Im Test: „SCHUFA

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Im Test: „SCHUFA
Studie 2012
Im Test:
„SCHUFA-freie“ Kredite
Zweite Untersuchung zur Verbreitung
unseriöser Praktiken bei der Vermittlung
von Verbraucherkrediten
Impressum
Haftungsausschluss:
Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhaltes sowie
für zwischenzeitliche Änderungen übernehmen Redaktion und
Herausgeber keine Gewähr.
© Oktober 2012
Herausgeber:
SCHUFA Holding AG
Kormoranweg 5
65201 Wiesbaden
Projektleitung: Thomas Modig
Verantwortliche Redakteurin:
Jacqueline Preußer
F.A.Z.-Institut für Management-, Marktund Medieninformationen GmbH,
Mainzer Landstraße 199
60326 Frankfurt am Main
Gestaltung und Satz:
Christine Lambert, F.A.Z.-Institut
Lektorat: Vera Pfeiffer
Druck und Verarbeitung: Boschen Offsetdruck GmbH,
Alpenroder Straße 14, 65936 Frankfurt am Main
Mit Ökofarben auf umweltfreundlichem Papier gedruckt.
Diese Studie wurde klimaneutral hergestellt.
Der CO2-Ausstoß wurde durch Klimaschutzprojekte neutralisiert.
Inhaltsverzeichnis 3
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung:
Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung
4
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
6
von Christian Maltry
Sicherheit geht vor: Auswahl der Probandengruppen
6
Testpersonen werden persönlich ausgewählt ...
8
... sowie ausführlich geschult und betreut
8
Anbieter werden online ausgewählt
9
Anfragen werden nicht immer beantwortet
10
Bonitätsprüfungen trotz versprochener „SCHUFA-freier“ Kredite
10
Hohe Vorabgebühren – keine Leistung
11
Schnellbearbeitungsgebühren sind bar zu entrichten
12
„Auslagenerstattung“ ist unseriös
13
Kreditratenausfallversicherungen als Voraussetzung einer Kreditvermittlung
14
Unsinnige Beteiligungen
16
Hausbesuche setzen Kreditsuchende unter Druck
17
Gerne werden Finanzsanierungsverträge angeboten
18
Wirtschaftsberatungsverträge statt Kredit
20
Lukrativer Verkauf von Adressen
20
Erfolgreiche Kreditvermittlung ist selten
20
Stark verwobene Anbieterstrukturen
21
Schwer durchschaubare Netzwerke
21
Drohkulisse Inkasso
22
Fazit
23
Rechtsgutachten
24
von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann
1
Zivilrechtliche Einschätzung der Methoden
24
2
Strafrechtliche Beurteilung
34
3
Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht
49
4
Unterlassungsansprüche bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG)
51
5
Betrügerische Kreditvermittlung und Ordnungsrecht
51
6
Fazit
57
4 Zusammenfassung
Keine seriösen Kredite ohne Bonitätsprüfung
Zum zweiten Mal nach 2007 hat die SCHUFA eine Studie
in Auftrag gegeben, um den Markt der „SCHUFA-freien“
„SCHUFA-freie“ Kredite –
kommen nicht zustande
Kredite zu analysieren. „SCHUFA-freie“ Kredite, also
Kredite ohne Bonitätsprüfung, werden heute vor allem
Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung
im Internet angeboten. Testpersonen unternahmen den
den gewünschten „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu
Versuch, ein „SCHUFA-freies“ Darlehen zu erhalten.
erhalten, ist verschwindend gering: Trotz 177 Testkontakten mit den verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei
„SCHUFA-freie“ Kredite –
unseriöse Angebote überwiegen
Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.
Die Erfolgsquote der Anfragen liegt damit gerade einmal
bei 1%.
Betrachtet man die Angebote, die den Studienteilneh-
Einer der gewährten Kredite kommt auf einen effektiven
mern unterbreitet wurden, steht fest: Personen, die einen
Jahreszins von 25,5%. Beide Kredite beinhalten verschie-
„SCHUFA-freien“ Kredit suchen, treffen in mehr als acht
denen Nebenkosten, von denen die Kreditvermittlung
von zehn Fällen auf einen unseriösen, gegebenenfalls
abhängig gemacht wird. Damit ist zu vermuten, dass die
sogar im Grenzbereich zur Kriminalität arbeitenden
Kredite sittenwidrig sind.
Anbieter.
Unseriöse Angebote erkennt man daran, dass ...
J
Vorabgebühren erhoben werden,
J
Vertragsunterlagen per Nachnahme verschickt
werden,
J
unsinnige Versicherungen vertrieben werden,
J
(gefährliche) Beteiligungen veräußert werden,
J
sinnlose Beratungsverträge verkauft werden,
J
geltend gemachte Auslagen nicht nachgewiesen
werden,
J
teure „Beratungshotlines“ genutzt werden müssen,
J
unnötige, aber teure Hausbesuche gemacht werden,
J
Kreditsuchende mit Finanzsanierungsangeboten
getäuscht werden,
J
Überschuldeten Insolvenzberatung durch hierzu nicht
befugte Anbieter versprochen wird.
Legt man diese Kriterienliste zugrunde, dann sind die
Testpersonen bei 42 von 50 Firmen und damit in 84%
der Fälle auf Anbieter getroffen, deren Vorgehen
unseriös ist.
177 Testanfragen ergaben zwei Kredite
Zusammenfassung 5
Kreditsuchende werden über
tatsächliche Vermittlungschancen
getäuscht und abkassiert
Ordnungsrechtliches Instrumentarium
wird nicht genutzt
Ordnungsrechtlich benötigt ein Kreditvermittlungsge-
Die Problematik, dass in großem Umfang unzulässige
werbe eine Erlaubnis nach § 34c GewO. Diese wird nur
Nebenentgelte kassiert werden, die beworbenen Kredite
bei Zuverlässigkeit erteilt und kann unter anderem auch
aber fast nie vermittelt werden, ist gegenüber der Studie
dann wieder entzogen werden, wenn der Vermittler
2007 unverändert geblieben.
gegen verbraucherschützende Vorschriften verstößt.
Darüber hinaus hat die Ordnungsbehörde die Möglich-
Nach wie vor täuschen die unseriösen Anbieter die Anfra-
keit, Bußgelder bis zur Höhe von 5.000 1 zu verhängen.
genden über ihre tatsächlichen Vermittlungschancen.
Mit „Antragsannahmen“, „positiven Vorprüfungen“ und
Hier ist eine große Diskrepanz zwischen Theorie und
ähnlichen Formulierungen erwecken sie den Eindruck
Praxis festzustellen. Obwohl ein breites ordnungsrecht-
einer demnächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die
liches Instrumentarium zu Verfügung steht, wird dieses
Kreditsuchenden zum Abschluss diverser Verträge zu ver-
offenbar nicht genutzt. Trotz der großen kriminellen
leiten. Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine
Energie, mit der manche Vermittler operieren, sind in den
tatsächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahme-
vergangenen fünf Jahren keine Fälle bekannt geworden,
fall dar.
in denen Ordnungsbehörden entsprechende Maßnahmen
getroffen haben.
Statt Kredit:
teures Finanzsanierungsangebot
Kreditvermittlungsbetrug kann
strafrechtlich verfolgt werden
Auffällig ist der gegenüber 2007 deutlich größere Anteil
an Firmen, die Finanzsanierungsangebote unterbreiten
Strafrechtlich sind die Geschäftspraktiken unseriöser
oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf
Kreditvermittler vor allem unter dem Gesichtspunkt des
ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen.
Betrugs zu betrachten. Ein Betrug liegt nicht nur dann
Während 2007 nur 6 von 49 Firmen (12%) derartige
vor, wenn der Anbieter schon von vornherein weiß, dass
Angebote darlegten, sind es jetzt 18 von 50 Firmen
er gar keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung vermitteln
(36%). Durchschnittlich sollen dafür Vermittlungsgebüh-
kann. Ein Betrug ist auch dann anzunehmen, wenn der
ren in Höhe von 400 1 gezahlt werden. Hinsichtlich der
Vermittler über die Berechtigung der von ihm geforderten
Finanzsanierungsangebote existiert seit Jahren eine gefes-
Zahlungen täuscht, er also zum Beispiel Vorabgebühren
tigte wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung, die die
erhebt oder die Auslagen nicht einzeln aufführt.
Branche offensichtlich nicht an ihren Aktivitäten hindert.
Im Gegenteil: Waren viele Anbieter – im Nachgang zu
In den vergangenen Jahren gab es zwar einige wenige
einer vom BGH bestätigten strafrechtlichen Verurteilung
Strafverfahren, eine Verurteilung mit Freiheitsstrafe
eines Finanzsanierungsvermittlers – bisher aus dem Aus-
gegen den vorbestraften Haupttäter – soweit ersichtlich –
land aktiv, so steigt die Zahl der in Deutschland ansässi-
aber nur in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart.
gen Firmen wieder.
Betrügerische Kreditvermittler können sich offenbar nach
wie vor ungehindert an in wirtschaftliche Not geratenen
und damit für jegliche Kreditangebote besonders empfänglichen Verbrauchern bereichern.
6 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
von Christian Maltry
Zum zweiten Mal nach 2007 wurde der Markt der
Gruppe A –
„SCHUFA-freien“ Kredite durch Testanfragen kreditun-
Arbeitslose unterhalb der Pfändungsfreigrenze
würdiger bzw. überschuldeter Personen analysiert.
Die Gruppe besteht vornehmlich aus ALG-II-Empfängern,
Testpersonen, deren wirtschaftliches und soziales Profil –
Arbeitnehmern (teilweise mit geringer formaler Qualifika-
nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen
tion), die unter die „Working Poor“ zu rechnen sind, und/
und Strafverfolgungsbehörden – den typischen Nach-
oder Alleinerziehenden. Das Einkommen liegt regelmäßig
fragegruppen entsprach, sollten den Versuch unter-
unterhalb der Pfändungsfreigrenzen. Die vorhandenen
nehmen, unter wahrheitsgemäßer Angabe der eigenen
Vorschulden sind in absoluten Beträgen nicht übermäßig
wirtschaftlichen Situation ein „SCHUFA-freies“ Darlehen
hoch, dennoch lässt das niedrige Einkommen keine
zu erhalten.
Tilgung zu. Diese Gruppe sucht in der Regel nach einem
Kleindarlehen, mit dem eine aktuelle Notsituation (Miet-
Während des Projektzeitraumes von Februar bis Mitte
rückstand, Energie- oder Kontosperre) überwunden wer-
April 2012 stellten die Testpersonen jeweils mehrere
den kann bzw. soll. Teilweise wird auch nach einer Kredit-
Anfragen nach Krediten ohne Bonitätsprüfung an eine
zusammenfassung gesucht, um bestehende Verpflichtun-
Reihe von Anbietern und dokumentierten die Abläufe
gen mit geringerer Ratenbelastung bedienen zu können.
der Kreditanfragen.
Gruppe B –
1
Das Studiendesign entspricht weitestgehend der Vor-
Überschuldete mit Einkommen um die Pfändungs-
läuferstudie, so dass die Ergebnisse vergleichbar sind.
freigrenzen und bestehenden Vorkrediten
Selbstverständlich kann die Studie nicht den Anspruch
der Repräsentativität erheben, hierzu wäre beispielsweise
Diese Personengruppe hat vielfach Schulden in erheblicher
eine größere Zahl von Probanden für die Testanfragen
Höhe. Teile der Verbindlichkeiten sind bereits tituliert, oft-
notwendig gewesen. Dennoch sind die Ergebnisse geeig-
mals wurde die eidesstattliche Versicherung bereits abge-
net, Methoden der Anbieter und insbesondere auch die
geben. In aller Regel sind diese Überschuldeten immer
Entwicklungen im Markt zu beschreiben.
noch bemüht, die Verbindlichkeiten zu bedienen und leisten Ratenzahlungen, teils sogar in existenzgefährdender
Sicherheit geht vor:
Auswahl der Probandengruppen
Höhe, obwohl oftmals ein (Verbraucher-)Insolvenzverfahren sinnvoller wäre. Trotz dieser Zahlungen ist es aber –
bedingt durch Gläubigeranzahl, kostentreibende Weiterungen der Gläubiger u.a.m. – nur selten möglich, tat-
Potentielle Nachfrager nach „SCHUFA-freien“ Krediten
sächlich auch Tilgungseffekte zu erzielen. Die Gruppe
lassen sich, nach den Erfahrungen der Strafverfolgungs-
sucht oftmals nach einem Kredit zur Zusammenfassung
behörden und der Schuldnerberatungsstellen, grob in drei
sämtlicher Verbindlichkeiten („nur noch eine Rate“), um
Gruppen einteilen. Vereinfacht lassen sich diese Gruppen
die Verbindlichkeiten neu zu ordnen und so dem Gläubi-
wie folgt beschreiben:
gerdruck zu entkommen. Die Kreditgeschichte, ggf. vorhandene Negativmerkmale und/oder die Diskrepanz zwischen Leistungsfähigkeit und Kreditbedarf, führt dazu,
dass Kreditanfragen bei der Hausbank abgelehnt werden.
Ein Darlehen über „SCHUFA-freie“ Anbieter erscheint deshalb geeignet, die gewünschte Entlastung zu realisieren.
1 Abweichungen ergaben sich im Wesentlichen nur in der Form der Auswahl
der Anbieter.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 7
Gruppe C –
Erfahrungsgemäß unterscheiden sich die Angebote und
Selbständige – Kleingewerbetreibende
das Vorgehen unseriöser Anbieter hinsichtlich der Testgruppen A und B kaum. Es wird regelmäßig behauptet,
Existenzgründer oder Gewerbetreibende/Freiberufler mit
auch bei ungünstigsten Voraussetzungen noch den
Bonitätsschwierigkeiten sind Angehörige dieser Gruppe.
gewünschten Kredit vermitteln zu können, da man mit
Die Selbständigkeit wird in der Regel in der Rechtsform
Banken/privaten Finanzierern zusammenarbeite, welche
einer Einzelfirma betrieben. Eine aktuelle und geordnete
keine Bonitätsprüfung durchführten.
Buchführung liegt vielfach nicht vor. Das gesuchte Darlehen wird für eine geplante Investition (Pkw, Maschine),
Tatsächlich wird allerdings versucht, obwohl eine Kredit-
den Wareneinkauf oder zum Ausgleich eines eigenen
vermittlung erkennbar nicht möglich sein wird, Vorabge-
Forderungsausfalls benötigt. Die Hausbank hat eine
bühren zu kassieren, zusätzliche Finanzdienstleistungen
Kreditgewährung mit Hinweis auf frühere Zahlungs-
(Versicherungen, Bausparverträge u.a.m.) als angebliche
schwierigkeiten oder eine negative SCHUFA–Auskunft
Bonitätsverbesserung zu verkaufen, Anrufe bei kosten-
verweigert. Teilweise ist Immobilienvermögen vorhanden,
pflichtigen Telefonmehrwertdiensten zu provozieren etc.
das allerdings bereits mit Grundschulden belastet ist.
Die unseriösen Anbieter bemühen sich zwar sehr um ein
Der Kapitalbedarf liegt oftmals deutlich im sechsstelligen
scheinlegales Vorgehen, arbeiten aber tatsächlich mit vor-
Bereich.
sätzlicher Täuschung der Kreditsuchenden bis hin zum
Betrug.
Den Gruppen ist gemeinsam, dass sich die Betroffenen
in einer als erheblich belastend empfundenen Situation
Mögliche Risiken für die Testpersonen bestanden in einer
befinden, die eine kritische Wertung der Angebote
solchen Testumgebung „nur“2 im wirtschaftlichen
zumindest erschwert.
Bereich, nämlich durch die – im Zuge der vorgeblichen
Kreditvermittlung abzuschließenden – Finanzdienstleis-
Im Hinblick auf eine möglichst umfassende Dokumenta-
tungsverträge, Vorabgebühren etc. und die daraus resul-
tion der Suche nach einem „SCHUFA-freien“ Kredit
tierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Testpersonen
erschien die Verwendung fiktiver Anfragen nicht geeig-
wurden daher vertraglich von den wirtschaftlichen Risiken
net, da in deren Verlauf von den Kreditsuchenden regel-
freigestellt, die sich durch die Testkreditanfragen ergeben
mäßig Nachweise über die wirtschaftlichen Verhältnisse
konnten.
verlangt werden. Kreditanfragen hätten somit bei
Verwendung fiktiver Identitäten vorzeitig abgebrochen
Die vorstehend beschriebenen Praktiken werden selbst-
werden müssen, da die entsprechenden Unterlagen nicht
verständlich auch bei der Nachfragegruppe der Selbstän-
existierten, Negativmerkmale in Bonitätsdatenbanken
digen/Freiberufler angewendet. Darüber hinaus werden
nicht vorhanden, ein Hausbesuch nicht möglich gewesen
aber, teilweise auch aus dem Ausland, weitere Angebots-
wäre etc. Aussagekräftige Informationen über den
varianten beworben. Auch hier ist eine tatsächliche Kre-
Gesamtablauf einer Kreditanfrage waren demnach nur
ditvermittlung i.d.R. nicht beabsichtigt, sondern es geht
zu erwarten, wenn die Anfragen auch von tatsächlich
einzig darum, Vorabgebühren zu kassieren. Typische
existierenden Personen gestellt wurden.
Angebote sind Kredite angeblicher Privatinvestoren aus
dem Ausland (für die vorab Notar- und Übersetzungsge-
Im Interesse einer möglichst umfassenden Exploration
bühren fällig werden), Kick-back-Darlehen („Bargeld
des Markts wäre es sinnvoll gewesen, die Testanfragen
durch Immobilienkauf3“), aber auch Varianten der Depo-
durch Testpersonen durchführen zu lassen, die den vor-
sitendarlehen (Kredite, bei denen die Rückzahlung durch
stehend geschilderten Nachfragegruppen entsprechen.
eine vorab zu erbringende Einlage, „Deposit“, erfolgen
Zu berücksichtigen war allerdings auch, dass die Sicherheit der Testpersonen in keinem denkbaren Fall gefährdet
werden durfte.
2 Im Einzelfall überstiegen die Haftungsrisiken der angebotenen Beteiligungen
den gewünschten Kreditbetrag allerdings deutlich.
3 Der Kreditsuchende erwirbt, ggf. mit gefälschten Unterlagen zur Bonität,
ohne Eigenkapital Wohneigentum. Der Kauf erfolgt zum überhöhten Preis,
der zusätzlich noch einen Aufschlag enthält, der an den Kreditsuchenden
ausgezahlt werden soll. Soweit der Kreditsuchende an Täuschungshandlungen gegenüber der finanzierenden Bank beteiligt ist, macht auch er sich
strafbar. Ein entsprechender Vorschlag wurde einem Probanden telefonisch
unterbreitet.
8 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
soll4). Teilweise wird versucht, die Vorauszahlungen mit
5
Hilfe sogenannter „Rip-Deals“ zu erlangen.
so dass der Aufwand für die Testpersonen möglichst
gering gehalten werden konnte. Dennoch setzte die
Dokumentation sowohl eine gewisse Schriftfertigkeit als
Eine Gefährdung der Testpersonen in diesem Szenario
auch die Zuverlässigkeit der Teilnehmer voraus. Im Hin-
konnte nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen
blick auf die abzuschließenden (Vermittlungs-)Verträge
werden, da Rip-Deals zwar meist als Trickbetrugsvariante
und die im Projektverlauf an die Probanden gestellten
abgewickelt, teilweise aber auch als Raub durchgeführt
finanziellen Forderungen waren sowohl eine gewisse
werden. Entsprechend musste auf ein Testszenario, das
Stabilität als auch ein Vertrauensverhältnis zur Projekt-
auch solche Angebote untersuchen könnte, verzichtet
betreuung unverzichtbar. Die Einbindung der Beratungs-
werden.
stellen und deren Befürwortung des Projektes waren insoweit notwendig. Ausgewählt wurden 22 Testpersonen.
Die Beschränkung auf die Testszenarien A und B deckte
den „Massenmarkt“ des Geschäftes mit „SCHUFA-freien“
Krediten ab und stellte zudem sicher, dass eine Gefährdung der Testpersonen ausgeschlossen werden konnte.
... sowie ausführlich geschult
und betreut
Gleichzeitig sind die über die Testanfragen gewonnenen
Ergebnisse auch aussagekräftig, da sie auf realen wirt-
Alle von den Schuldnerberatungsstellen benannten
schaftlichen Verhältnissen der Testpersonen beruhen.
Kandidaten für eine Projektteilnahme wurden im Vorfeld
zu einer ausführlichen Schulung (im Zeitumfang von ca.
Testpersonen werden persönlich
ausgewählt ...
drei Stunden) eingeladen. Gegenstand war zunächst eine
Einführung in die Problematik der Kreditvermittlung und
insbesondere der Vermittlung „SCHUFA-freier“ Kreditangebote. Die Teilnehmer wurden des Weiteren mit dem
Die Anwerbung von Testpersonen in Form eines öffentli-
grundsätzlichen Projektaufbau und insbesondere dem
chen Aufrufs schied bereits im Hinblick auf die notwen-
Baustein „Testanfragen“ vertraut gemacht. Darüber hin-
dige Vertraulichkeit der Studie aus. Darüber hinaus wäre
aus wurden die vertraglichen Bedingungen der Projektteil-
die Zuverlässigkeit solchermaßen gewonnener Testperso-
nahme erläutert. Weiter wurden die Notwendigkeit einer
nen nur schwer einzuschätzen gewesen.
umfassenden Dokumentation vermittelt und die hierfür
vorbereiteten Formulare und Hilfsmittel vorgestellt.
Ausgewählte Schuldnerberatungsstellen in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Nordbayern und Stuttgart wurden,
Breiten Raum nahm die Darstellung der potentiellen
um den Kreis der über die Studie informierten Personen
rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken sowie der ent-
überschaubar zu halten, gebeten, unter der Klientel nach
sprechenden Haftungsfreistellung durch den Auftragge-
Personen zu suchen, die zum einen die Vorgaben der
ber der Studie ein. Explizit wurde dabei der „idealtypi-
Testszenarien abdeckten, zum anderen die persönlichen
sche“ Ablauf einer „SCHUFA-freien“ Kreditvermittlung,
Voraussetzungen für eine Teilnahme sicherstellten.
entsprechend der Ergebnisse der Studie aus 2007 im
Sinne eines „Worst-Case-Szenarios“ dargestellt. Eine aus-
Die auszuwählenden Testpersonen mussten in der Lage
führliche Erläuterung über die Rechtsgrundlagen und
sein, die Vorgänge im Zusammenhang mit der Beantra-
Widerrufsmöglichkeiten der im Zusammenhang mit einer
gung des „SCHUFA-freien“ Kredites sorgfältig zu doku-
Kreditanfrage möglicherweise abzuschließenden Verträge
mentieren. Zwar wurden die zu dokumentierenden
(und selbstverständlich auch der Verträge, die die Test-
Daten, soweit möglich, in standardisierter Form erfragt,
personen nicht abschließen sollten) beendete den allgemeinen Schulungsteil.
4 Das Deposit soll angeblich in hochrentierlicher Form angelegt werden, so
dass eine vergleichsweise kleine Anlage über Hebeleffekte die Tilgungs- und
Zinszahlungen des Kredites abdecken soll.
5 Nach polizeilicher Definition (BKA: Jahresbericht Wirtschaftskriminalität
2002) blitzartiger Betrug, Diebstahl oder Raub. Zum Kontakt kommt es in
der Regel aufgrund beabsichtigter Immobilien- , Devisengeschäfte oder Kreditaufnahmen. Kreditsuchende werden Kreditvermittlungsbemühungen vorgespielt. Die Täter täuschen dem Opfer dabei eine erfolgreiche Vertragsanbahnung vor, deren Umsetzung nur noch von einer Vorauszahlung abhängig
sei. Diese Vorauszahlung soll, vielfach im Ausland, in bar übergeben werden.
Anlässlich der Übergabe sichern sich die Täter die Vorauszahlung.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 9
Mit den Testpersonen, die sich für eine Teilnahme am
Anbieter werden online ausgewählt
Projekt entschieden, wurde jeweils eine individuelle
„Musterselbstauskunft“ erstellt, die sich an den von den
Mit der zunehmenden Verbreitung der Internetnutzung in
Anbietern verwendeten Formularen orientierte und deren
Deutschland hat sich auch die Werbestrategie der Anbie-
typische Fragestellungen beinhaltete. Die Selbstauskunft
ter von „SCHUFA-freien“ Krediten verändert. Werbung in
diente als Vorlage für sämtliche Kreditanfragen, fasste die
Printmedien hat entsprechend einen geringeren Umfang
wirtschaftliche Situation des Probanden wahrheitsgemäß
als noch bei der Studie 2007 feststellbar. Die Auswahl der
zusammen und umfasste auch den Kreditwunsch für die
Anbieter, bei denen die Anfragen nach einem „SCHUFA-
Testanfrage. Kreditwünsche entsprachen der durch die
freien“ Kredit gestellt werden sollten, beruhte entspre-
Testszenarien vorgegebenen Legende (Anschaffung,
chend auf online verfügbaren Quellen.
Abdeckung einer Notsituation, Kreditzusammenfassung)
und der individuellen wirtschaftlichen Situation.
Die den Probanden als anzufragend vorgegebenen Anbieter wurden einer Suche mit der Suchmaschine Google
Allen Probanden wurde eine schriftliche Ausarbeitung der
vom 01.11.2011 entnommen. Als Suchbegriffe wurden
Schulungsinhalte zu Verfügung gestellt. Diese beinhal-
„Kredit“ und „ohne SCHUFA“ verwendet. Zur Auswahl
tete, neben den grundlegenden Informationen zu Thema
wurden die ersten 300 Treffer (von ca. 2,9 Millionen) und
und Ablauf, auch eine Reihe von vorbereiteten Muster-
die auf den Trefferseiten eingeblendete Werbung um
schreiben zum Widerruf von abgeschlossenen Finanz-
Mehrfachtreffer, redaktionelle Beiträge zum Thema, Ver-
dienstleistungsverträgen.
weise auf andere Suchmaschinen, Portale (Verweise auf
mehrere Anbieter)6 und „tote“ Links bereinigt.
Während der Laufzeit der Studie stand den Probanden
ein fester, für alle Fragen hinsichtlich der Abwicklung der
Nach der Bereinigung verblieben 52 Anbieter. Im Zuge
Testanfragen kurzfristig erreichbarer Ansprechpartner zur
der Anfragen kam es zu Testkontakten mit weiteren sie-
Verfügung. Die Betreuung traf auch die Entscheidung,
ben Firmen über die Zufallsanfragen der Probanden sowie
welche, gegebenenfalls kostenbelasteten, Verpflichtun-
19 Firmen durch die Weiterleitung von Testanfragen über
gen die Probanden im Zuge der Anfragen eingehen soll-
die Kreditvermittler. Die Mehrzahl der Firmen (62) hatte
ten bzw. an welchem Punkt die Abfragen abzubrechen
den Firmensitz in Deutschland, ein Teil der Anbieter
waren.
residierte zumindest formal im Ausland, überwiegend
in Österreich und der Schweiz.
Rechtliche Fragen und Probleme, die nicht bereits mit
dem Betreuer geklärt werden konnten, wurden im Rah-
Jeweils sechs Anbieter aus der Vorauswahl wurden den
men der juristischen Beratung durch Herrn Prof. Dr. Grote
Testpersonen vorgegeben. Zusätzlich sollten die Proban-
und externe Rechtsberater geklärt. Externe Beratung
den, nach eigener Entscheidung, zwei weitere Anbieter
umfasste auch die rechtliche Unterstützung im Hinblick
auswählen und anfragen. Einzige Vorgabe für die selbst-
auf die Abwehr/Verfolgung von Ansprüchen aus der ord-
gewählten Anbieter war, dass diese Kredite „ohne
nungsgemäßen Abwicklung der Testanfragen. Die Kosten
SCHUFA“ anbieten sollten. Die Studie bildet insoweit,
der Rechtsverfolgung und Forderungsabwehr wurden
nach den Erfahrungen der Schuldnerberatungsstellen,
vom Auftraggeber der Studie übernommen.
die Realität ab, da Kreditsuchende oftmals bei verschiedenen Anbietern versuchen, einen Kredit zu erhalten.
Auch über das Ende des Projektzeitraumes hinaus steht
Üblicherweise verteilen sich diese Mehrfachanfragen
die rechtliche Unterstützung und Betreuung zur Verfü-
allerdings über einen längeren Zeitraum als in der Studie
gung, da angebliche Ansprüche der Kreditvermittler bzw.
realisierbar.
Anbieter auch noch lange im Nachgang geltend gemacht
werden könnten.
6 Hierzu wurden auch Seiten von Partnerprogrammen (Affialiatemarketing)
gerechnet.
10 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Anfragen werden nicht immer
beantwortet
Die verbleibenden 25 Firmen übermittelten kurz nach
der Anfrage eine Nachricht, meist ebenfalls zunächst als
E-Mail, in der sie mitteilten, die Anfrage sei eingegangen
Die Mehrzahl der Kreditvermittler stellt in ihrem Internet-
oder gar der Antrag sei genehmigt. Die Bestätigung ver-
auftritt Formulare zur Verfügung, in denen bereits die
wies auf die Übersendung von Unterlagen oder beinhal-
wichtigsten Daten zur Person, dem Einkommen und Kre-
tete ein Selbstauskunftsformular zur Unterschrift.
ditwunsch abgefragt werden. Die Testanfragen wurden,
aus Dokumentationsgründen, überwiegend über diese
Nach den gesetzlichen Bestimmungen setzt der Vergü-
Internetauftritte gestartet. Alternativ wurden Anfragen
tungsanspruch des Kreditvermittlers voraus, dass eine
per E-Mail an die Vermittler gesandt. Soweit dies nicht
schriftliche Vermittlungsvereinbarung mit dem kredit-
möglich war, wurde telefonisch Kontakt mit den Anbie-
suchenden Verbraucher getroffen wird. Die auf den Inter-
tern aufgenommen. Per E-Mail bzw. Telefon wurde auch
netseiten der Anbieter ausgefüllten Selbstauskünfte sind
versucht, mit den Anbietern in Verbindung zu treten,
nicht geeignet, die Schriftform zu ersetzen, so dass eine
wenn technische Probleme mit den Kontaktformularen
Kontaktaufnahme zunächst auch zu erwarten war.
auftraten, was erstaunlich häufig der Fall war. So waren
Kreditanfragen bei neun der vorausgewählten Firmen,
Darüber hinaus ist der Vermittler verpflichtet, den Kredit-
trotz während der Projektphase geschalteter Werbung,
nehmer umfangreich über Einzelheiten des Kreditvermitt-
nicht möglich, da die entsprechenden Anfrageseiten
lungsvertrags zu unterrichten. Es wäre daher nahelie-
Fehlermeldungen lieferten oder gar nicht erreichbar
gend, dass die antwortenden Firmen entsprechende
waren. Insgesamt verblieben daher 50 Firmen, die von
Informationen übersandt hätten. Alleine im Hinblick auf
den Probanden angefragt wurden.
den Vergütungsanspruch wäre eine Übersendung von
Vermittlungsverträgen, die zumindest Provisionsregelun-
Ein erheblicher Anteil der Firmen (18 Anbieter, d.h.
gen für die erfolgreiche Kreditvermittlung enthalten, zu
36%) beantwortete die Internetanfragen nicht, sieht
erwarten gewesen.
man von den in einigen Fällen durch automatische Mailsysteme erzeugten Eingangsbestätigungen ab. Weitere
Tatsächlich verwendeten aber nur sechs der Firmen ein
sieben Firmen (14%) reagierten zwar ebenfalls nicht,
Formular, in dem auch der Vergütungsanspruch des Ver-
reichten die Anfragen aber – nachvollziehbar – an andere
mittlers geregelt war, die vorgeschriebenen Informations-
Vermittlungsunternehmen weiter, oder teilten mit, die
pflichten wurden in keinem Fall erfüllt.
Kreditanfrage sei an einen weiteren, teils namentlich
genannten, Kreditvermittler weitergeleitet worden.
Es ist zwar zu vermuten, dass zumindest ein Teil der nicht
reagierenden Firmen die gewonnenen Daten der Kredit-
Bonitätsprüfungen trotz versprochener
„SCHUFA-freier“ Kredite
suchenden ebenfalls weiterleitete, Belege hierfür konnten
aus den verfügbaren Daten aber nicht gewonnen werden.
Die zentrale Werbebotschaft der Anbieter „SCHUFAfreier“ Kredite lautet, dass eine Kreditvergabe auch dann
möglich sei, wenn der Kreditsuchende Negativmerkmale
Nicht alle angefragten Anbieter reagieren
(Reaktionen der angefragten Kreditvermittler; in %)
in seiner SCHUFA–Auskunft habe. Die Werbebotschaft
setzt bei der Erfahrung an, dass Kreditwünsche der
potentiellen Kunden bereits abgelehnt wurden. Vielfach
wird diese Ablehnung mit dem Verweis auf eine
keine Reaktion
nehmen mit
Kreditsuchenden
Kontakt auf
„schlechte SCHUFA“ verbunden.
36
Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob etwaige Negativ-
50
merkmale tatsächlich auch ausschlaggebend für die
Ablehnung des Kreditwunsches waren oder ob dieser
14
aufgrund anderer Faktoren, etwa einer bankinternen
reichen Anfrage
weiter
Bonitätsprüfung, scheiterte. An dieser Erfahrung jeden-
n=50
falls setzt die Werbung an, indem sie den Eindruck
Quelle: SCHUFA.
erweckt, dass Bonitätsüberlegungen bei der
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 11
Werbelüge „SCHUFA-frei“
(Anteil der angefragten Kreditvermittler, die eine Klausel
zur Bonitätsprüfung in ihren AGBs haben; in %)
Unter Berücksichtigung der Finanzsanierungsangebote,
für die eine Bonitätsauskunft irrelevant ist, und der
Firmen, die ihre Rolle auf die Weiterleitung von Kreditanfragen an andere verbundene Unternehmen beschränken, wird von mehr als der Hälfte der Anbieter die
Möglichkeit einer SCHUFA-Anfrage vereinbart.
66
Im Widerspruch zu den Werbeversprechungen lösten die
Bonitätsprüfung
in AGBs
Kreditanfragen auch tatsächliche SCHUFA-Anfragen aus.
Drei Testpersonen fanden bislang entsprechende Einträge
in ihrer Selbstauskunft. Diese Anfragen erfolgen über
n=50
diverse Teilzahlungskreditinstitute, nicht über die Kredit-
Quelle: SCHUFA.
vermittler. Entsprechend war es leider nicht möglich,
die Anfragen einer bestimmten Kreditanfrage und damit
Kreditvergabe/-vermittlung keine oder nur eine unterge-
einem konkreten Kreditvermittler zuzuordnen. Die fest-
ordnete Rolle spielten, denn da der Anbieter „über Kon-
gestellten Einträge waren nicht als „Konditionenabfrage“
takte zu einer Vielzahl von in- und ausländischen Kredit-
bezeichnet, sondern als „Kreditanfrage“ – mithin also für
gebern verfügt, kann ein Privatkredit auch in schwierigen
die Scoreberechnung relevant.
Situationen in der Regel zeitnah realisiert werden“.
Teilweise wird sogar explizit erklärt: „Es erfolgt keine
Damit lässt sich feststellen, dass Anfragen nach
Bonitätsprüfung“.
