Musikfilm Legenden
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Musikfilm Legenden
CLUB PASSAGE PROGRAMMKINO Musikfilm - Legenden Einer der meistgezeigten Filme zum Thema Rock-Musik ist zweifellos „Janis – Die Janis Joplin Story“ (USA), eine fesselnde Dokumentation, mit der 1974 Howard Alk und Seaton Findlay der 1943 geborenen Rock-und Blues-Sängerin ein filmisches Denkmal setzten. Janis Joplin gehörte bis zu ihrem frühen tragischen Tod 1970 mit ihrem expressiven Gesangsstil zu den Symbolfiguren der „Flower Power“- Generation und war die unbestrittene Queen der Rockmusik der 60er Jahre. Sie sang den Blues mit einer Intensität, wie das noch nie vorher eine weiße Sängerin vermocht hatte, weshalb sie oft mit der großen Bessie Smith verglichen wurde. Und Janis Joplin lebte getreu der Philosophie der young beatniks – „live fast, love hard, die young“ ; ihr Leben war eine exaltierte Jagd zwischen Bühne, Bett und Bourbon Whisky. Trotz des großen Jubels um ihre Person und trotz aller Erfolge lag die Frau, die sich in der Männerdomäne Rockmusik durchgesetzt hatte, mit der Welt und sich selbst in einer Kräfte zehrenden Dauerfehde. In einem Interview für den „Rolling Stone“ drückte sie das so aus: „Auf der Bühne schlafe ich mit 25 000 Menschen, dann gehe ich allein nach Hause.“ Der aus Konzertaufnahmen und Interviews montierte Film vermittelt das Bild einer faszinierenden Künstlerin und zugleich das einer innerlich zerrissenen Frau, welche die überragende Fähigkeit besaß, auf der Bühne das auszudrücken, was ihr das wirkliche Leben versagte – und an dieser Diskrepanz zu Grunde ging. Das US-amerikanische Kino brachte 1969 drei Filme auf die Leinwand, die trotz unterschiedlicher Genres vieles gemeinsam haben: Sie erzählen von einer Zeit, in der junge Leute zwar Spaß, aber mehr als nur die Spaßgesellschaft im Sinn hatten, sie handeln von Träumen und von Auflehnung gegen Althergebrachtes - und sie beinhalten Songs, die noch heute Superhits sind. „Woodstock“ dokumentierte das gleichnamige legendäre Rockfestival, das mit seinen 400 000 Besuchern zum Symbol des Aufbruchs einer ganzen Epoche –„With a little help of my friends“ - wurde. Auf der Bühne sangen und spielten die bedeutendsten Rockgrößen der Zeit, deren Lieder von den Idealen der neuen Generation handelten, die auch vor der Bühne saß. Und man protestierte gegen den barbarischen Vietnamkrieg wie Jimi Hendrix, der mit seiner E-Gitarre die Nationalhymne seines Landes akustisch zerfetzte. Im Road-Movie „Easy Rider“ sind es drei Aussteiger, die den Nerv einer sich von der Gesellschaft abwendenden Jugend treffen, indem sie – „Born to be wild“ – die Ideale des alten Amerika, ein ungezwungenes und ungebundenes Leben in Freiheit, jenseits hinterwäldlerischer Spießigkeit suchen. Ebenfalls kein reiner Musikfilm, aber mit Story und Soundtrack auch ein Kultdokument der Endsechziger Jahre ist der dritte Film: „Blutige Erdbeeren – The Strawberry Statement“ (USA 1969) von Stuart Hagmann. Den realen Hintergrund des Films bildeten die amerikanischen Studentenunruhen 1968 in den Vereinigten Staaten. Nach der gewaltsamen Räumung der von Studenten besetzten Universität Columbia griffen die Proteste gegen das den persönlichen Spielraum einschränkende Bildungssystem eines starren Staates, der zudem den mörderischen Krieg gegen Vietnam zu verantworten hatte, auf das ganze Land über. Im Mittelpunkt des Films steht Simon (Bruce Davison), der an einer amerikanischen Universität studiert. Er frönt begeistert dem Rudersport und kümmert sich überhaupt nicht um Politik. Das ändert sich aber, als er zufällig in eine Protestveranstaltung gerät und dabei die hübsche Linda (Kim Darby) kennen lernt, die Che Guevara verehrt und sich emsig an den Studentenunruhen beteiligt. Nun ist Simon mitten im Geschehen – welches frohes