. An den Tempel, der das
Ergebnis verschiedener von Ende des 12. Jh.
bis
zum
17.
Jh.
durchgeführten
Baumassnahmen ist, wurde zwischen 1500 und
1504 der berühmte von Bramante verwirklichte Kreuzgang gebaut, der zum antiken Kloster
der Domherren des Lateranenser Ordens
gehörte. Der Bau desselben ist wiederum in
einen an die Via dei Coronari angrenzenden
Gebäudekomplex eingebunden. Die Kirche
San Salvatore in Lauro, die auf den gleichnamigen Platz ausgerichtet ist, grenzt direkt an
den Palazzo Lancellotti an. Seit dem Jahr
1177 bekannt, wurde das Gebäude bis in das
16. Jahrhundert wiederholt verschiedener
baulichen Veränderungen unterzogen; 1591
wurde es durch einen Brand zerstört, um
danach umgehend nach einem Bauplan von
Ottavio Mascherino wieder neu aufgebaut zu
werden. Die harmonisch anmutende Fassade
ist ein Werk von Camillo Guglielmetti aus dem
19. Jahrhundert. Am Ende des effektvoll in
Szene gesetzten Treppengangs in der gleichnamigen Gasse von San Simeone steht die
kleine Kirche der Heiligen Simeone und
Giuda,
die
nach
wechselnden
Nutzungszwecken heute entweiht ist. Das seit
dem 12. Jh. als Kirche der Heiligen Maria de
Monticellis, oder in Monticello, später als
Kirche des Monte Johannis Ronzonis bekannte
Gotteshaus, gehörte im 16. Jh. der
Adelsfamilie der Orsini, die den angrenzenden
Palazzo di Monte Giordano bewohnten. Die
Kirche der Heiligen Celso und Giuliano, die
an der Via del Banco di Santo Spirito liegt,
schließt den religiösen Spaziergang an der Via
dei Coronari in Richtung der antiken Piazza di
Ponte. Die ursprüngliche an jener Stelle stehende und im Jahr 1008 zum ersten Mal
erwähnte Kirche wurde 1509 abgerissen, um
gegen Mitte desselben Jahrhunderts erneut
aufgebaut und abermals zerstört zu werden.
Schließlich wurde sie im Jahr 1735 nach einem
Bauplan von Carlo de Dominicis wiedererbaut.
Die Assunta, Werk eines unbekannten
Künstlers aus dem 18. Jh., erhebt sich majestätisch an der Mauer des Palazzo Grossi-
Gondi in Richtung des Tor Sanguigna. Es wird
durch einen großzügigen Stuckrahmen eingeschlossen, der inmitten weicher Wolken tanzende Engel darstellt und von einem mit
Blumengewinden ausgeschmückten, tempelförmigen Baldachin bedeckt ist. Das Bild der
Immacolata Concezione, der Unbefleckten
Empfängnis Mariae, hängt an der Seite des
Palazzo Lancellotti, die in Richtung der Via
degli Amatriciani zeigt. Das Fresko aus dem
17.Jh. ist mit einen aus derselben Zeit stammenden, nüchternen Travertin- und
Stuckrahmen versehen. Das an der Ecke der
Quadersteinmauer des Palazzo Lancellotti
angebrachte und auf die davor liegende
Piazza ausgerichtete Abbild der Madonna
Addolorata ist mit einem strahlenförmigen,
großzügigen Stuckrahmen versehen. Das kostbare Originalgemälde wird heute im Innern
des Gebäudes aufbewahrt. Das Bild des
Redentore, des Erlösers, ist an der Ecke des
Palazza Lancellotti angebracht, das in
Richtung Via dei Coronari zeigt. Der Rahmen
aus dem 18. Jh., der die Reproduktion eines
Bildes von Raphael Mengs umschließt, ist mit
dem des oben erwähnten Bildes vergleichbar,
zumal er ebenfalls eine strahlenförmige
Struktur aufweist, auf der kleine Engelsköpfe
mit einem darüber fliegenden Engel dargestellt sind und unter ihm ebenfalls eine
Laterne aus dem 19.Jh. steht. Die Madonna
col Bambino, die Madonna mit Kind, hängt in
einer Holzstruktur aus dem 19.Jh. an der
Fassade des Palazzo Lancellotti in Richtung
Via dei Coronari. Das Originalbild, ein Ölbild
aus dem 18. Jh., wurde durch ein modernes
auf Papier ersetzt. Das Bildnis der Madonna
della Pietà ziert die Fassade des Hauses von
Fiammetta. Unter dem Bild aus dem 18. Jh.
erinnert eine Tafel an die Erzbruderschaft des
Gonfalone. Die Madonna della Pietà, das
schöne ovale Bildnis, das gegen Ende des 18.
Jh. entstand, hängt an der Hausfront des
Gebäudes, in dem sich ehemals der Sitz des
Leihhauses befand. Die Imago pontis ist das
berühmteste unter den Heiligenbildern dieser
Gegend und wurde in das bossierte
Ecksteingemäuer des Palazzo Lancellotti zwischen der Domizio-Gasse und der Via dei
Coronari eingebaut. Mit diesem Bild identifizierte sich dieser Strassenabschnitt und der
Stadtteil insgesamt. Es handelt sich um einen
im Jahr 1523 von Antonio da Sangallo, dem
Jüngeren, wieder zusammengesetzten
Tabernakel um das Fresko der Krönung der
Heiligen Jungfrau von Perin del Vaga nach
einem Schema ad edicola, das von demselben
Sangallo auch für die Fenster des Palazzo
Farnese verwendet wurde.
er von Papst Julius II. Della Rovere im Jahr
1508 veranlasste Bau der geraden
Strassenachse sollte die Kirche San Giovanni
dei Fiorentini mit dem Ponte Sisto verbinden,
diese Brücke wiederum die Stadtmitte mit
Trastevere und dem Vatikan. Sie war als
Alternative zur Via della Lungara gedacht, die
von Papst Julius II als Via Settimiana angelegt
worden war. Die Via Giulia, die den Namen
ihres Auftraggebers trägt, gehört in ihrem
oberen Abschnitt zum Stadtteil Ponte, im
unteren, dem näher beim Ponte Sisto gelegenen Abschnitt zum Stadtteil Regola. Der von
Papst Sixtus IV. verfügte Wiederaufbau der
Brücke anlässlich des Jubiläums von 1475 ist
ein Zeugnis des kulturellen Höhepunkts, den
die Stadt gegen Ende des Jahrhunderts erlebte. In der Gegend am linken Tiberufer (um
den Campo Marzio herum) wurden
Strassenachsen angelegt oder erneuert, die
die wichtigen administrativen und religiösen
Knotenpunkte der Stadt miteinander verbinden sollten. Unter diesen Strassen nahm die
Via Giulia in der von Papst Julius II. eingelei-
teten, urbanen Neugestaltung eine besondere
Stellung ein. Der auf einer antiken römischen
Brücke gebaute Ponte Sisto und die neu
erschlossene Strasse gewährleisteten eine
doppelte, äußerst wichtige Verbindung zwischen dem Vatikan und der Stadtmitte, in
denen sich hauptsächlich die wichtigsten
Treffen und das rege gesellschaftliche Leben
abspielten. Die Via Giulia stellt überdies die
Verbindung zum „Quartiere dei Banchi“ her,
der sich um die Kirche San Giovanni dei
Fiorentini herum nach der Rückkehr der
Päpste aus Avignon und ihrer Niederlassung im
Vatikan entwickelt hatte. Im antiken Canale
di Ponte, der der heutigen Via del Banco di
Santo Spirito entspricht, ließen sich die wichtigsten ausländischen Banken, besonders die
florentinischen, nieder. Auf diese Weise entstand in diesem Stadtteil eine Wohngegend
des höheren Bürgertums und der
Adelsfamilien, insbesondere rund um die
Kirche der Nazione fiorentina. Dank der
Unterstützung eines reichen toskanischen
Banquiers, Agostino Chigi, konnte Papst Julius
II. denn auch die Durchführung seiner ehrgeizigen städtebaulichen Pläne einleiten, die die
Verbindung zwischen der Peterskirche, den
Banchi und dem gegenüberliegenden
Tiberufer vorsahen. Mit dem Bau des imposanten Gebäudes des Kuriengerichts beabsichtigte Papst Della Rovere die Bedeutung der Via
Giulia als urbanen Knotenpunkt weiter zu
unterstreichen. Mit den nie abgeschlossenen
Arbeiten wurde im Jahr 1508 Bramante beauftragt. Die ursprünglichen Baupläne sahen die
Errichtung eines weit angelegten, monumentalen Baus zwischen dem Vicolo del Cefalo
und der Via del Gonfalone vor. Davor sollte
ein genauso repräsentativer Platz angelegt
werden, der nach den Vorstellungen von Papst
Julius symbolisch die Funktion des Kapitols
übernehmen sollte. An der Via Giulia, die
auch heute noch eine der elegantesten
Strassen Roms ist, ließen zahlreiche
Mitglieder wichtiger Adelsgeschlechter ihre
beeindruckenden Residenzen erbauen. Diese
Tendenz setzte sich dank den päpstlichen
Initiativen in diesem Bereich in den folgenden
Jahrhunderten fort: Während des Pontifikats
von Papst Leo X. begannen die Arbeiten zur
Errichtung der berühmten Chiesa dei
Fiorentini und einige Jahre später ließ Papst
Paul III. die Via Paola erschließen, womit die
endgültige Verbindung zur Piazza di Ponte
geschaffen war.
5
Die Strassen von Rom
D
VIA GIULIA
VIA GIULIA
VIA GIULIA
Die Strassen von Rom
6
Die Kirche der in Rom niedergelassenen
Florentiner, dem Heiligen San Giovanni
Battista, Johannes dem Täufer, dem
Schutzpatron von Florenz, gewidmet, ist das
erste wichtige Gebäude, das direkt an der
Einfahrt in die Via Giulia steht und durch die
kleine Piazza dell’Oro mit ihr verbunden ist.
Die Kirche stammt aus dem 12. Jh. und war
ursprünglich San Pantaleo gewidmet. Ende
des 13. Jh. ging die Kirche an die Compagnia
della Pietà über, die 1508 von Papst Julius II.
die Genehmigung erhielt, ein neues
Gotteshaus zu errichten. Elf Jahre später
gewann Jacopo Sansovino die Ausschreibung
für den Kirchenbau, um umgehend von
Antonio da Sangallo, dem Jüngeren, in diesem
Amte abgelöst zu werden. Nach einer ersten
Unterbrechung der Arbeiten, nahmen die beiden Architekten den Bau gemeinsam wieder
auf. Doch durch den „Sacco di Roma“, die
Plünderung Roms im Jahre 1527 wurden diese
erneut unterbrochen. Gegen Mitte desselben
Jahrhunderts beauftragten die Florentiner
einen Künstler des Kalibers von Michelangelo
mit der Durchführung des Projekts, das
jedoch nie zu Ende geführt wurde. Erst Ende
des 16. Jh. wurden die Arbeiten unter der
Führung von Giacomo Della Porta, der nach
den Plänen von Sangallo die Innenschiffe
errichten ließ, wieder aufgenommen. Zu
Beginn des darauf folgenden Jahrhunderts
war Carlo Maderna an der Reihe. Von diesem
sind das Querschiff, das Tonnengewölbe im
Innern und die spitze, lang gezogene Kuppel,
die im Volksmund „confetto succhiato“,
Schleckstängel
genannt
wurde.
Die
Travertinfassade wurde 1734 von Alessandro
Galilei (auch die beeindruckende Fassade der
patriarchalischen Basilika von San Giovanni ist
sein Werk) erschaffen. Im Innern bietet sich
einem eine richtige Anthologie der römischen
Kunst, darunter Namen wie Bernini, Algardi
und Borromini (letzterer wurde zusammen
mit dem Architekten Maderno in der Kirche
begraben, wie es die Grabinschrift auf der
dritten Säule links bezeugt. Danach biegt man
in die Via Giulia ein, in der jedes einzelne
Gebäude und jede Kirche nähere
Erläuterungen verdienen würde. Nach der
Gebäudegruppe aus dem 15. Jh. befindet sich
an der Via Giulia, 82, an der Ecke zur Via dei
Cimatori, eines der interessantesten
Renaissancegebäude der Strasse, das sich
durch bogenförmige Fenster mit TravertinRahmen und Spuren antiker Malverzierungen
hervorhebt. Die Hausnummer 79 gehört zum
Palazzo Medici Clarelli, auch Haus des
Konsuls von Florenz genannt. Es wurde von
Antonio da Sangallo dem Jüngeren in der
ersten Hälfte des 16. Jh. erbaut (später von
der Stadt Rom aufgekauft, befindet sich dort
heute der Sitz der Stadtkreisverwaltung I
(Municipio I) und ist eines der interessantesten Bauwerke, das die toskanische Gemeinde
errichten ließ. Auch in diesem Fall ist das
Gebäude mit einer reich bemalten Fassade
versehen, als weiteres Beispiel der gegen
Ende des 15 Jh. in Rom herrschenden Mode,
die herrschaftlichen Patrizierhäuser mit
Malereien und Gravierungen zu veredeln.
Zeugnisse hierfür treten an der Via Giulia und
in ihrer nächsten Umgebung besonders häufig
auf. Eines der wichtigsten Gebäude der
Strasse ist der Palazzo Sacchetti, an der
Hausnummer 66. Auch dieses Gebäude wurde
vom Architekten Sangallo zu seinen eigenen
Wohnzwecken erbaut und von seinem Sohn
Orazio an den Kardinal Giovanni Ricci da
Montepulciano verkauft, der den Architekten
Nanni di Baccio Bigio mit der Durchführung
von Ausbauarbeiten beauftragte. Dieser versah das Gebäude denn auch mit seiner jetzigen, imposanten Gestalt. Von Salvati wurden
hingegen die Fresken im Salon ausgeführt,
welche von der damaligen Kritik hoch gelobt
wurden. Die Ceulis, die das Gebäude im 17.
Jh. erwarben, ließen die wunderschöne Loge
mit Blick auf den Tiber errichten. Weiter wird
auf die Kirche des San Biagio della Pagnotta
und auf das anliegende Hotel Cardinal, an der
Via Giulia 64. aufmerksam gemacht. Das
Hotel hat seinen Sitz in einem ehemaligen
Kloster, das seinerseits auf die Grundmauern
des Kuriengerichts gebaut worden war. Die
kleine, mittelalterliche Kirche, „della pagnotta“, des Brotlaibs, wurde augrund der Sitte,
am Fest des Heiligen Brot an die Armen zu
verteilen, so genannt. Ihre heutige Gestalt
erhielt
sie
1730.
Tiefgreifenden
Veränderungsmaßnahmen wurde sie 1832
unterzogen, als der Architekt Filippo Navone
vom Armenischen Hospiz (Venerando Ospizio
degli Armeni) beauftragt wurde, das anliegende
auf
den
imposanten
Quadersteinmauerresten des Gerichtes
erbaute Gebäude in ein Kloster umzubauen
(das unvollendete Werk wurde später von der
Compagnia dei Bresciani aufgekauft). Vom
grandiosen Bauwerk sind nur die enormen,
rustikalen Quadersteinblöcke, welche die
massive Bodenstruktur bildeten, übrig geblieben, so wie sie an der Ecke Via Giulia, Via del
Gonfalone zu sehen sind: sie ragen so weit
heraus, dass man sich auf die „Sofas der Via
Giulia“, wie sie genannt wurden, setzen konnte. Im Jahr 1870 wurde der Gebäudekomplex
vom Neuen Einheitsstaat erworben und zu
bürgerlichen Zwecken verwendet, während
VIA GIULIA
Die Kreuzung mit der Via dei Banchi Vecchi
bildet die Grenze zu den Quartieren Ponte
und Regola in einem Punkt, der ursprünglich
vom Abzugskanal von Santa Lucia durchquert
wurde. Von der Gebäudegruppe an der Ecke
hebt sich die Casa della Confraternita delle
Piaghe di Cristo, das Haus der Erzbruderschaft
der Wunden Christi, hervor, in dessen Innern
sich die im Jahr 1728 von Filippo Raguzzini
restaurierte Kirche von San Filippo Neri,
besser bekannt unter dem Namen von San
Filippino, befindet. Nach dem berühmten
Gymnasium Virgilio, an der Via Giulia 38, das
in den Gemäuern des Collegio Ghisleri aus
dem 17. Jahrhundert eingerichtet wurde,
gelangt man zur Kirche des Santo Spirito dei
Napoletani, welche von der gleichnamigen
Erzbruderschaft im Jahr 1584 auf den Überresten der Kirche von Sant’Aurea errichtet
wurde und die im Laufe des 18. Jh. tief greifenden Umbaumaßnahmen unterzogen
wurde. Nach dem Palazzo del Collegio
Spagnolo, an der Via Giulia 151, der vom
Architekten Antonio Sarti im Jahr 1862 erbaut
wurde, befindet sich die von Paolo Posi im
Jahr 1762 verwirklichte, konkave Fassade der
Kirche der Santa Caterina da Siena. Ihr gegenüber liegt der Palazzo Varese mit der
Hausnummer 16, der nach einem Plan von
Carlo Maderno im Jahr 1618 errichtet wurde.
Weiter vorne erschließt sich dem Besucher
einer der malerischsten Abschnitte der Via
Giulia, der sich durch den Bogen auszeichnet,
der den Palazzo Farnese mit den so genannten
„Camerini Farnesi“, den Ankleideräumen der
Farnesi, verbindet. Bevor wir uns diesen
zuwenden, sei auf den Riesenbau des aus dem
17.Jh. stammenden Palazzo Falconieri (die
Fassade ist das Werk von Francesco
Borromini, der auch den Ausbau der
Innenräumlichkeiten übernahm; seit 1927 ist
er Sitz der Ungarischen Akademie), der sich
neben der Kirche der Santa Maria
dell’Orazione e Morte, an der Via Giulia 1,
erhebt. Diese wurde im Jahr 1737 von
Ferdinando Fuga auf den Grundmauern der
antiken Kirche aus dem 16.Jh. erbaut, die der
gleichnamigen Bruderschaft gehörte. Die
Kongregation kümmerte sich um die
Bestattung von sich ausgesetzten Toten und
widmete sich dem Gebet für ihr Seelenheil.
Auf der Höhe der Hausnummer 186 befindet
sich das Hintertor des sehr berühmten Palazzo
Farnese. Gegenüber liegt das in seinem Stil
einfachere Gebäude der quattro Camerini,
der vier Ankleideräume, mit den
Hausnummern 253-260. Nach dem von
Kardinal Odoardo Farnese beauftragten
Bogenbau, wurden die Räumlichkeiten mit
Fresken von bekannten Künstlern wie
Annibale Carracci, Domenichino und
Lanfranco verziert, die dann bereits Mitte des
17.Jh. entfernt wurden. Der Blickfang der
nachfolgenden, malerischen kleinen Piazza ist
die Fontana del Mascherone, ein Brunnen,
der im Jahr 1903 an seine heutige Stelle
gesetzt wurde. Die Via Giulia mündet schließlich in die Piazza San Vincenzo Pallotti, die
sich auf der Höhe des Ponte Sisto aus dem 15.
Jh. erschließt. An der kleinen Piazza stand
einst die monumentale Fontana dell’Acqua
Paola, die den szenischen Hintergrund der Via
Giulia ausmachte und später an ihren heutigen Standort jenseits des Tibers verlegt
wurde, nachdem die Gegend dort im 19.
Jahrhundert einer eingehenden städtebaulichen Sanierung unterzogen worden war.
Heute wird die Piazza vom Ospizio dei
Mendicanti dominiert, dem Bettlerhospiz,
auch unter dem Namen „Ospizio dei Cento
Preti“, Hospiz der hundert Priester bekannt,
das Ende des 16. Jh. im Auftrag von Papst
Sixtus V. von Domenico Fontana erbaut
wurde. Der auf den Tiber ausgerichtete
Säulengang, der zum Gebäudekomplex des
Conservatorio delle Zoccolette gehört, wurde
von Antonio Parisi Ende des 19. Jh. wieder
aufgebaut.
7
Die Strassen von Rom
im Hinblick auf das Heilige Jahr 1975 das
Armenische Hospiz San Biagio in das Hotel
Cardinal umgebaut wurde. Anschließend wenden wir uns der Kirche der Santa Maria del
Suffragio zu. Dieses im 15. Jh. von Carlo
Rainaldi errichtete Kirchengebäude war der
Sitz der gleichnamigen, den guten Taten für
das Seelenheil der Verstorbenen gewidmeten
Erzbruderschaft. Wenn man in die Via del
Gonfalone einbiegt, befindet sich an der
Hausnummer 29, in Richtung des
Lungotevere, das Oratorium des Gonfalone,
das mit der gleichnamigen Erzbruderschaft,
die in der Armenfürsorge tätig war, verbunden
ist. Mitte des 16. Jh. auf den Überresten der
antiken Kirche der Santa Maria in Xenodochio
errichtet, bewahrt das kleine Gebäude in seinem Innern eine Reihe von Gemälden verschiedener, bekannter Künstler des römischen
Manierismus. Es folgen die Carceri Nuove, die
neuen Gefängnisse, an der Via Giulia 52.
Mitte des 16. Jh. beauftragte Papst Innozenz
X. Antonio del Grande mit dem Bau der
Gefängnisse, die diejenigen der Tor di Nona
und der Corte Savella ersetzen sollten. Die
Fassade des Gefängnisgebäudes aus dem
19.Jh., in dem heute das Museum der
Kriminologie untergebracht ist, ist ein Werk
von Giuseppe Valadier.
VIA CONDOTTI
VIA CONDOTTI
D
Die Strassen von Rom
8
ie Strasse verbindet die Via del Corso und
die Piazza di Spagna in einem rechten
Winkel und setzt sich wie ein richtiges, optisches Fernrohr vor dem Hintergrund der
Santissima Trinità dei Monti ab. Sie wurde im
Jahr 1554 im Auftrag von Papst Paul III.
Farnese gebaut, wobei sie den Namen Via
Trinitatis erhielt und in der Piazza Nicosia
begann. Ihr Verlauf ging quer durch den
Campo Marzio und entsprach somit den heutigen Via del Clementino, Via di Fontanella
Borghese und der Via dei Condotti. Die
Strasse entstand im Herzen eines Stadtteils,
in dem die Verstädterung Ende des 14. Jh.s
mit dem Bau des Krankenhauses San Giacomo
in Augusta ihren Anfang nahm. Später wurde
sie dank der päpstlichen Baumaßnahmen, die
die Verkehrsverbindungen zwischen dem
Vatikan und der Stadtmitte verbessern sollten, weiter ausgebaut. Das Interesse für diesen Stadtteil erreichte unter Medici-Papst
Leo X. seinen Höhepunkt, als dieser im Jahr
1517 den Strassenbaumeistern Bartolomeo
Della Valle und Raimondo Capodiferro mit der
Aufgabe betraute, die Trasse zwischen der
Porta del Popolo und dem Vatikan zu regulieren. Derselbe Papst ließ neben dem Corso die
Via Leonina, zukünftige Via di Ripetta,
erschließen, die nach seinen Plänen die Via
Giulia als Mittelpunkt der urbanen
Entwicklung hätte ablösen sollen. Hierzu war
ein entsprechender Plan ausgearbeitet worden zu dessen Umsetzung zwei hochrangige
Künstler wie Antonio da Sangallo der Jüngere
und Raffaello Sanzio hinzugezogen worden
waren, was auf die große Bedeutung, die
dem Projekt beigemessen wurde, schließen
lässt. Dieses sollte nur die Einleitung zu
einem der großartigsten städtebaulichen
Unternehmen aller Zeiten, des Dreizacks,
sein, der zu einem späteren Zeitpunkt mit
der Erschließung der Via Clementia, der heutigen Via del Babuino, Form annehmen sollte.