„SCHUFA-freien“ Krediten – entgegen der Vorstellung
der Kreditsuchenden – selbstverständlich doch mit einer
Alle Anfragen der Testpersonen waren ausdrücklich auf
Überprüfung der persönlichen Bonität mit Hilfe von Aus-
„SCHUFA-freie“ Angebote gerichtet. Dennoch fanden
kunfteien verbunden sind. Diese erfolgt durch die letztlich
sich in den Onlineformularen bzw. Vermittlungsaufträgen
angefragten Kreditgeber und nicht durch die Kredit-
bei 33 Firmen (66%) Klauseln, die den jeweiligen Kredit-
vermittler selbst.
vermittler bzw. die anzufragende Bank ermächtigten,
Auskünfte einzuholen. In der Regel handelte es sich dabei
um förmliche SCHUFA-Klauseln, teilweise wurden auch
allgemeinere Formulierungen zur Bonitätsprüfung ver-
Hohe Vorabgebühren –
keine Leistung
wendet. Dies ist letztlich auch zwingend, denn aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen, aber natürlich auch
Vorabbearbeitungsgebühren wurden (ohne Berücksichti-
aufgrund gesetzlicher Vorgaben7, kann es selbstverständ-
gung der Anbieter von Finanzsanierungsvermittlungen
lich keinen Kredit ohne Bonitätsprüfung geben.
und Versendern von Nachnahmen, hierzu siehe unten)
von drei Vermittlern veranlagt.
Die Verwendung von SCHUFA-Klauseln steht aber in
deutlichem Widerspruch zur beabsichtigten Werbebot-
Ein Anbieter versprach gegen einen Betrag von 99,95 1
schaft, ein Umstand, der von den Kreditvermittlungen
die Vermittlung „zu privaten und gewerblichen Darle-
kaum thematisiert wird. Drei Kreditvermittler erläuterten
hensgebern aus dem deutschsprachigen Raum, Luxem-
dazu, eher verwirrend, dass sie – falls die Vermittlung
burg und den USA.“ Nach dem Ausfüllen einer umfang-
eines „SCHUFA-freien“ Kredites nicht möglich sei – als
reichen Selbstauskunft und Zahlung der Gebühren über
zweite Möglichkeit prüften, „welches Darlehen mit
einen Anbieter von Internetbezahlsystemen wurde der
SCHUFA angeboten werden kann. Sollte die erste
Zugang zu einem geschützten Bereich des Internetauf-
Prüfung die Aussicht auf ein verbessertes Angebot mit
tritts freigeschaltet.
SCHUFA ergeben, kann auch in umgekehrter Reihenfolge
agiert werden.“
7 § 509 BGB, eingeführt mit der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie der EU,
verpflichtet dazu, „die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu bewerten“,
was auch mit Hilfe der Bonitätsinformationen von Auskunfteien erfolgen
kann.
12 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Dieser Bereich ermöglichte zunächst den Zugriff auf
Ein anderer Kreditvermittler versicherte in den Anschrei-
angebliche „Topreporte“ zu den Themen Kauf von
ben an die Probanden regelmäßig: „Es fallen keine
Doktortiteln, selbständig machen als Finanzmakler, Geld
Vorkosten an“. Im weiteren Ablauf erhielten die Test-
ohne Auskunft (bestehend aus einer Anschriftensamm-
personen dann allerdings die Nachricht, dass sich die
lung von Kreditvermittlern und Banken, Stand 2003) und
gewünschte Vermittlung als problematisch erweise:
ähnlichen Schriftstücken. Darüber hinaus wurde ein Link
„Ihre schlechte, bzw. fehlende Bonität lässt eine weitere
zu einem (nicht funktionsfähigen) Peer-to-Peer-Kreditpor-
Bearbeitung in der gewünschten Form momentan nicht
tal (ohne Impressum) angeboten.
zu. Um in der Sache weiter zu kommen, wäre ein
spezieller Bonitätsabgleich (bezogen auf Ihre persönliche
Weiter bestand die Möglichkeit einer sogenannten erwei-
Situation) denkbar. Mit den sich darauf ergebenden
terten Kreditanfrage. Um diese zu nutzen, musste
Werten könnte die fehlende Basis entsprechend unter-
zunächst nochmals eine Selbstauskunft ausgefüllt wer-
mauert werden. Die Kosten hierfür betragen (…)“.
den, die nach der Bestätigung an Kreditvermittler und
Flankiert wurde das Schreiben durch einen Anruf des
Banken gesandt werden sollte. Nach der Betätigung des
Vermittlers, oder eines Mitarbeiters, der versicherte, nach
Absende-Buttons wurde eine Liste mit 109 Anbietern ein-
Erstellung der speziellen Analyse wäre die Kreditaus-
geblendet, denen die Kreditanfrage angeblich zugeleitet
zahlung kein Problem, eine entsprechende Zusage der
worden sei. Ob dies tatsächlich der Fall war, konnte nicht
Bank läge vor.
geprüft werden, jedenfalls erfolgte von keiner der gelisteten Firmen eine Kontaktaufnahme zum Probanden.
Trotz Überweisung der Forderung (in Höhe von ca.
1% des gewünschten Kredits) verbesserte sich
Einen umfangreichen Katalog von Leistungen für Privat-
die Bonität der Kreditsuchenden offensichtlich nicht,
und Geschäftskunden bewarb ein weiterer Anbieter.
da weder eine Vermittlung erfolgte noch Sachstands-
Neben Firmengründungen, -liquidationen, Immobilienret-
anfragen beantwortet wurden.
tung, Schuldnerhilfen und Privatinsolvenzen wurden auch
„SCHUFA-freie“ Finanzierungen über „ein Netzwerk an
burg, Schweiz und Polen“ angeboten.
Schnellbearbeitungsgebühren
sind bar zu entrichten
Die von den Probanden auszufüllende Selbstauskunft
Kreditsuchende, die sich um „SCHUFA-freie“ Darlehen
enthielt, neben den üblichen Angaben zur Person und
bemühen, stehen, wie oben erläutert, oftmals unter gro-
den wirtschaftlichen Verhältnissen, auch eine Regelung
ßem wirtschaftlichem Druck und sind an einer möglichst
zum Honorar. Darin kündigte der Anbieter an, zunächst
raschen Kreditgewährung interessiert. Diesem Bedürfnis
ein individuelles Finanzierungskonzept erstellen zu wol-
trugen drei Anbieter Rechnung, indem sie gegen einen
privaten Investoren aus Deutschland, Österreich, Luxem-
len, dessen Kosten 1% des Finanzierungsbedarfs, min-
Betrag von 10 bzw. 20 1, eine beschleunigte Abwicklung
destens aber 500 1 betragen sollten. Für den Fall einer
der Kreditanfragen anboten. Wenn der Interessent sich
erfolgreichen Finanzierung sei eine Provision von 2% des
für diese bevorzugte Bearbeitung seiner Anfrage ent-
Kreditbetrages fällig. Wenige Tage nach Absendung der
scheide, solle er den Betrag in bar seiner Kreditanfrage
Selbstauskunft wurde telefonisch mitgeteilt, der Kredit sei
beilegen.
darstellbar und eine Rechnung angekündigt.
Ein Anbieter wollte sich innerhalb von 48 Stunden beim
Die Rechnungsstellung über 595 1 (inkl. MwSt.) erfolgte
Kreditsuchenden melden, sofern dieser 20 1 für die
allerdings nicht durch den Anbieter selbst, sondern durch
Eilbearbeitung beilege. Ein weiterer Anbieter versprach
ein weiteres Unternehmen. Nach Zahlung des Betrages
im Anschreiben, mit dem die Selbstauskunft übersandt
waren bis zum Redaktionsschluss keinerlei Aktivitäten der
wurde, eine „bevorzugte Eilabwicklung mit Antrags-
Firmen mehr zu verzeichnen. Mehrere Nachfragen nach
freigabe innerhalb von 24 Stunden (Zeitgewinn bis zu
dem Verfahrensstand blieben ebenso unbeantwortet
4 Tagen)“. Ein Unterschied in der Bearbeitungsgeschwin-
wie die Aufforderung, den geleisteten Betrag zurückzu-
digkeit ließ sich allerdings nicht feststellen.
erstatten.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 13
Telefonmehrwertdienstnummern wurden von neun der
Die verbleibenden Firmen traten gegenüber den Kreditsu-
Firmen eingesetzt, teilweise, indem sie als einzige Mög-
chenden nur als Durchleitung zu einer anderen Firma auf,
lichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme angeführt
reagierten auf die Kreditanfrage nicht mit Übersendung
waren, teilweise, indem sie gegenüber der Festnetznum-
eines Kreditvermittlungsvertrags, händigten im Hausbe-
mer herausgehoben wurden. Bei zwei Firmen fehlte die
such keine Unterlagen aus oder waren als Vermittler von
gesetzlich vorgeschriebene Tarifangabe.
Finanzsanierungsverträgen nicht vergleichbar.
„Auslagenerstattung“ ist unseriös
Geltend gemacht wurden angebliche Auslagen bislang
erst von vier Firmen. Die geringe Zahl erstaunt, nach den
Erfahrungen der Schuldnerberatung dürfte die niedrige
Durch das Verbraucherkreditgesetz8 von 1991 wurde der
Zahl der Forderungen aber auf relativ lange Bearbeitungs-
Vergütungsanspruch des Kreditvermittlers auf den Fall der
zeiten bei den Anbietern zurückzuführen sein. Die
erfolgreichen, nicht mehr widerrufbaren Darlehensver-
machen üblicherweise ihre Forderung erst zwei bis drei
mittlung beschränkt. Nebenentgelte darf der Kreditver-
Monate nach Abschluss des Kreditvermittlungsvertrags
mittler nicht verlangen. In diese Regelung wurde aber
geltend. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die
integriert, dass der Kreditvermittler vereinbaren kann,
Zahl der Forderung von „Auslagen“ in den nächsten
dass entstandene erforderliche Auslagen vom Kreditsu-
Wochen steigern wird.
chenden zu erstatten sind. In aller Regel könnte es sich
hierbei im Bereich des üblichen Verbraucherkredites nur
Erstattungsfähig sind nach dem Gesetzestext10 nur die
um Kosten für Porti, Telefongebühren, Papier, Kopien und
entstandenen erforderlichen Auslagen (soweit eine
Druck handeln. Die Höhe der hierfür anfallenden Beträge
schriftliche Vereinbarung hierüber getroffen ist und sie in
steht allerdings in keinem vernünftigen Verhältnis zum
Zusammenhang mit der Vermittlung des Darlehensver-
Aufwand, der mit einer Dokumentation dieser Kosten
trags stehen), so dass erwartet werden kann bzw. muss,
verbunden wäre. Betriebswirtschaftlich macht es keinen
dass ein seriöser Anbieter die verauslagten Gelder einzeln
Sinn, Minimalbeträge arbeits- und kostenaufwendig zu
verbucht, wenn er sich auf die Vereinbarung berufen will.
erfassen, um sich dann die entsprechenden Positionen
Dementsprechend müsste der Nachweis der Auslagen
erstatten zu lassen, da der Erfassungsaufwand nicht
ohne weiteres möglich sein.
erstattungsfähig ist.
Die gesetzliche Regelung ist auch durchaus bekannt, so
Seriöse Anbieter machen daher von der gesetzlichen
tragen die von einem Anbieter versandten Überweisungs-
Möglichkeit der Vereinbarung von Auslagenerstattungen
träger den Vermerk „AE (Kundenname), nach § 655d
keinen Gebrauch. Unseriöse Anbieter nutzen die gesetz-
BGB“.
liche Regelung, indem jedwede Geldforderung – als
„Auslage“ definiert – in Rechnung gestellt wird.
Dennoch wurden die Auslagenforderungen regelmäßig
ohne nähere Erläuterung, wie diese sich zusammensetz-
Eine Vereinbarung über die Verpflichtung zum Auslagen-
ten, in Rechnung gestellt. Auch auf ausdrückliche Nach-
ersatz findet sich bei zehn der untersuchten Firmen. Dem
frage der Probanden mit der Bitte, die geforderte Summe
Umstand, dass eine gefestigte obergerichtliche Rechtspre-
aufzuschlüsseln, erteilten die Firmen in der Regel keine
chung seit einigen Jahren die Unzulässigkeit von pauscha-
detaillierte Abrechnung. Angesichts der fehlenden bzw.
len Auslagen entschieden hat, tragen die Anbieter Rech-
ungenügenden Nachweise wurden die Rechnungen kom-
nung, indem sie eine Formulierung verwenden, mit der
mentarlos nicht beglichen, so dass die ersten Rechnungen
sie die für Auslagen zu ersetzende Summe auf einen
von den Anbietern angemahnt wurden. Eine gerichtliche
9
Maximalbetrag begrenzen, der dann allerdings auch in
Geltendmachung ist bislang noch nicht erfolgt, wohl aber
allen Fällen gefordert wurde.
eine Weitergabe an Inkassounternehmen (siehe unten).
8 Die entsprechenden Vorschriften sind mittlerweile ins BGB integriert.
9 Die Beträge liegen dabei zwischen 39 und ca. 75 1.
10 § 655d BGB: Der Darlehensvermittler darf für Leistungen, die mit der
Vermittlung des Verbraucherdarlehensvertrags oder dem Nachweis der
Gelegenheit zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags zusammenhängen, außer der Vergütung nach § 655c Satz 1 ein Entgelt nicht vereinbaren. Jedoch kann vereinbart werden, dass dem Darlehensvermittler
entstandene, erforderliche Auslagen zu erstatten sind.
14 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Ein Anbieter verband die – mit „AUSLAGENBESCHEID“
die Position nicht abrechnungsfähig wäre, da pauschale
überschriebene – Rechnung mit einer positiven Nachricht
Kostenansätze vor der Rechtsprechung keinen Bestand
für die Testperson: „können wir Ihnen heute mitteilen,
haben.
daß die (...)Bemühungen um Ihren Kredit erfreulicherweise zum Abschluß kommen. Nach Ablehnung einzelner
Die Rechnungsposten „Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Ver-
Banken liegt uns jetzt die Übernahmezusage einer
fahren ...“ und „Kundenverwaltung“ sind unabhängig
unserer Finanzverbindungen vor.“
von dem Umstand der Pauschalierung nicht erstattungsfähig. Bei den vom Vermittler erbrachten Arbeitsleistun-
Nach Überweisung des geforderten Betrages betonte die
gen bzw. den Kosten hierfür handelt es sich nicht um
Firma im folgenden Schreiben zunächst nochmals ihre
Auslagen, sondern um Gemeinkosten des Vermittlers.
beträchtlichen Anstrengungen und teilte dann mit: „ist es
Daher kann die Übernahme von Aufwendungen für
uns im Rahmen der mit Ihnen vereinbarten Modalitäten
Arbeitsleistung mit den Kreditsuchenden nicht wirksam
zur Realisierung Ihres Kreditwunsches gelungen, unseren
vereinbart werden.
nachstehenden Finanzierungspartner für die Durchführung Ihres Vertrags zu gewinnen: …….“.
Auch die Bezeichnung der dritten Kostenposition ist mit
dem Begriff der „Auslagen des Kreditvermittlers“ nur
Ausweislich der im Schreiben angegebenen Anschrift
schwer in Verbindung zu bringen, wird hier doch ein Auf-
handelte es sich bei dem Finanzierungspartner um ein
wand in Rechnung gestellt, der bereits nach dem Text der
Unternehmen, das aus anderen Testkontakten bekannt
Rechnung eben nicht beim Kreditvermittler angefallen ist.
war. Mithin hatte der Anbieter nicht, wie der „AUSLA-
Letztlich behauptet die Kreditvermittlung, ein Kreditgeber
GENBESCHEID“ einzig sinnvoll zu interpretieren war, eine
mache bereits vor Abschluss eines Kreditvertrags einen
kreditgebende Bank gefunden, sondern den Probanden
Bereitstellungszins geltend, stelle diesen der Kreditver-
schlicht an den nächsten Kreditvermittler weitergereicht.
mittlung in Rechnung und erhalte den Rechnungsbetrag
von der Kreditvermittlung erstattet. Es versteht sich von
Im Gegensatz zu anderen Anbietern schlüsselte ein
selbst, dass der behauptete Ablauf gänzlich unglaub-
Anbieter die angeblichen Auslagen in mehrere Kostenpo-
würdig ist.
sitionen auf. Die Rechnung umfasste die Positionen
Insgesamt entstand der Eindruck, dass die Rechnungen
Teilnahme bzw. Einleitung ILS-Verfahren,
inkl. Aktenanlegung Eintrag EDV-Anlage
darauf angelegt sind, Auslagen vorzutäuschen, die tat29,00 1
Telefon/Faxgebühren, Kundenverwaltung
Pauschalbetrag:
aus der Verweigerung detaillierter Auslagenabrechnun11,50 1
Bereitstellung der Kreditsumme
durch den Geldgeber
sächlich nicht entstanden sind. Einzig logischer Schluss
gen muss sein, dass solche beim Kreditvermittler nicht
angefallen bzw. erfasst sind. Werden dann dennoch
Pauschalbetrag:
27,50 1
Auslagen geltend gemacht, ist zwingend auf eine
MWSt.: 19%:
12,92 1
Täuschungsabsicht der Kreditvermittlungen zu schließen,
Gesamtbetrag :
80,92 1
da die Kenntnis der relevanten Rechtsvorschriften für den
eigenen Arbeitsbereich vorauszusetzen ist.
Diese Auflistung ist allerdings nicht geeignet, angefallene
Auslagen nachzuweisen. Unabhängig davon, dass die,
nach Ansicht des Verfassers notwendige, Einzeldarstellung der Kosten fehlt, ist allenfalls die zweite Position
Kreditratenausfallversicherungen als
Voraussetzung einer Kreditvermittlung
ohne weiteres mit dem Begriff von Auslagen in Verbindung zu bringen. Nachdem es sich bei den denkbaren
Restschuldversicherungen, auch als Restkreditversicherun-
Auslagen i.S.d. Gesetzes letztlich überwiegend um Mate-
gen bezeichnet, sichern den Kreditnehmer bzw. dessen
rialkosten handelt, ist die Kostenposition unglaubwürdig,
Hinterbliebene – je nach abgeschlossenem Risiko – gegen
da ein mit Materialkosten im behaupteten Umfang
Forderungen im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit oder
betriebener Aufwand im Massengeschäft Verbraucherkre-
Arbeitslosigkeit ab. Abgedeckt werden durch sie der
dit weder notwendig noch sinnvoll wäre. Der Umstand,
jeweils noch offene Restkredit bzw. die während der
dass in der „Abrechnung“ ein Pauschalbetrag für diese
Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit fällig werdenden
Kostenposition verlangt wird, führt im Übrigen dazu, dass
Raten. Restschuldversicherungen werden regelmäßig mit
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 15
Problematische Kreditratenausfallversicherung
wird angeboten
(Anteil der Kreditvermittler, die einen Kreditratenausfallversicherung angeboten haben; in %)
22
Angebot einer
Kreditratenausfallversicherung
Beschäftigungen, Ausbildungs- und Referendarzeiten
ebenso wenig rechnen wie Arbeitsverhältnisse bei Ehepartnern oder Verwandten in direkter Linie. Selbständige
können grundsätzlich auch versichert werden, soweit
die Selbständigkeit nicht als Kleingewerbetreibender,
Geschäftsführer einer Ein-Personen-GmbH oder in einer
Reihe weiterer Funktionen und Branchen erfolgt.
Die Versicherungen wurden den Probanden ohne Rücksicht auf die in der Regel durch die Selbstauskünfte
bereits bekannte, individuelle berufliche Situation angedient. Ganz offensichtlich ist die Absicherung der Arbeits-
n=50
losigkeit für Bezieher von Arbeitslosengeld II überflüssig.
Quelle: SCHUFA.
Das hinderte die Kreditvermittlungen nicht daran, das
Produkt zu empfehlen.
dem Kreditvertrag abgeschlossen und die – meist als
Einmalbeitrag anfallenden – Kosten mitfinanziert. Soweit
Teilweise war der Antrag auf die Versicherung mit dem
der Abschluss einer Restschuldversicherung von der Bank
Kreditvermittlungsantrag selbst verbunden. Alternativ
zur Voraussetzung einer Kreditgewährung gemacht wird,
wurde das Versicherungsangebot mit der Anforderung
sind die Kosten bei der Berechnung des effektiven Jahres-
von Unterlagen gekoppelt. Der Aufbau der Schreiben er-
zinses zu berücksichtigen. Aus Sicht des Verbraucher-
weckt hierbei den Eindruck, dass Kreditvermittlungsauf-
schutzes sind Restschuldversicherungen nicht unumstrit-
trag bzw. Unterlagen und Antrag auf Kreditratenausfall-
ten, dennoch sind sie ein weitverbreitetes Sicherungs-
versicherung zusammen zurückgesandt werden müssten.
mittel für Konsumentenkredite.
Ein Anbieter meldete sich telefonisch bei einem ProbanBei der Kreditratenausfallversicherung handelt es sich im
den und teilte mit, der „Antrag hätte die Vorprüfung
Gegensatz dazu um eine Unfallversicherung mit zusätz-
positiv überstanden. Für die endgültige Entscheidung
lichen Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit bzw.
benötige man noch Daten (...). Die Raten wären 137,80 1
Arbeitsunfähigkeit und einem Todesfallschutz, der aller-
über 40 Monate (...). Eine Kreditausfallversicherung wäre
dings nur bei Unfalltod greift. Die Versicherungsleistun-
dazu Pflicht“11. Trotz Rücksendung des unterzeichneten
gen bei Arbeitsunfähigkeit/Arbeitslosigkeit werden, nach
Versicherungsantrages kam es nicht zu einer Kreditge-
einer Karenzzeit von 120 Tagen, nur für einen Zeitraum
währung.
von maximal zwölf Monaten erbracht. Die Höhe der
Beiträge der angebotenen Verträge schwankte zwischen
Sonstige Finanzdienstleistungen spielten bei den Angebo-
29,90 1 und 49,90 1 im Monat.
ten an die Probanden nur eine geringe Rolle. Ein einziger
Anbieter schickte einen Bausparvertrag zur Unterzeich-
Als Kreditsicherheit erscheint das Produkt allerdings,
nung.
angesichts einer Vielzahl von Haftungsausschlüssen, Vorbedingungen und Leistungsklauseln, insbesondere hin-
Neben der Kreditratenausfallversicherung wurde von
sichtlich des Risikos der Arbeitslosigkeit, kaum geeignet.
einem Anbieter versucht, die Probanden zum Abschluss
So beinhalten die Allgemeinen Versicherungsbedingun-
von Haftpflicht- und Hausratversicherungen zu bewegen.
gen eines Anbieters nicht nur den üblichen Ausschluss
Die entsprechenden Begleitschreiben suggerierten, dass
von Vorerkrankungen, sondern schränken auch den Kreis
durch den Abschluss der Versicherung die Kreditvergabe
der Personen ein, die eine Leistung beziehen können.
wahrscheinlicher würde, sie in „Zweifelsfällen“ gar
Voraussetzungen sind u.a. ein Alter des Versicherungs-
entscheidend sein könnten, indem sie Formulierungen
nehmers zwischen 18 und 55 Jahren, eine Anstellung in
enthalten, wie, „Denn jeder Geldgeber sieht es positiv,
einem unbefristeten und sozialversicherungspflichtigen
wenn ein Kreditnehmer vorgesorgt hat“.
Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit über
18 Stunden, das bei Versicherungsbeginn seit mindestens
24 Monate besteht, wobei Saisonarbeiten, kurzfristige
11 Gedächtnisprotokoll Proband
16 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Unsinnige Beteiligungen
Risiken bis hin zum Totalverlust, handele. Zur genaueren
Darstellung dieses Risikos wird dann allerdings auf den
Fünf Anbieter schickten den Anfragenden per Post einen
(tatsächlich nicht) ausgehändigten Prospekt verwiesen.
Antrag auf eine stille Beteiligung bzw. den Beitritt zu
einem Immobilienfonds oder einer Genossenschaft oder
Alle Beteiligungsscheine enthalten die Regelung, dass die
überreichten diese beim Hausbesuch zur Unterschrift.
Zahlungen gegebenenfalls auch direkt vom Arbeitgeber
Die Zusendung der Anträge wurde in der Regel mit der
überwiesen werden sollen. Soweit ein vom Arbeitgeber
Anforderung von Unterlagen oder der Frage, in welcher
gezahlter Zuschuss im Rahmen der vermögenswirksamen
Form der gewünschte Kredit ausgezahlt werden solle,
Leistungen nicht ausreicht, die Rate zu decken, wird der
verbunden. Diese Punkte hätten selbstverständlich schon
Arbeitgeber angewiesen, den Differenzbetrag vom Netto-
im vorausgegangenen Ablauf geklärt werden können.
einkommen des Kreditsuchenden einzubehalten. Die Zah-
Es ist daher davon auszugehen, dass die Anbieter darauf
lungsanweisung zugunsten etwa bestehender Verträge
abzielen, zumindest bei einem Teil der Kreditsuchenden
über vermögenswirksame Leistungen wird gleichzeitig
den Eindruck zu erwecken, dass die Rücksendung der
widerrufen. Zusätzlich bzw. alternativ ist ein Auftrag zur
Anträge für die Kreditgewährung notwendig sei. Zwei
Einrichtung eines Dauerauftrags bei der kontoführenden
Anbieter erinnern bei ausbleibenden Rückantworten auch
Bank des Kreditsuchenden enthalten.
an ihr Angebot und verwenden dabei Formulierungen
wie „(...) hatten wir Ihnen das Produkt zur Anlage der
Bei den Zeichnungsscheinen zugunsten des Vermögens-
Vermögenswirksamen Leistungen (...) empfohlen. Die
bildungsfonds ist die Zahlung der Beteiligungssumme
Rücksendung der Unterlagen erwarten wir bis zum“ oder
durch eine Lohn- und Gehaltsabtretungsklausel gesichert.
„übersenden wir Ihnen diese nochmals mit der dringen-
Die Beteiligungsgesellschaft sichert12 sich damit für den
den Bitte um schnellstmögliche Rücksendung“.
Fall ausbleibender Zahlungen, den schnellen und unmittelbaren Zugriff auf die pfändbaren Anteile von Lohn und
Einer Probandin mit einem Kreditbedarf von 3.500 1
Lohnersatzleistungen ab, ohne dass es einer Titulierung
wurde in einem Schreiben, mit dem die Genehmigung
und gerichtlichen Beitreibung des Anspruchs bedarf.
einer Finanzsanierung mitgeteilt wurde, eine Beteiligung
Praktisch alle Kreditverträge im Konsumentenbereich
an einem Vermögensbildungsfonds beigelegt. Die Zeich-
beinhalten ebenfalls eine solche Lohn- und Gehaltsabtre-
nungssumme betrug 9.600 1. Sie wäre in monatlichen
tung zur Sicherung der Rückzahlung. Da Lohnabtretun-
Teilbeträgen von 50 1, entsprechend einer Laufzeit von
gen ihre Wirksamkeit bereits mit dem Datum der Unter-
16 Jahren, zu erbringen gewesen.
schrift entfalten, ginge eine Lohnabtretung zugunsten
der Beteiligungsgesellschaft einer Abtretung zur Siche-
Der Zeichnungsschein enthielt einen Passus, mit dem
rung eines später vermittelten Kredits im Range voran.
der Kunde bestätigte, den jeweiligen Emissionsprospekt
erhalten/zur Kenntnis genommen zu haben. Einen Pros-
Der Zugriff auf das pfändbare Einkommen des Kredit-
pekt – in Form einer CD – überreichte allerdings nur ein
nehmers wäre durch die vorrangige Abtretung bis zur
Anbieter, so dass den Probanden i.d.R. eine Prüfung der
vollständigen Erfüllung der Verpflichtungen aus der Betei-
Risiken oder der Anlagestrategie nicht möglich war.
ligung blockiert und die Abtretung im Kreditvertrag somit
Durch die Unterzeichnung der Klausel über die Aushän-
faktisch entwertet. Soweit ein potentieller Kreditgeber
digung des Prospektes verschlechtert sich die rechtliche
seine Kreditentscheidung (auch) von der Einräumung
Position erheblich.
einer Lohnabtretung abhängig macht, führt die Zeichnung der Beteiligung also dazu, dass die Chancen einer
Mangels Prospekt wäre es den Kreditsuchenden auch
Kreditgewährung geringer werden.
nicht möglich gewesen zu erkennen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie für die Verbindlichkeiten des
Tatsächlich sind die Verträge auch aus einem weiteren
Unternehmens haften. Der Zeichnungsschein eines Unter-
Grund nicht geeignet, als Sicherheit für ein Darlehen zu
nehmens enthält immerhin eine Risikobelehrung, der zu
dienen. Werthaltig werden diese Anlagen allenfalls dann,
entnehmen ist, dass es sich bei der Anlageform um eine
wenn sich – nach den vertraglichen Bestimmungen – ein
unternehmerische Beteiligung, mit entsprechenden
12 Die Sicherheit greift natürlich nur, wenn kein tarif- oder arbeitsvertraglicher
Ausschluss von Lohnabtretungen vereinbart ist.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 17
Auseinandersetzungsguthaben ergibt oder die Beteili-
Soweit überhaupt eine Begründung für die Notwendig-
gung voll eingezahlt ist. Dies dürfte aber frühestens
keit eines Hausbesuchs abgegeben wurde, erklärten die
mehrere Jahre nach Abschluss der Beteiligung der Fall
Mitarbeiter der Anbieter, der Hausbesuch sei notwendig,
sein, so dass ein potentieller Kreditgeber die Anlage nicht
„um alles für den Vertrag fertig zu machen“13 oder
als Sicherheit einschätzen wird. Im Hinblick auf die vom
„um die Personaldaten zu verifizieren“.
Kreditsuchenden eingegangene Haftungssituation hinsichtlich der Zeichnungssumme könnte die eingegangene
Alle Testpersonen berichteten, dass die Hausbesuchssitua-
Verpflichtung die Aussicht auf eine Kreditvergabe eher
tion mit großem Zeitdruck, durch die Außendienstmitar-
mindern.
beiter verursacht, verbunden war. Eine genaue Lektüre
der zu unterschreibenden Formulare sei nicht möglich
Selbstverständlich werden aber Kreditsuchende solche
gewesen. Regelmäßig seien allerdings neben den Kredit-
Verträge nur abschließen, weil sie sich eine Verbesserung
anträgen weitere Unterlagen zur Unterschrift präsentiert
der Vermittlungsaussichten versprechen. Vor dem Hinter-
worden: „Als der Kreditantrag fertig ausgefüllt war und
grund dieser Motivation rechnen sie sicherlich nicht
ich unterschreiben sollte, wurde dieser zur Seite gelegt.
damit, dass die Verträge die Aussichten auf eine Darle-
Der Mitarbeiter holte eine Broschüre aus seiner Mappe
hensgewährung eher schmälern, jedenfalls aber nicht
und meinte: ‚Dann müssen wir noch unbedingt das hier
verbessern. Darüber hinaus sind ihnen die Anlageformen
machen‘ Scoreoptimierung, Schuldenberatung und an die
nicht vertraut, so dass sie das allgemeine Risiko der Anla-
zehn weitere Punkte“...„hat mir zuerst den Kreditvertrag
geform nicht einschätzen können, und die Bewertung des
zum Unterschreiben hingelegt und direkt danach die
konkreten Risikos ist, mangels Prospektinformationen,
Versicherung. ... gefragt habe, ob bzgl. der Versicherung
vielfach ebenfalls nicht möglich.
wegen meiner chronischen Krankheit Einschränkungen
bestehen ... zuerst war er ein wenig irritiert, verneinte
Aus Sicht unseriöser Vermittler bieten sich die Verträge
dies dann aber. Ich selber habe nicht nach einer Versiche-
dazu an, über die ausgezahlten Abschlussprovisionen
rung gefragt.“
unter Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen Erträge
zu realisieren. Der Umstand, dass sie ihren Kunden
Absprachegemäß versuchten die Testpersonen mit ver-
solchermaßen Haftungsrisiken überwälzen, die den
schiedenen Begründungen, die – teilweise bereits unter-
gewünschten Kreditbetrag im Einzelfall deutlich über-
zeichneten – Verträge einzubehalten, was die Außen-
schreiten, wird nicht nur nicht erwähnt, es wird vielmehr
dienstmitarbeiter verweigerten bzw. nicht vollständig
aktiv darüber getäuscht, wenn Verträge als „VWL zur
zuließen. Eine vollständige Auflistung bzw. ein vollständi-
Absicherung“ beworben werden.
ger Einbehalt aller unterzeichneten Papiere war keinem
der Probanden möglich. Eine Probandin, der es gelungen
Hausbesuche setzen Kreditsuchende
unter Druck
war, den Kreditvermittlungsvertrag, einen Dienstleistungsvertrag über die Erstellung eines Haushaltsbogens, eine
Beteiligung an zwei Unternehmen als Durchschlag zu
erhalten, ging davon aus, damit sämtliche abgeschlosse-
Mit sieben Probanden wurde auf Initiative des Kreditver-
nen Verträge widerrufen zu können. Erst durch einen
mittlers ein Hausbesuch vereinbart. Einem Probanden
Anruf der Hausbank, die nachfragte, ob der vorgelegte
wurde dabei telefonisch vorgeschlagen, den Kreditbedarf
Dauerauftrag tatsächlich ausgeführt werden solle, stellte
durch den Kauf einer Immobilie abzudecken. Im Haus-
sie fest, dass zusätzlich noch eine weitere Beteiligung im
besuch, bei dem das Kreditmodell ursprünglich erläutert
Hausbesuch unterzeichnet worden war.
werden sollte, wurde – wohl angesichts der bereits
bestehenden Verbindlichkeiten aus Immobilienkäufen –
Wenn es aber den Testpersonen, die im Zuge der Projekt-
stattdessen die Durchführung eines Insolvenzverfahrens
vorbereitung und nochmals unmittelbar vor dem Besuch
mit Hilfe des Anbieters vorgeschlagen. Ein Hausbesuch
ausführlich auf die Hausbesuchssituation und die zu
wurde durch den Außendienstmitarbeiter nach fünf
erwartenden Abläufe vorbereitet worden waren, nicht
Minuten beendet, möglicherweise im Hinblick auf die
möglich war, einen vollständigen Nachweis oder auch nur
Anwesenheit des Ehemanns der Probandin.
13 Im Folgenden: Alle Zitate entstammen den Protokollen der Testpersonen.
18 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
einen Überblick über die eingegangenen Verpflichtungen
zu erhalten, ist unschwer nachzuvollziehen, dass es „echten“ Kreditinteressenten genauso geht. Dieser Umstand
Finanzsanierungsverträge anstatt Kredit
(Kreditvermittler, die Finanzsanierungsverträge angeboten
haben; in %)
dürfte erklären, warum das Geschäftsmodell „KreditAngebot eines
Finanzsanierungsvertrags
vermittlung im Hausbesuch“ weiterhin betrieben wird.
Die „Leistungen“ der Außendienstmitarbeiter sollten mit
42
bis zu 200 1 bezahlt werden, wobei sich in mindestens
drei Fällen die Mitarbeiter einen Überweisungsträger
unterschreiben ließen. Auf Nachfrage wurde teilweise
erklärt, dieser werde erst bei der Bank eingereicht, wenn
der Kredit genehmigt sei. Tatsächlich wurden die Überweisungen den Banken vorgelegt, ohne dass eine Kredit-
n=50
zusage zustande kam.
Quelle: SCHUFA.