Jugendleben keinesfalls ausschließt - und gemeinsam nehmen Simon und Linda mit ihren Kommilitonen an der Besetzung der Uni teil. Denn Freiheit und Gleichheit sind bedroht und Widerstand somit die allererste Bürgerpflicht. Der Rektor fordert die Studenten auf, die Besetzung abzubrechen – ohne Erfolg: die jungen Leute antworten mit einem Sit-In in der Turnhalle. Wenig später fällt die Staatsmacht mit Schlagstöcken und Tränengas brutal über die Studenten und Studentinnen her. Der Originaltitel des Films - „The Strawberry Statement“ – nimmt Bezug auf die Äußerung eines Offiziellen, für den die Beweggründe der Studenten etwa den Stellenwert haben wie die Tatsache, dass Erdbeeren rot seien... Der Soundtrack des Films enthält außer John Lennons programmatischem „Give peace a chance“ auch einige Meilenstein-Songs des Superquartetts Crosby, Stills, Nash & Young, darunter das legendäre „Helpless“. Der faszinierende Film über die 68er in den USA wurde 1970 in Cannes mit dem Sonderpreis der Jury geehrt - und er erreichte Kultstatus auch unter der DDR-Jugend, die allerdings erst rund 20 Jahre später ihre Rebellion erleben durfte. Einen hervorragenden Musikfilm, der bald auch ein Kultfilm werden sollte, drehte 1979 der Regisseur John Landis, der seinerzeit nicht zuletzt mit „American Werewolf“ und „Unheimliche Schattenlichter“ Maßstäbe für die Branche setzte, mit dem Action-Bluesical „Blues Brothers“ (USA). Das Aussehen der Gebrüder ist inzwischen nicht nur Kinofreunden bekannt: Schwarze Hüte, schwarze Anzüge, schwarze Sonnenbrillen – inzwischen oft und gern benutzte Elemente für (Puhdys-) Werbung, Parodien, Computerspiele und Faschingskostüme. Ein echter Blues Brother nimmt die Sonnenbrille nämlich auch in der Sauna nicht ab und Mode ist eh nur was für Feiglinge. Dazu obercoole Visagen, die passenden Sprüche – und warum das alles ? Die Gebrüder Jake (John Belushi) und Elwood (Dan Aykroyd) sind in tiefer Treue dem Waisenhaus verbunden, in dem sie einstens aufwuchsen. Als das Institut wegen Steuerschulden geschlossen werden soll, haben die beiden elf Tage Zeit, um als rettende Engel zu fungieren und 5.000 $ aufzutreiben. Die Wiedervereinigung ihrer alten Band (welche die Idee für den Film lieferte) soll vermittels erfolgreichem Comeback die Summe zusammen bringen. Die Suche nach den alten Bandmitgliedern zwecks Reaktivierung ist indessen nicht so einfach: Die beiden coolen Kleinganoven haben es nicht nur mit der gesamten Polizei zu tun, sondern auch mit einer Horde Neonazis, der mordwütigen (weil eifersüchtigen) Ex-Freundin von Jake und – last but not least – mit einer Country-Band. Das schräge Road-Movie über den zerstörungswütigen Kreuzzug der beiden Anarchobrüder entstand mit Hilfe eines 33Millionen-Dollar-Budgets, von welchem ein nicht geringer Teil für die Entlohnung der knapp 80 Stuntmen benötigt wurde, zu deren Aufgaben neben ebenso rasanten wie spektakulären Verfolgungsjagden auch die Zerlegung ganzer Einkaufszentren gehörte. Endgültig zum Kult wurde die Komödie durch die Gastauftritte einer ganzen Phalanx von Stars der afro-(US-) amerikanischen Musikgeschichte, darunter Aretha Franklin, Ray Charles und James Brown; der Soundtrack des Films mit seiner furiosen Live-Atmosphäre wurde millionenfach verkauft. Kein Wunder, dass rund 20 Jahre danach der Versuch unternommen wurde, den Erfolg der „Blues Brothers“ wenn nicht zu toppen, so doch wenigstens wieder zu erreichen – vergebens. Dem Sequel mangelte es zwar nicht an hochkarätigen Musikerpersönlichkeiten, dafür aber außer einer guten Story vor allem an Blues Brother Jake alias John Belushi, der 1982 in einem Nobelhotel in Hollywood an einer Überdosis Rauschgift starb. Der 1949 in Illinois geborene Kamikaze-Komiker gehörte von 1975 an zum festen Stamm der NBC-Live-ComedyShow „Saturday Night Live“. Bis zum Auslaufen der Show 1979 gingen aus dieser Kaderschmiede Stars wie Eddy Murphy, Chevy Chase, Dan Aykroyd und Bill Murray hervor, die kurz darauf mit mehr oder weniger langlebigem Erfolg ins Filmgeschäft einstiegen. Einer ihm von seinem „Blues Brother“ Aykroyd empfohlenen Drogenentzugs-Therapie verweigerte sich John Belushi mit den Worten: „Ich bereite so vielen Menschen Vergnügen. Warum soll ich nicht auch ein bisschen Spaß haben ?