Bilingualität in der frühkindlichen Erziehung Protokoll zum 6

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Bilingualität in der frühkindlichen Erziehung Protokoll zum 6
Bilingualität in der frühkindlichen Erziehung
Protokoll zum 6. Seminar der Elternvereine
am 12. November 2005 in Bonn
Ort: St. Winfried-Gemeinde, Sträßensweg 3, 53113 Bonn-Gronau
Moderation: Dr. José Sánchez-Otero, Agnes Heuvelmann,
1. Begrüßung/Eröffnung
Frau Agnes Heuvelmann begrüßt die Anwesenden als Koordinatorin des Netzwerkes der Elternvereine. Sie teilt mit, dass sich einige TeilnehmerInnen kurzfristig entschuldigt haben, andere verspätet eintreffen. Der Wechsel der MitarbeiterInnen des LZZ ins Ministerium für Generationen,
Familien, Frauen und Integration nach Düsseldorf soll bis Dezember 2005 erfolgen. Frau Heuvelmann wird neben anderen Aufgaben auch weiterhin zuständig sein für die Koordination der Elternarbeit.
Herr Antonio Diaz begrüßt die Teilnehmenden als Mitglied im Vorstand des Bundes der spanischen Elternvereine, als Vertreter der spanischen Weiterbildungsakademie und Mitglied der katholischen St. Winfried-Gemeinde. Auch im Namen des Pfarrers, der sich leider entschuldigen lässt,
informiert er kurz über die Arbeit der Gemeinde, die offen für Menschen aus anderen Kulturen ist
und einigen Gruppen Räume und Unterstützung für ihre Aktivitäten ermöglicht. Er wünscht der
Veranstaltung einen guten Verlauf.
Die Anwesenden stellen sich kurz vor. Einzelne später Eintreffende ergänzen die Vorstellungsrunde. Herr Dr. Sánchez-Otero erläutert, dass er bis Ende Oktober als stellvertretender Leiter des LZZ
auch für den Bereich Elternarbeit zuständig war. Mit dem Wechsel ins Ministerium wird er u.a.
auch für den Bereich Alter und Migration zuständig sein und evtl. die Elternarbeit weiter unterstützen können.
Er informiert über das Programm des Seminars, dessen Thema von den TeilnehmerInnen des 5.
Eltern-Seminars gewünscht worden ist. Neben grundlegenden Informationen zur frühkindlichen
bilingualen Erziehung sollten auch verschiedene und konkrete Modelle bilingualer Bildung im
Primarbereich vorgestellt werden. Da zu diesem Seminar kein(e) qualifizierte(r) Referent/in gefunden wurde, der/die diesen Einblick in die praktische Arbeit im Primarbereich hätte geben sollen,
erklärte sich freundlicherweise Thomas Jaitner von der Bezirksregierung Köln bereit, eine allgemeine Situationsanalyse über den aktuellen Stand der Diskussion über bilinguale Erziehung und
Bildung im schulischen Bereich zu liefern.
2. Vorstellung der Elterninitiative carrusel e.V.
Als erste Referentin berichtet Frau Rose-Sollzweig über die Elterninitiative „carrusel e.V.“, seine
Entstehungsgeschichte, das Konzept und die bisherigen Erfahrungen. Frau Rose-Sollzweig schildert als Mutter eines zweisprachig aufwachsenden Kindes ihr Engagement zur Gründung eines
deutsch-spanischen Kindergartens in Bonn. Sie erläutert, welche Vorteile es bringt, wenn ein Kind
zweisprachig aufwachsen kann und dies nicht nur in der Familie sondern auch in allen anderen
Erziehungsinstitutionen mitgetragen bzw. unterstützt wird. Da die Vermittlung von
(Fremd)Sprachen im schulischen Unterricht meistens ohne Bezug zu dem jeweiligen Land, zu den
Menschen und ihren Kulturen erfolgt, suchte sie nach Möglichkeiten, wie Kinder in einem sozialen
Gefüge nicht nur die spanische Sprache lernen sondern erleben und im sozialen Alltag praktizieren
können.
Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Kinder im Alter von 0-6 Jahren Sprachen am einfachsten und
schnellsten lernen. In mehrsprachigen Familien ist es daher sinnvoll, möglichst früh die jeweiligen
Sprachen zu sprechen und zwar personengebunden: Jeder Elternteil soll im Umgang mit dem Kind
die Sprache gebrauchen, die seine eigene Muttersprache ist. Mehrsprachigkeit sollte als Selbstverständlichkeit erlebt werden. Dieses Ziel sollte sowohl mit Blick auf das eigene Kind als auch
grundsätzlich bei Mehrsprachigkeit gefördert werden.
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Frau Rose-Sollzweig beschreibt die verschiedenen Stationen, um ihr Projekt, die Gründung eines
deutsch-spanischen Kindergartens realisieren zu können: Suche nach Gruppen/Vereinen mit spanischem bzw. südamerikanischem Hintergrund, Kontakt zu spanischen Elternvereinen etc. Da ihr
Ziel, die Förderung der Mehrsprachigkeit war, gründete sie als Elterninitiative mit anderen in Hürth
den Verein „Mehrsprache“, es wurden Spielgruppen durchgeführt, eine spanisch-sprachige Erzieherin engagiert, weitere Erzieherinnen gesucht und das Konzept der Mehrsprachigkeit weiterentwickelt. Da 1-2 Stunden Spanisch nicht ausreichen, sollte nach dem Prinzip der Immersion das alltägliche Zusammenleben in beiden Sprachen ermöglicht werden. Von der Idee, einen deutschspanischen Kindergarten zu gründen bis zur Realisierung vergingen ca. 2 Jahre. Es mussten viele
Hürden, insbesondere im Hinblick auf kommunale Unterstützung überwunden werden, da die
Gründung bzw. die Einrichtung eines Kindergartens in den Aufgabenbereich der Kommune gehört.
Nötig war auch Überzeugungsarbeit bei Eltern und Erzieherinnen. Mit viel Arbeit, Geduld und
ehrenamtlichem Engagement konnte schließlich die Elterninitiative einen Verein gründen und einen Bürgerantrag einreichen. Für die Kommune war dabei wichtig, dass durch die Einrichtung eines bilingualen Kindergartens keine Mehrkosten entstehen. Im Mai 2005 wurde der deutschspanische Kindergarten eröffnet. Es gibt zwei Gruppen: eine altersgemischte Gruppe mit 15 Kindern im Alter von 0 – 7 Jahren sowie eine weitere reguläre Kindergartengruppe mit 20-25 Kindern
im Alter ab 3 Jahre. Der familiäre Hintergrund der Kinder ist sehr verschieden, die ursprünglich
Spanisch sprechenden Kinder lernen besser Deutsch und umgekehrt. Insgesamt wird die Mehrsprachigkeit dadurch gefördert, dass in dem gemischten Team die Erzieherinnen jeweils ihre Sprache
sprechen und dies auch durch Gestik/Mimik nonverbal begleiten. Inzwischen ist als Fortsetzungsprojekt der Aufbau einer deutsch-spanischen Grundschulklasse geplant. Hierzu gibt es bereits Kontakte zur spanischen Botschaft, da anders als beim Kindergarten zusätzliche Kosten entstehen.