Ein Besuchstermin wurde vorzeitig abgebrochen, ohne
gestellt? Ihre Anfrage wurde in unserem Haus geprüft
dass es zu einer Unterzeichnung von Verträgen kam, als
und für eine Finanzsanierung genehmigt “. Andere
der Proband auf der telefonisch zugesicherten Kostenfrei-
Anbieter schlossen mit Formulierungen wie: „Wir haben
heit bestand: „...wurde der eben noch mühsam ausge-
Ihren Antrag von einem Finanzmakler erhalten.“ oder:
füllte Kreditantrag theatralisch zerrissen, der Mitarbeiter
„Sie hatten bei einem Finanzdienstleister eine entspre-
meinte: ‚Dann kann ich nichts für Sie tun‘. (...) zumindest
chende Anfrage gestellt (...) Das Ergebnis unserer bisheri-
seinen zerrissenen Kreditantrag hat er liegenlassen“.
gen Vermittlungsbemühungen ist die endgültige Zusage
für die Annahme eines Finanzdienstleistungsauftrags.“
Das Vorgehen der Vermittler entspricht den Ergebnissen
ebenfalls an vorangegangene Kreditanfragen an. Sie
der Studie aus 2007 und ist identisch mit Vorgehenswei-
erwecken damit auch gleichzeitig den Eindruck, dass sich
sen unseriöser Anbieter, deren Aktivitäten Mitte und Ende
das folgende Angebot auf einen Kredit bezieht.
der 90er Jahre eine Reihe von (großen) Ermittlungsverfahren und in der Folge teilweise auch Verurteilungen nach
Probanden, die auf der Homepage eines Anbieters einen
sich zogen.
„Online-Kredit-Antrag“ ausgefüllt hatten, erhielten von
dort einen Vermittlungsvertrag mit der eindeutigen Über-
Gerne werden Finanzsanierungsverträge
angeboten
schrift „Auftrags-/Vertragsgegenstand: Auftragserteilung
zur Vermittlung einer Darlehensbeschaffungsmaßnahme“. Angebote eines weiteren Anbieters nahmen
unter Angabe von Internetseite, Datum und Uhrzeit
21 Firmen boten den Testpersonen statt des gewünschten
Bezug auf die Kreditanfragen.
Kredits einen Finanzsanierungsvertrag an, 3 davon wollten den Weg in ein Insolvenzverfahren mit der Vermitt-
Die Bezugnahme auf die Kreditanfragen wurde in den
lung einer gewerblichen Schuldenregulierung eröffnen.
Anschreiben bei der Konkretisierung der jeweiligen Angebote aufgegriffen, in dem i.d.R. für den in den Testanfra-
Insbesondere die Finanzsanierungsangebote waren dabei
gen geäußerten Kreditwunsch eine Lösung angeboten
so gestaltet, dass sie über den tatsächlichen Inhalt des
wurde. Die dort ursprünglich genannte Kreditsumme,
angebotenen Vertrags täuschten, denn die Formulierun-
nun Regulierungssumme, Vertragsvolumen oder Auf-
gen der Werbe- und Angebotsschreiben suggerierten,
tragserteilungsvolumen genannt, sollte, so das Angebot,
dass ein Kredit vermittelt werden könne, auch wenn
mit monatlichen Leistungs-, Tilgungsraten oder Raten in
andere Vermittler oder Banken entsprechende Anträge
einer bestimmten Laufzeit zurückgeführt werden. Sonder-
bereits abgelehnt hätten (Schein-Kreditvermittlung).
tilgungen seien ebenfalls (kostenfrei) möglich.
Ein Anbieter nahm in seinem Werbeschreiben Bezug auf
Die verwendeten Termini und Aussagen ergeben ganz
eine vorangegangene erfolglose Kreditsuche, in dem er
offensichtlich nur im Zusammenhang mit einem Kredit-
mitteilte „Sie haben eine Anfrage wegen einem Kredit
vertrag einen Sinn. Die geltend gemachten Vermittlungs-
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 19
gebühren (durchschnittlich ca. 400 1) würden von den
Gläubigern treffen sollte, schließen die Verträge doch
Kreditsuchenden kaum gezahlt, wäre ihnen die tatsäch-
regelmäßig eine Rechtsdienstleistung durch den Finanz-
liche Leistung der Anbieter bewusst. Eine Vermittlungs-
sanierer aus.
leistung, im Sinne einer Suche nach möglichen Vertragspartnern des Kunden oder einer Auswahl aus verschiede-
Eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Zahlungs-
nen Angeboten, findet tatsächlich nicht statt. Regelmäßig
bedingungen setzt aber zusätzlich natürlich ein entspre-
leiten die Vermittler die Verträge an eine bestimmte Firma
chendes Entgegenkommen des Gläubigers voraus. Eine
weiter, mit der man zusammenarbeitet.
Werbeaussage wie „erhebliche Besserung Ihrer finanziellen Situation aufgrund drastischer Schuldenreduzierung“
Die Anbieter erwecken demnach – von der Werbung bis
erweckt jedoch den Eindruck, auf diese Zustimmung
zum Abschluss der Vergütungsvereinbarung – bewusst
käme es gar nicht an, bzw. sie sei problemlos zu
den falschen Eindruck, einen (Umschuldungs-)Kredit ver-
erlangen.
mitteln zu können. Dabei gehen sie zu Recht davon aus,
dass ein Abschluss nicht zustande käme, würden sie den
Zwei Anbieter nahmen nicht auf die Kreditvermittlung
Kreditsuchenden über den tatsächlichen Vertragsgegen-
Bezug, sondern gestalteten ihre Werbung eindeutig als
stand ins Bild setzen. Angesichts dieser Täuschungshand-
Schuldenregulierungsangebot, so dass ein Irrtum der
lungen tragen die Vermittler solcher Angebote ein relativ
Kreditsuchenden hinsichtlich einer möglichen Kredit-
hohes Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung.
vermittlung nicht aufkommen konnte. Angeboten wurde
hier ausdrücklich eine Schuldenregulierung als außer-
Möglicherweise im Hinblick auf dieses Strafverfolgungs-
gerichtlicher Einigungsversuch im Sinne der Insolvenzord-
risiko finden sich in allen Werbeschreiben Formulierun-
nung und gegebenenfalls Einleitung eines (Verbraucher-)
gen, die die zu erbringende Leistung näher definieren,
Insolvenzverfahrens. Beide Anbieter sind allerdings durch
genauer, die die scheinbaren Kreditversprechen wieder
die zuständigen Anerkennungsbehörden nicht als geeig-
revidieren sollen. So stellen die allgemeinen Vertrags-
nete Stellen nach § 305 Insolvenzordnung anerkannt.
bedingungen eines Anbieters fest, dass die Auftragneh-
Eine solche Anerkennung wäre aber die Voraussetzung
merin keinen Kredit vermittelte und auch selbst keinen
für die rechtliche Beratung und Vertretung von Schuld-
gewährt.
nern im Zusammenhang mit der Verbraucherinsolvenz.
Ein anderer Anbieter führt – in § 1 seiner Allgemeinen
Die Anbieter arbeiten daher mit Rechtsanwälten zusam-
Geschäftsbedingungen – sogar den kompletten Vertrags-
men, um dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsdienstleis-
text des zu vermittelnden Vertrags auf. Der Text, ca.
tung auszuweichen. Die Kunden werden dadurch doppelt
7.000 Zeichen im Umfang, ist, ohne Absätze, in einer
zur Kasse gebeten, da sie die Schuldenregulierungsfirma
Schriftgröße von 1,5 mm in hellgrauem Druck wieder-
und zusätzlich den Rechtsanwalt bezahlen müssen. Die
gegeben.
Kosten dieser Kombination liegen etwa beim Doppelten
bis Dreifachen dessen, was ein selbst gewählter und
Aber selbst wenn man die Angebote von vorneherein
damit nur dem Schuldner als Auftraggeber verpflichteter
nicht als Kreditvermittlungs-, sondern als Schuldenregu-
Anwalt nach den Empfehlungen des deutschen Anwalts-
lierungsangebote verstehen will, sind sie dazu geeignet,
vereins berechnen würde.
die potentiellen Kunden über das Angebot zu täuschen.
Unabhängig von der Frage einer unzulässigen Rechts14
Eine geldwerte Leistung ist den Verträgen der Schulden-
dienstleistung, die gegebenenfalls zur Nichtigkeit der
regulierungsanbieter, die sich im Übrigen nur minimal von
mit den Gläubigern abzuschließenden Regulierungsver-
den Vertragsmustern der Finanzsanierungsangebote
einbarungen führt, erwecken die Angebote den Eindruck,
unterscheiden, kaum zu entnehmen.
die bestehenden Zahlungsverpflichtungen verringern zu
können. Unklar bleibt, wer diese Vereinbarungen mit den
14 Jäger: Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerinteressen im Insolvenzverfahren natürlicher Personen, ZVI 2/2003 , der darauf hinweist, dass Vereinbarungen mit einem Schuldenregulierer, der nicht zur Rechtsberatung
befugt ist, nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot
nichtig sind.
20 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Wirtschaftsberatungsverträge
statt Kredit
Umfang zielgruppengerecht vermarktet. Die von den
Kreditvermittlern gewonnenen Anschriften werden hierbei vermietet, d.h. sie können nur für jeweils eine Werbe-
Ein Anbieter verschickte regelmäßig einen Wirtschafts-
aktion genutzt werden. Die Preise betragen hierbei bis zu
beratungsvertrag, genauer eine „Beratungsvereinbarung
160 1 je Tausend.
Allfinanzberatung“, an die Testpersonen. Der Anfrage
über den Internetauftritt, in dem keine Selbstauskunft
Der Gesamtumfang der Weiterveräußerung von Daten
auszufüllen war, folgte die Übersendung eines als
entzieht sich der Beobachtung. Allerdings finden sich im
„Barkredit-Vermittlungsauftrag“ bezeichneten Selbst-
Internet einige Angebote von Adressvermietern, denen
auskunftsformulars. Unabhängig von den individuellen
Zahlen zu den vorhandenen Adressen zu entnehmen
wirtschaftlichen Verhältnissen erhielten die Probanden
sind. So bietet ein Listbroker die über einen unbekannten
nach dessen Rücksendung die schriftliche Mitteilung:
Vermittler gewonnenen Anschriften von 310.000
„Da die Vorprüfung positiv verlaufen ist haben wir Ihren
„Menschen mit keinem oder nur geringen Einkommen.
Antrag angenommen. Nach erfolgter Unterschrift bemü-
Sie meldeten sich auf eine Zeitungsannonce oder Direkt-
hen wir uns die Kreditauszahlung schnellstmöglich zu
werbung in der mit Kleinkrediten auch ohne SCHUFA-
realisieren“.
Anfrage geworben wurde.“15 Ein weiterer Anbieter
offeriert Listen mit insgesamt rund 658.600 Adress-
Formaler Anlass des Schreibens war die Aufforderung
datensätzen von Kreditsuchenden zweier Kreditvermitt-
mitzuteilen, ob die Kreditauszahlung per Post oder Über-
lungen, die nach einem Strafverfahren gegen die Verant-
weisung erfolgen sollte. In Fettdruck wurden die Proban-
wortlichen aktuell nicht mehr am Markt aktiv sind.
den aufgefordert, die entsprechende schriftliche Erklärung „mit den Unterlagen ausgefüllt und unterschrieben
an uns zurückzusenden“.
Erfolgreiche Kreditvermittlung
ist selten
Die Vereinbarung, in der der Anbieter mit der Beratung
beauftragt wird, war zwar gesondert zu unterzeichnen,
Zwei der Testanfragen führten tatsächlich zum Erfolg,
dennoch erweckten Gestaltung und Ablauf den Eindruck
nämlich der Vermittlung eines Kredits, wenn auch nicht in
der Zugehörigkeit zum Vermittlungsauftrag. Die „All-
der ursprünglich gewünschten Höhe. Die Darlehen wur-
finanzberatung“ wurde als Abonnement mit einer Lauf-
den beide durch eine in Deutschland ansässige Bank aus-
zeit von zunächst zwölf Monaten zum Preis von 150 1,
gereicht, so dass nicht auszuschließen ist, dass der Kredit
gestaltet.
auch bei einer Direktanfrage ohne den Umweg über
einen Kreditvermittler gewährt worden wäre. Eines der
Lukrativer Verkauf von Adressen
Darlehen wurde auf das Konto der Probandin ausgezahlt
(und dann vereinbarungsgemäß widerrufen und zurücküberwiesen). Im zweiten Fall trat die Testperson nach
Kreditsuchende müssen bei der Kreditanfrage, in Abfra-
Erhalt des Vertrags, aber vor Auszahlung, zurück.
geformularen auf der Homepage der Anbieter oder in
den Selbstauskunftsbögen, weitgehende Angaben zu den
Eines der tatsächlich zustande gekommenen Darlehen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen machen.
wurde im Zuge eines Hausbesuchs vermittelt und wies
Diese Daten sind ein wertvolles Handelsgut. Ein Teil der
nicht die vollständigen Vermittlungskosten aus, da der
Anbieter betreibt, gegebenenfalls im Firmenverbund, den
Vermittlungsaufwand für den Hausbesuch nicht im
Handel mit (Adress-)Daten als (zusätzliches) Standbein.
Vertrag aufgeführt wurde.
Dementsprechend findet sich in der Mehrzahl der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Vermittlungsauf-
Das zweite Darlehen wurde zu nachfolgenden Konditio-
träge eine Einverständniserklärung zur Datenweitergabe.
nen vermittelt:
Adresslisten von Kreditsuchenden werden in großem
15 http://www.adressfit.de/datenkarten/Kleinkreditsuchende.php, zuletzt
besucht am 30.04.12.
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 21
Nettokreditbetrag:
Beitrag Restkreditversicherung:
Courtage 6%:
Sollzins 12,20%:
Bruttokredit:
84 Raten in Höhe von
12.000,00 1
Der Seitenbetreiber wird, je nach Ausgestaltung des
3.178,11 1
Partnerprogramms, für weitergeleitete Kreditanfragen,
910,69 1
ausgefüllte Kreditanträge und gegebenenfalls auch für
7.912,94 1
vermittelte Kredite honoriert.18 Einzelne Seitenbetreiber
24.001,74 1
schalten auch eigene Werbung in den diversen Such-
285,73 1
maschinen, deren Kosten sie selbst zu tragen haben.
Effektivzins laut Vertrag:
15,11%
Die Webauftritte sind teilweise so gestaltet, dass sie den
Eindruck erwecken, die Seite würde von einem Kreditver-
Der Testperson wurde seitens der Kreditvermittlung der
mittler betrieben. In der Mehrzahl der Fälle findet sich im
Abschluss der Restkreditversicherung vorgegeben. Eine
Impressum oder über die eingebetteten Anfrageformulare
Möglichkeit, hierauf zu verzichten, bestand nicht. Die
aber der Hinweis19, dass der Seitenbetreiber selbst keine
entsprechende Auswahl der Versicherungsbausteine
Kreditvermittlung betreibt.
(Todesfall-, Arbeitsunfähigkeits- und Arbeitslosigkeitsschutz) war bereits vorgewählt.
Ein Teil der untersuchten Kreditvermittlungsfirmen tritt
allerdings auch selbst als Affiliate auf und verlinkt zu
Nach der § 6 Preisangabenverordnung sind bei der
diversen Angeboten. Als besonders aktiv zeigte sich ein
Berechnung des effektiven Jahreszinses die Kosten einer
Anbieter, der alle anfragenden Probanden mit einer Viel-
Restkreditversicherung einzubeziehen, es sei denn,
zahl von Mails bedachte. Die Firma, die selbst auch als
sie wäre keine Voraussetzung der Kreditvergabe.
Merchand eines Partnerprogramms agiert (und 5 bis 10 1
je Kreditantrag unabhängig von einer Auszahlung ver-
Wird die Restkreditversicherung entsprechend in die
güten will), verlinkte auf:
Berechnung einbezogen, ergibt sich nicht der im Vertrag
ausgewiesene Zins, sondern ein effektiver Jahreszins von
J
das (Giro-)Kontoeröffnungsangebot einer Direktbank,
rund 25,5%16.
J
das Angebot einer Prepaid-Kreditkarte einer Landesbank,
Stark verwobene Anbieterstrukturen
J
den Webauftritt eines anderen Kreditvermittlers,
J
das Angebot „SCHUFA-freier“ Telekommunikationsverträge, Handys und Laptops.
Kreditanfragen im Internet erfolgen zu einem großen Teil
auch in Form des Affiliate-Marketings17, über die Seiten
Andere Anbieter verlinkten im Rahmen des Affiliate-
von Werbepartnern des Anbieters. Diese betreiben ihre
Marketings auf Peer-to-Peer-Kreditportale, Kreditkarten-
Webseiten in eigener Verantwortung und gestalten sie
angebote und Versicherungsvergleichsportale.
vor allem als Auftritte mit (mehr oder weniger umfangreichen) redaktionellen Inhalten, meist bezeichnet als
Blogs, oder als Vergleichsportal. Die entsprechenden
Schwer durchschaubare Netzwerke
Angebote sind auf den Seiten der Affiliates in Form von
Werbebannern oder auch als Kreditanfrageformular
Ein Partnerprogramm mit einer Vielzahl von Werbepart-
eingebunden, die dann zur Seite des Kreditvermittlers
nern wird mit Sitz in der Schweiz betrieben. Nach dem
(Merchands) führen.
Inhalt des Handelsregisters ist der Gegenstand des Unternehmens allerdings nicht die Kreditvermittlung, sondern
„Dienstleistungen auf dem Gebiet der Werbung, Marke-
16 Zum Vergleich: Der durchschnittliche Effektivzins für Konsumentenkredite
mit einer anfänglichen Zinsbindung über fünf Jahre lag im Neukundengeschäft in Deutschland, ausweislich der Statistik der Deutschen Bundesbank
(http://www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open
=&func=row&tr=SUD115), im Januar 2012 (der Zinssatz für März war bei
Redaktionsschluss noch nicht veröffentlicht, der für Februar nur vorläufig
angegeben) bei 8,2%.
Unter Berücksichtigung der Restkreditversicherung liegt der Vertragszins bei
etwas mehr als dem Dreifachen dieses Zinssatzes. Die Rechtsprechung zum
Verbraucherkredit geht bei einer Überschreitung des marktüblichen Zinses
um mehr als 100% von der Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags aus.
17 Im Internet weitverbreiteter Vertriebsweg, bei dem ein Anbieter (Merchand)
seinen Vertriebspartnern (Affiliates) die Weiterleitung von Kunden, nach
verschiedenen Vergütungsmodellen, honoriert. Klickt der potentielle Kunde
einen entsprechenden Link auf der Homepage des Affiliates an, wird mit der
Weiterleitung ein Abrechnungscode übergeben, so dass die Vermittlung
dem Werbepartner zugeordnet werden kann.
ting und Medien“. Gegenüber Kreditsuchenden tritt das
Unternehmen aber als Kreditvermittler auf.
18 Die Vergütung beträgt je nach Qualität der Daten und Anbieter 4 bis 10 1 je
Adresse bzw. zurückgesandtem Kreditantrag. Im Falle einer Kreditvermittlung wird oftmals eine zusätzliche Provision von ca. 1% gezahlt.
19 Dies geschieht teilweise auch indirekt, indem auf die Maklererlaubnis des
eigentlichen Kreditvermittlers oder auf dessen inhaltliche Verantwortung
für Kreditanfrageformulare verwiesen wird.
22 Kreative Praktiken unseriöser Anbieter
Die weitere Bearbeitung fand dann – zumindest bei
Zahlungswahrscheinlichkeit ausgehen, als dies bei
Kreditsuchenden, deren Selbstauskunft (etwa wegen
Mahnungen des Kreditvermittlers der Fall wäre. Bei den
Arbeitslosigkeit) eine Kreditvergabe nicht von vorneherein
Testpersonen wurde die Einschaltung von Inkasso-
ausschloss – nicht mehr durch das Unternehmen selbst
unternehmen im Vorfeld auch unmissverständlich ange-
statt, sondern erfolgte durch eine Finanzvermittlungs-
droht:
gesellschaft. Der Wechsel war allerdings für die Kreditsuchenden kaum zu erkennen, da beide Firmen in ihrer
„Des weiteren wird bei Nichtzahlung unverzüglich
Außendarstellung eine einheitlich Bezeichnung verwen-
eine Inkassofirma beauftragt. Dieses würde erhöhte
den. Das Vorgehen erweckt dabei den Eindruck, dass die
Kosten, unnütze SCHUFA-Einträge, evtl. Einträge in
ursprünglich angefragte Unternehmung eine Sammel-
Schuldnerverzeichnisse und der evtl. Verlust der
und Filterfunktion übernimmt. Mit hoher Wahrscheinlich-
Kreditwürdigkeit bedeuten. Des weiteren würden
keit werden die Adressen von Kreditsuchenden auch in
wir ohne weitere Ankündigung eine Lohnpfändung,
der Vermittlungsbranche weitervermarktet, wobei sich
bei Arbeitslosigkeit eine Pfändung der Bezüge oder
der Verlauf der Weiterleitung nicht zweifelsfrei nachver-
ein [sic!] Pfändung der Rente einleiten.“
folgen ließ.
Ein anderer Anbieter droht mit Formulierungen, aus
Mit einer Vielzahl von Internetseiten wirbt eine Firmen-
denen sich unschwer die Information des sozialen
gruppe aus Ahlen für „SCHUFA-freie“ Kredite. Besonde-
Umfelds über die Nichtzahlung interpretieren lässt:
ren Wert legt die Firmengruppe dabei darauf, die werbenden Firmen der Gruppe als seriöse Unternehmen
„An dieser Stelle möchten wir Sie darauf aufmerksam
darzustellen. Mit einer Vielzahl von Internetseiten, die
machen, dass unser spezialisiertes Inkassounterneh-
teilweise den Eindruck erwecken sollen, von Verbraucher-
men mit inkassobeauftragten Außendienstmitarbei-
organisationen betrieben zu werden, bestätigen sich die
tern bei Ihnen persönlich vor Ort arbeitet. Es kann
Firmen ihre Seriosität. Die Vielzahl entsprechender
also auch sein, dass man in Ihrem Umfeld recherchie-
Internetseiten verdrängt zusätzlich kritische Erfahrungs-
ren muss um heraus zu finden, wann man Sie am
berichte von Kreditsuchenden in den jeweiligen Such-
besten antreffen und besuchen kann. Möchten Sie
maschinen.
z.B. beim Verlassen Ihrer Wohnung, wegen offener
Forderungen angesprochen werden?“
Im Zuge der Testanfragen wurden drei dieser Firmen kontaktiert. Beantwortet wurden die Anfragen jeweils durch
Tatsächlich beauftragten bis zum Redaktionsschluss zwei
ein einziges Unternehmen, das sich zunächst bemühte,
Anbieter Inkassounternehmen mit der Beitreibung der
den Kreditsuchenden Versicherungen und Genossen-
Forderung. Auffällig war dabei die lange Dauer zwischen
schaftsbeteiligungen zu verkaufen. Im weiteren Verlauf
der letzten Mahnung der Anbieter und dem ersten
wurde den Probanden dann ein Finanzsanierungsvertrag
Schreiben der Inkassounternehmen. Diese mag mögli-
angeboten. Nach Zahlung der Vermittlungsgebühren per
cherweise Verwaltungsabläufen geschuldet sein, mög-
Nachnahme wurde ein Finanzsanierungsvertrag mit
licherweise setzen die Anbieter aber auch darauf, dass
einem weiteren Unternehmen dieser Firmengruppe aus-
Unterlagen über die erfolglose „Kreditvermittlung“ nicht
gehändigt.
mehr vorhanden sind und die Kreditsuchenden deshalb
auf Gegenwehr verzichten.
Drohkulisse Inkasso
Die eingeschalteten Inkassounternehmen zeichnen sich
durch eine auffällige Nähe zur Kreditvermittlungsbranche
Vergütungs- und Auslagenforderungen von Kredit-
aus. Gesellschafter beider Unternehmen sind auch an
vermittlern werden teilweise durch Inkassounternehmen
Kreditvermittlungs- bzw. Schuldenregulierungsfirmen
beigetrieben. In einigen Fällen bestehen personelle oder
beteiligt, so dass die Geschäftspraktiken der Branche
finanzielle Verknüpfungen zwischen Kreditvermittlung
wohl als bekannt vorausgesetzt werden können.
und Inkassofirma. Aufgabe der Inkassounternehmen ist
es, die (Auslagen-)Forderungen des Kreditvermittlungs-
Nach den Erfahrungen aus der Schuldnerberatung schal-
unternehmens zu realisieren, wobei die Anbieter von
ten die Kreditvermittler Inkassounternehmen ein. Man
einem höheren Drohpotential und damit einer größeren
scheint sich dabei in erster Linie auf das Drohpotential
Kreative Praktiken unseriöser Anbieter 23
der Unternehmen zu stützen, deren rechtliche Position
Die Problematik, dass in großem Umfang versucht wird,
und Möglichkeiten von vielen Verbrauchern falsch einge-
unzulässige Nebenentgelte zu kassieren, ist unverändert
schätzt werden.
geblieben. Nach wie vor geben sich unseriöse Anbieter
die größte Mühe, die Anfragenden über ihre tatsäch-
Die Anbieter bemühen sich die (unberechtigten) Forderun-
lichen Vermittlungschancen zu täuschen. Sie erwecken
gen außergerichtlich beizutreiben, aber nur einige wenige
mit Formulierungen wie „Antragsannahmen“, „positiven
versuchen dann auch mit Hilfe eines gerichtlichen Mahn-
Vorprüfungen“ und ähnlichem den Eindruck einer dem-
20
verfahrens die Forderung zu titulieren . In diesem verein-
nächst erfolgenden Kreditauszahlung, um die Kreditsu-
fachten, automatisierten Verfahren findet keine gericht-
chenden zum Abschluss diverser Verträge zu verleiten.
liche Überprüfung des behaupteten Anspruches statt,
Hierin besteht das Kerngeschäft der Branche, eine tat-
soweit der in Anspruch Genommene (hier: der Kreditsu-
sächliche Kreditvermittlung aber stellt den Ausnahmefall
chende) kein Rechtsmittel einlegt. Erst wenn ein Wider-
dar.
spruch geltend gemacht wird, müsste der Kreditvermittler
seinen Anspruch in einem Zivilprozess begründen und
beweisen.
In aller Regel sind die Kreditvermittlungsfirmen aber an
einem solchen streitigen Verfahren und damit auch der
richterlichen Prüfung und Bewertung ihrer Geschäftspraktiken nicht interessiert und verzichten auf die Einreichung
einer Klage, wenn der Kunde Rechtsmittel eingelegt hat.
Gegen Kreditsuchende, die sich – aus welchen Gründen
auch immer – nicht wehren, wird der Anspruch aber
tituliert. Damit kann dann versucht werden, über die
Gerichtsvollzieher letztlich unberechtigte Forderungen zu
realisieren.
Fazit
Die Chancen, bei schlechter Bonität oder Überschuldung
einen „SCHUFA-freien“ Kredit tatsächlich zu erhalten,
ist verschwindend gering: Bei 177 Testkontakten mit
verschiedenen Anbietern wäre es nur in zwei Fällen tatsächlich zu einer Kreditgewährung gekommen.
Die Praktiken der Anbieter haben sich dabei gegenüber
der Vorläuferstudie aus dem Jahr 2007 geringfügig
gewandelt: Eine größere Rolle spielt die verdeckte
Adressweitergabe. Sie ist klar festzustellen, aber der Weg
der Adressweitergabe lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren. Auffällig ist der deutlich größere Anteil an Firmen,
die Finanzsanierungsangebote unterbreiten oder den Eindruck erwecken, dem Kunden in Bezug auf ein Insolvenzverfahren helfen zu können und zu dürfen.
20 Bis Redaktionsschluss traf bei keiner der Testpersonen ein Mahnbescheid ein.
Aus der Praxis der Schuldnerberatung sind nur einige wenige Kreditvermittlungen bekannt, die versuchen, ihre Ansprüche im gerichtlichen Verfahren
zu realisieren.
24 Rechtsgutachten
Rechtsgutachten
von Prof. Dr. jur. Hugo Grote unter der Mitarbeit von Ass jur. Pamela Wellmann
Wie die Untersuchung zeigt, ist es eher selten, dass es
Im Einzelnen besteht allerdings Streit darüber, welche
nach einer Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten auch
Kosten (Vermittlungsprovisionen, Restschuldversicherung)
tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt. In jedem
in die vergleichsrelevanten Kreditkosten einzurechnen
Fall zahlt der Kunde einen hohen Preis. Im Folgenden
sind. Die Restschuldversicherung ist nach § 6 Abs. 3
sollen die verschiedenen Methoden rechtlich bewertet
PAngVO jedenfalls dann in die Effektivzinsberechnung
werden, wobei mit der zivilrechtlichen Wertung begon-
einzubeziehen, wenn der Abschluss zur Bedingung für
nen wird und später die strafrechtliche, ordnungsrecht-
die Kreditvergabe gemacht wird. Ist das der Fall, hat das
liche und wettbewerbsrechtliche Seite betrachtet
zur Folge, dass auch der Anspruch auf die Provision des
werden.
Vermittlers entfällt. In der Studie wurde tatsächlich ein
Kreditvertrag zur Unterschrift verschickt, der eindeutig als
1 Zivilrechtliche Einschätzung
der Methoden
sittenwidrig anzusehen war.1
Da somit bei der Gestaltung der vertraglichen Kreditkosten relativ wenig Spielraum ist, um ein höheres Risiko
Bei der erfolgreichen Vermittlung eines Kleinkredits
durch höhere Kreditkosten aufzufangen, kompensieren
trotz Überschuldung durch meist Schweizer Kredit-
die genannten Institute das hohe Risiko durch relativ
institute ergeben sich verschiedene zivilrechtliche Frage-
hohe Verzugskosten. Die Kredite werden – was ange-
stellungen. Zum einen drängt sich die Frage der Sitten-
sichts der prekären finanziellen Lage der Kreditnehmer
widrigkeit der Kredite nach § 138 BGB auf, da diese
nicht überraschend ist – regelmäßig nicht vertragsgemäß
Kreditinstitute natürlich versuchen, ihr gestiegenes Risiko
zurückgeführt. Die Verzugskosten, die den Kreditneh-
durch höhere Kreditkosten auszugleichen. Diese Möglich-
mern nach der Kreditkündigung in Rechnung gestellt
keit ist aber durch eine gefestigte Rechtsprechung
werden, sind zum Teil exorbitant hoch. So werden von
begrenzt.
teilweise mehreren (mit den Kreditinstituten verbandelten) sukzessive eingeschalteten Inkassobüros für einfache
Der Bundesgerichtshof hat seit dem Ende der 1970er
Briefe 20 1 verlangt, für die Offenlegung einer Abtretung
Jahre zu der Frage eine recht spezifische Judikatur entwi-
100 1, für andere Inkassokosten ebenfalls erhebliche
ckelt, die eine Sittenwidrigkeit regelmäßig dann annimmt,
Beträge. Die Verzugskosten sind dem Grunde nach durch
wenn die Kreditkosten des Vertrages mehr als 100% über
§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB begründet. Allerdings
den marktüblichen Konditionen liegen. Da die Folgen
muss sich der Umfang des Ersatzanspruchs an der Scha-
eines sittenwidrigen Kredites (Nichtigkeit des Vertrages,
densminderungspflicht des § 254 BGB messen lassen.
Zinslosigkeit des Darlehens und Rückzahlungspflicht der
Dies bedeutet, dass der Gläubiger von gleichwirksamen
Valuta in Raten) relativ harsch sind, schenken die kredit-
Maßnahmen nur die Preisgünstigste zur Forderungsein-
gebenden Institute dieser Grenze viel Aufmerksamkeit.
treibung verwenden und seine eigenen Bemühungen
nicht in Rechnung stellen darf.2
1 Nettokreditbetrag 12.000 1, Restschuldversicherung zwingend (vorgegeben
im Vertrag) 3.178,11 1, (mitfinanziert) Bearbeitungsgebühr 910,69 1, Zinsen
7.912,41 1 = brutto 24.001,21 1, 84 Monate Laufzeit. Das entspricht einem
effektiven Jahreszins von 25,57%, vergleichbarer Zins für Ratenkredit nach
der Statistik der Deutschen Bundesbank im Februar 2012: 8,12% (http://
www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=&func
=row&tr=SUD115) Das bedeutet in etwa eine Überschreitung des marktüblichen Zinses um das Doppelte.
2 Vgl. hierzu den Ratgeber Inkassokosten der Verbraucherzentrale NRW,
1. Aufl. 2005, S. 54, 57.
Rechtsgutachten 25
Die Verzugskosten sind daher regelmäßig überhöht und
rechtlich angreifbar. Zu rechtlichen Auseinandersetzungen
1.1 Die Vereinnahmung von Provisionen
und Bearbeitungsgebühren
über die berechtigte Höhe der Verzugskosten kommt es
allerdings nur selten. In vielen Fällen werden sie mit der
In ca. 98% der Fälle kommt es allerdings nicht zu einer
Kreditforderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch
Vermittlung eines Kredites, dennoch werden meist per
Vollstreckungsbescheide tituliert, so dass sie danach
Vorkasse, Rechnungsstellung oder durch die erzwungene
wegen der entstanden Rechtskraft kaum noch angreifbar
Ausstellung von Überweisungsträgern3 Bearbeitungsge-
sind.
bühren oder Provisionen vom Kreditsuchenden gefordert
und kassiert. Das Fordern einer Provision für einen nicht
Durch hohe Zinsen und erhebliche Kosten im Verzugsfall
vermittelten Kredit kollidiert allerdings mit den Vorschrif-
können das Risiko der kreditgebenden Institute offenbar
ten des früheren Verbraucherkreditgesetzes, die mit der
kompensiert und darüber hinaus in diesem schwierigen
Schuldrechtsreform weitgehend inhaltsgleich ins BGB (§
Sektor ein Gewinn für die kreditgebenden Unternehmen
655a ff. BGB) übernommen wurden. Voraussetzung für
erzielt werden.
die Anwendbarkeit der Normen ist dabei zunächst, dass
auf der einen Seite ein Verbraucher und auf der anderen
Eine beliebte Praxis der Vermittler ist es, sich vom Kunden
Seite ein Unternehmer beteiligt sind. Dies trifft in den
Blankounterschriften auf dem Selbstauskunftsformular
allermeisten Fällen der hier beschriebenen Problematik
geben zu lassen. Diese werden dann – auch aufgrund des
zu.4 Die §§ 655a ff. BGB enthalten zahlreiche Einschrän-
Provisionsinteresses der Vermittler – nur unvollständig
kungen für die Tätigkeit des Darlehensvermittlers. Neben
oder falsch ausgefüllt. Im Nachhinein ist natürlich nur
Formvorschriften ist in § 655c BGB normiert, dass ein
schwer feststellbar, ob dies im Zusammenwirken mit dem
Verbraucher nur zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet
Kunden geschah (der natürlich auch ein Interesse an der
ist, wenn das Darlehen tatsächlich erfolgreich vermittelt
Kreditvermittlung hat) oder allein auf der Initiative des
wurde. In § 655d BGB ist festgehalten, dass der Darle-
Kreditvermittlers beruhte. In beiden Fällen wird der
hensvermittler neben der nur im Erfolgsfall fälligen Provi-
Schuldner später massiv von dem Kreditgeber unter
sion keine weiteren Entgelte vereinnahmen darf. Diese
Druck gesetzt. Ihm wird Eingehungsbetrug vorgeworfen
Regelung ist klar und eindeutig und durch das Umge-
und mit Strafanzeige gedroht. In einem späteren Insol-
hungsverbot in § 655e BGB zusätzlich geschützt. Ohne
venzverfahren wird versucht, dem Schuldner die Rest-
eine erfolgreiche Vermittlung eines Darlehens5 sind weder
schuldbefreiung zu verbauen, indem Versagungsanträge
eine Provision noch eine Bearbeitungsgebühr geschuldet.
nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestellt werden oder die
Das Verbot des § 655a Satz 1 BGB erfasst dabei auch den
Forderung im Sinne des § 302 InsO als ausgenommene
Fall, dass der vermittelnde Unternehmer das Entgelt von
Forderung angemeldet wird. Dabei stellt sich natürlich die
einem Dritten erhält. Eine Ausnahme gibt es nur im §
Frage, inwieweit man jemanden über seine Kreditwürdig-
655d BGB für die Erstattung von Auslagen.
keit täuschen kann, der mit Krediten ohne Bonitätsprüfung wirbt, die Kreditunwürdigen also die Zielgruppe
sind. Die Instanzgerichte haben die Fälle der Blankounter-
1.2 Die Erstattung von Auslagen
schrift unterschiedlich beurteilt, der Bundesgerichtshof
hat in einer Entscheidung, bei der es um einen Versa-
Eine Einschränkung dieses Provisionsverbots ohne erfolg-
gungsantrag nach § 290 Abs. 1 InsO wegen einer Blanko-
reiche Vermittlung enthält allerdings Satz 2 des § 655d
unterschrift ging, nicht formal auf die Unterschrift des
BGB, der es dem Vermittler erlaubt, nach entsprechender
Antragstellers abgestellt. Für die Versagung der Rest-
(schriftlicher) Vereinbarung tatsächlich entstandene,
schuldbefreiung wegen grober Fahrlässigkeit müsse fest-
erforderliche Auslagen in Rechnung zu stellen. § 655d
gestellt werden, dass der Antragsteller die falschen oder
unvollständigen Angaben zumindest grob fahrlässig mit
verursacht habe.
