Die Theorie der Affektsteuerung als allgemeine

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Die Theorie der Affektsteuerung als allgemeine
Die Theorie der Affektsteuerung als allgemeine
Theorie der sozialen Interaktion
DISSERTATION
zur Erlangung des akademischen Grades
doctor rerum naturalium
(Dr. rer. nat.)
im Fach Psychologie
eingereicht an der
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät II
Humboldt-Universität zu Berlin
von
Herrn Dipl.-Psych. Tobias Schröder
geboren am 21.11.1979 in Aachen
Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin:
Prof. Dr. Christoph Markschies
Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät II:
Prof. Dr. Peter Frensch
Gutachter:
1. Prof. Dr. Wolfgang Scholl
2. Prof. Dr. Harald A. Mieg
3. Prof. Dr. Gisela Steins
eingereicht am:
Tag der mündlichen Prüfung:
25. Februar 2009
17. Juli 2009
Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Dr. rer. nat. an der
Humboldt-Universität zu Berlin.
ii
Für Katharina
iii
Abstract
Affect Control Theory (ACT; Heise 1979; 2007a) states that people control
social interactions by striving to maintain culturally shared feelings about
the situation. The theory is based on culture-specific mathematical models
of impression formation. In the first study (N = 1 905), a German model
of ACT was developped, consisting of semantic differential ratings of 1 100
words, 9 regression equations modeling the impression-formation process, and
3 regression equations modeling the amalgamation of affective associations
in word combinations. In the second study (N = 60), the new model was
tested with respect to actual behavior and felt emotions in a laboratory experiment involving a simulated business environment. The subjects, playing
the role of organizational leaders, were given opportunities to select among
different behaviors towards their simulated employees. The results support
ACT’s proposition that realistic social interaction can be predicted by mathematical models of affective meaning maintenance. However, the results of
the experiment also indicate that additional cognitive processes have to be
considered in order to get a more complete explanation of social interaction.
In the last chapter, theoretical perspectives for an integration of cognition
into the ACT framework are discussed.
Keywords:
Social Interaction, Emotion, Language, Computer Simulation
Zusammenfassung
Nach der Affektsteuerungstheorie (Affect Control Theory – ACT ; Heise, 1979;
2007a) ist das Bedürfnis, kulturell bedingte Gefühle aufrechtzuerhalten, die
aus der Deutung einer sozialen Situation resultieren, zentral bei der Steuerung sozialer Interaktionen. Empirisch basiert die Theorie auf kultur- bzw.
sprachspezifischen mathematischen Modellen der Eindrucksbildung. In der
ersten Studie (N = 1 905) wurde ein ACT-Modell für die deutsche Sprache entwickelt. Es besteht aus Bewertungen der affektiven Assoziationen
von 1 100 Wörtern mit dem Semantischen Differenzial, neun Regressionsgleichungen, welche den Prozess der Eindrucksbildung modellieren, sowie drei
Regressionsgleichungen, welche die Verschmelzung affektiver Assoziationen
bei der Kombination von Worten modellieren. In der zweiten Studie (N =
60) wurde die prognostische Validität des Modells in Bezug auf tatsächliche
Handlungen und unmittelbar erlebte Emotionen in einem Laborexperiment
untersucht, bei dem die Vpn in der Rolle von Führungskräften ein computersimuliertes Unternehmen leiteten. Dabei hatten sie die Möglichkeit, aus
verschiedenen Handlungsmöglichkeiten ihren virtuellen Mitarbeitern gegenüber auszuwählen. Die Ergebnisse stützen die zentrale Annahme der ACT,
dass soziale Interaktion valide durch mathematische Modelle der Verifikation affektiver Bedeutung vorhergesagt werden kann. Gleichwohl deuten die
Ergebnisse auch darauf hin, dass zusätzliche kognitive Prozesse angenommen werden müssen, um ein vollständigeres Bild von der Regulation sozialer
Interaktion zu erhalten. Daher werden im letzten Kapitel theoretische Perspektiven zur Erweiterung der Affektsteuerungstheorie um kognitive Prozesse
diskutiert.
Schlagwörter:
Soziale Interaktion, Emotion, Sprache, Computersimulation
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Elemente einer allgemeinen Theorie der sozialen Interaktion
2.1.1 Zwei Sozialpsychologien . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Das sozio-emotionale Apriori . . . . . . . . . . . . . .
2.1.4 Das Streben nach Konsistenz . . . . . . . . . . . . .
2.2 Die Theorie der Affektsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Konsistenz in der sozialen Interaktion . . . . . . . . .
2.2.2 Affektive Lexika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Eindrucksbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.4 Verschmelzung von Affekten . . . . . . . . . . . . . .
2.2.5 ACT als Handlungstheorie . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.6 ACT als Attributionstheorie . . . . . . . . . . . . . .
2.2.7 ACT als Emotionstheorie . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.8 Affektsteuerung und das Selbst . . . . . . . . . . . .
2.3 Forschungsbeitrag der Dissertation . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Forschungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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57
3 Übertragung der Affektsteuerungstheorie in die deutsche Sprache
63
3.1 Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.1.1 Kultur als Konsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.1.2 Das „Projekt Magellan“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.1.3 Deutschsprachige Vorläufer . . . . . . . . . . . . . . . . 66
3.2 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.2.1 Zusammenstellung der Stimuli . . . . . . . . . . . . . . 67
3.2.2 Skalen des Semantischen Differenzials . . . . . . . . . . 71
3.2.3 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
vi
3.3
3.4
3.2.4 Ablauf der Datenerhebung . . . . . .
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Kultureller Konsens und Reliabilität
3.3.2 Das affektive Lexikon . . . . . . . . .
3.3.3 Eindrucksbildungsgleichungen . . . .
3.3.4 Verschmelzungsgleichungen . . . . .
3.3.5 Validierung des ACT-Modells . . . .
Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4 Prüfung der Affektsteuerungstheorie im Verhaltensexperiment
99
4.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
4.2 Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
4.3 Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.3.1 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
4.3.2 Das Computerszenario Magic Monster GmbH . . . . . 102
4.3.3 Versuchsplan und unabhängige Variablen . . . . . . . . 104
4.3.4 Kovariate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.3.5 Abhängige Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
4.3.6 Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
4.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
4.4.1 Manipulationskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
4.4.2 Ergebnisse für die Handlungshypothese . . . . . . . . . 114
4.4.3 Ergebnisse für die Emotionshypothese . . . . . . . . . 127
4.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.5.1 Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
4.5.2 Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
4.5.3 ACT und die experimentelle Methode . . . . . . . . . . 136
4.5.4 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
5 Diskussion und Würdigung der Affektsteuerungstheorie
5.1 Kognitive Erweiterung der Affektsteuerungstheorie . . . . .
5.1.1 Zwei-Prozess-Theorien der sozialen Informationsverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1.2 Konnektionistische Modelle . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Würdigung der Affektsteuerungstheorie . . . . . . . . . . . .
Literaturverzeichnis
139
. 140
. 142
. 150
. 157
163
A Handlungsbeschreibungen für die Ermittlung der Eindrucksbildungsgleichungen
177
vii
B Adjektiv-Substantiv-Kombinationen für die Ermittlung der
Verschmelzungsgleichungen
180
C Screenshots der Projekt-Magellan-Internetseite mit Instruktionen für die Vpn
183
D Affektives Lexikon in deutscher Sprache
186
E Interviewleitfaden „Erfahrungen mit Führungssituationen“
für die Selbstmodellmanipulation
231
Danksagung
234
Selbständigkeitserklärung
235
viii
Abbildungsverzeichnis
2.1
Screenshot des Simulationsprogramms INTERACT . . . . . . 43
3.1
Beispiele für verwendete Stimuli und Semantische-DifferenzialSkalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Eigenwertverlauf bei der Q-Hauptkomponentenanalyse . . . . 76
3.2
4.1
Benutzeroberfläche des computersimulierten Unternehmens Magic Monster GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Schematische Modelldarstellung des computersimulierten Unternehmens Magic Monster GmbH . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Loben . . . . . . . . . . .
4.4 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Kritisieren . . . . . . .
4.5 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Meinung erfragen . .
4.6 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Zielvereinbarung . . .
4.7 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Anweisungen geben . .
4.8 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Unternehmensziele . .
4.9 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Gehalt erhöhen . . . .
4.11 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Gehaltserhöhung verweigern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.12 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Leistung fordern . . .
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119
4.13 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Zusammenarbeit anmahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.14 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Fachgespräch führen
4.15 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Konflikt ansprechen .
4.16 Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von
Führungshandlungen der Kategorie Kontakt pflegen . . .
4.17 Euklidische Distanz und Häufigkeit empfundener Emotionen
aus dem (+++)-Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.18 Euklidische Distanz und Häufigkeit empfundener Emotionen
aus dem (++–)-Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.19 Euklidische Distanz und Häufigkeit empfundener Emotionen
aus dem (–++)-Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.20 Euklidische Distanz und Häufigkeit empfundener Emotionen
aus dem (– –+)-Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.21 Euklidische Distanz und Häufigkeit empfundener Emotionen
aus dem (– – –)-Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1
119
119
120
120
129
129
129
129
130
5.2
Konnektionistische Implementierung des Affektsteuerungsprinzips bei der Handlungssteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Konnektionistische Implementierung der ACT-Emotionstheorie 154
C.1
C.2
C.3
C.4
Seite
Seite
Seite
Seite
1
2
3
4
des
des
des
des
Projekt-Magellan-Internetauftritts
Projekt-Magellan-Internetauftritts
Projekt-Magellan-Internetauftritts
Projekt-Magellan-Internetauftritts
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184
184
185
Tabellenverzeichnis
3.1
3.2
3.3
3.4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
Minimale, Maximale und Median-Reliabilität der 24 Datensätze
Übereinstimmung in den Bewertungen zwischen Männern und
Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Stabilität der Bewertungen in Deutschland von 1989 bis 2007 .
Ausgewählte, analytisch nach dem Affektsteuerungsprinzip generierte Rollenerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Globale Prüfung der Manipulationen im multivariaten ALM .
Handlungen: Vorhergesagte und empirische Kontraste zwischen
den experimentellen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Pearson-Korrelationen zwischen Deflection und Handlungen .
Emotionen: Vorhergesagte und empirische Kontraste zwischen
den experimentellen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . .
Pearson-Korrelationen zwischen angegebener relativer Erlebenshäufigkeit von Emotionen und euklidischer Distanz zur vorhergesagten Emotion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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xii
Kapitel 1
Einleitung
Die meisten Menschen werden das Gefühl kennen, welches man erlebt, wenn
man in einer Sommernacht von einer Mücke aus dem Schlaf gerissen wird,
die wieder und wieder mit einem nicht lauten, aber höchst durchdringenden
Surren Kurs auf das linke Ohr nimmt. Man schaltet das Licht ein, versucht,
sie zu fangen, aber vergeblich. Sobald man sich wieder hingelegt hat, geht
das Geräusch von vorne los. Man ist verärgert, wütend oder zornig,
dieses Gefühl mag sich weiter steigern, bis man schließlich die Mücke erlegt
hat und beruhigt einschläft.
Die wenigsten Menschen werden hingegen aus eigener Erfahrung das Gefühl kennen, welches man erlebt, wenn man plötzlich in freier Wildbahn einem Säbelzahntiger gegenüber steht. Man kann sich aber leicht vorstellen,
wie man Schrecken und große Angst empfände und den Impuls verspürte,
aus der gefährlichen Situation zu fliehen.
Aus diesem einführenden Beispiel, welches an Osgood (1969) angelehnt
ist, können einige Dinge über Emotionen gelernt werden, die zu den Kerngedanken dieser Dissertation gehören:
• Emotionen sind auf charakteristische Art eng mit korrespondierenden
Handlungen verbunden. Wut tritt zusammen mit einem Angriff (oder
zumindest mit einem aggressiven Impuls) auf, während Angst zu der
Handlung fliehen passt.
• Emotionen sind sozial geteilte Phänomene. Die Vorstellung, belästigt
durch eine penetrante Mücke Ärger, im Angesicht eines (freien) Säbelzahntigers aber Angst zu verspüren, ist (vermutlich) nicht dem
Autor dieser Dissertation vorbehalten. Menschen stimmen vielmehr, so
ist eine zentrale These dieser Arbeit, in hohem Maße darüber überein,
welche Emotionen in welcher Situation angemessen sind und welche
nicht.
1
• Man muss eine Situation nicht unmittelbar erleben, um ihre emotionale
Bedeutung zu spüren. Man kann sie mental höchst realistisch simulieren, wenn man sie sprachlich beschrieben bekommt. Das funktioniert
sogar, wenn man selber noch nie in einer vergleichbaren Situation war.
Alle Leserinnen und Leser mögen ihre Erfahrungen mit Mücken in Sommernächten haben. Wer aber stand schon einmal einem Säbelzahntiger
gegenüber? Selbst wer noch nicht einmal sagen kann, wie ein Säbelzahntiger aussieht, weiß aber wohl, dass in der beschriebenen Situation Angst eine wahrscheinliche Reaktion wäre. Woher kommt dieses
Wissen? In dieser Dissertation wird argumentiert, dass die affektiven
Assoziationen von Begriffen (wie Tiger, Säbel oder Zahn) eine wichtige Funktion für das Verständnis von Situationen haben. Nicht jedes
Individuum muss jede mögliche Erfahrung am eigenen Leibe gemacht
haben. Auch die Erfahrungen anderer, die sich über Generationen in
der Sprache niedergeschlagen haben, fließen in das alltägliche Erleben
ein. Sprache dient also als eine Art kollektiver Wissensspeicher darüber, welche Emotionen (und korrespondierenden Handlungen) wann
angemessen sind.
Das Beispiel von Mücke und Säbelzahntiger weist auf die biologische Funktion von Emotionen hin: Sie ermöglichen dem Organismus, auftretende Situationen sehr schnell auf ihre möglichen Auswirkungen hin zu bewerten und
situationsangemessenes Verhalten in Gang zu setzen (vgl. u. a. Cosmides
& Tooby, 2000; Frijda, 2000; Osgood, 1969). Emotionen tragen aber auch
in einer zivilisierten Umwelt, die vom Individuum eher den Umgang mit
komplexen kulturellen Institutionen als das Bewältigen natürlicher Gefahren
fordert, zum Verständnis von Situationen und zur Steuerung angemessenen
Verhaltens bei. Das ist jedenfalls die zentrale Annahme der Affect Control
Theory (Heise, 1979; 2007a; MacKinnon, 1994; Smith-Lovin & Heise, 1988).
Ihr zufolge lösen soziale Situationen Gefühle aus, welche über die Sprache
sozial normiert sind. Soziales Handeln wird nach der Theorie durch einen affektiven Konsistenzmechanismus gesteuert: Man verhält sich so, dass durch
die affektive Bedeutung des Handelns die affektive Bedeutung der Interaktionssituation im Bewusstsein der Handelnden aufrecht erhalten werden kann.
Emotionen geben dabei ständig Rückmeldung und unterstützen die Interaktionspartner so bei der Interpretation der sozialen Situation. Woher weiß
ein Individuum z. B., wie es sich einem Finanzbeamten gegenüber zu verhalten hat, selbst wenn es vor Abgabe seiner ersten Steuererklärung niemals
einem begegnet ist, es also nicht durch unmittelbare Erfahrung gelernt haben kann? Die Antwort der Affect Control Theory besteht darin, dass man
in der sprachlichen Sozialisation die affektiven Assoziationen zu dem Begriff
2
Finanzbeamter gelernt hat, die nun in der konkreten Situation als kulturelles Wissen abrufbar sind. Ausgehend von dieser „gefühlten Wissensbasis“
lassen sich angemessene Handlungen und Emotionen in der Situation aktiv
rekonstruieren.
Empirisch operationalisiert wird die Affect Control Theory über kulturabhängige mathematische Modelle der affektiven Assoziationen, die durch
sprachliche Beschreibungen sozialer Interaktion ausgelöst werden. Gemessen
werden solche Gefühlsassoziationen mit dem Semantischen Differenzial von
Osgood, Suci & Tannenbaum (1957), wobei wichtig ist, dass dabei auf kulturelle Übereinstimmung und nicht auf interindividuelle Variation abgestellt
wird. Im folgenden Text soll die Theorie mit ACT abgekürzt bzw. auf deutsch
als Affektsteuerungstheorie bezeichnet werden. Ihre Vertreter sind fast ausschließlich US-amerikanische (und einige japanische) Soziologen, sie ist der
gedanklichen Tradition des Symbolischen Interaktionismus zuzuordnen. In
der vorliegenden Dissertation wird der Versuch unternommen, die Theorie
nomologisch in wichtige Ansätze aus der Psychologie einzubetten und damit einen Beitrag zur Verkleinerung der oft konstatierten (z. B. Scholl, 2007;
Stephan & Stephan, 1991) Lücke zwischen zwei Sozialpsychologien – der soziologischen und der psychologischen – zu leisten. In den empirischen Forschungen, die der Dissertation zu Grunde liegen, wurde die ACT – basierend
auf Vorarbeiten von Schneider (1989a) – in die deutsche Sprache übertragen.
Schließlich wurde ein Verhaltensexperiment durchgeführt, mit dem erstens
das deutsche ACT-Modell validiert werden und zweitens der Frage nachgegangen werden sollte, ob eine auf kulturelle Übereinstimmung über emotionale Bestandteile von Sprache abzielende Theorie tatsächlich dazu dienen kann,
individuelles Verhalten und Erleben in einer konkreten Interaktionssituation
vorherzusagen.
Überblick über die Dissertation
In Kapitel 2 (Theoretischer Hintergrund) wird zunächst auf die geringe gegenseitige Rezeption von Ansätzen aus der soziologischen und der psychologischen Variante der Sozialpsychologie eingegangen. Mit Scholl (2007) wird
die Auffassung vertreten, dass angemessene Erklärungen sozialer Interaktion
hingegen der Perspektiven beider Disziplinen bedürfen.
Daraufhin werden Elemente einer möglichen allgemeinen Theorie der sozialen Interaktion beschrieben. Menschen weisen Geschehnissen mit Hilfe
sprachlicher Begriffe Bedeutung zu. Bedeutung entsteht durch wechselseitige
Aushandlungsprozesse in der sozialen Interaktion (Blumer, 1973; Mead, 1934)
und ist in den kognitiven Systemen der Individuen in mentalen Modellen implementiert (Johnson-Laird, 1983). Dabei scheinen die semantischen Bezüge
3
zwischen Begriffen nicht arbiträr zu sein, sondern einer universalen Struktur
zu folgen, welche vor allem affektiver Natur ist und mit dem Semantischen
Differenzial (Osgood et al., 1957) beschrieben werden kann.
Für das mathematische Modell der Affektsteuerungstheorie ist die Herstellung von Konsistenz sprachlicher Bedeutungszuschreibungen innerhalb
der Struktur des Semantischen Differenzials zentral. Ausführlich werden die
Modellbildung und mathematischen Grundlagen der Theorie dargelegt, außerdem wird auf wichtige theoretische Bezüge und bisher erfolgte empirische Belege zu ihren Annahmen eingegangen. Da die Affektsteuerungstheorie sprachspezifische bzw. kulturgebundene Vorhersagen macht, wird Forschungsbedarf darin gesehen, ein empirisches Modell für die deutsche Sprache zu entwickeln, das als Grundlage für weitere Forschungen auf Basis der
Theorie im deutschen Sprachraum dienen kann. Außerdem wird mit Blick
auf die existierende Literatur zur ACT die Notwendigkeit betont, Verhaltensexperimente durchzuführen, mit denen die Annahmen der Theorie auch
unabhängig von Prozessen der Sprachverarbeitung und des Textverstehens
überprüft werden können.
In Kapitel 3 (Übertragung der Affektsteuerungstheorie in die deutsche
Sprache) wird zunächst auf die Frage der Messung von kultureller Übereinstimmung eingegangen, bevor auf dieser Grundlage eine empirische Studie
beschrieben wird, bei der ein deutschsprachiges ACT-Modell entwickelt wurde. Es besteht aus einem affektiven Lexikon, das Messungen der affektiven
Assoziationen zu 1 100 deutschen Begriffen enthält, die für die Beschreibung
sozialer Interaktion relevant sind, sowie aus Gleichungssystemen, welche Prozesse der sprachlich basierten Eindrucksbildung und der Attribution modellieren. Abschließend werden verschiedene statistische und qualitative Validierungen des Modells beschrieben.
In Kapitel 4 (Prüfung der Affektsteuerungstheorie im Verhaltensexperiment) wird ein Experiment beschrieben, bei dem Versuchspersonen mit verschiedenen virtuellen Agenten in einem Computerszenario sprachlich kommunizierten. Wegen der guten Kontrollierbarkeit des Verhaltens in der Computersimulation konnte für eine Reihe von Handlungskategorien relativ präzise
die nach dem mathematischen ACT-Modell vorhergesagte Handlungswahrscheinlichkeit bestimmt und mit der tatsächlich beobachteten verglichen werden. Gleiches gilt für die durch die Affektsteuerungstheorie vorhergesagten
und die tatsächlich im Verlauf der Interaktion mit den virtuellen Agenten
erlebten Emotionen.
In Kapitel 5 (Diskussion und abschließende Würdigung der Affektsteuerungstheorie) werden zunächst Verbindungsmöglichkeiten zwischen aktuellen
Theorien aus der kognitiven Sozialpsychologie und der Affektsteuerungstheorie erörtert. Als Beispiele dienen ausgewählte Zwei-Prozess-Modelle der so4
zialen Informationsverarbeitung sowie außerdem konnektionistische Modelle,
die eine Ergänzung der von der Affektsteuerungstheorie beschrieben affektiven Prozesse um kognitive Mechanismen in einer gemeinsamen, einheitlichen
Architektur der mentalen Repräsentation ermöglichen. Abschließend erfolgt
eine Würdigung der Potenziale, die in der Affektsteuerungstheorie zur Klärung grundlegender Fragen einer interdisziplinär angelegten Sozialpsychologie der sozialen Interaktion gesehen werden.
5
Kapitel 2
Theoretischer Hintergrund
Bei aller theoretischen Vielfalt, welche das Feld der Sozialpsychologie (besser:
der Sozialpsychologien, s. u.) auszeichnet, lassen sich doch sehr allgemeine
Grundprinzipien des Verhaltens und Erlebens im sozialen Kontext auffinden, die in der ein oder anderen Variante immer wieder beschrieben wurden
und werden. Eine allgemeine Theorie sozialer Interaktion, die eine breite
Geltung beansprucht, kommt nicht umhin, solche grundlegenden sozialpsychologischen Gesetzmäßigkeiten zu berücksichtigen. In Abschnitt 2.1 werden
daher „Grund-Elemente“ einer sozialen Interaktionstheorie identifiziert. Dies
ist ausdrücklich nicht als kühner Versuch einer erschöpfenden Aufzählung
zu verstehen. Vielmehr soll ein breites theoretisches Fundament für die in
Abschnitt 2.2 folgende ausführliche Darstellung der Affektsteuerungstheorie
gelegt werden. Deutlich werden soll, wie gut die Theorie in allgemein anerkannte sozialpsychologische Grundannahmen eingebettet werden kann.
2.1
2.1.1
Elemente einer allgemeinen Theorie der
sozialen Interaktion
Zwei Sozialpsychologien
Die Psychologie und die Soziologie als Mutterwissenschaften haben zwei erstaunlich unterschiedliche Varianten der Sozialpsychologie hervorgebracht,
die seit Jahrzehnten ziemlich unbeeinflusst nebeneinander existieren. Dies
hat einige Autoren (z. B. Graumann, 1996; Stephan & Stephan, 1991; Stryker, 1977) dazu veranlasst, von zwei Sozialpsychologien zu sprechen.
Die psychologische Sozialpsychologie ist eher individualpsychologisch orientiert und fragt danach, wie soziale Bedingungen das Verhalten und Erleben
eines Individuums beeinflussen. Seit der „Kognitiven Wende“ dominiert das
6
Paradigma der Sozialen Kognition, bei dem das Erkenntnisinteresse der Verarbeitung sozialer Reize gilt. Der Mensch wird (ganz wie in der Allgemeinen
Psychologie) als informationsverarbeitendes System aufgefasst. Sozial ist an
der psychologischen Sozialpsychologie vor allem der Inhalt der vom Individuum verarbeiteten Reize, meistens aber nicht die untersuchte Situation selber.
Kritiker (z. B. Graumann, 1984; Scholl, 2007) meinen denn auch, die Erforschung von Kommunikation und Interaktion werde zu sehr vernachlässigt.
Die soziologische Sozialpsychologie hingegen will mit dem Rückgriff auf
das Verhalten und Erleben von Individuen soziale Phänomene sowie die Entstehung und Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Institutionen erklären. Die
Hauptströmung (wenn auch nicht das einzige Paradigma, vgl. House, 1991)
stellt hier sicherlich der Symbolische Interaktionismus dar, in dessen Zentrum das Wechselspiel von sozialem Handeln und der Konstruktion von Bedeutung steht (siehe unten, Abschnitt 2.2.1). Sozial ist an der soziologischen
Sozialpsychologie die Vorstellung von der Einbettung des Individuums in eine gesellschaftliche Struktur, die durch Interaktion (re-)produziert wird. Das
Erkenntnisinteresse ist vor allem auf die Wechselwirkung zwischen sozialem
Handeln und sozialer Struktur gerichtet.
Historische Entwicklung und Pioniere
Gemeinsame Wurzeln, auf die sich Forscher beider Sozialpsychologien bis
heute immer wieder berufen, finden sich in der pragmatischen Philosophie des
ausgehenden 19. Jahrhunderts von William James, Charles Sanders Peirce
oder John Dewey. George Herbert Mead, der als Begründer des Symbolischen
Interaktionismus gilt, wird innnerhalb der Psychologie immerhin noch von
Zeit zu Zeit sozusagen in historischer Pflichtübung zitiert. Ansonsten berühren sich die Traditionen beider Sozialpsychologien aber nur wenig (vgl. für
die folgenden Ausführungen auch Graumann, 1996, oder Stephan & Stephan,
1991).
Psychologen erinnern sich an Sir Francis Galton und Wilhelm Wundt als
die Pioniere der naturwissenschaftlichen Erforschung des Geistes. Sie denken
dann an den durch den Physiologen Iwan Pawlow inspirierten Behaviorismus
eines John Watson (1913), Burrhus Skinner oder – in der Sozialpsychologie
– Floyd Allport, durch den jahrzehntelang der bloße Gedanke an eine mentalistische oder gar interpretative Sozialpsychologie verpönt war. Zumindest
europäische Psychologen kennen auch Wolfgang Köhler und Max Wertheimer
als die Gründerväter der Gestaltpsychologie. Aus dieser Tradition kommen
nämlich Kurt Lewin und Fritz Heider, deren Gedankengut in die bis heute
vielleicht umfangreichsten Forschungsprogramme der psychologischen Sozialpsychologie hineinwirkt: die Arbeiten zur kognitiven Konsistenz (Heider,
7
1946; Newcomb, 1953; Osgood & Tannenbaum, 1955) bzw. Dissonanz (Festinger, 1957), die Familie der Attributionstheorien (z. B. Heider, 1944; Kelley & Michela, 1980; Weiner, 1985) und die Gruppenforschung (z. B. Lewin,
1999). Bedeutend schwerer fällt es allerdings, die psychologische Sozialpsychologie nach der „Kognitiven Wende“ mit großen Namen zu beschreiben.
Wie Graumann (1996) meint, werden die sozialpsychologischen Theorien,
die unter dem Social-Cognition-Paradigma stehen, zahlreicher und verlieren
dabei drastisch an Reichweite.
Soziologische Sozialpsychologen haben als Gründerväter ihrer Disziplin
vermutlich eher Émile Durkheim mit seiner Idee der „kollektiven Repräsentationen“ (Durkheim, 1898) vor Augen, Georg Simmel (1999), der das Soziale
als ein Produkt von Interaktionen in Gruppen auffasste, oder Max Weber,
der die Aufgabe der Soziologie darin sah, das soziale, also auf andere Menschen gerichtete, Handeln „deutend [zu] verstehen und dadurch in seinem
Ablauf und in seinen Wirkungen ursächlich [zu] erklären“ (Weber, 1990).