Unter Papst Paul III. erfolgte die Erneuerung
des Corso und die Vollendung der Via del
Babuino. Durch die Via Trinitatis wurde der
Dreizack mit der Kirche Trinità dei Monti verbunden und quer in Richtung Tiber ausgerichtet. Ein besonderes urbanistisches Merkmal
unter den Farnese war die Erschaffung von
auf Bauobjekte ausgerichteten Geraden, die
diese effektvoll in Szene setzen sollten. Dies
galt z.B. im Fall der Via dei Condotti, die auf
derselben geraden Achse auf die Fassade der
Trinità dei Monti zuläuft. Ihre weitere gesellschaftliche und bauliche Entwicklung verdankt diese Gegend der aufgeklärten Politik
von „Baumeisterpäpsten“ wie Gregor XIII.
und Sixtus V. Der eine förderte die Sanierung
des Aquädukts der Acqua Virgo und den Bau
von öffentlichen Brunnen, die zum wunderschönen Stadtbild beitrugen, der andere ließ
den
Obelisk
als
symbolischen
Verbindungspunkt der drei Strassenachsen an
die Piazza del Popolo verlegen. Der heutige
Strassennamen ist denn auch auf die
Leitungen des monumentalen Aquädukts der
Aqua Virgo zurückzuführen, die an ihr entlang führten, um den unteren Stadtteil mit
Leitungswasser zu versorgen. Diese
Wasserleitungen wurden im Rahmen eines
groß angelegten Projekts verwirklicht, mit
dessen Ausführung Giacomo Dalla Porta
beauftragt wurde. Dieser Aquädukt ist der
einzige der elf Hauptaquädukte des Alten
Rom, der seit der Zeit von Kaiser Augustus, zu
der er erbaut wurde, bis heute in Betrieb
geblieben ist. Das gestiegene Ansehen, das
diese Gegend genoss, bewegte einige der einflussreichsten Patrizierfamilien dazu, in der
Gegend um den Dreizack ihre vornehmen
Herrschaftshäuser errichten zu lassen. Dies
führte zur Entstehung eines Stadtzentrums,
in dem sich ein Grossteil der hervorragenden
Kunstdenkmäler der Stadt befindet. Im 18.
Jahrhundert wurde die Gegend weiter durch
die monumentalen Bauelemente des Porto di
Ripetta und der Treppe zur Trinità dei Monti
bereichert,
die
eben
durch
die
Richtungsgerade der Via Trinitatis gewährleistet wurde. Die Via dei Condotti ist heute für
ihre wichtigen Bauwerke und die elegantesten Boutiquen der Hauptstadt berühmt,
sowie für einige der traditionellen Künstlerund Intellektuellentreffpunkte, die das kosmopolitische Flair dieses Stadtteils und der
Strasse ausmachen.
Die erste Etappe des Spaziergangs an der Via
dei Condotti, der am Largo Goldoni beginnt,
ist die unter einem geschichtlichen und
künstlerischen Aspekt für die Beziehungen
des Vatikans zu den katholischen Ländern
wichtige Kirche der SS.Trinità dei Spagnoli,
der Hl. Dreifaltigkeit der Spanier.
Der
Gebäudekomplex
im
oberen
Strassenabschnitt, der durch seine Fassade
auffällt, wurde im zweiten Viertel des
VIA CONDOTTI
Kloster erbaut. Als Bauherr stand ihm
Giuseppe Sardi zur Seite, während für die
Innenausstattung der Kirche José Hermosilla
y Sandoval hinzugezogen wurde. Im Jahr 1734
wurde der Gebäudekomplex, eines der
schönsten Beispiele des römischen Rokoko,
unter den Schutz von König Philip V. von
Spanien gestellt, der an die Kirchen- und
Klostertore die königlichen Schutzschilder
und Waffen anbringen liess, so wie sie heute
noch zu sehen sind. Das durch interessante
Gemälde belebte Kircheninnere, das noch
durch die im Kloster aufbewahrten Ölgemälde von Preciado und Velàsquez bereichert
wird, weist einen elliptischen Grundriss mit
seitlich angelegten Kappellen auf, je drei auf
beiden Seiten. Diese sind durch Bögen und
ein kuppelförmiges Deckengewölbe verbunden. Was am Bauwerk jedoch am meisten
auffällt, ist seine perfekte architektonische
Anpassung an seine nächste Umgebung, das
der gelungenen Wahl einer konkaven
Fassade, die mit plastischen an der heiligsten
Dreifaltigkeit inspirierten Motiven verziert ist
und dem Eckbalkon des Hospiz’ zu verdanken
ist. Im Jahr 1841 wurden die Gebäude vom
französischen Staat konfisziert und das
Hospiz versteigert. Gegen Ende desselben
Jahrhunderts ging die Zahl der Trinitarier
stark zurück und die Spanischen Dominikaner
der Heiligsten Trinität für die spanischen
Missionen der Dominikaner auf den Filippinen
hielten ihren Einzug. Der Trinitätsorden, der
im XII. Jahrhundert von Giovanni De Matha
und Felice Di Valois mit dem Zweck gegründet wurde, die von den Muslimen versklavten
Christen zu befreien, verlor im Laufe der Zeit
seinen ursprünglichen Daseinszweck. Der
Palazzo Ansellini, Hausnummer 55-57, steht
an der Ecke zur antiken Strada Serena, der
heutigen Via Belsiana; die Hausnummer 21
gehört zum Palazzo Avogadri Negri Arnoldi.
Zur selben Gebäudegruppe gehört auch der
Palazzo dei marchesi Arconati, der Palazzo
der Markgrafen Arconati (Eingang an der Via
Bocca di Leone, 21). Auf der Höhe der
Hausnummer 61, steht der Palazzo Della
Porta Negroni Caffarelli, der in der zweiten
Hälfte des 17. Jh.s erbaut und im Laufe der
ersten Hälfte des 19. Jh.s im auffälligen Stil
der Neurenaissance unter Papst Pius IX. vollkommen neu erbaut wurde.
Vom Haupteingang an der Via dei Condotti,
eingebunden in eine monumentale Fassade
mit einem kunstvollen doppelsäuligen
Kranzgesims, gelangt man in einen hübschen
9
Die Strassen von Rom
18.Jh.s im Auftrag von Diego Morcillo, einem
hochrangigen Vertreter des Trinitarierordens,
errichtet. Der Orden finanzierte den Bau
einer Kirche und eines Klosters für seine
Mitbrüder, zumal ein solcher Sitz in Rom noch
fehlte.
Während einer ersten Bauphase im Jahr 1732
entstand der Palazzo, in dem das Hospiz eingerichtet wurde, das Jahrhunderte lang weiter bestehen sollte und das auf den Corso
ausgerichtet ist. In den Jahren von 1741 bis
1750 wurden an der Via dei Condotti 36 nach
einem umfassenden und vom portugiesischen
Architekten Emanuel Rodriguez Dos Santos
umgesetzten Bauplan die Kirche und das
VIA CONDOTTI
Die Strassen von Rom
10
Innenhof mit einem Brunnen aus dem 18.Jh.,
der durch einen Ausgang mit der Via Bocca di
Leone verbunden ist, an die auch die
Rückseite des Gebäudes angrenzt. Weitere
Innenhöfe, in denen zur Zeit elegante
Boutiquen ihren Sitz haben, befinden sich auf
dem Erdgeschoss. An der Via dei Condotti 68,
steht man vor einem der wichtigsten
Gebäude der Strasse, dem Palazzo des
Souveränen
Militärordens
der
Gerosolimitaner, wie es aus der an der Ecke
zwischen der Via dei Condotti und der Via
Bocca di Leone angebrachten Tafel hervorgeht. Das Gebäude ist Teil eines
Baukomplexes aus dem späten 15.
Jahrhundert, der ursprünglich unter dem
Namen Palazzo Provani bekannt war. Im
16.Jh. wurde das Gebäude von Giacomo
Bosio, einem Ritter des Malteserordens von
Rom erworben. Danach ging es in den Besitz
von Antonio Bosio über, ein bekannter
Archäologe und eifriger Erforscher der
Katakomben mit dem bezeichnenden
Beinamen „il Colombo della Roma sotterranea“, der Täuberich des unterirdischen Rom.
Nachdem dieser die Liegenschaft durch den
Erwerb
des
anliegenden
hinteren
Bauelements mit Ausgang auf die Via Bocca di
Leone vergrößert hatte, hinterließ er dort
eine reiche Sammlung von Grabsteinen,
Marmorelementen und antiken Inschriften.
Die an den Malteserorden von ihm vermachte
Liegenschaft ging nach seinem Tod im Jahr
1629 in den Besitz desselben Ordens über, der
dort seinen römischen Sitz einrichtete. Der
Souveräne Ritter- und Hospitalorden vom Hl.
Johannes zu Jerusalem, genannt von Rhodos,
genannt von Malta (und zwar nach der endgültigen Übersiedlung des Ordens auf die
Insel Malta im Jahr 1527) wurde im Jahr 1100
von Gerard zu Jerusalem nach der
Augustinusregel als Hilfsorden gegründet.
Dank Carlo Aldobrandini, der für die religiösen Aktivitäten des Ordens zuständig war,
gelang der Zusammenschluss der beiden
Gebäude in ihrer heutigen Struktur. Die
Ausschmückung des Hofes, die Aufstockung
des Gebäudes mit einer zusätzlichen Etage
und der Bau eines Pferdestalls wurden im 18.
Jh. vom Botschafter des Ordens beim Vatikan
verfügt. Im Jahr 1834 wurde der Sitz des
Souveränen Rats von Malta nach Rom in das
Gebäude an der Via dei Condotti verlegt. In
der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts
wurde das Gebäude (es wird noch immer als
Kanzleigebäude des Ordens benutzt) einer
grundlegenden Renovierung unterzogen.
Gegenüber steht das ältere Bauwerk des
Palazzo Nuñez mit der Hausnummer 20. Es
wurde von Giovanni Anotnio de Rossi zwischen 1658 und 1660 erbaut (der
Haupteingang liegt an der Via Bocca di
Leone, während der Eingang an der Via dei
Condotti heute als Schaufenster genutzt
wird). Im 19. Jh. wurde die Liegenschaft von
der Familie Torlonia erworben, die diese und
die kleine Piazza davor von dem Architekten
Antonio Sarti renovieren und einen
Gästetrakt bauen ließ. Später sollte das
Gebäude als Sitz des Albergo- d’Inghilterra
dienen. Weiter gelangt man zum Palazzo
Maruscelli Leprì mit der Hausnummer 11,
das an der Ecke zur Via Mario de’ Fiori in der
zweiten Hälfte des 17. Jh.s von einem unbekannten Architekten erbaut wurde, wobei
einige Arbeiten möglicherweise Alessandro
Specchi zuzuschreiben sind. Das Gebäude ist
durch einen ungewöhnlichen Grundriss und
eine schöne Fassade charakterisiert, die
ebenfalls durch eine eher seltene Gestaltung
auffällt: die Fenster stehen in Dreiergruppen
zusammen und werden durch einen einzigen
Rahmen zusammengehalten. Nachdem das
Gebäude in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s
unter der Leitung des Architekten Virginio
Vespignani renoviert worden war, wurde es
vom französischen Schriftsteller Henri Beyle,
besser bekannt unter dem Namen Stendhal,
bewohnt. Auf der gegenüberliegenden Seite
des Gebäudes mit der Hausnummer 9, in dem
sich das ehemalige Kloster von San Silvestro
in Capite befand und das heute durch die
Schaufenster der berühmten Marke Bulgari
die Aufmerksamkeit erregt, liegt an der Via
dei Condotti 86 eines der bekanntesten Cafés
der Stadt, das Caffé Greco. Der Tafel neben
dem Geschäftsschild zufolge wurde das Café
im Jahr 1760 eröffnet und entwickelte sich
Anfang des 19. Jh.s zu einem der beliebtesten Treffpunkte der Stadt. Um die
Jahrhundertwende wurde das Café nebst verschiedenen
Mitgliedern
europäischer
Königshäuser und Patrioten wie Silvio Pellico
insbesondere von bekannten Literaten, wie
Gogol, Stendhal, Leopardi, den Komponisten
Berlioz und Wagner und Künstlern wie
Thorvaldsen und den Künstlern des Grand
Tour besucht. Dank den Künstlern der
Römischen Schule und Schriftstellern wie
Ennio Flaiano und Vitaliano Brancati, um nur
einige zu nennen, blieb dem Café auch in der
Nachkriegszeit sein Ruf erhalten.
ie frühere Via Felice ist Bestandteil der
langen, von Papst Sixtus V. im Jahr 1593
erschlossenen geraden Strassenachse, die die
Kirche Santissima Trinità dei Monti mit den
Basiliken Santa Maria Maggiore und Santa
Croce in Gerusalemme verbinden sollte. Trotz
seines kurzen Pontifikats ging Papst Sixtus V.,
dessen bürgerlicher Name Felice Peretti
Montalto (1585 – 1590) war, als einer der
Päpste in die Geschichte ein, die am meisten
zur baulichen und städtebaulichen Gestaltung
Roms beigetragen haben. Insbesondere ist
ihm die Ausarbeitung eines aufgeklärten
Bauplans für die Renovierung der großen
römischen Basiliken und die Verwirklichung
eines Strassennetzes zur Verbindung letzterer,
das sich auch jenseits der Aurelianischen
Mauern erstrecken sollte, zu verdanken. Papst
Sixtus ließ systematisch in der ganzen Stadt
durch seinen Vertrauensarchitekten, dem
Tessiner Domenico Fontana, großartige
Bauprojekte verwirklichen. Fontana setzte
das Renaissance-Prinzip der geraden
Strassenachse perfekt um und schuf ein neues
Urbanistik-Konzept, das auf der Herstellung
von Verkehrsverbindungen zwischen den religiösen, zur Abhaltung von Festlichkeiten
genutzten, den monumentalen und zivilen
Stadtzentren beruhte. Damit legte er die
Weichen für die moderne Stadt und eine
Infrastruktur, die nach der italienischen
Vereinigung im 19. Jh. die Grundlage für die
spätere Städteplanung der neuen Hauptstadt
bilden würde. Der entscheidende Beitrag der
sixtinischen Bautätigkeit wurde von der
Einführung außergewöhnlicher Jubiläen
begleitet und durch eine „sichtbare
Verbindung“
der
zur
Zierde
des
Strassennetzes aufgestellten Obelisken
betont. Diese Obelisken hatten außerdem die
Funktion, von weitem den Blick auf die einzelnen Heiligtümer vor dem fernrohrähnlichen Hintergrund der Strassenkulissen zu
lenken. Vier der dreizehn Obelisken Roms
wurden unter Papst Sixtus V. aufgestellt: am
Petersplatz, am Esquilin, an der Piazza del
Popolo und an der Piazza San Giovanni in
Laterano. Die erste von Papst Sixtus erschlossene Strasse war die Strada Felice. Diese entsprach den heutigen Via Sistina, Via delle
Quattro Fontane, Via De Pretis und der Via
Carlo Felice, die zu Ehren desselben Papstes
seinen Namen trug. Die Strasse schneidet
rechtwinklig die Via Pia, die den heutigen Via
del Quirinale und der Via XX Settembre ent-
spricht, an der Kreuzung der Quattro
Fontane, um sich konkret und bezeichnenderweise wieder mit der im Jahr 1561 von Papst
Pius IV. erbauten Strasse zu verbinden. Die
persönliche Strasse von Papst Sixtus V. erfüllte demnach als wahres Rückgrat des neuen
Strassennetzes sowohl konkret als auch symbolisch eine wichtige Aufgabe, zumal durch
die Strasse drei herausragende religiöse
Zentren miteinander verbunden wurden und
die wunderschöne Papstresidenz, das erstaunliche architektonische Bauwerk der Villa
Peretti Montalto, an einer zentralen Lage der
Strada Felice ihren Sitz hatte. Der
Gebäudekomplex, der im Zuge der Arbeiten
zum Bau des Termini-Bahnhofs und der
Neugestaltung der umliegenden Gegend abgerissen wurde, stand in der Nähe der patriarchalischen Liberianischen Basilika, der wichtigsten Marianischen Kirche Roms, um die
Papst Sixtus V. unter Aufsicht des Architekten
Fontana die bedeutendsten städtebaulichen
Arbeiten durchführen ließ: die Kirche Santa
Maria Maggiore galt als wichtiger Knotenpunkt
innerhalb
des
sternförmigen
vom
„Baumeister-Papst“
angelegten
Strassennetzes.
Unter
diesen
Voraussetzungen entwickelte sich die Via
Sistina auch in den nachfolgenden
Jahrhunderten zum Mittelpunkt des
Wachstums dieses Stadtteils, insbesondere
nach der Fertigstellung des imposanten
Treppenbauwerks vor der Kirche Trinità dei
Monti, die im Jahr 1723 durch Francesco de
Sanctis erfolgte. Nach der Proklamation Roms
zur Hauptstadt von Italien im Jahr 1870 rükkten neue städtebauliche Bedürfnisse in den
Vordergrund. So wurde zum Beispiel die
Bautätigkeit in der damals vom internationalen Tourismus bevorzugten Gegend des
Dreizacks und längs derselben Via Sistina
stark vermehrt. Dabei hat sich die Tradition
dieses Stadtteils als die von den Touristen
bevorzugte Gegend dank ihrer herrschaftlichen Bauwerke und exklusiven Hotels bis
heute fortgesetzt.
Die Via Sistina beginnt bei der Kirche Trinità
dei Monti und schließt an die gleichnamige
Strasse, an die Viale Trinità dei Monti an und
ist durch ein historisch und architektonisch
bedeutsames Bauwerk gekennzeichnet: die
Villa Medici. Auf der ursprünglichen durch
den Erwerb eines angrenzenden Grundstücks
von den Mönchen der Santa Maria del Popolo
11
Die Strassen von Rom
D
VIA SISTINA
VIA SISTINA
VIA SISTINA
erweiterten Liegenschaft aus dem Jahr 1540
ließ im Jahr 1572 Kardinal Giovanni Ricci da
Montepulciano durch die Architekten Nanni di
Baccio Bigio und Annibale Lippi ein neues
Gebäudes errichten.
Als die Villa vier Jahre später in den Besitz
des Kardinals Ferdinando de Medici überging,
wurde Bartolomeo Ammannati mit der
Vergrößerung des Gebäudes betraut. Von diesem stammt der zentrale Teil, der wunderschöne mit Stuckaturen verzierte Säulengang
zum Garten, dessen üppige Verzierungen in
scharfem Gegensatz zu der gegenüberliegenden nüchternen Fassade und dem südlich ausgerichteten Turm stehen. Zur selben Zeit
wurde auch der herrliche Garten angelegt,
der sein ursprüngliches Gefüge bis heute
bewahrt hat. Seit 1884 ist die Villa Sitz der
Französischen Akademie, die 1666 von Ludwig
XIV. gegründet wurde, um jungen französischen
Künstlern
einen
römischen
Fortbildungsaufenthalt zu ermöglichen. Auf
dem kleinen Platz vor der Villa steht der bekkenförmige Brunnen, der 1587 von Annibale
Lippi mittels eines von Ferdinando de Medici
bei den Mönchen von San Salvatore in Lauro
erworbenen Beckens errichtet worden war.
Gespeist wurde der Brunnen durch das Wasser
Die Strassen von Rom
12
des Acqua-Felice-Aquädukts. Die Renovierung
des Aquädukts ist ein weiteres der bewundernswerten Unterfangen von Papst Sixtus V.
im Rahmen seiner umfassenden Bautätigkeit.
Neben dem Park der Villa steht der
Gebäudekomplex des Sacro Cuore, dessen
Klosteranlage und Institut dort stehen, wo in
der Antike die Villa von Lukull, besser unter
der Bezeichnung Horti Luculliani bekannt,
ihren Sitz hatte. Diese Villa war eine der vielen suburbanen Villen der Antike innerhalb
der „Grünen Stadt“, die sich frei zwischen
den Hügeln Pincio, Quirinal und Esquilin entwickelt hatte. Danach erreichen wir die kleine hübsche Piazza della Trinità dei Monti,
die im Jahr 1586 im Auftrag von Kardinal Ricci
angelegt, bepflastert und an den Endteil der
Via Felice angeschlossen wurde. Auf ihrer
Mitte steht der aus der nahe gelegenen archäologischen Stätte der Horti Sallustiani stammende Obelisk, den Papst Pius IV. im Jahr
1789 symbolisch zwischen die beiden berühmten sixtinischen Obelisken, dem auf der
Flaminia und dem auf dem Esquilin, aufstellen ließ. Dahinter erhebt sich imposant die
Fassade der Kirche der Santissima Trinità dei
Monti, die eine effektvolle Baukulisse für die
berühmteste Treppeninszenierung bildet, die
in der genauso berühmten Piazza di Spagna
ihren gebührenden Abschluss findet. Die
Kirche wurde von den Königen Frankreichs
gefördert, protegiert und finanziert und war
seit jeher Eigentum der Mitglieder des französischen Ordens des Hl. Franziskus von Paola,
dem Gründer des Ordens der „Minimen“, der
an Ludwig XI. gebunden war. Im Jahr 1494
erwarb der Sohn des letzteren ein Grundstück
auf dem Pincio, das für den Bau eines religiösen Gebäudekomplexes bestimmt war. Die
Arbeiten
hierzu
wurden
um
die
Jahrhundertwende eingeleitet. Das durch das
große Rippengewölbe des langen Querschiffs,
die Spitzbogen und das spitzbogige
Deckengewölbe in seiner Form gotische
Gotteshaus wurde im Jahr 1550 fertig
gestellt. Einige Jahre später wurden der
Kreuzgang und das Kloster errichtet. Im Laufe
der zweiten Hälfte des 16. Jh. wurde die
Fassade, begrenzt von zwei Seitentürmen und
einer anliegenden kleinen Kapelle im
Erdgeschoss, beendet. Davor wurde nach dem
Vorbild der berühmten Rampe von
Michelangelo im Senatsgebäude auf dem
Kapitol eine auf zwei Bahnen verlaufende
Auffahrt gebaut, die im Auftrag von Sixtus V.
(seine Wappen sind an den Säulen angebracht)
einmal
mehr
von
seinem
Lieblingsarchitekten Domenico Fontana ver-
VIA SISTINA
führten Maskaronen umrahmt werden. Das
Bauwerk ist ein beeindruckendes Beispiel verspielter Architektur, in diesem Fall das Werk
eines der wichtigsten Vertreter des römischen
Manierismus. Der Säulengang ist das Werk von
Filippo Juvara aus dem 18. Jahrhundert.
Daneben erhebt sich mit Ausblick auf die Via
Sistina der Palazzo Stroganoff mit der
Hausnummer 59, der Ende des 19. Jh.s im Stil
der Neurenaissance renoviert wurde und
heute Sitz der Bibliotheca Hertziana ist. Die
Hausnummern 123-125 gehören zum Palazzo
Dotti, der Ende des 18. Jh.s erbaut wurde.
Hier sei daran erinnert, dass in diesem
Gebäude
der
berühmte
russische
Schriftsteller Nikolaj Gogol zu Gast war.
Weiter, an der Via Sistina 128 – 131, liegt das
renommierte römische Teatro della Rivista
italiana, das Mitte des 20. Jh.s von Marcello
Piacentini, wichtiger Vertreter der römischen
Architektur in den Jahren der römischen
Statthalterei, erbaut wurde. Es handelt sich
hierbei um das einzige große römische
Theater der Nachkriegszeit und wurde auf
den Überresten der Kirche Santa Francesca
Romana erbaut. Am Ende der Strasse steht die
Kirche der Heiligen Idelfonso und Tommaso
da Villanova, welche 1619 von den spanischen Barfüßler-Augustinermönchen des Hl.
Augustinus, auch Rekollekten des Hl.
Augustinus genannt, Mitglieder des strengen
Ordens von Luis de Léon, errichtet wurde.
Die Kirche, die ursprünglich aus einem kleinen
Betsaal mit angrenzendem Hospiz bestand,
wurde 1666 mit der Bewilligung von Papst
Alexander VII. erweitert. Vorher mussten
jedoch noch die Einwände seitens der spanischen Trinitarier, die in der nahe gelegenen
und später abgerissenen Kirche Santa
Francesca Romana ihre Messen abhielten,
überwunden werden. Der Dominikanermönch
Giuseppe Paglia erstellte die Baupläne für den
von Seitenkappellen flankierten Längssaal
und ein Rippengewölbe, das an demjenigen
der nahe gelegenen Propaganda Fide von
Borromini inspiriert war. Die Fassade hingegen
ist ein Werk des Francesco Ferrari aus dem
Jahr 1725. Der Verlauf der alten Via Felice
endet heute an der Piazza Barberini, die der
berühmte barocke Bernini-Brunnen aus dem
Jahr 1643 ziert. Das wirkliche, heute jedoch
eher symbolische Ende der Strasse bildet das
herrliche Bauwerk der Basilika Santa Maria
Maggiore sowie die etwas diskretere, aber
nicht minder bedeutende von der Heiligen
Helena, der Mutter von Konstantin dem
Grossen, gegründete Basilika Santa Croce in
Gerusalemme.