3 Manche Vermittler lassen sich bei einem Hausbesuch einen (oder auch
mehrere) Überweisungsträger vom Klienten unterschreiben, den sie dann
bei dessen Bank einreichen. Wenn die Überweisung ausgeführt ist, hat der
Klient keine Möglichkeit mehr, die Transaktion rückgängig zu machen.
4 Dies ist natürlich nicht zwingend. Wenn sich z.B. ein Kleinunternehmer um
einen „SCHUFA-freien“ Kredit bemüht, finden die Vorschriften des Verbraucherschutzes keine Anwendung, und die rechtliche Bewertung ist nach den
allgemeinen Vorschriften vorzunehmen.
5 Erfolgreich ist die Vermittlung in diesem Sinne erst, wenn die Valuta ausgezahlt wurden und der Darlehensvertrag nicht vom Verbraucher widerrufen
wurde.
26 Rechtsgutachten
BGB übernimmt insofern inhaltsgleich die Regelung des
verlangen. Dadurch verbietet es sich dem Vermittler,
§ 17 VerbrKrG, bei dessen Kodifikation im Jahre 1990 die
allgemeine Betriebs- und Gemeinkosten auf den Verbrau-
Beschränkung des Provisionsverlangens des Darlehensver-
cher umzulegen. Unter diese allgemeinen Betriebskosten
mittlers festgelegt wurde. Der Gesetzgeber hatte sich
fallen nach der Rechtsprechung auch die Arbeitsstunden
gescheut, die Möglichkeit der Vereinbarung einer Ausla-
des Außendienstmitarbeiters. Ebenso wenig ersatzfähig
generstattung ganz auszuschließen. Andererseits war es
sind Telefongrundgebühren, allgemeine Auskunftsgebüh-
ihm wichtig, einen Missbrauch auch der Auslagenerstat-
ren, Bearbeitungs- und Schreibgebühren, da diese eben-
tung zu verhindern. Die Begrenzung der erstattungsfähi-
falls als Gemeinkosten anzusehen sind.
gen Nebenentgelte sollte der schon damals verbreiteten
Praxis entgegenwirken, dass die Vermittler „....nicht ver-
Auslagen, die zunächst der Anbahnung des Kreditvermitt-
mittlungsfähige Kreditwünsche entgegennehmen und
lungsvertrages dienen, können dem Kunden nicht in
sich von vornherein auf die Erhebung von Nebenentgel-
Rechnung gestellt werden. So ist insbesondere der Ansatz
ten, wie z.B. Bearbeitungspauschalen und Schreibgebüh-
von Fahrtkosten für den Abschluss des Darlehensvermitt-
ren beschränken.“ Trotz der klaren Zielrichtung des
lungsvertrages unzulässig. Dies gilt nach der Auffassung
Gesetzgebers zeigen die Erfahrungen sowohl der Studie
des OLG Karlsruhe nicht nur für die Fahrtkosten des Ver-
von 2007 als auch der Studie von 2012, dass dieses Ziel
mittlers für den ersten, vertragsanbahnenden Kundenbe-
bislang offenbar verfehlt wurde. Und trotz der vermeint-
such, sondern auch für etwaige anschließende Fahrtkos-
lich klaren Rechtslage standen in der Praxis vor den Ins-
ten im Rahmen der Abwicklung des Vermittlungsvertra-
tanzgerichten immer wieder Fälle zur Entscheidung an,
ges. Dies erscheint jedenfalls insoweit konsequent, als es
in denen um die Zulässigkeit der Auslagenerstattungen
regelmäßig auch an der Erforderlichkeit solcher Fahrt-
gestritten wurde. Mittlerweile ist durch die Rechtspre-
kosten fehlen wird. Denn erstattungsfähig sind nach dem
chung insbesondere der Oberlandesgerichte und durch
Wortlaut des § 655d BGB nur die erforderlichen Aus-
die Literatur der legale Anwendungsbereich der Ausla-
lagen. Die Beweislast für die Erforderlichkeit liegt dabei
generstattung auf praktisch kaum noch bedeutsame
beim Vermittler.
Sachverhalte reduziert worden. Auch aus diesen Gründen
sind die Vermittler offenbar davon abgerückt, ihre ver-
In der Praxis wird immer wieder versucht, den Schuldnern
meintlichen Provisionsansprüche gerichtlich durchzu-
Pauschalen für generell erstattungsfähige Auslagen wie
setzen.
Porti oder Telefonkosten in Rechnung zu stellen. Auch
solche Pauschalierungen sind aber nach herrschender
Der Vermittler muss, wenn er die Erstattung von Aus-
Meinung im Rahmen des § 655d BGB unzulässig. Eine
lagen begehrt, zunächst nachweisen, dass diese Aus-
Pauschalierung ist auch dann unzulässig, wenn diese sich
lagenerstattung (als Teil des Darlehensvermittlungsver-
als Festbetrag am wirklichen Aufwand orientiert. Nach
trages) mit dem Kreditsuchenden schriftlich vereinbart
der Rechtsprechung soll es dagegen zulässig sein, einen
wurde. Ohne die Einhaltung der Schriftform ist die Erstat-
Höchstbetrag für die Auslagenerstattung („höchstens
tungsabrede unwirksam und begründet keine Verpflich-
64,50 1“) zu vereinbaren. Die Festlegung eines solchen
tung. In der Literatur wird es für zulässig gehalten, die
Höchstbetrages entbindet den Vermittler allerdings nicht
Verpflichtung zur Erstattung der im Sinne von § 655d
von der Verpflichtung, die Auslagen bis zu diesem
Satz 2 BGB getätigten und konkret nachzuweisenden
Höchstbetrag im Einzelnen nach den bereits aufgezeigten
Auslagen in den AGB des Vermittlers zu vereinbaren.
Kriterien abzurechnen und nachzuweisen. In der Praxis
Allerdings wird auch insoweit verlangt, dass unter dem
werden allerdings immer wieder diese Höchstbeträge
Gesichtspunkt des AGB-rechtlichen Transparenzgebotes
unberechtigterweise als Pauschalen ohne weiteren Nach-
strenge Anforderungen an die Ausgestaltung und Platzie-
weis in Rechnung gestellt und auch vom Kreditsuchenden
rung der Klausel zu stellen sind. Dabei reicht es nicht aus,
bezahlt. Insofern erscheint fraglich, ob die Vereinbarung
dass generell eine Auslagenerstattung vereinbart wird.
solcher Höchstgrenzen in den Vertragsbedingungen der
Vielmehr müssen alle erstattungsfähigen Auslagen im
Vermittler nicht doch als irreführend anzusehen ist.
Einzelnen aufgeführt und später bei der Abrechnung
nachgewiesen werden.
Auch der Versuch der Vermittler, den ausgeprägten
Verbraucherschutz der §§ 655a ff. BGB dadurch zu
Der Begriff der Auslagenerstattung erlaubt es nur bei
umgehen, dass man sich von Kreditsuchenden ein
Ex-post-Betrachtung, objektiv erforderliche Auslagen zu
„Anerkenntnis“ der (unzulässigen) Vergütungsforderun-
Rechtsgutachten 27
gen unterschreiben lässt, wurde von der Rechtsprechung
im Wege von Verbandsklageverfahren nach § 8 UWG
zurückgewiesen. Ein solches Anerkenntnis ist eine offen-
oder 3 UKlaG.
sichtliche Form eines Umgehungsversuchs, der nach
§ 655e Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Auch ein ein-
In den Fällen, in denen sich der Kreditsuchende rechtlich
seitiger „Verzicht“ auf die verbraucherschützenden
zur Wehr setzt, sind die Erfolgsaussichten gut, da die
Normen des § 655a ff. BGB ist nicht möglich.
(Vor-)Leistungen regelmäßig rechtsgrundlos geleistet wurden und somit ein Erstattungsanspruch nach § 812 Abs.
Im Bereich des Hauptanwendungsfalles der Norm, beim
1 BGB besteht. Nicht selten werden überzogene Auslagen
Konsumentenkredit, bei dem es regelmäßig nicht um
und Ansprüche der Vermittler im Wege des gerichtlichen
Auslagen z.B. für die Erstellung eines Sachverständigen-
Mahnverfahrens beigetrieben und durch Vollstreckungs-
gutachtens zur Bewertung einer Immobilie geht, bleibt
bescheid tituliert. Die Möglichkeiten, gegen diese titulier-
damit kein sinnhafter Anwendungsbereich für die Erlaub-
ten Forderungen vorzugehen, sind dann begrenzt.
nis der Auslagenerstattung nach § 655d Satz 2 BGB.
Denn erstattungsfähig wären in der Regel lediglich nach
Außerdem versuchen viele Vermittler, ihre unberechtigten
Vertragsabschluss entstandene Auslagen für Telefonge-
Forderungen durch Schuldanerkenntnisse zu sichern.
spräche, Porti und Auskunftskosten, soweit diese schrift-
In dem vom AG Hameln7 entschiedenen Fall hatte der
lich vereinbart wurden, erforderlich waren und im Einzel-
Vermittler für einen Hausbesuch Fahrtkosten in Höhe von
fall nachgewiesen wurden. Angesichts der Tatsache, dass
210,321 (956 x 0,221) geltend gemacht. Die Forderung
diese Auslagen regelmäßig gering sein dürften, steht der
hatte er sich durch ein Anerkenntnis des Schuldners
(nicht erstattungsfähige) Abrechnungsaufwand hierzu in
bestätigen lassen. Das AG Hameln sah hier eine Umge-
keiner sinnvollen wirtschaftlichen Relation, so dass es
hung der verbraucherschützenden Vorschriften gem.
nicht verwundert, dass solche (legalen) Abrechnungen in
§ 655e BGB und die Möglichkeit, auch das Anerkenntnis
der Praxis des Konsumentenkredits bislang ausgeblieben
des Schuldners gem. §§ 812 Abs. 2, 821 BGB
sind. Auf den ersten Blick erstaunlich ist daher, dass trotz
zu kondizieren.
der klaren und durch instanzrechtliche Rechtsprechung
unterstützten Rechtslage in der Praxis immer noch unzulässige Auslagen verlangt und von den Kreditsuchenden
gezahlt werden. Offensichtlich kann eine ganze Branche
1.3 Die Vermittlung von Bausparverträgen
und Versicherungen
davon leben, sanktionslos unzulässige Gebühren zu vereinnahmen.
Von Vermittlern wird insbesondere anlässlich von Hausbesuchen häufig behauptet, dass für die Vermittlung
Ein Grund dafür ist sicher, dass es aufgrund der relativ
eines Kredites der Abschluss zusätzlicher Verträge not-
geringen Streitwerte nur selten zu gerichtlichen Rückfor-
wendig sei oder die Aussicht auf einen Kredit verbessere.
derungen oder auch anwaltlich unterstützten Abwehr-
Vom Kunden wird verlangt, dass er entweder Bausparver-
maßnamen der Kreditsuchenden kommt. Es muss wohl
träge oder Unfall- oder auch Kapitallebensversicherungen
zur Kenntnis genommen werden, dass gerade die von
abschließt. Es wird ihm suggeriert, dass nach Abschluss
den Vermittlern angesprochene Klientel nur über einge-
dieser Verträge der Kreditauszahlung nichts mehr im
schränkte Rechtsschutzmöglichkeiten verfügt und regel-
Wege stünde. Diese Vermittlung ist aus verschiedenen
mäßig weder die Zuversicht noch die wirtschaftliche
Gesichtspunkten rechtlich angreifbar.
Möglichkeit hat, kostenpflichtige Prozesse zu führen.6
So dürfte es nur in einem verschwindenden Teil der Fälle
Solche Vertragsabschlüsse können zunächst gem. § 123
zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen
BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar sein. Dies
Kreditsuchendem und Vermittler kommen. Viele der
gilt jedenfalls dann, wenn der Kreditvermittler behauptet,
bekannten Urteile, insbesondere der Oberlandesgerichte,
dass der Abschluss dieser Verträge notwendig sei, um ein
entstanden durch die Initiative der Verbraucherverbände
Darlehen zu erhalten. Eine solche Koppelung wäre einerseits unzulässig, andererseits macht sie keinen wirtschaftlichen Sinn, da z.B. ein neu abgeschlossener Bausparver-
6 Dass ein Schuldner einen engagierten Rechtsanwalt findet, der bei einem
Gegenstandswert von unter 300 1 bereit ist, auf der Grundlage von Beratungs- und Prozesskostenhilfe einen Rückforderungsprozess zu führen, kann
als unwahrscheinlich angesehen werden.
7 Urteil vom 17.12.2007, AZ 23 C 278/07.
28 Rechtsgutachten
trag keine belastbare Kreditsicherheit darstellt. Vielmehr
Eine dahingehende Beratung wird man jedenfalls als
ist es äußerst widersprüchlich, einem sich in einer finanzi-
klaren Verstoß gegen die vertraglichen Nebenpflichten
ellen Notlage befindlichen Kreditsuchenden (und diese
nach § 241 Abs. 2 BGB werten können.
Zielgruppe wird ja gezielt mit der Werbung angesprochen) einen Sparvertrag oder einen Vertrag mit weiteren
Losgelöst von der Vermittlung der Zusatzverträge, kann
finanziellen Verpflichtungen zu vermitteln. Der Kreditsu-
eine Aufklärungspflicht des Kreditvermittlers auch bezüg-
chende wird diese Abschlüsse auch nur dann tätigen,
lich der fehlenden Erfolgsaussicht seiner Vermittlungs-
wenn sie zur Bedingung für eine Kreditgewährung
bemühungen bestehen. So ist er z.B. verpflichtet, gege-
gemacht werden. Allerdings obliegt dem Verbraucher die
benenfalls darauf hinzuweisen, dass ihm noch nie eine
Darlegungslast dafür, dass der Vermittler eine entspre-
Kreditvermittlung gelungen sei, sondern die Klienten
chende Aussage getätigt hat, da diese in der Regel nicht
letztendlich immer wieder vertröstet wurden. Derart auf-
schriftlich vorliegt. Dies führt in der Praxis zu großen
geklärte Kreditsuchende würden natürlich keine Voraus-
Schwierigkeiten. Die Folge des Verstoßes gegen § 123
zahlungen leisten und von jeglichen Vertragsabschlüssen
BGB ist die Möglichkeit der Anfechtung der Erklärungen,
absehen. Eine solche Aufklärungspflicht kann auch nicht
was gem. § 142 BGB die Nichtigkeit der Verträge zur
erst dann angenommen werden, wenn in der Vergangen-
Folge hat. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb
heit überhaupt keine Kredite vermittelt worden sind,
eines Jahres erfolgen, nachdem der Kreditsuchende von
sondern auch schon dann, wenn die Erfolgsquote sehr
der Täuschung Kenntnis erlangt hat.
gering war oder die Kreditvermittlung aus anderen
Gründen unwahrscheinlich ist.
Die gleiche Behauptung und die Beratung durch den
Kreditvermittler dahingehend, dass der Kreditsuchende
Ein Anspruch von Schadensersatz bzw. auf Befreiung von
in der finanziell angespannten Situation zusätzliche finan-
den vertraglichen Verpflichtungen richtet sich nicht nur
zielle Belastungen durch Versicherungs- und Bausparver-
gegen den Vermittler, sondern gemäß § 278 BGB auch
träge übernehmen müsse, sind natürlich auch aus dem
gegen die Unternehmen (also die Versicherung oder Bau-
Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung relevant.
sparkasse), die sich das Verschulden ihres Erfüllungsgehil-
Unabhängig davon, ob der Kreditvermittlungsvertrag
fen wie eigenes Verschulden zurechnen lassen müssen.
schon zustande gekommen ist, ergeben sich bereits im
Dies bezieht sich insbesondere auch auf die Verletzung
Anbahnungsverhältnis des Kreditvermittlungsvertrages
von Beratungs- und Aufklärungspflichten des Vertreters,
bestimmte Schutz- und Aufklärungspflichten (§ 241
so dass die Versicherung den Versicherungsnehmer so
Abs. 2 in Verbindung mit § 311 Abs. 2 BGB).
stellen muss, wie er bei ordnungsgemäßer Beratung
gestanden hätte.
Generell hat der Vertragspartner den potentiellen Kunden
auf Gefahren und besondere Nachteile des Produktes
Die Vermittlung einer Versicherung anlässlich einer Kredit-
hinzuweisen. In den Vermittlungsfällen fehlt es daran,
vermittlung kann auch unter dem Gesichtspunkt des § 81
dass der Vermittler den von ihm gezielt angesprochenen
Abs. 2 Satz 3 VAG angreifbar sein. Diese Norm ermäch-
Kreditsuchenden vor dem Abschluss eines Vertrages
tigt die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten, wenn Darle-
warnt, im Gegenteil empfiehlt und vermittelt er ihm aktiv
hensgeschäfte und Versicherungsabschlüsse so verbun-
eine Konstellation, die den Kreditbedarf des Kunden in
den werden, dass die Versicherungssumme das auszu-
keiner Weise befriedigt und die Liquidität noch weiter
zahlende Darlehen übersteigt.8 In der Praxis ist das häufig
belastet. Er macht in der Regel darüber hinaus die Kredit-
der Fall, da die Versicherungssummen insbesondere für
gewährung direkt oder suggestiv von dem Abschluss
Lebensversicherungsverträge relativ hoch gewählt wer-
dieser Verträge abhängig, ohne dass sich die Aussicht auf
den, während die Darlehenssumme aus den bekannten
eine Kreditvermittlung in irgendeiner Weise tatsächlich
Gründen relativ begrenzt ist. Regelmäßig liegt daher ein
verbessert.
Verstoß gegen § 81 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz
vor, der dem Kreditsuchenden jedoch keine eigene
Eingriffsmöglichkeit gibt. Allerdings kann die Versiche-
8 Prölls/Kollhoser, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 81 Rz. 65.
Die Vorschrift wurde 1931 geschaffen, als wegen der damaligen Kreditknappheit die Kreditgeber die Vergabe von kurzfristigen Darlehen von dem
Abschluss langfristiger Versicherungsverträge abhängig gemacht hatten.
Rechtsgutachten 29
rungsaufsichtsbehörde in diesen Fällen durch eine Unter-
für die Vermittlung eines Kredites getäuscht. Er will einen
sagungsverfügung tätig werden, die auch als Sammel-
Kredit, der Wirtschaftsberatungsvertrag ist für ihn weder
verfügung erlassen werden kann.
von Nutzen noch von Interesse. Er wird ihn regelmäßig
nur unterschreiben, wenn der Vermittler erklärt, dass die-
Aufgrund der oben dargelegten, hinsichtlich des Zustan-
ser Vertrag Bedingung für die Genehmigung des Kredites
dekommens der Verträge zumindest sehr zweifelhaften
sei. Insofern kommt eine Anfechtung wegen arglistiger
Rechtslage sind in der Praxis die betroffenen Bausparkas-
Täuschung in Betracht, wobei der Schuldner die Arglist
sen und Versicherungen regelmäßig bereit, eine kosten-
des Vermittlers nachzuweisen hat.
neutrale Auflösung der Verträge vorzunehmen. Kostenneutralität bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass
Daneben kommt eine Schadensersatzpflicht wegen der
die Unternehmen nicht berechtigt sind, die Vermittlungs-
Verletzung von (Neben-)Pflichten des Vermittlungsvertra-
provision einzubehalten, die sie möglicherweise bereits an
ges gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. Der
den Vermittler ausgezahlt haben. Unabhängig davon,
Kreditvermittler muss über alle wesentlichen Umstände
dass bei Kreditvermittlungsverhältnissen im Stornofall die
der Kreditvermittlung aufklären, deren Aufklärung redli-
Provision nicht fällig wird, hat der Kreditsuchende einen
cherweise zu erwarten ist. Dies gilt erst recht für den
originären Schadensersatz- bzw. Freistellungsanspruch
Wirtschaftsberater, den noch weitreichendere Pflichten
gegenüber dem Unternehmen, das sich durch den Ver-
treffen.10 Dazu gehört auch, dass der Abschluss des Wirt-
mittler hat vertreten lassen.
schaftsberatungsvertrages weder eine generelle Voraussetzung der Kreditvermittlung ist noch dass durch diesen
Am 22. Mai 2007 ist die Neuregelung des Versicherungs-
eine Kreditvermittlung nach der Durchführung der Wirt-
vermittlerrechts in Kraft getreten, die umfangreiche
schaftsberatung wahrscheinlicher wird. Da eine solche
Pflichten insbesondere für freie Versicherungsvermittler
Aufklärung naturgemäß nicht erfolgt, macht sich der
9
vorsieht. Unter anderem bestehen nach den neu gefass-
„Wirtschaftsberater“ gegenüber seinem Klienten scha-
ten §§ 42b und 42c VVG umfangreiche Beratungspflich-
densersatzpflichtig. Zum Schadensersatz gehört auch die
ten des Versicherungsvermittlers, deren schuldhafte Ver-
Befreiung von der Verbindlichkeit des (sinnlosen) Wirt-
letzung neben den oben dargestellten Folgen in § 42d
schaftsberatungsvertrages.
VVG eine gesonderte Schadensersatzpflicht des Vermittlers nach sich zieht. Dabei kann von einem Versicherungs-
Letztlich handelt es sich bei dieser Variante aber auch um
vermittler, der seine Beratungspflicht verletzt haben soll,
eine Umgehung der Vorschriften der §§ 655a ff. BGB
verlangt werden, dass er darlegt, inwieweit er den Versi-
zum Provisionsverbot bei nicht erfolgreicher Vermittlung.
cherungsnehmer informiert, aufgeklärt und beraten
Gem. § 655e BGB ist jede Gestaltung, die zu einer Umge-
haben will.
hung des § 655a ff. BGB führt, unzulässig. Dies ist der
Fall, wenn Gestaltungen darauf angelegt sind, die gesetzlichen Schutzvorschriften nicht zur Anwendung kommen
1.4 Der Wirtschaftsberatungsvertrag
zu lassen, ohne dass eine Umgehungsabsicht vorzuliegen
braucht. In Fällen, in denen der Schuldner auf ein Kredit-
Einige Vermittler der Branche versuchen, mit dem Kunden
vermittlungsangebot reagiert und der Vermittler die
einen sogenannten Wirtschaftsberatungsvertrag abzu-
(angebliche) Kreditgewährung von dem Abschluss eines
schließen. Rechtlich ist ein solcher Vertrag grundsätzlich
Wirtschaftsberatungsvertrages abhängig macht, läuft das
zulässig. Jedem steht es zu, durch einen Berater seine
Verbot der Vereinnahmung von Nebenentgelten des
wirtschaftliche Lage analysieren zu lassen und ihn dafür
§ 655d BGB ins Leere. Insofern ist in diesen Fällen der
zu bezahlen. Allerdings darf der Vertrag nicht isoliert
Missbrauch der Gestaltung offensichtlich. Die Beweislast
betrachtet werden, sondern ist im Zusammenhang mit
für das Vorliegen des Gestaltungsmissbrauchs liegt aller-
dem Vermittlungswunsch des Kreditsuchenden zu sehen.
dings beim Schuldner. Der Verstoß gegen das Umge-
Ebenso wie bei dem Abschluss der Versicherungsverträge
hungsverbot führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung, so
wird der Schuldner regelmäßig über die Möglichkeit der
dass kein Vergütungsanspruch entsteht oder eine bereits
Kreditvermittlung und die Notwendigkeit dieses Vertrages
gezahlte Vergütung nach den Grundsätzen der unge-
9 BGBl. I 2006 Nr. 63 S. 3232 ff.
10 Zur Differenzierung der Aufklärungspflicht zwischen Anlageberater und
Anlagevermittler siehe BGH vom 18.01.2007, AZ ZR 44/06.
30 Rechtsgutachten
rechtfertigten Bereicherung vom Unternehmer heraus-
die eingeschalteten Regulierer in der Regel keine Erlaub-
zugeben ist.
nis zur Rechtsberatung. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 29.07.2009 („Finanzsanierung“) klargestellt,
dass auch nach der Ablösung des Rechtsberatungsgeset-
1.5 Die Hausbesuchsvereinbarung
zes durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz der
Schutzzweck der Norm – im Interesse der Verbraucher
Eine Hausbesuchsvereinbarung ist rechtlich ähnlich wie
das Marktverhalten der Anbieter zu regeln – erhalten
ein Wirtschaftsberatungsvertrag einzuordnen. Im Regel-
bleibt. Rechtsdienstleistungen – so der BGH – seien gene-
fall wird für einen Hausbesuch zu keiner Phase der Ver-
rell verboten und dürften nur aufgrund gesetzlicher
mittlungsbemühungen überhaupt eine Notwendigkeit
Erlaubnis erbracht werden.
bestehen, so dass die Koppelung der Kreditvergabe an
die Unterzeichnung einer kostenpflichtigen Hausbesuchs-
Eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung liegt dabei schon
vereinbarung irreführend und in der Regel arglistig ist.
dann vor, wenn lediglich ein Einverständnis der Gläubiger
Hausbesuchsvereinbarungen werden in der Regel nur
mit veränderten Zahlungsbedingungen angestrebt wird.
deswegen getroffen, um das Provisionsverbot bei nicht
Jegliche Schuldnerberatung mit dem Ziel, zumindest mit
zustande gekommenen Krediten zu umgehen und mög-
den Gläubigern Ratenzahlungen zu vereinbaren, ist daher
lichst einen direkten Zugriff auf die (meist letzten) Zah-
als erlaubnispflichtige Rechtsberatung anzusehen, für die
lungsmittel des Kreditsuchenden zu bekommen. Insofern
eine Erlaubnis benötigt wird. Über eine solche Erlaubnis
wird hierin problemlos eine Umgehung der Verbraucher-
verfügen die Anbieter, die in dem hier untersuchten
schutzvorschriften der §§ 655a ff. BGB zu sehen sein.
Bereich der „SCHUFA-freien“ Kredite operieren, regelmäßig nicht. Schon vor der Entscheidung des BGH zur
Finanzsanierung hatte das LG Ulm festgestellt, dass eine
1.6 Die Vermittlung an gewerbliche
Schuldenregulierer
umfassende und sozial geprägte Beratung und Betreuung
von Verschuldeten und Insolventen implizit auch eine
Rechtsberatung voraussetze. Eine solche Aufgabe ver-
Häufig werden die mit einer Kreditvermittlung geköder-
langt zur sachgerechten Erfüllung eine umfassende recht-
ten Schuldner auch an sogenannte gewerbliche Schul-
liche Prüfung und stellt somit eine erlaubnispflichtige
denregulierer weitervermittelt. Für die rechtliche
Rechtsdienstleistung i.S.d. § 3 RDG dar.
Bewertung ist zwischen dem Vertrag mit dem Schuldenregulierer und der Vermittlung an den Regulierer zu
Ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz hat in
unterscheiden. Im Rahmen der Untersuchung beschrän-
Verbindung mit § 134 BGB die Nichtigkeit des Regulie-
ken wir uns an dieser Stelle auf die Fallkonstellationen, in
rungsvertrages zur Folge, da gegen ein gesetzliches Ver-
denen eine Kreditvermittlung suggeriert oder versprochen
bot verstoßen wird. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn
wird („Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“), tatsächlich aber
der Schuldenregulierer tatsächlich mit den Gläubigern
keine Kreditvermittlung erfolgt, sondern lediglich eine –
verhandelt, sondern bereits dann, wenn er eine solche
kostenpflichtige – Vermittlung an Schuldenregulierer oder
Verhandlung im Vertrag verspricht.
Anwälte.
11
Um den Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
Zu diesem Komplex gibt es unterschiedliche rechtliche
zu vermeiden, haben sich einige Anbieter darauf zurück-
Ansatzpunkte für die verschiedenen Methoden der
gezogen, keine Verhandlungen mit den Gläubigern zu
sogenannten „gewerblichen Schuldenregulierer“.
führen, sondern nur Vorarbeiten zu machen, wie die
Unterlagen des Schuldners zu sortieren bzw. ihn an
Das Rechtsberatungsgesetz ist mit Wirkung zum
kooperierende Anwälte weiterzuverweisen. Aber auch in
01.07.2008 durch das Rechtsdienstleistungsgesetz ersetzt
diesen Fällen ist durch die Rechtsprechung mittlerweile
worden. Aber auch nach der „neuen“ Rechtslage haben
geklärt, dass dies nichts daran ändert, dass auch die vor-
11 Nicht untersucht werden dagegen die Fälle, in denen der Schuldenregulierer
selbst oder der Vermittler von vornherein mit Hilfeleistungen bei der Schuldenregulierung wirbt. Diese Vermittlungsangebote sind allerdings oftmals
nicht trennscharf auseinanderzuhalten, wenn die Vermittler nicht ausdrücklich mit der Kreditvergabe werben, eine solche aber durch ihre Werbung
geschickt suggerieren („Wenn die Bank nein sagt ...“).
Rechtsgutachten 31
bereitende Tätigkeit als erlaubnispflichtige Rechtsdienst-
Darüber hinaus dürfte bei der Werbung mit einer Kredit-
leistung einzustufen ist. In diesem Fall stellt sich die
vermittlung und anschließender Weitervermittlung an
Frage, welche geldwerte Leistung der Schuldner über-
einen gewerblichen Schuldenregulierer ähnlich wie bei
haupt für seine Gegenleistung bekommt. Insofern dürfte
der Vermittlung eines Wirtschaftsberatungsvertrages die
hier der Tatbestand des Wuchers gem. § 138 Abs. 2 BGB
Verletzung der vertraglichen und vorvertraglichen Aufklä-
bzw. § 291 StGB regelmäßig erfüllt sein.
rungspflichten anzunehmen sein, wenn dem Vermittler
bekannt ist, dass es gar nicht zu einer Kreditvergabe
Besonders prekär sind die sogenannten Vermögensver-
kommt, oder er weiß, dass das Angebot des im Regelfall
waltungsfälle. Hier zahlt der Schuldner feste Raten an
mit ihm kooperierenden Schuldenregulierers für den
den Regulierer, der verspricht, mit den Gläubigern zu ver-
Schuldner nutzlos ist. Dann macht er sich nach § 280
handeln und diese zu befriedigen („Zahlen Sie nur noch
Abs. 1 BGB gegenüber dem Schuldner schadensersatz-
an eine Stelle“). Es wird eine Rate vereinbart, die der
pflichtig.
Schuldenregulierer zunächst vereinnahmt und aus der die
(nach Verhandlungen reduzierten) Ansprüche der Gläubi-
Bei der (ausdrücklichen oder suggestiven) Werbung mit
ger befriedigt werden sollen. Tatsächlich werden hiervon
einer Kreditvermittlung besteht auch der Verdacht eines
zunächst die eigenen Gebühren des Schuldenregulierers
Umgehungstatbestandes gem. § 655e BGB. Der Gesetz-
einbehalten und nur in seltenen Fällen höhere Beträge an
geber wollte durch die Schaffung der Vorschriften ver-
die Gläubiger weitergeleitet. Dies hat in der Regel weitere
meiden, dass „... unseriöse Vermittler nicht vermittlungs-
erhebliche Folgen für den Schuldner, der sich in dem
fähige Kreditwünsche entgegennehmen, um sich von
Glauben, nun würde alles reguliert, auf die vertröstenden
vornherein auf das Erheben von Nebenentgelten zu
Aussagen des Schuldenregulierers verlässt. Er kümmert
beschränken ...“.12 Um dieses Ziel zu erreichen sollte
sich nicht mehr selbst um wichtige Verhandlungen mit
jegliche Gestaltung, die zu einer Zahlung des Kunden
den Gläubigern, die bei ausbleibenden Zahlungen natür-
führt, ohne dass eine Kreditauszahlung erfolgt, unter-
lich Zwangsmaßnahmen einleiten. Durch die dann folgen-
bunden werden. Hierfür ist nicht entscheidend, ob tat-
den Kündigungen der Kredite, Verzugsfolgen und
sächlich ein Kreditvermittlungsvertrag abgeschlossen
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen entstehen dem Schuld-
wird. Es muss vielmehr als ausreichend angesehen wer-
ner nicht unerhebliche zusätzliche Schäden. In diesen
den, wenn der Anbieter mit einer Kreditvermittlung wirbt
Fällen dürfte eine Schadensersatzpflicht des Vermittlers
und der Kunde aufgrund dieses Versprechens – aufgrund
aus vertraglichen Ansprüchen gem. §§ 280 ff. BGB, aber
welcher Vertragsgestaltung auch immer – Entgelte an
auch unter deliktischen Gesichtspunkten gem. § 823 Abs.
den Vermittler entrichtet. Insofern liegt auch in diesen
2 BGB in Verbindung mit § 263 oder § 291 StGB gege-
Fällen ein Umgehungstatbestand i. S.d. § 655e BGB vor,
ben sein. Hier dürfte auch kein Beweisproblem vorliegen,
was die Unwirksamkeit der Vermittlung des Vertrags an
da der Vermittler die Anzeige schaltet und somit weiß,
den gewerblichen Schuldenregulierer zur Folge hat.
dass er keinen Kredit vermittelt.
Von dieser Einschätzung abgesehen, ist die Wirksamkeit
Ist das Angebot der „gewerblichen Schuldenregulierer“
des Vertrages auch unter dem Gesichtspunkt des § 138
rechtlich zweifelhaft, so stellt sich die Frage, wie das Pro-
Abs. 2 BGB zweifelhaft. Wie oben bereits dargelegt, wird
visionsverlangen des Vermittlers einzuordnen ist, wenn er
ein wucherähnliches Rechtsgeschäft dann angenommen,
den Schuldner an diese Anbieter vermittelt. Auch in
wenn eine Überteuerung von mehr als 100% über dem
diesen Fällen dürfte häufig eine arglistige Täuschung mit
marktüblichen Preis vorliegt und eine besondere Zwangs-
entsprechenden Anfechtungsmöglichkeiten des Kredit-
lage des Vertragspartners gegeben ist. Bei einem hoch-
suchenden vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall,
verschuldeten Verbraucher, der bei einer seriösen Bank
wenn der Vermittler bereits weiß, dass es (wie im Regel-
nicht mehr kreditwürdig ist, liegt sicher eine extreme
fall) nicht zu einer Kreditvermittlung kommen wird,
Zwangslage vor, die die freie Willensbetätigung nicht
sondern lediglich zu einer Vermittlung an den Regulierer.
unerheblich beeinträchtigt. Er benötigt unbedingt Geld
und ist bereit, auch vagen Versprechungen des Vermittlers zu glauben. Erschwerend kommt in diesen Fällen
12 BT-Drucks. 11/5462. S. 30.
32 Rechtsgutachten
hinzu, dass sich die Vermittler durch ihre Werbung gezielt
ungünstig, da er zum einen in seiner finanziell engen
und ausschließlich an Verbraucher in finanzieller Notsitua-
Situation weiter belastet wird und zum anderen diese
tion wenden, um von dieser Leichtgläubigkeit zu profitie-
Beteiligungen wegen der geringen Möglichkeiten, diese
ren. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ebenfalls auffallend.
