ArbG Cottbus - Arbeitsgericht Cottbus

Transcription

ArbG Cottbus - Arbeitsgericht Cottbus
Verkündet am: 11.04.2008
Arbeitsgericht Cottbus
Geschäftsnummer:
5 Ca 1859/07
xxx, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
xxx
Klägerin
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte xxx
gegen
xxx
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte xxx
hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 11.04.2008 durch den Direktor des Arbeitsgerichts Opitz als Vorsitzenden sowie
die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Der Streitwert wird auf 55.843,34 € festgesetzt.
2
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Tatbestand
Die Parteien streiten über Entschädigungsansprüche der Klägerin wegen einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung bei der Nichtverlängerung ihres befristeten
Arbeitsverhältnisses.
Die am 03.06.1971 geborene Klägerin wurde von dem beklagten Land für die Technische Fachhochschule Wildau (nachfolgend TFH) mit schriftlichem Arbeitsvertrag (Bl.
32/33 d.A.) ab dem 01.07.2006 befristet bis zum 30.06.2007 als vollbeschäftigte
Angestellte eingestellt.
Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) und den
diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den
Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.
Die Klägerin wurde im Rahmen der ersten Phase des Drittmittelprojektes „Netzwerkmanagement Ost NEPOSYS“ als Netzwerkmanagerin beschäftigt. Neben der Klägerin
waren in dem Drittmittelprojekt Herr Prof. Dr. B.xxx und Herr Dr. H.xxx als weitere
Netzwerkmanager mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt.
Bei dem Projekt handelt es sich um ein auf der Grundlage der „Richtlinie im Förderwettbewerb Netzmanagement-Ost (NeMO)“ gefördertes Drittmittelvorhaben, das in
zwei Phasen aufgeteilt ist. Gegenstand der auf 12 Monate begrenzten ersten Phase
war die Etablierung des Netzwerks und die Erarbeitung der Netzwerkkonzeption.
Gegenstand der zweiten Phase ist nach erfolgreicher Beurteilung der Phase 1 sodann
das Projektmanagement für die Umsetzung der etablierten Netzwerkkonzeption und für
die Zukunftssicherung des Netzwerkes.
Nachdem die Klägerin am 14.06.2007 einen Termin bei ihrer Frauenärztin hatte, teilte
sie in einem Gespräch am 15.06.2007 Herrn Dr. H.xxx mit, dass sie schwanger sei.
Da die befristeten Arbeitsverträge der in der Phase 1 beschäftigten Netzwerkmanager
(Prof. Dr. B.xxx, Dr. H.xxx und die Klägerin) am 30.06.2007 enden sollten, für die
Phase 2 jedoch eine erfolgreiche Beurteilung der Phase 1 zu deren Ende Voraussetzung war und die Erarbeitung des Antrages für Phase 2 letzte Abrechnungstätigkeiten
der Phase 1 nach dem 30.06.2007 erforderten, beantragte Herr Dr. H.xxx mit Antrag
3
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
vom 22.06.2007 (Bl. 122-124 d.A.), die vorübergehende kurzfristige Verlängerung der
befristeten Verträge.
In einer daraufhin am 25.06.2007 zwischen Herrn Prof. Dr. B.xxx, Herrn Dr. H.xxx und
dem Kanzler der TFH, Herrn L.xxx, stattgefundenen Erörterung, ob und auf welcher
Grundlage eine vorübergehende Verlängerung der Arbeitsverträge im Netzwerkprojekt
erfolgen könnte, obwohl eine Genehmigung für die Fortsetzung der Projektes über den
30.06.2007 hinaus noch nicht vorlag, sprach sich der Kanzler zunächst gegen jegliche
Verlängerung der Arbeitsverträge mangels eines hinreichenden Befristungsgrundes
und der Notwendigkeit einer Vorfinanzierung durch die TFH aus.