Herr Dr. Sánchez-Otero bedankt sich bei Frau Rose-Sollzweig für den aufschlussreichen Vortrag,
der zeige, wie wichtig und notwendig langfristiges Engagement von Eltern sei. Bei der anschließenden Diskussion betont die Referentin die Kostenneutralität, die vor allem dadurch gewährleistet
werden konnte, dass zum einen der Betreungsschlüssel wie in städtischen Einrichtungen gelte (insgesamt 50 Kinder betreut werden und 24 Kinder von 1,5 Kräften), gleichzeitig Wert auf die Mehrsprachigkeit der Erzieherinnen gelegt werde. Der Kindergarten konzentriert sich zwar auf Kinder
aus deutsch-spanisch-sprechenden Familien, ist jedoch auch offen für andere. Auf die kritische
Rückfrage, ob die Förderung der spanischen Sprache im Unterschied z.B. zu Türkisch oder Arabisch die Gründung des Kindergartens eher erleichtert habe, bestätigt Frau Solzweig, dass Spanisch
in Deutschland mit Sicherheit eher akzeptiert sei. Inzwischen gibt es in Berlin auch deutschtürkische Kindergärten. Hier zeigten Studien, dass vor allem die türkischen Kinder besser Deutsch
lernen, die Deutschen aber nicht so gut türkisch wegen der unterschiedlichen Akzeptanz der jeweiligen Sprache. Gegenwärtig zeichnet sich z.B. in der Stadt Bonn auch der Trend ab, verstärkt mehrsprachige Erzieherinnen in den normalen Kindergärten einzustellen, dies allerdings vor allem, um
bei Problemen mit den Kindern in ihren jeweiligen Sprachen kommunizieren zu können. Wünschenswert sei jedoch eine grundsätzliche mehrsprachige Förderung und nicht nur eine an Schwierigkeiten orientierte. Die Teilnehmerinnen schlagen vor, dass auch GrundschullehrerInnen besser
als bisher über die Bedeutung der Mehrsprachigkeit z.B. durch Seminare, Fortbildungen etc. informiert werden. Viele Vereine haben auch Probleme, Räume für die Sprachförderung zu bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der strengen Auflagen in den städtischen Kindergärten keine weiteren Spielgruppen für unter Dreijährige eingerichtet werden könnten. Herr Dr.
Sánchez-Otero und Frau Heuvelmann wollen als Vermittler die Vorschläge der TeilnehmInnen ins
Ministerium weiterleiten.
Anschließend begrüßt Dr. Sánchez-Otero Thomas Jaitner, Fachberater für Migranten in der Bezirksregierung Köln. Stellvertretend für Frau Benati stellt er verschiedene Grundschulprojekte vor
und geht dabei auch auf die Frage ein, wie Eltern die bikulturelle Erziehung fördern können. Herr
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Jaitner beschäftigt sich schwerpunktmäßig in der Bezirksregierung mit Projekten zum mehrsprachigen Lernen in der Grundschule.
3. Bilinguale Erziehung und Bildung im Primarbereich
Herr Jaitners Vortrag konzentriert sich auf vier Aspekte:
1. Warum mehrsprachiges Lernen?
2. Modelle
3. Haupthindernisse
4. Was kann konkret getan werden?
Warum mehrsprachiges Lernen?
Das zusammenwachsende Europa wird mehrsprachig sein. Die Mehrsprachigkeit ist schon deshalb
für die Identität der Kinder von besonderer Bedeutung, weil sie mehrsprachig aufwachsen und beide Sprachen benutzen. Inzwischen gibt es genügend wissenschaftliche Belege dafür, dass eine gute
Herkunftssprache auch das Erlernen der deutschen Sprache erleichtert. Es reicht nicht, Mehrsprachigkeit im Vorschulalter zu fördern, sondern die Förderung muß auch in der Schule weiter gewährleistet sein. Notwendig ist, dass auch in der Muttersprache eine Fachsprache sowie die literarischen Sprache gefördert wird. Entscheidend ist eine Veränderung des Unterrichts. Dafür gibt es
inzwischen verschiedene Ansätze. Notwendig ist ein sprachsensibler Unterricht, in den auch die
Herkunftssprache einbezogen wird. Weiterhin ist die Entwicklung einer neuen Didaktik geboten
und schließlich die Verbesserung des Schulerfolges insgesamt.
Modelle
Da in Köln 40% aller Kinder unter 14 Jahren einen Migrationshintergrund haben, ist ein sprachsensibler Unterricht notwendig, der die Vermittlung der deutschen Sprache einerseits als auch die
Herkunftssprache als schulische Aufgabe formuliert. Dies ermöglicht eine verbesserte Förderung
sowohl der Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Zweitsprache, als auch der deutschsprachigen Kinder.