Produkte wieder zu veräußern (Fungibilität), und der
Zwar sind die Gebühren für die Vermittlung, absolut
Zweifel an der Rentabilität der Unternehmen ohnehin
betrachtet, nicht besonders hoch (100 bis 300 1), die
sehr ungünstige Anlageformen sind. Insofern hält der
Leistung ist allerdings völlig unbrauchbar. Adressen von
Bundesgerichtshof einen Anlageberater für verpflichtet,
Schuldenregulierern sind frei zugänglich, so dass die
seinen (solventen) Kunden darauf hinzuweisen, dass eine
Adressenvermittlung ohne Wert ist. Im Gegenteil wird der
Kommanditbeteiligung an einem geschlossenen Immobili-
Schuldner ja an einen gewerblichen Schuldenregulierer
enfonds in Ermangelung eines entsprechenden Marktes
vermittelt, der weitere Gebühren von ihm verlangt. Hätte
nur eingeschränkt veräußerbar ist. Dies muss natürlich
der Schuldner sich dagegen selbst bei seiner Kommune
erst recht für die Vermittlung an einen illiquiden Kunden
oder im Internet informiert, wäre er leicht auf die Adres-
gelten, der nur einen Kredit sucht und überhaupt nicht in
sen kostenloser Schuldnerberatung gestoßen. Noch kras-
der Lage ist, weitere Belastungen zu tragen.
ser wird das Missverhältnis natürlich dann, wenn – wie in
vielen Fällen – die Vermittlung an eine Stelle erfolgt, die
Im Prinzip gilt, rechtlich gesehen, Ähnliches, wie oben zu
dem Schuldner überhaupt keine Hilfestellung leistet, son-
der Vermittlung von Bausparverträgen und Versicherun-
dern ihm nur noch mehr Probleme bereitet. Eine kosten-
gen ausgeführt wurde. Denn zu der Tatsache, dass diese
pflichtige Vermittlung an einen gewerblichen Schuldenre-
Produkte auch für einen liquiden Anleger ungünstig sind,
gulierer verstößt daher regelmäßig gegen § 138 Abs. 2
tritt hier der Umstand, dass einem insolventen und
BGB und ist nichtig. Ein Anspruch auf eine Vermittlungs-
dringend um Kredit bemühten Kunden eine Geldanlage
provision besteht damit nicht.
vermittelt wird, von der gleichzeitig wahrheitswidrig
behauptet wird, sie würde seine Kreditwürdigkeit verbessern. Das Versprechen, durch die Zeichnung der Beteili-
1.7 Die Vermittlung von Beteiligungen
gung der Kreditgewährung näherzukommen, erfüllt den
Tatbestand der arglistigen Täuschung. Es liegt aber auch
Vermittler schrecken auch nicht davor zurück, den Kredit-
eine Verletzung der Aufklärungspflichten des Kreditver-
suchenden statt eines Kredites eine Vermögensanlage in
mittlungsvertrages vor, wenn der Vermittler zu solchen
Form einer stillen Gesellschaftsbeteiligung oder eines
unnützen und den Schuldner nur belastenden Beteiligun-
Kommanditanteils an einer Gesellschaft („geschlossene
gen rät. Die Folge wäre eine Schadensersatzpflicht des
Immobilienfonds“) in Höhe von mehreren Tausend Euro
Vermittlers, die auch in der Befreiung von der Verbindlich-
zu verkaufen. Der Zweck der Gesellschaft besteht meist in
keit bestehen kann. Aber auch im Rahmen des Abschlus-
dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien, häufig
ses des Vertrages über die Beteiligung bestehen Aufklä-
wird er aber auch offengehalten, oder er bleibt nebulös.
rungspflichten. Hier muss sich die Beteiligungsgesellschaft
Prospekte werden in der Regel nicht ausgehändigt, was
im Rahmen des Vertragsschlusses das Verschulden ihres
die Vermittler nicht daran hindert, sich vom Kunden den
Vermittlers, der den Kreditsuchenden nicht über die
13
Erhalt des Prospektes quittieren zu lassen. Da der Kre-
Sinnlosigkeit der Beteiligung aufklärt, über § 278 BGB
ditsuchende naturgemäß nicht über die entsprechenden
anrechnen lassen.
Mittel verfügt, ist auf den Vordrucken der Beteiligung
meist gleich eine Ratenzahlungsvereinbarung vorhanden.
Dies wird dann nicht selten mit einer Lohn- und Sozial-
1.8 Gebührenerhebung über Mehrwertdienste 0900
leistungsabtretung verbunden bzw. mit einer Anweisung
an den Arbeitgeber, z.B. monatlich 50 1 an die dubiose
Auch die Gebührenerhebung über die kostenpflichtigen
Gesellschaft zu zahlen. Auch diese Beteiligung wird
Mehrwertdienste ist aus den oben bereits erwähnten
natürlich mit der Begründung verkauft, dass diese lang-
Gründen generell unzulässig. Es werden mit diesen
fristige Geldanlage zur Sicherung des Kredites notwendig
Gebühren keine vereinbarten und erforderlichen Ausla-
sei. Diese Beteiligungen sind für den Schuldner besonders
gen im Sinne des § 655d Satz 2 BGB kassiert. Die Kosten
13 Dazu auch eindrücklich Ökotest Heft 4/2007, S. 172.
Rechtsgutachten 33
entstehen vielmehr unabhängig von jeglichen Auslagen,
Abs. 1 BGB zurückgefordert werden. Faktisch werden
ohne schriftliche Vereinbarung und ausschließlich abhän-
diese Ansprüche aber nur in seltenen Fällen durchgesetzt.
gig von der Dauer des Gesprächs. Sie haben also schon
Rückforderungsbegehren der Schuldner werden natürlich
von daher keinen Anknüpfungspunkt zu erstattungsfähi-
von den Vermittlern kategorisch zurückgewiesen. Die
gen Auslagen. Der Vermittler wählt in diesem Fall
Schuldner sind in einer rechtlich komfortablen, aber fak-
bewusst einen Weg, mit dem er einen Gewinn erzielen
tisch aussichtslosen Situation. Sie müssten einen Anwalt
kann, ein „normaler“ Anruf des Kunden bei ihm würde
beauftragen, Klage zu erheben, und auch insoweit wie-
für den Vermittler keinerlei Kosten verursachen. Insofern
der in Vorleistung treten. Nur wenige Anwälte sind bei
ist der Einsatz kostenpflichtiger Mehrwertdienste ein
den vergleichsweise geringen Gegenstandswerten bereit,
geradezu klassischer Fall des Versuchs der Umgehung der
für Beratungs- oder Prozesskostenhilfe tätig zu werden.
§§ 655a–e BGB.
Oft werden die vermeintlichen Ansprüche gegen die
Entsprechend besteht ein Verhaltenkodex des Verbandes
Schuldner zunächst von Inkassounternehmen beizutrei-
„FST Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste
ben versucht und dann im gerichtlichen Mahnverfahren
e. V.“, der die Verwendung einer Premium-Rate-Rufnum-
tituliert. Aus den bekannten Gründen wehren sich die
mer zum Zwecke der Kreditvermittlung untersagt. Dem
Schuldner in der Regel nicht gegen die durch oft beachtli-
Kreditsuchenden stehen in diesem Fall neben den allge-
che Inkasso- und Verzugskosten permanent steigenden
meinen zivilrechtlichen Möglichkeiten auch die Ein-
Forderungen der Vermittler. Erst in einer späteren Phase
spruchsmöglichkeiten des Telekommunikationsrechts zu.
der Überschuldung, wenn der Schuldner den Weg in die
Er sollte daher die Telefonrechnung um den nicht berech-
Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen gefunden
tigten Betrag kürzen und im Fall der Lastschrift der Belas-
hat, werden bei der Analyse der Gesamtforderungssitua-
tung widersprechen.
tion die nunmehr rechtskräftig titulierten Forderungen
der Vermittler sichtbar.
1.9 Rechtsdurchsetzung durch den Schuldner
Die Möglichkeiten, gegen rechtskräftige Vollstreckungsbescheide vorzugehen, sind rechtlich und faktisch
Die zivilrechtlichen Möglichkeiten des Verbrauchers, sich
begrenzt. Lediglich § 826 BGB bietet eine Möglichkeit
gegen die ungerechtfertigten Ansprüche zu wehren, sind
des Rechtsschutzes.14 Der Schuldner müsste nachweisen,
– wie oben dargelegt – recht aussichtsreich. Nachweis-
dass der Vermittler den Weg des Mahnverfahrens gezielt
probleme kann es bei der arglistigen Täuschung geben,
ausgenutzt hat, um hierdurch die Schlüssigkeitsprüfung
die Umgehung verbraucherschützender Vorschriften
des Gerichts zu umgehen. Ob sich diese zur Sittenwidrig-
dürfte hingegen meist auf der Hand liegen.
keit von Ratenkrediten und Verzugszinsen entwickelte
Rechtsprechung auf titulierte Gebühren und Auslagen
Dennoch werden in sehr vielen Fällen Zahlungen von den
der Vermittler übertragen lässt, ist umstritten. Das AG
Schuldnern an die Vermittler geleistet. Dies geschieht
Suhl und das AG Würzburg hingegen sahen die Voraus-
meistens durch Vorauszahlungen des Schuldners, dem
setzungen für eine Rechtskraftdurchbrechung nicht gege-
suggeriert wird, nur durch diese Zahlungen seinem Kre-
ben, da es zumindest zum damaligen Zeitpunkt noch
ditwunsch näherzukommen. Aber auch dann, wenn die
positive Entscheidungen bzgl. der Erstattungsfähigkeit
Vermittlung schon gescheitert ist, wird zum Teil massives
von Auslagen zugunsten der Vermittler gab. Seit der
Inkasso durch Vermittler, Anwälte und Inkassobüros
Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Ende der 1990er
betrieben. Von den Schuldnern werden in Unkenntnis
Jahre sind die rechtlichen Grenzen einer Auslagenerstat-
ihrer rechtlichen Abwehrmöglichkeiten nicht berechtigte
tung (insbesondere das Verbot von Pauschalierungen und
Forderungen bezahlt.
Hausbesuchskosten zur Kreditanbahnung) aber weitgehend geklärt. Insoweit kann spätestens ab dem Jahr 2000
Da die Zahlungen des Schuldners regelmäßig ohne
davon ausgegangen werden, dass die Kreditvermittler die
Rechtsgrund geleistet wurden, könnten sie juristisch ohne
Probleme im Wege der Leistungskondiktion gem. § 812
14 Ein Vollstreckungstitel ist ausnahmsweise nur dann angreifbar, wenn es mit
dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, wenn der
Gläubiger seine formale Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen
Rechtslage des Schuldners ausnutzte (BGH NJW 2005, 2991, 2994; PalandtSprau, BGB, 71. Aufl., § 826 Rz. 52; zum Ausnahmecharakter dieser
Anfechtungsmöglichkeit zuletzt BGH NJW 2006, 154, 156.
34 Rechtsgutachten
Rechtsprechung kannten, und es kann unterstellt werden,
mag in jedem Einzelfall nach allgemeiner wirtschaftlicher
dass sie das gerichtliche Mahnverfahren zur Titulierung
Bewertung zwar häufig gering sein, in der Summe ist er
wählten, um der (amtswegigen) Schlüssigkeitsprüfung im
jedoch enorm hoch. Zu berücksichtigen sind auch die
Klageverfahren zu entgehen. So hat auch das AG Speyer
möglichen finanziellen Folgeschäden bei den Betroffenen,
in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 bei einer pau-
wenn letzte finanzielle Mittel nicht an die seriösen Gläu-
schalierten Kostenforderung des Vermittlers in Höhe von
biger fließen und diese dadurch bedingt die „Geduld“
64,50 DM eine missbräuchliche Wahl des gerichtlichen
verlieren und beispielsweise Zwangsvollstreckungsmaß-
Mahnverfahrens angenommen und einen Schadenser-
nahmen einleiten. Die vernünftige, von entsprechenden
satzanspruch nach § 826 BGB bejaht. Es muss allerdings
Beratungsstellen oder einem Rechtsanwalt begleitete
konstatiert werden, dass dieser Weg rechtlich schwierig
Verhandlung oder gar die Einleitung eines Verbraucherin-
durchzusetzen ist und angesichts des Verhältnisses von
solvenzverfahrens wird mit den bekannten Konsequenzen
Streitwert, Aufwand und der bereits erwähnten allgemein
weiter hinausgezögert. Die persönlichen und sozialen
schwierigen Rechtsschutzsituation des Schuldners kaum
Folgen für die Betroffenen sind hierbei nicht einmal
praktische Bedeutung erlangen wird.
berücksichtigt. Die polizeiliche oder staatsanwaltliche
Verfolgung der Vermittler kann den Betroffenen auch bei
Ist die Forderung nicht im gerichtlichen Mahnverfahren
der zivilrechtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen.
durch einen Vollstreckungsbescheid, sondern durch ein
Im Folgenden sollen die strafrechtlichen Aspekte der
Urteil oder Versäumnisurteil tituliert, bestehen praktisch
verschiedenen „Vertriebsformen“ untersucht werden.
keine rechtlichen Angriffsmöglichkeiten mehr, da in diesem Fall keine missbräuchliche Verfahrenswahl vorliegt.
2.1 Strafbarkeit wegen Betruges, wenn kein Kredit
2 Strafrechtliche Beurteilung
vermittelt wurde (§ 263 StGB)
Erhält der Verbraucher bei einer Werbung mit „SCHUFA-
Die Praktiken auf dem Markt der unseriösen Kreditver-
freien“ Krediten nach der Kontaktaufnahme mit einem
mittlung müssen nicht zuletzt in strafrechtlicher Hinsicht
Kreditvermittler keinen Kredit, soll er jedoch eine Provi-
betrachtet werden. Die aufgezeigten zivilrechtlichen
sion, eine Vergütung oder nicht gerechtfertigte Auslagen
Möglichkeiten sind – obwohl theoretisch vorhanden –
bezahlen, so könnte sich der Vermittler hierdurch wegen
in der Praxis offenbar nicht geeignet, die weitverbreitete
Betruges strafbar gemacht haben. Dazu müsste durch
Vereinnahmung unzulässiger Gebühren einzudämmen.
eine vorsätzliche Täuschung des Vermittlers ein Irrtum
Zu selten sind die Beteiligten der Zielgruppe wirtschaftlich
erregt worden sein, der auf Seiten des Kreditsuchenden
oder psychosozial in der Lage, sich gegen die Vermittler
zu einer Vermögensverfügung zu seinem Schaden geführt
zu wehren. Bei einer Verknüpfung von relativ geringen
haben muss.
Schadenssummen und Massengeschäft mit der Zielgruppe wirtschaftlich stark unter Druck stehender Ver-
Fraglich ist, wie der in der Praxis wohl am häufigsten vor-
braucher bietet das Zivilrecht keinerlei effektive Begren-
kommende Fall des Verlangens von „Auslagenerstattun-
zungen des illegalen Geschäftsmodells. Für die Vermittler
gen“ strafrechtlich zu bewerten ist. Auch wenn kein Kre-
besteht keinerlei wirtschaftliches Risiko bei der Verein-
dit vermittelt wurde, darf der Vermittler theoretisch nach
nahmung rechtswidriger Gebühren.
§ 655d BGB entstandene, erforderliche und im Einzelfall
nachgewiesene Auslagen vom Kreditsuchenden verlan-
Menschen in schwieriger oder gar auswegloser finanziel-
gen. Das bedeutet schon vom Begriff her, dass tatsäch-
ler Situation wenden sich – wie bereits oben ausführlich
liche Bemühungen stattgefunden haben müssen, für die
geschildert – aufgrund entsprechender Anzeigen an die
Aufwendungen entstanden sind, für die der Vermittler in
Vermittler, um einen Kredit zu erhalten. Tatsächlich erhal-
Vorleistung getreten ist. Nach einhelliger Rechtsprechung
ten sie in der Regel keinen Kredit, sondern werden durch
ist darüber hinaus erforderlich, dass die Auslagen konkret
dubiose Versprechen und Drohungen dazu veranlasst,
vereinbart sein und exakt abgerechnet werden müssen,
Provisionen, Auslagen o.Ä. zu bezahlen oder weitere für
also nicht pauschaliert werden dürfen. Nicht zu den erfor-
sie wertlose Verträge zu unterzeichnen. Hierbei handelt
derlichen Auslagen zählen beispielsweise Fahrtkosten und
es sich nicht um Einzelphänomene, sondern um Massen-
Arbeitsaufwand des Vermittlers. Zivilrechtlich ist es so,
geschäfte mit immer gleichen Methoden. Der Schaden
dass eine wirtschaftlich Sinn ergebende Anwendung des
Rechtsgutachten 35
§ 655d im Bereich der Konsumentenkreditvermittlung
mehr kreditwürdig sind, bei denen auf dem Kleinkredit-
quasi nicht existiert. Die Kosten der konkreten Aufstel-
markt aber noch eine Chance auf einen Kleinkredit zu
lung und des Nachweises der wenigen zulässigen Ausla-
überteuerten Konditionen besteht. Außerdem erreichen
gen sind in der Regel höher als die damit zu erzielenden
die Vermittler mit ihrer Werbung (die sich in erster Linie
Einnahmen. Rechtlich korrekte Abrechnungen über Aus-
an nicht kreditwürdige Verbraucher richtet) quasi als
lagenerstattungen kommen zumindest im Konsumenten-
Nebeneffekt auch noch andere Gruppen. Das sind im
kreditbereich in der Praxis auch nicht vor.
Prinzip solvente Kreditsuchende, die entweder eine überzogene Angst davor haben, einen Eintrag bei der SCHUFA
Wegen Betruges kann sich der Vermittler zum einen
zu erhalten, oder denen es peinlich ist, bei ihrer Haus-
dadurch strafbar machen, dass er Auslagen verlangt,
bank vor Ort um einen Kredit nachzufragen. Über die
obwohl ein Kredit nie vermittelt werden sollte, und zum
zuletzt genannte Gruppe konnten leider in der Studie
anderen dadurch, dass er Auslagen verlangt, auf die er
keine Daten erhoben werden, es kann allerdings davon
zivilrechtlich keinen Anspruch hat.
ausgegangen werden, dass diese durch die zahlreichen
Möglichkeiten des mehr oder weniger anonymen Kon-
Hat der Kreditvermittler gar keinen Kontakt zu Kreditinsti-
takts bei seriösen Internet- und Direktbanken geringer
tuten hergestellt oder kann er Anfragen an potentielle
geworden ist. Insofern ist die (ohnehin geringe) Erfolgs-
Kreditgeber bzw. erfolgreiche Vermittlungen überhaupt
quote bei der Vermittlung wohl eher als Nebenprodukt
nicht nachweisen, liegt die Täuschungshandlung klar auf
des Geschäftsmodells zu sehen denn als gewolltes Ergeb-
der Hand. Der Vermittler täuscht den Kreditsuchenden
nis der Bewerbung der Zielgruppe.
durch die Anzeigen und die darauf folgende Geschäftsanbahnungsphase absichtlich über die Möglichkeit der Kre-
Die große Gruppe der Fälle, in denen die Vermittler
ditvermittlung. Bei diesem wird der Irrtum erzeugt, dass
Gebühren und Auslagen von den Kreditsuchenden kassie-
er eine Chance auf eine Kreditvermittlung habe. Die Ver-
ren und nur im Einzelfall auch mal bei der Kreditvermitt-
mögensverfügung des Kreditsuchenden liegt in der Zah-
lung erfolgreich sind, stellt zumindest in der Praxis der
lung der vom Vermittler verlangten Beträge. Der Kredit-
Strafverfolgung auch rechtlich die am schwierigsten ein-
suchende erleidet hierdurch einen Vermögensschaden
zuordnende Fallgruppe dar.
(denn er hätte keinerlei Zahlungen geleistet, wenn er von
der fehlenden Erfolgsaussicht gewusst hätte), und zwar
Die weitere Untersuchung wird aber zeigen, dass auch
unabhängig davon, ob er sich gegen die Forderung auch
diese vereinzelten Erfolge nichts an der Bewertung der
zivilrechtlich hätte zur Wehr setzen können. Das Fordern
Strafbarkeit ändern, sondern dass auch in diesen Fällen
einer Auslagenerstattung gänzlich ohne zugrundelie-
ein Betrug anzunehmen ist, da die allgemeine Aussicht,
gende Leistung ist von § 655d BGB überhaupt nicht
unter den gegebenen Bedingungen einen Kredit zu erhal-
gedeckt. Insofern stellt auch die Kenntnis von der Rechts-
ten, um ein Vielfaches geringer ist, als dies durch die
widrigkeit der Forderung kein Hindernis dar. Der Kredit-
Werbung suggeriert wird.
vermittler macht sich in diesen Fällen wegen Betruges
strafbar.
Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist
jede Einwirkung eines Täters auf die Vorstellung des
Fraglich ist aber, ob sich diese Bewertung ändert, wenn in
Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv
seltenen Einzelfällen Kontakte zu Geldgebern stattgefun-
bestimmt ist, bei Adressaten ein Fehlvorstellung über
den haben und gegebenenfalls sogar erfolgreich Kredite
tatsächliche Umstände hervorzurufen.
vermittelt bzw. ernsthafte Vermittlungsversuche unternommen wurden. Dies ist der Anwendungsfall, der nach
Durch die Werbung der Vermittler wird über die Erfolgs-
den Studien von 2007 und 2012 in der Praxis am häu-
aussicht, einen Kredit zu erhalten, getäuscht. Zu berück-
figsten anzutreffen ist. Es werden generell von all denje-
sichtigen ist dabei die ganz besondere Zielgruppe der
nigen, die sich auf die Werbung des Vermittlers melden,
Anzeigen: Es ist nicht die Gruppe der mehr oder weniger
erfolgsunabhängige und zivilrechtlich nicht gerechtfer-
normalen, durchschnittlich solventen Kreditsuchenden,
tigte Gelder eingezogen; nur sehr vereinzelt kommt es
die angesprochen wird, sondern ganz gezielt eine Perso-
dann auch tatsächlich zur Vermittlung von Krediten. Das
nengruppe, die zumeist schon in nicht nur kurzfristigen
kann bei denjenigen Kreditsuchenden der Fall sein, die
finanziellen Schwierigkeiten steckt oder gar überschuldet
nur nach den strengen Kriterien ihrer Hausbank nicht
ist. Darauf zielt die Werbung eindeutig ab, die Begriffe
36 Rechtsgutachten
wie „Kredite ohne SCHUFA-Auskunft“ oder inhaltsähnli-
der Kredite innerhalb der angesprochenen Zielgruppe
che Slogans verwendet: auf diejenigen, deren Kredit-
können kaum Provisionen verdient werden, was ja die ori-
wunsch bei dem „normalen“ Kreditinstitut wegen man-
ginäre und eigentliche Einnahmequelle des Kreditvermitt-
gelnder Bonität abgelehnt wurde oder würde. Insofern
lers ist. Das gesamte Geschäft könnte auf legale Weise
müssen auch unter strafrechtlichen Aspekten Angebot,
also nicht wirtschaftlich sein. Eine Quersubvention mit
Werbung und Zielgruppe für die Beurteilung der Straf-
anderen Geschäftsbereichen widerspräche jeglicher kauf-
barkeit als Gesamtheit betrachtet werden. Ähnlich wie
männischen Vernunft. Und Auslagen sind, in welcher
bei den „Abofallen“ dürfen die einzelnen Elemente des
Form auch immer, der Ersatz für entstandene Geschäfts-
Marketingkonzeptes nicht isoliert betrachtet werden. Die
kosten. Der Gewinnerzielung können sie schon ihrer
Werbebotschaft ist für diese Zielgruppe besonders irre-
Natur nach nicht dienen.
führend, denn das Angebot ist just für diese Adressaten
auf dem Markt so gut wie nicht vorhanden.
Wer dennoch die hier diskutierte Form der Kreditvermittlung als Geschäft betreibt, der weiß, dass seine Tätigkeit
Diese Zielgruppe erhält im Normalfall und unter Normal-
wenig erfolgversprechend sein wird, wenn er sich an eine
bedingungen also keinen Kredit mehr. Es bleiben in weni-
Klientel in finanzieller Bedrängnis richtet und das legale
gen Fällen einige, meist ausländische, Institute, die sich
Provisionsgeschäft allein nicht kostendeckend ist, er kann
das erhöhte Risiko bei einer solchen Vermittlung mit
also nur dadurch Gewinn erzielen, dass die nicht vermit-
hohen Zinsen, Provisionen und Verzugskosten bezahlen
telbaren Kunden an eine Vermittlung glauben und hierfür
lassen. Diese Teilgruppe ist, wie oben dargestellt, ver-
(nicht gerechtfertigte) Zahlungen leisten.
schwindend gering. Für die Vermittler ist von vornherein
klar, dass nur in Ausnahmefällen ein Kreditwunsch der
Durch die Täuschung wird beim Kreditsuchenden der
Zielgruppe zu realisieren sein wird. Die Marktuntersu-
Irrtum erzeugt, dass der Vertragsschluss über die Kredit-
chung hat darüber hinaus gezeigt, dass in Fällen, in
vermittlung und die damit verbundenen Zahlungen zu
denen ein Kredit vermittelt wurde, offenbar zuvor die
einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Kreditvermitt-
Bonität der Kreditsuchenden – entgegen der Werbebot-
lung führen würden. Wüsste er, dass dies aufgrund seiner
schaft – doch durch eine Anfrage bei der SCHUFA oder
Zugehörigkeit zu der Zielgruppe „hochverschuldet“ nur
einer anderen Kreditauskunftei überprüft wurde. Das ist
äußerst unwahrscheinlich ist, hätte er die Verträge nicht
ein weiterer Beleg dafür, dass ohne Bonität kein Geld zu
abgeschlossen bzw. die Zahlungen nicht geleistet.
bekommen ist. Damit wird letztlich auch in den wenigen
Fällen der erfolgreichen Kreditvermittlung getäuscht,
Die Vermögensverfügung liegt in der Zahlung der vom
nämlich darüber, dass eine Kreditvergabe ohne Bonitäts-
Vermittler geforderten Beträge; in dem Umfang ist dem
prüfung erfolgen könne.
Kreditsuchenden ein Schaden entstanden.
Durch den Inhalt der Werbebotschaft wird die falsche Tat-
Eine strafbare Täuschung kann aber auch unter einem
sache suggeriert, eine konkrete Erfolgsaussicht bestünde
anderen Aspekt gegeben sein: Verlangt der Kreditvermitt-
auch gerade für Kreditsuchende in finanziellen Schwierig-
ler Auslagen oder anderweitige Zahlungen, die im Rah-
15
keiten und bei schlechter Bonität . Dies ist aber in der
men des § 655d BGB als nicht erforderlich einzustufen
Praxis nicht der Fall, da diese Klientel mit an Sicherheit
sind, so kann hierin die schlüssige Vorspiegelung einer
grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Kredit bekommen
falschen Tatsache, nämlich des Bestehens des Anspruchs
wird. Dadurch wird dem Kunden zumindest konkludent
gesehen werden. In welchem Ausmaß ein Täter im
suggeriert, ein gewisser Umstand (nämlich die höchst-
Zusammenhang mit dem Einfordern einer Leistung Tat-
wahrscheinliche Nichtvermittelbarkeit der Kredite) sei
sachen über die rechtliche Bewertung des Anspruches
nicht gegeben.
miterklärt, ist umstritten.
Auch die nähere Betrachtung der wirtschaftlichen Gege-
Nach herrschender Auffassung gehört die Frage, ob die
benheiten dieser Branche stützt den Vorwurf der Täu-
Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht
schung: Angesichts nur weniger erfolgreich zu vermitteln-
übersteigt, generell in den Risikobereich des Leistenden,
15 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 913
Rechtsgutachten 37
in diesem Fall des Kreditsuchenden. Der Betrugstatbe-
Einnahmen (die tatsächlich gar nicht oder nicht in der
stand schützt nicht vor jeglicher Unredlichkeit im
Höhe entstanden sind) Gewinn zu erzielen.
Geschäftsverkehr. Die Forderung eines überhöhten Preises
enthält danach nicht auch die konkludente Erklärung,
Darüber hinaus dürfte aber auch eine konkludente
der Preis sei angemessen oder üblich. Diese Auffassung
Täuschung über die tatsächlichen Voraussetzungen seines
wurde aber hauptsächlich zu Fällen grundsätzlich freier
Anspruchs vorliegen. Denn gerechtfertigt ist sein Aus-
Preisgestaltung, wie etwa im Gebrauchtwagenhandel,
lagenanspruch wie oben dargestellt nur, wenn die Aus-
entwickelt.
lagen nicht pauschaliert sind, im Einzelnen vorher vereinbart wurden und nicht lediglich die allgemeinen Betriebs-
Allerdings wird in der Forderung einer nicht berechtigten
kosten betreffen. Wie die Untersuchung gezeigt hat, ist
– also einer mehr als nicht angemessenen – Leistung
dies aber tatsächlich nie der Fall.
durchaus eine Täuschungshandlung gesehen. Allerdings
ist die konkludent falsche Tatsachenbehauptung nicht
In einer jüngeren Entscheidung des 5. Strafsenats vom
schon daraus zu konstruieren, dass lediglich ungerecht-
09.06.200916 hat der BGH eine konkludente Täuschung
fertigte Beträge eingefordert werden. Eine Täuschung im
durch ein Stadtreinigungsunternehmen angenommen,
Sinne des § 263 StGB wird von der herrschenden Mei-
das von Grundstückseigentümern deutlich überhöhte
nung nur dann angenommen, wenn zusätzlich ein Bezug
Gebühren für die Straßenreinigung gefordert hatte. Die
zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder
Täuschungshandlung sah der BGH darin, dass das Unter-
die rechtliche Wirksamkeit eines Anspruchs wahrheits-
nehmen mit den Rechnungsschreiben konkludent miter-
widrig als gesichert dargestellt wurde.
klärt hatte, dass die Tarife unter Beachtung der entsprechenden Vorschriften ermittelt worden seien und sie
Nach einer weitergehenden Auffassung liegt eine Täu-
somit auch auf einer zutreffenden Bemessungsgrundlage
schung auch dann vor, wenn die nicht berechtigte Leis-
beruhten. Welcher Inhalt einer Erklärung zukommt, so
tung einseitig vom vermeintlichen Gläubiger eingefordert
der BGH, bestimme sich ganz wesentlich auch durch den
wird oder wenn die Position des Getäuschten in der Form
Empfängerhorizont und die Erwartungen der Beteiligten.
schwächer ist, dass er auf die Richtigkeit einer Abrech-
Diese seien regelmäßig durch den normativen Gesamtz-
nung vertrauen muss, weil er in der Nachprüfbarkeit ein-
usammenhang geprägt, in dem die Erklärung stehe. Die
geschränkt ist, namentlich wenn Tax- oder Listenpreise
Entscheidung zeigt, dass für die Bewertung, ob der unge-
oder andere Kriterien über den zulässigen Inhalt der
rechtfertigten Gebührenforderung auch eine Täuschung
Abrechnung existieren.
über die der Forderung zugrunde liegenden Tatsachen
zugrunde lag, auch auf ein besonderes strukturelles
Fraglich ist, inwieweit der Kreditvermittler bei der Verein-
Ungleichgewicht des Falls abzustellen war. Weil der
nahmung ungerechtfertigter Auslagen über die der For-
Bürger die Gebührenordnung nur bedingt kontrollieren
derung zugrundeliegenden Tatsachen täuscht. Dabei ist
konnte und zudem auf die Richtigkeit der Behörden-
schon der Begriff der Auslagen zu beachten, der beinhal-
entscheidung vertraute, sah der BGH in diesem Fall auch
tet, dass dem Vermittler hier keine Provisionen oder
eine Täuschung über die der Abrechnung zugrundelie-
Gebühren zufließen, die der wirtschaftlichen Gewinner-
gende Bemessungsgrundlage.
zielung dienen. Es sollen lediglich diejenigen Aufwendungen ersetzt werden, die dazu führen, dass er die tatsäch-
Auch bei den hier untersuchten Kreditvermittlungsfällen
lichen Bemühungen um die Kreditvermittlung kostenneu-
besteht – wie bereits dargelegt – ein strukturelles
tral durchführen kann und im Fall der fehlgeschlagenen
Ungleichgewicht zwischen dem Fordernden und dem
Vermittlung nur seine Arbeitskraft und allgemeinen
vermeintlich Zahlungspflichtigen. Zwar besteht in diesem
Betriebskosten eingesetzt hat. Im Regelfall wird der Ver-
Fall kein besonderes Vertrauensverhältnis aufgrund einer
mittler durch das Verlangen von Auslagen auf der Rech-
Amtsstellung. Hier wird man aber das Vorverhalten der
nung schon über diese Tatsache täuschen. Denn wie oben
Vermittler mit in die Waagschale werfen müssen, die sich
dargelegt geht es dem Vermittler ja gerade darum, nicht
durch ihre Werbung als Spezialisten für die Kreditvermitt-
nur Kostenneutralität zu erreichen, sondern durch diese
lung an nicht kreditwürdige Adressaten gerierten.
16 BGH NStZ 2009, 506 ff., dazu die zustimmenden Anmerkungen von Voßen,
NStZ 2009, 687, und Sieweke, wistra 2009, 341 ff.
38 Rechtsgutachten
Ein Kreditvermittler hat zudem – auch wenn er für seine
Bewertet man also – wie vom BGH gefordert – den nor-
Gewerbeerlaubnis keine Sachkundeprüfung absolvieren
mativen Gesamtzusammenhang der Konstellation, so
muss – zwangsläufig Kenntnisse über die wichtigen Vor-
muss auch in den Fällen des unberechtigten Verlangens
schriften, die sein Gewerbe betreffen. Genaue Kenntnisse
von Auslagenersatz eine konkludente Täuschung des Kre-
der möglichen Berechtigung seiner Forderungen sind
ditvermittlers über die Berechtigung der Gebühren ange-
konzeptioneller Bestandteil des Geschäftsmodells. Dazu
nommen werden. Diese liegt – je nach Fallkonstellation –
gehört im Regelfall die Kenntnis der zivilrechtlichen
in der Vorlage eines Vermittlungsvertrages, einer Hausbe-
Grenzen der Gebührenerhebung, die er als wesentlichen
suchsvereinbarung zur Unterschrift oder der Übersendung
Pfeiler seines Geschäftsmodells genau austariert. Der
von Unterlagen per Nachnahme mit der jeweils ausdrück-
Kreditsuchende verfügt dagegen in aller Regel nicht über
lichen oder schlüssigen Erklärung, dass der Verbraucher
rechtliche Kenntnisse und wird von der Berechtigung der
die unzulässigen Auslagen zu zahlen habe.18
17
erhobenen Forderungen ausgehen. Er ist aufgrund
seiner typischen Situation nicht in der Lage, die Berechti-
Durch die nachdrückliche Gebührenforderung des Ver-
gung der Forderung zu prüfen und sich gegebenenfalls
mittlers entsteht bei dem Kreditsuchenden der Irrtum, zur
dagegen zu wehren. Dieses strukturelle Ungleichgewicht
Zahlung verpflichtet zu sein.
wird von den Vermittlern durch die Werbung gezielt ausgenutzt. Sie wenden sich direkt an eine Klientel, die die
Zahlt der Verbraucher die geforderten Auslagen, so liegt
Berechtigung der geltend gemachten Forderungen nicht
eine Vermögensverfügung vor. Weil die geforderte Ausla-
einschätzen kann und zudem wirtschaftlich so unter
generstattung rechtswidrig ist, entsteht dem Verbraucher
Druck steht, dass sie nur allzu bereit ist, leichte Zweifel an
auch ein entsprechender Vermögensschaden. Die Tatsa-
der Berechtigung der Forderung in der Hoffnung auf die
che, dass er eigentlich nicht zur Zahlung der nicht berech-
ersehnte Kreditgewährung beiseitezuwischen. Auch diese
tigten Forderung verpflichtet wäre, ändert hieran nichts.