In Abstimmung mit dem Präsidenten der TFH entschied der Kanzler, dass wegen der
Notwendigkeit für die Erstellung des Projektantrages lediglich eine Verlängerung der
befristeten Arbeitsverträge für Herrn Prof. Dr. B.xxx und Herrn Dr. H.xxx um zwei
Monate erfolgen sollte. Etwaige der Klägerin nach dem 30.06.2007 zugedachte Abrechnungsarbeiten sollten in Zusammenarbeit mit der Haushaltabteilung der TFH
vorgenommen werden. Die Nichtverlängerung des Vertrages wurde der Klägerin von
der Personalleiterin der Beklagten am 26.06.2007 persönlich mitgeteilt.
Im Ergebnis von Verhandlungen und Besprechungen mit den am Netzwerk beteiligten
Unternehmen und dem Projektträger wurde für die Phase 2 des Projektes in dem
Förderantrag vom 13.07.2007 (Bl. 125-127 d.A.) nur die Mittelbewilligung und Beschäftigung der Netzwerkmanager Prof. Dr. B.xxx und Dr. H.xxx beantragt. Auf den entsprechenden Bewilligungsbescheid des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 31.08.2007 (Bl. 137-140) d.A.) wurden von der Beklagten mit Herrn Prof. Dr.
B.xxx als Projektleiter ein – vor dem Hintergrund von dessen Anstellung an der TFH –
auf 50% beschränkter, befristeter Anstellungsvertrag für die Zeit vom 01.09.2007 bis
28.02.2009 und mit Herrn Dr. H.xxx ein befristeter Vertrag für die Zeit vom 01.09.2007
bis 30.06.2009 abgeschlossen.
Mit einem Schreiben vom 29.06.2007 hatte die Klägerin die Personalabteilung der TFH
über das Vorliegen einer Schwangerschaft unterrichtet.
Mit dem vorprozessualen Schreiben vom 16.07.2007 (Bl. 12+13 d.A.) forderten die
Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit dem Verweis auf eine bei der Klägerin
vorliegende Schwangerschaft die Beklagte auf, die Entscheidung zur Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages der Klägerin zu überprüfen.
4
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Mit dem vorprozessualen Schreiben vom 24.07.2007 (Bl. 14-16 d.A.) wiesen die
Prozessbevollmächtigten der Beklagten das Begehren der Klägerin auf Verlängerung
ihres Arbeitsvertrages mit der Begründung zurück, dass im Zeitpunkt der Verlängerung
der Arbeitsverträge mit Herrn Prof. Dr. B.xxx und mit Herrn Dr. H.xxx keine Kenntnis
über die Schwangerschaft vorlag und demzufolge die Entscheidung zur Nichtverlängerung des Vertrages der Klägerin dieser Umstand auch keine Berücksichtigung gefunden haben konnte.
Mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 02.08.2007 (Bl. 17 d.A.) lies die Klägerin
darauf hinweisen, dass sie Herrn Dr. H.xxx als ihren direkten Vorgesetzten bereits
Anfang Juni 2007 über die Schwangerschaft informiert hatte.
Mit einem weiteren anwaltlichen Schreiben vom 24.08.2007 (Bl. 18, 19 d.A.), gerichtet
an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, forderte die Klägerin wegen der
Nichtverlängerung ihres Vertrages eine Entschädigung und Schadensersatz nach § 15
AGG.
Mit dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 30.08.2007 teilten
diese daraufhin mit, dass keine Zahlungen als Entschädigung und Schadensersatz
nach § 15 AGG erfolgen würden.
Mit der am 26.10.2007 bei dem Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen Klage, die den
Beklagtenvertretern am 02.11.2007 zugestellt worden ist, fordert die Klägerin von der
Beklagten wegen der Nichtverlängerung ihres Arbeitsverhältnisses für entgangene
Vergütung Schadensersatz und wegen der damit verbundenen Geschlechtsdiskriminierung eine Geldentschädigung.