13
Die Strassen von Rom
wirklicht wurde.
Die Arbeiten am französischen Gebäude setzten sich mit einigen Unterbrechungen bis
Ende des 18. Jh.s mit der Errichtung der
Sakristei und der Renovierung des
Deckengewölbes fort (die ursprüngliche am
gotischen Stil inspirierte Decke wurde durch
eine neue Decke nach einem Plan von
Giovanni Pannini ersetzt). Nach erneuten im
19. Jh. durchgeführten Baumassnahmen – darunter eine nochmalige Erneuerung des
Deckengewölbes, wurde die Kirche 1828
Eigentum der Schwestern des Sacro Cuore,
die das Gotteshaus auch heute noch besitzen.
Der folgende Abschnitt der Via Sistina wird
durch zwei der bekanntesten und exklusivsten
römischen Hotels belebt: das Hassler Villa
Medici, mit der Hausnummer 6 direkt an der
Piazza und das Hotel De La Ville an der Via
Sistina mit den Hausnummern 69 – 75. Beide
sind Zeugen des kosmopolitischen Flairs, das
diesen Stadtteil mit seinen Lokalen, Hotels
und Wohnhäusern ausländischer Künstler wie
z.B. die berühmten Akteure des Grand Tour
zu einem internationalen Schmelztiegel
machte. Das erstgenannte Hotel entstand im
Jahr 1885 im Auftrag von Albert Hassler auf
dem Grundstück, auf dem einst der kleine
Palazzo der Santarelli stand. Nach einer teilweisen von Albert Hassler vorgenommenen
Renovierung im Jahr 1892, wurde das
Gebäude 1944 von seinem neuen Eigentümer,
Oscar Wirth, einer grundlegenden Erneuerung
unterzogen. Seine elegante heutige Gestalt
verdankt das Gebäude Wirth, der wie sein
Vorgänger gebürtiger Schweizer war.
Hochrangige Persönlichkeiten aus der Politik,
von Truman bis Kennedy, und aus dem
Showgeschäft, wie, um nur einige zu nennen,
Charlie Chaplin und Marlene Dietrich waren
die illustren Gäste dieses Hotels.
Das Hotel De La Ville wurde hingegen vom
ungarischen Architekten Joseph Vago im Jahr
1924 an der Stelle erbaut, wo sich einst ein
Restaurant befand, welches wiederum im
ehemaligen Wohngebäude „einquartiert“
gewesen war, das dem venezianischen Maler
Giuseppe Zucchi und seiner Frau, der berühmten Schweizer Malerin Angelica Kaufmann,
gehörte. Das Gebäude zwischen dem Palazzo
Zuccai an der Via Gregoriana 30 und der
Piazza Trinità dei Monti 14 war 1592 von
Federico Zuccai als Sitz einer Malakademie
geplant worden. Sein Inneres wurde von demselben Künstler mit Hilfe seines Bruders
Taddeo ausgeschmückt. Die auf die Via
Gregoriana ausgerichtete Fassade fällt durch
ihre Fenster auf, die von fantasievoll ausge-
VIA DEL BABUINO
VIA DEL BABUINO
D
Die Strassen von Rom
14
ie Via del Babuino ist eine der drei
Strassen, die sich fächerförmig von der
Piazza del Popolo aus erstrecken. Sie stellt die
Seitenarterie des so genannten Dreizacks und
die Verbindungsachse zwischen zwei der
berühmtesten Plätze Roms dar. Die Strasse
durchquert den äußersten Bereich des
Campus Martius, im alten Rom eine Fläche
zwischen dem ersten Abschnitt der antiken
Via Flaminia, dem heutigen Corso, und zwei
weiteren klassischen an ihrem Anfang mit je
einer Meta, gigantisches pyramidales
Grabdenkmal, versehenen Strassenachsen.
Eines der beiden Grabdenkmäler blieb bis
Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten. Eine Art
„Dreizack“ existierte demnach bereits in der
Antike, obschon ein noch nicht reguliertes.
Nach der Errichtung des Krankenhauses San
Giacomo in Augusta Ende des 14. Jh.s, die der
Verstädterung des Stadtteils einen grundlegenden Ansporn gab, und nach dem
Wiederaufbau der Kirche Santa Maria del
Popolo, die Sixtus V. im Hinblick auf das
Jubiläumsjahr 1475 erbauen ließ und die
neben
der
Porta
Flaminia,
dem
Haupteingangstor, im nördlichen Teil der
Stadt ein sehr wichtiges Bauwerk darstellt,
wurde Anfang des 16. Jh.s eine umfassende
Bautätigkeit in die Wege geleitet. Im Rahmen
dieser städtebaulichen Arbeiten sollte der
Dreizack definiert werden. Sie begannen
unter Papst Leo X. Medici, der im Jahr 1517
Antonio di Sangallo dem Jüngeren den Auftrag
erteilte, eine der antiken Strassenachsen
neben dem Corso, die Via Leonina, die der
heutigen Via di Ripetta entspricht, zu regularisieren. Anlässlich des Jubiläums von 1525
nahm Papst Clemens VII. Medici das Projekt
seines Cousins wieder auf und verfügte die
Verwirklichung der dritten Strassenachse, die
von ihm ihren Namen Via Clementia erhielt.
Im Jahr 1543 wurde die Strasse von Papst Paul
III. Farnese fertig gestellt und umgetauft in
Via Paulina Trifaria, der heutigen Via del
Babuino. Auf diese Art und Weise wurde der
Dreizack vor allem dank dem übereinstimmenden Willen der beiden Medici-Päpste festgelegt und durch den Ende des 16. Jh.s am
Ort des symbolischen Zusammentreffens der
drei Strassen auf der Piazza del Popolo unter
Papst Sixtus V. aufgestellten Obelisken endgültig verankert. Nach der im 17.Jh. erfolgten
Renovierung der Porta del Popolo wurde mit
der Umsetzung des Projekts des Architekten
Rinaldi für den Bau der „Zwillingskirchen“,
die wie richtige heilige Propyläen an die antiken Metae erinnern, am Eingang der
Seitenstrassen begonnen. Und von einer dieser Kirchen, der Santa Maria dei Carmelitani
der sizilianischen Provinz Montesanto, beginnt
die Via del Babuino, eine der elegantesten
und bezeichnendsten Strassen des äußerst
zentral gelegenen Bezirks Campus Martius. Ihr
derzeitiger Strassenname ist auf eine Skulptur
zurück zu führen, die einen auf einer Art
Füllhorn abgestützten Satyr mit Dudelsack
darstellt, der aufgrund seiner Gesichtszüge
vom Volk eben „babbuino“, Pavian, genannt
und später in „Babuino“ korrigiert wurde. An
dieser Strasse stand der kleine Palazzo aus
dem 16. Jh. von Alessandro de Grandis, der
als erster bereits im Jahr 1571 den
Wasseranschluss an den Aquädukt der Acqua
Virgo erhielt, nachdem Papst Gregor XIII. die
Renovierung dieses Aquädukts hatte vornehmen lassen (eine der Leitungen war in die Via
del Babuino abgezweigt worden). Das
Gebäude sollte später in den größeren
Gebäudekomplex der Familie Boncompagni
eingebunden werden, auf dessen Fassade derselbe Papst im Jahr 1576 die antike Skulptur
anbringen ließ. Diese wurde ein erstes Mal im
Jahr 1887 in eine portalförmige Nische an der
Fassade desselben Gebäudes umverlegt,
wobei gleichzeitig das untenstehende Becken
vor den Palazzo von Papst Pius IV. an der Via
Flaminia gebracht und als Brunnen genutzt
wurde. Der Silen wurde 1957 an die Mauer
neben der Fassade der Kirche Sant’Atanasio
der Griechen angebracht, wo die ihrem Ruf
nach „sprechende Statue“ noch heute steht.
Wie die berühmte Statue von Pasquino, diente auch der „Babbuino“ als Empfänger anonymer, nicht selten giftiger Sprüche, die an die
Kirche und an die Politiker gerichtet waren
und damals „babbuinate“, BabbuinoBotschaften, genannt wurden.
Der Spaziergang an der Via del Babuino, der
an
einigen
der
exklusivsten
Antiquitätengeschäfte Roms vorbei führt,
beginnt an der Kreuzung mit der Via San
Sebastianello,
die
steigende
Verbindungsstrasse zur Trinità dei Monti, von
der aus der „Nicchione“, die optisch gekonnt
angebrachte „Nische“ am Ende der Via della
Croce zu sehen ist.
Die malerische Struktur wurde im 16. Jh. an
der Rückseite der Mauer verwirklicht, an der
früher einmal eine kleine Kappelle stand, in
VIA DEL BABUINO
gehört zum Palazzetto Valadier, der in die
Häusergruppe an der Ecke zur Via Alibert, Via
del Babuino und der Via Margutta eingeschlossen ist. Das in der ersten Hälfte des 19. Jh.s
in zwei Bauphasen von dem Architekten
Antonio Sarti errichtete Bauwerk ist vor allem
deshalb so berühmt, weil es lange von dem
bekannten römischen Künstler Giuseppe
Valadier, u.a. Architekt der Heiligen
Apostolischen Palazzi und Professor an der
Akademie von San Luca, bewohnt wurde.
Valadier, der auch in diesem Gebäude verstarb, ist auch die herrliche Gestaltung der
Piazza del Popolo und des oberhalb der Piazza
liegenden Pincio-Hügels im Stil des 19.Jh.s zu
verdanken. Auf der gegenüberliegenden Seite
beginnt die Via Vittoria, aus deren
Häuserreihen sich die Baukulissen der heute
entweihten Kirche der Santi Giuseppe e
Orsola und des angrenzenden Klosters abheben. Der Gebäudekomplex, Eigentum der
Ursulinerinnen, wurde im Jahr 1680 von
Camilla Orsini Borghese und von Laura
Maninozzi d’Este als Mädchenpensionat
gegründet. Das Kirchengebäude ist heute Sitz
der Theaterschule der Nationalen Akademie
für Schauspielkunst „Silvio D’Amico“, während sich im ehemaligen Kloster seit 1870 die
Nationale
Musikakademie
und
das
Konservatorium von Santa Cecilia befinden.
Etwas weiter steht an der Via del Babuino 149
das Gebäude, in dem sich das Collegio Greco
befindet und das durch eine pittoreske Überführung mit der Kirche von Sant’Atanasio dei
Greci verbunden ist. Das Pensionat wurde
1576 von Papst Gregor XIII. gegründet und
sollte für die Aufnahme der in Rom niedergelassenen aus Kleinasien stammenden
Griechen und die Betreuung der religiösen
Minderheiten der griechisch-albanischen
Katholiken genutzt werden. Das Gebäude
steht auf einem Grundstück von Tommaso
Manriquez und wurde im Auftrag von Papst
Clemens XIII. 1769 durch den Architekten
Carlo Puri De Marchis, dessen Werk auch die
Fassade an der Via del Babuino ist, renoviert.
Ursprünglich war das Gebäude im Besitz der
Jesuiten, heute jedoch wird es von der
Konföderation der Benediktiner von
Chevetogne verwaltet.
Neben der berühmten Fontana del Babuino
erhebt sich die Backsteinfassade der Kirche,
die dem Heiligen zu Alexandria bei Ägypten
geweiht
ist.
Der
ursprüngliche
Kirchengrundriss aus dem Jahr 1588 ist ein
Werk des Giacomo Della Porta. Das
Kircheninnere mit einem für die römische
Baukunst sehr ungewöhnlichen, in der orien-
15
Die Strassen von Rom
deren Innern ein Bild von San Sebastiano aufbewahrt wurde. Es ist ein Werk des Francesco
De Sanctis, der auch das szenisch sehr effektvolle Treppenbauwerk an der nahe gelegenen
Piazza di Spagna konzipiert hatte; die konkave Nischenwand, die 1728 abgerissen und
1733 vermutlich nach einem Plan von Filippo
Raguzzini wieder neu errichtet wurde, ziert
ein schöner Stuckrahmen, der von einer Krone
und Palmenzweigen als den Symbolen des
Martyriums überragt wird. Früher befand sich
in jenem Rahmen eine Abbildung des
Heiligen, dem die Strasse geweiht ist. Zurück
an der Via del Babuino 92, steht an der Ecke
zur Via Alibert der Palazzetto Raffaelli, der
im Jahr 1826 von Giuseppe Valadier im
Auftrag des Gesandten des Zaren beim
Vatikan erbaut wurde. Die Hausnummer 89
VIA DEL BABUINO
Die Strassen von Rom
16
talischen Architektur jedoch stark verbreiteten Grundriss mit drei an den jeweils drei
Altarseiten errichteten Apsiden wird von
einer Ikonostasis, die für griechisch-orthodoxe katholische Kirchen typische dreitürige
Bilderwand, abgegrenzt. Auf der gegenüberliegenden Seite der Kirche steht eines der
wichtigsten Gebäude der Via del Babuino, der
Palazzo Boncompagni Cerasi mit den
Hausnummern 51 – 52, der im Jahr 1738 unter
Eingliederung der existierenden Gebäude aus
dem 16. Jh. neu erbaut wurde. Die schöne
Fassade wird von zwei Portalen begrenzt, von
denen eines mit einem Balkon überdacht ist
und das andere von einem gespaltenen
Tympanum überragt wird; auf beiden ist die
Wappenfigur des Drachens der Boncompagni
abgebildet, wie sie auch auf den Fenstern der
Herrschaftsetage abgebildet ist. Das
Adelsgeschlecht der Boncompagni, dem Papst
Gregor XIII. angehörte, war es auch, das 1576
den berühmten „babbuino“ anbringen ließ.
Im Jahr 1858 ging die Liegenschaft in den
Besitz des Grafen Antonio Cerasi über, der es
durch den Architekten Rodolfo Lanciani um
eine Etage aufstocken ließ. An der Via del
Babuino 38-41 befindet sich der Palazzo
Sterbini, erkennbar an den Nischen mit
Büsten von Feldherren, welche die Fassade
ausschmücken. Ein wenig weiter steht die
Anglikanische Kirche Ognissanti, der
Allerheiligen, ein Kirchenbau in neugotischem
Stil, der Ende des 19. Jahrhunderts auf dem
Grundstück der Villa von Flavio Orsini nach
einem Bauplan von George Edmund Street,
einem der wichtigsten Vertreter des Ghotic
Revival der viktorianischen Architektur,
erbaut wurde. Die offensichtlich große
Sorgfalt in der Farbenwahl beim Kirchenbau
aus roten Backsteinen und Travertin ist
typisch für die Bewegung der Arts and Crafts
sowie für den Stil von Street, der einer ihrer
wichtigsten Vertreter war. Die ungewöhnliche
Note wurde dem Gotteshaus dadurch verliehen, dass die auf die Via del Babuino ausgerichtete Seite nicht die Kirchenfassade, sondern die Apsis ist, wobei der Kircheneingang
nach dieser Gestaltung unter den achteckigen
Turm verlegt wurde. Das ausgeschmiegte
Portal in der angrenzenden Via di Gesù e
Maria führt hingegen in das linke
Kirchenschiff. An der Via del Babuino 151, an
der Ecke zur Via San Giacomo, stoßen wir auf
eine der vielen römischen „Madonnelle“, kleine Madonnenbildnisse, pittoreske Zeugnisse
der volkstümlichen, im 18. Jh. weit verbreiteten Madonnenverehrung. Ein einfacher
Marmorrahmen in Form eines Tabernakels
umschließt das Relief-Bildnis der Jungfrau mit
dem Kinde, Werk eines unbekannten
Künstlers aus dem 19. Jahrhundert. Auf der
Höhe der Hausnummer 169 steht der im Stil
der Neurenaissance erbaute Palazzo Emiliani,
der aus der Zusammenlegung verschiedener
Gebäude
hervorgegangen
ist.
Der
Gebäudekomplex wurde im Jahr 1869 nach
einem Bauplan von Luca Carimini verwirklicht. Am Ende der Via del Babuino fallen die
Gebäude zweier berühmter Hotels auf, die
sich gegenüber stehen: das Hotel Piranesi mit
den Hausnummern 195 – 197 und das Hotel
De Russie mit der Hausnummer 9. Ersteres
hat seinen Sitz im Palazzo Nainer, der um das
Jahr 1821 von dem Architekten Giuseppe
Valadier auf einem Teil des AugustinerKlosters gebaut wurde. Zum Kloster gehörte
auch ein großflächiger Garten, der sich bis zur
Kirche von Santa Maria di Montesanto erstrekkte, an die die Liegenschaft aus dem 19. Jh.
noch heute angrenzt. Das Kloster wurde
zunächst von den französischen Truppen
besetzt, später wurden darin sowohl auf der
Seite zum Corso als auch zur Via del Babuino
hin Privatwohnungen eingerichtet (1811). Im
Rahmen der städtebaulichen Baumassnahmen
an der Piazza del Popolo übernahm Valadier
auch die Renovierung der Gebäude neben
dem großen Tor und neben den so genannten
„Zwillingskirchen“ mit dem Ziel, der Piazza
und den umliegenden Häusern eine einheitliche, harmonische Gestalt zu verleihen. Das
Gebäude, in dem sich das Hotel Piranesi
heute befindet, wurde im Jahr 1872 im Zuge
der großen Restaurierungsarbeiten nach der
Proklamation von Rom zur Hauptstadt Italiens
wieder aufgebaut. Damals wurden in diesem
Stadtteil zahlreiche Baumassnahmen durchgeführt, die vom „umbertinischen“ Bauwesen
gefördert wurden. Hierbei erlebte insbesondere die Gegend innerhalb des Dreizacks, die
seit einiger Zeit vom internationalen
Tourismus bevorzugt wurde, einen Bauboom
vor allem in Bezug auf Hotels und touristische
Dienstleistungseinrichtungen. Auf der gegenüberliegenden Seite steht das exklusive Hotel
De Russie, das in der ersten Hälfte des 19.
Jh.s
innerhalb
eines
umfassenden
Baukomplexes der Familie Torlonia erbaut
wurde. Auch in diesem Fall wirkte Architekt
Giuseppe Valadier mit. Zwischen 1870 und
1872 wurde das Gebäude im Hinblick auf seinen Verwendungszweck als Luxushotel (es
wurde nach seiner exklusiven Klientel auch
das Hotel der Könige genannt) nach einem
Projekt von Nicola Carnevali durch zwei letzte Etagen aufgestockt.
s s ist die wichtigste Verkehrsader des
römischen Stadtviertels Sant’Angelo und
kennzeichnet den Weg von Santa Maria del
Pianto und dem Bau des Marcellus-Theaters
bis hin zum Monte Savello. Die Strasse bildet
die Verlängerung der Via del Pianto, welche
das antike Stadtviertel, auch de caccabariis
genannt, und die Platea ludea, also die
Gegend, wo das seit dem 2. Jh. von der jüdischen Bevölkerung bewohnte Stadtviertel
beginnt, durchquert. Die Straße erhielt ihren
heutigen Namen nach der Bekanntmachung
von Rom als Hauptstadt im Jahre 1870, als
viele städtische Gebiete, einige sogar in der
Namengebung, neu formuliert wurden. Davor
wurde sie Via di Sant’Angelo in Pescheria
genannt und der Platz, auf den sie mündete,
hieß Forum pecium, wegen des wichtigsten
römischen Fischmarktes, der dort seit dem
Mittelalter abgehalten wurde. Der Verkauf
fand auf dem kleinen, davor gelegenen Platz
und innerhalb der Struktur des Portikus der
Oktavia selbst statt, wo sich die Steine
befanden, auf denen der Fisch dargeboten
wurde: die Platten, auf einer Reihe von
Steinen gelegt, gehörten Adelsfamilien, die
sie in Miete gaben. Besonders an diesem, von
Handelsgeist geprägtem Stadtviertel, war die
starke Präsenz einiger der bekanntesten
römischen Bruderschaften, unter denen die
Corporazione dei Pescivendoli mit Sitz in der
Kirche Sant’Angelo in Pescheria, hervorragte.
In
dieser
Gegend
sind
wichtige
Monumentalbauten konzentriert, und fast
alle enden beim Portikus der Oktavia, der
zum paradigmatischen Element und zum
Bezugspunkt des gesamten Stadtviertels
geworden war. Direkt mit dieser Strasse verbunden waren auch der Circo Flaminio, der
im Jahre 221 v. Chr. von C. Flaminius Nepos
errichtet wurde, demselben, dem auch die
Via Flaminia zu verdanken ist, und der imposante Bau des Marcellus-Theaters. Der eindrucksvolle Hintergrund der Strasse, auf der
Seite in Richtung Fluss, ist von einem weiteren bedeutenden architektonischen Werk
gebildet, das 62 v. Chr. von Lucio Fabricio
vorangetrieben wurde: Pons Judaeorum,
oder Fabricio–Brücke (auch bekannt unter
dem Namen Ponte Quattro Capi, wegen der
zwei vierköpfigen Hermes-Stelen des Janus),
die bis zur Errichtung der Sixtus Brücke
(1475) die wichtigste Verbindung mit
Trastevere darstellte. Der Name, der noch
heute die Brücke bezeichnet, steht mit den
zahlreichen jüdischen Niederlassungen in der
Gegend um den Portikus der Oktavia und dem
Marcellus-Theater in Verbindung, wohin sie,
nach über tausendjähriger Ansässigkeit im
Trastevere-Viertel, schon im 13. Jh. gezogen
waren, und wo sie später durch den Bau des
Ghettos stigmatisiert wurden. Im Jahre 1555
ordnete nämlich Papst Paul IV. den Bau hoher
Mauern mit zwei Zugängen rund um dieses
Gebiet an, um die Juden von den Christen zu
trennen; die Bauarbeiten gab er dem
Silvestro Peruzzi, Sohn des bekannteren
Baldassarre in Auftrag. Später wurde eine
dritte
Öffnung
hinzugefügt:
Der
Haupteingang befand sich in Piazza Giudea,
der zweite Zugang lag bei Sant’Angelo in
Pescheria und der dritte vor der Kirche
Gregorio della Divina Pietà, auf der Höhe, auf
der sich heute die Synagoge erhebt. Ende des
16. Jh. wurde die Erweiterung des Ghettos
von Papst Sixtus V. veranlasst und von seinem
Vertrauensarchitekten Domenico Fontanta
durchgeführt, der dem Ghetto zwei weitere
Zugänge eröffnete. Letztendlich wurde das
Ghetto im Jahre 1848 aufgelöst und 1887
vollständig niedergeschlagen, als auch Piazza
Giudea zerstört wurde. Das Straßennetz um
Via del Portico d’Ottavia, und die Straße
selbst, ist von außerordentlichen Gebäuden
gesäumt,
die
von
bedeutenden
Patrizierfamilien gefördert wurden, welche
die umliegenden antiken Monumente regelrecht als Steinbrüche für die neuen Bauten
benützten, wobei sie zuweilen die eigenen
Wohnhäuser an die vorher bestehenden
Bauten lehnten. Diese Gewohnheit hatte
nicht nur einen funktionellen Aspekt, sondern eine tief symbolische Bedeutung, zumal
der reiche Bürgerstand, der in diesem Viertel
wohnte, in der augusteischen Zeit ein wieder
zu belebendes Ideal identifizierte.
Das erste Gebäude, auf dass man auf der Via
del Portico d’Ottavia von der Via del Pianto
aus stößt, ist das Haus des Lorenzo Manili,
im Jahre 1468 in seinen Grundmauern
erbaut. Hervortretende Besonderheit dieses
kleinen Gebäudes ist der lange Streifen, der
über die gesamte Fassade verläuft und eine
lateinische Inschrift mit griechischen Worten
enthält und mit antiken Hochreliefs verziert
ist, die den Bau des Gebäudes darstellen. In
der eleganten Komposition der Schrift wur-
17
Die Strassen von Rom
E
VIA DES PORTIKUS DER OKTAVIA
VIA DES PORTIKUS DER OKTAVIA
VIA DES PORTIKUS DER OKTAVIA
Die Strassen von Rom
18
den Formeln, Archaismen und epigraphische
Buchstaben der augusteischen Zeit verwendet; darin erscheint außerdem das Datum
2221 ab Urbe condita, also das Baujahr mit
Bezug auf die Gründung Roms.