Bisher werden 2 Versionen praktiziert:
• die sogenannte „light-Version“ mit den „Koala“- Projekten
• die komplexere Variante
In den Koala-Projekten (u.a. deutsch-türkisch, deutsch-arabisch, deutsch-italienisch) lernen vor
allem die Kinder, die auch zweisprachig aufwachsen. Der normale Regelunterricht und der muttersprachliche Unterricht werden eng aufeinander abgestimmt. Die jeweiligen Lehrer und Lehrerinnen
sprechen sich bei den Themen, dem Lernen der Sprache, der Lautvermittlung etc. ab. Dieses kontrastive Lernen ermöglicht, dass Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Sprachen aufgegriffen werden können. Kinder lernen z.B. wie oder wann derselbe Laut in Deutsch oder
in Türkisch geschrieben wird. Deutschsprachige Kinder können dabei auch viel lernen, da verschiedene Sprachen miteinander in Bezug gebracht werden. Das Sprachbewußtsein wird so verbessert. Wichtige Grundvoraussetzungen bei den Koala-Projekten sind Kooperation, Team-Teaching,
interkulturelle Projekte. Solche Projekte werden bis zur 6. Klasse z.B. auch in Gesamtschulen
durchgeführt.
Die komplexere Version wird in bilingualen Schulen praktiziert, in denen alle Kinder zweisprachig
lernen. Ab der 3. Klasse wird auch der Sachunterricht bilingual. Das Vorbild sind die staatlichen
Europa-Schulen in Berlin, in denen es deutsch-türkische, deutsch-arabische, deutsch-russische
Zweige gibt. In Köln gibt es inzwischen 2 deutsch-italienische Grundschulen, eine deutschtürkische ist geplant. Wichtig für die Identität der Kinder ist auch, dass für den Regelunterricht
verstärkt Lehrer und Lehrerinnen mit Migrationshintergrund eingestellt werden, die selbst z.B. türkisch, russisch o.a. Sprachen sprechen. Auch die deutschsprachigen Kinder erleben dadurch, dass
z.B, Türkisch eben nicht nur die Sprache der Müllmänner und Putzfrauen ist.
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Hindernisse
Da die Elite in Deutschland unter Mehrsprachigkeit vor allem das Erlernen von Fremdsprachen
versteht und weniger die Lebenssituation der Menschen mit Migrationshintergrund, sieht Thomas
Jaitner wenig Chancen, dass Veränderungen von oben kommen, sondern dass sie von unten langfristig vorbereitet und weiterentwickelt werden müssen.
Was kann man konkret machen?
Entgegen der landläufigen Meinung gibt es auch bei deutschen Eltern Interesse an bilingualen
Schulprojekten, dies gilt auch für deutsch-türkische. Bisher hat sich gezeigt, dass die Initiative von
außen an die Schule herangetragen werden muß und dabei gleichzeitig Unterstützung angeboten
werden sollte. Hilfreich ist es auch, die jeweiligen Konsulate einzubeziehen z.B. durch meetings,
Parties, Einladungen an das Schulamt. Die Konsulate können helfen z.B. durch Gelder für eine
kleine Bibliothek, Kopierkosten etc. Wichtig ist ebenfalls die Anerkennung des Engagements der
LehrerInnen. Notwendig ist auch, dass Migranten-Eltern und ihre Vereine Kontakt zu den regulären Schulpflegschaften aufnehmen und Bündnisse suchen bzw. herstellen.
Perspektiven
Noch gibt es keine flächendeckenden Einrichtungen, lediglich Einzelprojekte. Die Vorbehalte gegenüber Mehrsprachigkeit sind noch immer groß. Ein weiteres Problem ist die Lehrerausbildung
sowie die Einstellung von Lehrern und Lehrerinnen mit Migrationshintergrund. Es ist nicht gut,
Lehrer aus den Herkunftsländern einzustellen. Die Kürzung der Stellen für den muttersprachlichen
Unterricht ist ebenfalls ein großes Problem, zumal sie noch weitergehen werden. Thomas Jaitner
betont abschließend noch einmal die wichtige Rolle der LehrerInnen mit Migrationshintergrund.