Die Klägerin ist zunächst der Ansicht, sie habe die Entschädigungsansprüche nach
dem AGG fristgemäß gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit
Schreiben vom 24.08.2007 geltend gemacht. Diese hätten die Geltendmachung auch
nicht mangels Bevollmächtigung, sondern nach Eingangsbestätigung per Telefax
vielmehr als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin behauptet, es wäre von Anfang an geplant gewesen, das Projekt mit drei
Netzwerkmanagern über beide Phasen zu betreiben. Insofern habe es für die Nichtverlängerung ihres Arbeitsverhältnisses keine sachlichen Gründe gegeben. Es sei zwar
zutreffend, dass zum Zeitpunkt der Personalentscheidung über die Vertragsverlängerung kein Bewilligungsbescheid über die Finanzierung der weiteren Beschäftigung der
Klägerin vorgelegen habe. Dies habe aber auch die anderen Netzwerkmanager
5
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
betroffen und deshalb wäre die Mitarbeit der Klägerin für die vorzunehmende Antragserarbeitung für die Phase 2 sehr wohl möglich und erforderlich gewesen.
Die Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrages könne deshalb nur auf der eingetretenen
Schwangerschaft beruhen. Die Klägerin ist der Ansicht, Herr Dr. H.xxx, dem sie die
Schwangerschaft mitgeteilt hatte, und nicht Herr Prof. Dr. B.xxx sei ihr direkter Vorgesetzter gewesen und die Beklagte müsse sich dessen Kenntnis insofern zurechnen
lassen. Dienstreisen bzw. die Abwesenheit vom Arbeitsplatz habe sie immer mit Herrn
Dr. H.xxx abgesprochen. Dieser sei auch für die Genehmigung ihres Urlaubes zuständig gewesen.
Ungeachtet dessen könne sich die Klägerin nur schwer vorstellen, dass ihre Mitteilung
über die eingetretene Schwangerschaft von Herrn Dr. H.xxx bei der Dienstbesprechung am 25.06.2007 nicht erwähnt worden sei.
Die Klägerin bestreitet, dass Herr Dr. H.xxx sie aufgefordert hatte, die eingetretene
Schwangerschaft auch einer weiteren Dienststelle zu melden.
Auf der Grundlage des Schriftsatzes vom 10.01.2008, der den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 14.01.2008 zugestellt worden ist, hat die Klägerin zuletzt beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von
2.445,93 € abzüglich 596,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 01.08.2007 sowie weiterer 2.445,93 € abzüglich 941,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 sowie weiterer 2.445,93 € abzüglich
941,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 sowie weiterer 2.445,93 € abzüglich 941,70 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 01.11.2007 sowie weiterer 2.445,93 € abzüglich 941,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
01.12.2007 sowie weiterer 2.445,93 € abzüglich 941,70 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2008
zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin einen
Schadensersatz in Höhe von monatlich 2.445,93 € für die Zeit vom Januar 2008
6
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
bis Juni 2009 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz, jeweils ab dem 01. des Folgemonats, abzüglich etwaig erzielter
Lohneinkünfte oder Lohnersatzleistungen, zu zahlen.
3. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung, dessen
Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist zunächst der Ansicht, die Klägerin habe ihre vermeintlichen Entschädigungsansprüche bereits nicht fristgerecht gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
Zwar ist das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24.08.2007
noch am gleichen Tage bei den Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingegangen,
jedoch stellt ein frist- und formgerechter Zugang bei den hiesigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten keinen Zugang bei der Beklagten selbst dar, da die Prozessbevollmächtigten der Beklagten keine Empfangsvertretung gemäß § 164 Abs. 3 BGB für
die Beklagte hatten und eine solche auch nicht behauptet haben. Grundlage für das
vorprozessuale Tätigwerden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei lediglich
die Beauftragung zur Beantwortung des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der
Klägerin gewesen. Das Original des Geltendmachungsschreibens habe die Beklagte
am 29.08.2007 erhalten und dieses Schreiben wahre nach der der Klägerin mitgeteilten Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrages nicht die zweimonatige Geltendmachungsfrist.
Unabhängig davon liege aber auch keine Benachteiligung der Klägerin wegen
Schwangerschaft vor. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Verlängerung der
Verträge mit einer weiteren Befristung für Herrn Prof. Dr. B.xxx und Herrn Dr. H.xxx
habe die Beklagte keine Kenntnis über die Schwangerschaft der Klägerin besessen.