Dieses „deutende Verstehen“ ist eines der zentralen Motive im Symbolischen
Interaktionismus, als dessen Begründer George Herbert Mead (1934) angesehen wird, wobei der Terminus „Symbolischer Interaktionismus“ auf Herbert
Blumer (1973) zurück geht. Bis heute ist die soziologische Sozialpsychologie
weniger fragmentiert als ihre psychologische Schwester: Die Identitätstheorie (Stets, 2006; Stryker & Burke, 2000) beispielsweise, die Austauschtheorie
(Blau, 1964; Homans, 1958) oder die in dieser Dissertation im Zentrum stehende Affektsteuerungstheorie sind von größerer Reichweite.
So hat jede der beiden Sozialpsychologien ihre eigene Erinnerung, ihre
eigenen Ausgangspunkte, Pioniere und Protagonisten. Diese beiden verschiedenen Geschichten stiften beiden Sozialpsychologien jeweils ihre eigene Identität. Der große, früh anzutreffende Gegensatz zwischen dem naturwissenschaftlichen Ideal der Psychologie und dem deutend-verstehenden Selbstverständnis der Soziologie hat die Spaltung der zwei Sozialpsychologien sicher
befördert. Die im Verlauf dieser Geschichte(n) entstandenen kaum verwobenen Institutionen halten das „Schisma“ (Graumann, 1996) aufrecht, Ressourcenkonflikte und Prozesse der sozialen Identität tun ihr Übriges.
Epistemologische und methodologische Unterschiede
Mit der unterschiedlichen Entwicklung beider Sozialpsychologien sind zunächst gegensätzliche epistemologische Positionen verbunden. Während viele Psychologen ein eher positivistisches Wissenschaftsverständnis vertreten
haben (vgl. Pettigrew, 1991), ist die soziologische Sozialpsychologie (vor allem in der Variante des Symbolischen Interaktionismus) eher hermeneutisch.
Im Bemühen, das Diktum Kants zu widerlegen, Psychologie könne niemals
8
Wissenschaft werden, da es ihr an mathematischer Quantifizierbarkeit fehle (Kant, 1997), strebt die Psychologie überwiegend einem an der Physik
orientierten Wissenschaftsideal nach und betrachtet das Experiment als den
Königsweg zur Erkenntnis. Dies erfüllt nun gerade viele Soziologen, wie etwa Blumer (1973), mit großer Skepsis, und sie lehnen die experimentelle
Forschung als dem Sozialen unangemessen ab (vgl. Scholl, 2007), weil sie die
stets hoch subjektive „Bedeutung“ der Dinge vernachlässige. Dem experimentell arbeitenden Sozialpsychologen entgehen nach dieser (Blumers) Lesart die
Feinheiten der sozialen Interaktion (vgl. Pettigrew, 1991), so dass eher die
teilnehmende Beobachtung als die angemessene Forschungsmethode angesehen wird, um „das Soziale“ zu erschließen. Experimentalpsychologen werden
an dieser Position wiederum das Verschwimmen der Grenzen zwischen Forscher und Erforschtem, den Verlust von Objektivität und die Fehlschlüsse
von Einzelfällen auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten kritisieren.
Wenn man bereit ist, disziplinäre Scheuklappen beiseite zu legen, erscheinen solche Gegensätze aber nicht unüberbrückbar. Psychologen, deren Kenntnis des Symbolischen Interaktionismus nicht mit Meads „Mind, Self, and Society“ (1934) aufhört, werden wissen, dass es neben der Blumerschen Position
(„Chicago-Schule“) mit der sogenannten Iowa-Schule und ihren Proponenten
wie McCall und Simmons, Stryker oder Heise auch eine nomologisch orientierte Variante des Symbolischen Interaktionismus gibt, deren Anhänger sehr
wohl quantitativ und zum Teil auch experimentell (vgl. Scholl, 2007) arbeiten. Gerade David Heises Affektsteuerungstheorie, die hier im Zentrum der
Betrachtung stehen wird, ist das Musterbeispiel einer soziologischen Theorie,
die ein Ausmaß an mathematischer Präzision aufweist, von dem so manche
originär psychologische Theorie nur träumen kann. Auf der anderen Seite
werden die soziologischen Sozialpsychologen nur allzu bereitwillig den Konstruktivismus aufnehmen, der unter dem vorherrschenden Paradigma der Sozialen Kognition in die heutige psychologische Sozialpsychologie Einkehr gefunden hat, und der durch die moderne Hirnforschung gewissermaßen sogar
noch „rein naturwissenschaftlich“ legitimiert wird (vgl. Roth, 1987).
Institutionelle Gründe und Intergruppenprozesse
Warum also ist die Trennung zwischen den beiden Sozialpsychologien so beständig, verhallen Appelle zu stärker interdisziplinärer Forschung (wie z. B.
von Scholl, 2007; Stephan & Stephan, 1991; Stryker, 1977) immer wieder
ungehört? Die Antwort dürfte in einer Mischung aus institutionellen (vgl.
Graumann, 1996) und berufspolitischen (vgl. Scholl, 2007) Gründen sowie in
Intergruppenprozessen (vgl. Stephan & Stephan, 1991) liegen.
Die Mitglieder beider Sozialpsychologien studieren, lehren und arbeiten
9
in der Regel an unterschiedlichen Instituten. Die Lehrpläne sind unterschiedlich, was der Blick in die Inhaltsverzeichnisse einschlägiger Lehrbücher verrät.
So kommt der Symbolische Interaktionismus in psychologischen Sozialpsychologie-Lehrbüchern im Grunde gar nicht vor (Scholl, 2007)1 , eher noch
in Lehrbüchern der Entwicklungspsychologie. Der wissenschaftliche Diskurs
spielt sich weitgehend isoliert in unterschiedlichen Zeitschriften und auf unterschiedlichen Konferenzen ab. So werden also Studenten und Doktoranden jeweils nur in „ihrer“ Sozialpsychologie ausgebildet und publizieren eben
später auch vorwiegend dort. Diese Wissenschaftspraxis hält die Spaltung
aufrecht.
Stephan & Stephan (1991) wenden die Theorie sozialer Identität (Turner,
Brown & Tajfel, 1979) auf die Intergruppenbeziehung zwischen psychologischen und soziologischen Sozialpsychologen an. Ausnahmsweise einmal dürften Vertreter beider Richtungen diese Theorie gleich gut kennen und sind
dadurch doch nicht davor gefeit, den Mechanismen anheim zu fallen, die sie
beschreibt. Werden nicht vielleicht die methodologischen Unterschiede zwischen psychologischer und soziologischer Sozialpsychologie größer gemacht
als sie sind, um sich der jeweils eigenen Gruppenidentität zu versichern – als
„Naturwissenschaftler“ beziehungsweise als „Gesellschaftsdeuter“? Ist nicht,
wie Scholl (2007) meint, die Geschichte der beiden Sozialpsychologien doch
verwobener als es scheint und ihre wahrgenommene Unterschiedlichkeit damit nur eine soziale Konstruktion, die im Dienste der Identitätsstiftung steht?
Immerhin geht doch der Positivismus, in dessen Geist die Experimentalpsychologie arbeitet, auf Auguste Comte, einen Soziologen, zurück. Und Meads
„sozialer Behaviorismus“ mit seiner Analyse der symbolisch-kognitiven Prozesse hat doch viel mehr mit dem heutigen Social-Cognition-Paradigma zu
tun als der Black-Box-Behaviorismus der ersten Tage.
Chancen einer interdisziplinär ausgerichteten Theoriebildung
Was aber wäre gewonnen durch mehr Interdisziplinarität, durch mehr gegenseitige Kenntnisnahme und Inspiration von Soziologen und Psychologen?
Hat nicht Stryker (1991) recht, der es „nicht notwendigerweise“ für schlecht
hält, dass es zwei Sozialpsychologien gibt? In der Tat ist ja an sich nichts dagegen einzuwenden, dass Psychologen und Soziologen sich unter der gleichen
Bezeichnung „Sozialpsychologie“ eben für verschiedene Dinge interessieren,
1
Allerdings ist Stephan & Stephan (1991) und Scholl (2007) in ihrer Einschätzung Recht
zu geben, dass die Ignoranz wohl eher asymmetrisch ist. In der soziologischen Haupt-Zeitschrift Social Psychology Quarterly wird jedenfalls wesentlich häufiger aus dem Journal of
Personality and Social Psychology, dem „Flaggschiff“ der psychologischen Sozialpsychologie, zitiert als umgekehrt (Scholl, 2007).
10
und gewiss bringt auch beileibe nicht jede Erkenntnis aus der einen Disziplin
die Entwicklung der anderen voran. Gleichwohl birgt eine interdisziplinäre
Sozialpsychologie große Potenziale, könnte sie – in den Worten der Gestaltpsychologen gesprochen – mehr sein als die Summe ihrer beiden Teile.
Dies betrifft vor allem das Feld der Kommunikation und sozialen Interaktion, das, wie Scholl (2007) meint, in der sozialpsychologischen Forschung
vernachlässigt wird2 . Eine sinnvolle Untersuchung sozialer Interaktion bedarf
der Perspektiven beider Sozialpsychologien. Interaktionen sind immer in eine
soziale Struktur eingebettet (welche die psychologische Sozialpsychologie für
gewöhnlich ignoriert), gleichzeitig werden sie durch das Wechselspiel sozialer
Kognitionen der beteiligten Personen bestimmt (die zu beschreiben wiederum
die soziologische Sozialpsychologie keine Theorien bereit hält). Eine integrativere Sozialpsychologie verspricht, die Meso-Ebene der Kommunikation und
Interaktion aufzuhellen, die sich zwischen der Mikro-Ebene des Individuums
und der Makro-Ebene der Gesellschaft befindet. Das ist kein Selbstzweck,
denn gerade hier liegt das größte Potenzial der Sozialpsychologie, was ihren Nutzen und ihre Anwendbarkeit betrifft (Scholl, 2007). Dies betrifft die
Zusammenarbeit in Dyaden und Gruppen, aber auch das Verständnis organisationaler und politischer Prozesse.
Eine gute Theorie der sozialen Interaktion muss also interdisziplinär sein:
Sie muss zum einen erklären können, wie die soziale Struktur und kulturelle Einbettung der Individuen die Interaktion beeinflussen (soziologische
Perspektive), und sie muss zum anderen die individuellen Informationsverarbeitungsprozesse berücksichtigen (individualpsychologische Perspektive). Sie
muss, mit anderen Worten, das Soziale an der Sozialen Kognition konkretisieren (vgl. Scholl, 2007; Strack, 1988). In der vorliegenden Dissertation
wird argumentiert, dass die Affektsteuerungstheorie diese interdisziplinäre
Verknüpfung leistet. Sie ist nomologisch gut in beide Disziplinen, Soziologie
wie Psychologie, eingebettet, wie im Folgenden zu zeigen ist. Damit sollte sie
als eine allgemeine Theorie der sozialen Interaktion Psychologen und Soziologen gleichermaßen interessieren. Ihre Grundannahmen sind, dass Menschen
mit Hilfe ihrer Sprache Ereignissen eine sozial geteilte Bedeutung zuschreiben (vgl. Abschnitt 2.1.2), dass diese Bedeutungszuschreibungen immer eine
affektive Komponente haben, die sich in einem dreidimensionalen System
beschreiben lässt (vgl. Abschnitt 2.1.3), und dass Menschen danach streben,
diese Bedeutungszuschreibungen zueinander konsistent zu machen, sie in eine
2
Von 404 klassifizierten, zwischen 2001 und 2005 im Journal of Personality and Social Psychology, im Journal of Experimental Social Psychology, im Personality and Social
Psychology Bulletin, im European Journal of Social Psychology und in der Zeitschrift für
Sozialpsychologie erschienenen Artikel beschrieben nur 44 (11%) Untersuchungen echter
Interaktion zwischen mindestens zwei Vpn (Scholl, 2007).
11
gute Gestalt zu bringen (vgl. Abschnitt 2.1.4).
2.1.2
Bedeutung
Menschen schreiben sozialen Ereignissen Bedeutung zu und richten ihr Handeln an dieser zugeschriebenen Bedeutung aus. Man lehnt sich nicht weit aus
dem Fenster, wenn man behauptet, dass diese These einen Konsens in der
heutigen psychologischen wie soziologischen Sozialpsychologie widerspiegelt.
Das gesamte Social-Cognition-Forschungsprogramm ist im Grunde darauf
ausgerichtet, diesen Prozess der Bedeutungszuschreibung und seine Konsequenzen verstehen zu wollen, wie aus der folgenden Definition von Fiske
(1993) deutlich wird: „Social Cognition is the process by which people think
about and make sense of people.“ E. T. Higgins, einer der meistzitierten psychologischen Sozialpsychologen, führt viele der klassischen unter dem SocialCognition-Paradigma untersuchten sozialen Wahrnehmungseffekte (z. B. den
fundamentalen Attributionsfehler, die Repräsentativitätsheuristik, den Exzitationstransfer, den Saying-is-Believing-Effekt und andere) auf das Aboutness-Prinzip zurück, eine von ihm postulierte automatische Tendenz, jede
wahrgenommene eigene oder fremde Reaktion als auf ein spezifisches Ding
bezogen kognitiv zu repräsentieren (Higgins, 1997; 1998). Sieht man etwa
am Bahnsteig eine Person den Arm heben, wird man dazu neigen, dies als
Abschiedsgruß an eine weitere Person zu verstehen, die sich im Zug befindet
und der den Arm hebenden Person zugewandt ist, obwohl diese Information
keineswegs in der physikalischen Wahrnehmung eines hochgehobenen Armes
enthalten ist. Higgins nimmt a.a.O. auf den Symbolischen Interaktionismus
keinen Bezug, wie es für das Verhältnis zwischen den zwei Sozialpsychologien typisch ist, dieser lässt sich aber leicht konstruieren. Aus Higgins’ Frage
What is the behavior about? wird dann die Meadsche Frage What does the
behavior mean? In dem Winkbeispiel wird die Geste Arm heben durch eine
soziale, kulturell geteilte Bedeutungszuschreibung zu der signifikanten Geste
Abschied (vgl. den folgenden Abschnitt).
Symbolische Interaktion: die soziale Entstehung von Bedeutung
Die Grundidee von George Herbert Meads (1934) Theorie der symbolischen
Interaktion besteht darin, dass der Mensch sich mit seiner Umwelt mit Hilfe
von symbolischen Bedeutungen auseinandersetzt, die im Prozess der Sozialisation erworben werden und in der sozialen Interaktion von den Handelnden
wechselseitig bestätigt oder verändert werden (vgl. Abels, 2007, Kap. 1). Die
bekannteste Formulierung dieses Leitgedankens stammt von Herbert Blumer,
einem Schüler Meads:
12
Der Symbolische Interaktionismus besteht letztlich aus drei einfachen Prämissen. Die erste Prämisse besagt, dass Menschen „Dingen“ gegenüber auf der Grundlage der Bedeutungen handeln, die
diese Dinge für sie haben. Unter „Dingen“ wird hier alles gefasst,
was der Mensch in seiner Welt wahrzunehmen vermag – physische Gegenstände, wie Bäume oder Stühle; andere Menschen,
wie eine Mutter oder einen Verkäufer; Kategorien von Menschen,
wie Freunde oder Feinde; Institutionen, wie eine Schule oder eine Regierung; Leitideale, wie individuelle Unabhängigkeit oder
Ehrlichkeit; Handlungen anderer Personen, wie ihre Befehle oder
Wünsche; und solche Situationen, wie sie dem Individuum in seinem täglichen Leben begegenen. Die zweite Prämisse besagt, dass
die Bedeutung solcher Dinge aus der sozialen Interaktion, die
man mit seinen Mitmenschen eingeht, abgeleitet ist oder aus ihr
entsteht. Die dritte Prämisse besagt, dass diese Bedeutungen in
einem interpretativen Prozess, den die Person in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt, gehandhabt
und abgeändert werden (Blumer, 1973, S. 80 f.).
Um den im Symbolischen Interaktionismus wichtigen Gedanken der Verknüpfung und wechselseitigen Verschränkung von Handeln und Bedeutung besser
verstehen zu können, der seine Wurzeln in der pragmatischen Philosophie
von Peirce, Dewey und anderen hat und der implizit auch in psychologischen
Ansätzen wie dem erwähnten von Higgins enthalten ist, ist es hilfreich, sich
die Rolle von Zeichen, Gesten und Symbolen in der sozialen Interaktion zu
verdeutlichen, wie sie von Mead (1934) gesehen wird.
Zeichen sind – ganz nach der Vorstellung des zu Meads Lebzeiten in der
Psychologie vorherrschenden Behaviorismus – Sinnesreize, die spontane und
unmittelbare Reaktionen auslösen. Als Beispiel für ein einfaches natürliches
Zeichen nennt Abels (2007) das Donnergrollen, das einen unwillkürlich zusammenzucken lässt. Wichtig ist, dass Menschen und Tiere auf Zeichen in
ähnlicher Weise reagieren. Auch Worte sind zunächst einmal, gewissermaßen
auf der physikalischen Ebene, Zeichen, die in ganz klassischen Konditionierungsvorgängen als Stimuli dienen können. Auf dieser Ebene sind die Versuche von Premack (1976) zu verstehen, der Schimpansin „Sarah“ eine einfache
Sprache mit Hilfe von Bildern (die für die Schimpansin im Meadschen Sinne
wohl Zeichen und keine Symbole waren) beizubringen.
In der sozialen Interaktion kann das Verhalten eines Partners zum Zeichen
für den anderen werden. Mead nennt solche Zeichen Gesten und erläutert sie
am Beispiel eines Kampfes zwischen Hunden. Durch sein Knurren zeigt ein
Hund dem anderen an, dass er zur Aggression bereit ist. Der andere Hund
13
„versteht“ diese Geste und zeigt eine passende instinktive Reaktion, indem er
beispielsweise die Ohren anlegt. Dies wird nun wieder für den anderen Hund
zur Geste, auf die hin sich ihm das Fell sträubt. So vollzieht sich Interaktion
als eine wechselseitige Abfolge von Gesten, das heißt von Reizen und Reaktionen, die wiederum neue Reize werden. Auch Sprache funktioniert im Grunde
nicht anders: Eine Äußerung des ersten Sprechers ist der Reiz, der eine Äußerung des zweiten Sprechers als Reaktion auslöst, die wiederum dem ersten
Sprecher eine neue Äußerung entlockt. Mead nennt dies eine vokale Geste.
Der zentrale Unterschied zum Kampf der beiden Hunde besteht jedoch darin,
dass es nicht eine einzige instinktive Reaktion auf eine vokale Geste geben
kann, sondern im Prinzip unendlich viele. Der Mensch ist nämlich dank der
Sprache fähig, seine Reaktion zu verzögern und verschiedene Reaktionsmöglichkeiten abzuwägen. Er kann der Geste eine Bedeutung geben, indem er
überlegt, welche Idee mit ihr zum Ausdruck gebracht werden soll. In Higgins
Situation auf dem Bahnsteig (s. o.) wird beispielsweise die Idee des Abschied
Nehmens mit der Geste eines erhobenen Arms verknüpft.
Wenn man die Bedeutung einer Geste mit einem Zeichen, beispielsweise einem Wort, kombiniert, erhält man, was Mead ein Symbol nennt. Diese
Symbole sind es, die den Großteil der Geistestätigkeit und des Handelns
der Menschen ausmachen. Menschen interagieren nicht, indem sie wie die
kämpfenden Hunde ihre Instinkte walten ließen, sondern indem sie sich gegenseitig mit Hilfe von Symbolen Bedeutung anzeigen (Blumer, 1973). Das
ganze hätte allerdings wenig Sinn, wenn jeder Mensch seine eigenen Symbole benutzte, wie etwa, wenn zwei Menschen ohne Kenntnis der Sprache
ihres Gegenüber interagierten. Menschen sind aber in der Lage, signifikante
Symbole auszubilden. Ein signifikantes Symbol entspricht in der Erfahrung
mindestens zweier Menschen derselben Bedeutung. Ein signifikantes Symbol
ist somit ein Zeichen, das in einer Kommunikationssituation beim Sender wie
beim Empfänger die gleiche Reaktion hervorruft. Dies nennt Mead Sprache.
Sie ermöglicht sozial geteilte Bedeutung. Beim Menschen löst diese sozial
verankerte Bedeutung eines Reizes die nachfolgenden Handlungen aus, nicht
wie im Behaviorismus seine physikalischen Eigenschaften3 . Benutzt man für
die Geste einer geballten Faust das Zeichen Drohung, so gibt man ihr eine
andere Bedeutung als wenn man auf das Zeichen Spaß unter Freunden
zurückgriffe. Die Konsequenzen für das darauf folgende Handeln (und für die
erlebten Emotionen) dürften höchst unterschiedliche sein, handlungs- und
emotionsleitend sind somit in den allermeisten Fällen signifikante Symbole
und nicht etwa physikalische Reize.
3
Mead nannte sich selber einen sozialen Behavioristen.
14
Wie kommt es zur Ausbildung signifikanter Symbole, mit deren Nutzung
Ereignissen Bedeutung, und zwar eine kulturell geteilte Bedeutung, zugeschrieben werden kann? Zentral ist nach Mead in der Sozialisation der Prozess
der Perspektivenübernahme, in denen das Kind lernt, z. B. über Rollenspiele,
die Welt aus der Perspektive der anderen zu sehen. Dies geschieht in immer
komplexerer Weise. Mead nimmt verschiedene Stadien der Sozialisation an;
zunächst kann in der play stage lediglich eine andere Rolle eingenommen
werden, etwa wenn das Kind mit seiner Puppe „Mutter“ spielt und damit
die Weltsicht der eigenen Mutter einzunehmen versucht; dann kommt es in
der game stage zur wechselseitigen und simultanen Übernahme der Rollen
verschiedener Personen und damit zur Internalisierung gewisser allgemeiner
sozialer Normen (ein game hat im Gegensatz zum play festgelegte Regeln);
bis schließlich der Generalisierte Andere ausgebildet ist und als „organisierter kognitiver Bezugsrahmen“ (McCall & Simmons, 1966) dem Individuum
stets ein Repertoire an signifikanten Symbolen bereit stellt, mit deren Hilfe es seine Wahrnehmungen deuten und ordnen und in die Planung seiner
Handlungen die Perspektive des Gegenübers miteinfließen lassen kann:
Um einem anderen anzuzeigen, was er zu tun hat, muss man
das Anzeigen von dem Standpunkt jenes anderen vornehmen;
um dem Opfer zu befehlen, die Hände hoch zu nehmen, muss
der Räuber diese Antwort im Bezugsrahmen des Opfers sehen,
das diese Reaktion vornimmt. Entsprechend hat das Opfer den
Befehl vom Standpunkt des Räubers aus zu sehen, der den Befehl gibt; es muss die Absicht und die bevorstehende Handlung
des Räubers erfassen. Solch gegenseitige Rollenübernahme ist das
sine qua non von Kommunikation und wirksamer symbolischer
Interaktion (Blumer, 1973, S. 96, Hervorhebung im Original).
Durch die Verwendung des gemeinsamen Symbolsystems Sprache wird beiden
an der Interaktion Beteiligten die Perspektivenübernahme kognitiv erleichtert. Die Handlungen des Befehls und des Hände hoch Nehmens sind gewissermaßen schon in den Begriffen Räuber bzw. Opfer enthalten. Vorausgesetzt, beide Akteure kommen zur gleichen Deutung der Interaktionssituation
als eben einer Interaktion zwischen Räuber und Opfer, so ist der Ablauf
der Handlung dadurch (wenigstens grob) vorhersehbar, weil beide den ihnen
durch die symbolische Deutung semantisch nahe gelegten Handlungstendenzen folgen. An dem Beispiel wird die Verschränkung von Individuum und
Gesellschaft in der sozialen Interaktion deutlich, wie sie Mead und Blumer
postulieren. Die Gesellschaft stellt den Individuen ein kollektives Symbolsystem zur Deutung von Ereignissen bereit. Indem die Individuen aber in ihren
15
Handlungen diesen Deutungen folgen, reproduzieren sie gleichzeitig aktiv die
Institutionen der Gesellschaft.
Während für Blumer und seine Anhänger die Wichtigkeit der subjektiven
Situationsdefinitionen der Grund war, methodologisch eine strikt interpretative, antinomologische Position einzunehmen, die sicher mitverantwortlich für
die Ablehnung des Symbolischen Interaktionismus durch viele Psychologen
ist, unternimmt es die hier im Mittelpunkt stehende Affektsteuerungstheorie,
den Prozess der Handlungssteuerung durch ein sprachliches Symbolsystem
mathematisch zu formalisieren und quantitativ-empirisch zu untersuchen.
Damit ist sie methodologisch und – wie in den folgenden Abschnitten zu
zeigen sein wird – theoretisch gut an die Psychologie anschlussfähig.
Mentale Modelle: die innere Repräsentation von Bedeutung
Wenn man die Bedeutung eines Begriffes (oder eines signifikanten Symbols
sensu Mead) definiert, geschieht dies, indem man andere Begriffe benutzt. Ein
Auto ist zum Beispiel ein technisches Gerät auf Rädern, das fährt.
Irgendwann kommt man mit der Erklärung aber an einen Punkt, an dem es
nicht weiter geht. Um etwa den Begriff fahren weiter zu erklären, wird man
wahrscheinlich beim Begriff der Bewegung landen. Was aber ist bewegen?
Man stellt fest, dass es eine gewisse Anzahl grundlegender Begriffe gibt, deren weitere Erklärung mit Hilfe anderer Begiffe sehr schwer fällt. Probanden
brauchen für die Erklärung eines einfachen Begriffes wie den der Bewegung jedenfalls sehr viel mehr Zeit als bei komplexeren, dekomponierbaren
Begriffen üblich (Johnson-Laird, 1983, Kap. 10). Neben diesem empirischen
Argument führt Johnson-Laird ein prinzipielles an, um zu zeigen, dass eine
rein symbolische Theorie nicht ausreicht, um das Verstehen von Bedeutung
zu erklären. Es sind nämlich völlige Nonsens-Sprachen denkbar, die in sich
vollständig konsistent sind in der Weise, dass Symbole sich auf andere Symbole beziehen. Selbst wenn man alle wechselseitigen Beziehungen zwischen
diesen Symbolen gelernt hätte, könnte man dennoch nicht verstehen, auf welches Objekt in der Welt sich ein bestimmtes Symbol bezieht. Harnad (1990)
verdeutlicht das mit dem Beispiel, auf dem Flughafen eines fremden Landes
anzukommen, dessen Sprache man nicht spricht. Man verfügt in Harnads
Szenario über ein einsprachiges Wörterbuch jener Sprache. Schlägt man dort
nun ein Wort nach, das man auf einem Schild gelesen hat (ein abstraktes
und willkürliches Symbol), so erhält man eine Liste weiterer abstrakter und
willkürlicher Symbole, die man wiederum nachschlagen kann, nur um erneut
solche Symbole zu finden etc. Was auf dem Schild steht, wird man so aber
nicht herausfinden.