Herr Sánchez-Otero bedankt sich für den Vortrag. In der anschließenden Diskussion taucht die
Frage auf, ob durch die Kooperation mit den Konsulaten auch Einfluß von seiten der Konsulate auf
die Inhalte ausgeübt wird. Das italienische Konsulat fördert z.B. eine Lehrerstelle in Hagen. Die
LehrerInnen für den muttersprachlichen Unterricht werden über die Programme zum muttersprachlichen Unterricht eingestellt. Kritisch angemerkt wurde auch, dass der Auftrag für die Förderung
des muttersprachlichen Unterrichts nicht z.B. auf die Botschaften ausgelagert werden sollte, da sie
zu den Regelaufgaben gehöre. Wichtig ist auch die Entwicklung neuer Konzepte in der Ausbildung
der LehrerInnen, auch der muttersprachlichen. Die sprachliche als auch didaktisch-methodische
Vorbereitung auf den bilingualen Unterricht muß insgesamt verbessert werden. Dies gilt auch für
die Materialentwicklung insbesondere für den Sachunterricht.
Herr Jaitner betont, dass die LehrerInnen, die sich am bilingualen Team-Teaching beteiligen durch
Fortbildungen (weiter)qualifiziert werden. Für ihn geht es insgesamt um die Frage, wie Schule in
einer multikulturellen Gesellschaft aussehen sollte. Sie muß Mehrsprachigkeit fördern, interkulturelles Lernen und auch Eltern einbeziehen. Interkulturelle Schule muß die Regelschule werden.
Gegenwärtig gelte es, anhand von Einzelbeispielen/guten Ansätzen zu zeigen, dass dies möglich
sei. Eine zentrale Aufgabe kommt dabei auch den Eltern aus Migrantenvereinen zu. Herr Jaitner
ermuntert zu verstärkter Kooperation mit den bestehenden Schulpflegschaften.
Für weitere Fragen steht Herr Jaitner gerne zur Verfügung:
Tel.: 0221/1472316 oder mail: [email protected]
Nach der Mittagspause informiert Herr Sánchez-Otero über den weiteren Ablauf. Da bisher noch
kein geeigneter Referent oder eine Referentin zum Thema bikulturelle Erziehung der unter 3Jährigen gefunden wurde, fasst Agnes Heuvelmann zunächst die wichtigsten Ergebnisse zur aktuellen Studie PISA E zusammen.
4. Zusammenfassende Ergebnisse zu PISA E
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Diese Befragung konzentriert sich vor allem auf die Lesekompetenz sowie die teil-mathematische
Kompetenz der 15Jährigen im Ländervergleich.
Die Ergebnisse für NRW sind insgesamt eher niederschmetternd im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die Lesekompetenz der 15-Jährigen ist sogar schlechter geworden, während sich die mathematischen, insbesondere Problemlösungskompetenzen leicht verbessert haben. In NRW sind
viele 15-Jährige auf dem Niveau der Grundschule, bei der Lesekompetenz 25% und im Hinblick
auf die mathematischen Kompetenzen 27,8%. Auffallend ist, dass Bremen bei der Lesekompetenz
stark aufgeholt habe. Dies könne u.a. darauf zurückgeführt werden, dass zusätzliche Feriencamps
mit besonderer Sprachförderung durchgeführt wurden und dass verstärkt Literatur in den Unterricht
eingebracht werde, die gerade für die 13-14Jährigen interessant sei.
Soziale Herkunft
Nach wie vor ist die soziale Herkunft entscheidend für den Bildungserfolg. Für Kinder aus Akademikerfamilien ist die Chance, ein Gymnasium zu besuchen vier mal höher als bei Kindern aus den
unteren Bildungsschichten. In Bayern ist dieser Zusammenhang am größten.