Zwar habe für die Abrechnung des Projektes für die Phase 1 auch ein Antrag auf
Verlängerung des Vertrages für die Klägerin vorgelegen, jedoch habe der Kanzler der
TFH in Abstimmung mit deren Präsidenten im Ergebnis eines Gesprächs mit Herrn
7
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Prof. Dr. B.xxx und Herrn Dr. H.xxx am 25.06.2007 entschieden, lediglich die Verträge
dieser beiden zu verlängern. Weder dem Präsidenten noch dem Kanzler der TFH sei
die Schwangerschaft der Klägerin bekannt gewesen. Eine Kenntnis darüber habe die
Beklagte erst auf Grundlage des Schreibens der Klägerin an die Personalabteilung der
Beklagten vom 29.06.2007 durch Mitteilung an den Kanzler am 30.06.2007 erlangt.
Die Kenntnis von Herrn Dr. H.xxx über die Schwangerschaft der Klägerin könne der
Beklagten auch nicht zugerechnet werden, denn dieser sei weder deren Vorgesetzter
noch ein Vertreter der Beklagten mit Personalverantwortung gewesen. Auch wenn Herr
Dr. H.xxx der Klägerin fachlich vorgesetzt war, so beinhaltete dies keine Vorgesetztenstellung im dienstrechtlichen Sinne und deshalb auch keine Wissenszurechnung
gegenüber der Beklagten. Unmittelbarer Dienstvorgesetzter der Klägerin war nicht Herr
Dr. H.xxx, sondern der Projektleiter, Herr Prof. Dr. B.xxx.
Herr Dr. H.xxx habe die Klägerin auf die Schwangerschaftsmitteilung am 15.06.2007
auch ausdrücklich darauf hingewiesen, darüber insoweit die Hochschulleitung informieren zu müssen. Da dies jedoch erst mit dem Schreiben vom 29.06.2007 erfolgte, zu
einem Zeitpunkt also, zu dem die Entscheidung über die Vertragsverlängerung seitens
der Beklagten bereits getroffen war, konnte die Schwangerschaft der Klägerin auf die
Entscheidungsfindung der Beklagten auch keinen Einfluss haben. Die von der Beklagten getroffene Entscheidung sei demzufolge diskriminierungsfrei und die Nichtverlängerung des Vertrages der Klägerin begründe deshalb auch keine Schadensersatzoder Entschädigungsansprüche der Klägerin.
Die Behauptung der Klägerin, sie könne sich nicht vorstellen, dass ihre Schwangerschaftsmitteilung an Herrn Dr. H.xxx in der Dienstbesprechung am 25.06.2007 nicht
erwähnt worden sei, hat das Gericht als „negative“ Behauptung eingeordnet und
darüber durch Vernehmung des Zeugen Dr. Michael H.xxx Beweis erhoben.
Weiterhin wurde dieser Zeuge zur Behauptung der Beklagten, weder der Kanzler, noch
der Präsident der TFH sei von dem Zeugen vor dem 25.06.2007 über die Schwangerschaft der Klägerin informiert worden, vernommen.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Öffentlichen
Sitzung vom 11.04.2008 (Bl. 281-286 d.A.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
gemäß § 313 Abs. 2 ZPO Bezug genommen.
8
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keine Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung wegen der
Nichtverlängerung ihres befristeten Arbeitsvertrages, denn die Beklagte besaß im
Zeitpunkt der Entscheidung über die Vertragsverlängerung keine Kenntnis über den die
Diskriminierung ausfüllenden Tatbestand der Schwangerschaft der Klägerin.
1.
Die Klage ist nicht bereits wegen der Nichteinhaltung der Geltendmachungsfrist
nach § 15 Abs. 4 ArbGG abzuweisen.
Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG müssen Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung (§ 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich
geltend gemacht werden, es sei denn, auf das Arbeitsverhältnis finden tarifvertragliche
Regelungen Anwendung, die eine andere Frist bestimmen (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 AGG).
Durch die arbeitsvertragliche Inbezugnahme fanden auf das Arbeitsverhältnis der
Parteien die den BAT-O ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge
Anwendung.
