Schiffsunglück „Costa Concordia“

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Schiffsunglück „Costa Concordia“
Schiffsunglück „Costa Concordia“
Vorab wird die Einschaltung eines qualifizierten Rechtsberaters und der
jeweiligen Versicherung z. B. des Veranstalters, dringend empfohlen, sofern
man insbesondere als deutscher Veranstalter der Reise oder als Reisender
betroffen ist. In jedem Fall müssen Mängelanzeige- (Reisemängel) Anzeige(Reisegepäckverlust – 15 Tage) und die Geltendmachungsfrist von einem
Monat nach vertraglich vorgesehenem Reiseende beachtet werden.
1. Kein Fall der höheren Gewalt
Aus derzeitiger Sicht ist zu sagen, dass es sich nicht um einen Fall der höheren
Gewalt handelt (vgl. § 651j B GB). Es liegt vielmehr wohl ein schwerwiegender
Pflichtverstoß des Kapitäns der Reederei vor.
2. Haftung der Reederei bei Direktbuchung durch den Reisenden bei
„Costa“
Kreuzfahrten sind Pauschalreisen, die unter die §§ 651a ff BGB fallen. Die
Reederei haftet nach deutschem Reisevertragsrecht. Bei Abbruch etc. handelt es
sich um einen erheblichen Reisemangel. Die Minderung – Herabsetzung des
Reisepreises - dürfte wegen des unmittelbar erfolgenden Reiseabbruchs mit 100
% zu veranschlagen sein.
Infolge des mutmaßlichen Fehlverhaltens des Kapitäns als Erfüllungsgehilfen der
Costa-Reederei kommen auch Schadenersatzansprüche nach den §§ 651f I und
651f II (Schadensersatz wegen nutzloser aufgewendeter Urlaubstage) in
Betracht: Nach der „Frankfurter Tabelle“ in Höhe von ca. 75 EURO pro Tag und
Reisendem, nach der neueren Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2005, 1047
ff – „Malediven“-Fall) gemessen am Reisepreis bzw. dem Wert der Reise
(vorliegend wahrscheinlich 100% des Reisepreises). Auch sind weitere Schäden
zu ersetzen (Krankenhaus etc.), soweit vom Reisenden nachweisbar.
Eine Haftungsbeschränkung unter Berufung auf gesetzliche Vorschriften nach §
651h II BGB kommt für die Reederei nicht in Betracht, da es um die eigene
Haftung geht und nicht um die eines „Leistungsträgers“.
Eine Haftungsbeschränkung nach § 651 h I BGB auf den dreifachen Reisepreis
für Sachschäden, dürfte wegen des Fehlverhaltens des Kapitäns ausscheiden.
Eine reiserechtliche Haftungsbeschränkung für Körperschäden gibt es dagegen
nicht (vgl. § 651h I BGB).
Hinzukommen weitere Ansprüche aus unerlaubter Handlung nach den §§ 823 f
BGB, wobei es sich bei dem Kapitän um einen Verrichtungsgehilfen der Reederei
i. S. d. § 831 BGB handeln kann, was aber der sog. „deliktischen Haftung aus
unerlaubter Handlung“ nicht entgegenstehen dürfte. Insofern kommen auch
Ansprüche auf Schmerzensgeld z. B. bei Tod eines mitreisenden Ehepartners
etc. in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 18.7.2006 – X R 142/05 – Wasserrutsche – Tod
eines elfjährigen Jungens). Allerdings ist zu beachten, dass die §§ 664 f HGB
nebst Anlagen gelten (vgl. z. B. OLG Rostock, Urt. v. 11.2.1011 – 5 U 40/10 –
Transportrecht 2011, 189). Insofern wird die Reederei auf ihre Versicherung
verweisen. Auf jeden Fall müssen die Fristen – auch von Krankenkassen etc. –
RDA Internationaler Bustouristik Verband e.V., Hohenstaufenring 47-51, 50674 Köln
Tel.: 0221/912772 – 0, Fax: 0221/124788, E-Mail: [email protected], Internet: www.rda.de
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beachtet werden (§ 651g I BGB) – auch Anzeigefristen (15 Tage) wegen
Gepäckverlusts nach Art. 12 Anlage zu § 664 HGB.
