Black Sabbath in der Waldbühne: Ozzy Osbourne röhrt Berlin die
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Black Sabbath in der Waldbühne: Ozzy Osbourne röhrt Berlin die
Abschiedstournee 8. Juni 2016 Black Sabbath in der Waldbühne: Ozzy Osbourne röhrt Berlin die letzte Messe Sänger und Gründungsmitglied Ozzy Osbourne am Mittwoch in der Waldbühne / Foto: DAVIDS/Sven Darmer VON KATHARINA METAG Vor über 40 Jahren haben Black Sabbath den Heavy Metal erfunden. Jetzt ist es an der Zeit, sich zur Ruhe zu setzen. Mit der Tour "The End" nimmt die Band um Ozzy Osbourne Abschied von der Bühne. Black Sabbath sollten Kinder schon in der Schule hören. Das zumindest fordern Fans harter Rockmusik, wenn die Plädoyers zur Wichtigkeit der Band besonders leidenschaftlich werden. Schließlich haben Black Sabbath vor über 40 Jahren den Heavy Metal erfunden – quasi als Antithese zur Hippie-Musik der Endsechziger. In der Industriestadt Birmingham trug man eben keine Blumen im Haar. Deshalb wiegt es um so schwerer, dass die „Sabb Four“ nun ihre Abschiedstournee spielen. Das wiederum behaupten zwar viele (Kiss, Scorpions und immer wieder auch die Puhdys), aber Ozzy & Co. glaubt man es. Muss man es glauben, kämpft Gitarrist Tony Iommi (68) doch seit Jahren mit einer Krebserkrankung. „The End“ heißt die Konzertreise, und die Fans aller Altersklassen kommen in Massen, um ihre Helden zu verabschieden. Auf dem Programm stehen Songs vor allem der ersten vier Alben (19701972), tonnenschwere Riffsalven wie „Children Of The Grave“, „War Pigs“ und „N.I.B.“, die so ziemliche jede Spielart der Krachmusik beeinflusst haben, die noch folgen sollte. Und in der Waldbühne merkt man, warum das so ist: Black Sabbath klingen auch 2016 noch wie ein gewaltiger Lavastrom, klagend, mächtig, intensiv. Schon als sich nur das LED-Banner von pink zu brennend verwandelt, sitzt absolut niemand mehr. Vermutlich nicht mal die, die noch auf der Toilette waren. Niemand singt wie Ozzy Osbourne (67), niemand schreibt Gitarrenriffs wie Tony Iommi, kaum jemand lässt die Bassläufe fliegen wie Geezer Butler (66). Es fehlt nur Ur-Drummer Bill Ward, dessen Gesundheitszustand seinen Kollegen für eine Welttournee nicht mehr geeignet schien. Seit Jahren trommelt für ihn der viel jüngere Tommy Clufetos, der der Band auch tatsächlich nötigen Schub verleiht. Und ihr auch zur Mitte der Show mit einem zehnminütigen, von den Zuschauern gefeierten Drumsolo die nötige Verschnaufpause verschafft und dabei das Publikum animiert: „I can’t hear you!“ – wildes Klatschen- „I love you all“ – noch wilderes Klatschen- „You’re fucking special“ – Ausrasten! Weil Ozzy dann natürlich sowieso (und mehrfach und immer wieder) alle liebt und dann auch noch mal (und mehrfach und immer wieder) alle „fucking“ nicht hören kann und und wegen Gitarrensolo und weil es das letzte Mal ist, rasten alle nochmal aus und immer wieder. Natürlich wirken die Musiker nicht mehr wie wilde Kerle auf der Suche nach Katharsis oder willigen Groupies, hier stehen ältere Gentlemen (keine Rock-Opas!) in gediegenem Schwarz – selbst wenn Ozzy gelegentlich immer noch über die Bühne springt wie ein naiver Flo mit Lampenfieber (vielleicht gibt die angebliche jüngere Geliebte den Schwung, der noch vor zwei Jahren bei der letzten Berliner Show nicht zu erahnen war). Die Fans entstammen allen Altersklassen und „Mode“-Typen, von Altrocker über den mittlerweile beschlipsten Gelegenheitsfan bis zur jungen HeadbangerIn. Sogar Sandale und weißes Shirt (nicht aber Socke) sind überraschend Open-Air-salonfähig. „Nicht true“, würde der Stock-im-RektumMetaller sagen, „alles Touristen“ der Berliner. Doch sie alle feiern, bangen, moshen, klatschen, grölen, trommeln mit, genießen und feiern das gute Dutzend an Songs. Darunter das namensgebende „Black Sabbath“ gleich zu Beginn, düster und bedrohlich, basierend auf dem Tritonus, einem Tonintervall, das während des Mittelalters wegen seines dämonischen Klanges sogar verboten war. Und natürlich „Paranoid“ zum Abschluss, der große Hit, den sogar Cindy & Bert mal gecovert haben („Der Hund von Baskerville“). Neue Stücke vom erst 2013 erschienenen Album „13“ hingegen fehlen in der Setlist, keines der Lieder ist nach 1976 erschienen. Das macht aber gar nichts. Black Sabbath bieten in der Waldbühne eine Zeitreise in die Urzeit harter Rockmusik, die ob des nahenden Endes noch intensiver wirkt. Und leidenschaftlich gern würden wir empfehlen, das nächste Konzert auf keinen Fall zu verpassen. Aber das geht ja nicht… Es ist in Ordnung, wenn die Herren sich zur Ruhe setzen. Denn ihre Songs werden noch lange nachhallen. Hoffentlich bald auch mal im Musikunterricht. Quelle: http://www.bz-berlin.de/kultur/musik/black-sabbath-in-der-waldbuehne-ozzy-osbourne-roehrtberlin-die-letzte-messe