Nach § 70 BAT-O verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht
innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend
gemacht werden. Bei Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen handelt es
sich um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. diese werden von der tariflichen
Ausschlussfrist erfasst (vgl. Erfurter Kommentar, 7. Aufl., §§ 194-218 BGB, Rn. 51
m.w.N).
Nach § 2 Abs. 1 Anlage 1 Teil A TVÜ trat am 01.11.2006 der TV-L und mithin auch die
darin enthaltene Regelung zur Ausschlussfrist (§ 37 TV-L) in kraft. Die zu § 70 BAT-0
inhaltsgleiche Regelung bestimmte über die arbeitsvertragliche Ersetzungsvereinbarung das Arbeitsverhältnis der Parteien, d.h. die abweichende tarifliche Ausschlussfrist
hat gegenüber der kürzeren gesetzlichen Zweimonatsfrist Vorrang. Die Frist läuft im
Grundsatz ab Kenntnis des Betroffenen von der Benachteiligung (§ 15 Abs. 3 Satz 2
AGG). Selbst bei Anknüpfung an die Ablehnungserklärung der Personalleiterin der
Beklagten unter dem 26.06.2007 und dem damit frühestmöglichen Zeitpunkt einer
Kenntnis über die Nichtverlängerung des Vertrages wahrt das am 29.08.2007 im
Original der Beklagten zugegangene vorprozessuale Geltendmachungsschreiben vom
9
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
24.08.2007 die Sechsmonatsausschlussfrist als gesetzliche Geltendmachungsfrist für
Schadensersatz und Entschädigungsansprüche.
Die Klägerin hat auch die Klagefrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Danach muss
eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem
der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Die Klagefrist
beginnt mit dem Zugang der Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG und unabhängig
davon, ob der Anspruch abgelehnt wurde. Nach dem Vortrag der Beklagten ist dieser
das Original der Geltendmachung am 30.08.2007 zugegangen. Die Frist des § 61 b
ArbGG wird gewahrt durch Eingang der Klage beim Gericht und alsbaldige Zustellung
an den Arbeitgeber (§ 167 ZPO).
Die Klage ging bei dem Arbeitsgericht am 26. Oktober 2007 ein und wurde am
02.11.2007 und damit „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zugestellt. Damit ist die Klagefrist gewahrt.
2.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Klägerin nicht wegen ihrer Schwanger-
schaft benachteiligt worden war.
2.1 Zunächst trägt die mehrfach auch modifizierte Behauptung der Klägerin, es sei von
Anfang an klar gewesen über die Phase 1 hinausgehend drei Netzwerkmanager zu
beschäftigten bzw. die fehlende Mittelzuweisung habe im Zeitpunkt der Entscheidung
über die Vertragsverlängerung alle Netzwerkmanager betroffen und insoweit habe es
keine sachlichen Gründe dafür gegeben ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der vereinbarten
Befristung am 30.06.2007 enden zu lassen, nicht den klageweise verfolgten Anspruch
auf Schadensersatz bzw. den auf finanzielle Entschädigung.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Befristung in dem Vertrag der
Parteien beinhaltet keine Diskriminierung wegen Schwangerschaft, denn in dem
maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war die Klägerin noch nicht schwanger gewesen. Wenn die Klägerin hier auch unter Bezugnahme auf die anderen Netzwerkmanager das Vorliegen von Befristungsgründen, hier die Entscheidung über die
Zuweisung von Drittmitteln zur Stellenfinanzierung bestreitet, so wäre dies allenfalls für
die Klärung der Frage einer wirksamen Befristungsvereinbarung beachtlich. Hierzu
hätte die Klägerin gemäß § 17 TzBfG jedoch innerhalb von drei Wochen nach dem
vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf
Feststellung erheben müssen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht
10
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
beendet ist. Eine solche Klage hat die Klägerin nicht erhoben, so dass die Wirksamkeit
der Befristung des Vertrages nicht auf das Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe
zu überprüfen war.
2.2 Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes und mithin unter anderen nicht wegen ihres Geschlechtes benachteiligt
werden. Eine Benachteilung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG ist in § 3 AGG legaldefiniert.