Auf der linken Seite des Hauses der Manili,
also Richtung Piazza Costaguti, Platz, der
ursprünglich Zugang zum Getto war, liegt der
sogenannte Tempietto del Carmelo, der kleine Carmelo-Tempel, ein eindrucksvoller Bau,
der, halb Kapelle, halb typisch römische
Heiligenkirche, 1759 zu Ehren der Santa
Maria del Carmelo, sogenannte del Monte
Libano, errichtet worden war. Mit halbelliptischem Grundriss und äußeren robusten
Säulen, die sich an der Vorhalle der Kirche
Santa Maria della Pace orientieren, stellt er
eine
bedeutende
Entwicklung
der
Votivkapelle mit dem Madonnenbildnis zu
monumentalen Formen dar. Die malerische
kleine Kapelle war für die „prediche coatte“,
die Zwangspredigten, bestimmt, die zu dem
Zweck dienten, die Juden in die katholische
Religion einzubeziehen. Die Nummer 13 war
das Haus der Fabi aus dem 16. Jh., das sogenannte casa cinquecentesca dei Fabi, welches von einer Loggia gekrönt und mit einem
schönen, von Arkaden gezierten Hof ausgestattet ist. Die Familie Fabi di Pescaria war
eine zeitlang Besitzer des MarcellusTheaters. Unter den Bauwerken, die den Weg
kennzeichnen, ist der Portikus der Oktavia
mit Sicherheit das Bedeutendste, dem die
Straße selbst auch ihre Namengebung ver-
dankt. Der Portikus bestand aus einer doppelten Säulenreihe, die sich nach hellenistischer
Art um zwei Tempel herum erhob: der Tempel
des Giove Statore und der Tempel, der
Giunone Regina gewidmet war. Veranlasst
wurde der Bau 146 v. Chr. von Cecilio Metello
Macedonico,
der
den
Architekten
Hermodoros di Salamina dafür beauftragte.
Zwischen 27 und 23 v. Chr. ließ Augustus ihn
erneuern und seiner Schwester Oktavia weihen; später wurden neue Bauarbeiten, von
Settimio Severo und auch von Caracalla veranlasst, auf den sich die Inschrift auf dem
Tympanon der Zugangspropyläen bezieht.
Dieser besteht aus einer großen Säulenhalle
mit korinthischen Säulen. Links vom Portikus
liegt die Pescheria, die im Mittelalter solch
große Bedeutung hatte, dass sie für die
Gestaltung des Stadtviertel-Wappens ausschlaggebend war: ein silberner Fisch, der
den alten Fischmarkt symbolisiert. Die
Verkaufsstände, malerisch zwischen den
Säulen des Portikus der Oktavia gelegen, blieben bis zum Jahre 1880 in Betrieb. Auf der
Rückseite, unter Nummer 25 von Via di
Pescheria, erhebt sich ein mittelalterlicher
Turm, der auf das 13. Jh. zurückzuführen ist
und den Familien Grassi und Particappa
gehört hatte. An der Via del Portico d’Ottavia
befindet sich auch die wichtigste Kirche des
Viertels, zwischen der Säulenhalle des
Portikus „eingefasst“, nämlich die Kirche
Sant’Angelo in Pescheria. Ursprünglich Sankt
Paul gewidmet, wurde sie im Jahre 755
errichtet, wovon das wertvolle, auf der linken Eingangswand eingemauerte Epigraph
zeugt. Zusammen mit der neuen Widmung für
Sant’Angelo im Jahre 1192, kam der Zusatz in
foro piscium hinzu. Die Struktur des Tempels,
nach einer dreischiffigen Basilikenanlage
erbaut, wurde mehrmals restauriert. Zuerst
Ende des 16. Jh. mit den Arbeiten, mit denen
die Università dei Pescivendoli (Universität
der Fischverkäufer) Martino Longhi il Vecchio
beauftragte; danach wurde sie im Jahre 1599
vollständig von Giacomo della Porta restauriert. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kirche
schließlich durch die vollkommen neue
Wiederherstellung, die Pius IX. im Jahre 1864
veranlasste, und die der Architekt Alessandro
Betocchi durchführte. Bedeutenden Wert
haben auch die Werke, die im Inneren der
Kirche aufbewahrt werden, darunter ganz
besonders die reiche Verzierung der kleinen
Kapelle Sant’Andrea dei Pescivendoli.
Architektonisch der Kirche anliegend steht
VIA DES PORTIKUS DER OKTAVIA
verschiedene Steine aus der Zeit des Ghettos
aufbewahrt werden. Das letzte Stück der Via
del Portico d’Ottavia, auf der dem Tiber hingelegenen Seite, führt an den großartigen
Resten des Marcellus-Theaters entlang. Von
Caesar begonnen, der ein dem Pompeius
Theater ähnliches Bauwerk schaffen wollte,
wurde es von Augustus vollendet, der es seinem Neffen Marcellus, Sohn der Schwester
Oktavia, widmete. Der Bau des Theaters, das
aus zwei Arkadenreihen aus Travertin
besteht, unterbrach das umliegenden
Straßennetzes (der der Pietas geweihte
Tempel wurde zerstört), dennoch entstand
mit ihm ein wichtiger, sowohl wirtschaftlicher als auch kultureller Verbindungspunkt
zwischen dem Stadtviertel Sant’Angelo und
dem Kapitol. In den Strukturen des Theaters,
auf den Ruinen der Bühne und der Cavea,
wurde eine außerordentliche Adelsresidenz
geschaffen, die als Palazzo Orsini unter der
Nr. 30 der Via di Monte Savello in die
Geschichte einging. Die im Mittelalter entstandene Festung gehörte zuerst der Familie
Pierleoni, dann der Familie Savelli und
schließlich, ab 1716 der Familie Orsini. Auf
dem
mittelalterlichen
Kern
des
Baukomplexes, direkt über den äußeren
Arkadengängen der Cavea des Theaters, ließ
die vornehme Familie Savelli ihren Palast
(daher der heutige Name Monte Savello),
vom beruehmten sienesischen Architekten
Baldassarre Peruzzi zwischen 1523 und 1527
errichten. Weitere Bauarbeiten wurden im
18. Jh. mit dem Einzug der Orsini unternommen.
Am Ende der Via del Portico d’Ottavia steht
die Kirche von San Gregorio Magno della
Divina Pietà ai Quattro Capi, die sich, isoliert und elegant, vor der Fabricio-Brücke
erhebt (sie war auch als San Gregorietto
bekannt, um sie von der größeren Kirche San
Gergorio al Celio, de ponte Judaerom zu
unterscheiden). Antiken Ursprungs, wahrscheinlich aus dem 11. Jh., wurde die Kirche
zu Beginn des 18. Jh. nach dem Projekt von
Filippo Barigioni neu formuliert und Mitte des
darauf folgenden Jahrhunderts entschieden
restauriert. Im Jahr 1934 wurde eine Apsis
hinzugefügt. Die schöne Fassade wird
geschmückt von einem Oval mit einem raffinierten Fresko von Stefano Parrocel aus dem
18. Jh. Von der Sakristei gelangt man in die
Räume der Krypta, deren Reste den
Strukturen des nahe gelegenen Theaters
angehören.
19
Die Strassen von Rom
das Gebäude, in dem sich das Oratorium
Oratorio di Sant’Andrea dei Pescivendoli
befindet, dessen Fassade ein Hochrelief
schmückt, das ein schönes Bild des Apostolo
pescatore darstellt. Die antike „Università
dei Pescivendoli“, die schon seit dem 10. Jh.
unter Schirmherrschaft der Heiligen Pietro
und Andrea bestand, hatte seit dem 16. Jh
ihren Sitz in der Kirche Sant’Angelo, wo sie
von einer eigenen Kapelle (die von
Sant’Andrea) Gebrauch machen konnte. Als
die Universität im Jahre 1687 Bruderschaft
wurde, erhielt sie das Benutzungsrecht einiger, der Kirche anliegenden Räume, mit der
Erlaubnis, anstelle der sich darin befindenden Werkstätten, ein Oratorium zu bauen. So
entstand das Oratorio di Sant’Andrea dei
Pescivendoli, das im Jahre 1689 vom
Architekten Filippo Tittoni gebaut wurde.
Neben dem Portikus erhebt sich unter den
Hausnummern 28-29 der ausgeglichene und
harmonische Bau des Häuschens der Vallati,
der sogenannten casina dei Vallati, dessen
Name von der Familie stammt, die viele
Besitztümer im Stadtviertel ihr Eigen nannte
und ihre Familienkapelle in der Kirche
Sant’Angelo in Pescheria besaß. Das
Gebäude, heute Sitz der Aufsichtsbehörde für
Denkmalschutz der Gemeinde von Rom, hat
sowohl wegen seiner architektonischen
Struktur als auch wegen der gut erhaltenen
mittelalterlichen Mauerwerke eine große
Bedeutung. Es kam im Laufe der von den
Architekten Alberto Calza Bini und Paolo
Fidenzoni 1926 durchgeführten Grabungen
für die Freilegung und Restaurationsarbeiten
des nahe gelegenen Theaters ans Licht. Der
Bau besteht aus zwei Gebäuden, die jeweils
auf das 14. Jh. und auf das 16. Jh. zurückreichen,
jedoch
Teil
eines
einzigen
Wohnkomplexes sind (der ältere Teil ist der
neben der Kurve des Theaters). Das Tor
neben dem Häuschen gibt einen wunderschönen Blick auf die Arkaden des Theaters und
auf die Säulenteile des Apollo Sosiano
Tempels und des Tempels der Bellona, sowie
auf den mittelalterlichen Bau des Albergo
della Catena frei. Auf der Höhe von einem
der Ghettozugänge wurde Ende des 19. Jh.
der Tempio Maggiore della Comunità
Ebraica, die Synagoge, errichtet. Das großartige Gebäude in Form eines griechischen
Kreuzes, von einer padiglionförmigen Kuppel
beherrscht, wurde von den Architekten
Vincenzo Costa und Osvaldo Armanni im
Mittelpunkt eines Gartens erbaut, in dem
VIA DEI GIUBBONARI
VIA DEI GIUBBONARI
D
Die Strassen von Rom
20
er heutige Name, der sich schon seit
dem16. Jh. eingebürgert hatte, stammt
von den “gipponari”, den Jackenschneidern,
die sich dort zahlreich mit den eigenen
Werkstätten niedergelassen hatten. Die
Straße, deren eine Seite zum Stadtviertel
Regola, und deren andere Seite zum
Stadtviertel Parione gehört, war davor unter
dem noch älteren Namen Via „Pelamantelli“
bekannt, wobei sich auch dieser auf
Tätigkeiten im Bekleidungsbereich bezog,
nämlich die der „repezzori“ (die Flicker) und
die der „stramazzatori“ (die RohseideHändler): Mit dieser antiken Tradition verbunden, ist die Via dei Giubbonari auch noch
heute von zahlreichen Kleidungs- und
Stoffgeschäften durchzogen. Doch die Straße
war auch bekannt unter dem Namen Via di
Santa Barbara, nach der dort stehenden
gleichnamigen Kirche, die in enger
Verbindung zu der Confraternita dei Librari
(Bruderschaft der Buchhändler) stand.
Zuweilen wurde die Straße auch unter dem
Namen Via Florida erwähnt. Sie entspricht
einer antiken Arkadenstraße, der porticus
maxima und stellte die natürliche
Verlängerung der Via del Pellegrino, die Via
Florida oder Florea genannt wurde, dar. Ihr
Name wurde allgemein auf die Verkehrsader
erweitert, die von der Engelsbrücke bis zur
Kirche Santa Maria del Pianto führte, und welche den heutigen Straßen Via dei Banchi
Vecchi, Via del Pellegrino, Piazza Campo dei
Fiori und Via dei Giubbonari entspricht. Es
handelte sich um die Via Peregrinorum, die
Straße, welche die Pilger auf dem Weg zum
Vatikan entlang pilgerten, und aufgrund derer
dort
zahlreiche
Herbergen
und
Handwerksbetriebe entstanden. Zwischen Via
dei Giubbonari und Via dei Balestrari erinnert
eine eingemauerte Inschrift an die Eröffnung
der heutigen Via del Pellegrino durch Papst
Sixtus IV., der auch die Instandsetzung von
Piazza Campo dei Fiori wollte. Via dei
Giubbonari ist eine der bekanntesten Straßen
der Gegend zwischen den beiden historischen
Stadtvierteln, ist seit jeher mit der
Handelstätigkeit verbunden und wird als das
wahre Herz des Handels und des Handwerks
der Stadt betrachtet. Diese vorwiegende
Tendenz führte dazu, dass viele Zünfte und
Handwerkerbruderschaften diesen Ort für die
eigenen Hauptsitze auswählten, und dass
wichtige Patrizierfamilien sich innerhalb dieses weiten und bunten städtischen Gefüges
niederließen. Die Straße liegt nämlich an
einem Knotenpunkt des Straßennetzes dieser
Gegend, nur ein paar Schritte von der Brücke
entfernt, die Papst Sixtus IV. anlässlich des
Jubiläums des Jahres 1475 hatte errichten
lassen und nahe der Straßenachsen, die die
großen Mittelpunkte der Verwaltung und der
Religion zwischen dem Vatikan und dem antiken Campo Marzio miteinander verbanden.
Die Straße verläuft außerdem in der Nähe
einiger der wichtigsten Sozialeinrichtungen
der alten Stadt: die Compagnia della
Santissima Trinità dei Pellegrini e
Convalescenti (Gesellschaft der Heiligen
Dreifaltigkeit der Pilgerer und der
Genesenden), die des Ospizio dei Cento Preti
(Heim der Hundert Priester), das ehemalige
Ospedale dei mendicanti (Krankenhaus der
Bettler), welches Sixtus V. Ende des 16. Jh.
hatte errichten lassen, und das mit dem
Conservatorio delle Zoccolette (Pension für
Huren) verbundene povere mendicanti dei
Santi Clemente e Crescentino (arme
Bettlerinnen des Ordens der Heiligen Clemens
und Crescentino). Die Straße, der die modernen Straßenschilder nicht den alten Reiz
haben nehmen können, liegt zwischen dem
modernen Largo Cairoli und der berühmten
Piazza Campo dei Fiori, oder auch Platea
Campi Forum, ein Ort für Märkte (zur Zeit von
Papst Paul II. wurde dort der Markt für
Lebensmittel abgehalten) und Hinrichtungen.
Via dei Giubbonari, deren Name die volkstümliche und malerische Wirklichkeit einer ganzen Epoche wachruft, verläuft im Herzen
eines Gebiets, das durch die Niederlassung
ansehnlicher Familien berühmt wurde. Das
adelige Geschlecht wurde von den architektonischen und symbolischen Bauten des Palazzo
Farnese und des Palazzo Spada angezogen,
die sich wiederum in einem Stadtteil befanden, das mit der ältesten Geschichte Roms
verbunden ist. Nicht zu vergessen, dass die
Straße am Ort vorbeiführte, an dem das
Pompeius-Theater stand. Es handelt sich um
das erste beständige Theater Roms, theatrum
marmoreum, Es war überdies das größte der
Stadt und wurde von Pompeius zwischen den
Jahren 61 und 55 v. Chr. erbaut. Der römische
General ließ zuerst den Tempel der Venere
Vincitrice bauen, auf dem Mitte des 15. Jh.
der Orsini Pio Righetti Palast errichtet wurde,
und danach das Theater, dessen runde Form
heutzutage am Verlauf der Via di Grottapinta
zu erkennen ist.
Das erste bedeutende Gebäude, auf dass man
in Via dei Giubbonari auf Seiten des Viertels
VIA DEI GIUBBONARI
mit der Haupttreppe und der Bau des Bogens
auf der Rückseite der Straße, die eben deswegen Via dell’Arco del Monte heißt. Von der
Via dei Giubbonari hat man einen wunderschönen Blick auf diesen Bogen. Auf dem Weg
entlang der Straße hat man die Möglichkeit,
an einigen der schönsten und bedeutendsten
Kirchen der Stadt Halt zu machen, von denen
eine genau in der Mitte der Straße steht: Es
handelt sich um die kleine Kirche namens
Chiesa di Santa Barbara, sogenannte aber
auch dei Librari, also der Buchhändler. In
alten Zeiten gegründet, ist ihr Namenszusatz
auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie im
Jahre 1601 der Confraternita dei Librari, der
Bruderschaft der Buchhändler, beziehungsweise dem Verband, der die Buchhändler, die
Drucker und die Buchbinder vereinte, übergeben wurde, deren Werkstätten sich in diesem
Stadtteil befanden. Die ursprüngliche Kirche
von Santa Barbara entstand kurz nach dem
10. Jh. in einem Bogen des dahinter gelegenen Pompeius-Theaters, noch innerhalb des
Stadtviertels dei Satiri (in der Zeit wurde die
Kirche auch in Satro genannt), welches das
Gebiet bis hin zu den heutigen Straßen Via dei
Chiavari und Via di Grottapinta umfasste.
Nach dem Aufenthalt der Jesuiten, die dort
Ende des 16. Jh. eine zeitlang den
Gottesdienst zelebrierten, erfuhr die Kirche
zu Beginn des darauf folgenden Jahrhunderts
eine erste radikale Restaurierung, die der
Kirche die heutigen barocken Formen verlieh.
Nach einem weiteren Eingriff, Mitte des 19.
Jh., wurde die Kirche 1879 von der „Pia
Unione per il suffragio dei trapassati“ übernommen, welche anstelle der vorhergehenden Bruderschaft getreten war, die sich inzwischen aufgelöst hatte. Nach einer recht dunklen Zeit, während der die Kirche von Santa
Barbara sogar entweiht und als Lagerhaus verwendet worden war, wurde sie erneut restauriert und dem Gottesdienst eröffnet. Der kleine und harmonische Platz vor der Kirche wird
von ihrer hellen Fassade, Werk des römischen
Malers Giuseppe Passeri, beherrscht, deren
Spitze von einer Statue aus Travertin der
Heiligen Eponima krönt. Das Kircheninnere,
auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes
angelegt, ist von einer Vierung bedeckt, die
von einer reichen und eleganten
Stuckverzierung um Freskenovale durchzogen
ist. Die Öffnung auf der Via dell’Arco del
Monte, genau vor Largo dei Librari, gibt den
Blick auf einen Teil des Palastes des alten
Monte di Pietà frei, heutiger Sitz der römischen Bank „Banca di Roma“, in dessen
Innerem sich eines der besten Beispiele des
21
Die Strassen von Rom
Regola stößt, ist der Palazzo Barberini, der
Palast der Barberini, Hausnummer 41,
gekennzeichnet durch das unverwechselbare
Bienen-Symbol, welches das Wappenemblem
der mächtigen Familie darstellt. Das Gebäude
wurde auf dem von den Häusern der Scapucci
besetzten Gebiet erbaut, eine mit den Orsini
verbundene Patrizierfamilie, deren Häuser
Monsignor Francesco Barberini im Jahre 1581
erwarb. Der Palast, dem der Bauherr die Form
einer richtigen Festung verleihen wollte,
umfasste einen großen Hof, die Ställe und
eine Reihe von Werkstätten. Der Besitz
erweiterte sich überdies auf die architektonisch anliegenden Häuser. Bei der Bauleitung
folgten verschiedene Architekten aufeinander, allesamt von großer Berühmtheit, die sie
in der damaligen Zeit auszeichnete: Flaminio
Ponzio, Fabrizio Breccioli, Carlo Maderno. Das
Gebäude wurde später auf Wunsch von Carlo
Barberini erweitert, dem es von seinem
bekannteren Bruder Maffeo, der den päpstlichen Stuhl mit dem Namen Urban VIII.
bestiegen hatte, im Jahre 1623 überlassen
worden war. Zwischen 1640 und 1644 leitete
der von Taddeo Barberini beauftragte römische Architekt Francesco Contini die
Erweiterungsarbeiten gen Via dei Pettinari
und baute den neuen Eingang auf der Seite
Richtung Piazza del Monte di Pietà. Das Domus
magna der Barberini wurde endgültig Mitte
des 18. Jh. fertig gestellt, als es, nachdem es
als Ordenshaus der Barfüßigen Karmeliten
gedient hatte, von dem Monte di Pietà erworben wurde. Der vom neuen Besitzer geförderten, weiteren Vergrößerung, entspricht das
von Nicola Giansimoni gebaute ovale Atrium
VIA DEI GIUBBONARI
Die Strassen von Rom
22
spätrömischen Barocks befindet: Die Cappella
della Santissima Trinità, Kapelle der Heiligen
Dreifaltigkeit. Dieses monumentale Gebäude,
dessen ursprünglicher Kern aus dem 16. Jh.
stammt, und auf dem Carlo Maderno im Jahre
1604 weiterbaute, schließt die von Francesco
Paparelli zwischen 1639 und 1642 geplante
Kapelle mit ein. Sie wurde als Monument entworfen, um die Geschichte und die wohltätigen Zwecke des Institutes Monte di Pietà zu
preisen. Das Institut Monte di Pietà wurde
1539 vom Minorit Matteo Calvi gegründet mit
dem Ziel, Geld zu sehr geringen Zinssätzen zu
verleihen, um der sozialen Plage des Wuchers
Einhalt zu gebieten. Es wurde später, im
Jahre 1798 von der französischen Verwaltung
abgeschafft. Nach etlichen Begebenheiten
wurde es schließlich ab 1937 in die römischen
Sparkasse „Cassa di Risparmio di Roma“, der
heutigen Banca di Roma, aufgenommen. Die
Kapelle belebt eine sehr reichhaltige
Dekoration aus wertvollen Skulpturen, die von
kostbaren bunten Marmorbildwerken und
Vergoldungen besonders hervorgehoben wird.
Der Entwurf der Innendekoration, zwischen
1600 und 1670 von Giovanni Antonio De Rossi
geschaffen,
sah
auch
strukturelle
Veränderungen vor und wurde Ende desselben
Jahrhunderts von Carlo Bizzaccheri vollendet.
Auf der Straße Via dell’Arco del Monte,
erhebt sich die Kapelle Cappella della
Madonna del Soccorso, eigentlich eine breite, von Gittern abgeschirmte Nische, die im
Jahre 1759 erbaut wurde, als Monte di Pietà
das neben dem eigenen Palazzo gelegene
Gebäude erworben hatte, bereits Sitz der
Barfüßigen Karmeliten, die es ihrerseits von
der Barberini Familie erhalten hatten.