Problemlösen
Da PISA nicht nur die Schulzensuren zur Grundlage nimmt, sondern Kompetenzen ermittelt wie
z.B. Problemlösungen finden oder das analytische Denken, zeigen sich oftmals Unterschiede zwischen den Zensuren und diesen Fähigkeiten. Bei den mathematischen Kompetenzen z.B. sind diese
Fähigkeiten wesentlich besser als die Zensuren. Deutlich wurde auch, dass Jugendliche, die zu
Hause einen Computer haben oder nutzen, höhere mathematische Kompetenzen aufweisen. Eine
Verbesserung der naturwissenschaftlichen Fähigkeiten zeigt sich insbesondere bei den Gymnasien,
parallel dazu hat sich jedoch die Lesekompetenz leicht verschlechtert.
Schulformen
Die Probleme bei den Leistungen zeigen sich in NRW besonders in den Hauptschulen. Der durchschnittliche Anteil der sogenannten Risikogruppen, also SchülerInnen mit absehbaren Problemen
im weiteren Bildungsverlauf beträgt hier rund zwei Drittel. Der Bundesdurchschnitt für alle
Schulformen hingegen beträgt ca. 20-25%.
Migrationshintergrund
Jugendliche ohne Migrationhintergrund weisen in allen untersuchten Teilleistungsbereichen deutlich bessere Ergebnisse auf, als Schüler mit Migrationhintergrund. Allerdings gibt es auch viele
Schüler mit Migrationshintergrund, die über vergleichbare Kompetenzen verfügen wie Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Ein vergleichsweise großer Anteil an Jugendlichen aus Migratenfamilien in einem Bundesland geht tendenziell mit einem niedrigeren Niveau der Schülerleistungen einher. Betrachtet man nur die Ergebnisse der Schüler ohne Migrationshintergrund, rückt
NRW im Ländervergleich in allen Bereichen um einige Rangplätze nach vorne. Die unzureichenden NRW-Ergebnisse sind jedoch nicht alleine durch hohe Anteile von Schülern aus Familien mit
Migrationshintergrund zu erklären. In anderen Ländern erreichen diese Schülergruppen teilweise
deutlich bessere Ergebnisse. Insgesamt ist die bessere Förderung gerade der Jugendlichen aus
Familien mit Migrationshintergrund eine entscheidende Voraussetzung zur Verbesserung der
Schülerleistungen insgesamt.
Abschließend weist Agnes Heuvelmann noch darauf hin, dass bei der PISA-Untersuchung der
Begriff Mehrsprachigkeit anders benutzt werde als in der fachlichen Debatte oder im Netzwerk.
Mehrsprachigkeit bei PISA wird vor allem auf die Alltagssprache bezogen, d.h. als einsprachig
gilt, wer in seinem Umfeld überwiegend Deutsch spricht.
Die IGLU-Studie, die sich auf die Grundschulen konzentriert, belegt, dass die Empfehlungen für
die weiterführenden Schulen oftmals nicht den tatsächlichen Fähigkeiten der Kinder entsprechen
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und deshalb in vielen Fällen falsche Empfehlungen für die weiterführenden Schulen gegeben werden.
Als wichtige Schlussfolgerung der PISA-Studie wird von den Verantwortlichen betont, dass Kinder insgesamt zu wenige zumutbare Belastungen bzw. Herausforderungen bekommen. Kinder in
Deutschland würden laut Prof. Prenzel viel zu oft dadurch beschämt, dass vor allem vorgeführt
werde, was sie nicht können.