Vorliegend wird von der Klägerin eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1
Satz 2 AGG geltend gemacht. Danach liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen
des Geschlechts auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen
Schwangerschaft vor.
Unstreitig ist die Nichtverlängerung des befristeten Arbeitsvertrages der Klägerin.
Streitig ist das geschlechtsspezifische Diskriminierungsmerkmal der Schwangerschaft
bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem die Beklagte eine Entscheidung über die Vertragsverlängerung der Netzwerkmanager getroffen hatte. Dabei ist nicht auf die bloße
Existenz der Schwangerschaft im Entscheidungszeitpunkt abzustellen (vgl. LAG Berlin
v. 19.10.2006, 2 Sa 1776/06, Juris), sondern vielmehr darauf, ob der Arbeitgeber,
respektive deren Repräsentanten, zu diesem Zeitpunkt überhaupt Kenntnis über die
Schwangerschaft hatte und mit seiner Entscheidung denkbar überhaupt an das Diskriminierungsmerkmal der Schwangerschaft anknüpfen konnte.
Die Klägerin hat jedoch nicht den Beweis erbracht, dass ihre Schwangerschaft der
Grund für die Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrages war.
Der Beweislast der Klägerin folgend wurde hierzu der Zeuge Dr. Michael H.xxx vernommen und dieser hat in seiner Zeugenvernehmung deutlichst erklärt, dass er die
ihm gegenüber abgegebene Mitteilung über die Schwangerschaft der Klägerin als
persönlich und vertraulich eingeordnet hatte und nach deren Kenntnisnahme bis zu
dem dienstlichen Gespräch am 25.06.2007 in dessen Ergebnis die Beklagte über die
Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge eine Entscheidung getroffen hatte, diese
vertrauliche Information keinem Dritten weitergegeben hatte. Der Zeuge hat des
Weiteren bekundet, dass die Klägerin für sich im Rahmen des kurzfristig einberufenen
Gesprächs unter dem 25.06.2007, kein gesonderter Erörterungspunkt war und er auch
in diesem Gespräch nicht auf die Schwangerschaft der Klägerin hingewiesen hatte.
Der Klägerin hilft dabei auch nicht die Regelung des § 22 AGG weiter. Nach § 22 AGG
reicht es aus, wenn im Streitfall eine Partei, vorliegend die Klägerin, Indizien beweist,
11
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
die eine Benachteilung wegen des Geschlechts, vorliegend der Schwangerschaft,
vermuten lassen. Dann trägt die andere Partei, vorliegend die Beklagte, die Beweislast
dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz von Benachteiligungen
vorgelegen hat. Derartige zu beweisende Indizien oder Hilfstatsachen sind jedoch nur
dann erheblich, wenn das Diskriminierungsmerkmal unstreitig oder nachgewiesen in
der Kenntnis des Arbeitsgebers auch Grundlage für die von ihm getroffene Entscheidung hätte sein können. Die Klägerin hat jedoch nicht den Beweis dafür erbracht, dass
die für die Entscheidung der Vertragsverlängerung auf Seiten der TFH befugten
Repräsentanten, mithin der Präsident und der Kanzler der TFH, Kenntnis über das
geschlechtsspezifische Diskriminierungsmerkmal der Schwangerschaft besaßen.
Sämtliche Erwägungen der Klägerin zum Vorliegen sachlicher Befristungsgründe, zu
behaupteten Möglichkeiten und Erfordernissen auch ihrer Weiterbeschäftigung im
Rahmen des Projektes können nicht das Diskriminierungsmerkmal als notwendigen
Anknüpfungspunkt für die Entscheidung des Arbeitgebers ersetzen. Die Klägerin
verkennt, dass eine Beweislastumkehr nach von ihr bewiesenen Hilfstatsachen nur
dann eintritt, wenn das Diskriminierungsmerkmal, vorliegend die Schwangerschaft, die
Beklagte überhaupt bei ihrer Entscheidung „beeinflussen“ konnte. Hierzu gehört zu
vorderst die (zu beweisende) notwendige Kenntnis des Arbeitgebers über die Schwangerschaft.
