Bericht - ESV Rheintal

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Bericht - ESV Rheintal
Eisenbahner Sportverein Rheintal-Walensee
Abteilung Bergsport
Skihochtourenwoche 4. – 9. April 2016
Plan: Brittaniahütte – Magunaga – Alagna – Rifugio Gnifetti – Zermatt
Teilnehmer: Monika Riedi, Hanspeter Berliat, Thomas Schuhn, Peter Reize, Julia Kaiser,
Michael Ludi (Bergführer)
Der Startschuss fällt in Saas-Fee wo wir uns treffen und – bevor wir von den leichten
„Savannen-Schlüpfern“ zu den Skitourenschuhen wechseln – im Tea Room Kaffee trinken
und Thomas seiner Leidenschaft für Nussgipfel fröhnt.
Der Wetterbericht (starker Föhn, Niederschläge) für die nächsten Tage löst nicht gerade
Begeisterungsstürme aus. Und doch wollen wir in die Brittaniahütte, hoffen wir doch auf eine
erste Tour zum Strahlhorn am Dienstag. Bei der Talstation erfahren wir, dass die Bahn nur
die erste Sektion fährt, ab Morenia sind die Bahnen wegen Sturm eingestellt. Aussicht auf
Besserung? Fehlanzeige.
Wir besprechen unsere Möglichkeiten: Ab Morenia zu Fuss zur Hütte? Wegen des Sturms mit
starken Böen passt das nicht. Andere Hütten ab Saas-Fee? Ausgebucht wegen der
Vorbereitungen zur Patrouille-des-Glaciers. Wir beschliessen diese Nacht in Saas-Fee zu
verbringen und bestimmen das Tal auswärts liegende Ochsenhorn zu unserem morgigen
Tourenziel. Wir wollen so dem starken Föhn und den Wolken ausweichen. Den Nachmittag
verbringen wir im Dorf. Die Strassen und Wege sind feucht und so werden Thomas‘ Socken
in seinen Stoffschläppli trotz Himmel-Hölle-Gumpen nass. In einer gemütlichen Lounge-Bar
an der Après-Ski-Meile holen wir uns die Sonne ins Glas und lernen einen WalliserWeisswein kennen, prüfen verschiedene Wetter-Apps und hoffen, eines möge unser
Wunschwetter präsentieren. Den Abend lassen wir ausklingen beim Besuch lokaler
Gastronomiebetriebe, inklusive Schlummertrunk.
Dienstag früh morgens fahren wir mit dem Schüler-und-Pendler-Kurs nach Stalden wo wir mit
Michael verabredet sind. Die Luftseilbahn bringt uns in zwei Sektionen via Staldenried nach
Gspon, ein Weiler auf einem Hochplateau auf rund 1900m. Wir starten unsere erste Skitour
beim höchst gelegenen Fussballplatz Europas, der „Ottmar Hitzfeld Gspon Arena“ und
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werden von mehr oder weniger starkem Wind begleitet. Anfangs über eine vereinsamte
Skipiste, später durch lichte Arven- und Lärchenwälder. Meistens sind die umliegenden Gipfel
in Wolken gehüllt, so dass wir die grandiose Aussicht auf viele 4000er Gipfel nur erahnen
können. Die Föhnstärke nimmt zu und trägt Sahara-Sand geschwängerte Luft ins Saastal.
Der gelb-braun-rötliche Sand setzt sich ab auf dem Schnee und ist gut sichtbar.
Auf dem Wyssgrat 2894m ü. M., umschliessen uns Wolken, die Sicht ist ziemlich
eingeschränkt und der Föhn lässt nicht nach, im Gegenteil. So macht’s keinen Sinn weiter zu
gehen und zum Rasten lädt das Wetter auch nicht ein, wir machen uns zügig an die Abfahrt.
Die dünne harte Schneeschicht auf dem darunterliegenden körnigen Etwas vermag Monika
und mich zu Beginn noch zu tragen. Später auch nicht mehr und wir sind alle froh, ohne
verdrehte Knie und ohne überdehnte Bänder die letzten Meter auf der verwaisten Skipiste
geniessen zu können.
Das Bahnhofbuffet in Stalden bietet Plätze draussen an (auf dem wegen Bauarbeiten
gesperrten Perron 1), da gleichen wir den Wasserhaushalt des Körpers aus, trinken echten
italienischen Kaffee und brainstormen Möglichkeiten für die nächsten Tage. Michael schöpft
sein Kontaktnetzt aus, telefoniert, schreibt SMS und erkundigt sich bei Bergführer-Kollegen
über deren Tourenziele der letzten Tage und die dort angetroffenen Verhältnisse.
Mir fällt auf wie entspannt wir mit der Situation umgehen. Klar schleicht sich zwischendurch
leise Enttäuschung ein, nicht das ursprünglich geplante Programm erleben zu können. Doch
jeder ist gewillt, das Beste aus den Tagen rauszuholen und die Flinte nicht einfach ins Korn
zu werfen. Wir alle wünschen uns Skitouren zu erleben. Und werden diese Tage Lektionen in
Demut gegenüber dem Wetter, den Verhältnissen und unserer Flexibilität erleben.