Neben der Fähigkeit, sprachliche Symbole zu repräsentieren, benötigt das
16
kognitive System für ein tatsächliches Verständnis sprachlicher Bedeutung
folglich auch Verknüpfungen dieser Symbolrepräsentationen mit Repräsentationen von Objekten der realen Welt. Die letzteren nennt Johnson-Laird
mentale Modelle. Mentale Modelle sind im Gegensatz zu Symbolen analoge
Datenstrukturen. Damit ist gemeint, dass die Struktur der mentalen Repräsentation der Struktur des repräsentierten Objekts entspricht. Das kognitive
System verfügt somit über ein inneres Modell seiner Umwelt, das es nutzen kann, um sich zu orientieren und potenzielle Handlungsmöglichkeiten
und ihre erwarteten Folgen zu simulieren. Denken ist die Manipulation von
mentalen Modellen (Johnson-Laird, 1983; 2005). Mit Meads Symbolischem
Interaktionismus hat die Theorie also den Gedanken gemein, dass der Geist
Reaktionen verzögern, ihnen einen semantischen Zusammenhang geben, ihre
möglichen Folgen erst einmal innerlich testen und sich zwischen Alternativen
entscheiden kann. Ein zentraler Unterschied besteht aber darin, dass Johnson-Laird zwischen symbolischen (bzw. propositionalen) und analogen, modellhaften Repräsentationen unterscheidet, zwischen denen er mentale Übersetzungsprozesse postuliert. Die Metapher vom mentalen Modell wird oft im
Sinne eines irgendwie gearteten inneren Bildes missverstanden, was vielleicht
auch damit zu tun hat, dass oft Beschreibungen räumlicher Anordnungen
benutzt werden, um die Theorie experimentell zu testen (z. B. bei Glenberg,
Meyer & Lindem, 1987). Analoge Repräsentation bedeutet aber lediglich,
dass zwei Objekte mit ähnlicher Struktur ähnliche Reaktionen des kognitiven Systems hervorrufen müssen. Dies können zum Beispiel auch ähnliche
Aktivierungsmuster in einem künstlichen oder biologischen neuronalen Netz
sein (Pauen, 2006). Folglich wird Johnson-Lairds Theorie wegen ihrer relativ
problemlosen physiologischen Implementierbarkeit von einigen Philosophen
des Geistes (z. B. Metzinger, 1993; Pauen, 2006) als „aussichtsreiche Kandidatin“ für die Lösung des Leib-Seele-Problems angesehen.
Die Theorie mentaler Modelle ist bisher vor allem auf schlussfolgerndes
Denken und auf Sprachverstehen angewandt worden, einen Überblick geben
Rickheit und Sichelschmidt (1999) sowie Johnson-Laird (2005). Ihre Bedeutung als eine grundlegende Theorie menschlicher Kognition geht aber weit
über diese Bereiche hinaus, wie etwa Metzinger (1993; 2003) mit seiner Selbstmodelltheorie der Subjektivität zeigt (vgl. auch s. u. Abschnitt 2.2.8). Im
Kontext einer Theorie der sozialen Interaktion, wie sie in dieser Dissertation
behandelt wird, ist die Modelltheorie von Bedeutung, weil sie eine kognitionspsychologische Fundierung der Handlungssteuerung durch ein sprachliches Symbolsystem ermöglicht, wie sie im Symbolischen Interaktionismus
gedacht wird. Dies liegt an einer Reihe von Eigenschaften mentaler Modelle
(vgl. Metzinger, 1993, S. 104 ff.):
17
• Funktionale Äquivalenz: Mentale Modelle, die beim Sprachverstehen
ausgehend von symbolischen Repräsentationen konstruiert werden, unterscheiden sich in ihrer funktionalen Struktur nicht von solchen Modellen, die beim unmittelbaren, tatsächlichen Erleben einer Situation
oder bei der Erinnerung an eine solche gebildet werden.
• Multimodalität: Mentale Modelle sind in der Lage, Informationen aus
verschiedenen Quellen und sogar Sinneskanälen zu integrieren. Verschiedene Wahrnehmungen, Erinnerungen an solche Wahrnehmungen,
das Verstehen sprachlicher Äußerungen sowie motorische Tendenzen
verschmelzen zu einem einzigen handlungsleitenden und prinzipiell bewusstseinsfähigen mentalen Modell.
• Einbettbarkeit: Mentale Modelle können ineinander eingebunden werden, so dass reichere und umfassendere Strukturen entstehen, die zu
einem einheitlichen Erleben der Welt führen.
Signifikante Symbole sensu Mead sind dann Zeichen, aufgrund deren Wahrnehmung mindestens zwei verschiedene Individuen strukturell ähnliche mentale Modelle konstruieren. Über den Prozess der Perspektivenübernahme,
den der Symbolische Interaktionismus betont, haben verschiedene Individuen gewissermaßen synchronisierte mentale Modelle ausgebildet, die gemeinsame Erlebnisse in verschiedenen Sinnesmodalitäten repräsentieren, und die in
sprachlichen Symbolen gesellschaftlich objektiviert sind. Über die Bedeutung
eines Begriffes wie Bewegung herrscht deswegen (seiner schwierigen Definierbarkeit zum Trotz) zwischen Sprechern einer Sprache Einigkeit, weil er in
ihren kognitiven Systemen jeweils mit einem mentalen Modell verbunden ist,
das die gleiche kinästhetische Erfahrung repräsentiert. Symbolische Interaktion im eigentlichen Sinne, also das wechselseitige „Anzeigen von Bedeutung“
(Blumer, 1973), wird ab einem Zeitpunkt in der Sozialisation möglich, zu dem
eine so große Anzahl von Symbolen mit mentalen Modellen von Erfahrungen
in der Welt verbunden ist, dass es möglich ist, neue Erfahrungen mental zu
simulieren, in dem durch Symbole hervorgerufene mentale Modelle in andere
durch Symbole hervorgerufene mentale Modelle eingebettet und dadurch in
ihrem Erlebnisgehalt reicher und neuartig werden. Harnads Passagier findet
also auf dem fremden Flughafen in seinem Wörterbuch bald einige Symbole,
die in ihm die Erinnerung an tatsächliche Erfahrungen wachrufen, so dass er
in der Lage ist zu erschließen, was wohl mit dem abstrakten Zeichen auf dem
Schild vor ihm gemeint sein könnte.
Wo der Symbolische Interaktionismus das wechselseitige Aushandeln und
individuelle Aneignen von Bedeutungen betont, weist die Modelltheorie darauf hin, dass solche Aushandlungsprozesse aber nicht völlig willkürlich und
18
frei stattfinden können, sondern vielmehr ihre Grenzen in grundlegenden körperlichen Erfahrungen der Handelnden finden. Anhand der Bedeutung des
Begriffs Mutter kann dieser Gedanke veranschaulicht werden. Aus der Bindungstheorie (vgl. Spangler & Zimmermann, 1995) ist das Konzept des inneren Arbeitsmodells bekannt (Bowlby, 1973). Damit ist die mentale Repräsentation der frühkindlichen (und weitgehend vor-sprachlichen) Interaktionserfahrung mit der Mutter4 gemeint, die auch zu späteren Zeiten des Lebens
leitend für das Emotionserleben und die Verhaltensorganisation in engen Beziehungen ist. Dass das innere Arbeitsmodell durch symbolische Interaktion
verändert werden kann, also durch Einbettung anderer aufgrund sprachlicher Äußerungen konstruierter mentaler Modelle, wird dadurch klar, dass in
der Psychotherapie schadhafte Bindungsstile erfolgreich modifiziert werden
können. Auf gesellschaftlicher Ebene zeigt sich symbolische Interaktion in
der politischen Auseinandersetzung um die Mutterrolle und die Erziehung in
Kinderkrippen, deren Verständnis aber letzten Endes in der Bindungserfahrung jedes einzelnen Diskursteilnehmers begründet ist.
Das semantische Differenzial: die Messung von Bedeutung
Wenn sprachliche Bedeutung wie dargelegt letzten Endes auf körperlicher
(und emotionaler) Erfahrung gründet, so lässt sich daraus die Hypothese ableiten, dass auch abstrakte Begriffe sich zueinander nicht völlig willkürlich
verhalten, sondern vielmehr gewissen semantischen Grundstrukturen folgen.
Eine ähnliche Auffassung vertreten Lakoff und Johnson (2003) in ihrer kognitiven Metapherntheorie. Anhand von linguistischen Analysen zahlreicher
Metaphern aus verschiedenen inhaltlichen Domänen versuchen sie zu zeigen,
dass die sprachliche Logik abstrakten Denkens der Logik sensorischer und
motorischer Erfahrung folgt. Warum ist mehr gleich oben, wie z. B. bei einer Gehaltserhöhung? Vielleicht, weil ein Kind die Erfahrung macht, dass
der Wasserspiegel in einem Glas nach oben steigt, wenn man mehr Wasser
hinzugießt (Lakoff & Johnson, 2003, S. 247 f.). Warum ist (kulturübergreifend) Zuneigung gleich Wärme? Vielleicht weil ein Kind bei der allerersten
Erfahrung von Zuneigung im Leben die körperliche Wärme der Mutter (oder
des Vaters) spürt (a.a.O., S. 255).
Ein Instrument zur Beschreibung solcher grundlegenden Bedeutungsstruk4
Das innere Arbeitsmodell muss nicht zwangsläufig auf die Erfahrung mit der Mutter
zurückgehen. Auch der Vater oder eine familienfremde Person kann prinzipiell als „Hauptbindungsperson“ fungieren. Diese Anmerkung ist wichtig, weil im gleichstellungspolitischen Diskurs die Bindungstheorie mitunter (unzulässig) instrumentalisiert wird. Gleichwohl dürfte für die meisten Menschen die Gleichsetzung von Mutter und Hauptbindungsperson Gültigkeit haben.
19
turen in der Sprache ist das Semantische Differenzial. Es funktioniert so, dass
Probanden gebeten werden, ein fragliches Wort auf verschiedenen, meist sieben- oder neunstufigen Skalen einzuschätzen, deren Enden durch Gegensatzpaare von Adjektiven bezeichnet sind (wie z. B. heiß – kalt, gut – schlecht,
laut – leise). Es werden also die Richtung und die Intensität von Wortassoziationen mit einer standardisierten Methode gemessen. Das Interessante
daran ist nun, dass sehr wenige, augenscheinlich prototypische Paare von Begriffen ausreichend sind, um einen großen Anteil der Wortbedeutung hinreichend genau zu beschreiben, und das offenbar unabhängig von der jeweiligen
Sprache und Kultur der Probanden. Wie Charles Egerton Osgood und seine
Mitarbeiter in einem umfangreichen Forschungsprogramm zeigen konnten,
lässt sich in jeder Sprache (jedenfalls in jeder bisher erforschten Sprache)
etwa die Hälfte der mit Adjektivpaaren erzeugten Varianz der Wortbedeutungen durch die drei Faktoren Evaluation (z. B. mit dem Adjektivpaar gut
– schlecht), Potency (z. B. stark – schwach) und Activity (z. B. schnell – langsam) beschreiben (Osgood et al., 1957; Osgood, May & Miron, 1975). Viel
spricht für die Annahme, dass diese drei Faktoren so etwas wie universale
semantische Dimensionen darstellen.
Der Ausgangspunkt zur Entstehung des Semantischen Differenzials lag
– lange vor Lakoffs und Johnsons (2003) Metapherntheorie – in der Erforschung von Synästhesien und Metaphern. Synästhesie ist das Mitempfinden
eines Sinneseindrucks in einer anderen Sinnesmodalität, wenn also zum Beispiel die Wahrnehmung eines Tones auch die tatsächliche Empfindung einer
Farbe auslöst, so als sei das Auge mit Licht der entsprechenden Wellenlänge
gereizt worden. In der reinen Form gibt es wohl nur wenige Synästhetiker,
aber die meisten Menschen können wahrscheinlich in gewissem Maße solche
Assoziationen nachvollziehen, welche die Grenzen der Sinne überschreiten. So
war es jedenfalls bei einer Studie, an welcher der junge Charles Osgood als
Student beteiligt war, bei der sich die meisten Probanden (ohne miteinander
zu kommunizieren) darüber einig waren, dass das Orchesterstück On Hearing
the First Cuckoo in Spring von Frederick Delius eher „grün“ und „leicht“,
die Ouvertüre zu Richard Wagners Rienzi, der letzte der Tribunen hingegen
eher „rot“ und „schwer“ sei (Odbert, Karwoski & Eckerson, 1942). Offenbar
gab es in ihrem Empfinden eine strukturelle Gemeinsamkeit in der Bedeutung einer bestimmten Farbe (Sehen), eines Gewichts (Fühlen) und einer Art
von Musik (Hören). Für solche strukturellen Gemeinsamkeiten interessierte
sich Osgood auch, als er in seiner Examensarbeit anthropologische Berichte aus verschiedenen indianischen, afrikanischen und malayischen Stämmen
auf die Verwendung von Metaphern hin untersuchte. Ihm fiel auf, dass –
über in verschiedenen Erdteilen ansässige Kulturen, die einander nie begegnet
sein können, hinweg – große Gemeinsamkeiten in sprachlichen Assoziationen
20
vorhanden waren. Gute, angesehene Götter, Orte und Institutionen waren
„oben“, „hell“, oder „weiß“, wohingegen böse Geister und gefährliche Orte
„unten“, „dunkel“, oder „schwarz“ waren. Osgood zog den Schluss, dass sich
in der Bildhaftigkeit, die sowohl im synästhetischen Musikerleben als auch
in der Metaphorik primitiver Kulturen zum Ausdruck kommt, universale semantische Beziehungen verbergen (Osgood et al., 1957, S. 23 f.): Was grün
ist, ist auch leicht; was rot ist, ist auch schwer; was oben ist, ist auch weiß,
was unten ist, ist auch schwarz. Die Frage, welche Osgoods Forschungsprogramm fortan leiten sollte, war geboren: Welche Paare von Adjektiven sind
überhaupt nötig, um diese scheinbar universalen semantischen Strukturen
ökonomisch, dabei aber so erschöpfend wie nur möglich, zu beschreiben?
Um zunächst eine Liste solcher Adjektivskalen zu erhalten, legte Osgood
200 Studierenden 50 Wörter aus einer damals gebräuchlichen Assoziationswortliste mit der Bitte vor, jeweils das erste Adjektiv aufzuschreiben, das
ihnen zu einem Wort in den Sinn kam (z. B. Baum – grün oder Haus –
groß). Die am häufigsten assoziierten Adjektive benutzte er, um 50 Gegensatzpaare zu bilden (z. B. grün – rot oder groß – klein). Diese wiederum
legte er weiteren 100 Studierenden vor und bat sie, damit 20 Begriffe zu bewerten, die danach ausgewählt worden waren, sowohl allgemein verständlich
als auch sehr unterschiedlich in ihrer Bedeutung zu sein (z. B. Frau, Symphonie, Vater, Sünde, Russe). Eine orthogonale Faktorenanalyse der so
erhobenen Bewertungen ergab dann die uns heute wohlbekannten Faktoren
Evaluation, Potency, und Activity, die zusammen knapp die Hälfte der Varianz der Bewertungen aufklärten (Osgood et al., 1957, Tabelle S. 37). Dabei
geht der weitaus größte Anteil (etwa zwei Drittel der insgesamt aufgeklärten
Varianz) auf den ersten, den Bewertungsfaktor zurück. Dieser Befund wurde
in einer Reihe von Wiederholungen mit anderen zu bewertenden Begriffen
und anderen Adjektivpaaren, auch mit anderen Skalierungsverfahren als der
Faktorenanalyse repliziert:
In every instance in which a widely varied sample of concepts has
been used [...], the same three factors have emerged in roughly the
same order of magnitude. A pervasive evaluative factor in human
judgment regularly appears first and accounts for approximately
half to three quarters of the extractable variance. Thus the attitudinal variable in human thinking, based as it is on the bedrock
of rewards and punishments both achieved and anticipated, appears to be primary [...]. The second dimension of the semantic
space to appear is usually the potency factor, and this typically accounts for approximately half as much variance as the first
factor – this is concerned with power and the things associated
21
with it, size, weight, toughness, and the like. The third dimension, usually about equal or a little smaller in the magnitude than
the second, is the activity factor – concerned with quickness, excitement, warmth, agitation and the like (Osgood et al., 1957,
S. 72 f., Hervorhebungen im Original).
Je nach thematischer Zusammenstellung der zu bewertenden Begriffe lassen
sich auch noch weitere semantische Dimensionen extrahieren, so findet man
etwa in der Führungs- oder in der Kleingruppenforschung oft einen Faktor
Aufgaben- oder Sachorientierung (z. B. Bales & Cohen, 1982). Der „semantische Raum“ hat unendlich viele Dimensionen. Sie sind aber nicht alle gleich
wichtig. Osgood kam es darauf an, die Dimensionen zu finden und zu beschreiben, die statistisch reliabel und universell, also zeitlich und räumlich
stabil sind. Dass das für Evaluation, Potency und Activity zutreffe, hat sich
in beeindruckender Weise empirisch bewährt, über Jahrzehnte, über verschiedenste Gruppen von Probanden, und über verschiedene Kulturen hinweg.
Bopp (1955, zit. nach Osgood et al., 1957) fand die gleiche dreidimensionale EPA-Struktur bei Patienten mit verschiedenen psychiatrischen Diagnosen. Wright (1958, zit. nach Heise, 1970) zeigte in einer großen Studie mit
über 2.000 Teilnehmern, dass die drei Faktoren unabhängig vom sozioökonomischen Status der Probanden nachweisbar sind. Heise (1970) untersuchte
Marinerekruten und Suci (1960, zit. nach Heise, 1970) sogar analphabetische
Indianer mit einer Bild-Version des Semantischen Differentials. In Dutzenden
einzelnen Studien konnte der Befund immer wieder repliziert werden (vgl.
Heise, 1970). Ein umfangreiches und systematisches Forschungsprogramm
(Osgood et al., 1975) ging dann in den Sechziger und Siebziger Jahren der
Frage der interkulturellen Gültigkeit dieser drei wichtigsten Bedeutungsdimensionen nach. In zunächst 15 Sprachen5 wurde das ursprüngliche Vorgehen wiederholt, über Wortassoziationen zu vorgegebenen Begriffen AdjektivGegensatz-Skalen zu bilden, mit denen dann jeweils eine neue Stichprobe 20
Begriffe bewerten sollten. Diese 20 Begriffe waren solche, die in allen Kulturen vorkommen (wie Vater, Mutter, Kind, Wasser, Mond etc.).
In allen diesen Sprachen konnte jeweils mittels orthogonaler Hauptkomponentenanalyse eine Drei-Faktoren-Struktur gefunden werden, in den meisten
Fällen machte auch die inhaltliche Benennung nach Evaluation, Potency und
Activity sofort intuitiv Sinn, lediglich in Arabisch und Hindi gelang dieses
erst nach einer Rotation der mathematisch erhaltenen Faktoren (vgl. Heise,
1970). Bis heute wurde die dreidimensionale EPA-Struktur der Bedeutung in
5
Arabisch, Englisch, Finnisch, Flämisch, Französisch, Griechisch, Hindi, Italienisch, Japanisch, Kannada, Kantonesisch, Niederländisch, Serbokroatisch, Schwedisch und Spanisch
22
zahllosen Studien überall auf der Welt immer wieder gefunden (Heise, 2001;
2007a).
In Deutschland wurde die Forschung zum Semantischen Differenzial zunächst mit der Bezeichnung Polaritätenprofil von Hofstätter (1959) aufgegriffen und von Ertel (1965) in einer Variante modifiziert, die mit Substantiven
statt Adjektiven arbeitet, um das Problem der sozialen Erwünschtheit zu verringern. Auch hier wurden jeweils die bekannten drei Dimensionen gefunden.
Ertel (1964) deutet übrigens – womöglich als erster? – auf die „emotionale Natur“ des semantischen Raumes hin (s. u.). Schwibbe, Räder, Schwibbe,
Borchardt & Geiken-Pophanken (1994) entwickelten für ihren Semantischen
Atlas eine neue deutschsprachige (auf Adjektiv-Polen beruhende) Skala –
wiederum mit orthogonaler dreidimensionaler EPA-Struktur. In neueren Arbeiten von Skrandies und Mitarbeitern, in denen das Semantische Differenzial
zur Messung der hedonischen Qualität von Gerüchen, Geschmack und Farbe benutzt wird (Reik & Skrandies, 2006), schließt sich in gewissem Sinne
der Kreis zu der alten Synästhesie-Forschung von Osgoods Lehrern. In der
gleichen Arbeitsgruppe ist es auch gelungen, die drei semantischen Dimensionen mit charakteristischen Mustern im EEG in Verbindung zu bringen
(Skrandies, 1998).
2.1.3
Das sozio-emotionale Apriori
Sozio-emotionales Apriori heißt in Anlehnung an Kants Theorie von Raum
und Zeit als vor aller Erfahrung gegebenen Formen der Anschauung (Kant,
1998), dass menschliche Wahrnehmung, soziale Interaktion und Emotionserleben sich immer in einem Bedeutungsraum abspielen, der durch die drei
Dimensionen beschrieben werden kann, die Osgoods semantischem Differenzial zu Grunde liegen, und zwar unabhängig von Kulturzugehörigkeit und
individueller Lernerfahrung (Scholl, 2008). Scholl stützt diese kühne Behauptung auf eine umfangreiche Analyse empirischer Befunde aus vielen Bereichen psychologischer Forschung, die neben dem Forschungsprogramm zum
Semantischen Differenzial auch Emotions- und Persönlichkeitsmodelle sowie
Systeme zum Beschreiben nonverbaler Kommunikation und sozialer Interaktion in Gruppen umfasst. Die Befundlage wird hier sehr verkürzt zum
Zwecke des Überblicks wiedergegeben, für ausführliche Abhandlungen sei auf
Scholl (Submitted) oder auch auf Mehrabian (1980; 1995; 1996) verwiesen.
Deutlich werden soll aus den folgenden kurzen Ausführungen nur, dass die
Affektsteuerungstheorie mit ihrer Verortung der sozialen Interaktion in den
drei Dimensionen des Semantischen Differenzials an eine Fülle von empirisch
gut gestützten Theorien aus der Allgemeinen und Differentiellen Psychologie
sowie der psychologischen Sozialpsychologie nahtlos anschlussfähig ist.
23
Zur Dimensionalität von Emotionen
In Reaktion auf das Semantische Differenzial gab es eine Debatte unter Psychologen und Linguisten über die Unterscheidung zwischen verschiedenen Bedeutungskomponenten (vgl. z. B. Kuusinen, 1969; Miron, 1969). Das semantische Differenzial scheint vor allem geeignet, konnotative (bzw. metaphorische) Bedeutungsaspekte zu erfassen (im Gegensatz zur „Denotation“ als lexikalischer Hauptbedeutung). Wie Ertel (1964) annimmt, stellte sich Osgood
unter der konnotativen Bedeutung wohl vor allem einen kognitiven Prozess
vor. Richtig ist, dass in Osgoods Hauptwerk (Osgood et al., 1957) kaum auf
emotionale oder affektive Prozesse Bezug genommen wird. Später wurden die
drei Dimensionen Evaluation, Potency und Activity dann auch von Osgood
selber als affektive Dimensionen interpretiert (Osgood, 1969). Auch in der
späteren Benennung der hier behandelten, auf dem Semantischen Differenzial
aufbauenden Affektsteuerungstheorie kommt zum Ausdruck, dass Evaluation, Potency und Activity nicht mehr als allgemeine Bedeutungsdimensionen
aufgefasst werden, sondern als „a way of assessing affective meaning rather
than meaning in general“ (Heise, 2007a, S. 11). Vor dem Hintergrund neuerer theoretischer Ansätze zur wechselseitigen Bedingtheit von Emotion und
Kognition (z. B. Damasio, 1994; Forgas, 1995) ist zwar fraglich, ob solch eine
kategorische Trennung zwischen affektiver und denotativer Bedeutung weiter
zielführend ist. Festzustellen bleibt aber, dass die aus dem Semantischen Differenzial bekannten Dimensionen vielfach gerade in der Emotionspsychologie
adaptiert wurden (so z. B. bei Mehrabian, 1995; Russell & Mehrabian, 1977;
Traxel & Heide, 1961). Auch wo bewusst darauf verzichtet wurde, bipolare
sprachliche Skalen vorzugeben, ergab sich in vielen Studien, etwa bei Traxel & Heide (1961) mit der Methode der multidimensionalen Skalierung von
Ähnlichkeitsurteilen über erlebte Situationen, ein dreidimensionales System,
das sinnvollerweise mit den Osgood-Dimensionen in Verbindung gebracht
werden konnte6 .
6
Aus wissenschaftstheoretischer Sicht wird faktorenanalytisch gewonnenen Strukturmodellen der Emotion eine gewisse Skepsis (z. B. von Vogel, 1996, S. 91 ff.) bzw. zumindest
Kritik an unsauber verwendeter Begrifflichkeit (z. B. von White, 2000) entgegen gebracht.
Solche Systeme bildeten nicht die Struktur des emotionalen Erlebens, sondern vielmehr
die Struktur des Begriffssystems ab, welches die jeweiligen Vpn benutzten, um ihrem Emotionserleben eine Bedeutung zu verleihen. Korrekt müsste daher, wie White betont, von
Modellen der Emotionsbedeutung statt von Emotionsmodellen die Rede sein. In dieser
Dissertation ist kein Raum, um die Frage zu diskutieren, ob es überhaupt sinnvoll sein
kann, eine Emotionstheorie anzustreben, die davon abstrahiert, wie Menschen Emotionen
erleben und ihnen Sinn geben. Es kommt darauf für die hier wichtigen Zwecke auch nicht
an. Mag eine dimensionale Theorie der Emotionen „objektiv falsch“ sein und „nur“ die Erfahrungen der Menschen in der Struktur des von ihnen benutzten Symbolsystems Sprache
wiederspiegelen, entscheidend aber ist die Erklärungskraft für die alltäglichen Phänomene
24
Immer wieder finden sich in der Literatur gleichwohl zweidimensionale,
sog. Zirkumplex-Modelle der Emotionsbedeutung. Emotionserfahrungen werden hier als in einer kreisförmigen Struktur anordenbar betrachtet, die sich
über die Dimensionen Pleasure und Arousal entfaltet (z. B. Larsen & Diener, 1992; Russell, 1997). Für die Beschreibung eines Großteils emotionaler
Erlebnisse mag ein solcher Zirkumplex durchaus hinreichend sein, lediglich
für Emotionen, die negativ sind und Erregung mit sich bringen, wird zur
weiteren Differenzierung die Potency-Dimension benötigt, wie man sich am
Unterschied zwischen Angst und Ärger deutlich machen kann. Damit wird
aber auch klar, dass auf diese dritte Dimension nicht verzichtet werden kann
(Fontaine, Scherer, Roesch & Ellsworth, 2007; Morgan & Heise, 1988; Shaver,
Schwartz, Kirson & O’Connor, 1987), um ein sinnvolles Bild der Bedeutungsstruktur von Emotionen zu zeichnen. Zwar wird der dreidimensionale Raum
nicht gleichmäßig ausgeschöpft und Modelle wie das des Konus (Plutchik,
1991) oder einer gefalteten Ebene (Scherer, 2000) mögen anschaulicher sein,
am sparsamsten scheint aber für Theorien der Emotionsbedeutung der dreidimensionale semantische Raum zu sein, der als Modell zudem allgemein
genug ist, um weitere psychologische Systeme integrieren zu können. So zum
Beispiel Strukturmodelle von Persönlichkeit.
Zur Dimensionalität von Persönlichkeitsmerkmalen
Eine Tradition von Zirkumplex-Modellen gibt es auch bei der Beschreibung
interpersonaler Aspekte von Persönlichkeitseigenschaften (vgl. z. B. Jacobs
& Scholl, 2005; J. S. Wiggins, 1979). Interessanterweise wird hier neben der
Evaluation-Dimension (die je nach Autor eher Affiliation, Freundlichkeit oder
sogar Liebe genannt wird) eher auf die Potency-Dimension zurückgegriffen.
Emotionsbegriffe scheinen sich also tendenziell eher entlang der Activity-Dimension zu verteilen, während bei Persönlichkeitsbegriffen eher die PotencyDimension bedeutsam ist. Die Integration beider Zirkumplex-Modelle in ein
gemeinsames dreidimensionales Modell liegt daher nahe, da ohnehin die Begriffe für emotionale Zustände einerseits und für Persönlichkeitseigenschaften andererseits in vielen Sprachen stark überlappen (vgl. Plutchik & Conte,
1997).
Diese Überlegung wird von Mehrabian (1995; 1996) in seinem PAD-Modell umgesetzt. PAD steht für Pleasure, Arousal und Dominance, die Nähe zu
den Osgood-Faktoren ist vom Autor gewünscht, wenn er auch die Reihenfolder sozialen Interaktion. Eine Analogie mag dies verdeutlichen: Damit der Straßenverkehr
funktioniert, ist es wichtig, dass die meisten Menschen vor einer roten Ampel stehen bleiben, unabhängig davon, ob die Frage geklärt oder überhaupt prinzipiell klärbar ist, ob sich
der tatsächliche Erlebnisgehalt zweier Menschen gleicht, wenn sie eine rote Ampel sehen.