Der Beklagten ist auch die Kenntnis des Zeugen Dr. H.xxx über die Schwangerschaft
nicht zuzurechnen.
Der Zeuge selbst hat in seiner Aussage darauf verwiesen, dass er weder aufgrund
seines Arbeitsvertrages gegenüber der Klägerin Weisungsbefugnisse besaß, noch in
sonstiger Hinsicht Festlegungen zu einer Hierarchie im Rahmen der Projektgruppe
getroffen waren. Soweit er für die Urlaubsabwesenheit der Klägerin und zur Durchführung von Dienstreisen Unterschriftsleistungen abgegeben hatte, wären diese lediglich
die Bestätigung dafür gewesen, dass arbeitsorganisatorisch keine Hinderungsgründe
bestanden. Keinesfalls sei dies Ausdruck einer bestehenden Genehmigungsbefugnis
gewesen.
Selbst wenn der Zeuge im arbeitstechnischen Bereich eine Art Vorgesetztenstellung
eingenommen haben sollte, so würde eine derartige Vorgesetztenstellung zu keiner
Wissenszurechnung beim Arbeitgeber führen (vgl. Gemeinschaftskommentar zum
Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften,
8. Aufl., § 9 MuSchG, Rn. 36).
12
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Hier ordnet sich auch schlüssig der von der Klägerin bestrittene, vom Zeugen Herrn Dr.
H.xxx in seiner Aussage jedoch bestätigte Hinweis darüber ein, dass sie, die Klägerin,
das Vorliegen der Schwangerschaft der Hochschule mitteilen müsse. Die Klägerin
konnte deshalb auch nicht darauf vertrauen, der Zeuge Dr. H.xxx sei der für die
Beklagte maßgeblichere Repräsentant zur Entgegennahme dieser Erklärung bzw. das
er die Information an die Beklagte weiterleiten werde. Die Klägerin hat auch nicht
behauptet, den Zeugen Dr. H.xxx als Boten zur Weiterleitung der Schwangerschaftsmitteilung an die Beklagte beauftragt zu haben.
Die Klägerin hat über die Vernehmung des Zeugen Dr. H.xxx den Beweis für das
Vorliegen eines Diskriminierungstatbestandes in Gestalt einer Schwangerschaft nicht
erbracht. Demgegenüber hat die Beklagte jedoch bewiesen, dass der Zeuge Dr. H.xxx
die Klägerin zur Mitteilung der Schwangerschaft gegenüber der Beklagten aufgefordert
hatte. Die Aussage des Zeugen ist schlüssig. Die Klägerin hat auch keine Gesichtspunkte vorgetragen, nach denen der Zeuge nicht glaubwürdig wäre bzw. in sonstiger
Hinsicht die Aussage des Zeugen nicht glaubhaft wäre. Es bestehen insofern keine
Bedenken, insoweit die gerichtliche Entscheidung auch auf die Aussage des Zeugen
Dr. H.xxx zu stützen. Die Klägern hat eine Benachteiligung wegen einer bei ihr bestehenden Schwangerschaft bei der Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrages durch die
Beklagte nicht bewiesen, so dass in dieser Folge auch die für die Diskriminierung
beweispflichtige Klägerin im Ergebnis unterliegt. Die Klage war deshalb insgesamt
abzuweisen.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO. Vor dem
Hintergrund des Unterliegens der Klägerin hat sie die Kosten des Rechtsstreits zu
tragen. Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 3 und 5 ZPO. Dabei wurde der wirtschaftliche Wert des Antrages zu 1. mit 9.370,67 €, der des Antrages zu 2. mit 44.026,74 €
und der Antrag zu 3. mit einem Monatsbruttogehalt in Höhe von 2.445,93 € gewertet.
13
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
Berufung
eingelegt werden,
a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich
nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt
wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe.
Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft beziehungsweise einer Arbeitgebervereinigung oder einem
Zusammenschluss solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil
eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher
Form schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten
Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
14
Arbeitsgericht Cottbus – Urteil 5 Ca 1859/07
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder eine
ähnliche Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der
Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt,
also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustelldatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Für die beklagte Partei ist keine Berufung gegeben.
Opitz
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.