Umstände sind in die Gesamtbewertung mit einzubezie-
Leistet der Schuldner auf die Anforderungen des Vermitt-
hen, das nach außen scheinbar verkehrsgerechte Verhal-
lers nicht, so liegt lediglich ein versuchter Betrug seitens
ten wird gezielt eingesetzt, um den Adressaten zu schädi-
des Vermittlers vor.
gen, die Irrtumserregung ist damit nicht zufällig, sondern
gewollte Folge eines ausgetüftelten Systems.
Eine Täuschung kann sich in den hier untersuchten Fällen
auch durch Unterlassen ergeben. Dies kann nur ange-
Hinzu kommt, dass der Kreditsuchende kaum eine Mög-
nommen werden, wenn dem Täter in Bezug auf die Mit-
lichkeit hat, die Berechtigung der Forderung zu prüfen.
teilung der Tatsache eine Garantenpflicht zukommt, ihm
Anders als im Fall der Gebührenerhebung – dort haben
also eine Rechtspflicht zur Aufklärung obliegt. Fraglich ist
die Betroffenen immerhin ein kostenloses verwaltungs-
also, ob der Vermittler den Kunden darüber aufklären
rechtliches Widerspruchsverfahren mit der Chance der
muss, dass der angebahnte Geschäftskontakt höchst-
Überprüfung zumindest durch die Widerspruchsbehörde
wahrscheinlich nicht zu einer Erfüllung des Kreditwun-
– wird er rein faktisch nicht in der Lage sein, die Berechti-
sches führen wird. Eine solche Aufklärungspflicht kann
gung durch einen Anwalt zu überprüfen bzw. sich sogar
sich allein aus der vertraglichen Beziehung ergeben.
aktiv dagegen zu wehren. Erschwerend kommt hinzu,
dass es in den hier vorliegenden Fällen nicht nur um die
Dabei reicht freilich ein bloßer Vertragsschluss nicht aus.
Frage geht, ob ein dem Grunde nach gerechtfertigter
Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung
Anspruch auch in der Höhe berechtigt ist, sondern es ist
ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichten-
aufgrund der zivilrechtlichen Vorschriften klar, dass der
kreises. Allerdings begründet nicht jede Übertragung von
Anspruch, der gegenüber dem Kreditsuchenden geltend
Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen
gemacht wird, überhaupt nicht gerechtfertigt ist.
Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu
17 Nach der Rechtsprechung des BGH schließt Leichtgläubigkeit der potentiellen Opfer oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger
Prüfung die Täuschung nicht aus, BGH NStZ 2003, 313, 314; zu der Problematik der Abofallen siehe auch OLG Frankfurt vom 17.12.2010 = NJW
2011, 398 ff. Rz. 46.
18 LG Würzburg, Urt. v. 10.03.1997, 1 KLs 225 Js 13512/95: Betrug durch
Vorspiegeln der Berechtigung, pauschale Fahrtkosten verlangen zu dürfen;
AG Göppingen, Urt. v. 12.04.2000, AZ 4 LS 31 Js 984/99: Betrug durch
Verlangen allgemeiner pauschaler Auslagen; LG Hamburg a.a.O.: Betrug
durch Verlangen pauschaler Kosten.
Rechtsgutachten 39
veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten
Es ist schwer vorstellbar, dass ein Kreditvermittler die
zu überantworten.
wichtigsten Vorschriften seines Geschäftsfeldes, die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 655a ff. BGB,
Wie oben dargelegt, treffen den Kreditvermittler verschie-
nicht kennt und von der Fülle an Rechtsprechung zum
dene vertragliche Aufklärungspflichten. Er hat den Kredit-
Komplex zulässiger Auslagen nichts gehört haben will.
suchenden über alle ihm bekannten Umstände aufzu-
Gewerberechtlich ist er sogar verpflichtet, sich über die
klären, die für dessen Entschließung von Bedeutung sein
einschlägigen Vorschriften seines Gewerbes zu unterrich-
können. Dazu gehört z.B. die Pflicht, den Kreditsuchen-
ten. Das Landgericht Hamburg setzte sich in einem Straf-
den darüber aufzuklären, dass alle Kreditvermittlungsbe-
urteil gegen Kreditvermittler sehr ausführlich mit der
mühungen des Vermittlers bislang erfolglos waren, oder
Frage auseinander, ob und wann die Beschuldigten
darüber, dass dieser nur mit einer eingeschränkten Anzahl
Kenntnis von der Zulässigkeit bestimmter Auslagenklau-
von Banken verhandelt. Eine Aufklärungspflicht wird man
seln hatten. Indizien für die entsprechende Kenntnis kön-
wohl auch dahingehend annehmen können, dass der
nen sein: Ablichtungen von Urteilen zum Themenkomplex
Vermittler deutlich machen muss, dass die Vermittlungs-
in den Geschäftsunterlagen des Vermittlers, Schreiben
aussichten nach den Erfahrungen des Vermittlers zwar
oder Einschätzungen seiner Rechtsberater, Anpassung
nicht vollkommen aussichtslos, aber äußerst gering sind.
von Auslagenklauseln an die Vorgaben der Interessenge-
Zusätzlich ist in diesen Fällen das vorhergehende Verhal-
meinschaft der Kreditvermittler, Kontakte zu Personen,
ten der Vermittler zu berücksichtigen, insbesondere die
denen das Thema bekannt ist, Aufrechterhalten der Klau-
gezielte Bewerbung (das Vermittlungsversprechen richtet
seln oder Forderungen, auch nach Rückforderungsschrei-
sich gezielt an eine Klientel, bei der die Vermittlung nicht
ben der Betroffenen mit Begründung. Da Eventualvorsatz
aussichtsreich ist) einer besonders leichtgläubigen Ziel-
ausreicht, kann sich der Vermittler angesichts der zahlrei-
gruppe, die bereit ist, sich in der scheinbar ausweglosen
chen Entscheidungen der Oberlandesgerichte auch nicht
wirtschaftlichen Situation an jeden Strohhalm zu klam-
darauf zurückziehen, dass es einzelne instanzgerichtliche
mern. Insofern wird in diesen Fällen auch im Sinne einer
Entscheidungen gibt, die pauschale Auslagenerstattun-
Ingerenz eine Garantenpflicht ausgelöst.
gen zulassen. Denn wer zumindest in Kauf nimmt, dass
die Auslagenforderung rechtswidrig sein könnte, handelt
Klärt der Vermittler nicht über die voraussichtliche Erfolg-
in Schädigungsabsicht, wenn er sie dennoch beansprucht.
losigkeit der Vermittlung auf, so täuscht er den Kreditsuchenden über die realen Möglichkeiten einer Kredit-
Kreditvermittler, die entgegen § 655d BGB und der hierzu
gewährung. Daraus entwickelt sich der entsprechende
ergangenen gesicherten Rechtsprechung nicht berech-
Irrtum, denn die Kreditsuchenden gehen davon aus, eine
tigte Auslagen von dem Verbraucher verlangen, machen
realistische Aussicht auf einen Kredit zu haben und tref-
sich damit wegen Betruges strafbar.
fen daraufhin durch die Zahlung der nicht berechtigten
Forderungen die Vermögensverfügungen, die den entsprechenden Schaden entstehen lassen.
2.2 Betrug durch die Vereinnahmung einer
Vermittlungsprovision ohne Kreditvermittlung
Auf der subjektiven Seite ist Vorsatz des Vermittlers
insbesondere hinsichtlich der Rechtswidrigkeit sowie
Erhält der Verbraucher, so wie es nahezu die Regel ist,
Schädigungsabsicht erforderlich. Prinzipiell muss der
kein Darlehen, dann ist die Vereinnahmung einer Provi-
Kreditvermittler zumindest billigend in Kauf nehmen, dass
sion oder anderweitig benannten Vergütung gemäß
die Forderung unberechtigt sein könnte. Dabei kommt es
§§ 655c und e BGB gänzlich ausgeschlossen. Das Kredit-
nicht darauf an, ob der Täter nach den Anschauungen
vermittlungsrecht lässt eine Provisionszahlung ausschließ-
seiner Kreise annimmt, einen Anspruch auf die Leistung
lich im Erfolgsfall zu. Einige Vermittler verlangen eine
zu haben. Voraussetzung ist vielmehr die Vorstellung, der
solch offensichtlich rechtswidrige Zahlung dennoch von
Anspruch werde auch von der Rechtsordnung anerkannt.
dem Kreditsuchenden. Dabei ist es wegen des Umge-
Es kommt nicht darauf an, ob die mögliche Unkenntnis
hungsverbotes in § 655e BGB völlig unerheblich, wie der
von der Rechtswidrigkeit von dem Kreditvermittler ver-
Vermittler die Zahlung benennt oder dem Schuldner ver-
schuldet wurde.
kauft. Die §§ 655a ff. sind Verbraucherschutzvorschriften
und als solche unabdingbar.
40 Rechtsgutachten
Fraglich ist, ob in der Geltendmachung der Forderung
Alle untersuchten Anzeigen sind so gestaltet, dass sich
auch in diesen Fällen eine Täuschung über die der Forde-
Menschen, die akuten Finanzbedarf haben und diesen an
rung zugrundeliegenden Tatsachen vorliegt. Die Geltend-
anderer Stelle nicht decken konnten, in der Hoffnung auf
machung der eindeutig unberechtigten Forderung alleine
einen Kredit an die Vermittler wenden. Nach allgemeinen
wird hier nicht genügen. Die Täuschung kann sich aber
Geschäftsprinzipien wäre die erfolgreiche Kreditvermitt-
im Einzelfall aus dem Inhalt der Forderungsschreiben
lung nun allein davon abhängig, ob der potentielle
ergeben, wenn dort auf falsche Tatsachen Bezug genom-
Kreditnehmer hinreichend solvent ist und welche Sicher-
men wird. Allerdings könnte man in diesen Fällen auch
heiten er gegebenenfalls aufweisen kann. Stattdessen
eine Täuschung durch Unterlassen annehmen. Dies aller-
wird den Kreditsuchenden aber mitgeteilt, der Abschluss
dings nur, wenn man die vertragliche Aufklärungspflicht
von Sparverträgen, Restschuldversicherungen oder Bau-
des Kreditermittlers so weit spannt, dass man auch eine
sparverträgen etc. sichere den Kredit und/oder erhöhe die
Aufklärungspflicht dahingehend annimmt, dass der Ver-
Aussicht auf Auszahlung.
mittler den Kunden auch darüber aufklären muss, dass
die von ihm geltend gemachte Forderung unrechtmäßig
Diese Behauptungen sind falsch und somit als Täuschung
ist.
über Tatsachen zu qualifizieren: In aller Regel wird kein
Kredit vermittelt, von einer Erhöhung der Kreditchancen
Aufgrund des beim Verbraucher gegebenenfalls hierdurch
kann deshalb keine Rede sein. Was den Sicherungszweck
entstehenden Irrtums wird dieser zu einer Vermögensver-
angeht, so ist davon auszugehen, dass die Kreditsuchen-
fügung, zur Zahlung der Provision, veranlasst. Durch die
den keine freien zusätzlichen Mittel zur Bildung von Spar-
Zahlung erleidet der Verbraucher einen Vermögensscha-
einlagen zur Verfügung haben. Außerdem können neu
den, dem ein stoffgleicher Vermögensvorteil auf Vermitt-
angelegte Spareinlagen, Bausparverträge oder stille Betei-
lerseite gegenübersteht. Es ist nicht denkbar, dass ein
ligungen einen Kredit kaum sichern. Vom Schuldner ein-
Kreditvermittler nicht weiß, dass Provisionen im Bereich
gezahlte Beträge werden zudem zunächst mit den meist
der Konsumentenkredite nicht erfolgsunabhängig ver-
hohen Abschlussgebühren verrechnet, ohne dass es zu
langt werden dürfen. Insofern sind Vorsatz und Schädi-
einer Kapitalbildung kommt. Aus einer Kreditaufnahme
gungsabsicht klar gegeben. Somit können sich auch Kre-
mit gleichzeitigem Ansparvertrag kann keine Sicherheit
ditvermittler, die eine Provision von dem Kreditsuchenden
erwachsen. Kommt der Schuldner mit seinen Kreditraten
vereinnahmen, ohne einen Kredit vermittelt zu haben,
in Verzug, dürfte er zuvor auch die Sparraten nicht ord-
wegen Betruges strafbar machen.19
nungsgemäß geleistet haben. Die beste Sicherheit wäre
die Teilrückzahlung des Kredites, das würde auch die
Im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung wird mitt-
höchste Rendite bringen.
lerweile regelmäßig eine ganze Reihe verschiedener
Zusatzverträge (Bausparverträge, Restschuldversicherun-
Auch im Falle der Vermittlung einer Wirtschaftsberatung
gen, Wirtschaftsberatung, Schuldensanierung, Sparanla-
erhöhen sich die Chancen auf einen Kredit nicht. Die nor-
gen, Kreditratenausfallversicherungen) vermittelt. Diese
male Bonität des Kreditsuchenden muss vom Vermittler
sind praktisch durchgehend für den Kreditsuchenden
oder potentiellen Geldgeber ohnehin vorab überprüft
wirtschaftlich sinnlos. Zivilrechtlich sind sie deshalb auch
werden. Eine Wirtschaftsberatung ist hier überflüssig.
sämtlich wegen arglistiger Täuschung oder Falschberatung angreifbar.
Wesentlich an der Vermittlung an einen gewerblichen
Schuldenregulierer ist die Täuschung über den tatsächli-
Damit stellt sich die Frage, ob die Vermittlung solcher
chen Inhalt des vermittelten Vertrages. Die Annoncen der
Verträge gleichzeitig einen strafbaren Betrug darstellt.
Vermittler und die Regulierungsverträge sind so formu-
Der Kreditsuchende wird über die Notwendigkeit und die
liert, dass die Kunden weiter von der Gewährung eines
Sinnhaftigkeit dieser Verträge getäuscht:
Kredits ausgehen (Rate, Tilgungssumme, Beträge von
5.000 1 bis 30.000 1 sind kein Problem etc.).20
19 OLG Jena NJW 2002, 2404 zum Betrug durch angebliche Kreditvermittlung
im Internet. Weil der Täter die Anzeige im Internet veröffentlichte, ist gem.
§ 263 Abs. 2 StGB ein besonders schwerer Fall angenommen worden.
20 Siehe dazu auch den Fall des LG Stuttgart, vom 18.06.2008 – 37 O 30/08 =
VuR 2008, 387 f., in dem das Gericht darauf hingewiesen hat, dass der
Kunde entsprechende Schreiben zumindest so versteht (und auch so verstehen soll), als sei der Abschluss der anderweitig angebotenen Verträge
förderlich für die erfolgreiche Kreditvermittlung.
Rechtsgutachten 41
Allenfalls bei der auch sonst üblichen Restschuldversiche-
tung zu Maßnahmen genötigt wird, die sein Vermögen
rung kann ein tatsächlicher Sicherungszweck im Hinblick
beeinträchtigen, bzw. wenn er infolge der Verpflichtung
auf einen Kredit gegeben sein. Wird die Versicherung
die Mittel nicht mehr zur Verfügung hat, derer er nach
aber unabhängig vom Darlehensvertrag abgeschlossen,
seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen
ist sie ohne Sinn.21
bedarf. Maßgebend ist hierbei ein objektiver Betrachter.
Vermittler versuchen häufig, die Abhängigkeit der Zusatz-
Nach diesen Kriterien kommt man hier trotz objektiv
verträge vom Darlehensvertrag durch schriftliche Verein-
gleichwertiger Gegenleistung zu einem Vermögensscha-
barung zu verschleiern, um dem Täuschungsvorwurf zu
den auf Seiten der Kunden. Diese sind sämtlich bereits
entgehen. Diese Vereinbarung ist gemäß § 116 BGB als
vor der Kontaktaufnahme in finanziellen Schwierigkeiten,
geheimer Vorbehalt unbeachtlich. Aus den geschilderten
so dass durch die neuerlichen Verträge, würden sie
finanziellen Umständen der Kreditsuchenden wird deut-
erfüllt, eine Existenzgefährdung leicht gegeben wäre. Die
lich, dass sie die jeweiligen Verträge ausschließlich mit
Verträge sind sämtlich nicht förderlich für die Kreditge-
Bezug zum erhofften Kredit abgeschlossen haben.
währung, so dass sie ihren Zweck nicht erfüllen. Die Tatsache, dass die Versicherungen in der Regel bereit sind,
Die Aussagen des Vermittlers führen zu einem Irrtum auf
die Verträge kostenneutral zu stornieren, ändert gerade
Seiten des Kreditsuchenden über die Notwendigkeit der
in diesen Fällen nichts daran, dass der Schaden eingetre-
Verträge und zu einer entsprechenden Vermögensverfü-
ten ist.
gung, nämlich dem Unterzeichnen der Verträge, die er
bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht abgeschlossen
Die zweite Gruppe der Verträge zeichnet sich dadurch
hätte.
aus, dass objektiv wertlose Leistungen der Verpflichtung
des Schuldners auf Zahlung der Gebühren oder Entgelte
Die Frage des Schadens auf Kundenseite könnte zunächst
gegenüberstehen. Hierzu zählen Schuldenregulierungs-
problematisch sein, weil die diversen zusätzlichen Ver-
verträge und Wirtschaftsberatungen in der hier beobach-
träge nicht per se unwirksam oder rechtswidrig sind. Der
teten Variante.
Vertragsunterzeichnung und der damit eingegangenen
Verpflichtung steht abstrakt eine entsprechende Gegen-
Die Frage der Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Ver-
leistung gegenüber. Zu unterscheiden sind Verträge, die
träge bleibt auch hier bei der Frage des Schadens außer
abstrakt in Ordnung, aber für viele Menschen sinnvoll
Betracht, maßgeblich ist der objektive Wertvergleich von
sind, und solche, die auch objektiv eine wertlose Leistung
Leistung und Gegenleistung. Der Belastung des Schuld-
beinhalten. Zu ersterer Gruppe gehören in erster Linie
nervermögens steht nach den Vertragsinhalten kein
Versicherungen und Bausparverträge. Durch das Eingehen
Anspruch auf adäquate Gegenleistung gegenüber.
der Verpflichtung, die Beiträge zu bezahlen, erwirbt der
Verbraucher als Gegenleistung vollen Versicherungsschutz
Hinsichtlich Rechtswidrigkeit, Vorsatz und Schädigungs-
bzw. die Aussicht auf ein späteres zinsgünstiges Darle-
absicht liegt der Fall klar. Der Vermittler dürfte in aller
hen. Die Verträge sind lediglich für den Kreditsuchenden
Regel wissen, dass die diversen Verträge nicht zusammen-
in seiner aktuellen finanziellen Situation unbrauchbar.
hängen. Rechtliche Bewertungen sind in diesen Fällen
nicht maßgeblich. Wer statt der Kreditvermittlung weitere
Hier ist die Lehre vom sogenannten subjektiven Schadens-
oder andere Verträge vermittelt, macht sich somit wegen
einschlag zu beachten. Ein Schaden kann sich daraus
Betruges strafbar.
ergeben, dass die Gegenleistung für ihren Empfänger
nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich
In allen oben beschriebenen Fällen der Strafbarkeit
vorausgesetzten Zweck brauchbar ist oder er sie auch
wegen Betruges dürfte gleichzeitig ein besonders schwe-
nicht in anderer zumutbarer Weise verwenden kann oder
rer Fall im Sinne von § 263 Abs. 3 StGB anzunehmen
wenn der Erwerber durch die eingegangene Verpflich-
sein. Das ist u.a. der Fall bei gewerbsmäßiger Begehung
21 Das gilt insbesondere für die häufigen Kreditratenausfallversicherungen, die
neuerdings beliebt geworden sind und z.T. auch für den Fall abgeschlossen
werden, dass gar kein Kredit vermittelt wird. Diese Verträge haben obendrein noch so viele Ausschlussklauseln, dass sie in der Praxis bei der angesprochenen Klientel kaum greifen dürften, dazu Maltry,
http://www.f-sb.de/akgeschaefte/armut/armut0001.htm.
42 Rechtsgutachten
(Nr.1), großer Schadenshöhe (Nr. 2, 2. Variante) oder
eine falsche Tatsache vorliegt, die bei dem Kreditsuchen-
einem großen Kreis von Opfern.
den einen entsprechenden Irrtum erregt.
In den Fällen, in denen oben das tatbestandsmäßige
Ebenfalls kommt in diesen Fällen eine Täuschung durch
Vorliegen des Betruges angenommen wurde, dürfte im
Unterlassen in Betracht, wenn man annimmt, dass der
Regelfall auch ein besonders schwerer Fall des Betruges
Vermittler den Kreditsuchenden auch über die rechtliche
gem. § 263 Abs. 3 StGB vorliegen. Dies ergibt sich in
Unwirksamkeit des Kreditvertrages aufzuklären hat.
diesen Fällen aus Abs. 3 Nr. 1 StGB, da die Täter gewerbsmäßig gehandelt haben22. Gewerbsmäßig handelt, wer
Mit seiner Unterschrift unter den Kreditvertrag trifft der
sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorü-
Kreditsuchende eine Vermögensverfügung. Diese liegt
bergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle
auch dann vor, wenn durch Täuschung ein unwirksamer,
verschaffen will. Die Vermittler haben in der Regel ihr Sys-
anfechtbarer oder von vornherein nicht bestehender
tem auf eine dauerhafte Gewerbetätigkeit ausgelegt, die
Vertrag geschlossen wird, solange der Schein einer ver-
sie häufig über Jahre betreiben. Sie richten sich mit Ihrer
traglichen Bindung geschaffen wird. Unabhängig von der
Werbung an eine nicht bestimmte Zahl von Kreditsuchen-
Frage der Wirksamkeit geht der Kreditsuchende die
den, die im Einzelfall vergleichsweise geringen Gebühren
Verpflichtung ein, einen erhaltenen Kredit samt Zinsen
führen nach den Geschäftsmodellen erst dann zu einem
und Kosten zurückzuführen.
erheblichen Gewinn, wenn eine Vielzahl von Kunden
betreut wird. Entsprechend hoch ist in den Fällen die Zahl
Fraglich ist, ob diese Verfügung bei dem Kreditsuchenden
der Geschädigten; im vom LG Stuttgart entschiedenen
zu einem korrespondierenden Vermögensschaden geführt
Fall betrug die Anzahl der Geschädigten 50.000.
hat. Prinzipiell besteht ein Vermögensschaden im negativen Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und
nach der Vermögensverfügung. Normalerweise stehen
2.3 Strafbarkeit wegen Betruges bei Vermittlung
eines Kredits (§ 263 StGB)
sich Kreditvergabe und Rückzahlung plus Zinsen als
gleichwertige Leistungen gegenüber. Bei einem sittenwidrigen Kreditvertrag allerdings liegen die Kreditkosten weit
Hat der Kreditsuchende, was in Einzelfällen vorkommt,
über den marktüblichen Konditionen. Nach der Recht-
einen Kredit erhalten, also einen Darlehensvertrag abge-
sprechung ist der Kreditnehmer überhaupt nicht zur Zah-
schlossen, dessen Widerrufsfrist abgelaufen ist, kommt
lung von Zinsen verpflichtet. Zahlt er die Zinsen dennoch,
eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht, wenn der
so ist hierin unproblematisch ein Schaden zu sehen. Die
vermittelte Kredit als solcher sittenwidrig überteuert ist.
Tatsache, dass der Kreditnehmer hierzu nicht verpflichtet
war, ändert daran nichts. Zum einen muss er vermutlich
Im Laufe der 80er Jahre ist eine gesicherte Rechtspre-
gerichtliche, zumindest aber anwaltliche Hilfe in
chung über die Frage der Sittenwidrigkeit von Verbrau-
Anspruch nehmen, um seinen Anspruch durchzusetzen,
cherkrediten entstanden. Liegen die Kreditkosten mehr
denn die Kreditinstitute pflegen die sittenwidrigen Zah-
als 100% über den marktüblichen Konditionen, ist der
lungen selbstverständlich auch zu verlangen, notfalls
Kreditvertrag gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit
durch Inkassobüros oder durch Titulierung im Mahnver-
nichtig. Rechtsfolge auf Schuldnerseite sind die Zinslosig-
fahren. Zum anderen ist anerkannt, dass ein Schaden
keit des Darlehens und die Rückzahlung der Valuta in
bzw. eine konkrete Vermögensgefährdung zumindest
Raten.
solange vorliegt, wie der Geschädigte aufgrund mangelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht kennt
Mit der Vorlage der Kreditverträge erklärt der Vermittler
und nicht hinreichend ausüben kann. Man darf davon
schlüssig, ein gültiges Rechtsgeschäft zu vermitteln. Weil
ausgehen, dass die Klientel der „SCHUFA-freien“ Anbie-
der beabsichtigte Vertrag aber von Anfang an nichtig ist,
ter die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Krediten nicht
ist das falsch. Allerdings ist fraglich, ob darin lediglich
kennt.
eine Täuschung über eine Rechtsauffassung oder über
Umstritten ist allerdings die Frage, ob ein Schaden bzw.
eine schadensgleiche Vermögensgefährdung und damit
22 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11, S. 916
Rechtsgutachten 43
ein vollendeter Betrug bereits im Moment des Vertragsab-
Zunächst ist also festzustellen, ob die angebotene oder
schlusses vorliegen, wenn der Getäuschte seine Leistung
tatsächliche Vermittlung von Krediten oder sonstigen Ver-
noch nicht erbracht hat. Denn prinzipiell muss die Wert-
trägen unter Ausbeutung einer Schwächesituation beim
minderung im Moment der Verfügungshandlung eintre-
Kreditsuchenden erfolgt. Eine Zwangslage ist bei wirt-
ten. Auch innerhalb der Rechtsprechung ist die Bewer-
schaftlicher Bedrängnis gegeben, die der Betroffene
tung uneinheitlich. Im Ergebnis wird dann ein Schaden
durch die Leistung zu beseitigen sucht, und zwar nicht
angenommen, wenn der Getäuschte u.a. wegen man-
erst bei einer Existenzgefährdung. Der Begriff ist weit
gelnder geschäftlicher Gewandtheit seine Rechte nicht
auszulegen. Ausreichend ist eine schwerwiegende Beein-
ohne weiteres ausüben kann. In den hier diskutierten
trächtigung der wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit.
Fallgruppen jedenfalls wird man davon ausgehen können,
Die Zwangslage muss ernst, sie braucht nicht existenz-
dass die getäuschten Kreditnehmer ihre Rechte nicht
bedrohend zu sein. Unerheblich ist, ob den Betroffenen
kennen und zu einem großen Teil geschäftlich unerfahren
an seiner Situation ein Verschulden trifft.
sind.
In den hier relevanten Fällen werden mit dem Angebot
Auf Seiten des Vermittlers muss in subjektiver Hinsicht
der „SCHUFA-freien“ Kredite gerade diejenigen ange-
Vorsatz und die Absicht der Erlangung eines rechtswidri-
sprochen, die bei einer seriösen Bank nicht mehr kredit-
gen Vermögensvorteils vorgelegen haben. Vermögens-
würdig sind. Insofern muss davon ausgegangen werden,
nachteil auf Seiten des Kreditnehmers und Vermögens-
dass sich die Kreditsuchenden in einer ernsten, wirt-
vorteil auf Seiten des Vermittlers müssen stoffgleich sein.
schaftlich problematischen Situation befinden, wenn sie
Der Vermittler verdient die überhöhten Zinsen jedoch
Kontakt zu Anbietern „SCHUFA-freier“ Kredite aufneh-
nicht, ihm geht es um die Provision, die er für die Ver-
men. Damit liegt eine Zwangslage bei der Kreditsuchen-
mittlung erhält. In solchen Fällen des Provisionsvertreter-
den vor.
betruges ist allerdings anerkannt, dass auch ein Betrug
zugunsten eines Dritten, hier des Kreditinstitutes, ausrei-
In einzelnen Fällen kommt möglicherweise auch Unerfah-
chen kann. Vorsatz und Bereicherungsabsicht sind dann
renheit hinzu, d.h. ein Mangel an Geschäftskenntnis und
gegeben, wenn der Kreditvermittler nicht erfolgreich
Lebenserfahrung, die die Fähigkeit zur Beurteilung
einen Irrtum über die Rechtswidrigkeit geltend machen
bestimmter Lebensverhältnisse einschränkt. Diese Schwä-
kann. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvor-
chesituation muss von etwa gleichem Gewicht sein wie
teils – hier der sittenwidrig überhöhten Zinsen – ist beim
die Zwangslage. Eine allgemeine Unkenntnis reicht nicht
Betrug Tatbestandsmerkmal, muss also nur von einfa-
aus.
chem Vorsatz, auch dolus eventualis, umfasst sein. Letztendlich hängt die Strafbarkeit des Vermittlers hier davon
Erforderlich ist das bewusste, missbräuchliche Ausnutzen
ab, ob er die klare Rechtsprechung zu sittenwidrigen
der Schwächesituation des Opfers zur Erlangung über-
Krediten kannte, ob er die Sittenwidrigkeit im konkreten
mäßiger Vorteile, mehr also als bloßes Streben nach
Fall zumindest billigend in Kauf genommen hat und ob
Vermögensvorteilen. Durch das gezielte Ansprechen von
sich diese Kenntnis im Einzelfall beweisen lässt. Weiß der
Personen in prekärer finanzieller Situation beuten Kredit-
Kreditvermittler also, dass der von ihm vermittelte Kredit
vermittler diese Zwangslage oder Unerfahrenheit aus.
sittenwidrig ist, macht er sich wegen Betruges strafbar.
Der Tatbestand des Wuchers erfordert weiter eine Leistung des Täters, die er dem Betroffenen in Aussicht stellt
2.4 Strafbarkeit wegen Wuchers § 291 StGB
oder erbringt. Die Kreditgewährung und -vermittlung
sind ausdrücklich als typische Leistungen genannt, aber
Kreditvermittler können sich außerdem wegen Wuchers,
auch die Vermittlung sonstiger Verträge ist von der Gene-
§ 291 StGB, strafbar machen. Das ist der Fall, wenn
ralklausel des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Nr. 4
jemand u.a. die Zwangslage oder Unerfahrenheit eines
erfasst.
anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für die Gewährung oder Vermittlung eines Kredites oder einer sonstigen
Damit fallen an dieser Stelle mangels Leistung solche Fälle
Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in
(angeblicher Kreditvermittlung) aus dem Tatbestand des
einem auffälligen Missverhältnis zur Leistung stehen.
Wuchers heraus, in denen der Kreditvermittler Auslagen
oder sonstige Entgelte kassiert, aber keinerlei Vermitt-
44 Rechtsgutachten
lungsbemühungen nachweisen kann und auch keine
berechnung gar nicht beachtet werden. Das Vermittelte
anderen Verträge vermittelt hat, er also gar nichts getan
kann für den Wert der Vermittlung von Bedeutung sein.
hat. Dann liegt allerdings ohne Schwierigkeiten Betrug
Sind mehrere Leistungen miteinander verbunden, werden
vor.
Gesamtleistung und sämtliche Vorteile einander gegenübergestellt. Probleme ergeben sich, wenn die Leistung
Als Gegenleistung muss der Kreditvermittler sich oder
für das Opfer nutzlos oder nicht zu verwenden ist. In der
einem Dritten, also beispielsweise dem Versicherungsun-
Rechtsprechung wird in Anlehnung an die Kriterien des
ternehmen, Vermögensvorteile gewähren oder verspre-
individuellen Schadenseinschlags beim Betrug die Leis-
chen lassen. § 291 StGB ist ein Vermögensgefährdungs-
tung des Täters entsprechend gemindert.
delikt, insoweit ist bereits mit dem Eingehen der Verpflichtung eine vollendete Tat gegeben. Versprochene
Wird im Ergebnis kein Kredit vermittelt, so hängt der
oder bereits geleistete Zahlungen des Schuldners, und
Wert der Vermittlungsbemühungen davon ab, wie ernst-
zwar sowohl die Provisionen und Entgelte an den
haft und wie aussichtsreich die Vermittlungsversuche
Vermittler als auch die Zahlungen auf die vermittelten
waren. Sobald der Kreditvermittler beispielsweise weiß,
Verträge, sind als Gegenleistung des Schuldners und
dass der Fall offensichtlich aussichtslos ist, sind Vermitt-
Vermögensvorteil auf der anderen Seite zu werten.
lungsversuche wertlos. Dann müssten die geforderten
Auslagen je nach Einzelfall gegen null tendieren. Verlangt
Schließlich ist der Wuchertatbestand verwirklicht, wenn
der Kreditvermittler dennoch Auslagen oder Entgelte, ist
Leistung und Vermögensvorteil in einem auffälligen Miss-
die Wuchergrenze klar überschritten, weil die Vermögens-
verhältnis stehen. Der Wert des Vermögensvorteils, hier
vorteile die Leistung um ein Vielfaches übersteigen.
die Zahlungsverpflichtungen des Schuldners, muss den
Wert der Leistung so beträchtlich übersteigen, dass für
Werden zusätzliche Verträge vermittelt, so ist zu unter-
den Kundigen, sei es auch erst nach einer Aufklärung des
scheiden:
Sachverhaltes, ein unverhältnismäßiger Wertunterschied
zwischen den Leistungen unmittelbar ins Auge springt.
J
Ohne allgemeinen Wert sind die Verträge mit Schuldenregulierern sowie Wirtschaftsberatungsverträge.
Festzuhalten ist zunächst, dass hier ausschließlich Fälle
Insofern ist auch die Vermittlung solcher Verträge
des Vermittlungswuchers zu prüfen sind. Das ist wichtig
wertlos. Hierzu steht jeder Preis in einem auffälligen
für die Frage, welche Leistungen gegenübergestellt wer-
Missverhältnis. Hinzu kommt, dass Schuldnerbera-
den müssen. Auf der Seite des Vermittlers ist dies nämlich
tungsstellen und Verbraucherzentralen leicht im Tele-
die Vermittlung eines bestimmten Vertrages, also die Ver-
fonbuch zu finden sind. Eine Vermittlung stellt hier
mittlungsleistung als solche und deren Wert, und nicht
kaum einen eigenen Wertfaktor dar.
der vermittelte Vertrag (z.B. das Darlehen).23
J
Versicherungen und Bausparverträge hingegen haben
Demgegenüberzustellen ist der Vermögensvorteil für den
einen objektiven Wert, auch wenn sie für den Schuld-
Vermittler oder einen Dritten, das sind sämtliche Zahlun-
ner nicht brauchbar sind. Wenn das Provisionsverlan-
gen, die der Schuldner an den Vermittler oder auf die
gen nicht nach den obigen Kriterien auffällig über-
Verträge zahlt oder zu zahlen verspricht. Das auffällige
höht ist, ist streitig, ob in der Vermittlung dieser
Missverhältnis ist nach herrschender Meinung von der
Verträge eine Strafbarkeit wegen Wuchers liegt.