25
ge von Arousal/Activity und Dominance/Potency umkehrt und sein System
eher biologisch als semantisch begründet. Emotionale Zustände unterscheiden sich demnach darin, wie angenehm sie sind, welchen Grad an Erregung
sie beinhalten und welches Ausmaß an Dominanz bzw. Kontrolle über die
Situation sie implizieren. Ärger und Angst beispielsweise sind beide unangenehm und mit hoher Erregung verbunden, unterscheiden sich aber darin,
dass man sich bei Ärger in der Lage fühlt, die Situation zu beherrschen (und
deswegen eher zu aggressivem Verhalten neigt), während man sich bei Angst
unterlegen fühlt (und deswegen eher zur Flucht aus der Situation neigt).
Eine bestimmte Persönlichkeit (temperament) ist für Mehrabian (1996) mit
der erhöhten Wahrscheinlichkeit verbunden, einen korespondierenden affektiven Zustand zu erleben. Eine aggressive Person beispielsweise ist häufig
verärgert, so dass sich aus dieser zeitlichen Kontiguität die semantische
Ähnlichkeit zwischen Aggressivität und Verärgerung erklärt, die man
mit Osgoods Semantischem Differenzial unweigerlich in derartigen Untersuchungen aufdeckt.
Um dieses Persönlichkeitsmodell empirisch zu validieren, entwickelte Mehrabian (1996) Skalen für Trait-Pleasure, einen Persönlichkeitszug, der sich
durch das relative Vorherrschen angenehmer über unangenehme affektive Zustände im Alltag der Probanden charakterisiert; Trait-Arousability, die Eigenschaft, schnell und häufig durch komplexe, veränderte und überraschende
Informationen in Erregung zu geraten; und Trait-Dominance, das Gefühl,
Kontrolle und Einfluss über andere Menschen und seine eigenen Lebensumstände zu haben. In zahlreichen Studien ließ sich zeigen, dass das PADModell kongruent zu anderen, etablierten Strukturmodellen der Persönlichkeit ist (siehe Mehrabian, 1996). Diese Studien funktionieren immer so, dass
einer Stichprobe von Probanden die jeweils relevanten Skalen gemeinsam
mit den PAD-Skalen zur Selbsteinschätzung vorgelegt werden. Dann wird
(zumeist sehr erfolgreich) versucht, mittels linearer Regressionsgleichungen
die Scores der Probanden auf den interessierenden Skalen mit ihren Antworten auf den PAD-Skalen vorherzusagen. Beispielsweise ließen sich die
Selbsteinschätzungen auf der Extraversionsskala von Eysenck (1969, zit. nach
Mehrabian, 1996) mit der folgenden Gleichung ziemlich akkurat vorhersagen:
E = .21P + .17A + .50D. Eine extravertierte Person ist also vor allem dominant, aber auch (leicht) häufiger in angenehmen Gefühlszuständen und
eher leicht erregbar. Auf diese Weise können nach Mehrabian so verschiedene Persönlichkeitsstrukturmodelle wie der interpersonale Zirkumplex von
J. S. Wiggins (1979), das Fünf-Faktoren-Modell (“Big 5“, McCrae & Costa,
1987), das Extraversion-Neurotizismus-Psychotizismus-Modell von Eysenck
(1953) und andere auf das PAD-System zurückgeführt werden. Auch McCrae
& Costa (1989) weisen auf die Übereinstimmung des interpersonalen Zirkum26
plex mit den Big-5-Dimensionen Extraversion und Verträglichkeit hin, wenn
man eine Achsenrotation von etwa 30-45 Grad durchführt.
Nun wäre es ziemlich müßig, darüber zu debattieren, welches Persönlichkeitsmodell nun „das Richtige“ sei. Da bei faktoriellen Persönlichkeitsmodellen zumeist mit sprachlichen Einschätzungen gearbeitet wird, ergibt sich
die wechselseitige Überführbarkeit der Modelle ineinander schon allein aufgrund der semantischen Zusammenhänge. Strenggenommen wird nämlich in
den meisten dieser Ansätze nicht die „wirkliche“ Struktur der Persönlichkeit
gemessen, sondern nur die Bedeutung, die Menschen mit Hilfe des Symbolsystems Sprache ihren Erfahrungen mit der Unterschiedlichkeit verschiedener
Menschen geben. Entscheidend ist aber hier für eine Theorie der sozialen
Interaktion, die auf einer mentalen Repräsentation kulturell geteilter Bedeutungen aufbaut, die in drei Dimensionen gemessen werden, dass sich auch der
wichtige Aspekt unterschiedlicher Persönlichkeiten theoretisch relativ einfach
und widerspruchsfrei in das dreidimensionale System integrieren lässt. Und
das zeigen die Arbeiten von Mehrabian (und anderen) zweifelsohne.
Beobachtung non-verbaler Kommunikation
Zur Kommunikation gehören mehr Kanäle als nur die verbale Sprache. Offenbar können aber auch mimische und gestische Ausdrücke so kategorisiert
werden, dass diese Kategorien sinnvoll den drei semantischen Basisdimensionen zuordenbar sind. Während Gifford (1991) eine große Zahl nonverbaler
Zeichen auf den interpersonalen Zirkumplex, also wiederum ein zweidimensionales Modell, „kartiert“, unterscheidet Mehrabian (1970) ausgehend sowohl
von Fragebögen (also sprachlichem Material) als auch von Beobachtungsstudien (also nicht-sprachlichem Material) zwischen drei Arten von Reizen in
der nonverbalen Kommunikation: Unmittelbarkeitsreize dienen der Kommunikation von Sym- oder Antipathie und lassen sich damit der EvaluationDimension des Semantischen Differenzials zuordnen. Sie umfassen das Berühren der anderen Person, eine geringe räumliche Distanz, Vorwärtsneigung
des Körpers, Hinwendung zum Gesprächspartner, häufigen Blickkontakt, Lächeln oder Kopfnicken im Gespräch. Mit Entspanntheitsreizen kann soziale
Kontrolle bzw. Dominanz kommuniziert werden (Potency im Semantischen
Differenzial). Beispiele sind asymmetrische Arm- und Beinpositionen, die
Seitwärtsneigung des Körpers, verstärkte Bein- und Fußbewegungen oder die
Entspanntheit der Arme und des Oberkörpers. Aktivitätsreize schließlich signalisieren Reaktionsbereitschaft (Activity-Dimension im Semantischen Differenzial). Dazu gehören ein größeres Stimmvolumen, eine variablere Intonation, höhere Sprechgeschwindigkeit, Aktivität des Gesichts und das Ausmaß
der Gestik.
27
Dimensionalität von Verhaltensbeschreibungen
Auch interpersonales Verhalten ist wiederholt mit Hilfe von Zirkumplexmodellen beschrieben worden, zuerst vielleicht von Foa (1961), später von Kiesler (1983), der eine Reihe von Hypothesen über die Dynamik in der sozialen
Interaktion auf das Modell gründet. Bezüglich der Freundlichkeitsdimension (≈Evaluation) postuliert Kiesler ein Ähnlichkeitsprinzip (auf freundliches
Verhalten werde mit freundlichem Verhalten geantwortet, auf unfreundliches
mit unfreundlichem), während auf der Dominanzdimension (≈Potency) die
gegensätzliche Reaktion zu erwarten sei (also auf eine dominante Handlung
eine submissive und vice versa). Die Activity-Dimension findet im KieslerModell und anderen Varianten der interpersonalen Theorie keine Berücksichtigung. Wish, Deutsch & Kaplan (1976) hingegen beschreiben in einer
multidimensionalen Skalierung vieler Arten interpersonalen Verhaltens eine
„Intensitäts“-Dimension, die sich wohl im Sinne von Activity interpretieren
lässt. Als grobe Näherung kann vielleicht auch die Aufgabenorientierung im
SYMLOG-Modell (Bales & Cohen, 1982) gesehen werden. Die diesbezügliche Uneinheitlichkeit in der Literatur kann womöglich mit der ZirkumplexForschungstradition erklärt werden. Möglicherweise ist es aber auch so, dass
Potency und Activity im Bereich der Handlungen semantisch zusammenfallen. Schließlich sind kaum Handlungen denkbar, die sehr dominant, aber
gleichzeitig völlig passiv sind und vice versa. Eine empirische Untermauerung
dieses Arguments findet sich bei Fink et al. (2003) oder auch in der Feststellung von H. W. Smith, Matsuno & Umino (1994), dass es im Englischen
kaum Verben gebe, die auf der Potency-Dimension niedrig, auf der ActivityDimension aber hoch laden. Wie schon bei der Diskussion von Strukturmodellen emotionaler Erfahrungen deutlich wurde, kann es durchaus Teilbereiche sozialer Interaktion geben, in denen der dreidimensionale Raum nicht
ausgeschöpft wird, ohne dass dieser Umstand im Gesamtbild die Nützlichkeit,
Universalität und Sparsamkeit der Annahme vom sozio-emotionalen Apriori
in Frage stellen würde.
Zusammenfassung: Basisdimensionen sozialer Interaktion
Fassen wir also zusammen. Wenn man die Art und Weise untersucht, in der
Menschen soziale Interaktion mit all ihren Facetten repräsentieren, so stößt
man auf drei offenbar universale Dimensionen. Dies gilt für die Repräsentationen von Laien, die man untersucht, wenn man Probanden etwa einen Persönlichkeitsfragebogen vorlegt, oder die Aufgabe, Emotionswörter oder -bilder
nach Ähnlichkeit zu sortieren. Dies gilt aber genauso für die Repräsentationen von Wissenschaftlern, die Episoden sozialer Interaktion oder Muskel-
28
bewegungen des Körpers beobachten und sich auf ein Ordnungsschema für
diese Beobachtungen einigen. Genauso, wie in der menschlichen Wahrnehmung die Welt ein euklidischer Raum ist (auch wenn ein gekrümmter Raum
und ein Raum-Zeit-Kontinuum bessere Realitätserklärungen liefern), ordnet
der Geist Phänomene der sozialen Interaktion in einem Bedeutungsraum aus
drei Dimensionen:
Affiliationsdimension: Ist etwas (oder jemand) angenehm oder
unangenehm? Fühlt man sich angezogen oder abgestoßen?
Dominanzdimension: Ist etwas (oder jemand) stark oder schwach?
Fühlt man sich überlegen oder unterlegen?
Aktivitätsdimension: Ist etwas (oder jemand) erregt oder ruhig?
Fühlt man sich aktiv und reaktionsbereit oder entspannt?
Man kann vor dem gedanklichen Hintergrund einer „evolutionären Psychologie“ (Buss, 2003) Überlegungen über den adaptiven Wert eines solchen
dreidimensionalen sozio-emotionalen Systems anstellen, entweder individualpsychologisch im Sinne fundamentaler schneller Ereignis-Bewertungs-Dimensionen (Appraisal, Frijda, 2000; Scherer, Dan & Flykt, 2006; vgl. auch
Cosmides & Tooby, 2000; Osgood, 1969) oder sozialpsychologisch im Sinne erleichterter Koordination von Gruppen durch Bindung und Dominanz
(Bischof, 1989; Scholl, Submitted). Auch entwicklungspsychologische Erklärungen sind denkbar. An dieser Stelle soll aber aus Sparsamkeitsgründen
auf Erörterungen der Herkunft der drei Dimensionen verzichtet werden. Die
berichteten empirischen Belege sollen genügen, um zu zeigen, dass die Verortung der sozialen Interaktion in dem beschriebenen dreidimensionalen System, wie sie (nicht nur) die Affektsteuerungstheorie vornimmt, empirisch
berechtigt und theoretisch sinnvoll ist.
Wenn man die im Abschnitt 2.1.2 benannten Eigenschaften mentaler Modelle – Analogizität (auch im Sinne strukturähnlicher Erregungsmuster in
neuronalen Netzen), funktionale Äquivalenz von unmittelbarem Erleben und
Sprachverarbeitung, Multimodalität verschiedener Sinneskanäle und gegenseitige Einbettbarkeit – den umfangreichen empririschen Befunden zum sozioemotionalen Apriori gegenüberstellt, so kann man zu der Hypothese kommen,
dass Affiliation, Dominanz und Aktivität fundamentale Strukturdimensionen mentaler Modelle sind. Das semantische Differenzial wäre demnach ein
Instrument, mit dem die strukturellen Gemeinsamkeiten der auf verschiedenen Sinneskanälen beruhenden mentalen Repräsentate aufdeckbar und in der
Sprache objektivierbar würden:
29
What accounts for the surprising similarity of structure across
such diverse domains? How is it that the language itself has the
same structure as personality, interpersonal behavior, and emotion? Perhaps these discoveries mainly reflect the structure of
our own perceptual categories. We behavioral scientists may thus
have found ourselves in the same position as beginners using a microscope. Sometimes everything that a novice sees in a microscope
turns out to have the same hairy legs, which look suspiciously like
his or her own eyelashes. Such an experience tells students little
about microorganisms but much about science. It suggests that
no matter what is being studied, the investigators’ own categories of knowing are always in the picture (Clore & Pappas, 2007,
S. 337).
2.1.4
Das Streben nach Konsistenz
Repräsentationen sollten semantisch widerspruchsfrei, mentale Modelle also
strukturell ineinander einbettbar sein. Sind sie das nicht, so entsteht im Bewusstsein eines Individuums ein Spannungszustand, der nach einer Veränderung einzelner Repräsentationen dahingehend verlangt, dass eine Konsistenz
aller momentan vorhandenen Kognitionen zueinander hergestellt wird. Dieser These eines mentalen Konsistenzstrebens dürfte in der Psychologie die
Anerkennung als ein allgemeines Gesetz sicher sein, so zahlreich sind das
Schrifttum und die empirischen Belege, die dazu in den vergangenen 50 oder
60 Jahren vorgelegt wurden. Es wurden zahlreiche Varianten dieser Grundidee entwickelt, die im Allgemeinen als Konsistenztheorien bezeichnet werden
(vgl. Herkner, 1991, S. 251–273). Angewandt und diskutiert werden sie meist
im Kontext der Änderung von Einstellungen, deren „Motor“ in der Regel
die Wiederherstellung von Konsistenz nach der Aufnahme einstellungsdiskrepanter Informationen ist. Die Affektsteuerungstheorie, die im Zentrum
dieser Arbeit steht, nimmt an, dass soziale Interaktionen durch genau dieses Konsistenzbedürfnis gesteuert werden: soziales Handeln muss konsistent
zu der Einstellung der handelnden Personen zueinander sein. Hier werden
zunächst (in Anlehnung an Herkner, 1991) die Balance-Theorie von Heider,
gleichsam die „Mutter aller Konsistenztheorien“ und die Kongruenztheorie
von Osgood & Tannenbaum (1955) vorgestellt, bevor gezeigt wird, wie man
aus diesen (und anderen) Konsistenztheorien das mathematische Modell der
Affektsteuerungstheorie entwickeln kann.
30
Die Balancetheorie von Heider
Heiders (1946) Balancetheorie ist der „Klassiker“ unter den Konsistenztheorien. Sie beschäftigt sich mit den möglichen Relationen von zwei oder drei
kognitiven Elementen untereinander. Dabei werden Einheits- und Wertrelationen sowie positive und negative Relationen unterschieden, so dass vier
Klassen von Relationen bestehen. Positive Einheitsrelationen sind Dinge wie
räumliche und zeitliche Nähe, Kausalität, Ähnlichkeit oder Besitz; negative
Einheitsrelationen entsprechend das Gegenteil (z. B. Entfernung oder Verschiedenheit). Wertrelationen beziehen sich auf Gefühlshaltungen zwischen
kognitiven Elementen. Positive Beispiele sind lieben, mögen und schätzen,
negative sind hassen, ablehnen oder verabscheuen. Heider kannte bei der Niederlegung seiner Theorie das Semantische Differenzial nicht, aber man darf
vermuten, dass er der Behauptung zugestimmt hätte, dass Wertrelationen immer mit der Evaluation-Dimension zu tun haben. Für die Frage der Balance
ist die Positiv-Negativ-Unterscheidung wichtiger als die zwischen Einheitsund Wertrelationen. Ein System von bis zu drei kognitiven Repräsentationen ist nach Heider dann balanciert, wenn es kein oder zwei Elemente mit
negativem Vorzeichen enthält. Das klingt abstrakt, wird durch die folgenden
Beispiele aber rasch intuitiv deutlich:
• Zweiwertige balancierte Systeme: Tom liebt Gabi und Gabi liebt Tom
(zwei Wertrelationen). Tom mag Gabi und teilt mit ihr ein Büro (eine
Wert- und eine Einheitsrelation).
• Zweiwertige unbalancierte Systeme: Tom liebt Gabi, sie ihn aber nicht.
Tom kann Gabi nicht leiden, muss aber mit ihr ein Büro teilen.
• Dreiwertiges balanciertes Systeme: Tom liebt Gabi und er mag gerne
moderne Kunst. Er weiß, dass Gabi auch gerne moderne Kunst mag.
(Drei Wertrelationen)
• Dreiwertiges unbalanciertes System: Tom liebt Gabi und weiß, dass
sie moderne Kunst abscheulich findet. Er ist aber Besitzer mehrerer
moderner Kunstwerke. (Zwei Wert- und eine Einheitsrelation)
Die Balancetheorie sagt voraus, dass unbalancierte Strukturen als unangenehm erlebt werden, was eine Einstellungs- oder Verhaltensänderung hin zu
einer balancierten Struktur motiviert. Tom könnte also anfangen, an Gabi,
mit der er ein Büro teilen muss, doch schätzenswerte Seiten zu entdecken
(Veränderung der Wertrelation). Oder er bemüht sich, ein neues Büro zu
bekommen (Veränderung der Einheitsrelation). Er könnte seine modernen
Kunstwerke versteigern, weil er plötzlich merkt, dass sie ihm gar nicht so
31
wichtig sind, und dann versuchen, Gabis Herz zu erobern. Oder er behält
seine Kunstwerke und merkt recht bald, dass Gabi zwar ganz nett, aber irgendwie doch nicht die richtige Partnerin für ihn ist. Die Balancetheorie sagt
auch Verzerrungen des Gedächtnisses zugunsten balancierter Strukturen voraus: wenn Tom sich irgendwann an früher erinnert, wie das war mit seiner
Jugendfreundin Gabi, dann wird er vielleicht denken, sie hätten sich zusammen immer so angeregt über moderne Kunst unterhalten, obwohl das gar
nicht stimmt.
Die Balancetheorie ist empirisch gut bestätigt (vgl. Herkner, 1991), hat
aber ein paar offensichtliche Mängel. Zunächst einmal sind kognitive Repräsentationen selten auf drei abgrenzbare Elemente beschränkt, so dass sich die
Frage nach den Bedingungen von Balance bei einer größeren Zahl stellt. Diese wird durch die – hier nicht behandelte – Erweiterung der Balancetheorie
durch Cartwright & Harary (1956) auf beliebig viele Elemente beantwortet. Ein weiteres Problem der Balancetheorie besteht darin, dass sie weder
nach der Stärke der Einstellungen fragt (Findet Tom Gabi, mit der er ein
Büro teilen muss, lediglich ein bisschen unsympathisch oder hasst er sie abgrundtief?) noch vorhersagt, welche unter den möglichen Einstellungs- oder
Verhaltensänderungen am wahrscheinlichsten ist (fängt er nun an, sie zu mögen, oder sucht er sich ein neues Büro?). Beide Mängel werden durch die
Kongruitätstheorie von Osgood und Tannenbaum (1955) beseitigt.
Die Kongruitätstheorie von Osgood und Tannenbaum
Die Kongruitätstheorie beschäftigt sich mit der Veränderung von Einstellungen durch Kommunikation. Die dreiwertige kognitive Struktur Heiders wird
also derart interpretiert, dass ein Sender einem Empfänger eine Mitteilung
über ein Einstellungsobjekt macht. Gabi (Sender) könnte zum Beispiel Tom
(Empfänger) mitteilen, dass sie moderne Kunst (Einstellungsobjekt) nicht
mag. Dass dies für Tom eine inkonsistente und daher unangenehme Situation ist (unter der Voraussetzung, dass er moderne Kunst mag), sehen Osgood
und Tannenbaum genau so wie Heider, nur dass sie statt von Imbalance von
Inkongruenz sprechen. Wie sehr Tom nun seine Einstellung gegenüber Gabi bzw. gegenüber der modernen Kunst verändert, ist im Kongruitätsmodell
eine Frage der Intensität der ursprünglichen Einstellung. Diese wird mit der
Evaluation-Dimension des Semantischen Differenzials (das ja von den selben Autoren stammt) gemessen und bekommt üblicherweise Werte zwischen
-3 und +3 zugewiesen. Bei der Einstellungsänderung greift das Polaritätsprinzip: je extremer Einstellungen sind, desto schwieriger sind sie zu ändern.
Grundsätzlich werden zur Herstellung von Kongruenz beide Einstellungen
geändert, die zum Sender wie die zum Einstellungsobjekt, das Ausmaß der
32
Änderung ist aber umgekehrt proportional zum ursprünglichen Polarisationsgrad. Angenommen, Tom habe Gabi ein bisschen gern (+1), sei aber absoluter Fan von moderner Kunst (+3), so würde eine negative Äußerung von
Gabi über moderne Kunst eine starke Abwertung von Gabi und eine leichte
Abwertung der modernen Kunst nach sich ziehen. Da Toms Einstellung zu
moderner Kunst drei Mal so stark polarisiert ist wie seine Einstellung zu Gabi, wird nach dem Polarisationsprinzip Gabi drei Mal so stark abgewertet wie
die moderne Kunst. Das ist dann der Fall, wenn Toms neue Einstellung zu
Gabi -2 beträgt (Abwertung um 3) und seine neue Einstellung zu moderner
Kunst +2 (Abwertung um 1). Kongruenz liegt dann vor, wenn der absolute
Betrag der Einstellung gleich groß ist (hier 2). Aus der Kongruitätstheorie
lässt sich die Vorhersage ableiten, dass es zu einer Einstellungsänderung auch
dann kommen würde, wenn sich ein positiv bewerteter Sender positiv über
ein mit anderer Intensität positiv bewertetes EO äußerte. Die Kongruitätstheorie ist also strenger als die Balancetheorie. Wenn Gabi Tom eine positive
Mitteilung über moderne Kunst machte, wäre nach Heider alles in Ordnung,
während Osgood und Tannenbaum auch für diesen Fall Einstellungsänderungen postulieren: Wenn Gabi drei Mal so stark aufgewertet (+1,5) wie die
moderne Kunst abgewertet wird (-0,5), ist die neue Einstellung zu Sender
und Objekt mit +2,5 identisch und Toms kognitives System kongruent. Gabi
profitiert also von ihrer Äußerung.
Die Kongruitätstheorie erweitert also die Balancetheorie erheblich, indem sie die allgemeine Voraussage, dass es zu irgendwelchen Einstellungsänderungen kommen müsse, durch die konkrete Vorhersage ersetzt, welche
Einstellung genau in welchem Ausmaß geändert wird. Mit dem Semantischen
Differenzial als Messinstrument werden Einstellungen quantifizierbar und damit die Theorie empirisch überprüfbar. Wie Herkner (1991, S. 263) berichtet,
fällt das Ergebnis solcher Überprüfungen bezüglich der exakten numerischen
Vorhersagen gemischt aus, hervorragend bewährt hat sich die Theorie aber
zumindest bei der Frage, welche Einstellung in welche Richtung geändert
wird.
Mathematische Verallgemeinerung
Die meisten Konsistenztheorien, darunter die beiden hier behandelten, lassen
sich formal mit folgender Gleichung darstellen (Schneider & Heise, 1995):
0
EA.Ego = β1 EA.Ego + β2 REO.Ego
Ego ist die Person, deren mentale Repräsentationen untersucht werden, A ist
eine weitere Person (Sender im Kongruitätsmodell), O ist ein Objekt (Einstellungsobjekt im Kongruitätsmodell) und R ist eine Relation zwischen der
33
Person A und dem Objekt O. E bezeichnet die Einstellung (Evaluation) der
0
Person Ego. EA.Ego ist also die veränderte Einstellung von Ego zu A, nachdem Ego die Relation R zwischen A und O zur Kenntnis genommen hat.
Ein Beispiel macht die Sache anschaulicher: Toms neue Einstellung zu Gabi
setzt sich additiv zusammen aus seiner alten Einstellung zu Gabi und aus
Gabis Einstellung zur modernen Kunst (welche Tom ja bekanntlich schätzt).
Mit dieser Gleichung kann die Einstellungsänderung nach der Balancetheorie dargestellt werden, indem für E und R jeweils nur die Werte 1 und -1
zulässig sind. Die β-Gewichte sind nicht spezifiziert, da die Balance-Theorie
ja nicht vorhersagt, welche Einstellung geändert wird. Behält Tom sein positives Bild von Gabi und verändert die Einstellung zur modernen Kunst, so
ist β1 = 1 und β2 = 0. Wertet er stattdessen Gabi ab, ist es umgekehrt. Bei
zweiwertigen kognitiven Systemen ist in der Gleichung Ego = O. Auch die
Kongruitätstheorie lässt sich mit der Gleichung abbilden, dafür sind β1 = 1
und β2 = 1, R kann die Werte 1 und -1 annehmen, während Ei.Ego jeweils
die mit dem Semantischen Differenzial gemessenen Einstellungswerte sind.
Erkennbar ist, dass die Gleichung von Schneider und Heise (1995) Differenzierungen der Kongruitätstheorie zulässt, indem über β1 und β2 Gewichtungen der Summanden möglich sind, und indem die Relation R zwischen
Person A und Objekt O ebenfalls gleitende Werte annehmen kann. In der
Affektsteuerungstheorie wird aus R eine Handlung B (Behavior), die Person
A an Objekt O richtet, die β-Gewichte werden empirisch in Sprachverarbeitungsstudien ermittelt.
2.2
Die Theorie der Affektsteuerung
Die Affektsteuerungstheorie ist also eine verallgemeinerte Konsistenztheorie,
welche die Konsistenz von Einstellungen und Handlungen sozialer Akteure zueinander behandelt. Eine weitere wichtige Erweiterung gegenüber den
„klassischen“ Konsistenztheorien aus der Einstellungsforschung besteht darin, dass die ACT alle drei Dimensionen des Semantischen Differenzials (und
damit die Basisdimensionen sozio-emotionalen Erlebens) einbezieht, während
in der Psychologie der Einstellungsänderung in der Regel nur die EvaluationDimension betrachtet wird.
2.2.1
Konsistenz in der sozialen Interaktion
Die Affektsteuerungstheorie nimmt an, dass Menschen ihre sozialen Handlungen danach auswählen, dass sie affektiv zu den beteiligten Personen „passen“. Aus dem Symbolischen Interaktionismus kommt die Überlegung, dass
34
soziale Situationen sprachlich gedeutet werden, und dass diese Deutungen
dann zur Grundlage des Handelns werden (vgl. die erste Blumersche Prämisse, Abschnitt 2.1.2). Interaktionen werden deswegen im Rahmen der ACT
sprachlich in der Form Akteur (A) - Handlung (B)7 - Objekt (O) modelliert.
Ist eine solche sprachlich geformte Situationsdefinition in den Köpfen der
Beteiligten vorhanden, sind sie nach der Theorie motiviert, sie im weiteren
Verlauf beizubehalten: „In social interaction, humans try to experience what
they already know“ (Heise, 2007a, S. 35).
Über die sprachlichen Benennungen rufen Situationen nach der ACT Gefühle hervor, die als affektive Bedeutungen bezeichnet werden. Diese Gefühle
sind es dann eigentlich, welche Menschen in der Interaktion aufrechtzuerhalten bestrebt sind. Sie haben dazu verschiedene Möglichkeiten: sie können
geeignete Handlungen auswählen, welche die situativen affektiven Bedeutungen bestätigen (siehe Abschnitt 2.2.3), oder sie können über Attributionen
und Etikettierungen Differenzierungen der Situationsdefinition vornehmen
(siehe Abschnitt 2.2.4). Im Sinne der dritten Blumerschen Prämisse (siehe
Abschnitt 2.1.2) finden also in der Interaktion Abwandlungen, Reinterpretationen und – wenn man die verschiedenen Perspektiven der an der Interaktion
Beteiligten bedenkt – Aushandlungen der Situationsdeutung statt.