Eigentum der Barberini war außerdem das
Haus aus dem 16. Jh., das sogenannte casa
cinquecentesca, Hausnummer 47. Seine harmonisch gestaltete Fassade wird von elegant
umrahmten Fenstern unterbrochen, unter
denen ganz besonders die mit prunkvollen
Rosetten besetzten, umwölbten und mit
Tragbalken verzierten Fenster hervortreten
(Vasari schreibt dieses Werk einem
Architekten des Kalibers Baldassarre Peruzzi
zu). Die wunderschöne Fassade war überdies
mit einer großen, heute sehr verblassten
Fassadenmalerei versehen, im Einklang mit
der im 15. und 16. Jh. in Rom eingeführten
Mode, die Fassaden der adeligen Paläste mit
Malereien und Sgraffiti zu verzieren. Die darin
enthaltenen Darstellungen wurden meist der
Mythologie entnommen und zielten darauf,
den Ruhm der Eigentümerfamilie des
Gebäudes hervorzuheben. Kurz danach biegt
man in die Gasse Vicolo delle Grotte, schon
der Krypten, so genannt wegen der
Wandelgänge des Pompeius-Theaters, die später als Werkstätten benützt wurden. Unter
den, sich auf der Seite der Via dei Giubbonari,
die noch zum Stadtviertel Parione gehört
befindlichen Gebäuden, tritt besonders der
barocke Bau des Palazzo Ghetti, Nr. 89 hervor, der sich als Eckhaus zwischen Via dei
Giubbonari und Via dei Chiavari erhebt und
dessen schönes Eingangstor mit Balkon ins
Auge sticht. Letzte Haltestelle auf dem
Spaziergang durch diese Straße ist die Kirche
Chiesa di San Carlo ai Cantinari, wahrhaftiges Meisterwerk des Stadtteils. Sie befindet
sich an der Mündung der Straße in Richtung
Via Arenula. Ihr Ursprung reicht auf das Ende
des 16. Jh. zurück, als sich die Gemeinschaft
der Barbaniti, die Kongregation der
Geistlichen, die in Mailand von Sant’Antonio
Maria Zaccaria gegründet wurde, in Rom bei
der Kirche von San Biagio de Anulo niederließ,
welche sich zwischen der heutigen Gasse
Vicolo dei Chiodaroli und der Straße Via dei
Monti della Farina befindet. Die Geistlichen
begannen
alsbald
die
umliegenden
Grundstücke aufzukaufen, in denen die sogenannten „catinari“, also die Töpfer, ihren Sitz
hatten. Später erhielten sie die Erlaubnis,
neben dem alten Pompeius-Theater eine neue
große Kirche zu bauen, die Kirche von San
Carlo Borromeo, großer Bewunderer des
Barnabita Ordens. Die Bauarbeiten begannen
Anfang des 17. Jh. nach dem Projekt des aus
den Marken stammenden Architekten Rosato
Rosati und zogen sich, wenngleich in abwechselnden Phasen, bis zur Mitte des
Jahrhunderts hinaus. Aus dam Jahr 1638
stammt die wunderschöne Fassade von
Giovan Battista Soria: Das Oval oberhalb des
mittleren Eingangstors beinhaltete die
Malerei von Guido Reni, welche den San Carlo
in preghiera, den Heiligen Karl im Gebet, darstellte. Heute ist sie im hinteren Teil des
Chores der Kirche zu sehen. Ganz besonders
an dem Bau ist jedoch das Rippengewölbe,
das auf einer sehr hohen Trommel stützt und
von insgesamt zwölf kleinen Fenstern
beleuchtet wird. Eine für die Tradition der
römischen Baukunst kühne und innovative
Struktur. Auch das Kircheninnere stellt sich
wie eine wahrhaftig ausgewählte Sammlung
der Malerei aus der Zeit zwischen dem 17.
und dem 19. Jh. Darunter stechen besonders
die Werke der Maler des Kalibers von Giovanni
Lanfranco und des Domenichino hervor,
Schöpfer der wunderschönen Fresken der
Kuppel.
iese Strasse verbindet die Via degli Uffici
del Vicario (Sitz der Notariatsbüros des
Gerichtshofes) und die Piazza di San Lorenzo
in Lucina (im Herzen einer Gegend, durch die
die Grenze zwischen dem gleichnamigen
Bezirk Campo Marzio und dem Bezirk Colonna
lief). Sie war auch als Via di Santa Maria in
Campo Marzio bekannt, aufgrund des syrischantiochenischen Klosters, das sich am naheliegenden Platz (ebenfalls Campo Marzio
bezeichnet) befindet. Die Strasse nimmt
einen beschränkten, aber eindrucksvollen
Abschnitt des alten Campo Marzio (des
Marsfeldes) ein. Dieser wurde als das weitgehende, ebene Gelände identifiziert, das für
die Kriegsvorbereitungen der römischen
Legionen bestimmt war und wo ein dem Mars
(röm. Kriegsgott) geweihtes Heiligtum errichtet wurde. Aus dem Campo Marzio ergaben
sich übrigens die nachherigen Ortsnamen. Auf
diesem Acker entstanden in kurzer
Entfernung und kurz aufeinander einige der
prominentesten Denkmalkomplexe der
Antike, viele von denen umgeben heute noch
das durch die gegenwärtige Via di Campo
Marzio durchquerte Areal, wie das Pantheon
auf der naheliegenden Piazza della Rotonda
und das Hadrianeum auf der Piazza di Pietra.
Ein für die Verstädterung dieses Gebiets entscheidendes Ereignis war im Mittelalter die
Gründung des Konvents von Santa Maria della
Concezione in Campo Marzio, das höchst
wahrscheinlich bereits im Jahre 806 um die
gleichnamige Kirche entstand, die ihrerseits
um die Mitte des 8. Jahrhunderts von Papst
Zacharias einer Gruppe von Basilianernonnen
zugewiesen wurde. Das ehemalige Kloster,
heute Dependance der Abgeordnetenkammer,
umfasst auch die Kirche von San Gregorio
Nazanzieno, die 795 als Oratorium entstand
und im 12. Jh. mit einem Glockenturm bereichert wurde. Die Kirche Santa Maria in Campo
Marzio wurde an ihrer gegenwärtigen Stelle
1563 auf Entwurf von Giacomo Della Porta
gebaut, dem im Laufe der Zeit Carlo Maderno
und Francesco Paparelli folgten. Sie wurde
1668 – 1685 von Giovanni Antonio De Rossi
umgestaltet und erhielt letzten Endes
dadurch ihre barocken Züge. Beide Kirchen
wurden 1563 in denselben Klosterkomplex
eingegliedert. Um dieses Gebiet war bereits
im 12. Jh. ein ziemlich dichtes Baugewerbe zu
verzeichnen, vor allem wegen der zahlreichen
Besitztümer des Klosters und des angrenzen-
den Baubestandes. Seit der Renaissance ließen sich hier wichtige Adelsfamilien nieder,
die den Bau der eigenen Palazzetti in dieser
Gegend förderten: In der Via del Campo
Marzio wohnte die drittwichtigste Familie des
Bezirkes, die Contis. Im Laufe der folgenden
Jahrhunderten gipfelte diese Tendenz in der
Ausführung von prominenten Bauwerken wie
Palazzo Chigi und insbesondere Palazzo
Montecitorio auf den naheliegenden bzw.
gleichnamigen Plätzen. Gleichzeitig wurden
im Zuge der großartigen städtebaulichen
Strukturierung, die in der ersten Hälfte des
16. Jh.s zur Definition vom Tridente führte,
gezielte Maßnahmen zur Rationalisierung der
umliegenden Strassen und Plätze getroffen.
Mitte des 17. Jh.s wurde auf Veranlassung von
Papst Alexander VII. Chigi die Regulierung der
Strasse vorgenommen, die von San Lorenzo in
Lucina zum Marsfeld führte. Diese Vorkehrung
fand
Widerhall
im
Wappen
des
Papstgeschlechts, das von drei Hügeln im
Relief gekennzeichnet ist, und an der Ecke
zwischen dem ehemaligen Caracciolini Kloster
und Via di Campo Marzio zu sehen ist. Das
heutige Gefüge dieses Areals geht auf die
Maßnahmen der Zeit nach der Einigung
Italiens zurück, letzteren ist auch die
Einweihung von der Piazza del Parlamento
zuzuschreiben, die städtebaulich als würdiger
Zugang zum Parlament sowie zum naheliegenden Banco di Santo Spirito konzipiert wurde.
Via di Campo Marzio, ursprünglich bekannt
durch die berühmten Kurzwaren- und
Garngeschäfte, die sie flankierten, beginnt
von der Via degli Uffici del Vicario mit einem
Bauwerk aus dem 18. Jh., Palazzo Orlandi,
an der Hausnummer 1. Dieser ist an der Ecke
mit einer eindrucksvollen heiligen Nische
(Ädikula der Maria) verziert, einer der vielen
„Madonnelle“ (Madonnenbilder) so typisch für
Rom, die dazu bestimmt waren, den jeweiligen Bezirk bzw. die entsprechende Strasse zu
schützen. Die Ergebenheit des Volkes findet in
diesem Falle ihren Ausdruck in einer bemalten Statue aus Terrakotta, die die Jungfrau
Maria mit Schlange darstellt. Sie ist in einem
raffinierten, ovalen Stuckrahmen zu sehen,
umgeben von fliegenden Engeln und einem
Baldachin.
Sie ist auf den Beginn des 18. Jh.s zu datieren. Die Nische ist ein kostbares Exemplar des
Rokokostils, wobei die Statue von einem
23
Die Strassen von Rom
D
VIA DI CAMPO MARZIO
VIA DI CAMPO MARZIO
VIA DI CAMPO MARZIO
Die Strassen von Rom
24
unbekannten Bildhauer des 19. Jh.s stammt.
An der Hausnummer 74 ist die Druckerei der
Abgeordnetenkammer zu finden, die am selben Ort entstand, wo sich einmal das Kloster
der Padri della Missione aus dem 17. Jh.
befand. Die Kongregation der Signori della
Missione, der sogenannten Lazaristen, wurde
in Paris vom Hl. Vincenzo de Paoli gegründet.
Dieser erwarb 1659 den Palast vom Kardinal
Toschi neben Montecitorio mit dem Absicht,
daraus seine Wohnstätte zu machen. Im ausgedehnten Areal zwischen der heutigen Via
della Missione, Via degli Uffici del Vicario und
Via di Campo Marzio wurde dank der
Großzügigkeit der Herzogin D’Anguillon Maria
Magdalena De Vignarod ein großartiger
Komplex gebaut, der die kleine Chiesa della
Santissima Trinità (Kirche der Hl.
Dreifaltigkeit), ein Wohngebäude und auch
einen Garten umfasste. Mitte des 18. Jh.s
wurden sowohl das Gotteshaus als auch die
Wohnstätte umgebaut (der erste Entwurf von
Bernardo Della Torre ist heute komplett verändert). Daraufhin, 1876-1914, wurde der
ganze Komplex enteignet. Der ursprüngliche
Eingang des Wohngebäudes, dem ein Portal
aus dem XV. Jh. mit nachherigen Ergänzungen
eingefügt ist, befindet sich in der Via degli
Uffici del Vicario Hausnummer 17, wobei der
Eingang zur Kirche in der Via della Missione
Hausnumer 1 zu finden ist. Im Laufe der
Bauarbeiten zur Vollendung des Complesso
della Missione kamen Überreste der Ustrina
der Antonini Herrscher (d.h. der Stellen, an
denen die Mitglieder der kaiserlichen Familie
verbrannt wurden) ans Tageslicht. Am selben
Ort befand sich in der Antike die monolithische Säule aus rotem Granit, die 105-106 zu
Ehren des göttlichen Antoninus Pius errichtet
wurde. Ausgegraben im Jahre 1705 wurde sie
unter Papst Pius VI. zerteilt und zur
Instandsetzung von Obelisken und anderen
antiken Kunststücken wiederverwendet. Nur
der kostbare Säulenfuß aus wertvollem, italischem Marmor blieb erhalten. Dieser befand
sich eine Zeitlang auf der Piazza Montecitorio,
wohin er auf Veranlassung von Papst Benedikt
XIV. im Zuge von Restaurierungen durch
Ferdinando Fuga gelangt war, und wurde
danach im Cortile delle Corazze im Vatikan
aufgestellt. Nach einem Gebäude aus dem
16. Jh., mit den Hausnummern 72-73, dessen
Fassade
durch
künstlerische
Gurtgesimsleisten rhythmisiert ist, gelangt
man zu einem der bedeutendsten Bauwerken
dieser Strasse, Palazzo Marescotti, mit den
Hausnummer 69, wonach ursprünglich ein
Abschnitt der heutigen Via di Campo Marzio
benannt wurde. Es handelt sich aller
Wahrscheinlichkeit nach um denselben Palast
der Portugiesischen Botschaft, der in den
Plänen von Rom aus dem 18. Jh. erwähnt
wird. Hier ließ sich die vornehme Familie des
Botschafters nieder, die in Rom seit dem 15.
Jh. anwesend war und mit den mächtigen
Geschlechtern der Orsini, Farnese und Ruspoli
verwandt war. Die Fassade ist in der Mitte mit
einem imposanten Portal aus dem 17. Jh.
geschmückt, auf dem das Wappen der
Marescotti zu sehen ist, (mit einem auf den
Hinterbeinen stehenden Panther, auf dem ein
gekrönter Adler ragt). Daneben erhob sich der
inzwischen zerstörte Palazzo Rondinini, der
im 16. Jh. gebaut und danach verlassen
wurde, als die gleichnamige Familie in das
naheliegende Gebäude an den Corso umzog.
Am Ende des Largo dell’Impresa, dessen
Name darauf zurückzuführen war, dass hier
das Impresa del Lotto seinen Sitz hatte, war
die Casa degli Agostiniani di Santa Maria del
Popolo, mit der Hausnummer 3, die 1748
wiedererrichtet wurde. An der Mauer, die sich
in Richtung Via in Lucina hinzieht, ist eine
Tafel angebracht, die an die Auffindung des
Obelisk von Psammetikh II. erinnert, der auf
Wunsch von Augustus aus Heliopolis nach Rom
gebracht worden war und auf dem Marsfeld
als Schattenstab einer riesengroßen
Sonnenuhr diente. Aufgefunden wurde er
1587 von Domenico Fontana, aber vollständig
ausgegraben wurde er erst im Jahre 1789
während des Pontifikats von Pius VI. Daraufhin
wurde er mit Teilen der Colonna Antonina
restauriert und schließlich an der Piazza di
Montecitorio durch den Architekten Giovanni
Antinori
aufgestellt.
Unterhalb
des
Fundaments eines Gebäudes aus dem 18. Jh.
an der Hausnummer 48 in der Via del Campo
Marzio, dessen Fassade von einer ornamentalen Stuckverzierung gekennzeichnet ist, wurden im Hof Spuren des Strassenpflasters aufgefunden, wo griechische Inschriften aus
bronzenen Buchstaben betreffend die
Sonnenuhr von Augustus mit Angabe der
Tierkreiszeichen sowie des Sternbildes der
Venus eingefügt sind. Als nächstes ist Palazzo
Magnani, mit Hausnummer 46, zu bewundern. Dieser war der ehemalige Sitz der
Accademia Filodrammatica Romana, die Graf
Giuliano Caprinica Del Grillo als Vorstand
führte. Das Gebäude ist mit einer harmonischen Fassade aus dem XVIII Jh. versehen, die
VIA DI CAMPO MARZIO
Abgeordnetenkammer) gewonnen worden
war. Der Architekt aus Palermo schuf eine
effektvolle Fassade, die er mit Anregungen
des Liberty-Stils belebte und von einer
„monumental-grandiosen“ Tendenz inspiriert
war. Diese Tendenz war typisch für die römische Architektur in den Jahren der
Vorbereitung der Weltausstellung im Jahre
1911, die als Verherrlichung des 50. Jubiläums
der Proklamation von Rom zur Hauptstadt
Italiens gedacht war. Auf der Fassade zeichnen sich die von Domenico Trentacoste angefertigten allegorischen plastischen Gruppen
ab, die auf die Wiedererweckung und auf den
Triumph des italienischen Volkes hindeuten.
Der neue Parlamentssitzungssaal, der dem
klassischen Vorbild der römischen Theater
folgt, wurde mit einer strahlenförmig verzierten Glasdecke mit einer markanten LibertyPrägung versehen, deren Innenseite Giulio
Aristide Sartorio schmückte. Sartorio führte
den langen Verzierungsfries aus, der die
Allegorien der Zivilisation und der Geschichte
Italiens zeigt. Der naheliegende Palast an der
Hausnummer 18, ehemaliger Sitz der Banca
d’Italia, wurde 1918 – 1923 infolge des
Abbruchs der vorherigen Strukturen - darunter auch Bauten wie der Palast der Familie
Chigi und der Palast der Grafen von
Palombara - von Marcello Piacentini (einer der
prominentesten Figuren der römischen
Architektur in den Jahren des sog.
Governatorato) in klassizistischer Form
erbaut.
Die Strasse endet mit dem Gebäudekomplex
an der Ecke zwischen der Via di Campo Marzio
und der Piazza di San Lorenzo in Lucina.
Dieser war in vergangenen Zeiten der Sitz des
Klosters der Chierici Regolari Minori di San
Francesco Caracciolo, auch Caraccilini
benannt. Der Orden wurde 1588 in Neapel
gegründet; die Messen wurden in der angrenzenden Chiesa di San Lorenzo in Lucina zelebriert, die 1606 den Ordensbrüdern von Papst
Paul V. zugewiesen wurde. Das Gebäude
beherbergt heute eine höchst repräsentative
Carabinieri-Kaserne, aber es wurde zwischen
1663 und 1665 auf Entwurf von Carlo Rainaldi
wiedergebaut und zum Kloster umgewandelt.
Der Architekt arbeitete am bereits bestehenden Bauwerk aus dem vorherigen Jahrhundert
(Palast und Garten der Familie Acquaviva),
wobei der hintere Flügel, der auf den Piazza
del Parlamento blickt, 1690-1700 von
Francesco Carlo Bizzaccheri ausgeführt
wurde.
25
Die Strassen von Rom
mit kostbaren Stuckverzierungen, rhythmisch
abwechselnden Fenstern mit eleganten
Umrahmungen, einem zentralen Eingang mit
einem bogenförmigen Hauptgesims, und
künstlerisch wertvollen, großen Konsolen verziert ist. Etwa in der Mitte von Via di Campo
Marzio öffnet sich der Raum zur trapezförmigen Piazza del Parlamento, auf dem sich der
Palazzo del Parlamento und das Gebäude
des Banco di Santo Spirito befinden. Der
erste wurde 1903-1927 von Ernesto Basile
errichtet. Der Architekt lehnte den neuen
Gebäudeteil an den hinteren Bauabschnitt
des Palazzo di Montecitorio. Das sich daraus
ergebende gewaltige, viereckige Bauwerk
einverleibte den Saal Camotto, der seinerseits Ende des 19. Jh.s vom Hof des antiken
Palazzo della Curia Innocenziana, d.h. vom
Palazzo di Montecitorio (seit 1871 Sitz der
VIA DEI CESTARI
VIA DEI CESTARI
D
Die Strassen von Rom
26
ie Via dei Cestari ist die Strasse, die die
Piazza della Minerva mit dem Largo di Torre
Argentina verbindet und das Herz des historischen Bezirks Pigna (ital. Pinienzapfen) in zwei
Hälfen teilt. Der Name dieser Gegend geht auf
den enormen, bronzenen Pinienzapfen zurück,
der ursprünglich als Verzierung eines Brunnens
der Thermen von Agrippa gedacht war und später im Hof des Belvedere im Vatikan aufgestellt
wurde. Auf diesen gehen übrigens die wiederkehrenden Darstellungen von Pinienzapfen wie
z.B.
der
Pinienzapfen
am
kleinen
Bezirksbrunnen auf der Piazza San Marco
zurück. Für diesen Bezirk ist auch eine ganz
andere Ausstattung typisch, nämlich eine in
der Zeit gewachsene, zusammengesetzt aus
antiken Fundstücken sowie anderer kleindimensionierten Elementen wie Wappen,
Nischen, Tafeln, Stützbalken, die an den
jeweiligen Gebäudemauern angebracht wurden. Der Bezirksteil, der von der Via dei
Cestari unterteilt wird, hat das städtebauliche
Gefüge erhalten, das im Laufe des 16. und 17.
Jh.s entstand, als die Strassenverläufe der Via
dei Cestari sowie von vielen anderen Strassen
in der Nähe begradigt wurden. Vor der städtebaulichen Regulierung, die kurz nach der
Proklamation von Rom zur Hauptstadt Italiens
1870 eingeleitet wurde, d.h. vor der
Einweihung des Corso Vittorio Emanuele,
gelangte die Strasse bis zur Via dell’Arco della
Ciambella, die sich ihrerseits auf den Überresten des kreisförmigen Saals der Thermen von
Agrippa (die ältesten Thermen in Rom, die das
Areal einnahmen, das sich derzeit zwischen Via
dei Cestari, Torre Argentina und dem Pantheon
erstreckt) befand. Neben den antiken Thermen
war das Stagnum Agrippae, ein großes Becken,
das durch den Acquedotto della Vergine
(Aquädukt der Acqua Virgo) versorgt wurde.
Von der römischen Anlage sind heute einige
imposante Elemente aus Ziegelsteinen erhalten, die in das Bauszenarium der Via dell’Arco
della Ciambella eingefügt sind. Diese Strasse,
die durch die Zerstörung des Rundsaals der
Thermen verwirklicht und 1621 von Papst
Gregor XV. eingeweiht wurde, zweigt rechtwinkelig von der Via dei Cestari ab. Letztere verdankt ihren Namen den Herstellern und
Verkäufern von Körben (ital. Cesto) und
Körbchen, die oft ihre Lager und Läden hier
hatten. Derselben Tätigkeit war der angrenzende Vicolo delle Ceste gewidmet, der zuerst
Vicolo dei Porcari hieß, nach der Familie
benannt, die die insula zwischen der Via und
der Piazza della Pigna, Via dei Cestari und
Vicolo delle Ceste besaß. Die heutige
Bezeichnung (eben Via delle Ceste) erhielt sie
1871 als Folge der Revision der Ortsnamen in
römischer Mundart und deren Anpassung an
den toskanischen Sprachmodus, wie vom
Piemontesischen Ausschuss für Ortsnamen in
der Zeit nach der Einigung verfügt worden war.
Vom antiken Palazzo dei Porcari ist ein Portal
aus dem 14. Jh. sowie einige Elemente des
Hofes von einem Gebäude im Vicolo erhalten.
Die Via dei Cestari war auch als via dell’Arco
dei Leni bekannt, weil dort ein mit einem
Architrav versehener Durchgang (der zu den
Thermen von Agrippa gehörte) unterhalb eines
Wachtturmes vom Baukomplex der Familie
Leni zu finden war. Der genannte Durchgang
wurde 1577 niedergerissen, um eine breitere
Straße gestalten zu können. Zusammen mit der
Via di San Nicola de’ Cesarini bildete die Via
dei Cestari die antike Strada dei Calcarari, die
Piazza Mattei mit Piazza della Minerva verband. Diese alte Bezeichnung bezog sich auf
die gesamte Gegend zwischen Piazza dell’Olmo
und Santa Lucia dei Ginnasi bis hin zur Chiesa
delle Sacre Stimmate di San Francesco. Das
Gotteshaus, das die Via dei Cestari zur Piazza
Argentina hin abschließt, war ursprünglich den
Santi Quaranta Martiri (den Vierzig Heiligen
Märtyrern) geweiht und mit Bezug auf die sich
dort damals befindenden Brennereien zur
Gewinnung und Herstellung vom Kalk aus antiken Marmorbruchstücken „ai Calcarari“
benannt. Die Via dei Cestari beginnt bei der
kleinen, harmonisch gegliederten Piazza della
Minerva, in deren Mitte sich der berühmte
Elefant von Bernini befindet, der nach einer
Inspiration des Werkes des Polifilo (verfasst
1499 von Francesco Colonna) entworfen und
1667 von Ercole Ferrata angefertigt wurde – als
Stütze bzw. Sockel für einen der 13 in Rom zu
findenden Obelisken. Die pittoreske und schattige Strasse entfaltet sich innerhalb des kaum
übersehbaren Gewirrs von Plätzen, Gassen und
Strassen, flankiert beiderseits von einmaligen
Baukulissen, die sich aus einigen der wichtigsten adeligen Palästen bzw. Gebäuden der
Stadt zusammensetzen. Die Strasse durchquert
ein prominentes Stadtgebiet, in dem einige
vornehme römische Familien ihren Wohnsitz
wählten, da sich hier die wichtigsten
Ordensgemeinschaften befanden, wie z.B. die
Dominikaner, das Kloster der Minerva, die
Jesuiten (verantwortlich für die großartige
Stiftung des Collegio Romano – eben einst
VIA DEI CESTARI
Eingang des „Dado Farnese“ („Farnese Würfel“
d.h. Palazzo Farnese) sowie das „Portale di
Carbognano“ (Zugang zu Palazzo Sciarra
Colonna al Corso), die als eine der elegantesten Sehenswürdigkeiten Roms gelten. Auf der
anderen Strassenseite entwickelt sich der seitliche Bauteil des großen Gebäude Seminario
Francese: Das Pont. Seminarium Gallicum
erwarb 1856 das der Kirche Santa Chiara
angrenzende Konvent, das antike Kloster Casa
Pia (wie dem Namen zu entnehmen ist, war es
Papst Pius IV. geweiht). Dies entstand nachdem
Karl Borromäus 1562 den Franziskanerinnen
einige Gebäude in der Gegend der antiken
Thermen von Agrippa zugewiesen hatte, damit
diese daraus einen Konventkomplex errichten
konnten. Die Restaurierung der Kirche wurde
genehmigt. Daraufhin beauftragte das
Französische Seminar Luca Carmini, Architekt
der Fassade von Santa Chiara, mit dem Umbau
des Konvents. Carmini kümmerte sich zuerst
mit der Erneuerung des Innenhofes und
danach, 1885, mit der Umstrukturierung des
gesamten Baublocks. Das Konventgebäude entlehnt seine eklektischen Formen dem
Renaissance-Stil, setzt sich aus drei Etagen und
aus einem zusätzlichen, nachträglich hinzugefügten Überbau zusammen. Nach dem Hotel
Minerva und der anliegenden Gasse, Vicolo
delle Ceste, erreicht man wenig weiter den
Block von Häusern der Familie Porcari aus
dem XV. Jh., dessen Fassade auf die Via della
Pigna Hausnummer 19 blickt und dessen
Bauteile im 19. Jh. in einen Gebäudekomplex
einverleibt wurden. Die einzige Bezeugung der
ursprünglichen Anlage ist ein schönes, inzwischen zugemauertes Marmorportal in der Via
delle Ceste an der Hausnummer 25. Über dem
genannten Portal wurde Ende des 19. Jh.s eine
Gedenktafel zu Ehren von Stefano Porcari
angebracht, anstatt der hier vorher beherrschenden Büste des Catos (berühmten Ahnes
der Familie Porcari). Hinter dem Baukomplex
ist eine der bedeutendsten Kirchen dieses
Bezirkes zu bewundern: die Chiesa di San
Giovanni della Pigna, bereits im 10. Jh. als
San Ioannis in Pinea bekannt, als
Nebengebäude des Convento di San Silvestro in
Capite. 1584 wurde die Kirche der
Erzbruderschaft der Pietà dei Carcerati zugewiesen, die wenigen Jahren zuvor mit einer
Bulle von Gregor XIII. gestiftet worden war.