Seite des Gläubigers her zu beurteilen, nicht von der Seite
des Opfers. Unmaßgeblich sind deshalb die Vorteile, die
das Opfer mit der Leistung erlangt oder sich verspricht.
2.5 Strafbarkeit wegen Erpressung (§ 253 StGB)
Das bedeutet natürlich nicht grundsätzlich, dass die Versicherungsleistungen oder die anderen Ansprüche, die das
Teilweise wird den Kreditsuchenden mit einer Strafan-
Opfer unmittelbar aus der Leistung erwirbt, bei der Wert-
zeige gedroht, wenn sie Gebühren für dubiose Leistun-
23 Die Vermittlung eines nach obengenannten Kriterien sittenwidrigen Kredites
ist als Wucher einzustufen. Fischer StGB 59. Aufl. § 291 Rn. 18 und 20; BGH
wistra 1983, 191; OLG Stuttgart wistra 1982, 36; Müller/Wabnitz S. 42;
Kühne MschKrim 1977, S. 107, S. 114. Wucherisch ist auch das Entgelt für
eine Kreditvermittlung, die sich auf das Fünffache des üblichen Preises
beläuft, BGH DB 1976, 573; NK-StGB-Kindhäuser § 291 Rz. 53.
Rechtsgutachten 45
gen nicht zahlen, indem sie beispielsweise eine Nach-
2.6 Strafbare Werbung gemäß § 16 Absatz 1 UWG
nahme in Höhe von fast 400 1 nicht einlösen. Hier
könnte eine Strafbarkeit wegen Erpressung in Frage kom-
Weil nahezu alle Geschäftspraktiken (Werbebotschaften,
men. Erpressung bezweckt die rechtswidrige Bereiche-
Geschäftsbedingungen oder Verträge) der hier diskutier-
rung mittels einer Nötigung. Wie beim Betrug ist auch
ten Fallgruppen als unlauter und irreführend i.S.v. §§ 3, 5
hier Vermögensbeschädigungsabsicht auf Täterseite
UWG einzustufen sind, kommt auch eine Strafbarkeit der
erforderlich.
Vermittler wegen eines Vergehens gemäß § 16 Abs. 1
UWG in Betracht. Diese Vorschrift stellt die unwahre und
Mittel der Tat sind Gewalt, die hier ausscheidet, oder
irreführende Werbung mit der Absicht, den Anschein
Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Drohung mit
eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen,
einer Strafanzeige ist als empfindliches Übel anerkannt
unter Strafe.
und ein geeignetes Nötigungsmittel. Durch diese Drohung mit der Anzeige soll der Kreditsuchende zu einer
Maßstab der Prüfung ist die Werbung der Vermittler. Sie
Handlung veranlasst werden, nämlich die Zahlungen
muss für einen größeren Personenkreis bestimmt sein.
vorzunehmen.
Individualwerbung scheidet aus. Angaben, die nur
bestimmte Einzelpersonen täuschen, sind nach § 5 UWG
In nahezu allen Fällen – mit Ausnahme der erfolgreichen
irreführend und können zu einer Betrugsstrafbarkeit füh-
Kreditvermittlung – ist festgestellt worden, dass die
ren. Sämtliche von den Kreditvermittlern geschalteten
Gebühren, Entgelte und Auslagen, die hier vereinnahmt
Anzeigen in der Presse, im Teletext oder im Internet rich-
werden, angreifbar und rechtswidrig sind. Zahlt der
ten sich an ein breites Publikum und sind typische Fälle im
Schuldner eine nicht berechtigte Forderung, so erleidet er
Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 UWG. Fraglich ist,
einen Vermögensnachteil i.S.d. § 263 StGB. Unerheblich
inwieweit auch die Direktwerbung mittels gekaufter
ist dabei, ob er die Forderung rechtlich hätte angreifen
Adressen von kreditunwürdigen Personen unter den
oder nachträglich die Leistung hätte zurückfordern
Anwendungsbereich des § 16 UWG fällt. Hier könnte im
können. Vermögensschaden und Vermögensvorteil auf
Sinne des § 16 Abs. 1 UWG eine Mitteilung vorliegen, die
Täterseite sind stoffgleich.
für einen größeren Personenkreis bestimmt ist. Der Kreis
darf nicht von vornherein geschlossen sein, sondern muss
Rechtswidrig ist die Tat – ebenso wie bei der Nötigung –
einen fest begrenzten engeren Personenkreis quantitativ
gemäß Abs. 2 nur dann, wenn die Androhung des Übels
übersteigen. Wenn ein Kreis sehr groß ist, ist er nicht
zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
mehr geschlossen, weil die Möglichkeit der Weiterverbrei-
Auch dieses Tatbestandsmerkmal dürfte hier zweifellos
tung besteht, außerdem, wenn die Mitglieder untereinan-
vorliegen. So ist der Zweck, eine unberechtigte Leistung
der nicht verbunden sind. Serienbriefe, die mit einem
zu vereinnahmen, ohne weiteres als verwerflich anzuse-
standardisierten Text versehen sind und dann mit Hilfe
hen. Gleiches gilt für die Drohung mit einer in der Sache
von Adressdatenbanken verschickt werden, werden inso-
unberechtigten Strafanzeige.
fern von der Literatur zu Recht dem Anwendungsbereich
des § 16 Abs. 1 UWG zugeordnet. Insofern dürfte auch
Beweisprobleme können hier, wie schon bei der Prüfung
die Direktwerbung der Anbieter mit Krediten ohne
der Betrugsstrafbarkeit, allenfalls wieder im Zusammen-
SCHUFA-Auskunft, die sich regelmäßig an einen sehr
hang mit dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit auftre-
großen und nicht durch eine Innenbeziehung begrenzten
ten. So ist festzustellen, ob und wann der Vermittler von
Personenkreis richtet, unter den Anwendungsbereich des
der Rechtswidrigkeit der Forderung, zumindest mit dolus
§ 16 Abs. 1 UWG fallen.
eventualis, wusste.
Die Strafbarkeit setzt weiter voraus, dass der KreditverWer mittels Drohung mit einer unberechtigten Straf-
mittler mit unwahren Angaben – d.h. Tatsachenbehaup-
anzeige eine ebenso materiell unberechtigte Zahlung
tungen – irreführend wirbt. Ausreichend ist die Eignung
einer Geldsumme zu erlangen versucht, macht sich somit
zur Irreführung. Der Tatbestand stellt auf die Werbung
wegen versuchter, bzw. im „Erfolgsfalle“ bei Zahlung des
ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.
Schuldners wegen vollendeter, Erpressung strafbar.
Die Vorschrift bezieht sich auf ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen
ist die konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne
46 Rechtsgutachten
SCHUFA-Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwür-
Werbung kaum verständlich ist, zumal Ermittlungen
digkeit bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen
wegen strafbarer Werbung quasi als Türöffner für weitere
Kredit bekommen zu können. Die Botschaften dieser
Ermittlungen dienen könnten.
Anzeigen sind sowohl unwahr als auch irreführend. Tatsächlich werden in den überwiegenden Fällen entgegen
Handelt der Täter in der Absicht, sich durch die irrefüh-
der Werbeaussage überhaupt keine Kredite an das
rende Werbung einen Vermögensvorteil zu verschaffen,
beworbene Klientel vergeben. Soweit es doch zu einer
so kann neben dem Tatbestand der strafbaren Werbung
Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese nicht ohne eine
auch der eines Betrugs vorliegen. Liegt der Betrug – wie
vorherige Überprüfung der Bonität. Der Werbende will
hier bei den Kreditvermittlungsfällen – in der Täuschungs-
durch die Betonung der problemlosen Krediterlangung
handlung, die auch den Irreführungsvorwurf begründet,
gezielt den falschen Eindruck erwecken, dass die Kredit-
so ist Tateinheit anzunehmen.
würdigkeit keine Rolle spielte. Es handelt sich also bei der
Werbung mit „SCHUFA-freien“ Krediten in jedem Fall um
eine Werbung mit unwahren Angaben.
2.7 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften
(§ 148 GewO):
In subjektiver Hinsicht muss der Kreditvermittler vorsätzlich und mit der Absicht handeln, das Angebot als beson-
Gravierende Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschrif-
ders günstig erscheinen zu lassen. Besonders günstig
ten oder beharrliches Wiederholen bestimmter Verstöße
meint damit nicht preisgünstig im engeren Sinne, es
können gemäß § 148 GewO eine Strafbarkeit nach sich
genügt irgendein Vorteil, der das Angebot in besonders
ziehen. Eine Strafbarkeit kommt in Fällen in Betracht, in
günstigem Licht erscheinen lässt. Besonders vorteilhaft
denen der Vermittler gegen die Ordnungsvorschriften der
wirken die Angebote deshalb, weil die Vermittler prak-
§ 144 Abs. 1 bzw. § 146 Abs. 1 verstoßen hat. Vorausset-
tisch durchgängig eine problemlose Kreditgewährung
zung ist, dass dem Vermittler bereits durch die Behörde
herausstellen, und zwar für einen besonderen Adressa-
die Erlaubnis entzogen wurde oder er einer bestimmten
tenkreis, der ein solches Angebot quasi nirgendwo sonst
Auflage oder Anordnung der Behörde zuwiderhandelt.
realisieren kann. Keine strafbare Werbung liegt hingegen
Dies setzt zunächst ein aufsichtsrechtliches Einschreiten
vor, wenn der Werbende eine Leistung verspricht, die er
der Behörde voraus.
von vornherein nicht erbringen kann oder will. Damit sind
offenbar solche angeblichen Vermittler, die keine Kredite
Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 144 Abs. 1 GewO
vermitteln wollen und keine Kontakte zu Geldgebern
begeht, wer ohne Erlaubnis Darlehen vermittelt oder zu
haben, nicht wegen § 16 Abs. 1 UWG zu bestrafen, in
vermitteln vorgibt. Die Darlehensvermittlung (auch wenn
diesem Fall aber dann eindeutig wegen (versuchten)
in diesem Fall nur im Ausnahmefall erfolgreich), ist gem.
Betruges.
§ 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO eine erlaubnispflichtige
Tätigkeit. Agiert der Vermittler ohne eine entsprechende
Der Vermittler muss den Anschein der besonderen Güns-
behördliche Erlaubnis, so stellt das eine Ordnungswidrig-
tigkeit beabsichtigen, im Übrigen bedingt vorsätzlich han-
keit dar, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000 1 belegt
deln. Es bestehen insoweit ähnliche Beweisprobleme wie
werden kann.
beim Betrug. Bei einem Gefährdungsdelikt dürfte der
Nachweis allerdings leichter fallen, da die Abhängigkeit
Zu einer Strafbarkeit kommt es gem. § 148 GewO erst
vom Einzelfall weniger groß ist.
dann, wenn der Vermittler die Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt. Der Begriff der Beharrlichkeit setzt dabei
Die hier untersuchten Kreditvermittlungsangebote sugge-
ein besonders hartnäckiges Verhalten voraus. Aus dem
rieren bewusst Angebote, von denen die Vermittler wis-
Vorgehen muss die rechtsfeindliche Einstellung des Täters
sen, dass sie diese gar nicht wirklich vermitteln können.
gegenüber den in Frage kommenden rechtlichen Normen
Insofern machen sich die vermeintlichen Vermittler durch
deutlich werden. Dazu bedarf es keiner vorangegangenen
ihre unwahren und irreführenden Anzeigen wegen § 16
abgeschlossenen Bußgeldverfahren. Es reicht, wenn er
Abs. 1 UWG strafbar. In der Praxis spielt der Tatbestand
trotz einer etwaigen Ahndung, Abmahnung oder sonsti-
der strafbaren Werbung allerdings keine besondere Rolle,
ger Erkenntnis an seiner rechtsfeindlichen Haltung fest-
die veröffentlichten Entscheidungen sind spärlich, was
hält. Subjektiv ist für die Strafbarkeit nach § 148 GewO –
angesichts der Fülle der Vermittler und des Ausmaßes der
anders als bei der Ordnungswidrigkeit, für die ein fahrläs-
Rechtsgutachten 47
siges Verhalten genügt – Vorsatz des Täters erforderlich.
eine Strafbarkeit wegen sonstiger Unterstützung der
Es genügt bedingter Vorsatz.
Haupttäter in Betracht, z.B. durch konzeptionelle rechtliche Beratung.
Wegen des geringen Höchststrafmaßes von einem Jahr ist
die Vorschrift bei der Strafverfolgung von betrügerischen
Zunächst soll untersucht werden, ob die Rechtsanwälte
Kreditvermittlern wohl von untergeordneter Bedeutung.
bzw. Inkassobüros durch das Einfordern der Forderung
In der Praxis kam die Strafvorschrift bisher selten zur
des Vermittlers den Kreditsuchenden selbst täuschen.
Anwendung.
Allerdings wird man wohl kaum in jeder Rechtsdurchsetzung einer unberechtigten Forderung durch einen Anwalt
2.8 Falsche Angaben des Kreditsuchenden
bei der Kreditantragstellung
einen verwirklichten Betrug sehen können, selbst wenn
dieser weiß, dass die im Namen des Mandanten geltend
gemachte Forderung höchstwahrscheinlich gerichtlich
In manchen Fällen wird von den Kreditvermittlern
nicht durchsetzbar sein wird. Auch hier wird man eine
behauptet, selbst durch falsche Angaben des Kreditsu-
Täuschung nur dann annehmen können, wenn – je nach
chenden (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Vorver-
Fallkonstellation – eine ausdrückliche oder konkludente
schuldung) betrogen worden zu sein. Dies ändert die
Täuschung über Tatsachen erfolgt, wenn z.B. der
Beurteilung des strafrechtlichen Verhaltens des Vermitt-
Anspruch als unstreitig rechtmäßig dargestellt wird oder
lers allerdings nicht.
eine Garantenpflicht zur Aufklärung des Schuldners anzunehmen ist. Allerdings kann man wohl nicht annehmen,
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die falschen Anga-
dass der Anwalt verpflichtet ist, die gegnerische Partei
ben der Kunden häufig auf Anregung der Vermittler
über die rechtlichen Zweifel an der Forderung seines
selbst vorgenommen werden, der dazu rät, nicht die
Mandanten aufzuklären. Insofern kommt es für die Frage
gesamte Vorverschuldung anzugeben, um die Chance auf
einer Täuschung entscheidend darauf an, wie die Mahn-
24
eine Vermittlung zu erhöhen. Getäuscht wird auch nicht
briefe des Anwalts gestaltet sind und inwieweit hierdurch
der Vermittler, der ja keine Vermögensverfügung vor-
eine selbständige ausdrückliche oder konkludente Täu-
nimmt, sondern allenfalls die kreditgebende Bank. Der
schung des Kreditsuchenden erfolgt. Im Einzelfall wird die
Vermittler erleidet auch keinen Schaden, denn die Wahr-
Abgrenzung zwischen einer Beteiligung an dem Betrug
scheinlichkeit, dass er eine erhöhte Provision bekommt,
des Vermittlers und einer selbständigen Strafbarkeit durch
steigt durch das Verschweigen der Vorverschuldung.
eine eigene Täuschung schwierig sein.
Gegenüber der Bank kann allerdings ein (versuchter)
Eingehungsbetrug vorliegen.
Durch die Handlung des Anwalts wird dann ggf. ein
Irrtum hervorgerufen oder zumindest aufrechterhalten,
was als Tatbestandsvariante ausreicht. Auch eine Stoff-
2.9 Strafbarkeit der Rechtsanwälte und Inkassobüros
gleichheit zwischen dem Vorteil (zugunsten eines anderen, in diesem Fall des Vermittlers) und dem Schaden ist
Neben der Strafbarkeit der Verantwortlichen der Vermitt-
vorhanden, denn der Vermittler ist durch die Zahlung des
lungsfirmen kommt auch eine Strafbarkeit der Gehilfen
Schuldners unmittelbar bereichert. Insofern handelt es
und Mittäter in Betracht. Die Frage der Strafbarkeit rich-
sich um die Variante des fremdnützigen Betruges. Auf der
tet sich natürlich nach den Einzelheiten der Tatbeteili-
subjektiven Seite ist Vorsatz erforderlich.
gung, die im Einzelfall unterschiedlich sein kann.
Der Anwalt, der die Forderung des Vermittlers durchsetzt,
Eine Strafbarkeit der Anwälte und Inkassobüros kann sich
obwohl sie nicht berechtigt ist, stellt dem Kreditsuchen-
sowohl im Bereich der Rechtsdurchsetzung der unge-
den regelmäßig auch die Kosten seiner Inanspruchnahme
rechtfertigten Forderungen des Vermittlers ergeben als
als Verzugsschaden (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB) in
auch durch eine selbständige Täuschung bzgl. der Gel-
Rechnung, die mangels Vorliegens einer fälligen Haupt-
tendmachung der eigenen Gebühren. Daneben kommt
forderung ebenso unberechtigt ist. Durch diese Rech-
24 Arbeitskreis Neue Armut S. 16; dazu auch BGH vom 21.07. 2005 – IX ZB
80/04 = ZInso 2005, 926 zu 290 InsO.
48 Rechtsgutachten
nungsstellung könnte der Anwalt konkludent über die
rungen die Briefe oder anderweitige Beitreibungsversuche
Berechtigung seiner Forderung täuschen und damit einen
beinhalten. In Betracht kommt sowohl eine Täuschung
Betrug begehen.
durch aktives Tun als auch eine Täuschung durch konkludentes Handeln, durch die der Irrtum des Schuldners
Bei der Frage der Strafbarkeit von Rechtsanwälten im
erzeugt oder aufrechterhalten wird. Der zahlt in der
Zusammenhang mit Gebührenforderungen ist allerdings
Annahme, dass die Forderung zumindest dem Grunde
zunächst die Anwendbarkeit des § 352 StGB (Gebühren-
nach berechtigt ist, auch wenn er möglicherweise Zweifel
übererhebung) zu prüfen, denn in Rechtsprechung und
an der Höhe hat. Durch die konkludente Erklärung, der
Literatur besteht Einigkeit darüber, dass § 352 StGB
Verzugsschadensanspruch sei entsprechend entstanden,
wegen seiner Privilegierungsfunktion die Anwendbarkeit
ergibt sich bei der geschäftsunerfahrenen Klientel der
von § 263 StGB sperren kann. Uneinigkeit besteht nur
Irrtum der Verpflichtung zur Zahlung.
hinsichtlich der Frage, wie weit die Privilegierung reicht.
In diesem Fall dürfte eine eigennützige Betrugshandlung
Nach einer neueren Entscheidung des BGH soll die Privile-
vorliegen. Denn auch dann, wenn der Anwalt die Kosten
gierung nur wirken, soweit sich die falsche Gebührener-
seiner Inanspruchnahme als Schadensersatzanspruch sei-
hebung auf Tatbestände des Gebührenrechts beschränkt.
nes Mandanten geltend macht und er ohnehin einen ver-
Eine Strafbarkeit wegen Betruges soll daneben dann in
traglichen Anspruch gegenüber seinem Mandanten auf
Betracht kommen, wenn über (weitere) Umstände
Zahlung der Gebühren hat, kommt ihm die Beitreibung
getäuscht wird, die der Zahlende nicht anhand der
der Gebühren in der Praxis wohl unmittelbar zugute.
Gebührenordnung überprüfen kann.25 Da es in den vorliegenden Fällen nicht um die Anwendbarkeit der Gebüh-
Denn dies sind ja im Grunde die ihm zustehenden
renordnung geht, sondern um die Frage, ob überhaupt
Gebühren, die er im Falle der Geldempfangsvollmacht
ein Anspruch der Vermittler besteht und somit unter dem
unmittelbar einbehält. Auch wird er intern in vielen Fällen
Gesichtspunkt des Verzugsschadens auch eine Forderung
eine andere Vereinbarung mit seinem Auftraggeber
in Höhe der angefallen anwaltlichen Gebühren gerecht-
haben, nach der im Falle der Erfolglosigkeit der Beitrei-
fertigt ist, dürfte demzufolge hier keine Sperrwirkung
bung vermutlich nicht die volle Anwaltsgebühr zu zahlen
bestehen, so dass prinzipiell in diesen Fällen der Betrug
sein wird. Die Täuschungsabsicht müsste entsprechend
geprüft werden kann. Eine Anwendbarkeit des § 352
nachgewiesen werden. Hierbei sind die Klarheit der zivil-
StGB dürfte darüber hinaus auch daran scheitern, dass
rechtlichen Rechtslage und die Erfahrungen aus dem
der Anwalt keinen direkten Gebührenanspruch gegen
Massengeschäft wichtige Indizien, die im Einzelfall zu
den Kreditsuchenden hat, sondern nur gegenüber seinem
prüfen sind.
Mandanten, dem Vermittler. Diese wirkt sich nur mittelbar durch den Schadensersatzanspruch auf den Kreditsu-
Abgesehen von einer eigenen Täuschungshandlung des
chenden aus, so dass hier der § 352 StGB keine Anwen-
Anwalts oder des Inkassobüros kommt eine Strafbarkeit
dung findet und die Verwirklichung des Tatbestandes des
wegen Mittäterschaft oder Beihilfe am Betrug des Ver-
§ 263 StGB grundsätzlich in Betracht kommt.
mittlers in Betracht.
Es ist zu prüfen, ob der Anwalt den Kreditsuchenden
Dies könnte sich insbesondere dann ergeben, wenn der
über das Bestehen seines Gebührenanspruchs täuscht,
Anwalt sich durch entsprechende Tatbeiträge an dem
wenn er weiß, dass die Forderung des Vermittlers – und
Kreditvermittlungsbetrug beteiligt. Das Geschäftsmodell
damit auch der Schadensersatzanspruch – nicht gerecht-
ist rechtlich ausgeklügelt, die Angebote der Vermittler
fertigt sind und er ihn dennoch einfordert.
bewusst so strukturiert, dass das zivilrechtliche Verbot der
Auslagen- bzw. Provisionserhebung zumindest scheinbar
Fraglich ist auch in diesen Fällen, ob eine Täuschungs-
umgangen werden soll. Es ist naheliegend, dass dafür die
handlung vorliegt. Auch hier wird man, wie oben, auf die
Hilfe von Anwälten in Anspruch genommen wird, die
Umstände des Einzelfalles abstellen müssen, insbesondere
nicht nur bei der Forderungsbeitreibung, sondern auch
darauf welche ausdrücklichen oder konkludenten Erklä-
bei der Konzeption der Anzeigen, Angebote und ver-
25 BGH NJW 2006, 3219, 3221 Rz. 18.
Rechtsgutachten 49
schiedenen Formulare mitarbeiten. Je nach Fallkonstella-
Geschädigten oft umfangreicher Ermittlungen. In der
tion und Tatbeteiligung sind die Anwälte dabei als Mit-
Regel können die Vermittler auf einige zivilrechtliche
täter anzusehen oder haben sich zumindest der Beihilfe
Entscheidungen von Amtsgerichten verweisen, die ihr
schuldig gemacht.
Gebührenverlangen (zu Unrecht) zivilrechtlich nicht beanstandet haben. Die an den Vermittler geflossenen Neben-
Für die Annahme einer Mittäterschaft ist nach heute
leistungen werden oftmals im Zivil- und Strafverfahren
herrschender Meinung auf die Tatherrschaft abzustellen.
übersehen. Unseriöse Kreditvermittler leben nach wie vor
Erforderlich ist ein Tatbeitrag, der den Tatbeitrag der
von der Entgegennahme nicht vermittlungsfähiger Kredit-
anderen ergänzt. Eine Mittäterschaft ist gegeben, wenn
wünsche und der damit verbundenen Erhebung von
dem Mittäter das Verhalten der anderen aufgrund des
Bearbeitungsgebühren.
gemeinsamen Tatplans und der arbeitsteiligen Begehung
der Tat zugerechnet werden kann. Sein Tatbeitrag muss
Die Staatsanwaltschaft darf sich bei der Auswertung von
nach der bewusst übernommen Rolle einen nicht nur
Zivilakten über die Auseinandersetzungen über die
unwesentlichen Beitrag zum Gelingen der Tat darstellen.
Kreditvermittlungsprovision oder sonstige Vermittlungskosten nur bedingt auf die dort gefällten Urteile stützen.
Für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Haupttat des Ver-
Diese können auf einem Beweisergebnis beruhen, das
mittlers genügt es dagegen, wenn der Anwalt zu bloßen
durch die vom Kreditvermittler benannten willfährigen
Vorbereitungshandlungen Hilfe geleistet hat. Im Einzelfall
Zeugen beeinflusst worden sein kann oder auf einer nur
kommt es also zur Abgrenzung entscheidend auf die
oberflächlichen zivilrechtlichen Bewertung des Einzelfalls.
einzelnen Tatbeiträge und die Tatherrschaft an.
Nur die Auswertung aller beim Vermittler befindlichen
Unterlagen ermöglicht den Einblick in die vom Kredit-
Eine Beihilfe zum Betrug ist aber auch noch bis zur
vermittler tatsächlich erschlichenen Vorteile.
Beendigung der Tat möglich, in den Kreditvermittlungsbetrugsfällen also bis zur Leistung der geforderten Zahlungen. Insofern kommt eine vorsätzliche Beihilfeleistung
3 Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht
durch den Anwalt oder das Inkassobüro auch allein
dadurch in Betracht, dass sie versuchen, die unberechtigte Forderung beim Schuldner beizutreiben.
3.1 Unlauterkeit wegen Verstoßes gegen verbraucherschützende Vorschriften (§ 4 Nr. 11 UWG)
Da die bloße Forderungseintreibung einer unberechtigten
Ein Wettbewerbsverstoß, der nach dem UWG zu ahnden
Forderung durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro nicht
wäre, könnte sich schon daraus ergeben, dass der
strafbewehrt ist, kommt es für die Frage der Beihilfe zum
Vermittler in den vorliegenden Fällen gegen verbraucher-
Betrug entscheidend auf die subjektive Seite, aber auch
schützende Vorschriften verstoßen hat. Schon nach dem
die internen Absprachen an. Eine Strafbarkeit wegen
alten UWG lag in solchen Fällen ein Verstoß gegen
(versuchter) Beihilfe ist anzunehmen, wenn der Anwalt
§ 655d BGB, der zur Wettbewerbswidrigkeit gem. § 1
um die strukturelle Nichtberechtigung der Forderungen
UWG a.F. führte.
weiß und sie dennoch im Massengeschäft einzutreiben
sucht.
Nach den Reformen des UWG findet sich dieser Tatbestand in § 4 Nr. 11 UWG wieder. Hiernach handelt unlauter (§ 3 UWG), wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider-
2.10 Generelle Probleme bei der Strafverfolgung
handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der
Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierunter
Die Probleme bei der Strafverfolgung liegen darin, dass es
sind auch verbraucherschützende Normen zu subsumie-
zum einen in diesen Fällen nur selten zu Strafanzeigen
ren. Gleichzeitig liegt auch ein abmahnfähiger Verstoß
kommt, da das Klientel meist keine Strafanzeigen stellt.
gegen § 2 Abs. 2 Nr. 21 UKlaG vor, in dem die Vorschrif-
Die Vermittler haben sich zudem durch ihr Angebot einen
ten zur Darlehensvermittlung explizit erwähnt sind. Der
Bereich in der rechtlichen Grauzone gesucht. Ähnlich wie
BGH hat entschieden, dass das UKlaG keine abschlie-
bei der strafrechtlichen Beurteilung von Abofallen ist die
ßende Regelung darstellt und das Vorgehen eines Mitbe-
Strafbarkeit für die Staatsanwaltschaften nicht evident,
werbers nicht wegen eines Vorrangs des § 2 Abs. 1 Satz
sondern bedarf genauer und wegen der Vielzahl der
1 und Abs. 2 Nr. 1 UKlaG ausgeschlossen ist. Verbrau-
50 Rechtsgutachten
cherverbänden steht die Klagebefugnis hinsichtlich beider
und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
Gesetze nach § 3 UKlaG und § 8 UWG zu.
verschleiert werden. Das Gleiche gilt, wenn nicht klar
wird, dass ein Finanzierungsangebot mit einem niedrigen
Soweit der Vermittler bewusst Vereinbarungen durch-
Zinssatz von dem zusätzlichen Abschluss eines Bauspar-
setzt, die gegen § 655d BGB verstoßen, handelt er somit
vertrages abhängig ist. Ebenso handelt nach der Recht-
unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Klagebefugt
sprechung bereits irreführend, wer verschweigt, dass die
wäre auch ein Mitbewerber, allerdings sind Klagen der
Inanspruchnahme eines Kredites eine solide Einkommens-
Wettbewerber untereinander bislang noch nicht bekannt
und Bonitätssituation erfordert, die gerade beim ange-
geworden. Die Aktivitäten der seriösen Kreditvermittler
sprochenen Verkehrskreis nur ausnahmsweise vorliegt.
zum Schutz des Rufes ihrer Branche waren in der Vergan-
Dies muss natürlich erst recht gelten, wenn kreditunwür-
genheit beeindruckend gering.
dige Verkehrskreise wahrheitswidrig damit beworben
werden, dass eine Bonitätsprüfung nicht erforderlich sei.
3.2 Irreführende Werbung (§ 5 UWG)
3.3 Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher
Die Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen nach § 3
Verstöße
UWG wird auch durch § 5 UWG konkretisiert. Ein Verstoß gegen das UWG liegt insbesondere dann vor, wenn
Die SCHUFA selbst kann sich nicht auf Wettbewerbs-
der Anbieter für sein Produkt irreführend wirbt. § 5 Abs. 2
verstöße berufen, da sie in diesem Sinne mit Kreditver-
Nr. 1 UWG nennt ausdrücklich eine irreführende Wer-
mittlern nicht in Wettbewerb tritt.
bung über die Verfügbarkeit, Art oder Ausführung der
Ware oder Dienstleistung. Verboten sind nach § 5 UWG
Damit verbleibt die Klagemöglichkeit der Verbände und
alle Angaben geschäftlicher Art, die zu Wettbewerbszwe-
der konkurrierenden Kreditvermittler. Da von den zuletzt
cken im geschäftlichen Verkehr gemacht werden und
Genannten als Wettwerber in der Vergangenheit keine
geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der Ver-
bemerkenswerten Initiativen zur Geltendmachung von
kehrskreise über das Angebot irrezuführen und Fehlvor-
Unterlassungsansprüchen ausgingen, ist auch in Zukunft
stellungen von erheblicher Bedeutung für den Kaufent-
nicht davon auszugehen, dass dies verstärkt erfolgen
schluss hervorzurufen. Insofern ist eine Werbung jeden-
wird.
falls dann irreführend, wenn sie einen mit der
Wirklichkeit nicht übereinstimmenden tatsächlichen Sach-
Damit kommen nur die im Wettbewerbsrecht klagebefug-
verhalt behauptet. Der Tatbestand stellt auf die Werbung
ten Verbände als Aktivlegitimierte in Betracht.
ab. Ein Vermögensschaden muss nicht eingetreten sein.
Die Klagebefugnis der Verbände ergibt sich dabei aus § 8
Kernaussage der hier untersuchten Anzeigen ist die
UWG. Das sind zum einen die rechtsfähigen Verbände zur
konkret in Aussicht gestellte Möglichkeit, ohne SCHUFA-
Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher
Auskunft oder sonstige Prüfung der Kreditwürdigkeit
Interessen gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, sowie die qualifi-
bzw. auch bei allgemein schlechter Bonität einen Kredit
zierten Einrichtungen, die nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG
bekommen zu können. Die Botschaften dieser Anzeigen
i.V.m. § 4 UKlaG klagebefugt sind.
sind sowohl unwahr als auch irreführend. Werbungen
für Finanzdienstleistungen müssen das Angebot klar
Bisher haben sich vorwiegend die Verbraucherzentralen in
beschreiben. Tatsächlich werden in den überwiegenden
diesem Gebiet engagiert; die Tätigkeit auch anderer Ver-
Fällen entgegen der Werbeaussage überhaupt keine
bände zum Schutze des Wettbewerbs wäre wünschens-
Kredite an das beworbene Klientel vergeben. Soweit es
wert. Allerdings muss auch erkannt werden, dass bei
doch zu einer Kreditvermittlung kommt, erfolgt diese
einem geschätzten Volumen von mehreren Hundert
nicht ohne eine vorherige Überprüfung der Bonität. Es
Firmen und einer großen Bereitschaft zur Fluktuation die
handelt sich daher bei der Werbung mit „SCHUFA-freien“
Abmahnung unseriöser Geschäftspraktiken kaum ein
Krediten in jedem Fall um eine Werbung mit objektiv
geeignetes Mittel sein wird, um damit allein das Problem
unwahren Angaben. So wurde auch die Ankündigung für
in den Griff zu bekommen.
Sofortkredite als irreführend angesehen, wenn keine
schnelle Antragsbearbeitung gewährleistet werden kann
Rechtsgutachten 51
4 Unterlassungsansprüche bei
Verstößen gegen das Verbraucherrecht (UKlaG)
Neben den Möglichkeiten, bei Verstößen gegen das UWG
eine Unterlassung von dem Anbieter zu fordern, haben
Werbung nach § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden.
4.2 Unterlassung bei verbraucherschutzgesetzwidrigen
Praktiken (§ 2 UKlaG)
insbesondere die Verbraucherverbände die Möglichkeit,
bei Verstößen gegen verbraucherschützende Vorschriften
Die Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers beim
eine Unterlassung nach dem Unterlassungsklagengesetz
Abschluss von Darlehensvermittlungsverträgen (§§ 655a
zu fordern.
ff BGB) sind geschützte Vorschriften im Sinne des § 2
Abs. 2 Nr. 1 UKlaG. Einzige Voraussetzung für einen
Unterlassungsanspruch ist der Verstoß gegen Verbrau-
4.1 Verstöße gegen das AGB-Recht (§ 1 UKlaG)
cherschutzgesetze. Es wurde oben bereits ausführlich
dargelegt, dass die Anbieter in vielfältiger Weise gegen
Die Verbände sind in der Lage, eine Inhaltskontrolle der
die verbraucherschützenden Vorschriften verstoßen und
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter vorzu-
sie zu umgehen versuchen. Auf einen zusätzlichen Wett-
nehmen und bei Verstößen Unterlassung zu fordern (§ 1
bewerbsverstoß kommt es in diesem Zusammenhang
UKlaG). Die Geschäftsbedingungen der hier untersuchten
nicht an. Die klagebefugten Verbände können daher die
Kreditvermittler können an dieser Stelle nicht vollständig
hier untersuchten Anbieter regelmäßig auf Unterlassung
untersucht werden. Auffällig ist aber, dass einige
in Anspruch nehmen.
Geschäftsbedingungen der Vermittler entgegen den
ausdrücklichen Angeboten der Werbung Bonitätsprüfungsklauseln enthielten. Hierin kann ein Verstoß gegen
§ 305b BGB liegen, wenn die Zusage, keine Bonitäts-
5 Betrügerische Kreditvermittlung
und Ordnungsrecht
prüfung vorzunehmen, als Individualabrede zu verstehen
ist. Jedenfalls dürfte eine überraschende Klausel i.S.d.
Die oben beschriebenen Kreditvermittlungspraktiken
§ 305c BGB vorliegen, denn nach der eindeutigen
können auch gegen die Vorschriften des Ordnungsrechts
Werbung der Anbieter kann der Verbraucher damit nicht
verstoßen. Gesetze wie die Gewerbeordnung sehen
rechnen.