Die Affektsteuerungstheorie ist vor allem mathematisch formuliert. Sie
besteht aus affektiven Lexika (siehe Abschnitt 2.2.2) und Gleichungssystemen, welche die affektive Dynamik in der sozialen Interaktion modellieren
(siehe Abschnitt 2.2.3). Die konkrete Hypothesenbildung erfolgt mit dem
Computerprogramm INTERACT (Heise, 2007b; Schneider & Heise, 1995),
welches eine Simulation sozialer Interaktionen und der dabei auftretenden
Attributionen und Emotionen erlaubt. Ausführliche Darstellungen der mathematischen Grundlagen der ACT finden sich bei Smith-Lovin und Heise
(1988) und bei Heise (2007a), eine ausführliche sprachliche Darstellung in
Thesenform mit Bezügen zu relevanten soziologischen (und einigen psychologischen) Theorien gibt MacKinnon (1994).
2.2.2
Affektive Lexika
Die empirische Grundlage der ACT stellen so genannte affektive Lexika dar.
Dabei handelt es sich um 500 bis 2000 Wörter einer Sprache, die soziale Rollen, Handlungen, emotionale Zustände, Persönlichkeitseigenschaften und –
manchmal – „Settings“8 bezeichnen, und welche von einer (meist studenti7
„B“ für englisch: Behavior.
Settings beziehen sich auf Orte (z. B. Krankenhaus) oder bestimmte bedeutungsgeladene Zeitpunkte (z. B. Weihnachten), welche die Interaktionen beeinflussen: in einer
Kirche verhält man sich anders als in einer Diskothek. Durch den Einschluss von Set8
35
schen) Stichprobe mit dem Semantischen Differenzial bewertet wurden. Mit
Hilfe des affektiven Lexikons können also (qualitative) denotative Wortbedeutungen in (quantitative) affektive Bedeutungen „übersetzt“ werden. In
Anlehnung an die Bezeichnung der Skalen des Semantischen Differenzials
hat sich hierfür der Begriff EPA-Profil eingebürgert. Das englische Wort Mother beispielsweise hat im aktuellen US-amerikanischen Lexikon (Francis &
Heise, 2006) ein EPA-Profil von [2,5 2,0 1,2], was bedeutet, dass die durchschnittliche Bewertung des Wortes auf der Evaluation-Dimension bei 2,5,
auf der Potency-Dimension bei 2,0 und auf der Activity-Dimension bei 1,2
lag9 . Die Skalen gehen dabei von -4,3 bis 4,3 (Heise, 2001). Eine Mother
wird also von US-Amerikanern als sehr angenehm, ziemlich mächtig und vergleichsweise aktiv wahrgenommen.
Mathematisch gesprochen ist ein EPA-Profil ein Vektor in dem angenommenen dreidimensionalen emotionalen Bedeutungsraum. Die Operationalisierung der ACT mit dem Simulationsprogramm INTERACT basiert auf diesen
Vektoren. Das affektive Lexikon dient dazu, die (meist durch den Forscher
vorgenommene) sprachliche Situationsdeutung in Vektoren zu überführen,
mit denen dann die Berechnungen erfolgen können. Mit diesem Vorgehen
wird die oben genannte These operationalisiert, dass alle Situationsdefinitionen bestimmte Gefühle hervorrufen.
Man beachte, dass mit dem Konzept des affektiven Lexikons von einer kulturellen Determiniertheit solcher situativer Gefühle ausgegangen wird. „Sozial“ ist bei der ACT eben nicht nur der Umstand, dass das Individuum
sich unter dem Einfluss „anderer“ befindet, sondern auch der Rückgriff auf
kulturell geteilte Bedeutungen im Umgang mit der sozialen Situation. Das Affekterleben wird als untrennbarer Bestandteil des kulturellen Symbolsystems
Sprache aufgefasst. Daher stützt die ACT ihre Voraussagen für individuelles Verhalten und Emotionserleben auf einen kulturell genormten Datensatz.
tings kann im Rahmen der ACT gewissermaßen eine umweltpsychologische Komponente
integriert werden. So kann man beispielsweise die in der Kriminologie bekannte BrokenWindows-Hypothese aus der ACT ableiten, nach der es an optisch verwahrlosten Orten mit
höherer Wahrscheinlichkeit zu Verbrechen kommt (Smith-Lovin & Heise, 1988). Der Einschluss von Settings macht die Modellbildung allerdings erheblich komplexer und erhöht
die Zahl benötigter Vpn deutlich, weswegen im Rahmen der vorliegenden Dissertation nur
das einfachere Akteur - Handlung - Objekt (ABO)-Modell Verwendung findet. Interessierte
Leserinnen und Leser seien auf Smith-Lovin und Heise (1988) verwiesen.
9
Es ist in der ACT-Literatur üblich, für Männer und Frauen getrennte affektive Lexika zu benutzen, wiewohl die Übereinstimmung zwischen den Geschlechtern in der Regel
sehr groß ist (vgl. Heise, 2007a; Schneider, 2002b und hier Abschnitt 3.3.2). Wegen der
Übersichtlichkeit der Darstellung wird hier darauf verzichtet, immer beide EPA-Profile
aufzuführen. Sofern nicht anders angegeben, werden hier die männlichen Daten benutzt,
auf vereinzelte Geschlechtsunterschiede wird ggf. hingewiesen.
36
Bei der Mother aus dem obigen Beispiel handelt es sich eben nicht um eine konkrete, individuelle Mutter, sondern gewissermaßen um den kulturellen
Prototypen einer Mutter. Der zugehörige Affekt wird in der ACT-Terminologie als fundamental sentiment bezeichnet, was hier mit Grundgefühl übersetzt
werden soll.
Diese kurze Darstellung soll hier genügen, da in Kapitel 3, in dem die
Erstellung eines affektiven Lexikons für die deutsche Sprache beschrieben
wird, ausführlich auf die übliche Methodik eingegangen wird. Dort werden
auch empirische Belege für die hohe intrakulturelle Übereinstimmung über
affektive Bedeutungen angeführt.
2.2.3
Eindrucksbildung
Durch Handlungen und Ereignisse können sich vorübergehend die Gefühle ändern, die man zu den Beteiligten in einer Situation hat. Eine Mutter,
die gerade ihr Kind anschreit, wird vermutlich nicht mehr so positive Gefühle auslösen, ebenso wenig wie das Kind. Diese vorübergehende Veränderung der affektiven Bedeutungen durch ein Ereignis wird als Eindrucksbildung (impression formation) bezeichnet und steht im Zentrum der ACTModellbildung. Ein vorübergehendes Gefühl, das aus einer Handlung resultiert, wird vorübergehender Eindruck (transient impression) genannt. Der
vorübergehende Eindruck kann mit multiplen Regressionsgleichungen nach
dem folgenden Schema vorhergesagt werden:
!
!
!
Vorübergehender Eindruck
Grundgefühl
Grundgefühl
= β0 + β1
+ β2
Akteur/Handlung/Objekt
Akteur
Handlung
!
!
Grundgefühl
i Produkte von
+β3
+ βi
Objekt
Grundgefühlen
Das einfache ACT-Modell besteht aus neun solchen Gleichungen: Für jeden
der drei Satzbestandteile (A, B, O) wird auf jeder der drei affektiven Dimensionen (E, P, A) der vorübergehende Eindruck errechnet. Die Regressionsgewichte wurden dabei vorher empirisch nach der Methode der kleinsten Quadrate bestimmt, indem die affektiven Bewertungen der Satzbestandteile von
zu dem Zweck konstruierten Beispielsätzen (z. B. Eine Mutter schreit
ein Kind an) auf die korrspondierenden Einträge des affektiven Lexikons (in
dem Beispiel Mutter, anschreien, und Kind) zurückgeführt werden. Es
werden also aus einer Reihe von Beispielsätzen typische Regressionsgewichte
gewonnen, die dann für alle denk- bzw. konstruierbaren Ereignisbeschreibungen gelten sollen. Das genaue Vorgehen wird in Kapitel 3 beschrieben.
Die Idee hinter dieser Methode ist, dass die affektive Dynamik der Eindrucksbildung in sozialen Situationen durch ein mathematisches Modell der
37
Verarbeitung emotionaler Assoziationen von Sprache beschrieben werden
kann. Die Begründung für diese Annahme ergibt sich in der Literatur zur
Affektsteuerungstheorie (v.a. MacKinnon, 1994) aus dem Symbolischen Interaktionismus und dessen zentraler Idee, dass die Struktur der Sprache den
Individuen als Deutungsschema für soziale Interaktion zur Verfügung steht.
Um diesem Gedanken etwas mehr kognitionspsychologische Plausibilität zu
verleihen, ist es hilfreich, sich die in Abschnitt 2.1.2 dargelegte funktionale Äquivalenz-Eigenschaft mentaler Modelle in Erinnerung zu rufen. Diese
besagt nämlich, dass es für die kognitive Funktion eines mentalen Modells
prinzipiell irrelevant ist, ausgehend von welcher Wahrnehmung es konstruiert
wurde. Der sensorische Eingang, der aus dem unmittelbaren Erleben einer
Interaktionssituation folgt, mag ebenso gut als Grundlage für die Modellkonstruktion gelten wie die Verarbeitung sprachlicher Symbole. Wenn eine
Versuchsperson den Satz Eine Mutter schreit ein Kind an liest und
ihre affektive Reaktion darauf mit Hilfe des Semantischen Differenzials bewerten soll, so ist anzunehmen, dass sie zunächst einmal ein holistisches mentales Modell dessen konstruiert, was in diesem Satz beschrieben wird. Ein
solches holistisches Modell entsteht, indem einzelne mentale Modelle (von
einer Mutter, einem Kind und der Handlung anschreien) ineinander
eingebettet werden. Ergebnis ist ein „verschmolzener“ affektiver Gehalt des
resultierenden Gesamtmodells. Das Gleichungssystem der Affektsteuerungstheorie modelliert somit gewissermaßen die Verschmelzung von Affekten bei
der wechselseitigen Einbettung mentaler Modelle. Das zentrale Postulat der
Theorie besteht darin, dass die affektive Dynamik tatsächlicher, unmittelbarer sozialer Interaktion nach derselben Gesetzmäßigkeit abläuft.
Die Bestandteile der Eindrucksbildungsgleichungen können im Sinne psychologischer Prozesse interpretiert werden (z. B. Heise, 2007a; Smith-Lovin
& Heise, 1982). Dies wird beispielhaft anhand der folgenden, dem US-amerikanischen Modell entnommenen Gleichung erläutert (Heise, 1991):
0
Ae = − .25 + .45Ae + .43Be − .05Bp − .09Ba
+ .05Ae Be − .04Ae Bp + .12Be Oe − .06Be Op − .05Bp Oe
+ .06Bp Op + .03Ae Be Oe + .03Ae Bp Op
Die Großbuchstaben A,B,O bezeichnen dabei Akteur, Verhalten (Behavior) und Objekt und die tief gestellten Kleinbuchstaben e,p,a die jeweilige
Osgoodsche Dimension. Ein Apostroph bedeutet, dass der vorübergehende
0
Eindruck gemeint ist. Ae ist also der vorübergehende Eindruck vom Akteur
0
auf der Evaluation-Dimension. Die (hier nicht aufgeführte) Gleichung Op
beispielsweise würde sich auf den vorübergehenden Eindruck vom Objekt
der Handlung auf der Potency-Dimension beziehen.
38
In der Gleichung können Stabilitäts-, Verhaltens-, Konsistenz- und Kongruenzeffekte unterschieden werden (vgl. Heise, 2007a; Smith-Lovin & Heise,
1982).
Stabilität bezieht sich darauf, dass die Grundgefühle zu einem großen Teil
in den vorübergehenden Eindrücken fortwirken. Eine Mutter behält immer
noch etwas von dem ursprünglich guten und angenehmen Gefühl, selbst wenn
sie ein Kind anschreit (+.45Ae ).
Der Verhaltenseffekt bewirkt, dass der Akteur stark im Lichte des gezeigten Verhaltens wahrgenommen wird. Wenn eine Mutter ein Kind anschreit,
wird man sie negativer empfinden ((+.43Be ). Der Verhaltenseffekt gilt auch
für das Objekt der Handlung. Die meisten Menschen dürften nicht nur die
schreiende Mutter, sondern auch das angeschriene Kind in der Situation als
0
eher negativ empfinden (+.11Be in der US-amerikanischen Oe -Gleichung).
Man beachte, dass in diesem Verhaltenseffekt die Abwertung von Opfern
enthalten ist, die aus vielen Experimenten im Rahmen der Theorie des Gerechte-Welt-Glaubens (Lerner, 1980) bekannt ist.
Konsistenz bezieht sich in der Terminologie der ACT auf Interaktionseffekte innerhalb einer semantischen Dimension. Der theoretisch bedeutsamste,
der immer wieder in der Literatur beschrieben wird (u.a. Gollob, 1968; Heise,
2007a; Smith-Lovin, 1987, sowie persönliche Kommunikation mit Heise), ist
der Be Oe -Effekt, also die Interaktion aus Verhaltens- und Objekt-Evaluation. Dahinter verbirgt sich nämlich die Balance-Theorie von Heider (1946,
siehe Abschnitt 2.1.4, vgl. Schneider & Heise, 1995): Akteure, die konsistent
handeln, werden positiver wahrgenommen. Konsistent kann man handeln,
indem man ein Objekt mit einer positiven Rollenidentität positiv behandelt
(z. B. ein Kind loben), oder aber auch indem man eine negativ angesehene
Person negativ behandelt (z. B. einen Verbrecher einsperren).
Mit Kongruenzen sind in der ACT-Literatur Interaktionseffekte zwischen
semantischen Dimensionen gemeint. Ein Beispiel ist der Term −.06Be Op , mit
dem man erklären kann, warum von Kindermördern oft behauptet wird, dass
sie unter allen Verbrechern am tiefsten in der Gefängnishierarchie stehen:
negativ gegenüber einem schwachen Objekt zu handeln, lässt den Akteur
noch einmal zusätzlich schlecht erscheinen.
Aus diesen Ausführungen sollte schon die Grundidee deutlich werden,
dass sich eine Reihe von sozialpsychologischen Phänomenen allein aus der
affektiven Semantik vorhersagen lassen. Im Folgenden soll konkretisiert werden, was die Affektsteuerungstheorie in Bezug auf Handlungen (Abschnitt
2.2.5), Attributionen (Abschnitt 2.2.6) und Emotionen (Abschnitt 2.2.7) leistet. Letztlich sind das aber allesamt Ableitungen konkreter Hypothesen aus
dem mathematischen Gleichungssystem in Verbindung mit dem affektiven
Lexikon.
39
2.2.4
Verschmelzung von Affekten
Natürlich wäre es nicht sinnvoll anzunehmen, dass jede einzelne in einer
Kultur sozial interagierende Mutter exakt die gleiche affektive Bedeutung
der prototypischen Mutter trägt. Dies berücksichtigt die ACT, indem sie
in der Modellbildung modifizierende Adjektive (modifier) zulässt (Averett &
Heise, 1987; Heise, 2007a; H. W. Smith, Matsuno & Ike, 2001). Eine jähzornige Mutter hat sicherlich eine andere affektive Bedeutung und lässt
andere Arten sozialen Handelns erwarten als beispielsweise eine humorvolle Mutter. Bei aller kulturellen Übereinstimmung in der affektiven
Bewertung sozialer Identitäten ist also durchaus Raum für Individualität.
Allerdings kommt diese zustande, indem Beschreibungen von Charakterzügen oder auch emotionalen Zuständen benutzt werden, über deren affektive Bedeutung ihrerseits wieder große kulturelle Übereinstimmung herrscht.
Der verschmolzene Affekt (amalgamation) einer modifizierten Identität wird
durch drei Regressionsgleichungen (jeweils für Evaluation, Potency und Activity) nach dem folgenden Schema aus den Grundgefühlen der Identität und
des modifizierenden Adjektivs errechnet:
!
!
Verschmolzener
Grundgefühl
= β0 + β1
Affekt
Identität
!
!
Grundgefühl
i Produkte von
+β2
+ βi
mod. Ajektiv
Grundgefühlen
Die Regressionsgewichte dieser Gleichungen werden anhand der Bewertungen beispielhaft konstruierter Identitäts-Adjektiv-Kombinationen empirisch
bestimmt. Das genaue Vorgehen wird in Kapitel 3 beschrieben.
Indem man nun die EPA-Profile solcher Identitäts-Adjektiv-Verschmelzungen in die Eindrucksbildungsgleichungen einfügt, kann man soziale Handlungen derart „individualisierter“ Rollenidentitäten modellieren. Dabei ist es
mathematisch egal, ob eine Persönlichkeitseigenschaft oder ein emotionaler
Zustand für die Identitätsmodifikation benutzt wird – die Handlungsvoraussagen für eine (chronisch) jähzornige Mutter dürften denen einer (momentan) wütenden Mutter etwa entsprechen. Es sei darauf hingewiesen,
da hier der Anspruch der Annäherung der zwei Sozialpsychologien verfolgt
wird, dass die ACT in diesem Punkt konsistent zu der oben (Abschnitt 2.1.3)
erläuterten Temperamentskonzeption von Mehrabian (1995) ist, derzufolge
eine Persönlichkeitseigenschaft eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten korrespondierender emotionaler Zustände bedeutet. Konkret in einer
Situation handlungsbestimmend ist aber bei Mehrabian wie in der ACT der
Affekt.
40
2.2.5
ACT als Handlungstheorie
Das Affektsteuerungsprinzip
Die Kernthese der Affektsteuerungstheorie ist, dass Menschen versuchen, solche Ereignisse zu erleben, welche ihnen erlauben, die mit ihrer Situationsdefinition einhergehenden Grundgefühle aufrecht zu erhalten (MacKinnon,
1994). Für die Beobachtung der Handlungen anderer bedeutet das, dass sie
im Lichte der eigenen Situationsdeutung interpretiert werden, für die eigenen Handlungen bedeutet das, dass sie danach ausgewählt werden, dass sie
gefühlsmäßig zur Situation passen. Technisch gesprochen, versuchen Menschen, in ihren Wahrnehmungen und Handlungen die Abweichung zwischen
Grundgefühlen und vorübergehenden Eindrücken zu minimieren. Diese Abweichung wird in der ACT-Terminologie Deflection genannt und mathematisch als die Summe der quadrierten Abweichungen zwischen Grundgefühlen
und vorübergehenden Eindrücken über alle Affektdimensionen (EPA) und
Ereigniskomponenten (ABO) hinweg operationalisiert10 :
0
0
0
Def lection =(Ae − Ae )2 + (Ap − Ap )2 + (Aa − Aa )2
0
0
0
0
0
0
+ (Be − Be )2 + (Bp − Bp )2 + (Ba − Ba )2
+ (Oe − Oe )2 + (Op − Op )2 + (Oa − Oa )2
Deflection hängt umgekehrt mit der Wahrnehmung der Wahrscheinlichkeit von Ereignissen zusammen (Heise & MacKinnon, 1987). Zum einen erscheint (der ACT zufolge) unter verschiedenen konkurrierenden Ereignisinterpretationen diejenige am wahrscheinlichsten, die am wenigsten emotionale
Dissonanz hervorruft. Beobachtet man in der U-Bahn aus einiger Entfernung
ein Handgemenge zwischen Jugendlichen, ist man vielleicht eher motiviert,
darin eine harmlose Rauferei zu erkennen als einen Raubüberfall, weil diese
Interpretation keine eigene Intervention erfordert und einem somit ermöglicht, ein positives und kompetentes Selbstgefühl aufrecht zu erhalten, ohne
sich in Gefahr bringen zu müssen. Zum anderen stützt man sich bei der
direkten Beurteilung der Wahrscheinlichkeit bestimmter Ereignisse auf ihre
affektive Stimmigkeit, wie Heise und MacKinnon (1987) zeigen konnten. Die
Autoren ermittelten eine negative Korrelation zwischen der über das ACTModell bestimmten Deflection und der auf einer Likertskala von Probanden
10
Eine detaillierte mathematische Darstellung der ACT können interessierte Leserinnen und Leser bei Heise (2007a) finden. In der vorliegenden Dissertation werden nur die
wichtigsten Grundprinzipien dargestellt, damit der Text nicht zu technisch wird.
41
angegebenen subjektiven Wahrscheinlichkeit von vorgegebenen Handlungsbeschreibungen nach dem A-B-O-Schema (z. B. Eine Mutter schlägt
ein Kind. Wie wahrscheinlich ist dieses Ereignis?).
INTERACT: Computersimulation sozialer Interaktion
Soziales Handeln dient der ACT zufolge der Verifikation affektiver Bedeutung. Indem eine Person genau solche Handlungen ausführt, die über den
Prozess der Eindrucksbildung Gefühle in ihr hervorrufen, welche zur ursprünglichen Situationsdefinition passen, vergewissert sie sich durch ihr eigenes Handeln der sozialen Ordnung (Heise, 2007a). Um diesen Gedanken
technisch umzusetzen, kann man die empirisch gewonnenen Eindrucksbildungsgleichungen so umformen, dass man für eine gegebene Komibination
aus Akteur und Objekt ein optimales EPA-Profil für eine bedeutungsverifizierende Handlung errechnen kann. Anschließend kann man mit Hilfe des
affektiven Lexikons Handlungen identifizieren, die diesem optimalen EPAProfil möglichst nahe kommen. Für das Beispiel einer Interaktion von Mother [2,5 2,0 1,2] und Child [1,5 -0,8 2,1] errechnet sich nach dem USamerikanischen ACT-Modell eine EPA-Profil der optimalen Handlung der
Mutter von [2,0 1,2 0,9]. In der Nähe finden sich im Lexikon Verben wie
converse with, grin at, suggest something to, agree with oder
encourage. Die optimale Handlung des Kindes hat dagegen ein EPA-Profil von [1,6 0,0 1,2], in der Nähe enthält das Lexikon Verben wie chitchat,
jest oder auch escape. Das Affektsteuerungsprinzip sagt also für Mutter
und Kind eine wechselseitig identitätsbestätigende soziale Interaktion voraus, wenn beide sich zunächst locker unterhalten und fröhlich miteinander
schwatzen, die Mutter das Kind aber auch ermutigt und zu Neuem anhält,
und das Kind der Mutter von Zeit zu Zeit entkommt, vielleicht ja, um auf
eigene Faust Efahrungen zu sammeln.
Um den immensen Rechenaufwand bewältigen zu können, der mit dieser
empirischen Operationalisierung des Affektsteuerungsprinzips einher geht,
wurden bestehende affektive Lexika und ACT-Gleichungssysteme in das Computerprogramm INTERACT implementiert (Heise, 2007b), mit welchem soziale Interaktionen simuliert werden können. Eine Beschreibung der Entwicklung des Programms, des zugrunde liegenden Algorithmus und beispielhafter
Anwendungen geben Schneider und Heise (1995). Die Realisierung einer solchen Simulation mit dem genannten Mother-Child-Beispiel ist in Abb. 2.1
dargestellt. An dem Programm wird der mathematische Charakter der ACT
deutlich: die Theorie ist durch das Gleichungssystem formuliert. Jede Durchführung einer Simulation ist die Ableitung einer konkreten Hypothese aus
dieser Theorie, wobei das affektive Lexikon die Übersetzung der Hypothese
42
Abbildung 2.1: Screenshot des Simulationsprogramms INTERACT. Hier wird simuliert,
wie eine Mutter ihrem Kind etwas vorschlägt. Diese Handlung produziert fast keine affektive Abweichung (Deflection = 1,1). Die Mutter fühlt sich daraufhin zufrieden oder
entzückt, das Kind fühlt sich voller Eifer oder zufrieden. INTERACT schlägt vor, dass
das Kind als Antwort mit der Mutter scherzt oder schwatzt. Passende weitere Handlungen
der Mutter wären, das Kind zu beschützen oder ihm zu helfen. Die Mutter wirkt als Folge
ihrer Handlung bescheiden oder ruhig, das Kind sympathisch und geduldig.
in eine sprachliche (und damit für Sozialpsychologen geläufigere) Form erlaubt. Die Computersimulation INTERACT erlaubt dem Forscher gleichsam,
in seiner Sprache mit dem Gleichungssystem der ACT zu kommunizieren.
Soziale Rollen
Was INTERACT an Handlungen zwischen Mutter und Tochter vorhersagt,
entspricht weitestgehend den gesellschaftlichen Erwartungen an Mütter und
Töchter: indem sie wechselseitig durch ihr Handeln ihre situativen Gefühle
bestätigen, erfüllen sie ihre soziale Rolle. Unter Rollen werden in der Soziologie gesellschaftliche Erwartungen an die Inhaber von Positionen verstanden (Gross, Mason & McEachern, 1958), Rollen sind also Normen, die
Menschen bestimmte Handlungen und Empfindungen nahe legen und andere
verwehren (MacKinnon, 1994). Der Rollenbegriff ist zentral, wenn es um die
43
Frage geht, wie sich gesellschaftliche Struktur in individuelles Handeln übersetzt und vice versa11 . Der Mechanismus, den die ACT hier anbietet, besteht
im Affektsteuerungsprinzip unter der Annahme, dass die situativen Gefühle größtenteils kulturell bestimmt sind. Indem Menschen mit einer Sprache
sozialisiert werden, lernen sie auch die kulturell geteilten affektiven Bedeutungen, die mit sozialen Identitäten verbunden sind. Indem sie im Handeln
nach der emotionalen Verifikation dieser Bedeutungen streben, entsprechen
sie ganz automatisch den Rollenerwartungen. Rollen werden also der ACT
zufolge tagtäglich im Handeln neu konstruiert, gleichzeitig ist ihre Konstruktion aber durch die affektiven Konnotationen der Sprache gesellschaftlich
restringiert.
Was für US-amerikanische Mütter und Kinder funktioniert, lässt sich
an einer ganzen Reihe kanadischer sozialer Rollen ebenfalls demonstrieren.
MacKinnon (1994, Kap. 6) konnte basierend auf seinem kanadischen affektiven Lexikon und entsprechenden Eindrucksbildungsgleichungen (unter anderem) vorhersagen, dass Ehemänner ihren Frauen Komplimente machen, sie
genießen oder mit ihnen tanzen, dass Frauen umgekehrt ihre Männer massieren und küssen, und dass Väter ihre Söhne unterstützen, trösten oder ihnen
helfen. Ärzte machen Krankenschwestern Komplimente und besuchen und
ermutigen Patienten, die wiederum ihre Ärzte schätzen und um Rat fragen.
Premierminister überzeugen und bedrängen Abgeordnete. Straßenräuber belästigen und betrügen ihre Opfer, die ihnen wiederum dienen und gehorchen.
Das Kapitel enthält viele weitere Demonstrationen aus unterschiedlichsten
gesellschaftlichen Bereichen. In Abschnitt 3.3.5 dieser Dissertation findet sich
eine vergleichbare Studie für die deutsche Sprache.
Es muss vielleicht ergänzt werden, dass hier um des schönen Textflusses
willen besonders eingängige Beispiele ausgewählt wurden. INTERACT macht
tatsächlich auch immer wieder Vorschläge, die sozial oder rein logisch ziemlich unangebracht erscheinen. Verzücken und bezaubern kanadische Staatsanwälte die Angeklagten tatsächlich (MacKinnon, 1994, S. 110)? Sollte ein
Patient eine Krankenschwester verhätscheln (MacKinnon, 1994, S. 104), oder
sollte es nicht, wenn überhaupt, umgekehrt sein? Auch wenn mitten in einer
schon laufenden Interaktion ein Partner den anderen plötzlich begrüßt (vgl.