Dieser Papst förderte die Errichtung der Kirche
und betraute 1624 mit deren Ausführung den
Architekten Angelo Torroni. Das Gotteshaus
wurde im 18. Jh. restauriert. Im Zuge der weitgehenden Arbeiten wurde die Anlage neuformuliert: Daraus ergab sich eine einschiffige
27
Die Strassen von Rom
Kolleg des Jesuitenordens - und für die Chiesa
di Sant’Ignazio) und dadurch in unmittelbarer
Nähe des überwältigenden und symbolisch einmaligen Pantheons. Der Beginn der Strasse ist
an der rechten Flanke vom Palazzo Fonseca
gekennzeichnet, der das angesehene Hotel
Minerva beherbergt und eine elegante
Reihenfolge von Arkaden zeigt. Das monumentale Gebäude wurde Anfang des 17. Jh.s von
der gleichnamigen Familie portugiesischer
Herkunft errichtet, wobei die bis dahin bestehenden Bauwerke, die ursprünglich im Besitz
der Familie Porcari waren, miteinbezogen wurden. Der Palazzo wurde 1841 vom französischen Unternehmer Giuseppe Sauve erworben
und es erfolgte eine radikale Umstrukturierung
durch Enrico Calderari (einen von der
Gemeinde angestellten und von Giuseppe
Valadier hoch geschätzten Architekt).
Calderari fügte die unterschiedlichen
Bauwerke zu einem einheitlichen Bauensemble
zusammen, in dessen Zentrum sich der
Adelspalast aus dem 17. Jh. sowie der dazugehörige wunderschöne zu einem Wintergarten
umgewandelte Innenhof befinden. Die moderne und zugleich effiziente Baustruktur wurde
damals schon ausschließlich als Hotel verwendet, was heute noch der Fall ist. Die beiden
Haupteingänge, die auf die Piazza della
Minerva (Hausnummer 69) blicken, halten die
kanonische Ordnung ein: bossiertes Portal, darauf liegender Balkon, gestützt von Säulen im
Einklang mit der im 16. Jh. für die römischen
Adelspaläste so typischen Formel. Die berühmtesten Beispiele hierfür sind der imposante
Kirche, die von Virginio Vespignani 1838 erneut
revidiert wurde. An der Seite des Gebäudes in
Richtung Vicolo della Minerva ist eine heilige
Nische (Ädikula der Maria) mit einem raffinierten Marmorrahmen mit der Darstellung des
Pinienzapfens als Symbol des Bezirkes zu
sehen. In der Mitte sticht ein Freskogemälde
eines unbekannten Malers von der Wende zwischen dem 17. und dem 18. Jh. hervor. Es stellt
Maria mit dem Kinde zwischen den Heiligen
Petrus und Paulus dar. Eine andere kostbare
Nische dieser Gegend, die übrigens auch von
der Via dei Cestari aus bewundert werden
kann, wurde in der Via dell’Arco della
Ciambella an den Hausnummern 9-10 wiederaufgestellt. Diese befindet sich am Widerlager
eines römischen Bogens der Thermenanlage
und wird von einem ausgefeilten Stuckrahmen
umrahmt. Das Gemälde stellt Maria mit dem
Rosenkranz dar und stammt vom Pietro
Campofiorito aus dem späten 19. Jh.. Danach
folgt an der Hausnummer 21 ein gewaltiges
Bauwerk, der Palazzo Maffei Merescotti, eine bewundernswürdige Demonstration des
Talents von Giacomo della Porta. Das großartige Gebäude, dessen Hauptfassade auf die Via
della Pigna (Hausnummer 13A) blickt, wurde
ab 1580 im Auftrag vom Kardinal Marcantonio
Maffei gebaut, der zum Zwecke der Errichtung
seines Palastes die bis dahin bestehenden
Adelsburgen niederreißen ließ.
nfolge einer Unterbrechung der Arbeiten im
Zusammenhang mit dem Ableben des
Purpurträgers erbte der Palast am Ende desselben Jh.s Camilla Peretti, Schwester des damaligen Papstes Sixtus V., die somit in einem der
repräsentativsten Bauwerkes von Giacomo
della Porta ihren Wohnsitz hatte. Eine einträchtige, ausgeglichene Komposition kennzeichnet sowohl die Hauptfassade als auch die
Seite an der Via die Cestari. Den jeweiligen
Eigentumsübertragungen, die aufeinander
folgten, entsprachen ebenso viele architektonische Umwandlungen, speziell was den Hof
betrifft. Besonders hervorzuheben ist die
Anpassung durch Ferdinando Fuga, den
Architekten der Palazzi Apostolici, Mitte des
18. Jh.s. Das Portal an der Via dei Cestari ist
von Lisenen mit Kompositkapitellen in
Anlehnung an eine im 19. Jh. höchst wahrscheinlich von Andrea Sarti (der dieses
Bauwerk zu Ende brachte) ausgearbeitete
Komposition flankiert. Das Gebäude wurde im
Laufe der Zeit Besitztum des Heiligen Stuhls
und ist heute als solches Sitz der Azione
Cattolica. Diesem gegenüber ragt ein knapper
aber dafür eleganter Bau empor, der Palazzo
Muti Sacchetti, nachher Savorelli Papazzurri
VIA DEI CESTARI
I
Die Strassen von Rom
28
e Pesci, an der Hausnummer 34, benannt.
Dieser wurde Mitte des 19. Jh.s von Virginio
Vespignani auf der Anlage aus dem 17. Jh.
errichtet, die dem Kardinal Ottavio Paravicini
gehörte. Architektonisch angrenzend ist
Palazzo Strozzi Besso in Largo delle
Stimmate
Hausnummer
26,
dessen
Hauptfassade auf den Largo di Torre
Argentina (Hausnummer 11) blickt. Sein
ursprünglicher Aufbau geht auf das 16. Jh.
zurück, als das Gebäude zuerst Wohnstätte der
Rustici und nachher der Olgiati war. Es wurde
im Laufe der Zeit von Carlo Maderno umstrukturiert, der es mit dem wunderschönen
Marmorportal hin zur Chiesa delle Stimmate
ausstattete, das die Umbaumaßnahmen im
späten 18. Jh. überstand. Mitte des 19. Jh.s
überging der Besitz an die Familie Strozzi, bis
zum Jahre 1907, als das Gebäude zugunsten
von Marco Besso veräußert wurde. Es ist heute
noch Sitz der gleichnamigen Stiftung, die zur
Aufrechterhaltung und weiteren Ergänzung der
umfassenden Familienbibliothek bestimmt ist.
1882 wurde das Gebäude enteignet, um die
Öffnung
der
neuen
umbertinischen
Verkehrsader, Corso Vittorio Emanuele, zu
erlauben. Aus diesem Grund wurde der prachtvolle Innenhof beseitigt und ein Großteil der
ursprünglichen Baustruktur kompromittiert.
Am Ende der Via dei Cestari befindet sich die
Kirche, die den Wundmalen vom Hl.
Franziskus geweiht ist und sich gegenüber der
bereits geschilderten Seite vom Palazzo Besso
erhebt. Diese entstand auf den Ruinen eines
älteren Gotteshauses, das den Hl. Vierzig
Märtyrer von Senaste geweiht war (ursprünglich Chiesa de Calcarario und nachher, ab dem
16. Jh. Chiesa die Santi Quaranta de Lenis Kirche Hl. Vierzig de Lenis) bezeichnet. 1597
wurde die Kirche umbenannt, als sie der
Bruderschaft der Heiligen Wundmale zugewiesen wurde. Sie erhielt das gegenwärtige
Gefüge 1714 - 1721 auf Entwurf von Giovanni
Battista Contini, der der Innenseite ihre sehr
ausgeglichene Beschaffenheit borrominianischer Abstammung mit Tonnengewölbedeckung
verlieh (das Kirchenschiff wurde Anfang des
19. Jh.s von Giuseppe Valadier verziert). Die
Fassade mit Bogengang wurde nach dem
Vorbild der Fassade der Chiesa di Santa Maria
in Via (Pietro di Cortona) von Antonio
Cannevari verwirklicht. Das Bogenfeld nach
der syrischen Art beinhaltet eine beeindrukkende Darstellung vom Hl. Franziskus mit den
Wundmalen. Das Hauptgesims ist vom
Monumento Petrachia – einem Kunstwerk vom
19. Jh. von Adamo Tadolini, einem Bildhauer
aus Bologna - unterbrochen.
ie erstere, die den Herstellern von
Holztöpfen und Geschirrwaren ihren
Ortsnamen verdankt, die ihre Läden in diesem Gebiet hatten, entspricht der Strasse,
die im republikanischen Zeitalter den heutigen Largo Arenula mit dem Kapitol verband.
Bis zum Jahre 1539 gehörten die
Holzschnitzer zur Zunft der Maurer. Im
erwähnten Jahr kam es zwischen 30
Handwerkern und ebenso vielen anderen
Mitgliedern desselben Vereins zu einem
Zwist, so dass die einen eine selbstständige
Bruderschaft stifteten, die dem Hl. Josef
geweiht war. Die Bruderschaft hatte nachher
eine andere Bezugskirche, nämlich die Chiesa
di San Pietro al Carcere Mamertino an den
Hängen des Kapitol, die seitdem Chiesa di San
Giuseppe dei Falegnami benannt ist. Nachher
kam es zur Universitas carpentariorum,
fabrorum et lignariorum. Die Holzschnitzer
stellten unter anderem auch die sogenannten
„arche“, große Holztruhen her; daraus ergab
sich der Name Via degli Arcari. Die
Bruderschaft umfasste Fassbinder, Böttcher,
Hersteller von Cembalos, Lautenmacher,
Hersteller von Behältern, Kunsttischler,
Kutschenmacher,
Trommelhersteller,
Mustermacher,
Einschnitzer,
Blasebalgmacher, Holzhändler, Kastenmacher,
Stuhlmacher,
Sägewerker,
Kerbeneinschnitzer, Waschböttcher, Dreher,
Holzschuhmacher, Waschschüsselhersteller:
Auf die letzten ist der Beiname zurückzuführen, das den eigentlichen Namen der naheliegenden Chiesa di San Carlo ergänzt. Die Via
dei Falegnami, die heutzutage Via Arenula
mit Piazza Mattei verbindet, begann in der
Zeit nach der Einigung Italiens bei der Chiesa
dei Barnabiti und war als Via dei Catinari
(Straße
der
Waschschüsselhersteller)
bekannt. Damals stellte sie den natürlichen
Lauf der alten Via Peregrinorum bzw. der von
den Pilgern zur Peterskirche zurücklegten
Strecke dar. Die Via dei Funari - die Straße
der Seilendreher, die nach Verlassen der alten
Werkstätten in der Via di Tor de Specchi in
alten Zeiten auch als Via „del Merangolo“
oder Via „della Torre del Merangolo“ bekannt
hierher zogen – verknüpft die Via dei
Falegnami zur Via dei Delfini, deren
Ortsname von der vornehmen Familie
stammt, die hier ihre Adelsburg erbauen ließ.
Beide
Strassen
stellten
wichtige
Verkehrsadern innerhalb des Bezirks
Sant’Angelo sowie des alten Judenviertels
dar. Diese Gegend war nämlich durch eine
Mauer begrenzt, die Papst Paul IV. 1555
errichten ließ, um die römischen, von
Trastevere Ende des 13. Jh.s hierher umgezogenen Juden dazu zu zwingen, hier zu wohnen. Der Verlauf der Via dei Falegnami, der
Via dei Funari und der Via dei Delfini übernimmt einen Teil des Gebiets, worauf sich das
Castrum Aureum - der alte Circus Flaminius,
den 221 wie unter anderem auch die Via
Flaminia C. Flaminius Nepos verwirklichen
ließ – befand. Diese Strassen bildeten die
Ader einer Gegend, in der vom Mittelalter an
das Gewerbe der Wiederverwendung vom
antiken Material aus der umliegenden archäologischen Stätten besonders verbreitet war.
Hier ließen sich einige der vornehmsten römischen Familien ihre Adelsburgen errichten.
Sie wussten die einmalige Schönheit der
monumentalen archäologischen Reste des
Circus, der Crypta Balbi, des Portikus der
Octavia und des majestätischen MarcellusTheaters zu schätzen. Als Kernpunkt dieser
Strecke gilt der kleine, elegante, der
Adelsfamilie Mattei gewidmete Platz. Diese
Piazza bietet den Rahmen für einen der
schönsten römischen Brunnen: Er ist unter
dem Beinamen „fontana delle tartarughe“
(Schildkrötenbrunnen) bekannt und wurde
1581 auf Entwurf des „Architekten des
Römischen Volkes“, Giacomo Della Porta,
geschaffen. Er gehörte zu den 18 Brunnen,
die 1570 infolge der von Papst Gregor XIII.
veranlassten Restaurierung des Aquädukts der
Jungfrau mit dem Ziel geschaffen wurden,
das Marsfeld mit Wasser zu versorgen. Der
Brunnen der Piazza Mattei unterscheidet sich
von den anderen della-portianischen Brunnen
durch die Betonung der bildhauerischen
Ausstattung von Taddeo Landini, ein anmutiges, bewegtes Spiel von wunderschönen
Jünglingen und Delphinen. In der Mitte des
folgenden Jh.s wurde der Brunnen restauriert. Bei dieser Gelegenheit wurden die
Schildkröten hinzugefügt, die seither zum
Kennzeichen des Brunnens sowie des Platzes
selbst wurden (die dort angebrachten
Schildkröten sind Kopien; die Originale, wahrscheinlich von Bernini, sind in den
Kapitolinischen Museen zu sehen). Zum selben Plan gehörte auch der Brunnen der Piazza
Giudea. Auch dieser wurde von Della Porta
entworfen und infolge der städtebaulichen
Regulierung dieser Gegend im 19. Jh. an seine
heutige Stelle in der Piazza delle Cinque
29
Die Strassen von Rom
D
VIA DEI FALEGNAMI e VIA DEI DELFINI
VIA DEI FALEGNAMI e VIA DEI DELFINI
VIA DEI FALEGNAMI e VIA DEI DELFINI
Die Strassen von Rom
30
Scole aufgestellt.
Der Strassenverlauf, der mit der Via dei
Falegnami beginnt und in Piazza Margherita
endet, lädt dazu ein, am Anfang der Strecke
in der Nähe der Via Arenula zu verweilen.
Hier steht eine charakteristische Kirche der
Gegend, Santa Maria in Publicolis, deren
Hauptfassade zur Piazza Costaguti zeigt. Von
dem ursprünglichen Tempel ist heute nichts
mehr erhalten. Über den ehemaligen
Grundmauern wurde die Kirche aus dem 17.
Jh. errichtet. Der Architekt war Giovanni
Antonio De Rossi und der Baumeister Alessio
De Rossi, wobei der Auftraggeber Msgr.
Marcello Stantacroce war. Die Errichtung der
Kirche dauerte bis 1645 und sie wurde in der
Form einer Adelskapelle der Familie
Santacroce errichtet, die ihren Palast gleich
gegenüber hatte. Die schöne Fassade, die
sich hinter dem Tor, das auf die ersten Jahre
des 20. Jh.s zurückgeht, befindet, ist mit
einem Fresko verziert, das die Aufnahme der
Jungfrau in den Himmel darstellt. Sie wird
von einem von Pelikanen gestützten
Rundgiebel bekrönt. Diese Pelikane sind das
Symbol für das Geschlecht von Santacroce.
Dieses Motiv tritt auch in der Innendekoration
auf. Etwas weiter kommt man zum gewaltigen Palazzo Boccapaduli (Hausnummer 1015), der aus dem 16. Jh. stammt und im 17.
Jh. umgebaut wurde. Auf einem der ersten
Gebäude der Strasse, Hausnummer 17-18, ist
eine typische „Ädikula romana“ (Nische)
angebracht, die in diesem Fall die Madonna
dell’Orto aus dem 18. Jh. darstellt und von
einem unbekannten Maler stammt. Auf der
Nummer 10 der Piazza Mattei steht der
Palazzo Costaguti, der einen der malerischsten Winkel der Piazza delle Tartarughe einnimmt. Er wurde in der Mitte des 16. Jh.s von
Costanzo Patrizi errichtet und ging im darauffolgenden Jh. an die Costaguti, eine reiche
Bankiersfamilie aus Genua, die sich 1585 in
Rom niederließ. Die Costaguti ließen den
Palast durch Carlo Lombardi erweitern.
Während der Umbauarbeiten wurde die
Kirche San Leonardo de platea Judei abgerissen. Die Säle im ersten Stock weisen bedeutende Fresken auf, die aus der Zeit stammen,
in der der Palast der Familie der Patrizi
gehörte. Diese Fresken werden Künstler wie
beispielsweise Federico und Taddeo Zuccari,
Lanfranco, Agostino Tassi und dem Cavalier
d’Arpino zugeschrieben. Der Platz wird vom
Palazzo di Giacomo Mattei aus dem 16. Jh.
städtebaulich dominiert. Er hat die
Hausnummer 17-19 und gehörte der erwähnten Familie, die im 16. Jh. den gesamten
Häuserblock zwischen der Via dei Funari, Via
delle Botteghe Oscure, Via Caetani und Via
Paganica besaß. Es handelt sich um die sogenannte insula Mattei, die sich auf dem Gebiet
befand, wo früher das Theater des Balbus
stand. Der Palast, der auch einen Innenhof
mit Portikus aufweist, wurde in der Mitte des
Jahrhunderts von Nanni di Baccio Pigio umgebaut. In dem imposanten Gebäudekomplex
war auch der berühmte Palazzo Mattei di
Giove enthalten. Der Eingang befindet sich
auf der Via Caetani Nummer 32. Die Familie
der Mattei, die unter den verschiedenen
Titeln, die sie hatten, auch den der Herzöge
von Giove aufwiesen, ließen hier gleich fünf
Paläste errichten. Darunter sticht der mit der
Fassade auf der Via Caetani hervor, der zwischen 1598 und 1618 von Carlo Maderna renoviert wurde. Die elegante Fassade dieses
Gebäudes wird durch die Wappen der Familie
Mattei und durch die der Familie Gonzaga
(das Geschlecht, aus dem die Gemahlin von
Astrubale Mattei, Herzog von Giove stammte)
verziert. Dieses prächtige Gebäude ging in
der Folge an die Familie Antici Mattei, die
Verwandte von Giacomo Leopardi waren.
Dieser berühmter Dichter wohnte 1822 im
dritten
Stock.
Die
verschiedenen
Gebäudeteile sind um den wunderbaren
Innenhof angeordnet, dessen Freskenschmuck
von Maderno zu Beginn des 17. Jh.s entworfen wurde. Auf die glatten Felder folgen
Sarkophagvorderseiten aus klassischer Zeit,
Grabreliefs, Architekturteile, die aus dem
umliegenden archäologischen Gebiet stammen. Die Büsten sind in harmonischen
Nischen
untergebracht,
von
Barockstuckornamenten verziert. Die neun
Männerstatuen, die auf den Pilastern stehen,
wurden im 16. Jh. in die Gestalt von Kaisern
umgearbeitet. Sie stammen aus der wunderbaren Villa, die die Mattei auf dem Palatin
besaßen. Die Gewölbe der Säle sind mit
Wandbildern aus dem 17. Jh. geschmückt, die
von Künstlern wie Lanfranco, Domenichino
und Francesco Albani stammen. Der Palazzo
wurde 1938 vom Staat erworben. Hier befinden sich heute das Centro Studi Americani,
das Istituto Storico Italiano per l’Età Moderna
e Contemporanea und die Discoteca di Stato.
Geht man von der Via dei Funari zur Via dei
Delfini weiter, trifft man auf der Nummer 12
auf den gewaltigen Palazzo Patrizi a Santa
Caterina. Er wurde Ende des 16. Jh.s auf der
Stelle erbaut,
wo die Torre del Merangolo stand (Via Funari
hieß früher Via del Merangolo). Der Turm
VIA DEI FALEGNAMI e VIA DEI DELFINI
durch einen von einer Tonnengewölbe überspannten Saal charakterisiert. Besonders weisen wir auf die Capella Ruiz hin. Sie wurde
von Vignola entworfen. Die Fresken stammen
von Annibale Carracci. Die Pfeiler wurden von
Federico Zuccari mit Fresken dekoriert und
die Gemälde sind auf Raffaellino da Reggio
zurückzuführen, der damals in Rom im
Umkreis des Raffaels tätig war. Das
Hauptgebäude der Via dei Delfini ist zweifellos der gleichnamige Palast auf der Nummer
16. Mario Delfini ließ ihn Anfang des 16. Jh.s
auf bereits vorher bestehenden Strukturen
errichten. Diese gehörten seiner eigenen
Familie
und
der
der
Frangipane.
Erwähnenswert ist die Loggia, die sich im
ersten Geschoss öffnet. Sie ist mit wunderbaren grotesken Malereien ausgestattet. Auch
der Garten, der sich hinter dem Palast befindet, in dem die Delfini eine kostbare
Sammlung antiker Kunst zusammengetragen
hatten, ist eine echte Sehenswürdigkeit. Auf
der Nummer 21 befindet sich in der Mauer,
die den Zugang zum Vicolo dei Polacchi
abschließt, eine weitere malerische „Ädikula“ der römischen Tradition. Das Bild aus dem
19. Jh. stellt die Madonna del Rosario
(Madonna mit dem Rosenkranz) dar und ist in
einem Holzrahmen eingeschlossen. Die
Strasse mündet in einen der städtebaulich
eindrucksvollsten Plätze der Ewigen Stadt,
nämlich Piazza Margana. Diese wird vom
Palazzo Maccarani Odescalchi, auf der
Nummer 19, beherrscht, der aus dem 17. Jh.
stammt, und von der Torre dei Margani, (auf
Nummer 40). Der im 14. Jh. errichtete Turm
wurde von Giovanni Margani (der einer
Adelsfamilie aus dem benachbarten Viertel
Campitelli entstammte) in einen größeren
Häuserkomplex miteinbezogen, den er 1305
von der Familie der Mellini erwarb. Er selbst
wurde in der prächtigen Basilika Santa Maria
in Ara Coeli beigesetzt. Im gleichen
Häuserblock steht der gleichnamige Palazzo
Margani. Sein Eingang befindet sich in der
Via dell’Ara Coeli auf der Nummer 11-13.