Nun, wir fahren fort mit unserer Tour-de-Valais und dislozieren mit der MGB, dem Postauto
und der Luftseilbahn auf die Belalp. Im Chalet Sepp konnten wir kurzfristig zwei Zimmer
bekommen. Während wir drinnen einen 5er Jass spielen, wechselt draussen das Wetter im
30-Minuten-Takt von Schneeregen zu Schneefall und wieder zurück. Kurze Aufhellungen
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lassen unsere Hoffnung auf Wetterbesserung aufkeimen. Diese werden allerdings von umso
heftigerem Gechute wieder in die Schranken gewiesen.
Zum Abendessen tischt uns der Koch eine Eringer-Bratwurst mit üppigen Beilagen auf und
unsere Weinauswahl segnet der Patron mit einem kurzen Kopfnicken und dem Komentar
„den habe ich bereit gestellt“ ab. Als ob eine andere Wahl gar nicht in Frage gekommen wäre
;-). Auch dieses heimische Gewächs mundet uns!
Der Mittwoch beginnt wie der Dienstag
endete: mit Hoffen und Warten auf besseres
Wetter.
Selbst die Pistenpatrouilleure finden sich
bereits um zehn Uhr für eine wärmende
Tasse Ovomaltine und Kaffee ein. Gegen
Mittag telefoniert Michael mit dem
Pistenchef und dieser meldet, dass die
Wolken zwar noch den Himmel verdecken,
es von oben aber hell zu sein scheint. So
schnappen wir unsere Rucksäcke, lassen
uns auf dem ersten Sessellift noch den
nassen Schnee ins Gesicht wehen, bevor
wir uns von einem Schlepplift in den
eindrücklichen Kessel des Hohstocks bis
auf 3118m hinauf ziehen lassen. Wir
gönnen uns eine Abfahrt durch den nur
leicht nassen Pulverschnee und lassen uns
wieder auf 3118m ziehen. Durch den
Skitunnel wechseln wir in eine Mulde weiter
westlich und starten nach kurzer Abfahrt
unsere Skitour Richtung Belgrat, aber erst
nachdem Michael den ersten Hang mit
einem
Schneeprofil
überprüft
hat.
Sicherheitshalber heisst uns Michael kurz
nach dem Start in Abständen zu gehen. Wenige Minuten später sollen wir warten, Michael
geht vorsichtig weiter, prüft den Hang abermals mit einem Schneeprofil, geht einige Schritte
weiter, prüft mit seiner Schaufel, macht weitere vorsichtige Schritte und steht still. Ich glaube
– selbst aus einer Distanz von ca. 400m - ihm seine Zerrissenheit zwischen Weitergehen und
Umkehren anzusehen. Es muss einer dieser einsamen Entscheide eines Bergführers sein,
die er zu fällen hat. Er kommt zurück, bespricht sich mit Hanspeter. Schon viele Male hat
Michael diese Tour geführt und heute ist es das erste Mal, dass er entscheidet abzubrechen.
Wumm- und Zisch-Geräusche in der schlecht verbundenen Schneedecke untermauern
seinen Entscheid. Es hat nicht sollen sein.
Zurück im Chalet Sepp prüfen wir – wie so oft in den vergangenen zwei Tagen –
verschiedene Wettervorhersagen. Der Donnerstag verspricht der beste Tag dieser Woche zu
werden. So setzen wir unsere Tour-de-Valais fort: runter mit der Goldelbahn nach Blatten.
Eine Tafel, die feinste Nussgipfel anpreist, lockt uns ins Restaurant gegenüber der Talstation.
Die Serviceangestellte findet erst nach zweimaligem Nachfragen noch von dem Gebäck.
Dafür was für welche! Gross, üppig gefüllt und mit schönem Nussstreusel drauf. Thomas, der
Nussgipfel-Kenner, lobt die Exemplare als gelungen und lecker.
Erst als wir anderen unsere Skitourenschuhe in leichtes Schuhwerk wechseln, wird er wieder
ein wenig neidisch, da sich seine Stoffschlüpfer nur bedingt für solche Tripps eignen.
Schliesslich fahren wir mit der Post nach Brig, der MGB nach Fiesch und weiter zu hinterst
ins Binntal, in den Valser-Weiler Fäld. Im Mini-Hotel Bärgkristall hat Michael wohlweislich drei
Zimmer für zwei Nächte reserviert. Wir essen vorzügliche Cholera und damit wir am
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Donnerstag früh zur Tour starten können, stellt uns die engagierte Wirtin das Frühstück bereit
und instruiert uns in der Kaffeemaschinen-Benützung.