Heise, 1987), macht dies wenig Sinn. Vollständig ausreichend ist das Affektsteuerungsprinzip zur Erklärung sozialer Interaktion also wohl nicht, sondern
es müssen ergänzende kognitive Prozesse angenommen werden. INTERACT
11
Da die vorliegende Dissertation eine psychologische und keine soziologische ist, soll hier
nicht weiter auf die umfangreiche Literatur eingegangen werden, in der die ACT konzeptionell mit den verschiedenen Varianten der soziologischen Rollen- und Identitätstheorien in
Verbindung gebracht wird. Interessierte Leserinnen und Leser seien auf MacKinnon (1994,
Kap. 5 & 6) und Robinson & Smith-Lovin (2006) verwiesen.
44
benutzt deswegen sogenannte institutionelle Filter, die affektiv passende wiewohl institutionell unangemessene Begriffe entfernen (Heise, 2007a). Dass ein
Arzt mit einer Krankenschwester Sex hat, ruft beispielsweise im USamerikanischen ACT-Modell keine große emotionale Verstörung hervor (Deflection = 2,4), wird aber dennoch vom Programm nicht als rollenkonformes
Verhalten angeboten, weil die Handlung Sex haben nicht dem institutionellen Kontext Medizin zugerechnet wird. Die Idee dahinter ist, dass in jeder
sozialen Interaktion auch von vornherein der Kontext im Sinne einer Institution kognitiv salient wird und dadurch bestimmte soziale Identitäten und
Handlungen erst gar nicht relevant werden (Heise, 2007a). Implizit wird also
davon ausgegangen, dass das affektive Lexikon nach „Kapiteln“ unterteilt ist,
von denen jeweils nur die institutionell angemessenen instantiiert werden.
Ob nun diese Idee der institutionellen Filter besonders ausgereift und vor
gedächtnistheoretischem Hintergrund plausibel ist oder nicht (vgl. Abschnitt
5.1), es bleibt doch beeindruckend, wie präzise und inhaltlich überzeugend
die meisten auf dem relativ sparsamen und einfachen Affektsteuerungsprinzip beruhenden INTERACT-Vorschläge sind. Offenbar enthält die affektive
Struktur der Sprache ganz implizit eine Menge Kulturwissen, das dazu dienen kann, in einer sozialen Situation den Suchraum adäquater Handlungen
gehörig einzuschränken und damit die nötige kognitive Belastung stark zu
vermindern.
Abweichende und restaurative Handlungen
Bisher wurden lediglich affektiv passende Handlungen in relativ stereotypen
sozialen Interaktionen betrachtet. Natürlich gibt es auch Ereignisse, die bestehende Situationsdeutungen herausfordern und zu emotionalen Dissonanzen führen. Dies ist im Rahmen der ACT möglich, wenn sich die Deutungen
verschiedener Interaktionspartner unterscheiden. Sieht sich jemand beispielsweise als Vorgesetzten und seinen Interaktionspartner als Untergebenen, vielleicht weil er schon länger in dem Betrieb arbeitet, der Partner
hingegen sieht sich selber und den anderen als gleichberechtigte Kollegen
an, so werden Handlungen, die einem als selbstverständlich und passend erscheinen, bei dem anderen emotionale Dissonanz auslösen, weil durch sie
seine Situationsdeutung gefährdet wird. Eine weitere, gewissermaßen intrapersonale Quelle emotional abweichender Handlungen können multiple Rollenidentitäten sein: die gleiche Frau, die gerne ihre Mutter-Identität bestätigen möchte, in dem sie mit ihrem Kind herumalbert, kann gleichzeitig
in ihrer Identität als Arbeitnehmerin zeitlich konkurrierende Handlungsverpflichtungen gegenüber ihrem Arbeitgeber empfinden. Schließlich sind
externe, nicht im Erklärungsbereich der ACT liegende Quellen emotional ab45
weichenden Verhaltens denkbar: Eine Führungskraft könnte sich durch
Sachzwänge genötigt sehen, einen Mitarbeiter negativer zu behandeln als
eigentlich angemessen, die viel zitierte Mutter könnte gerade wütend sein,
nur weil sie sich den Kopf gestoßen hat, und dann als wütende Mutter
dem Kind gegenüber handeln, das ja wiederum von ihrer schmerzbedingten
Wur nichts wüsste und ihre Handlungen deshalb als dissonant empfände.
Auf Streit folgt Versöhnung. Auch INTERACT kennt diese Volksweisheit: eine US-amerikanische Mutter (mother), die mit ihrem Kind (child)
schimpft (scold), erfährt eine recht große Abweichung (Deflection = 12,0),
ihr durch diese Handlung bedingtes vorübergehendes EPA-Profil von [-0,7
1,5 1,2] ist recht weit von dem Mother-Grundgefühl [2,5 2,0 1,2] entfernt.
INTERACT benutzt nun wiederum die Eindrucksbildungsgleichungen, um
zu berechnen, welche Handlung diesen vorübergehenden Eindruck wieder an
das Grundgefühl annähern würde12 . Die Antwort ist [3,7 0,3 -0,5] – in der
Nähe dieses EPA-Profils findet das affektive Lexikon die Handlungen trösten
(soothe), umarmen (embrace) und kuscheln (cuddle).
An dieser Stelle wird der Name der Affektsteuerungstheorie (Affect Control Theory) verständlich. Ihr liegt ein Regelkreismodell sozialer Interaktion
zu Grunde: Menschen steuern soziale Handlungen mittels ihrer Affekte. Die
mit der Situationsdeutung verwobenen Grundgefühle haben die gleiche Funktion wie das Thermostat einer Heizung. Weicht die tatsächliche Temperatur,
also der vorübergehende Gefühlseindruck, zu sehr ab, muss durch passende
Handlungen nachgesteuert werden, um die Zielgröße wieder zu erreichen.
2.2.6
ACT als Attributionstheorie
Situationsdeutungen können im Verlauf von Interaktionen angepasst und
wechselseitig ausgehandelt werden. Unser Wissen über andere Personen differenziert sich im Verlauf von erfahrener sozialer Interaktion mit ihnen aus. Das
Streben nach konsistenten mentalen Modellen der sozialen Umwelt ist der
Motor solcher Differenzierungen. Angenommen, die Mutter aus dem obigen
Beispiel unterließe es, ihr Kind zu trösten, nachdem sie mit ihm geschimpft
hat. Die auf das Ereignis folgende emotionale Dissonanz (Deflection = 12,0)
bliebe bestehen und verlangte nach einer anderen Auflösung. Diese ist auch
durch eine Umdeutung der beteiligten Identitäten erreichbar. Statt die Eindrucksbildungsgleichungen so umzuformen, dass man bei gegebenem Akteur
und Objekt eine optimal affektiv passende Handlung erhält, kann man die
Gleichungen auch wahlweise nach Akteur oder Objekt auflösen. Es lässt sich
12
Genaugenommen wird dies simultan für alle Handlungskomponenten (ABO) berech-
net.
46
beispielsweise fragen, mit wem eine Mutter wohl passenderweise schimpfen
würde. INTERACT errechnet für das optimale Objekt dieser Handlung ein
EPA-Profil von [-2,1 0,6 0,8], in der Nähe findet das affektive Lexikon (unter
anderem) das Wort Göre (brat). Wird also das Kind nunmehr als Göre
gesehen, verringert sich die emotionale Dissonanz, die mit diesem Ereignis
verbunden ist (Deflection = 6,6 für Mother scolds brat). Soziologen nennen diese Zuschreibung einer neuen Bedeutung Etikettierung (Labeling). Eine
alternative dissonanzreduzierende Strategie bestünde darin, zwar die soziale
Identität des Kindes beizubehalten, sie aber mit einer Persönlichkeitszuschreibung zu verbinden (Attribution). Hierfür kann man die empirisch gewonnenen Verschmelzungsgleichungen (Abschnitt 2.2.4) so umformen, dass
man berechnen kann, welches modifizierende Adjektiv man dem Grundgefühl des Kindes hinzufügen muss, um es in die Nähe des affektiv optimalen
Objekts einer mütterlichen Beschimpfung zu bringen. INTERACT errechnet
hierfür ein EPA-Profil von [-2,2 1,2 -1,1], in dessen Nähe sich im affektiven Lexikon die Eigenschaft bockig (stubborn) findet. Dass eine Mutter
mit einem bockigen Kind schimpft, produziert entsprechend nur noch eine
geringe Dissonanz (Deflection = 6,8).
Diese Attributionstheorie der ACT sagt, wie man sieht, die Abwertung
von Opfern einer bösartigen Handlung als Strategie der Dissonanzreduktion voraus. Dieses sozialpsychologische Phänomen ist – meist vor dem Hintergrund der Theorie des Glaubens an eine gerechte Welt (Lerner, 1980) –
vielfach untersucht und experimentell belegt (z. B. Jones & Aronson, 1973).
Die leidvolle Erfahrung, als Opfer eines Verbrechens noch zusätzlich von
seiner sozialen Umwelt beargwöhnt zu werden, scheint die Konsequenz eines ganz grundlegenden Mechanismus der Affektverarbeitung zu sein. So
schlägt INTERACT (wohlgemerkt: unter anderem!) vor, die Dissonanz, die
durch die Vergewaltigung einer Frau entsteht (Man rapes woman), aufzulösen, indem man die Frau als gedankenlos (thoughtless), unaufrichtig
(insincere) und feige (cowardly) wahrnimmt.
Alternativ wäre es natürlich denkbar, die affektive Bedeutung des Akteurs zu verändern, was mathematisch ganz genauso funktioniert. Die Eindrucksbildungsgleichungen werden bei gegebener Handlung und gegebenem
Objekt nach dem Akteur aufgelöst: Wer würde mit einem Kind schimpfen?
INTERACT bietet unter anderem eine Stiefmutter (stepmother) an
(Deflection = 4,0). Soll die ursprüngliche Identität der Mutter beibehalten
werden, kann mit Hilfe der Verschmelzungsgleichungen eine modifizierende
Eigenschaft gefunden werden, hier zum Beispiel egozentrisch (self-centered, Deflection = 1,6). Auch einer wütenden Mutter (angry mother) sieht man es nach, wenn sie mit ihrem Kind schimpft (Deflection =
2,2). Es kann also auch ein vorübergehender emotionaler Zustand (mood)
47
angenommen werden, um die affektive Konsistenz einer Handlung wieder
herzustellen.
Die Affektsteuerungstheorie sagt nicht voraus, welche von verschiedenen
Modifikationen der Situationsdeutung gewählt wird. Sie bietet lediglich verschiedene Möglichkeiten an, affektive Konsistenz wieder herzustellen. Ob die
Identität des Akteurs oder des Objekts verändert wird (oder beide), ob eher
auf einen momentanen emotionalen Zustand oder auf eine stabile Persönlichkeitseigenschaft attribuiert wird oder ob gar die ursprünglich zugewiesene
Identität zugunsten einer Etikettierung ganz aufgegeben wird, bleibt unklar.
Auch an diesem Punkt muss auf kognitive Theorien zurückgegriffen werden,
um eine vollständige Erklärung der Dynamik sozialer Interaktion zu erhalten.
2.2.7
ACT als Emotionstheorie
Die Emotionstheorie der ACT bezieht sich auf solche Emotionen, die Teil
sozialer Interaktionen sind. Dies dürfte auf die allermeisten Emotionen zutreffen (vgl. Kemper, 1991). Andere Arten von Emotionen, wie zum Beispiel
die schon angeführte Wut, nachdem man sich den Kopf gestoßen hat, oder
Angst in einer gefährlichen Situation beim Autofahren, liegen außerhalb des
Geltungsbereiches der ACT. Sie sind allenfalls als Explanans sozialer Handlungen zugelassen, indem sie mit Identitäten verschmelzen können und sich
dann auf die Interaktion auswirken, obwohl sie externen Ursprungs sind.
Emotionen als singuläre, bewusste Ereignisse machen nach der ACT die
soziale Bedeutung von Situationen erlebbar. Sie haben eine Art Signalfunktion für den mit der momentanen sozialen Situation verbundenen Affekt. Sie
zeigen die erlebte Identität an. Damit sind sie keine Randerscheinung oder
bloße Folge sozialer Erlebnisse, sondern ein Schlüssel zum Verstehen der Bedeutung des Geschehens. Sie machen die soziale Struktur von Ereignissen
auch körperlich erfahrbar.
Aus der Perspektive von Psychologen entbehren soziologische Erklärungen von Emotionen nicht gewisser Merkwürdigkeiten. Das hat sicher mit dem
hauptsächlich biologistischen Verständnis von Emotionen zu tun, das in der
Psychologie verbreitet ist (vgl. White, 2000). Wenn man unter Emotionen
Syndrome vor allem körperlicher Vorgänge versteht, erscheint der Gedanke,
dass sich Sozialstruktur in Emotionen ausdrückt, fast schon metaphysisch.
Emotionssoziologische Hypothesen bedürfen also aus der Sicht der psychologischen Sozialpsychologie einiger gedanklicher Zwischenschritte (vgl. auch
Vogel, 1996, S. 184 ff.). Diese finden sich bei den Appraisal-Theorien der
Emotion (z. B. Scherer, 1999), in denen angenommen wird, dass Emotionen
Folgen eines Musters schneller kognitiver Bewertungen von Ereignissen auf
mehreren für den Organismus relevanten Dimensionen sind. Kognitionen be48
einflussen also das Emotionserleben; mit dieser These dürften die meisten
Psychologen keine Probleme haben. Lässt man nun im Sinne des Symbolischen Interaktionismus einen gesellschaftlichen Einfluss auf die individuellen
Kognitionen zu (z. B. im Sinne der in Abschnitt 2.1.2 dargelegten These von
der sozialen Synchronisation mentaler Modelle), ist auch ein individualpsychologisch plausibler Prozess für die „Übersetzung“ von sozialer Struktur in
Emotionen gefunden.
Nach dieser der interdiszipliären Verständigung dienenden Vorbemerkung
sollen nun die drei Arten von Emotionen dargesetellt werden, die im Rahmen
der ACT unterschieden werden: charakteristische Emotionen, die typischerweise mit einer sozialen Identität einhergehen, strukturelle Emotionen, die
sich aus der sozialen Konfiguration von Interaktionspartnern ergeben, und
Emotionen als Folgen von Ereignisinterpretationen. Die Darstellung orientiert sich weitgehend an MacKinnon (1994, Kap. 7).
Charakteristische Emotionen
Charakteristische Emotionen werden erlebt, wenn die wahrgenommene soziale Identität in einer Episode sozialer Interaktion vollständig bestätigt wird,
wenn also der vorübergehende Eindruck gleich dem Grundgefühl ist. Modelliert werden solche Emotionen im Rahmen der ACT mit den Verschmelzungsgleichungen: mit welchem Emotionswort kann man eine soziale Identität kombinieren, ohne dass sich ihre affektive Bedeutung verändert? Eine
zufriedene Mutter (satisfied mother) hat ein (verschmolzenes) EPAProfil von [2,4 2,2 1,2], welches fast identisch mit dem EPA-Profil des Grundgefühls einer Mutter von [2,5 2,0 1,2] ist. Zufriedenheit ist also nach der
ACT-Interpretation die Emotion, die eine prototypische Mutter üblicherweise immer wieder in selbstbestätigenden Interaktionen erlebt. Aus dem Beispiel wird deutlich, welches Verhältnis Affekt und Emotion in der Theorie
haben. Affekte schwingen ständig in den Situationsdeutungen mit (MacKinnon, 1994 spricht von einem generellen Bewusstseinsmodus, S. 123, eigene
Übers.), während Emotionen singuläre, identifizier- und sprachlich benennbare Erlebnisepisoden sind. Fragte man die Mutter, welches Gefühl sie in
den meisten Situationen erlebt, die für sie als Mutter identitätsstiftend sind,
so würde sie dieses als Zufriedenheit bezeichnen (jedenfalls sofern die ACT
richtig liegt).
Strukturelle Emotionen
Strukturelle Emotionen (Kemper, 1978; 1991) sind Emotionen, die typischerweise in bestimmten sozial strukturierten Interaktionen zwischen Personen
49
mit verschiedenen Rollen auftreten. Es kommt in der konkreten Situation
nicht nur darauf an, dass die Mutter Mutter ist, sondern auch, mit wem
sie als solche interagiert. INTERACT schlägt vor, dass sie bei der optimalen, wechselseitig identitätsbestätigenden Handlung einem Kind gegenüber
entzückt (charmed) ist. Wenn sie mit einem Stiefkind (stepchild)
interagiert, fühlt sie sich hingegen bewegt (moved). Komplementär dazu
fühlt sich das Kind, immer vorausgesetzt, dass es die Situation in gleicher
Weise deutet, bei der Interaktion mit der Mutter bewegt, das Stiefkind
hingegen ehrfürchtig (reverent)13 .
Modelliert werden strukturelle Emotionen im Rahmen der ACT, indem
mit Hilfe der Verschmelzungsgleichungen berechnet wird, welches Emotionswort der jeweiligen sozialen Identität hinzugefügt werden muss, damit der
verschmolzene Affekt dem durch die Interaktion ausgelösten vorübergehenden Eindruck nahekommt. Die strukturellen Emotionen sind damit im Modell
nur ein Spezialfall der auf soziale Ereignisse folgenden Emotionen (s. u.), bei
dem es sich um ein perfekt bedeutungsverifizierendes Ereignis handelt.
Emotionen als Folgen von Ereignissen
Der vorübergehende Eindruck von einer Mutter, die mit ihrem Kind schimpft
(Mother scolds child) hat ein EPA-Profil von [-0,7 1,5 1,2]. Man kann
mit den umgeformten Verschmelzungsgleichungen berechnen, mit welcher
Emotion man das Mutter-Grundgefühl von [2,5 2,0 2,2] kombinieren muss,
um in die Nähe dieses vorübergehenden Eindrucks zu gelangen. Die Lösung
ist im US-amerikanischen ACT-Modell das EPA-Profil [-1,4 0,3 1,2], in der
Nähe findet das affektive Lexikon zornig (irate). Eine Mutter, die mit
einem Kind schimpft, fühlt sich fast genauso an wie eine zornige Mutter. Die ACT unterstellt, dass die Mutter dies genauso erlebt, so dass die
formal korrekte Formulierung dieser mit INTERACT errechneten emotionsbezogenen Hypothese lautet: Eine Mutter, die sich gerade als Mutter wahrnimmt, und ein Kind, das sie gerade als Kind wahrnimmt, in einer Weise
behandelt, die sie als schimpfen deutet, erlebt bei dieser Handlung einen
Gefühlszustand, den sie sprachlich als Zorn bezeichnen würde. In ähnlicher
Weise kann man die Emotion bestimmen, die das Kind erlebt: ein verärgertes Kind (exasperated child) fühlt sich mit einem verschmolzenen
EPA-Profil von [0,1 -0,8 1,3] so ähnlich an wie ein Kind, mit dem seine
Mutter schimpft [0,5 -1,2 1,4]. Die ACT sagt also voraus, dass das Kind
13
Wenn deutschen Leserinnen und Lesern solche Emotionen in diesem Kontext merkwürdig erscheinen, mag das an der deutlich unterschiedlichen affektiven Beduetung liegen,
die US-Amerikaner und Deutsche vielen Emotionsbegriffen, wiewohl denotativ gleichbedeutend übersetzt, beimessen. Vgl. Kapitel 3.
50
in dieser Situation Verärgerung empfindet, immer vorausgesetzt, dass es
die Situation sprachlich in gleicher Weise deutet.
Emotionen werden nach der ACT von zwei Faktoren beeinflusst. Von Bedeutung für das Emotionserleben ist zunächst die soziale Identität, wie im
Falle der charakteristischen und strukturellen Emotionen deutlich wurde. Je
identitätsdiskrepanter aber ein bestimmtes Erlebnis ist, desto mehr spielt der
zweite Faktor eine Rolle, und das ist die Abweichung des vorübergehenden
Eindrucks von der sozialen Identität. Indem die Mutter zornig ist, wird sie
sich gewahr, dass sie ihre eigentliche Identität in der Handlung des Schimpfens verletzt hat. Die Emotion ist also im bewussten Erleben die eigentliche kybernetische Steuerungsgröße, welche die handelnde Person veranlasst,
im weiteren Interaktionsverlauf die Identitätsverletzung zu korrigieren. Die
Mutter wird nun so handeln, dass sie bald wieder Zufriedenheit erlebt, die
charakteristische Emotion nämlich, die zu ihrem Situationsverständnis passt
und die kulturell angemessen ist.
Von Bedeutung ist aber auch die kommunikative Funktion des Emotionsausdrucks. Für Emotionen gilt nach der ACT, was im Symbolischen Interaktionismus für das Handeln allgemein gilt: Bedeutung zeigt man gleichzeitig
sich selber wie den anderen an. Indem die schimpfende Mutter ihren Zorn
etwa mit Hilfe ihrer Gesichtsmuskulatur zum Ausdruck bringt, gibt sie den
anderen Beteiligten, hier dem Kind, aber auch eventuellen Beobachtern, eine
Attributionsmöglichkeit für ihr Handeln. Dieses kann auf ihren vorübergehenden emotionalen Zustand zurück geführt werden (vgl. Abschnitt 2.2.6),
wodurch auch in den Augen der anderen ihre soziale Identität als Mutter
erhalten bleiben kann. Unmittelbar praktisch relevant ist diese funktionale
Theorie des Emotionsausdrucks zum Beispiel in Strafprozessen (vgl. Robinson, Smith Lovin & Tsoudis, 1994). Warum wirkt Reue, also der Ausdruck
einer Emotion, strafmildernd? Die Affektsteuerungstheorie würde das damit erklären, dass ein Straftäter, der Reue gegenüber seiner Tat zeigt, seinen
Richtern und Schöffen eine positivere, ihnen vielleicht ähnlichere soziale Identität offenbart, was sie wiederum zu einem positiveren Handeln ihm gegenüber (also einem milderen Urteil) bewegt. Emotionen zeigen also Identität
an, sich selber wie den anderen, und kommunizieren damit künftige Verhaltenserwartungen, an sich selber wie an andere.
2.2.8
Affektsteuerung und das Selbst
Nicht jedes Individuum nimmt jede Identität an. Will man konkretes Verhalten in einer konkreten Situation nach der Affektsteuerungstheorie vorhersagen, muss man wissen, welche sprachlich benennbare Identität in der
Situation wirksam ist und den situativen, selbstbezogenen Affekt bestimmt.
51
Welche Bedeutung gibt sich die handelnde Person im Augenblick des Handelns selber? Das hinter dieser Frage stehende Konzept ist in der Tradition
des Symbolischen Interaktionismus (z. B. von McCall & Simmons, 1966; Stryker & Serpe, 1982) als Identitätssalienz, in der psychologischen Sozialpsychologie als Arbeitsselbst (Markus & Wurf, 1987) und in in der Philosophie des
Geistes als Selbstmodell (Metzinger, 1993) bezeichnet worden.
Die symbolisch-interaktionistische Identitätstheorie
Einer der Hauptgedanken des Symbolischen Interaktionismus, das Hervorgehen des Selbst und der Gesellschaft aus der sozialen Interaktion, kondensiert sich im Begriff der Rollenidentität (McCall & Simmons, 1966; Stryker
& Serpe, 1982). Wenn Menschen sprachliche Begriffe benutzen, um sich zu
beschreiben, so organisieren sie ihr Wissen über sich selbst analog zur Struktur gesellschaftlicher Institutionen. Das meint Stryker (1980) mit dem Ausspruch: „Self reflects society.“ Die viel zitierte Mutter, die sich als solche
versteht, nimmt damit die gesellschaftlichen Erwartungen an die Mutter-Institution in ihr Selbstverständnis und – so würde die Affektsteuerungstheorie
behaupten – in ihr Selbstgefühl auf. Menschen handeln (und fühlen) in Rollen, erfüllen also im Handeln gesellschaftlich vorgegebene Erwartungen an
die Position, in der sie sich befinden. Sie tun dies aber nicht blind, sondern
konstruieren ihre individuelle Identität in der Auseinandersetzung mit vielen möglichen Rollenangeboten. Es entsteht eine hierarchische Struktur des
Selbst, in der verschiedene Rollenidentitäten unterschiedlich wichtig sind.
McCall und Simmons (1966) unterscheiden in ihrem Rollenidentitätsmodell zwischen der Prominenz- und der Salienzhierarchie. Mit ersterer ist eine
Art Selbstideal gemeint, das mit der Frage „Welche Identitäten sind dir wichtig?“ erhoben werden kann. Die Identität der Mutter könnte einer Person
dauerhaft wichtiger sein als z. B. die der Tänzerin. Das Salienzkonzept stellt
hingegen die dynamische, situative Komponente des Rollenidentitätsmodells
dar. In einer spezifischen Situation kann eine bestimmte Rollenidentität dominieren („salient“ sein) und das Handeln steuern, obwohl sie der handelnden
Person nicht viel bedeutet (also nicht „prominent“ ist). Ein situativer Reiz
wie etwa eine bestimmte Musik könnte in der Person aus dem Beispiel die
Identität der Tänzerin vorübergehend in der Hierarchie steigen und damit
ihre Handlungen dominieren lassen, so lange bis möglicherweise das Schreien
des Kindes die Mutter-Identität wieder salient werden lässt. Stryker und
Serpe (1982) vertreten einen leicht nuancierten Salienzbegriff (zu den Details
der verschiedenen Versionen der Identitätstheorie siehe Stets, 2006; Stryker
& Burke, 2000), auch sie betonen aber, dass soziales Handeln eine Frage
der aktuellen Selbstdefinition ist, für welche sprachliche Begriffe mit sozial
52
geteilter Bedeutung herangezogen werden.
MacKinnon und Heise (zit. n. Heise, 2007a, Kapitel 10) benutzen die
Metrik des Semantischen Differenzials, um die Entstehung von Identitätshierarchien zu erklären. Sie unterstellen, dass zu jedem Selbstkonzept ein
charakteristischer Selbstaffekt (self sentiment) gehöre, etwa so, wie mit jedem
sprachlichen Begriff ein Grundgefühl verbunden ist. Nun wird ein Individuum
es bevorzugen, solche Rollenidentitäten für sich anzunehmen, die mit seinem
Selbstaffekt kompatibel sind. Wer beispielsweise einen positiven, mächtigen
und dynamischen Selbstaffekt hat, wird vielleicht Sportler werden, weil er
die affektive Bedeutung dieser von der Gesellschaft bereitgestellten Identität
als kompatibel zu sich selbst empfindet. Das Modell von MacKinnon und
Heise ist zunächst biographisch gedacht, es wird z. B. über die Untersuchung
der Übereinstimmung von EPA-Profilen gewählter Berufe mit gemessenen
Selbstaffekten empirisch geprüft (MacKinnon & Heise, in Vorb., persönliche
Kommunikation mit MacKinnon). Eine situative Anpassung (im Sinne der
Salienzhierarchie von McCall und Simmons) ist aber ohne weiteres denkbar. Um das obige Beispiel aufzunehmen, könnte durch Musik ein situativ
abweichender Selbstaffekt (Stimmung) ausgelöst werden, der semantisch der
Identität als Tänzerin nahe ist.
Das Arbeitsselbst
In Analogie zum Arbeitsgedächtnis, das im Unterschied zum Langzeitgedächtnis eine sehr begrenzte Kapazität hat und situativ bedingt mit Inhalten
gefüllt ist, haben Markus und Wurf (1987) den Begriff des Arbeitsselbst (working self) geprägt. Sie zeichnen ein hoch dynamisches und flexibles Bild des
Selbstkonzepts, das beachtlicher situativer Variation unterliegt. Die Parallele zum Rollenidentitätsmodell ist augenfällig: Beide gehen von einem aktuell handlungswirksamen ausschnittartigen Selbstkonzept aus, welches sich
je nach situativem Reiz aus einer Art Langzeitspeicher speist, im einen Fall
individuelle Gedächtnisinhalte, im anderen Fall kulturell geteilte Rollenvorstellungen. Man kann sich beide Modelle komplementär denken: Markus und
Wurf untersuchen den kognitiven Prozess bei der Konstruktion des situativ wirksamen Selbstkonzepts, während McCall und Simmons bzw. Stryker
auf die sozial-strukturelle Einbettung der Inhalte dieses kognitiven Prozesses
aufmerksam machen.