Besonders fallen in der Fassade des Turmes
eine Säule mit einem ionischen Kapitell und
die typischen Steinrundscheiben auf, die
sogenannten „Aquiloni“. Die beiden Portale
sind
mit
bemerkenswerten
Architekturelementen aus Marmor verziert.
Das ist ein Beispiel für die systematische und
durch einen gewissen Stolz auf die antike
Vergangenheit
charakterisierte
Wiederverwendung von Spolienmaterial in
neuen Gebäuden und zur Ausschmückung von
Plätzen.
31
Die Strassen von Rom
wurde teilweise in den damaligen Neubau
miteinbezogen. Vom Staat erworben, ist der
Palazzo heute Sitz der Sovrintendenza per i
Beni Ambientali ed Architettonici del Lazio.
Den Seildrehern ist die anschließende Kirche
Santa Caterina dei Funari gewidmet. Im
Mittelalter stand hier eine dreischiffige
Basilika, die Santa Maria de donna Rosa in
Castro Aureo hieß. Sie wurde im 9. Jh. einschiffig errichtet, der Hl. Catarina von
Alexandria gewidmet, aber auch Santa
Catarina donne Rosae, oder auch Santa
Catarina in castro aureo genannt. Dieser
Name wurde später auf Santa Caterina della
Rosa oder Santa Caterina dei Funari vereinfacht. Die Kirche ist ein vernachlässigtes
Meisterwerk des römischen Spätmanierismus.
Sie wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s
abgerissen und auf Geheiß vom Kardinal
Federico Cesi (Beschützer der Bruderschaft
von Santa Catarina) zusammen mit dem
anschließenden Kloster neu errichtet. Die
einzigartige Renaissance-Fassade ist ein Werk
von Guidetto Guidetti und steht auf einem
dreieckigen Platz. (Die Kulisse dieses Platzes
war einst eher ein merkwürdiges
Arrangement, bestehend aus der Südseite der
Crypta Balbi, aus einem Gebäude, das an den
Portico di Filippo anschloss, und aus der Ecke
des Portikus der Octavia.) Das Innere wird
VIA DI MONSERRATO
D
VIA DI MONSERRATO
ie Via di Monserrato ist eine der elegantesten und charakteristischsten Strassen
des Viertels Regola. Ihre Lage und der
Ortsname hängen mit der Kirche Santa Maria
di Monserrato zusammen. Die Kirche heißt
so nach der Madonna des katalanischen
Heiligtums von Monserrat. Eines der bedeutendsten Ereignisse in der Geschichte der
Strasse
war
die
Gründung
des
Gebäudekomplexes auf Initiative der Jacoba
Fernanda aus Katolonien, die im Jahre 1354
ein kleines Haus in diesem Bezirk erwarb,
um hier ein Spital zu gründen. Es hieß San
Nicola dei Catalani und wurde Ende des gleichen Jahrhunderts errichtet. Nach der
Gründung der Confraternita degli Spagnoli
im Jahre 1495 wurde das Spital an ein anderes katalanisches Wohlfahrtsinstitut angeschlossen. In der Kapelle von San Nicolò ließ
sich die neu gegründete Bruderschaft von
Die Strassen von Rom
32
Santa Maria di Monserrato nieder. Einige
Jahre später begann die Errichtung der
gleichnamigen
Kirche
dank
der
Hinterlassenschaft von König Ferdinand II.
und dem Ankauf von Grundstücken, die an
das antike Hospiz angrenzten. Es folgte die
Errichtung eines neuen Spitals in der Via di
Monserrato. Die Anlage folgte der Sitte, die
sich am Ende des Quattrocento verbreitet
hatte, nämlich den Pilgern (insbesondere
den Spaniern und Deutschen) eine besondere Betreuung angedeihen zu lassen. Das war
auf die Verbindung zu Spanien des damaligen Pontifex Alexander VI., der in Jativa
(Valencia) geboren war, zurückzuführen. Das
Jubeljahr 1500 und die Wahl eines ausländischen Papstes zusammen mit der
Entdeckung von Amerika veranlasste die
Kirche, ihre apostolischen Grenzen zu
erweitern. In dieses Klima der Erneuerung
fügt sich der Gebäudekomplex von
Monserrato ein. Vorher hieß die Strasse „Via
della Chiavica a Corte Savella“ (Strasse des
Abwasserkanals des Gerichtes Savella). Der
Name wies auf die Chiavica di Santa Lucia
oder Chiavica di Ponte (Kanal von Santa
Lucia oder Kanal von Ponte) hin, einen
Punkt, in dem die Via del Pellegrino, Via dei
Banchi Vecchi und die heutige Via di
Monserrato zusammenkamen. Diese antike
“Chiavica” war eine der wichtigsten von
Rom und bezeichnete die symbolische
Grenze von drei Bezirken: Ponte, Parione
und Regola. Die Strasse hieß jedoch damals
„Via di Corte Savella“ nach dem Palast der
gleichnamigen Familie, in dem das Gericht
und die Carceri del Maresciallo der römischen Kurie ihren Sitz hatten. Die Via
Monserrato durchquert ein Gebiet, das
schon immer mit Handelsaktivitäten verbunden war. Sie wurde als das wirtschaftliche
und handwerkliche Herz der Stadt angesehen. Diese Charakteristik veranlasste viele
Zünfte und Bruderschaften, hier ihren Sitz
aufzuschlagen. In diesem komplexen und
bunten Stadtgebiet wohnten auch bedeutende Adelsfamilien. Viele von ihnen errichteten ihre prächtigen Residenzen genau in
der Via di Monserrato. Die Strasse liegt tatsächlich in einem Knotenpunkt des urbanistischen Stadtgefüges besonders hinsichtlich
der Verkehrsadern, die die großen
Verwaltungs- und religiösen Zentren zwi-
VIA DI MONSERRATO
Bei der Einmündung der Via di Monserrato
mit der Via del Pellegrino ist auf der
Nummer 2 das Haus von Pietro Paolo
„della Zecca“ aus der Spätrenaissance zu
sehen. Er war Leiter der Münzprägeanstalt
unter Paul II. Bemerkenswert sind auf der
Fassade Reste von Fresken aus dem
Cinquecento, die von Künstlern wie beispielsweise Polidoro da Caravaggio und
Maturino da Firenze stammen. Sie sind ein
wunderbares Beispiel der Mode am Ende des
Quattrocento in Rom, nämlich die Fassaden
der Adelspaläste mit Graffitos und
Wandbildern zu verzieren. So wurde die
Stadt zu einem wahren Museum im Freien.
Danach kommt man auf der Nummer 154152 zum Palazzo Bossi, errichtet am Ende
des !6. Jh., und zum Palazzo degli
Incoronati de Planca aus dem Ende des
Quattrocento. Dieser wurde von einer spanischen Adelsfamilie errichtet. Man kommt
zur Nummer 149 zum Palazzo d’Aste, der
in der zweiten Hälfte des Seicento auf dem
vorher von Palazzo Orsini eingenommenen
Platz (der gleiche Platz, auf dem das
Gebäude steht, hieß ursprünglich nach dieser Adelsfamilie) entstand. Die kleine
Platzerweiterung hat ihren heutigen Namen
vom Palazzo Ricci, der Ende des 15. Jh.s für
die Familie Calcagni erbaut wurde. Auch
seine Fassade wurde Jahre 1525 von
Polidoro und Maturino mit Fresken versehen.
Die beiden Künstler waren damals in Rom
am Höhepunkt ihres Wirkens. Das Gebäude
wurde später durch die Einverleibung von
Nachbarhäusern erweitert und kam schließlich im Jahre 1576 in den Besitz der Ricci,
die im Ottocento Luigi Fontana mit der
Restaurierung beauftragten. Dieser ließ auf
der Fassade in den beiden letzten Stöcken
eine Wanddekoration ex novo malen.
Gegenüber erhebt sich auf dem Platz der
Palazzo Podocotari auf Nummer 20. Er
wurde im 15. Jh. für den Bischof von Nicosia
errichtet und ging dann an die Orsini. Hinter
dem Palazzo Ricci befindet sich die kleine
und antike Kirche von San Giovanni in
Ayno, heute entweiht. Sie existiert hier seit
1186. Auf der anderen Seite der Strasse auf
Nummer 25 steht ein kleiner von Paolo
Maderno für den Kardinal Rocci errichteter
Palast. Auf Nummer 34 kommt man zum
Palazzo Capponi, der im Cinquecento
errichtet wurde und im Ottocento von
Virginio Vespignani von Grund auf umgebaut
wurde. Hier erreichen wir eine Stelle, die zu
den bedeutendsten und charakteristischsten
Punkten der Strasse zählt: die Kirche der
Spanischen Nation und Santa Maria di
Monserrato geweiht. Das ursprüngliche
Projekt verfasste ab 1518 Antonio da
Sangallo d. Jüngere. Er war Architekt der
Farnese und entwarf den nahegelegenen
prächtigen Palast wie eine Festung in der Art
eines Schlosses. Zum ursprünglichen Projekt
gehörte das Hauptgebäude mit der anschließenden Sakristei. Dieses wurde erweitert,
als die daneben liegende Kirche Sant’Andrea
Nazareth entweiht wurde. Auf 1577 geht die
Errichtung des neuen Spitals zurück, die
Bernardino Valperga besorgte. Dieser nahm
auch die Arbeiten an der Kirche nach dem
Projekt von Sangallo auf. 1582 wurde die
Fassade von Francesco da Volterra gebaut,
die erst 1929 von Salvatore Rebecchini vervollständigt wurde. Der einschiffigen Anlage
fügte Giovanni Dosio am Ende des Jh.s die
Seitenkapelle hinzu, als er über den Raum
der Kirche Sant’Andrea vollständig verfügen
konnte. Die malerische Ausschmückung im
Inneren stammt aus dem Ottocento und ist
ein Werk von Giuseppe Camporese.
Dazwischen erkennt man Wandbilder aus
33
Die Strassen von Rom
schen dem Vatikan und dem antiken
Marsfeld verbanden.
Sie beginnt bei einem der bedeutendsten
historischen Plätze der Stadt. Dieser
erinnert an die Macht der Familie Farnese.
Aus diesem Geschlecht stammte der
Kardinal Alexander Farnese, der später als
Paul III. (1534-1549) Papst war. Er drückte
diesem Stadtviertel seinen unauslöschlichen
Stempel auf, indem er einen neuen
Monumentalpalast errichtete, der mit der
Zeit
ein
wahrer
architektonischer
Bezugspunkt wurde: Der „Farnese-Würfel“
gehört zu den Sehenswürdigkeiten der
Ewigen Stadt. Paul III. war der letzte große
Renaissance-Papst. Seine städtebauliche
Politik war auf die Aufwertung der päpstlichen Macht durch eine echte Neugründung
der Stadt gerichtet. Ein Beweis dafür war
die Eröffnung schnurgerader Strassen mit
architektonischem Hintergrund, wie die Via
dei Baullari und die Fassade vom Palazzo
Farnese. Dieses Unternehmen stellte den
Schlussakt bei der Regulierung dieser Zone
dar. Der Einfluss des Papstes konnte sich
somit in einem der größten wirtschaftlichen
Zentren der Stadt, das zu einer echten
Zitadelle der Farnese wurde, durchsetzen.
VIA DI MONSERRATO
Die Strassen von Rom
34
dem Seicento, allen voran die von Annibale
Carracci in der ersten Kapelle rechts. Im
Konferenzsaal des dazugehörenden Collegio
Spagnolo sticht das Grabmal von Kardinal
Montoya hervor, das 1621 von Bernini entworfen wurde. Nach einer weiteren ebenfalls von bemerkenswerten Bauwerken
abgeriegelten Strecke kommt man auf der
Hausnummer 43 zum Palazzo del Collegio
Inglese, der zum selben Gebäudekomplex
wie die Chiesa di San Tommaso di
Canterbury gehört. Die Fassade des
Kollegiums aus dem 17. Jh. kennzeichnet
das Gebäude, in dem die Corte Savella, das
Gericht samt Kerker aus dem Quattrocento,
ihren Sitz hatte (das Gebäude in der Via di
Monserrato stand im Besitztum der Familie
Savelli). Als das Kollegium infolge der
Errichtung der neuen Kerker auf
Veranlassung von Innozenz X. in der naheliegenden Via Giulia abgeschaffen wurde,
wurde der Palast vom Collegio Inglese
erworben, das in Entsprechung mit den
neuen Bedürfnissen umbauen ließ. Die
angrenzende Kirche, die schon seit dem XII.
Jh. unter dem Namen „di Santissima Trinità
degli Scozzesi“ bekannt war, wurde im XIV.
Jh. mit einem Hospiz für englische Pilger
beschenkt. Darauf hin wurde die Kirche
umgewidmet. Das Gotteshaus wurde im
Laufe des Seicento im Zusammenhang mit
den Arbeiten am Collegio von Grund auf
restauriert und de facto auch im Ottocento
aufs neue wiedergebaut. An der anderen
Strassenseite öffnet sich eine kleine Piazza,
an der die beiden letzten Kirchen der Via di
Monserrato stehen: Santa Caterina della
Rota und San Girolamo della Carità. Die
erste war schon im XI Jh. mit der Widmung
an Santa Marieae in Catenariis dokumentiert; sie wurde dann im XVI. Jh. Santa
Caterina d’Alessandria, auch als in
Cathenieri
benannt,
geweiht,
im
Zusammenhang mit dem Anfang der
Restaurierungen durch Ottavio Mascherino.
Die neue Widmung war darauf zurückzuführen, dass die Sklaven, nachdem sie befreit
und im naheliegenden Spital gepflegt wurden, ihre Ketten an den Altar der Maria als
„ex voto“ deponierten. 1630 wurde die
Kirche samt dazugehörigem Konvent
umstrukturiert; die Fassade wurde hingegen
erst Anfang des folgenden Jh.s geschaffen.
1932 wurde sie der Erzbruderschaft der
Palafrenieri zugewiesen, die hierher von der
Chiesa di Sant’Anna in Borgo umsiedelte.
Das jeweilige Konvent hat seinen Eingang an
der angrenzenden Via di San Girolamo della
Carità, wo das Gebäude des gleichnamigen
Hospizes seinen Sitz aufgeschlagen hatte.
Dieses wurde durch Paparelli 1632 umstrukturiert. An der linken Seite der kleinen
Piazza erhebt sich mit der Fassade in
Richtung Via di Monserrato die kleine, uralte Kirche, die ursprünglich San Girolamo
geweiht war. In der ersten Hälfte des
Quattrocento gestattete Papst Martin V. den
Padri Minori Conventuali, ein Spital in der
Via di Monserrato zu erbauen. Der Komplex,
zu dem auch das Konvent zählte, wurde in
der unmittelbaren Nähe der kleinen Kirche
errichtet, die spät im selben Jh. umgebaut
und unter Bezugnahme auf die hier ansässigen Erzbruderschaft della Carità wieder San
Girolamo della Carità gewidmet wurde.
Inzwischen hatten die Minori ihren Sitz hier
und ebenfalls hier wohnte 1551 der Hl.
Filippo Neri, der die Erbauung des
Oratoriums innerhalb der Kirche förderte.
Infolge eines verhängnisvollen Brandes musste das Gotteshaus 1660 wiederaufgebaut
werden. Die Errichtung des Bauwerkes
erfolgte durch den tessinischen Architekten
Domenico Castelle, die Fassade wurde von
Carlo Rainaldi entworfen. In der Kirche
selbst sind kostbare Kunstwerke gesammelt:
Darunter ist die Capelle Altamoro hervorzuheben, die im Seicento von Filippo Juvara
geschaffen wurde. Ein wahres Meisterwerk
ist aber die Familienkapelle der Spada, die
1657 von Francesco Borromini für Pater
Virgilio Spada vollendet wurde. Der kleine
Raum links des Haupteingangs der Kirche
wurde als prismatische Hülle konzipiert, in
der sich die Wände in der Marmorverzierung
auflösen, indem sie das Webewerk des
Damastes wiedergeben. Der durch Illusions, Scheineffekte, für die Barockkunst so typische Geschmack ist durch die Figuren der
Verstorbenen sowie durch die das Altartuch
tragende Engel bekräftigt. Die Via di
Monserrato endet mit einem gewaltigen
Bau, Palazzo Fioravanti de Cadilhac auf
der Nummer 61, das seine majestätischen
Linien dem benachbarten Palazzo Farnese
entleiht. Das Bauwerk ist an der Ecke durch
eine typische „Ädikula der Maria“ (heilige
Nische) geschmückt. Diese besteht aus
einem einfachen Stuckrahmen, der ein Bild
der Maria mit dem Kinde aus dem Seicento
enthält
(gemischte
Technik
auf
Schieferplatte).
ie Via del Governo Vecchio ist die Strasse,
die die Piazza dell’Orologio zur Piazza di
Pasquino verbindet und dabei eine der beeindruckendsten Gebiete der Ewigen Stadt mitten in den historischen Bezirke Parione und
Ponte durchquert. Diese Gegend entwickelt
sich ihrerseits um den in der Welt wohl
berühmtesten Stadtteil, nämlich um die
Piazza Navona. (Diese entstand auf den
Resten des von Kaiser Domitian im Jahre 86 n.
Chr. errichteten Stadions, das als Bühne für
die agonistischen Spiele bzw. Wettkämpfe
diente. Sie wurde in der Zeit von Innozenz X.
der Familie Pamphili zum Schauplatz des
barocken Rom). Daher leitete die Via del
Governo Veccchio bis Ende des 18. Jh.s ihren
Namen vom Viertel ab und war als Via di
Parione bekannt (sowie auch die heutige
Piazza di Pasquino, die damals Piazza di
Parione benannt war). Wie auch die heutigen
Via del Banco di Santo Spirito, Via dei Banchi
Nuovi und die Piazza Pasquino war sie ein
Abschnitt der älteren Via Papalis. Diese
Strasse wurde Ende des 15. Jh.s von Papst
Sixtus IV. (Della Rovere) angelegt: Sie verlief
von der Piazza di Ponte über das Kapitol und
am Kolosseum vorbei bis zum Lateran und war
dazu bestimmt, den am feierlichen Tag des
„Besitzes der Laterani“ von den Päpsten
begangenen Weg zu unterstreichen. Nach der
Wahl zum Heiligen Stuhl ging der neue Bischof
von Rom von der Peterskirche bis zu San
Giovanni in Laterano, um dort die
Besitznahme der Lateranbasilika zu zelebrieren. Bei der Rückkehr marschierte der feierliche Zug des Papstes hingegen über die Piazza
Campo dei Fiori. Die Strasse, die vor der
Einweihung von Corso Vittorio Emanuele (die
umbertinische Verkehrsader) bis zur Chiesa di
Sant’Andrea della Valle verlief und dabei
Palazzo Massimo alle Colonne flankierte,
bekam ihren heutigen Namen ab 1741 vom
Governo Vecchio. An diesem Datum wurde der
Sitz des Governatorato di Roma auf Geheiß
von Papst Benediktus XIV. von Palazzo Nardini
(1473 an der Via Papale errichtet) in den
naheliegenden Palazzo Madama versetzt. Die
Via del Governo Vecchio galt als eine der
wichtigsten Strassenader des Viertels und war
direkt mit der ebenso berühmten Via del
Pellegrino (die durch die sogenannten „romei“
bzw. Rompilger auf ihrem Weg zum Vatikan
benutzte Strasse, ebenfalls von Papst Sixtus
IV. konzipiert) verbunden. Dazwischen öffnen
sich rechtwinkelig pittoreske Strassen. Durch
den kleinen Slargo di Pasquino (einen kleinen
Platz) kommt die Via del Governo Vecchio
übrigens mit der absolut zentralgelegenen
Piazza Navona in Berührung. Das Viertel und
somit auch die alte Via di Parione wurden ab
dem 15. Jh. dank der geschickten
Städtebaupolitik von Papst Della Rovere (dem
echten „Erneuerer“ und „Restauratoren“ der
Ewigen Stadt) mit einer bewundernswürdigen
Baukulisse versehen. Papst Paul III. (Farnese)
verstand sich als Nachfolger der großen
Projekte aus dem 15. Jh. und handelte dementsprechend. Er zielte darauf ab, eine Alma
Roma zu schaffen, die er am Vorabend des
Jubiläums des Jahres 1550 der römisch-katholischen Welt präsentieren wollte. Zu diesem
Zweck arbeitete er ein umfassendes Projekt
aus, in dem die Via Papale weitgehend miteinbezogen war. Dieser Projekt der städtebaulichen Entwicklung erreichte seinen Gipfel
Mitte des 17.Jh.s, als Innozenz X. eine wahre
und echte Insula der Familie Pamphili schuf,
in der die Häuser der Familie in monumentaler Form erbaut wurden, während deren
ursprünglicher Kern sich in Piazza Pasquino
befand. Zum großen Ansehen, das die Via del
Governo Vecchio heute noch charakterisiert,
leisteten einen wichtigen Beitrag die alten
volkstümlichen und pittoresken Messen und
Märkte, die in der angrenzenden Piazza
Navona abgehalten wurden, und die pikanten
Szenen aus dem alltäglichen sowie aus dem
politischen Leben, die durch die Anwesenheit
des Pasquino, der berühmtesten der „sprechenden Statuen“ Roms, weiten Widerhall
fanden.
Der Anfang der berühmten kapitolinischen
Strasse an der Piazza dell’Orologio d.h. an
dem noch dem Bezirk Ponte gehörenden
Abschnitt wird gleich von einem außergewöhnlichen Bauwerk gekennzeichnet, Palazzo
Boncompagni-Corcos an der Hausnummer 3.
Das Gebäude wurde Ende des Cinquecento
von den Corcos, einer Familie jüdischer
Abstammung, erbaut, die auf Initiative von
Salomon zum Katholizismus übertraten. Der
Genannte wurde von den Padri Filippini unterwiesen, getauft und übernahm den
Nachnamen und das Wappen von Papst Gregor
XIII. Boncompagni: Anstatt von Kapitellen
bekrönen die den Haupteingang zum Palazzo
flankierenden Säulen die heraldischen
Drachen, die am Wappen zu sehen sind.
Bemerkenswerte religiöse Bauten durchsetzen
35
Die Strassen von Rom
D
VIA DEL GOVERNO VECCHIO
VIA DEL GOVERNO VECCHIO
VIA DEL GOVERNO VECCHIO
Die Strassen von Rom
36
den Verlauf der Via del Governo Vecchio, allen
voran das berühmte Convento dei Filippini,
das auf die Piazza dell’Orologio blickt. Es
gehört nämlich zu einem weitreichenden
Baukomplex, der von Francesco Borromini
unter Mithilfe von Maruscelli ab 1637 erschaffen wurde. Die Schlichtheit dieses gewaltigen
Bauwerks wird an der Ecke zur Via del
Governo Vecchio unterbrochen, nämlich an
dem Abschnitt, der 1647 vom tessinischen
Architekten ausgearbeitet wurde und
Gegenstand
seiner
besonderen
Aufmerksamkeit war. An dieser Seite ragt sich
der Torre dell’Orologio (der Turm mit der
Wanduhr) empor, von dem die Piazza ihren
Namen bekam. Der Turm wurde 1648 aufgebaut, ist von einer charakteristischen
Architekturverzierung aus Schmiedeeisen
bekrönt und an der Vorderseite mit einem
Mosaik der Madonna Vallicelliana geschmückt.
An derselben Ecke zwischen dem Platz und
der Via del Governo Vecchio ist eine der vielen „Ädikulä Mariane“ der Stadt zu bemerken.