Um 6.00 Uhr brechen wir auf für die Tour zum Grossen Schinhorn. Wir können die Skis
bereits nach wenigen Minuten anschnallen und steigen auf – am Eingang zur
Mineraliengrube Lengenbach vorbei – zügig, aber ich geniesse es wieder auf einer „richtigen“
Skitour zu sein. Die Aussichten, dass wir heute einen Gipfelerfolg landen, stehen gut. Kein
Schneefall, etwas Wind und die Sicht meistens gut.
Über die Mässeralp gelangen wir zum Manibode, wo wir ein Birkhahn bei seinem
charakteristischen Balztanz beobachten können. Nur das begehrte Birkhuhn zeigt sich – noch
– nicht. In den Rinnen der Galti Ritze vis-à-vis hat sich rötlicher Sahara-Staub abgesetzt. Es
ist frisch und bei längerem Stillstand frieren wir rasch. Ob wir deshalb mit gesteigerter Pace
durch das noch im Schatten liegende Hotäl gehen? In einer Pause zeigt sich Michael
begeistert über unser aller Fitnesslevel: „Unglaublich wie fit ihr seid, könnte euch glatt mit an
die Patrouille-des-Glaciers mitnehmen!“. Sein „Test“ haben wir offenbar bestanden, doch ich
könnte keinen Deut schneller gehen. Auf gut 2700m treten wir heraus aus dem Schatten und
vor uns breitet sich in gleissendem Sonnenlicht eine kleine Hochebene aus untere deren
Schneedecke sich ein See verbirgt und während einigen Minuten geniessen wir diesen
Moment. Genau dafür gehen wir auf Skitouren! Durch mystische Wolkenwogen erblicken wir
die Punta della Rossa, Scherbadung und andere stolze Gipfel. Im Schnee machen wir
Fuchsspuren aus. Er wird seinem Ruf gerecht, er hat eine schlaue effiziente Spur gelegt. Wir
folgend dieser bis ca. 2820m, steigen dann Richung Norden auf dem Geländerücken weiter
hinauf teilweise über abgeblasene Stellen. Harscheisen ermöglichen mir kraftsparenderes
Vorwärtskommen bis zum Skidepot. Auf den letzten ca. 80 Hm zum Gipfel gehen wir vorbei
an vom Wind geformten kunstvollen Schneegebilden, die wie Meringue an den Steinbrocken
kleben. Wir erreichen das Grosse Schinhorn und werden mit einem wunderbaren Panorama
belohnt: die Berner Oberländer von Süden, u.a. das Lauteraar- und Schreckhorn und das
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Finsteraarhorn in seiner ganzen Pracht! Die noch gute Sicht nützen wir und begeben uns
zuerst auf den Fussabstieg bevor wir einige schöne Schwünge in den Schnee fahren. Bevor
das Hotäl wieder von Wolken beherrscht wird, gönnen wir uns an den letzten Sonnenstrahlen
eine Pause. Mit zunehmenden Wolken wird’s wieder kalt, so suchen wir Hang für Hang die
besten Schneeverhältnisse. Zuletzt eine Waldabfahrt bevor wir auf den schmalen
Schneebändli dem Wanderweg entlang zurück nach Fäld fahren. Was war das für eine
gelungene schöne zackige und Aussichtsreiche Skitour! Es ist erst Mittagszeit und nach
einem wohlverdienten Bier besuchen wir das Mineralienmuseum von André Gorsatt, ein in
einschlägigen Kreisen weltbekannter Berufsstrahler. Mit viel Herzblut und Freude führt er uns
durch sein Mineralienmuseum wo er seine kostbarsten Funde präsentiert.
Den Abend lassen wir in der gemütlichen Stube des Bärgkristall ausklingen – und
besprechen wie wir die noch verbleibenden zwei Tage gestalten können. Die Vorahnungen
verdichten sich, für Freitag ist wieder sehr missliches Wetter prognostiziert, für eine Skitour
gänzlich ungünstig. So beschliessen wir, morgen Freitag nach Hause zu reisen, da auch die
Aussichten für Samstag nicht gerade ermutigend sind.
Am Freitag Morgen geniessen wir nochmals das feine Frühstück bevor wir uns bei dichtem
Schneegestöber auf den Heimweg machen. Bereits in Fiesch trennen sich unsere Wege das
erste Mal, Monika reist weiter Richtung Osten, Hanspeter, Thomas, Peter und ich Richtung
Westen.
Wer jetzt denkt, dass das eine wenig gelungene SHT-Woche war, der irrt. Ich habe das
Zusammensein und die Kameradschaft sehr genossen, die stets positive Haltung aller als
äusserst wertvoll empfunden und einiges gelernt über Flexibilität und Demut dem Wetter und
den Verhältnissen gegenüber. Herzlichen Dank Michael für dein Engagement! Thomas,
vielen Dank für die Organisation dieser Skihochtourenwoche und euch Monika, Hanspeter
und Peter für’s Dabeisein, es war lässig mit euch allen!
Julia Kaiser