Selbstmodelle
Metzinger definiert das Selbst unter Rückgriff auf die Modelltheorie von
Johnson-Laird (1983, s. o.) als
53
ein in ein internes Modell der Welt eingebundenes Analogrepräsentat des es konstruierenden Systems in seiner Umwelt (Metzinger, 1993, S. 158, Hervorhebung im Original).
Diese umständliche Definition mag zunächst „nur“ nach dem Bemühen eines
Philosophen um begriffliche Klarheit klingen, bei genauerer Betrachtung ist
in ihr jedoch eine folgenreiche psychologische Theorie enthalten, die behauptet, dass die Beziehung zwischen dem Selbst und seiner Umwelt den allgemeinen semantischen Strukturen des kognitiven Systems folgt. Selbstmodelle
sind komplementär zu mentalen Modellen von der Welt. Wenn man im Sinne der oben (Abschnitt 2.1.2) diskutierten Verbindung von Symbolischem
Interaktionismus und der Theorie der mentalen Modelle annimmt, dass die
Weltmodelle zweier Angehöriger einer Kultur strukturell gleich (oder zumindest ähnlich) sind, weil sie über Prozesse der Perspektivenübernahme bzw.
der symbolischen Interaktion sozial synchronisiert wurden, dann entspricht
die semantische Struktur der Sprache der Struktur der Weltmodelle der Individuen (bzw. ist dieser zumindest ähnlich). Es ist dann möglich, durch die
Untersuchung der Sprache Voraussagen über die Beziehung zwischen Selbst
und Umwelt einzelner Individuen zu machen. Nichts anderes tut die Affektsteuerungstheorie.
Metzinger (1993, S. 160 ff.) unterscheidet drei Klassen von Selbstmodellen
in verschiedenen Abstraktionsgraden. Das Fundament ist das Körperschema,
welches sich – so spekuliert Metzinger – aus dem evolutionären Vorteil heraus entwickelt haben könnte, den eine innere Repräsentation des eigenen
Körpers für ein biologisches System gehabt haben könnte. Die am meisten
entwickelte Klasse besteht aus kognitiven Selbstmodellen, die sicherlich mit
dem identifizierbar sind, was in der kognitiven Sozialpsychologie unter Selbstkonzept verstanden wird. Das weiter oben diskutierte Arbeitsselbst (Markus &
Wurf, 1987) wäre dann ein situatives Selbstmodell. Von besonderer Bedeutung
sind bei Metzinger Selbstmodelle einer mittleren Abstraktionsebene, nämlich
emotionale Selbstmodelle. Diese verbinden in seiner Theorie das Selbst mit
dem Körper. Ihre Funktion wird darin gesehen, dem Organismus seine „biologische Interessenslage“ deutlich zu machen, die aus einer Diskrepanz des
Zustands des Organismus zu einem mental repräsentierten Zielzustand entsteht. Obwohl Metzinger natürlich biologisch argumentiert, werden Parallelen
zur soziologischen Affektsteuerungstheorie deutlich. Auch dort werden Emotionen als Steuerungsgröße aufgefasst, die das Handeln des Individuums auf
ein Ziel ausrichten sollen. Mag dieses Ziel bei der Steuerung sozialer Interaktion sozialer bzw. kultureller statt biologischer Herkunft sein, so ist doch der
mentale Mechanismus zu seiner Erreichung der gleiche wie bei der Befriedigung basaler Bedürfnisse des Organismus: ein aktuelles Selbstmodell (z. B.
54
der vorübergehende Selbst-Eindruck nach einer Handlung) wird mit einem
modellierten Zielzustand (z. B. der salienten Identität) kontrastiert und das
aus dem Kontrast resultierende Emotionsmodell legt dem Individuum einen
passenden Handlungsimpuls zur Überwindung der Diskrepanz auf.
Selbstverifikation
Wird die Affektsteuerungstheorie im Sinne der Ausführungen der vorigen
Absätze auf das Selbst bezogen, um den eigentlichen psychologischen Mechanismus der sozialen Interaktionssteuerung zu untersuchen, so weist sie
große Ähnlichkeit zur aus der psychologischen Sozialpsychologie stammenden
Selbstverifikationstheorie (Swann & Read, 1981; Swann, Rentfrow & Guinn,
2003) auf. Diese entstand größtenteils in Abgrenzung zu Theorien der Selbstwerterhöhung (einen Überblick geben Dauenheimer, Stahlberg, Frey & Petersen, 2002), welche annehmen, dass Menschen grundsätzlich motiviert seien,
ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen. Die Selbstverifikationstheorie nimmt demgegenüber an, dass Menschen motiviert seien, eine Bestätigung ihres Selbstkonzepts zu erfahren. Da die meisten Menschen ein positives Selbstkonzept mit
einem verbundenen hohen Selbstwertgefühl haben, ist die Voraussage beider
konkurrierender Theorien für die meisten Personen die Gleiche. Sie unterscheiden sich aber darin, was sie für Personen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl voraussagen. Entsprechend finden sich oft depressive Probanden
in den zur Selbstverifikationstheorie gehörenden Untersuchungen (z. B. bei
Giesler, Josephs & Swann, 1996).
Das experimentelle Paradigma der Selbstverifikationstheorie ist leicht beschrieben. Typischerweise wird zunächst mittels Fragebögen das Selbstkonzept der Vpn erhoben, anschließend wird die Stichprobe am Median geteilt,
wodurch sich eine Bedingung mit niedrigem und eine mit hohem Selbstwertgefühl ergibt. Wahlweise erfolgt diese Prozedur auch anhand des Konzepts
der interpersonalen Dominanz; die Affiliations- und die Dominanzdimension
aus dem sozio-emotionalen Apriori lassen sich also leicht identifizieren. Nun
bekommen die Vpn irgend eine Aufgabe gestellt (z. B. ein Gedicht vortragen)
und erhalten dann zwei fingierte Rückmeldungen darüber, wie gut sie diese
Aufgabe gelöst hätten. Typische abhängige Variablen sind, welche Rückmeldung die Vpn bevorzugen, mit welchem (fingierten) Rückmelder sie lieber
in einer vermeintlichen zweiten Phase des Experiments zusammen arbeiten
wollen, etc. Im Prinzip müsste man jetzt leicht empirisch über die konkurrierenden Theorien entscheiden können: die Selbstwerterhöhungstheorie sagt
einen varianzanalytischen Haupteffekt voraus, dass nämlich alle Probanden
das positive Feedback bevorzugen. Hingegen sagt die Selbstverifikationstheorie – kontraintuitiv – einen Interaktionseffekt voraus, dass nämlich die Vpn
55
mit negativem Selbstkonzept das negative Feedback bevorzugen und nur diejenigen mit positivem Selbstwertkonzept das positive Feedback. In der Praxis
ließ sich nicht so leicht zwischen den Theorien entscheiden, da es offenbar
auf die genaue Gestaltung der abhängigen Variable ankam. Bei eher evaluativen Variablen (z. B. „Welches Feedback gefällt mir besser?“) sprachen
die Ergebnisse für die Selbstwerterhöhungstheorie; bei eher verhaltensorientierten Variablen (z. B. „Mit welchem Rückmelder möchte ich lieber einen
Kaffee trinken gehen?“) hingegen für die Selbstverifikationstheorie. In einem
einflussreichen Aufsatz haben Swann, Griffin, Predmore & Gaines (1987) daher den Begriff des kognitiv-affektiven Kreuzfeuers geprägt. Kognitiv, so die
Verfeinerung ihrer Theorie, strebten Menschen nach der Verifikation ihres
Selbstkonzepts; affektiv hingegen nach der Erhöhung ihres Selbstwertgefühls.
Dieses „Kreuzfeuer“ bringe sie hin und wieder in Dilemmasituationen, in denen der emotionale dem kognitiven Handlungsimpuls widerspreche.
Mit einem Experiment, das dem Paradigma der Selbstverifikationstheorie
folgt, zeigen Robinson und Smith-Lovin (1992), dass sich mit Hilfe der Affektsteuerungstheorie das vermeintliche Dilemma zwischen emotionaler und
affektiver Selbstverifikation auflösen lässt. Der Schlüssel dazu liegt in der
ACT-Hypothese, dass angenehme Emotionen zwar für alle Menschen wünschenswerte und belohnende Zustände sind (sonst wären es ja keine als positiv
bewerteten Emotionen!), dennoch aber zu korrigierenden Verhaltensweisen
führen, wenn sie identitätsdiskrepant sind. Die Affektsteuerungstheorie sagt
nämlich durchaus voraus, dass eine Person mit negativem Selbstwertgefühl
als Reaktion auf ein Lob oder Kompliment sehr positive Emotionen empfindet. Dennoch ist eine weitere Interaktion mit der Person, die das Kompliment
ausgesprochen hat, mit relativ hoher affektiver Abweichung (Deflection) verbunden, so dass die ACT – in Übereinstimmung mit der Befundlage aus den
Selbstverifikations-Experimenten – vorhersagt, dass jede weitere Interaktion trotz aller mit ihr verbundenen positiven Emotionen möglichst gemieden
wird. So war es auch im Experiment von Robinson und Smith-Lovin (1992):
Vpn mit geringem Selbstwertgefühl zogen es vor, mit einer Person weiter
zu interagieren, die (vermeintlich) ihre Leistung beim Vorlesen eines Romanausschnittes kritisiert hatten, obwohl sie angaben, die (vermeintlich) lobende
Rückmeldung einer zweiten Person angenehmer zu finden.
2.3
Forschungsbeitrag der Dissertation
Die bisherigen Ausführungen mögen geeignet sein zu zeigen, dass die Annahmen der Affektsteuerungstheorie sich gut mit zentralen theoretischen Ansätzen aus den Bereichen der soziologischen und der psychologischen Sozialpsy56
chologie sowie der Kognitionspsychologie vereinbaren lassen.
2.3.1
Zwischenergebnis
Ein Großeil der mentalen Repräsentation sozialer Interaktion spielt sich in
einem dreidimensionalen Bedeutungsraum ab, der vor allem affektiver Natur ist. Über Prozesse zunächst der Perspektivenübernahme und später der
Interaktion mit Hilfe von Symbolen bilden sich im Verlauf der Sozialisation sozial synchronisierte mentale Repräsentationen von Handelnden und
von Handlungen heraus, die in der Sprache objektiviert sind. Menschen entwickeln Modelle von sich selber, denen sie Bedeutungen geben. Dafür nutzen
sie das Angebot an Symbolen, welches in ihrer Kultur bereitsteht. Soziales
Handeln ist eine Folge des Strebens nach strukturell konsistenten mentalen Repräsentationen: Es werden solche Handlungen gewählt, die semantisch
zur situationsbezogenen, in Rollenerwartungen eingebetteten Selbstdefinition
passen. Passungen und Diskrepanzen von Handlungen, sozialen Erwartungen
und Selbstmodellen werden in Emotionen erlebt.
Da die Struktur der Sprache die Struktur der kollektiven mentalen Modelle widerspiegelt, lassen sich aus der Untersuchung der affektiven Eigenschaften der Sprache Hypothesen zum Handeln und emotionalen Erleben
von Menschen in der sozialen Interaktion ableiten. Die affektive Dynamik
bei der Sprachverarbeitung entspricht der affektiven Dynamik in der unmittelbar erlebten sozialen Interaktion, da beim Verarbeiten von Sprache mentale Modelle konstruiert werden, die den mentalen Modellen unmittelbarer
sensorischer Erlebnisse funktional ähnlich sind.
2.3.2
Forschungsbedarf
Übertragung der Theorie in die deutsche Sprache
Das erste Ziel der vorliegenden Dissertation bestand darin, ein deutschsprachiges Modell für die Affektsteuerungstheorie zu entwickeln, bestehend aus
einem affektiven Lexikon und dem Gleichungssystem zur Modellierung von
Eindrucksbildung, Attributionsprozessen und Emotionen. Die Arbeit knüpft
an Vorarbeiten von Schneider (1989a; 1989b) an, der im Rahmen seiner Diplomarbeit ein kleines deutschsprachiges affektives Lexikon aus etwa 800
Begriffen angelegt hatte. Auf dieser Datenbasis sind einige Arbeiten zum
interkulturellen Vergleich der emotionalen Bewertung gesellschaftlicher Institutionen zwischen Deutschen und US-Amerikanern entstanden, die sich
insbesondere auf die Wahrnehmung von Autorität (Schneider, 2002a; 2004)
sowie von Sexualität (Schneider, 2002c; 2003) beziehen. Schneiders Arbeiten
57
gründen jedoch lediglich auf den Vergleich von EPA-Profilen; ein ACT-Gleichungssystem existierte für die deutsche Sprache bisher nicht. Vollständige
ACT-Modelle lagen bisher nur für Englisch (Averett & Heise, 1987; SmithLovin, 1987)14 und Japanisch (H. W. Smith et al., 2001; H. W. Smith et al.,
1994) vor.
Während die dreidimensionale Struktur des affektiven Bedeutungsraumes
kulturübergreifend bestens belegt ist (siehe Abschnitt 2.1.3.), so ist die Frage der Universalität von Prozessen der sprachlich basierten Eindrucksbildung
weitgehend offen. Die bestehenden kulturvergleichenden Arbeiten von H. W.
Smith et al. (2001) und H. W. Smith et al. (1994) deuten darauf hin, dass
die Struktur der US-amerikanischen und japanischen Gleichungen insgesamt
weitgehend ähnlich ist, aber vor allem im Attributionsmodell einige bedeutsame Unterschiede aufweist. So geht beispielsweise das japanische Modell von
stärkeren Geschlechtsunterschieden aus, und der Attributionsprozess scheint
hinsichtlich der Zahl der Interaktionseffekte komplexer zu sein als bei USAmerikanern (H. W. Smith et al., 2001).
Die erste Forschungsfrage bestand also darin, ob sich die Affektsteuerungstheorie komplett in einer weiteren Sprache, nämlich der deutschen,
würde replizieren lassen. Eng damit verbunden war das Anliegen, etwaige
kulturelle Besonderheiten aufzuspüren und im Modell abzubilden. Die Annahme, dass Kultur sich über die affektive Struktur der Bedeutungen auf das
individuelle Handeln auswirkt, gehört zum Kern der Affektsteuerungstheorie.
Wenn man die Theorie in diesem Punkt ernst nimmt, ist ein kulturspezifisches Modell folglich die Vorbedingung für alles weitere Arbeiten auf ihrer
Grundlage. Somit erschien es gleichsam logisch zwingend, zunächst ein komplettes deutschsprachiges ACT-Modell zu entwickeln, bevor zum Kernanliegen der Dissertation, nämlich einer sorgfältigen experimentellen Überprüfung
der Theorie, übergegangen werden konnte.
Überprüfung der Theorie im Verhaltensexperiment
Obwohl die Affektsteuerungstheorie auf die Erklärung sozialer Interaktion
abzielt, besteht die große Mehrheit der auf ihr basierenden empirischen Arbeiten genau genommen aus Sprachverarbeitungsstudien. Im August 2008
waren auf der ACT-Internetseite (Heise, 1997) 176 Veröffentlichungen gelistet, eine Suche in der Datenbank psycinfo unter dem Stichwort Affect Control Theory ergab zusätzliche 8 Treffer. Zieht man Überblicksdarstellungen
und Lehrbuchkapitel ab, so verbleiben etwa 160 theoretische und empiri14
MacKinnon hat das Gleichungssystem in Kanada ebenfalls in englischer Sprache repliziert, seine Ergebnisse aber wegen der großen Ähnlichkeit zu dem US-amerikanischen
Modell nicht publiziert (persönliche Kommunikation mit MacKinnon).
58
sche Arbeiten. Ein gutes Drittel davon widmet sich technischen Fragen wie
der Messung affektiver Assoziationen mit dem Semantischen Differenzial, der
Schätzung der Modellgleichungen und der Computersimulation sozialer Interaktion. Die meisten restlichen Aufsätze thematisieren Anwendungen der
ACT auf verschiedene gesellschaftliche Phänomene wie die Existenz von Subkulturen, Kriminalität und anderweitig abweichendes Verhalten, oder interkulturelle Unterschiede im emotionalen Erleben.
Das methodische Vorgehen besteht dabei in der Regel aus einer Kombination von Messungen affektiver Assoziationen zu Begriffen, Computersimulation sozialer Interaktion und einer Art qualitativer Plausibilitätsbeurteilung,
teilweise auch verbunden mit klassisch symbolisch-interaktionistischen Methoden wie der teilnehmenden Beobachtung. Schneider (2002a) vertritt etwa
die Meinung, dass bei der Durchführung einer Computersimulation „neue Daten“ generiert würden, die verwendet werden könnten, um Hypothesen zur
sozialen Interaktion zu überprüfen. Möglicherweise unterliegt er hier aber einem epistemologischen Irrtum: statt neue Daten zu erzeugen, werden die im
ACT-Modell bereits enthaltenen Daten lediglich in eine andere, konkretere
Form umgewandelt. Es handelt sich bei der Durchführung einer Computersimulation mit INTERACT eher um die Ableitung einer Hypothese aus der
Theorie statt um die Überprüfung einer Hypothese. Überprüft wird hier lediglich, ob die vom Programm mathematisch hergeleitete Hypothese in etwa
der vom Forscher selber im Geiste aus der Theorie abgeleiteten Hypothese
entspricht. Das ist durchaus ein wichtiger Schritt, und wenn viele Forscher
dann zu den Ergebnis kommen, dass sie die Vorhersagen der Computersimulation für plausibel halten, ist es ein (prinzipiell sogar quantifizierbarer)
Beleg dafür, dass eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Berechnungen des
Programmes und den mentalen Schlussfolgerungen der beteiligten Personen
gibt. Um aber wirklich eine solche Hypothese unabhängig zu prüfen, ist in der
Tat das Sammeln neuer, von dem ACT-Modell unabhängiger Daten nötig.
Solche unabhängigen Daten können durchaus qualitativer Natur sein, wie
etwa in einer Arbeit von Smith-Lovin & Douglass (1992), die in zwei religiösen Subkulturen die affektiven Bewertungen identitätsrelevanter Begriffe
und darauf basierende Computersimulationen mit den Ergebnissen klassischer Interviews verglichen. Entscheidend ist aber, zumindest wenn man das
Ziel einer Prüfung der Theorie verfolgt, dass neue Daten benutzt werden, um
die Ergebnisse von Computersimulationen zu beurteilen.
Explizite empirische Überprüfungen der ACT im zuletzt genannten Sinne
finden sich vor allem bezüglich der Emotionstheorie. Als Beispiel mag eine
Arbeit von Heise und Weir (1999) dienen, bei der den Vpn kurze Situationsbeschreibungen gegeben und sie gebeten wurden anzugeben, welche Emotionen sie in der jeweiligen Situation empfinden würden. Diese Antworten
59
wurden dann mit den Vorhersagen verglichen, die aus der Computersimulation der beschriebenen sozialen Interaktionen ermittelt worden waren. Viel
zitiert wird das Experiment von Robinson, Smith-Lovin und Tsoudis (1994),
die Probanden fiktive Beschreibungen einer Gerichtsverhandlung vorlegten,
in denen experimentell die Emotionen variiert wurden, welche die Angeklagten angeblich während ihrer Aussage gezeigt hatten. Abhängige Variable war
das von den Vpn festzulegende Strafmaß, welches in der Tat gut durch den
per Computersimulation vorhergesagten affektiven Eindruck von den „Angeklagten“ vorhergesagt werden konnte.
Während die genannten beiden ebenso wie viele weitere Untersuchungen
klar das Kriterium erfüllen, die Vorhersagen der Affektsteuerungstheorie anhand neuer, vom Modell unabhängiger Daten zu prüfen, und die Theorie
auf dieser Ebene als gut bestätigt gelten kann, so ist die Aussagekraft dieser
Art von Experimenten doch in einer Hinsicht begrenzt. Gibt man Probanden
kurze Texte (sog. Vignetten) zu lesen und bittet sie dann anzugeben, wie sie
wohl fühlen und handeln würden, so testet man nur ein weiteres Mal, wie
Sprache verarbeitet wird (vgl. auch Vogels (1996) Kritik am Einsatz von Vignetten in der Emotionspsychologie). Die ACT-Modelle, auf denen die Computersimulation von Handlungen und Emotionen basiert, wurden gewonnen,
indem Vpn ihre affektiven Reaktionen auf kurze sprachliche Situationsbeschreibungen angegeben haben. Nun wendet man die Modelle an, um wiederum affektive Reaktionen auf neue sprachliche Situationsbeschreibungen
vorherzusagen. Diese neuen Beschreibungen sind häufig deutlich komplexer;
insofern stellt das Vorgehen durchaus einen Erkenntnisgewinn dar. Es ist
aber genau genommen nicht statthaft, aus solchen Experimenten Schlüsse
zu ziehen, die über Prozesse der Sprachverarbeitung hinausgehen. Nun wäre
die Affektsteuerungstheorie ohne Zweifel als reine Sprachverarbeitungstheorie
beeindruckend genug; ihre interessanteste Annahme liegt aber darin, dass die
affektive Struktur der Sprache der affektiven Struktur der mentalen Repräsentation sozialer Interaktion gleicht, und dass somit das unmittelbare soziale
Handeln und emotionale Erleben durch den gleichen Konsistenzmechanismus
gesteuert wird wie die Sprachverarbeitung. Genau an diesem Punkt ist aber
die empirische (oder zumindest die experimentelle) Befundlage als dürftig zu
bezeichnen: Lediglich zwei der aufgezählten gut 180 Forschungsarbeiten zur
Affektsteuerungstheorie haben Verhaltensexperimente zum Thema.
Eines dieser beiden Experimente (Robinson & Smith Lovin, 1992) wurde
bereits im Zusammenhang mit der Selbstverifikationstheorie beschrieben. Im
Grunde genommen können viele der Experimente aus dem Selbstverifikations-Paradigma als Bestätigung für eine zentrale Annahme der Affektsteuerungstheorie gelten: dass nämlich Menschen in der sozialen Interaktion nach
der Bestätigung ihres Selbstkonzeptes streben. An diesem Punkt sind beide
60
Theorien in ihrer Voraussage identisch. Die Affektsteuerungstheorie geht aber
über die Selbstverifikationstheorie in zwei Punkten deutlich hinaus. Selbstverifikation ist erstens nur ein Spezialfall des allgemeineren Strebens nach
der Verifikation mentaler Repräsentation von Situationen. Zweitens betont
die Affektsteuerungstheorie die Eingebundenheit des Selbst in eine kulturell
bedingte semantische Struktur und operationalisiert diesen Gedanken empirisch.
In dem zweiten ACT-Verhaltensexperiment (B. Wiggins & Heise, 1987)
ging es darum, den aus der Balancetheorie (Heider, 1946) ableitbaren Be Oe Konsistenzeffekt zu prüfen, der in den amerikanischen Eindrucksbildungsgleichungen das höchste Regressionsgewicht aller Interaktionseffekte hat. Die
Vpn, denen gesagt wurde, sie nähmen an einer „Kommunikationsstudie“ teil,
trafen auf eine weitere Person, von der sie entweder dachten, es handele
sich um einen weiteren „Studenten“, oder aber um einen „Straftäter“ aus
einem Resozialisierungsprogramm der Universität. Die Hälfte der Vpn wurde
vor diesem Zusammentreffen von der „Sekretärin“ des Fachbereiches beleidigt: sie seien „zu dumm“, den Fragebogen vor Beginn des Experimentes
richtig auszufüllen. Der Be Oe -Effekt sagt nun voraus, dass die Vpn, die beleidigt wurden, den anderen vermeintlichen Studenten besonders freundlich,
den vermeintlichen Straftäter aber besonders unfreundlich behandeln würden, um ihr von der Sekretärin beschädigtes Selbstwertgefühl wieder herzustellen. Dies entsprach in der Tat den Einschätzungen von Beobachtern,
die Videoaufzeichnungen der Interaktion mit dem Semantischen Differenzial beurteilten, selber aber nichts von den Hypothesen oder der jeweiligen
Versuchsbedingung des Experimentes wussten.
Bedeutsame Teilaspekte der Affektsteuerungstheorie wurden also auch
in Verhaltensexperimenten bestätigt: Selbstverifikation und der Be Oe -Konsistenzeffekt. Dies sind erste Belege dafür, dass die Theorie mit ihren mathematischen Modellen der sprachbasierten Affektverarbeitung in der Tat
geeignet sein könnte, die Dynamik tatsächlichen Handelns und emotionalen Erlebens in konkreten sozialen Situationen zu beschreiben. Im Rahmen
der vorliegenden Dissertation wurde ein komplexes Experiment entwickelt,
welches zum Ziel hatte, diese Frage genauer zu untersuchen. Insbesondere sollte der Zusammenhang untersucht werden, den die Theorie annimmt
zwischen den Kennwerten affektiver Konsistenz spezifischer Handlungen und
Emotionen sowie der Wahrscheinlichkeit, diese Handlungen und Emotionen
auszuführen bzw. zu erleben.
61
Überblick über den empirischen Teil der Dissertation
Zunächst wurde also ein deutschsprachiges Modell der affektiven Dynamik
sprachlicher Handlungsbeschreibungen in der Tradition der Affektsteuerungstheorie entwickelt. Dieser Teil der Arbeit ist im folgenden Kapitel 3 beschrieben. In einem weiteren Schritt wurde geprüft, ob es möglich sein würde, tatsächliches Verhalten und emotionales Erleben von Vpn in einer experimentellen Interaktionssituation mit diesem neu entwickelten Modell vorherzusagen.
Eine Darstellung dieses Experiments findet sich in Kapitel 4.
62
Kapitel 3
Übertragung der
Affektsteuerungstheorie in die
deutsche Sprache
In diesem Kapitel wird eine empirische Studie beschrieben, bei der ein Modell der Affektsteuerungstheorie in deutscher Sprache entstanden ist. Es besteht aus neun Regressionsgleichungen, welche die affektive Dynamik einfacher Handlungen modellieren, aus drei Regressionsgleichungen, welche die
affektive Grundlage von Attributionsprozessen beschreiben, sowie aus einem
affektiven Lexikon, in dem im Deutschen häufig vorkommende Begriffe enthalten sind, die soziale Identitäten, Handlungen, Emotionen und Persönlichkeitseigenschaften beschreiben. Die Studie greift Vorarbeiten von Schneider
(1989a) auf, so dass insegesamt ein komplettes, den amerikanischen und japanischen Datensätzen vergleichbares Modell vorliegt, das die Grundlage für
künftige Forschung zur ACT in Deutschland bilden kann. Es liegt auch dem
in Kapitel 4 dieser Arbeit beschriebenen Experiment zu Grunde.
3.1
Hintergründe
Die Affektsteuerungstheorie ist kultur- und nicht individuumsbezogen. Verhalten und Emotionen werden mit der kulturell geteilten Bedeutung von
Identitäten und Handlungen erklärt. Für die empirische Modellbildung kommt
es daher darauf an, dass die Messung von affektiven Konnotationen auf gesellschaftlicher Ebene aggregiert zuverlässig erfolgt. Es werden gleichsam Eigenschaften einer Kultur gemessen, was eine in der Psychologie etwas unübliche Behandlung der Daten erfordert, die hier deshalb ausführlicher erläutert
wird.
63
3.1.1
Kultur als Konsens
In der ACT-Literatur wird häufig Bezug genommen auf das Kultur-als-Konsens-Modell von Romney, Weller & Batchelder (1986). Kultur ist demnach
eine Frage der Übereinstimmung von Kulturangehörigen. Da Wissen über eine Kultur (zum Beispiel: Ist Weihnachten in Deutschland ein wichtiges Fest?)
dem Forscher nicht unmittelbar zugänglich ist, ist er darauf angwiesen, Angehörige der Kultur zu befragen oder zu beobachten. Eine Beobachtung dürfte
nicht ausreichen, denn der Beobachtete könnte den Forscher täuschen, oder
aber selber einer Täuschung unterliegen. Mehrere übereinstimmende Beobachtungen ergeben schon ein besseres Bild. Wie viele Beobachtungen sind
aber tatsächlich nötig, um ein annähernd sicheres Urteil zu erlangen? Romney
et al. (1986) benutzen Baysesche Statistik, um diese Frage zu beantworten.