Diese wurde 1756 von Tommaso Righi und
Antonio Bicchierai angefertigt. Das Fresko mit
einer Darstellung der Maria mit dem Kinde
wird von einem überladenen von Engeln
gestützten Rahmen umgeben. Wenn man die
Via del Governo Vecchio entlanggeht, ist die
Versuchung groß, bei jedem einzelnen
Bauwerk zu verweilen. Tatsächlich stellen
auch die „weniger wichtigen“ Architekturen,
die die faszinierende Baukulisse dieser Strasse
bilden, einen künstlerisch bedeutsamen
Ausdruck dar. Auf den Nummern 12-13 befindet sich ein Haus aus dem 15.Jh. mit einer
ganz entzückenden Außenfront. Danach
gelangt man zu einem Gebäude aus dem
Cinquecento – an den Hausnummern 14-17,
das von einer eleganten Hauptfassade aus
Bossenwerk sowie von einer bemerkenswerten
Loggia gekennzeichnet wird. Diese ist von
alternierenden Bögen und bogenförmigen
Fenstern charakterisiert und durch kleine
ionische Pfeiler gegliedert. Eine ähnliche
architektonische Komposition ist auch an der
letzten Etage zu sehen. Hier sind aber die
Fenster rechteckig und die Pfeiler mit raffinierten Kompositkapitellen bekrönt. Auf das
17. Jh. ist ein schöner mit Stuckausstattung
verzierter Altan zu datieren, der sich am
Winkelblock zwischen der Via del Governo
Vecchio und dem Vicolo dell’Avila erhebt. Hier
wurde 1830 Pietro Cossa, berühmter
Dramaturg und beliebter Linksliberaler, geboren, der übrigens auch der Anstifter des
Denkmals an Giordano Bruno in der nahelie-
genden Piazza Campo dei Fiori war. An der
Kreuzung mit Via del Corallo sind die Tabellen
aus dem 18. Jh. zu sehen, die auf die Grenze
zwischen dem Viertel Ponte und dem Viertel
Parione hinweisen. Diese wurden in der Zeit
von Papst Benedikt XIV. angebracht, der
anlässlich des Jubiläums des Jahres 1750 eine
Neudefinierung der Grenzen zwischen den 14
historischen Bezirken vornahm. Der Palazzo
Nardini, auf der Nummer 39, ist eine der
bedeutendsten Bauwerke dieser Straße und
wurde ab 1473 auf Veranlassung von Stefano
Nardini, Erzbischof von Mailand und
Gouverneur von Rom, erbaut. Der älteste Teil
des Gebäudes, auf die Via della Fossa blickend, bezog teilweise die vorher bestehenden
Bauten ein. Der besagte Teil wurde nach zwei
Jahren fertiggestellt, wie der Inschrift auf
einem Architrav im Innenhof zu entnehmen
ist, wobei die Hauptfassade zwischen 1477
und 1478 vollendet wurde, wie die Inschriften
an den Fenstern bezeugen. Der Baukomplex,
ursprünglich um drei Höfe gruppiert und mit
ebenso vielen Wachtürmen ausgestattet,
wurde 1480 der Compagnia dell’Ospedale
Lateranense del Salvatore geschenkt - wie das
Bild Christi (ein Beispiel der Graffitomalerei)
an der Hauptfassade an der Via del Governo
Vecchio, bezeugt -, um hier ein Kollegium für
humanistische Studien unterzubringen. An
derselben Front ist das vornehme
Marmorportal, das mit dem Wappen der
Familie Nardini verziert ist, nicht zu übersehen. 1624 wurde der Palazzo von Papst Urban
VII. dazu bestimmt, den Sitz der Statthalterei
Roma zu beherbergen. Diese Funktion hatte
das Gebäude bis zum Jahre 1741 inne. 1870
ging der Palast in den Besitz des Staates über
und war bis 1964 Sitz des Zivilamtsgerichtes;
danach wurde er schließlich der Gemeinde
Rom übergeben. Gegenüber dem Palazzo
Nardini ist auf der Hausnummer 124 Palazzo
Turci zu bewundern. Seine schlichte aber
dafür raffinierte Fassade ist ein Widerhall der
Fassade des benachbarten Palazzo della
Cancelleria. An der Hausnummer 48 sticht
der Palazzo Sassi aus dem 15. Jh. hervor, der
in der Folge an die Fornari überging, wie vom
zweigeteilten Wappen (zur Hälfte mit Streifen
und zur Hälfte mit einem Löwenkopf versehen) zu erkennen ist, das das Portal bekrönt.
Hier brachte die Familie Sassi eine wertvolle
Sammlung antiker Statuen unter, die nachher
in den Palazzo Farnese gebracht wurde.
In der Mitte der Strasse öffnet sich die Via di
Parione, die wegen der angrenzenden, gleichnamigen Kirche als Via di San Tommaso in
VIA DEL GOVERNO VECCHIO
historischen Bauten vorbei und gelangt dann
zur Piazza Pasquino, die an allen Seiten von
bemerkenswerten Bauwerken umgeben ist:
Palazzo Braschi, die rückseitige Fassade des
außergewöhnlichen Palazzo Pamphili, Palazzo
Bonadies-Lancellotti und die Chiesa della
Natività di Nostro Signore Gesù Cristo
dell’Archiconfraternita degli Agonizzanti.
Diese Kirche wurde 1692 im Auftrag der
gleichnamigen Kongregation erbaut, die sich
die Aufgabe stellte, für Sterbende und zum
Tode Verurteilte zu beten, und auf Entwurf
von Giovan Battista Contini ausgeführt. Der
Architekt errichtete das Gebäude aus einem
vorher bestehenden Bau, dessen Außengestalt
er unberührt ließ. Daraufhin übernahm 1708
Alessandro Gaulli, Sohn des berühmteren
Giovan Battista Gaulli, die Arbeiten. Diesem
folgte nach einigen Jahren Paolo Zampa, der
das einschiffige Gefüge aufrechterhielt. Der
kirchlichen Anlage fügte er die Sakristei
hinzu, die aber im Zuge der Restaurierungen
um das Jahr 1748 revidiert wurde. Dem
gezielten Eingriff von Andrea Busiri Vici, 1861,
sind das heutige Aussehen der Kirche, die harmonische und elegante Fassade, die bis dahin
noch fehlte, und die neue Gestaltung der
Innendekoration zuzuschreiben. Dieser urbanistische Abschnitt sowie sein heutiger
Ortsname verdanken ihre Berühmtheit der
Statue des Pasquino, die 1501 auf Initiative
von Kardinal Oliviero Carafa in der Nähe des
Palazzo Orsini aufgestellt wurde. Das
ursprüngliche Bauwerk, in dem damals der
genannte Purpurträger ansässig war, wurde im
Laufe der Zeit von Architekten des Formats
von Bramante und Antonio da Sangallo d.
Jüngeren restauriert. Es wurde 1791 von Pius
VI. Braschi niedergerissen, der ein
Wohngebäude für seine Neffen erbauen ließ.
Die Statue, die im Zuge der Errichtung des
Palazzo Orsini aufgefunden wurde, ist in
Wirklichkeit ein Fragment einer antiken
Statuengruppe, die ihrerseits Kopie einer antikeren Skulptur des Menelaos, der den
Patroklus hält (240-230 v. Chr.) ist. Der Sockel,
auf dem „der Torso von Parione“ angebracht
wurde, wurde gleich als Basis benutzt, um
darauf anonyme, oft scharfe, bissige Witze
und Mottos hauptsächlich gegen die Kirche
bzw. gegen die Politiker anzuschlagen, die
eben „Pasquinate“ bezeichnet wurden.
Gegenüber der mächtigen Ecke des Palazzo
Braschi aus Bossenwerk „spricht“ Pasquino
heute noch zum Volk mittels einer Unmenge
von kleinen Zetteln, die an seinem Sockel
hängen.
37
Die Strassen von Rom
Parione bekannt war. Das kleine Gotteshaus,
geweiht im Jahre 1139, wurde Mitte des 15.
Jh.s der Compagnia degli Scrittori e Copisti
geschenkt und im Laufe der Zeit zur
Titelkirche erhoben. 1582 wurde sie auf
Entwurf von Francesco da Volterra und Geheiß
von zwei Mitgliedern der Familie Cerrini praktisch ex novo wiedergebaut. 1825 wurde sie
nochmals restauriert, nachdem sie der
Confraternita della Santissima Addolorata
zugewiesen worden war. Gegenüber des schönen Wohngebäudes aus dem Ende des 15.
Jh.s, das durch eine bemalte und graffitoverzierte Außenfront gekennzeichnet ist (im
Einklang mit der eindrucksvollen römischen
Mode in der Renaissance-Zeit, wie auch von
anderen
architektonischen
Beispielen
bezeugt, nämlich im Vicolo del Governo
Vecchio, Hausnummer 52 und in der anliegenden Piazza Ricci), steht Palazzo MignanelliFonseca auf der Nummer 62. Der ursprüngliche Nukleus des Bauwerks aus dem 15. Jh.,
den die Familie Mignanelli aus Siena hatte
errichten lassen, wurde im 17.Jh. auf Wunsch
des neuen Besitzers, Gabriele Fonseca, den
Papstarzt, neuformuliert, der Orazio Torriani
mit den Arbeiten betraute. An der Nummer
84, an der Ecke mit der Via dei Leutari, lenkt
das Palazzetto, das seinerzeit den Perretti
(das Geschlecht von Papst Sixstus V.) gehörte,
unsere Aufmerksamkeit auf sich. Dieses wurde
Ende des 16. Jh.s von Domenico Fontana
restauriert. In der Folge geht man an weiteren
VIA MARGUTTA
VIA MARGUTTA
V
Die Strassen von Rom
38
ia Margutta ist die Strasse, die Ende des
16. Jh.s zur Vervollständigung des
Gebietes des Tridente konzipiert wurde. Sie
wird vom sehr zentralgelegenen Viertel
Marsfeld eingeschlossen. Der Name dieser
Strasse bezeichnet eine der beeindruckendsten Strassen der italienischen Hauptstadt,
die schlechthin das Synonym für Faszination
und Kunst ist. Im Vergleich zu den
Verkehrsadern des Tridente ist sie etwas
abseits gelegen, aber dafür von besonders
pittoresken Strassenzügen gekennzeichnet.
Tatsächlich galt die Via Margutta als innovative Wohnstätte für zahlreiche Künstler: Ab
1600 haben unzählige Maler und Bildhauer,
sogar ganze Generationen von Künstlern,
diese lange und enge Strasse als idealen Ort
für ihre Ateliers und ihren Wohnsitz
gewählt. Sie haben ihr somit den internationalen Bohèmiencharakter verliehen, der sie
heute immer noch kennzeichnet und unterscheidet. Via Margutta gehört zum Gebiet,
das von den drei Strassen vom Tridente definiert ist, die von der Piazza del Popolo
fächerförmig ausstrahlen und über die
jeweiligen in der ersten Hälfte des 16. Jh.s
festgesetzten Verläufe in Piazza Venezia
münden. Diese außerordentliche urbanistische Konstellation begann mit der Via del
Corso (die teilweise den Verlauf der alten
Via Flaminia überlappt). Darauf folgten die
Via Leonina (heute Via di Ripetta) und die
Via Paolina (heute Via del Babuino) im
Zusammenhang mit einem Strassengefüge,
das nachher mit der Eröffnung der Via
Trinitatis (heute Via dei Condotti) vervollständig wurde. Als Katalysator für die städtebauliche Entwicklung dieses Teils des
alten Marsfeldes fungierte 1399 die
Errichtung des Ospedale di San Giacomo in
Augusta. Dies stellte die Weichen für eine
weitere Urbanisierung, für die Errichtung
von Läden, für die Belebung des Handels.
Ein nicht zu übersehener Boom in dieser
Richtung kam durch die päpstliche Politik im
Allgemeinen zustande, die diesem Gebiet
besondere Aufmerksamkeit schenkte, und
insbesondere mit dem Wiederaufbau der
Chiesa di Santa Maria del Popolo hinsichtlich
des großen Jubiläums von 1475 auf
Veranlassung von Papst Sixstus IV. Das galt
als entscheidender Ansporn für das von diesem Zeitpunkt an schnelle Wachstum dieses
Viertels. Nach der Vollendung des Tridente
in diesem Stadtteil, wo meist die „horti“
von Religionsgemeinschaften sowie von
wichtigen Adelsfamilien zu finden waren,
begann ein Parzellierungsprozess, der mit
der entgültigen Umwandlung dieses Areals
abschloss. Insbesondere an der Westflanke
des Pincio entlang (d.h. entlang der Flanke
zwischen Via del Corso e Via Margutta)
dehnten sich die horti und Gärten der
Familien Massimi, Naro e Grandi aus. Um
zumindest teilweise das Problem der
Unterkünfte für die Pilgerscharen, die sich
anlässlich der Jubiläumsjahre in die Heilige
Stadt begaben, zu lösen, parzellierte Papst
Paul III. Mitte des 16. Jh.s den großen
Weingarten von Domenico Massimo. Ein Teil
davon wurde in die Güter des Ospedale di
San Giacomo einbezogen. Einen anderen Teil
davon wurde von dem Coiffeur Margut
erworben: Nach ihm trägt die Strasse ihren
heutigen Namen. Zum ersten Mal erschien
dieser Ortsname in einem 1576 von Cartaro
abgefassten
Stadtplan.
Neben
den
Besitztümern der Familie Massimi waren die
von Alessandro Grandi, einem Adeligen aus
Ferrara, sowie die von Orazio Naro zu finden. Letzterer verkaufte 1565 verschiedene
Teile seines Grundstückes an der Via
Margutta, die für Bauzwecke verwendet
wurden. In der Nähe des Flusses lebte der
weniger begüterte Stand, der den sich dem
Hafenhandel widmete, wobei in dem
Streifen zwischen dem Hügel und der Via del
Corso eine sehr raffinierte Schar von
Ausländern und Künstlern niederließ. Infolge
der entgültigen Vollendung des Tridente
wurde die städtebauliche Tätigkeit in dieser
Gegend weiterhin ausgebaut. Es ergab sich
ein urbanistisches Phänomen, das erst Ende
des Ottocento zu Ende war und weitgehend
die Via Margutta betraf. Die Strasse, die von
kleineren Palazzetti aus dem 18. Jh. flankiert war, ist immer noch von einem
Grünstreifen gesegnet, der dem Restteil der
alten horti der Familie Naro, des
Weingartens der Brüder von Santa Maria del
Popolo und, am Ende des Verlaufs, des
Gartens der Familie Cenci entspricht. Im
ausgedehnten Gebiet am Eingang zur Via
Margutta, nämlich am Ort wo sich die
Nausomachie * befand entstand der
Baukomplex De Merode, dem der Bau eines
der bekanntesten römischen Theater, des
Theaters Alibert, vorging. Die Strasse war
eben durch die Anwesenheit von vornehmen
Adelsbauten und von den Wohngebäuden
von vielen Mäzenen, die ihrerseits Künstler
anzogen, sowie durch die Konzentration an
VIA MARGUTTA
dem Ort erbaut, wo sich der von seinem
Vater Giacomo 1660 erbauten Palazzetto
befand. Sein Vater war seinerseits der
Anstifter des Teatro di Tor di Nona gewesen.
Infolge
von
mehreren
Restaurierungseingriffen, zu denen auch die
Umstrukturierung
des
berühmten
Architekten Ferdinando Fuga zählt und die
den jeweiligen Besitzübergängen entsprachen, wurde das Theater von der Familie
Torlonia erworben, die Nicola Carnevali mit
dessen Wiederbau betrauten. Das Gebäude,
das dank der vom Metastasio im vorherigen
Jh. ad hoc für diesen Ort verfassten
Theaterstücke berühmt war, wurde 1863
entgültig beseitigt. Der Komplex De Merode
übernimmt den Großteil des Blocks zwischen
der Via Alibert, der Via di San Sebastianello
und der Piazza di Spagna (der Haupteingang
befindet sich an der Hausnummer 3 der
Piazza im ehemaligen Palazzo Ceccarelli)
und setzt sich vom Collegio San Giuseppe,
vom Istituto San Francesco Saverio De
Merode und von der Chiesa di San Giovanni
Battista de La Salle, die von den Fratelli
delle Schuole Cristiane oder Lasalliani
geführt werden, fort. Die Bruderschaft,
die1684 in Frankerich mit dem Zweck entstand, die Kinder der minderbemittelten
Klasse kostenlos zu erziehen und zu unterweisen, kam im nachherigen Jh. auch nach
Rom. 1850 entstand die Schule für die Kinder
der französischen, in Rom stationierten
Offiziere. Daraus entwickelte sich das
Collegio San Giuseppe, das seinen heutigen
Sitz im Jahre 1885 übernahm. Der Komplex
des Kollegiums, der im 19. Jh. von Da Ciriaco
Salvatori Baschieri auf dem von der Familie
Torlonia erworbenen Areal errichtet wurde,
bestand aus einem großen Bauwerk, das sich
um den mit Portikus ausgestatteten und
durch Säulen aus rosafarbigem Granit
rhythmisierten Innenhof entfaltete. Anfang
des folgenden Jh.s wurde auf Entwurf von
Passerelli das Gebäude des Istituto De
Merode erbaut. Die einzige Kirche, die von
der Via Margutta zu sehen ist, ist dem Hl.
Giovanni Battista de La Salle gewidmet,
deren Scheinfassade (es handelt sich in
Wirklichkeit um die rechte Seite) auf die Via
Alibert links des Istituto De Merode blickt.
Das ursprünglich dem Hl. Josef geweihte
Gotteshaus wurde vom eklektischen
Architekten Ciriaco Salvadori Baschieri in der
Stilrichtung des Cinquecento errichtet.
Dieser ist auch als Autor des Gebäudes des
Kollegiums erwähnenswert, das er in den
letzten zwanzig Jahren des 19. Jh.s erbaute.
39
Die Strassen von Rom
Unterhaltungs- und Aufführungslokale
berühmt.
Der Verlauf der Via Margutta beginnt beim
Gebäudeblock an der Ecke zwischen Via
Alibert, Via del Babuino und Via Margutta,
der das Haus von Giuseppe Valadier mit
Eingang auf der Nummer 89 der Via del
Babuino umfasst. Hier verstarb Valadier
1839. Der Palazzetto, der in zwei Etappen in
der ersten Hälfte des Ottocento von Antonio
Sarti ausgeführt wurde, verdankt seinen Ruf
der Tatsache, dass hier der berühmte römische Architekt wohnte, dem ein Großteil der
Umwandlungen dieses Gebiets im 19.
Jahrhundert, allen voran der Regulierung der
naheliegenden Piazza del Popolo, zuzuschreiben sind. Auf der Hausnummer 3 der kleinen Via Alibert, wo sich die Via Margutta
erstreckt, erhebt sich das gewaltige
Gebäude aus Bosswerk, in dem der Sitz eines
Teils des Komplexes De Merode zu finden ist,
der zwischen 1900 und 1903 auf dem Areal in
der Nähe des Teatro Alibert (an der Ecke
zwischen der gleichnamigen Strasse und der
Via Margutta) von Tullio Passarelli errichtet
wurde. Das Teatro Alibert war im 18. Jh.
eines der schönsten Roms. Es wurde von
Antonio d’Alibert am Anfang des Jh.s auf
VIA MARGUTTA
Die Strassen von Rom
40
Die Kirche hat ein einschiffiges Gefüge. Das
Kirchenschiff setzt sich aus drei Spannweiten
zusammen, wobei jede davon durch ein
Kreuzgewölbe überspannt ist, und wird
durch eine Apsis vollendet, die in der selben
neumittelalterlichen Stilrichtung vereinfacht
ist, die in der Galerie zum Ausdruck kommt.
Eine Tafel am Eingang zelebriert den Prinzen
Alessanddro Torlonia, der das Grundstück
zum Zwecke der Errichtung der Kirche spendete, sowie seine Tochter Annamaria, die
einen wichtigen Beitrag zur reichen
Innendekoration leistete. Der Familie Alibert
gehörte auch der Palazzetto an der
Hausnummer 60 der Via Margutta, der im
Laufe der Zeit in den Besitz der Torlonia ging
(deren Wappen an der Fassade zu sehen ist)
und somit der Lasalliani. Wenn man in
Richtung Piazza del Popolo weitergeht,
erkennt man an der Seite der Via Margutta
zum Pincio, d.h. an der Seite, die immer
noch von vielen Innenhöfen und Gärten definiert ist, den „fontanella rionale“
(Bezirksbrünnlein) , der in den Jahren des
Governatorato vom Architekten Pietro
Lombardi geschaffen wurde. Der kleine
Mauerbrunnen, an dem die Inschrift mit dem
Datum MCMXXVII (1927) zu sehen ist, ist
durch zwei großen Masken verziert, die in
stilisierter Form von den Instrumenten
umrahmen sind, die auf die für diese Strasse
typische künstlerischen Tätigkeiten hinweisen. Er wurde anlässlich des 1925 von der
Gemeinde
Rom
ausgeschriebenen
Wettbewerbs entworfen, der eben von
Lombardi, Autor von anderen berühmten
Bezirksbrunnen,
gewonnen
wurde.
Weiterhin, auf der Nummer 54, sticht das
Gitterwerk von Palazzo Patrizzi hervor. Dabei
handelt es sich um verschiedene Bauten aus
verschiedenen Zeiten, die den großen
Innenhof umrahmen, dessen einmaliger
Hintergrund von der Baumkulisse des darüber liegenden Pincio gekennzeichnet ist. An
der linken Seite steht das Gebäude, das den
Sitz des Circolo degli Artisti (des
Künstlerklubs) – eine Erbschaft der glanzvollen Vergangenheit der Via Margutta – beherbergt. Auf der anderen Seite erhebt sich ein
großes Bauwerk aus den ersten Jahren des
20. Jh.s. An der gegenüberliegenden Flanke
befindet sich ein moderner Bau, in dem derzeit
das
in
Italien
angesehenste
Auktionshaus, „Finarte-Semenzato“, seinen
Sitz hat. Dieses hat übrigens einen wichtigen
Beitrag zur Verbreitung der Kunst geleistet
und steht seit längerer Zeit mit der Via
Margutta in Verbindung. Der Familie Patrizi
gehören auch die folgenden Gebäude: Das
erste, an der Hausnummer 53, ist durch elegante, umgerahmte Fenster gegliedert und
von einer zierlichen Loge in der Mitte versehen, die 1858 zu datieren ist. Danach; an
den Nummern 51-53 ist ein Eingang mit drei
Gittern, die mit Schmiedeeisenspitzen
geschmückt sind. Durch diesen Eingang
kommt man zu den von Antonio Bonfigli für
den Herzog Francesco Patrizi entworfenen
Räume. Dieser wollte daraus Malerei- und
Bildhauereiateliers machen. Gegenüber dem
Gebäude, das Sitz der Accademia Inglese
war, ist ein großes, ovalförmiges Becken, das
seitlich von römischen Kapitellen flankiert
ist. Schließlich an der Nummer 53a, nach
einem mit zwei Brunnen ausgestatteten
Gartenhof, ist ein vierstöckiges Bauwerk zu
erkennen, dessen Fassade von Gipsbüsten
italienischer Künstler charakterisiert wird.
Auch dieser Palazzetto aus dem 19. Jh., der
sich an der Hausnumer 51 a befindet, hat an
der Rückseite einen malerischen Blick auf
die großen und kleinen Treppen, die sich an
die Hängen des Pincio schmiegen. Auch dieser Palazzetto beherbergte in den
Räumlichkeiten im Erdgeschoss Kunstateliers
(er gehört derzeit zum Istituto per Ciechi
Sant’Alessio). Der Verlauf der Via Margutta,
der an der Seite zum Tridente von einer
meist
im
Settecento
entstandenen
Baukulisse und an der Seite zum Hügel von
malerischen Bäumen und Grünflächen
gekennzeichnet
wird,
endet
am
Hintereingang des Palazzo Boncompagni
Cerasi an der Nummer 90, dessen vorzügliche Hauptfassade auf die parallele Via del
Babuino blickt. Der ursprüngliche Baunukleus
aus dem 16. Jh. ist im Haus von Alessandro
de Grandis zu erkennen, das den folgenden
Bauwerken einverleibt wurde. Es handelt
sich um das erste Privathaus, das 1571 den
Anschluss an die Acqua Vergine bekam: An
seiner Fassade wurde 1576 der berühmte
Brunnen des Babuino aufgesellt. Die Strasse
wird in der Nähe der Piazza del Popolo von
einer Gruppe von Wohngebäuden abgeschlossen, die dem sogenannten Borghetto
zugeordnet wurden: Die gleichnamige Gasse
kreuzt die Via Margutta und hat den
Beinamen „pidocchioso“ (lausig), weil hier in
vergangenen Zeiten die Häuser ärmerer
Leute zu finden waren, entlang der Mauer,
die sich bis zur Chiesa di Santa Maria del
Popolo hinzog.
ROBERTO DEL SIGNORE
Oberintendanz für Kulturgüter