5. Vorbereitung des nächsten Eltern-Seminars
Bei der anschließenden Vorbereitung zum nächsten Eltern-Seminar fasst Frau Heuvelmann noch
einmal kurz die Vorgeschichte und den bisherigen Stand zur Diskussion der Gründung eines
Netzwerkes zur Elternarbeit zusammen. Sie weist auf die insgesamt 7 Bausteine des Konzeptes
„Elternarbeit“ (Netzwerk-Gründung, Samstags-Seminare, Seminar-Reihe des spanischen Elternbundes, Qualifikationsveranstaltungen der Türkischen Elternförderation, Regionalveranstaltungen, Elternbriefe, wissenschaftliche Begleitung). Herr Sánchez-Otero betont, dass auch nach dem
Wechsel des LZZ ins Ministerium das Netzwerk und insbesondere der Schwerpunkt Elternarbeit
weiter unterstützt wird. Der organisatorische Rahmen wie z.B. Einladungen zu Seminaren oder
Regionalveranstaltungen etc. wird bis Ende 2005 über eine Agentur gewährleistet. Angestrebt
wird, dass beim nächsten Seminar darüber diskutiert werden soll, wie sich ab 2006 die Vertreter
der Elternvereine weiterhin engagieren werden/können, denn dann sollten sie – wie bisher geplant
- die Verantwortung für z.B. die Vorbereitung/Organisation der Elternseminare und schließlich
die Ausgestaltung des Netzwerkes übernehmen. Da sowohl Vertreter des Bundes der spanischen
Elternvereine als auch der Förderation der türkischen Elternvereine nicht (mehr) anwesend waren, will Frau Heuvelmann insbesondere bei den Organisationen, die bisher besonders engagiert
waren, nach deren Einschätzungen fragen. Zur Vorbereitung des nächsten Seminars sollen die
bisherigen Einschätzungen der TeilnehmerInnen vom 17.9.2005 in Wuppertal, die Chancen, Vorbehalte und Wünsche für die Gründung eines Netzwerkes dem Protokoll des Seminars vom
12.11.05 beigefügt werden. Als wichtiges Argument für die Gründung eines Netzwerkes betont
Herr Sánchez-Otero, dass Politik und Verwaltung in der Regel nicht mit einzelnen Eltern verhandeln. Einige TeilnehmerInnen wünschten sich mehr Informationen darüber, welche formalen bzw.
juristischen Schritte für eine Vereinsgründung, Satzung etc. nötig sind. Anders als vom ursprünglichen Zeitplan anvisiert, scheint es gegenwärtig noch viele inhaltliche und organisatorische Fragen mit Blick auf eine Konstituierung des Netzwerkes zu geben. Aufgrund der laufenden Befragung sind bisher 73 Elternvereine erfasst, die für die Weiterarbeit in Frage kommen. Für Agnes
Heuvelmann ist die Partizipation der Eltervereine durch ein Netzwerk sowie bei der Netzwerkbildung von entscheidender Bedeutung.
Einige TeilnehmerInnen formulierten dazu auch konkrete Fragen wie z.B: Läßt sich dieses Engagement vor allem ehrenamtlich realisieren? Wie soll die Infrastruktur für ein Netzwerk/einen
Dachverband geschaffen werden? Wo soll eine Geschäftsstelle sein? Wie wird die Finanzierung
ermöglicht. Die Idee, dass angesichts der gegenwärtigen Fragen sowie aufgrund des Wechsels der
LZZ-MitarbeiterInnen ins Ministerium ein Signal seitens der Politik z.B. durch den neuen Integrationsbeauftragten motivierend und hilfreich sein könnten, wurde aufgegriffen. Unterschiedlich
war jedoch die Einschätzung, ob der erste Schritt nicht die Vernetzung der Eltern untereinander
sein müsse und danach das Gespräch mit Vertretern des Ministeriums. Da gegenwärtig der Prozeß
der Selbstvergewisserung der Vereine untereinander und miteinander noch nicht abgeschlossen
ist, entscheiden sich die Teilnehmenden auf Vorschlag von Herrn Sánchez-Otero dafür, dass für
das nächste Seminar der neue Integrationsbeauftragte, Herr Kufen, als Beobachter eingeladen
werden soll.
Thema des nächsten Seminars: NRW-Netzwerk für Migranteneltern. Termin ist der 10.12.2005 in
Solingen.
Adelheid Schmitz
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