Prüfungsmöglichkeiten der örtlichen Behörden vor und
geben diesen beispielsweise die Möglichkeit, Tätigkeiten
Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG können allerdings nur
zu untersagen, eine erteilte Erlaubnis zu widerrufen oder
Verstöße gegen §§ 307 bis 309 BGB mit dem Unterlas-
bei Gesetzesverstößen Bußgelder zu verhängen. Ord-
sungsanspruch geltend gemacht werden, eine Auswei-
nungsbehörden können schnell auf illegale Praktiken
tung auf andere Verstöße ist nach herrschender Auffas-
reagieren. Es ist – anders als bei Strafverfahren – nicht
sung unzulässig. Allerdings kann eine überraschende
erforderlich, nach einer Ermittlungsphase zunächst die
Klausel auch in ganz besonderem Maße den Rechtsver-
Entscheidung des Richters abzuwarten. Im Folgenden
kehr zum Nachteil des Kunden belasten und ihn unange-
wird untersucht, inwieweit die verschiedenen Vorschriften
messen benachteiligen, so dass in diesen Fällen auch ein
des Ordnungsrechts ein illegales Verhalten der Vermittler
Verstoß gegen § 307 BGB vorliegen kann. In den vorlie-
sanktionieren.
genden Fällen ist die versprochene Nichtüberprüfung der
Bonität quasi eine der Hauptleistungen, denn der Kreditsuchende wendet sich nur deshalb an den Vermittler, weil
er weiß, dass die Bonitätsprüfung seinem Kreditwunsch
5.1 Verstöße gegen das Gesetz über das Kreditwesen
(KWG)
entgegensteht. Nur deshalb lässt er sich auf Zahlungen
oder den Abschluss von Zusatzverträgen ein. Insofern ist
Bei der Tätigkeit von Kredit- oder ganz allgemein Finanz-
die Klausel, die gerade diesen Wunsch ausschließt, sicher
vermittlern ist zu prüfen, ob und welche Eingriffsmöglich-
nicht nur als überraschend, sondern auch als unangemes-
keiten das Kreditwesengesetz als wichtigstes Aufsichts-
sene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB anzusehen.
element für Finanzdienstleistungen bieten kann. Der Auf-
Der Anbieter kann daher bei einer entsprechenden
sicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BAFin) unterliegen gemäß § 1 KWG Kreditinstitute, die
52 Rechtsgutachten
Bankgeschäfte betreiben, und Finanzdienstleistungsinsti-
Insofern macht die Einschaltung der Versicherungsauf-
tute, die Finanzdienstleistungen erbringen, sowie Finanz-
sicht in den hier diskutierten Fällen durchaus Sinn, auch
unternehmen. Diese Aufsicht umfasst unter anderem die
wenn unmittelbare Maßnahmen gegen die Vermittler
Möglichkeit der Erlaubnisentziehung und der Verhängung
nicht ausgesprochen werden können. Leitet aber die
von Bußgeldern bei Verstößen gegen KWG-Vorschriften.
Aufsichtsbehörde ihre Erkenntnisse an andere Aufsichts-
Kreditgeschäfte, also das Gewähren von Darlehen, sind
behörden, namentlich die Gewerbeämter, oder die Staats-
Bankgeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG. Kein Bank-
anwaltschaft weiter, so kommt einer solchen Anzeige
geschäft ist dagegen die Vermittlung von Krediten,
erfahrungsgemäß größeres Gewicht zu als entsprechen-
solange der Vermittler die Kreditanträge nicht: im eige-
den Anzeigen von Geschädigten.
nen Namen annimmt, die Haftung für den Kredit übernimmt oder ermächtigt ist, Auszahlungen vorzunehmen.
Jedenfalls bei der hier in Frage stehenden Sparte der
5.3 Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz
Kreditvermittlung trifft das nicht zu. Wenn überhaupt ein
Kredit vermittelt wird, so geschieht das jedenfalls nicht im
In den Fällen, in denen das Angebot und die Beratung
Namen des Vermittlers. Auch Auszahlungen werden nicht
der Vermittler über die bloße Kreditvermittlung hinausge-
von den Vermittlern vorgenommen.26
hen und die Verträge Wirtschaftsberatung oder Schuldenregulierung bzw. Vorbereitung zur Schuldenregulierung
zum Gegenstand haben, kommen auch Verstöße gegen
5.2 Verstöße gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz
(VAG)
das Rechtdienstleistungsgesetz (RDG) in Betracht. Auch
das Rechtsdienstleistungsgesetz ermöglicht in § 20 RDG
die Verfolgung unbefugter Rechtsbesorgung als Ord-
Werden im Zusammenhang mit der beworbenen Kredit-
nungswidrigkeit und das Verhängen von Geldbußen bis
vermittlung Restschuldversicherungen, Lebens- oder
zu 5.000 1.
Unfallversicherungen angeboten oder vermittelt, kommen
auch Aufsichts- und Ordnungsmittel des Versicherungs-
Nach der Systematik des RDG ist die Besorgung fremder
aufsichtsgesetzes (VAG) in Betracht.
Rechtsangelegenheiten erlaubnispflichtig. Hierunter fällt
jede Tätigkeit, die auf die unmittelbare Förderung kon-
Vom VAG werden in erster Linie Unternehmen erfasst, die
kreter fremder Rechtsangelegenheiten gerichtet ist, also
Versicherungsgeschäfte zum Gegenstand haben. Kein
jede Tätigkeit, die darauf abzielt, konkrete fremde Rechte
Betrieb von Versicherungsgeschäften im Sinne von § 1
zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse
VAG liegt allerdings vor, wenn – ähnlich wie beim KWG –
zu gestalten oder zu verändern. Schutzzweck des Geset-
lediglich Versicherungsgeschäfte vermittelt werden. Eine
zes sind die reibungslose Abwicklung des Rechtsverkehrs
verschärfte Aufsichtsmöglichkeit der Gewerbeämter
und der Schutz des Rechtsuchenden vor der Gefahr, dass
gegenüber den externen Versicherungsvermittlern gibt es
die Erledigung seiner Rechtsangelegenheit Personen
aber seit dem 22. Mai 2007 durch die Neuregelung des
überlassen ist, die nicht über die hierfür erforderliche
Versicherungsvermittlerrechts. § 83 Abs. 5 Nr. 1 VAG
Sachkunde verfügen: Damit fällt die schlichte Vermittlung
bezieht nunmehr auch die Versicherungsvermittler in die
von Darlehensverträgen, die der Vermittler im eigenen
Aufsicht ein. Des weiteren gibt es verstärkte Anforderun-
Interesse betreibt, nicht in den Anwendungsbereich des
gen an die Vermittler von Versicherungen in § 34d GewO.
RDG. Lediglich dann, wenn über die Vermittlung hinaus
eine Beratung etwa über die Gestaltung des Vertrages,
Die Aufsichtsbehörden können nur in der Weise ein-
über die Kündigung alter Verbindlichkeiten oder Ähnli-
schreiten, dass sie bei Missständen in der Versicherungs-
ches erfolgt, kann eine Besorgung fremder Rechtsangele-
vermittlung zum unmittelbaren Vorgehen befugte Behör-
genheiten vorliegen. Nicht einmal schlichtes Stellvertre-
den einschalten, Strafanzeigen erstatten oder aber den
terhandeln ohne weitere Beratung ist erlaubnispflichtige
Versicherungsunternehmen Auflagen zur Überwachung
Rechtsberatung.
ihrer Agenten machen und ähnliche Dinge mehr.
26 Die Verpflichtung zur Einholung einer Erlaubnis nach dem KWG trifft auch
eine Bank mit Sitz in der Schweiz, wenn sie aus dem Ausland heraus in
Deutschland Kredite vergibt, EuGH „Fidium“, Urt. v. 03.10.2006 – Rs
C-452/04 (Vorlage von VG Frankfurt/M. ZIP 2004, 2323 (LS)).
Rechtsgutachten 53
Anders sieht es mit der Schuldenregulierung aus. Nach
lern die Pflicht, gemäß § 14 GewO die Aufnahme der
einhelliger Meinung ist die beabsichtigte Herbeiführung
Tätigkeit bei der für den betreffenden Ort zuständigen
einer Sanierung oder die Tätigkeit zum Zwecke der Schul-
Behörde unmittelbar anzuzeigen.
denregulierung Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und damit erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis kann nur
Diese Anzeige dient dem Zweck, der zuständigen
einem begrenzten Personenkreis erteilt werden. Außer-
Behörde die Überwachung der Gewerbeausübung zu
halb dieses Kreises ist jegliche Besorgung fremder Rechts-
ermöglichen. Das ist notwendig, weil wegen § 1 GewO
angelegenheiten unzulässig und kann verfolgt werden.
keine generelle Genehmigungspflicht besteht. Die
Gewerblichen Schuldenregulierern kann eine Erlaubnis
Anzeige des Gewerbetreibenden als solche bedeutet also
nur im Rahmen der Anerkennung als geeignete Stelle
nicht, dass die konkret angemeldete Tätigkeit materiell so
erteilt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG in Zusammenhang
auch erlaubt ist.
mit den Ausführungsgesetzen der Bundesländer). Eine
Ausnahme von der Erlaubnispflicht ist nach § 5 RDG
Dementsprechend überschaubar sind auch die Angaben,
möglich, wenn die Rechtsdienstleistung im Zusammen-
die der Gewerbetreibende auf dem notwendigen amtli-
hang mit einer anderen Tätigkeit steht und sie als Neben-
chen Vordruck zu machen hat. Dies sind im Wesentlichen
leistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehört. Die
Name, Anschrift und Geburtsdatum des Gewerbetreiben-
Schuldenregulierung ist aber das Hauptangebot der
den, genaue Angaben zu vertretungsberechtigten Perso-
Anbieter und daher nicht als erlaubnisfreie Nebenleistung
nen, Anzahl der Mitarbeiter sowie eine Kurzbeschreibung
im Sinne des § 5 RDG anzusehen. Der BGH hat in seiner
der geplanten Tätigkeit. „Vermittlung von Krediten“ oder
Entscheidung vom 29.07.2009 „Finanzsanierer“ deutlich
„Wirtschaftliche Unterstützung überschuldeter Personen“
gemacht, dass er auch nach dem Inkrafttreten des RDG
sind hier durchaus vorstellbar, ohne dass dem zuständi-
keine Veranlassung sieht, von der Erlaubnispflicht der
gen Sachbearbeiter daraus allein der Verdacht der
Schuldenregulierung abzusehen, und zwar auch dann
Unseriosität oder gar Strafbarkeit der geplanten Tätigkeit
nicht, wenn sich der Anbieter der zusätzlichen Hilfe eines
kommen müsste.
Rechtsanwaltes bedient.
Örtlich zuständig sind die Gewerbeämter, in deren Bezirk
Der Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz kann
das Gewerbe ausgeübt wird. Das gilt auch für Zweignie-
gemäß § 20 RDG als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit
derlassungen. Sachlich zuständig sind gemäß §§ 14, 155
einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet werden.
Abs. 2 GewO die durch Landesrecht hierzu bestimmten
Behörden. Die Regelungen hierzu sind durchaus unterschiedlich. Die angezeigten Gewerbe werden in einem
5.4 Verstöße gegen die Gewerbeordnung
Gewerberegister bei den Städten und Gemeinden
geführt.
Wichtigster Ansatzpunkt für ordnungsrechtliches Vorgehen gegen Kreditvermittler und deren unseriöse Praktiken
Höhere Anforderungen stellt die Vorschrift des § 34c
ist die Gewerbeordnung. Die zuständigen Aufsichtsbehör-
GewO, die bestimmte gewerbliche Tätigkeiten von einer
den können im Rahmen der Gewerbeordnung unter
Erlaubnis durch die zuständige Behörde abhängig macht.
anderem Betriebe schließen und/oder bei Zuwiderhand-
Einer solchen vorherigen Erlaubnis bedarf u.a., wer
lungen gegen bestimmte Pflichten Bußgelder verhängen.
gewerbsmäßig „... den Abschluss von Verträgen über ...
Darlehen ... vermitteln oder die Gelegenheit zum
Gemäß § 1 Gewerbeordnung (GewO) ist der Betrieb
Abschluss solcher Verträge nachweisen will“( § 34c Abs.
eines Gewerbes, vorbehaltlich der in der GewO normier-
1 Satz 1 Nr. 1a GewO). Die Erlaubnis darf inhaltlich
ten Ausnahmen, jedermann gestattet (Grundsatz der
beschränkt und jederzeit mit Auflagen verbunden wer-
Gewerbefreiheit). Die Tätigkeiten eines Kreditvermittlers
den, wenn dies zum Schutz der Allgemeinheit oder der
und auch eines Schuldenregulierers sind als gewerbliche,
Auftraggeber erforderlich ist. Die Erlaubnis ist personen-
das heißt selbständige, auf Dauer angelegte und auf
bezogen, nicht übertragbar und bundesweit gültig.
Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit einzustufen. Die
Ausnahmen des § 6 GewO bzw. des § 120c Abs.5 GewO
Makler, die keine Kredite vermitteln, sondern deren
greifen für diese Gewerbetätigkeit nicht. Damit besteht
Tätigkeit lediglich in der Vermittlung von Verträgen über
für den hier zu untersuchenden Kreis von Kreditvermitt-
gewerbliche Schuldenregulierung, Wirtschaftsberatung
54 Rechtsgutachten
oder Versicherungen besteht, sowie Schuldenregulierer
führen und auf ihre Kosten gemäß § 16 MaBV auf Anord-
als solche werden von dieser Vorschrift nicht erfasst.
nung der Behörde durch einen unabhängigen Prüfer eine
außerordentliche Gewerbeprüfung durchführen zu lassen.
Fraglich ist, wie Vermittler zu beurteilen sind, die mit der
Vergabe von Krediten werben, tatsächlich aber gar keine
Stellt der Kreditvermittler den entsprechenden Antrag auf
Vermittlung durchführen wollen. Zunächst einmal wird
Erlaubniserteilung, wird geprüft, ob er die für den Betrieb
man von jedem Gewerbetreibenden, der mit der Vermitt-
erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und nicht in ungeord-
lung von Krediten wirbt, auch eine Erlaubnis nach § 34c
neten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. § 34c Abs. 2
GewO verlangen müssen. Ansonsten ist die Frage wohl
GewO stellt hinsichtlich der entsprechenden Versagungs-
eher theoretischer Natur: Wenn sich der Vermittler dahin-
gründe einige Regelvermutungen auf. Liegt kein Versa-
gehend einlassen würde, dass er zwar mit der Kreditver-
gungsgrund vor, so steht dem Antragsteller ein Anspruch
mittlung wirbt, diese aber gar nicht beabsichtigt, würde
auf die erstrebte Erlaubnis zu.
man ihn möglicherweise aus der Erlaubnispflicht entlassen können. Der Vermittler würde sich damit aber selbst
Bei der Frage der Zuverlässigkeit ist auch auf eine mit der
der Strafbarkeit wegen Betruges bezichtigen. Darüber
Leitung des Betriebes oder der Zweigniederlassung beauf-
hinaus liegen dann wegen der massiven Täuschung im
tragte Person abzustellen. Damit soll verhindert werden,
Bereich der Geschäftsanbahnung auch die Voraussetzun-
dass unzuverlässige Makler nach außen einen Strohmann
gen für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO vor.
vorschieben, aber selbst die Leitung des Betriebes behalten. Unzuverlässigkeit liegt nach der Regelvermutung vor,
Ebenfalls erlaubnispflichtig ist die Kapitalanlagevermitt-
wenn die betreffende Person bis zu fünf Jahre vor der
lung nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GewO, solange das
Antragstellung wegen eines Verbrechens oder wegen
KWG gemäß Abs. 5 nicht anzuwenden ist. Das kommt in
bestimmter Vermögensdelikte rechtskräftig verurteilt
den hier untersuchten Fällen in Betracht, wenn beispiels-
worden ist. Diese Aufzählung ist nicht abschließend.
weise Anteile an Kommanditgesellschaften oder stille
Der Gewerbetreibende kann auch aus anderen Gründen
Beteiligungen an Unternehmen vermittelt werden, die
unzuverlässig sein. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass
über häufig jahrelanges Ansparen der Kunden finanziert
der Gewerbetreibende nicht bereit oder nicht fähig ist,
werden sollen.
sein Gewerbe einwandfrei zu führen. Bei der Bewertung
der Tatsachen, die Unzuverlässigkeit begründen können,
Dabei ist zu beachten, dass das Recht der Kapitalanlage-
ist immer ein konkreter Zusammenhang zum ausgeübten
vermittlung auch ordnungsrechtlich eine grundlegende
Gewerbe erforderlich.
Änderung erfahren hat. Das Gesetz zur Novellierung des
Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts ist
Als Beispiele für Unzuverlässigkeit werden häufig
am 06.12.2011 verkündet worden und trat am
genannt: Steuerschulden, Verletzung sozialversicherungs-
01.04.2012 in Kraft. Das Gesetz enthält unter anderem
rechtlicher Pflichten, frühere Gewerbeuntersagung nach
die Verpflichtung zur Sachkundeprüfung (§ 34f Abs. 2
§ 35 GewO, Rücknahme oder Widerruf einer Erlaubnis
Nr. 4 GewO) und die Verpflichtung zu Information und
nach §§ 48, 49 VwVfG, Fehlen elementarer Grundkennt-
Dokumentation (§ 34g GewO). Die Neuregelung betrifft
nisse für den beantragten Gewerbezweig, Verurteilung
aber nur die Vermittlung von Kapitalanlagen und gilt
wegen anderer als der genannten Straftaten oder wegen
nicht für die reine Kreditvermittlung.
gewerbebezogener Ordnungswidrigkeiten, jeweils dann,
wenn bei nur einem oder wenigen Verstößen die Tat im
Die weitere inhaltliche Ausgestaltung der Erlaubnis,
Hinblick auf das jeweilige Gewerbe einiges Gewicht hat.
Auflagen und bestimmte Pflichten des Gewerbetreibenden regelt eine Rechtsverordnung. Gemäß § 34c Abs. 3
Eine Vielzahl kleinerer Verstöße rechtfertigt die Annahme
GewO hat der Gesetzgeber mit der Makler- und Bau-
von Unzuverlässigkeit, wenn aus ihnen ein eingewurzelter
trägerverordnung (MaBV) von dieser Verordnungsermäch-
Hang zur Missachtung der Berufspflichten ersichtlich ist.
tigung Gebrauch gemacht. Kreditvermittler sind danach
Der hessische VGH hat eine Unzuverlässigkeit dann ange-
verpflichtet, den Behörden ihre mit der Leitung beauf-
nommen, wenn ein Makler beharrlich gegen die Prü-
tragten Personen anzuzeigen, Geschäftsunterlagen
fungs- und Aufzeichnungspflichten verstößt, die sich aus
fünf Jahre aufzubewahren, bestimmte Tatbestände aufzu-
der MaBV ergeben. Auch bei den Anbietern „SCHUFA-
zeichnen, eine Inseratensammlung anzulegen, Buch zu
freier“ Kredite ist fraglich. ob sie die Aufzeichnungs-,
Rechtsgutachten 55
Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten der MaBV
Werden Anzeigen über die angebliche Vermittlung
erfüllt haben, zumal die Aufzeichnungen anderen Behör-
„SCHUFA-freier“ Kredite geschaltet, ohne dass es in einer
den allzu leicht zu Beweiszwecken dienen können.
wesentlichen Zahl der Fälle tatsächlich zur Auszahlung
eines Darlehens kommt, und werden stattdessen wirt-
Unzuverlässigkeit ist beispielsweise auch angenommen
schaftlich unsinnige Zusatzverträge abgeschlossen, liegt
worden bei einem Wohnungsmakler, der über Jahre die
planmäßiges Handeln des Kreditvermittlers vor. Verletzt
Erlaubnispflichtigkeit durch Gründung eines Vereins
werden in massiver Weise verbraucherschützende Vor-
umgangen hatte, obwohl er die Auffassung der Behörde
schriften zu gerade diesem Kreditvermittlergewerbe, häu-
kannte und im gleichen Zeitraum entgegen verbraucher-
fig gepaart mit arglistiger Täuschung und Betrug. Die
schützenden Vorschriften erfolgsunabhängige Zahlungen
Anzahl der Geschädigten ist hoch, und ihre zivilrecht-
im Voraus gefordert hatte.
lichen Möglichkeiten bieten keine Chance für einen interessengerechten Ausgleich. In diesen Fällen ist nicht nur
Der permanente Verstoß gegen Vorschriften des Verbrau-
der Einzelne, sondern auch die Allgemeinheit betroffen.
cherschutzes ist auch bei den hier untersuchten Kredit-
Bei derart gezielter Täuschung kann nicht von einer ein-
vermittlern eine augenfällige Konstellation. Die entspre-
wandfreien Ausübung des Gewerbes die Rede sein.
chenden Vorschriften für das Kreditvermittlergewerbe,
die §§ 655c–e BGB, dienen ausschließlich dem Verbrau-
In einigen Fällen umgehen Kreditvermittler das Verbot der
cherschutz. Sie regeln maßgeblich die Grenzen zulässiger
Auslagenerstattung und der erfolgsunabhängigen Provi-
Ausübung des Kreditvermittlergewerbes. Insofern können
sion, indem Kontakt über 0900-Rufnummern hergestellt
häufige Verstöße gegen diese Vorschriften, zum Beispiel
wird. Auch in einem solchen Fall wurde Unzuverlässigkeit
dadurch, dass Vermittler die erfolgsunabhängige Provisio-
angenommen, weil die versprochene Gegenleistung nicht
nen oder unzulässige Auslagen verlangen, im Rahmen der
entrichtet werden soll.
Bewertung der Zuverlässigkeit berücksichtigt werden. Das
Gleiche gilt, wenn der Betrieb über längere Zeit ohne
Eine Erlaubnis zum Betrieb eines Kreditvermittlergewer-
Erlaubnis geführt wird, oder bei der Vermittlung wirt-
bes wird auch demjenigen verweigert, der in ungeordne-
schaftlich unsinniger und kostenintensiver Zusatzverträge
ten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt. Hauptanwen-
an Personen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind.
dungsfälle der Praxis sind die, dass über das Vermögen
Hier liegt in nahezu jedem Einzelfall sowohl arglistige
des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet oder er
Täuschung des Kunden als auch Falschberatung vor.
in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde (z.B. weil
die eidesstattliche Versicherung abgegeben wurde). In
In der Rechtsprechung und Literatur wird die Annahme
den hier diskutierten Fällen der betrügerischen Kreditver-
von Unzuverlässigkeit wegen der Verletzung zivilrechtli-
mittler stellt die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähig-
cher oder wettbewerbsrechtlicher Pflichten eher restriktiv
keit keine typische Fallgruppe dar.
gehandhabt. Öffentliche Belange seien prinzipiell in
diesen Fällen nicht berührt, die Beteiligten daher zur
Die Verweigerung der Erlaubnis wegen ungeordneter Ver-
Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den Zivilrechtsweg zu
hältnisse setzt ganz allgemein weder ein Verschulden im
verweisen. Anders wird das aber dann gesehen, wenn
Sinne eines moralischen oder ethischen Vorwurfs noch
Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblichem
einen Charaktermangel voraus. Es ist deshalb völlig uner-
Umfang wettbewerbsrechtliche oder zivilrechtliche
heblich, ob der Gewerbetreibende durch die Schuld eines
Vorschriften missachten, um sich einen Vorteil zu ver-
Dritten in die wirtschaftliche Zwangslage geraten ist. Der
schaffen. Aus dem Gesamtverhalten würden charakter-
Schutz der Allgemeinheit ist höher zu bewerten, wenn
liche Mängel sichtbar, die gewerberechtliche Unzuverläs-
dem Gewerbetreibenden die erforderlichen Mittel zur
sigkeit begründeten. In solchen Fällen sei nicht mehr nur
Ausübung des Gewerbes fehlen.
der Einzelne, sondern die Allgemeinheit betroffen, wenn
– und das ist Grundvoraussetzung – eine Vielzahl von
Unabhängig von der Frage nach dem Erfordernis für eine
Personen betroffen oder geschädigt ist. Gerade in Fällen,
Erlaubnis gem. § 34c GewO für Kreditvermittler sieht die
in denen die Mittel des Zivilrechts versagen, weil die
Gewerbeordnung in § 35 generell die Möglichkeit vor, die
Anbieter sich gezielt an eine Klientel wenden, die keinen
Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu unter-
ausreichenden Rechtsschutz hat, besteht auch ein Bedürf-
sagen. Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, wel-
nis an ordnungsrechtlichen Sanktionen.
che die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder
56 Rechtsgutachten
einer mit der Leitung beauftragten Person belegen. Die
ordnung vom 15.05.200727 umfangreiche Informations-
Unzuverlässigkeit muss gewerbebezogen, die Untersa-
und Dokumentationspflichten gegenüber dem Kunden.
gung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich sein.
Verstöße gegen diese Vorschriften können Schadensersatzansprüche des Kunden (§ 63 VVG) nach sich ziehen,
Die Untersagung des Gewerbes nach § 35 GewO zieht
aber auch ordnungsrechtliche Sanktionen.
für den Betroffenen automatisch eine Sperre für eine
zukünftige gewerbliche Tätigkeit nach sich, solange ihm
Wer die Anzeige nicht erstattet hat, ist verpflichtet, diese
diese nicht ausdrücklich nach § 35 Abs. 6 wieder gestat-
nachzuholen. Die Behörde hat die Möglichkeit, die
tet wird. Die Versagung oder Rücknahme einer Erlaubnis
Anzeige eines Gewerbes mit den Mitteln der Verwal-
nach § 34c GewO bewirkt hingegen nur, dass der Gewer-
tungsvollstreckung, also etwa mit der Festsetzung eines
betreibende sonstigen Staatsbürgern gleichgestellt wird,
Zwangsgeldes, durchzusetzen. Die Nichtanzeige des
die ebenfalls keine Erlaubnis für dieses Gewerbe besitzen.
Gewerbes ist zudem gem. § 146 Abs. 2 Nr.1 GewO
Ein erneuter Antrag auf Erlaubnis ist theoretisch möglich.
ordnungswidrig. Diese Ordnungswidrigkeit kann gemäß
§ 146 Abs. 3 GewO mit einer Geldbuße von bis zu 1.000 1
Der Begriff der Unzuverlässigkeit ist hier im Prinzip nicht
geahndet werden.
anders zu verstehen als in § 34c GewO. Wegen des weiten Anwendungsbereiches ist allerdings auf einen Katalog
Für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten ist das Ord-
von Regelbeispielen verzichtet worden. Nach ständiger
nungswidrigkeitengesetz (OWiG) anzuwenden. Gemäß
Rechtsprechung ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer
§ 47 Abs.1 OWiG liegt die Verfolgung der Ordnungs-
keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein
widrigkeit im Ermessen der Verfolgungsbehörde. Beide
Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird. Die Behörde
der obengenannten Verfolgungsmöglichkeiten (Bußgeld
kann nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grund-
und Zwangsgeld) können nebeneinander durchgeführt
sätzen eine Versagung nur dann aussprechen, wenn sie
werden, ohne dass eine Rangfolge besteht.
erforderlich und verhältnismäßig erscheint.
Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO ist bloße OrdnungsDieser Begriff ist gerichtlich voll überprüfbar. Es müssen
vorschrift. Das bedeutet, dass Verstöße gegen die Anzei-
Tatsachen vorliegen, also ein gewisser Vergangenheitsbe-
gepflicht zwar ordnungswidrig sind, der Betrieb des
zug, die für die Zukunft die Unzuverlässigkeit als wahr-
Gewerbes aus diesem Grund allein allerdings nicht rechts-
scheinlich erscheinen lassen. Auch diese wird man bei
widrig ist oder wird. Wegen eines einmaligen Verstoßes
den oben beschriebenen hartnäckigen Verletzungen zivil-
gegen die Anzeigepflicht allein kann die Behörde den
und wettbewerbsrechtlicher Pflichten der Kreditvermittler
Betrieb des Gewerbes nicht unterbinden. In der Praxis ist
annehmen können.
die sofortige Verhängung einer Geldbuße selten. In der
Regel wird die Ordnungsbehörde den Gewerbetreibenden
Wie oben dargestellt, ist die Vermittlung von Versicherun-
zunächst einmal nur auffordern, die Anzeige nachzuholen.
gen eine der Einnahmequellen betrügerischer Kreditvermittler. An die Vermittlung von Versicherungen werden
Betreibt ein Kreditvermittler das Gewerbe ohne die nach
aber seit der Änderung der GewO im Jahre 2007 ver-
§ 34c GewO erforderliche Erlaubnis, kann die zuständige
schärfte Anforderungen gestellt. So bedarf es für die
Behörde gemäß § 15 Abs. 2 GewO die Fortsetzung des
Vermittlung von Versicherungen nach § 34d GewO einer
Betriebes verhindern. Kreditvermittlern, die ohne Erlaub-
gesonderten Erlaubnis, die nur zu erteilen ist, wenn der
nis agieren, kann die zuständige Behörde sofort jede wei-
Vermittler eine Sachkundeprüfung vor der Industrie- und
tere Tätigkeit untersagen. Dabei hat sie selbstverständlich
Handelskammer absolviert hat (§ 34d Abs. 3 Nr. 4
die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
GewO). Alle Versicherungsvermittler (d.h. auch die keiner
Diese Beurteilung kann schwierig sein. Bei materieller
Erlaubnis unterliegenden bzw. die erlaubnisbefreiten) sind
Rechtswidrigkeit des Betriebes, wenn die Genehmigung
gemäß § 34d Abs. 7 GewO verpflichtet, sich in das von
wegen fehlender Voraussetzung – etwa Unzuverlässigkeit
der Industrie- und Handelskammer geführte Vermittler-
– gar nicht erteilt werden kann, ist der Betrieb sofort zu
register eintragen zu lassen. Darüber hinaus bestehen
schließen. Bei lediglich formeller Rechtswidrigkeit ist
gem. § 61 VVG und der Versicherungsvermittlungsver27 http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/versvermv/gesamt.pdf
Rechtsgutachten 57
umstritten, ob der bloße fehlende Antrag auf Erlaubnis
Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe wie die Kredit-
bzw. Genehmigung zur sofortigen Schließung führen
vermittlung ohne Erlaubnis betrieben, können die Versa-
kann. Verneint man das, würde allerdings das Erfordernis
gung der Betriebsfortführung nach § 15 GewO und die
nach vorheriger Erlaubniserteilung leerlaufen. Jedenfalls
Untersagung nach § 35 GewO parallel erfolgen. Lediglich
dann, wenn der Gewerbetreibende auch auf Anforderung
dann, wenn früher eine Erlaubnis erteilt wurde, der
eine Genehmigung nicht beantragt, wird man im Rahmen
Kreditvermittler nun aber unzuverlässig geworden ist,
der Ermessensausübung wohl zu einer Verhinderung der
muss die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG zurückgenommen
Betriebsfortsetzung kommen müssen.
bzw. widerrufen werden. § 35 GewO ist wegen Abs. 8
(Vorrang spezialgesetzlicher Rücknahmevorschriften
Die zuständigen Behörden können – zumindest in der
wegen Unzuverlässigkeit) dann nicht anwendbar.
Theorie – relativ schnell den Betrieb eines Kreditvermittlers schließen. Die Durchsetzung der entsprechenden
Praktisch problematisch wird für die zuständigen Behör-
Verfügung ist mit den Mitteln der Verwaltungsvollstre-
den zunächst sein, Kenntnis über das ordnungsrechtlich
ckung möglich. Offenbar wird aber von den Möglich-
relevante Vorgehen der diversen Vermittler zu erlangen.
keiten des § 15 GewO in der Praxis relativ selten
Neben der Möglichkeit der vermutlich eher seltenen
Gebrauch gemacht.
stichprobenartigen Überprüfung etwa von Werbeanzeigen ist sicherlich die Anzeige durch Geschädigte oder
Liegen die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung
deren Vertreter wie Rechtsanwälte bzw. Schuldnerbera-
nicht vor, wird die Erlaubnis oder Genehmigung versagt.
tungen oder Verbraucherzentralen praktisch relevant.
Im Falle der Betriebsfortführung kann die Behörde gemäß
Auch durch Weiterleitung von Erkenntnissen anderer
§ 15 Abs. 2 GewO einschreiten und den Betrieb schlie-
Behörden (Staatsanwaltschaft, Finanzämter etc.) oder die
ßen. Tritt ein Versagungsgrund, also beispielsweise
Mitteilung in Zivilsachen seitens der Gerichte kann ein
Unzuverlässigkeit aufgrund der Verurteilung wegen einer
Prüfungsverfahren initiiert werden. Die Anzeige von
Straftat, erst später, nach Erlaubniserteilung, ein, kann
Sachverhalten unlauterer Vermittlungsvorgänge an die
die Behörde die Erlaubnis gemäß § 49 VwVfG widerrufen
Gewerbebehörden ist daher wichtig, denn nur dann
und im Falle der Betriebsfortführung wie oben gemäß
können die Behörden tätig werden und die Möglichkeiten
§ 15 GewO verfahren.
der Gewerbeordnung bis hin zur Betriebsschließung ausschöpfen. Bei der Kreditvermittlung dürfen die Behörden,
Darüber hinaus erfüllt die Kreditvermittlung ohne Erlaub-
um weitere Erkenntnisse zu erhalten, gem. § 29 GewO
nis den Tatbestand des § 144 Abs. 1 Buchst. h), GewO,
umfassende Auskünfte von dem Vermittler verlangen und
der mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 1 geahndet
dessen Geschäftsräume betreten, um Unterlagen ausführ-
werden kann. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
lich überprüfen zu können.
Geldstrafe wird bestraft, wer die Kreditvermittlung ohne
Erlaubnis beharrlich wiederholt. Wer gegen Auflagen
oder gegen die MaBV verstößt, handelt gemäß § 144
6 Fazit
Abs. 2 Nr. 5 und 6 GewO ebenfalls ordnungswidrig. Die
Geldbuße beträgt ebenfalls bis zu 5.000 1.
Das Ergebnis der Überarbeitung des Gutachtens fünf
Jahre nach der Ersterstellung ist ernüchternd. Aus den
Im Falle der Vermittlung von Anlagen (beispielsweise
angestellten Untersuchungen ergibt sich, dass das Ange-
KG-Anteilen) ohne Erlaubnis beträgt die Geldbuße gemäß
bot der „SCHUFA-freien“ Kredite rechtlich höchst zwei-
§ 144 Abs. 1 Buchst. i) GewO bis zu 50.000 1.
felhaft ist und offenbar auch nicht wie angepriesen existiert. In den seltenen Fällen, in denen Kredite vermittelt
Ist ein Gewerbetreibender gemäß § 35 GewO unzuverläs-
werden, erfolgt die Kreditgewährung offenbar nicht ohne
sig, so wird ihm die zuständige Gewerbebehörde den
eine Bonitätsprüfung durch eine Kreditauskunftei. Wenn
Betrieb des Gewerbes per Verwaltungsakt untersagen.
es tatsächlich zu einer Kreditvermittlung kommt, sind die
Dieser Dauerverwaltungsakt wirkt bis zur Wiedergestat-
Kredite aufgrund der verschiedenen Nebenkosten, von
tung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO. Die Wirkung
denen die Kreditvermittlung abhängig gemacht wird, oft
ist stärker als bei der bloßen Versagung einer Erlaubnis
als sittenwidrig anzusehen, bzw. liegen sie mit ihren Kon-
nach § 34c GewO.
ditionen an der Grenze zur Sittenwidrigkeit.
58 Rechtsgutachten
Im zivil- und ordnungsrechtlichen Bereich hat es kaum
Entwicklungen gegeben. Im strafrechtlichen Bereich gibt
es lediglich die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart.28
Diese Entscheidung bietet Grund zur Hoffnung; andere
strafrechtliche Urteile sind zu dem untersuchten Thema
nicht bekanntgeworden. Der Gesetzgeber ist dringend
gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Eindämmung des Problems zu verbessern.
28 LG Stuttgart, Urt. v. 21.02.2012, AZ 14 KLS 166 Js 9323/11