3. Pauschalreise des deutschen Reiseveranstalters - „Costa“ als
Erfüllungsgehilfe
Zunächst muss der deutsche Veranstalter so schnell wie möglich seine
Versicherung einschalten. Hier drohen erhebliche Ansprüche, die die Reisenden
oder auch die Krankenkassen geltend machen müssen. Ferner sind die
Reisenden natürlich vor Ort und auch danach zu betreuen. Eine Beauftragung
geeigneter Personen ist unverzüglich zu veranlassen. Wenn die Reise bei einem
deutschen Reiseveranstalter gebucht ist, haftet dieser nach den §§ 651 ff BGB.
„Costa“ als Leistungsträger ist Erfüllungsgehilfe des Veranstalters, für den der
Veranstalter einzustehen hat (§ 278 BGB). Insofern gelten die Ausführungen
oben unter Ziff. 1. Hier könnte sich der Veranstalter nach § 651h II BGB auf
gesetzliche Haftungsbestimmungen berufen, die für den Leistungsträger gelten
(vgl. §§ 664 f HGB). Auf jeden Fall müssen die Reisenden ihre Ansprüche nach §
651g I BGB innerhalb der Monatsfrist geltend machen, ferner auch die
Mängelanzeige etc. nach § 651d BGB, wenn man auch von einem
unverschuldeten Unterlassen nach § 651d II BGB ausgehen kann. Hinsichtlich
der Gepäckschäden sind ebenfalls Anzeigefristen (15 Tage) vorgesehen. Es mag
dahinstehen, ob diese vorliegend eingreifen. Jedenfalls sollte insofern auch eine
entsprechende Anzeige vom Reisenden vorgenommen werden. Der Veranstalter
hat insofern eine Unterstützungspflicht.
4. Buchung der Reise durch einen Reisevermittler („Reisebüro“) für den
deutschen Veranstalter oder für Costa
Sofern ein Reisevermittler für die Reederei oder einen deutschen Veranstalter im
Auftrag des Reisenden tätig wurde, haftet der Vermittler nur für
Vermittlungsfehler, die hier nicht ersichtlich sind; denn bei der weltweit tätigen
Reederei bestand kein Anlass, von der Buchung abzuraten etc. Soweit das
„Reisebüro“ die Buchung z. B. für einen deutschen Veranstalter vornahm, handelt
es als Erfüllungsgehilfe des Veranstalters hinsichtlich eventueller Informationen
der Reisenden. Insofern ist aber nicht erkenntlich, dass „Vermittlungsfehler“
vorliegen, die dem Veranstalter zuzurechnen wären. Für die Geltendmachung
von Ansprüchen nach § 651g I BGB ist auch das buchende „Reisebüro“ der
richtige Adressat, ansonsten der jeweilige Veranstalter.
5. Umbuchung auf andere Reise – Stornierung
Da das Schiff Costa-Concordia nicht mehr zur Verfügung steht, können die
Reisenden, die bereits gebucht haben, einvernehmlich mit dem Veranstalter
umbuchen, müssen dies aber nicht. Vielmehr kann der Reisende auch kostenfrei
stornieren.
Allerdings kommt z. B. die Stornierung einer anderen Kreuzfahrtreise mit einem
anderen Schiff z. B. wegen Angst etc. nicht in Betracht. Von einer generellen
Unsicherheitslage etc. kann nämlich nicht ausgegangen werden.
Denkbar ist bei einer solchen Stornierung auch das Eingreifen der
Reiserücktrittskostenversicherung. Das dürfte sich allerdings als rechtlich
schwierig erweisen.
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