“ Im Jahre 1974 drehte der Regisseur Jim Sharman auf der Grundlage eines erfolgreichen Bühnen-Musicals von Richard O’Brien einen Streifen, der wenig später zum Kultfilm par excellence werden sollte: „The Rocky Horror Picture Show“ (USA). Mit dem Schauspielerensemble des Bühnenstücks wurde eine monströse Groteske ins Bild gesetzt, deren Einfälle harrscharf am (damals definierten...) Rand von Geschmacklosigkeit und Obszönität vorbei schrammten. Das Konglomerat aus Trivialmythen, Filmzitaten und Parodien animiert bis heute seine ständig sich erneuernde Fangemeinde zu quasi interaktiven Parties: Das (Theater- und) Kinopublikum entzündet parallel zur Filmhandlung Wunderkerzen, entleert Wasserpistolen und Reistüten, während die beschwingten Songs je nach Stimmvermögen von lautem (Mit-)Gesang bzw. Gegröle begleitet werden. All das vor einem surrealen Hintergrund: Ein spießig-bürgerliches Pärchen (just married: Susan Sarandon und Barry Boswick) sucht nach einer Autopanne während eines Gewittergusses Zuflucht in einem alten Gemäuer. Daselbst hält eine Horde bizarrer außerirdischer Wesen unter dem Vorsitz des Transvestiten Frank N. Furter (Tim Curry) ihre Jahrestagung ab. Auf dem Höhepunkt der Feierlichkeit präsentiert der bestrapste Ober-Transsylvanier seinen Untertanen und Gästen die Frucht jahrelanger Experimente: den künstlichen Menschen Rocky Horror. Und siehe, ein orgiastischer bunter Reigen sexueller Ausschweifungen und kannibalischer Exzesse besiegelt das Schicksal des Transi-Frankenstein und seines Geschöpfes – Palastrevolution auf transsylvanisch... Die ersten Punks kamen aus Berlin. Ihre Kultsongs hießen „Keine Macht für niemand“ – eine Doppel-LP, die vor einem Vierteljahrhundert in keiner WG fehlen durfte - oder „Macht kaputt, was euch kaputt macht“; die legendäre Rockband selbst wurde mitunter als die „Deutschen Stones“ bezeichnet: „Ton Steine Scherben“. Das Berliner Rock-Kollektiv gehörte zu den Pionieren der deutschsprachigen Rockmusik und hatte in Rio Reiser deren schärfste Stimme. Ihr Repertoire wurde auch zu dem der Studenten-, Hausbesetzer- und Umweltschutzbewegungen, denn die bekennenden Anarchos sangen Klartext und rechneten mit dem Kapitalismus so radikal ab, dass kein Radiomacher „Scherben“-Platten auch nur mit spitzen Fingern anfassen mochte. Und „Ton Steine Scherben“ ging als erste Band den steinigen Weg der Selbstvermarktung: 1970 gründete sie ihr eigenes Musik-Label und flüchtete später vor ihrem Image als „agitierende Music-Box“ von Berlin aus in eine Landkommune nach Nordfriesland. „Der Traum ist aus – Die Erben der Scherben“ (D 2001) von Der Dokumentarfilm Christoph Schuch erzählt ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Geschichte von „Ton Steine Scherben“ und macht den Versuch, die Erben der Scherben zu finden und sie nach dem Stellenwert des Politischen in der heutigen deutschen PopLandschaft zu befragen. Zwischen aktuellen und historischen Konzertmitschnitten kommen u.a. Musiker der Bands „Ton Steine Scherben“, „Die Sterne“, „Element of crime“ und „Das Department“ sowie Nina Hagen und Rio Reiser zu Wort. Thema: Widersprüche, Ansprüche, Feindbilder, Ideale und natürlich Musik. „Der Traum ist aus – Die Erben der Scherben“ läuft im CLUB PASSAGE auch am 26. Oktober während der Rio-Reiser-Nacht, und zwar nach dem Konzert der R.-R.-Coverband „Wunderbuntd“. B.R.