Mit dem Satz von Bayes kann man nämlich bei einer gegebenen Konfiguration
von Beobachtungen (etwa: von fünf Deutschen, die der Forscher beobachtet
hat, gingen vier an Weihnachten in die Kirche) die Wahrscheinlichkeiten für
die Gültigkeit konkurrierender Hypothesen berechnen (H0: „Weihnachten ist
für Deutsche wichtig“ vs. H1: „Weihnachten ist für Deutsche nicht wichtig“).
Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man die kulturelle Kompetenz der
beobachteten Personen kennt, also die Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese
sich in einer gegebenen Situation kulturadäquat verhalten. Unterstellt man
etwa, dass sich Deutsche in 70 Prozent aller möglichen Situationen kulturadäquat verhalten, so müsste man an Weihnachten zehn Deutsche beobachten,
um die Frage der Bedeutung dieses Festes mit 95prozentiger Sicherheit klären zu können (Romney et al., 1986, Tabelle S. 326). Nun steht man in der
Praxis natürlich vor dem Problem, dass man die kulturelle Kompetenz der
beobachteten Personen nicht kennt. Romney et al. (1986) schlagen daher
vor, diese anhand der durchschnittlichen Übereinstimmung der Personen mit
jeweils allen anderen Personen aus der Stichprobe abzuschätzen.
Differenzialpsychologisch ausgebildeten Leserinnen und Lesern wird die
Analogie zur psychologischen Testtheorie aufgefallen sein. Hier ist man an
der zuverlässigen Messung eines nicht direkt der Beobachtung zugänglichen
latenten Persönlichkeitsmerkmals interessiert und bedient sich dafür mehrerer Testitems. Eine übereinstimmende Beantwortung mehrerer solcher Testitems wird auf das Wirken eines dahinter liegenden Faktors zurück geführt.
Das Kultur-als-Konsens-Modell funktioniert nach der gleichen Logik: Ein latenter Faktor, nämlich die Kultur, wirkt auf einzelne Items, die nämlich hier
die beobachteten Personen sind. Deren kulturelle Kompetenz entspricht der
Trennschärfe der Items in der psychologischen Testtheorie. Will man einen
psychologischen Test konstruieren, so muss man trennscharfe Items finden.
Will man hingegen die kulturell geteilte Bedeutung von Begriffen messen,
64
so benötigt man entsprechend kulturell kompetente Beurteiler. Die Reliabilitätsbestimmung kann analog der Testtheorie erfolgen (Halbierungsreliabilität, interne Konsistenz), nur dass Personen über Variablen und nicht Variablen über Personen korreliert werden. Die Berechnungen erfolgen also nach
der Q-Technik im Cattellschen Kovariationsschema (Cattell, 1952). Faktorenanalysen, die auf solchen Q-Korrelationen zwischen Personen basieren, liefern
einen Weg, den Grad der kulturellen Übereinstimmung bei der affektiven Bewertung von Begriffen zu bestimmen: Zu erwarten ist im Wesentlichen nur
ein großer Faktor, der allein für einen sehr großen Varianzanteil verantwortlich ist. Die Kommunalität ist dann ein Maß für die kulturelle Kompetenz
einer Person im Sinne des Kultur-als-Konsens-Modells.
3.1.2
Das „Projekt Magellan“
Unter dem Namen Projekt Magellan (Heise, 2001) sind einige neuere Studien zusammengefasst, in denen affektive Lexika mit einer computergestützten und internetfähigen Version des Semantischen Differenzials in den USA
(Francis & Heise, 2006), Kanada (MacKinnon, 2006), Japan (H. W. Smith,
Matsuno, Ike & Umino, 2006) und China (H. W. Smith & Cai, 2006) erstellt wurden. Dabei wurden in der jeweiligen Sprache zwischen 1000 und
2000 Begriffe (Identitäten, Handlungen, Emotionen, Persönlichkeitsmerkmale und Settings) von jeweils 25-30 Frauen und 25-30 Männern bewertet. Mit
der Methode der blinden Rückübersetzung1 wird dafür Sorge getragen, dass
ein Großteil des Wortschatzes hinsichtlich seiner denotativen Bedeutung zwischen den verschiedenen Sprachen überlappt. Auf die Weise ist an der Indiana
University eine große interkulturelle Datenbank entstanden, die über das Internet frei zugänglich ist2 und interessierten Forschern ermöglicht, die sich
durch die affektiven Assoziationen ergebenden Bedeutungsnuancen kulturvergleichend zu betrachten.
Neben den üblichen denotativen sind damit nämlich auch „affektive Übersetzungen“ möglich. Zum Beispiel entspricht das in dieser Studie gemessene
Gefühl, das Deutsche mit dem Wort Gott verbinden [1,5 2,1 -1,3], recht
gut den Empfindungen, die bei US-Amerikanern durch das Wort Psychiatrist ausgelöst werden [1,1 1,6 -0,9], während der US-amerikanische God
1
Ein Wort wird von einer Sprache in die andere übersetzt und dann von einem unabhängigen Übersetzer wieder zurück in die Ausgangssprache übersetzt. Entspricht die
Rückübersetzung dann dem ursprünglichen Wort, so wird von davon ausgegangen, dass
beide Wörter in ihrer jeweiligen Sprache die gleiche Bedeutung tragen. Die Bedeutung
solcher Wörter, bei denen eine Rückübersetzung nicht auf Anhieb gelingt, versucht man
unter Hinzuziehung zweisprachiger „Sprachexperten“ zu klären.
2
http://www.indiana.edu/ socpsy/ACT/interact.htm
65
auch im semantischen Raum unendlich gut und unendlich mächtig über allem schwebt [2,9 3,3 1,0]. Natürlich ist dieses Beispiel sehr selektiv ausgewählt (und vielleicht auch von den Vorurteilen eines Deutschen gegenüber
der amerikanischen Gesellschaft geleitet), aber es verdeutlicht die Hypothese,
die hinter den (durchaus sorgfältigen und methodisch systematischen) kulturvergleichenden Forschungsarbeiten unter dem Dach des Projekt Magellan
steht: dass nämlich die Eigenheiten einer Kultur in der affektiven Struktur der Sprache ihren Niederschlag fänden und damit mit der Technik des
Semantischen Differenzials auch quantitativ messbar und vergleichbar seien. Zum Beispiel konnte Schneider (2004) zeigen, dass über Clusteranalysen
und Expertenratings ermittelte Begriffe, welche Autoritäten bezeichnen (wie:
Vater, Richter, Manager, etc.), von US-Amerikanern systematisch positiver beurteilt werden (Evaluation) als von Deutschen. Dieser Befund passt
zu den kulturvergleichenden Arbeiten von Hofstede (1984), aus denen deutlich wird, dass US-Amerikaner ein höheres Maß an Machtunterschieden für
legitim halten als Deutsche (Hofstede nennt dies Machtdistanz).
Aus sozialpsychologischer Sicht viel interessanter als der Vergleich einzelner Begriffe sind die Möglichkeiten, die sich durch die Affektsteuerungstheorie
und die Datenbank des Projekt Magellan für den interkulturellen Vergleich
sozialer Interaktionen ergeben. So demonstrieren beispielsweise H. W. Smith
et al. (2001) mit diesen Daten die unterschiedlichen typischen Attributionsprozesse von Japanern im Vergleich zu US-Amerikanern, während Schneider
(2002a) auf die gleiche Weise zeigt, wie die Affektsteuerungstheorie charakteristische Konflikte in der Zusammenarbeit zwischen deutschen und USamerikanischen Managern vorhersagt.
3.1.3
Deutschsprachige Vorläufer
In den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts gab es unabhängig
voneinander zwei Ansätze zur Schaffung deutschsprachiger affektiver Lexika.
Michael Schwibbe und Kollegen, eine Gruppe von Psychologen, ließen für ihren Semantischen Atlas 800 Substantive, 498 Verben und 880 Adjektive von
32 Personen (15 Männer und 17 Frauen) mit dem von Ertel (1964) entwickelten deutschsprachigen Semantischen Differenzial bewerten (Schwibbe et al.,
1994). Andreas Schneider, ein Soziologe, ließ etwa zur gleichen Zeit 442 Identitätsbegriffe (also Substantive), 295 Handlungsbegriffe (also Verben) und 67
Emotionsbegriffe (also Adjektive) von insgesamt 520, jeweils aber 60 Personen (30 Männer und 30 Frauen) mit einer deutschen Übersetzung des semantischen Differenzials von Osgood et al. (1975) bewerten (Schneider, 1989a).
Dass beide Autoren einander nicht zitieren und voneinander nicht wussten
(persönliche Kommunikation), ist ein weiteres Beispiel für die Kommunika66
tionsdefizite zwischen Psychologie und Soziologie. Schwibbes Semantischer
Atlas ist dementsprechend auch nicht auf das handlungsbezogene Modell der
Affektsteuerungstheorie ausgerichtet, was sowohl hinsichtlich der Auswahl
bewerteter Begriffe als auch für die Art gilt, in der diese den Versuchspersonen präsentiert wurden. Außerdem liegen die affektiven Bewertungen nicht
nach Geschlechtern getrennt vor, was in der ACT-Literatur aber üblich ist.
Die nachfolgend zu beschreibende Studie orientiert sich daher aus Gründen
der Vergleichbarkeit an der Arbeit von Schneider (1989a), die wiederum die
methodischen Standards berücksichtigt, welche sich in den weltweiten Forschungen zur Affektsteuerungstheorie (auch im Projekt Magellan) etabliert
haben.
3.2
Methode
Bevor die Stichprobe und der Ablauf der Datenerhebung beschrieben werden, widmen sich die beiden folgenden Abschnitte zunächst der Auswahl und
Erstellung der zu bewertenden Stimuli sowie der Konstruktion des benutzten
Semantischen Differenzials.
3.2.1
Zusammenstellung der Stimuli
Das vorliegende deutsche ACT-Modell besteht aus dem affektiven Lexikon,
den Eindrucksbildungsgleichungen und den Verschmelzungsgleichungen. Daher wurden den Probanden drei Arten von Stimuli zur Bewertung ihrer affektiven Assoziationen vorgelegt: kontextfreie einzelne Wörter, Wörter im Kontext einer Handlungsbeschreibung nach dem Subjekt-Verb-Objekt-Schema
sowie Wortkombinationen nach dem Adjektiv-Substantiv-Schema. Beispiele
für alle Arten von Stimuli sind in Abb. 3.1 dargestellt.
Einzelne Wörter
In der Studie wurden 373 Identitäts- und 393 Handlungswörter sowie 331
Wörter, die emotionale Zustände oder Eigenschaften bezeichnen insgesamt
also 1 097 Wörter, mit dem Semantischen Differenzial bewertet. Davon wurden 114 Wörter (49 Identitäten und 65 Handlungen) ausschließlich in einer
Pilotstudie bewertet; die nachfolgende Beschreibung bezieht sich nur auf die
Hauptstudie und damit auf 983 Wörter. Die Auswahl der Wörter wurde durch
die folgenden Überlegungen geleitet:
• Eine hinreichende Überlappung mit dem Wortschatz von Schneider
(1989a) zur Berechnung der intrakulturellen zeitlichen Stabilität der
67
affektiven Konnotationen (276 Wörter) sollte gegeben sein.
• Die Teile des Wortschatzes aus dem US-amerikanischen Teil des Projekt
Magellan (Francis & Heise, 2006; Heise, 2001), die nicht schon von
Schneider (1989a) übersetzt worden waren, sollten mit Blick auf die
interkulturelle Vergleichbarkeit zusätzlich aufgenommen werden.
• Zur Abbildung gängiger sozialer Rollen und Institutionen wurden die
von MacKinnon (1994, Kap.6) benutzten Wörter übersetzt.
• Die persönlichkeitsbeschreibenden Adjektive aus dem interpersonalen
Circumplex von Jacobs & Scholl (2005) sowie einer auf Adjektivpaaren
basierenden Big-5-Kurzskala von Ostendorf (1990) wurden mitaufgenommen, um zwei gängige Persönlichkeitsmodelle in dem Modell mit
abbilden zu können.
• Gängige dimensionale Emotionsmodelle (Morgan & Heise, 1988; Scherer, 2005) dienten als Vorlage für die Auswahl von Emotionswörtern.
• Die weitere Aufnahme von Wörtern ergab sich aus inhaltlichen Erwägungen in Vorbereitung der in Kapitel 4 beschriebenen Experimente.
• Aus den vom Projekt Deutscher Wortschatz 3 , basierend auf einer automatisierten Analyse deutschsprachiger Internetseiten, veröffentlichten
1000 „meistgebrauchten deutschen Wörtern“ wurden schließlich zusätzliche Wörter ausgewählt, die sich für die Simulation sozialer Interaktion
eignen.
Soweit Übersetzungen aus dem Englischen nötig waren, erfolgten diese zunächst durch den Autor unter Zuhilfenahme eines gebräuchlichen Wörterbuchs (Alsleben, 2005). Die übersetzten deutschen Wörter wurden dann mit
einer im Internet verfügbaren Übersetzungssoftware4 automatisiert zurück
ins Englische übersetzt. Etwa 65% der Rückübersetzungen waren bei dieser Vorgehensweise deckungsgleich mit dem ursprünglichen englischen Wort.
Die verbleibenden Übersetzungen wurden mit einer zweisprachigen Expertin
diskutiert.
Es gab große Überlappungen zwischen den aus den beschriebenen Quellen zusammengestellten Wörtern. Nichtsdestotrotz musste der zu bewertende
Wortschatz am Ende aus ökonomischen Gründen auf die genannten knapp
1.100 beschränkt werden. Die endgültige Auswahl geschah dann nach weitgehend subjektiven Kriterien. Die komplette Wortliste ist aus dem Anhang
D ersichtlich.
3
4
http://www.wortschatz.uni-leipzig.de
http://translation2.paralink.com
68
Eindrucksbildung: Situationsbeschreibungen
Die Eindrucksbildung bei einer sozialen Handlung wird in der Affektsteuerungstheorie modelliert, indem kontextgebundene affektive Bewertungen (etwa: Eine Mutter streichelt ein Kind. Wie fühlt sich die Mutter
an?) auf kontextfreie affektive Bewertungen (eine Mutter, jemanden
streicheln, ein Kind) regrediert werden. Die Schätzung der Modellgleichungen erfolgt üblicherweise mit der Methode kleinster Quadrate (vgl. Heise
(1991) für die aktuell gebräuchlichen US-amerikanischen bzw. H. W. Smith
et al. (1994) für die japanischen Gleichungen). Es war also eine größere Zahl
an kurzen Handlungsbeschreibungen (Akteur-Verhalten-Objekt) zu konstruieren, die dann als Stimuli für die Erhebung der Kriteriumsvariablen in den
Modellgleichungen dienten. Dabei war sorgfältig darauf zu achten, dass es
nicht allein aufgrund der semantischen Konfiguration der Stimuli zu wechselseitigen Abhängigkeiten der Prädiktoren (Multikollinearität) kommen würde. Bei einem semantisch schlecht balancierten Design wären die Regressionsmodelle nämlich methodische Artefakte, statt die sozialpsychologische
Eindrucksbildung gesetzmäßig darzustellen. Optimal wäre ein Design (vgl.
Smith-Lovin, 1987), bei dem alle möglichen (23 = 8) Konfigurationen positiver und negativer Werte von Evaluation, Potency und Activity mit jeweils
allen Satzbestandteilen (Akteur, Verhalten, Objekt) kombiniert würden. Ein
solches Design bestünde dann aus 83 = 512 Sätzen. Da jeweils die affektiven Konnotationen aller drei Satzbestandteile bewertet werden müssten,
ergäbe das 1.536 Stimuli, die jeweils 50-60 Versuchspersonen vorzulegen wären. Smith-Lovin (1987) gebührt dafür Ehre, diesen immensen empirischen
Aufwand für die Gewinnung des US-amerikanischen ACT-Modells auf sich
genommen zu haben. Für die vorliegende Studie wurde jedoch ein ökonomischerer Ansatz gewählt, der auf dem in der experimentellen Psychologie
häufig angewandten Prinzip des Lateinischen Quadrats beruht, und mit dem
H. W. Smith et al. (1994) erfolgreich und unter Vermeidung von Multikollinearität in den Prädiktoren ein ACT-Modell in japanischer Sprache ableiten
konnten.
In einem Lateinisches-Quadrat-Design sind die Haupteffekte vollständig
ausbalanciert, nicht jedoch die Interaktionen. Da aber für die Affektsteuerungstheorie gerade Interaktionen zwischen den drei Osgoodschen Dimensionen von großer theoretischer Bedeutung sind, ist es alles andere als trivial,
auf genau welches lateinische Quadrat die konstruierten Sätze zurückzuführen sind. Das aus hundert Handlungsbeschreibungen bestehende Design von
H. W. Smith et al. (1994) zielt darauf ab, die Interaktionseffekte zwischen den
Dimensionen Evaluation und Activity auszubalancieren5 . Das basiert auf Vor5
Wie kommt die Zahl von 100 Sätzen zustande? – Ergänzend zu den acht semantischen
69
erfahrungen von Smith-Lovin, bei deren Studien sich hier die meisten Multikollinearitätsprobleme ergeben hatten (persönliche Mitteilung von Smith).
Bei der Übertragung des Modells in eine andere Kultur (hier nach Deutschland) ist nicht selbstverständlich, dass das gleiche Muster an Interaktionen
auftritt. Aufgrund fehlender vergleichbarer Forschung in deutscher Sprache
wurde aber hier explorativ auf dieses in den USA und Japan bewährte Design
zurückgegriffen. Dafür sprach auch die methodische Vergleichbarkeit.
Die von H. W. Smith et al. (1994) im Japanischen verwendeten Sätze wurden unter Rückgriff auf den bestehenden Datensatz von Schneider (1989b)
nicht wörtlich, sondern hinsichtlich ihrer affektiven Wertigkeit übersetzt. Zum
Beispiel lautet der erste Satz bei H. W. Smith et al. (1994) (wörtlich auf
deutsch übersetzt): Ein Rivale spielt mit einem Schlitzohr. Rivale
ist für Japaner positiv (sic!), mächtig und lebhaft konnotiert (+++), spielen
ebenfalls, während ein Schlitzohr negativ, mächtig und lebhaft (–++) ist.
Der entsprechende deutsche Satz, der für die vorliegende Studie konstruiert
wurde, lautet: Ein Athlet (+++) rettet (+++) einen Rüpel (–++).
Alle verwendeten 100 deutschen Sätze, auf denen das hier vorgestellte Modell beruht, sind in Anhang A aufgelistet. Da für jede Handlungsbeschreibung jeweils der Akteur („Wie fühlt sich ein Athlet an, der einen Rüpel
rettet?“), das Verhalten („Wie fühlt sich die Handlung retten an, wenn ein
Athlet einen Rüpel rettet?“) sowie das Objekt („Wie fühlt sich ein Rüpel
an, der von einem Athleten gerettet wird?“) kontextgebunden zu bewerten
waren, ergaben sich für diesen Teil der Studie 300 Stimuli (100 Sätze * 3
Satzkomponenten). Die Berechnung der Gleichungen wird in Abschnitt 3.3.3
dargestellt.
Affektverschmelzung: zusammengesetzte Wörter
Grundlage für das Attributionsmodell der Affektsteuerungstheorie sind lineare Regressionsgleichungen, welche die Verschmelzung (amalgamation) affektiver Eindrücke modellieren (vgl. Averett & Heise, 1987). Die EPA-Bewertungen von zusammengesetzten Ausdrücken (z. B. eine wütende Mutter)
werden auf die Bewertungen der kontextfreien Wörter (wütend sein, eine Mutter) zurückgeführt. Wiederum ist bei der Konstruktion der Stimuli
auf ein semantisch ausbalanciertes Design zu achten. Dies fällt allerdings
aufgrund der Kombinatorik leichter als bei den Handlungsbeschreibungen:
Das vollständige Design, bei dem jede der acht Konfigurationen von Identitätsbegriffen mit jeder der acht Konfigurationen von Adjektiven kombiniert
Konfigurationen der Satzbestandteile werden auch einige affektiv neutrale Begriffe einbezogen. Außerdem sind einige der Zellen des lateinischen Quadrats zum Ausbalancieren der
Interaktionen gezielt mehrfach besetzt.
70
wird, besteht aus 64 Stimuli. Es wurden jeweils ein Satz von 64 EmotionsIdentitäts-Kombinationen (z. B. eine verärgerte (– ++) Dame (+ – –))
und von 64 Persönlichkeits-Identitäts-Kombinationen (z. B. ein bescheidener (+ – –) Fischer (++ –)) gebildet, so dass für diesen Teil der Studie
insgesamt 128 Stimuli den Versuchspersonen vorzulegen waren. Da die kontextfreien Bewertungen der Wörter wiederum im Vorfeld der Studie nicht
vorlagen, wurde zur Ermittlung deren semantischer Konfiguration unter der
Annahme hoher interkultureller wie intertemporaler Stabilität auf den amerikanischen Datensatz von Francis & Heise (2006) sowie die älteren deutschen
Datensätze von Schneider (1989b) und Schwibbe et al. (1994) zurückgegriffen. Eine vollständige Liste der verwendeten Stimuli findet sich im Anhang
B. Die Berechnung der Verschmelzungsgleichungen wird in Abschnitt 3.3.4
erläutert.
3.2.2
Skalen des Semantischen Differenzials
Für die Bewertung der Stimuli wurden der Vergleichbarkeit wegen die gleichen Adjektivpaare wie von Schneider (1989a) benutzt, der seinerseits auf
unveröffentlichte Daten aus der großen interkulturellen Studie von Osgood
et al. (1975) zurückgegriffen hatte (persönliche Mitteilung von Schneider).
Für Evaluation waren diese: angenehm – unangenehm, gut – schlecht, schön
– hässlich, freundlich – unfreundlich; für Potency: groß – klein, schwer –
leicht, stark – schwach, kraftvoll – zart; für Activity: schnell – langsam, geräuschvoll – still, bewegt – ruhig, lebhaft – träge. Mit den gleichen Skalen
arbeiten auch Skrandies und Mitarbeiter in ihrer jüngeren psychophysiologischen Forschung. In dem Zusammenhang wurde die EPA-Faktorenstruktur
erneut empirisch überprüft und für die vorliegenden Adjektivpaare bestätigt
(persönliche Mitteilung von Skrandies sowie Reik und Skrandies, 2006).
Für jede der drei affektiven Dimensionen wurden die vier Adjektivpaare mit dem jeweils zu bewertenden Stimulus im Block präsentiert. Von der
beim Semantischen Differenzial üblichen Vorgehensweise, die Stimuli mit jedem Wortpaar einzeln bewerten zu lassen, wurde also abgewichen. Dies ist in
den weltweiten Forschungen zur Affektsteuerungstheorie üblich und hat ökonomische Gründe. Ohnehin ist wahlweise der Zeitaufwand je Versuchsperson
oder die Zahl benötigter Versuchspersonen bei solchen Studien immens hoch
und würde sich bei auf einzelnen Skalen abzugebenden Bewertungen noch
verdrei- oder vervierfachen. Jede Versuchsperson gibt also pro Stimulus drei
Bewertungen ab (E,P und A). Damit ist eine Reliabilitätsbestimmung auf
Individualebene ausgeschlossen, sie wird aber auch nicht angestrebt (vgl. die
obigen Ausführungen zum Kultur-als-Konsens-Modell).
Die Blöcke von Adjektivpaaren wurden jeweils in Form einer bipolaren
71
visuellen Analogskala präsentiert, die in neun Stufen verbal verankert war.
Die verbalen Anker gingen (in beide Richtungen) von neutral über etwas,
ziemlich und sehr bis äußerst. Diese Abstufungen waren zuvor anhand der
Bewertungen durch zehn Versuchspersonen6 nach der Methode der gleich
erscheinenden Intervalle (Thurstone & Chave, 1929) ermittelt worden. Auf
diese Weise sollte sichergestellt werden, dass die erhobenen Daten den Ansprüchen an eine metrische Skala weitgehend genügen (zur Methodik und zu
theoretischen Hintergründen vgl. Rohrmann, 1978).
3.2.3
Stichprobe
An der Studie beteiligten sich über das Internet 1 905 Personen (734 Männer und 1.171 Frauen) aus ganz Deutschland7 . Da jede Versuchsperson nur
eine kleine Zufallsauswahl an Stimuli bewertete (s. u.), wurde jeder einzelne
Stimulus durchschnittlich von 79,4 Personen (30,6 Männer und 48,8 Frauen)
bewertet. Die genaue Anzahl der Bewerter pro Wort schwankt wegen des Zufallsgenerators. Das Alter der Versuchspersonen wurde in Stufen erfasst. Die
meisten (N = 1029) waren zwischen 20 und 29 Jahre alt, 157 waren jünger
als 20 Jahre, 308 Personen zwischen 30 und 39 Jahren, 319 Personen zwischen 40 und 59 Jahren sowie 92 Personen 60 Jahre alt und älter. Männer
waren tendenziell etwas älter (φ = 0.17, p < .01) als Frauen. 1785 Personen
(93,7%) hatten Abitur oder sogar ein abgeschlossenes Hochschulstudium. 83
Personen (4,4%) gaben an, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache sei. Ihre
Daten flossen nicht in die nachfolgend beschriebenen Auswertungen mit ein,
so dass sich die durchschnittliche Zahl der Bewerter je Stimulus auf 75,9 (29,5
Männer und 46,4 Frauen) reduziert.
Alle Vpn nahmen freiwillig, vermutlich vor allem aus Interesse am Thema, an der Erhebung teil. Bezahlt wurden sie nicht. Allerdings wurden als
Dank für die Teilnahme einmal 100,- Euro und zweimal 50,- Euro unter
allen Teilnehmern verlost. Gewonnen wurden die Vpn über persönliche Bekanntschaften des Autors, an dem Projekt mitarbeitender Studierender und
der Teilnehmer des Kolloquiums Organisations- und Sozialpsychologie der
Humboldt-Universität, über verschiedene thematisch passende Mailinglisten
und Internetforen sowie über die Berichterstattung in Feuilleton und Wissenschaftsteilen namhafter deutscher Tageszeitungen und im Hörfunk. Eine
große Rolle spielten auch Weiterempfehlungen durch Teilnehmer selber.
6
Studierende der Humboldt-Universität, die an verschiedenen zur Ausbildung gehörenden empirischen Projekten und Forschungsprojekten im Rahmen der vorliegenden Dissertation teilnahmen
7
Vermutlich auch einige Personen aus Österreich und der Schweiz. Dies wurde aber
nicht gesondert erhoben.
72
3.2.4
Ablauf der Datenerhebung
Die Daten wurden in der Zeit von Februar bis Oktober 20078 über einen
Internetauftritt erhoben, der unter der URL http://www.projekt-magellan.de
zu erreichen war. Dort wurde zunächst das Projekt Magellan in einfachen,
für psychologische Laien verständlichen Worten erläutert. Die Studie wurde
als Forschungsprojekt beschrieben, welches dem „Vergleich von Kulturen auf
der Basis sprachlicher Emotionen“ diene. Die Erfahrung hatte vorher gezeigt,
dass diese thematische Einkleidung bei vielen Personen ein großes Interesse
nach sich zog. Es wurde um die Unterstützung dieser Untersuchung gebeten
und auf die Verlosung hingewiesen. Auf den nachfolgenden Seiten wurden die
drei Emotionsdimensionen und einige ausgewählte (zumeist kulturvergleichende) Forschungsbefunde dargestellt. Eine vollständige Wiedergabe aller
Erläuterungen und Instruktionen auf der Internetseite (Screenshots) findet
sich im Anhang C. Nachdem einige technische Hinweise gegeben worden waren, konnte die Versuchsperson durch Klick mit der Maus auf die Schaltfläche
„Start“ das vom Autor für diesen Zweck auf Deutsch übersetzte JAVA-Programm SURVEYOR (Heise, 2001; 2005) vom Server der Indiana University
herunterladen und auf dem eigenen Rechner starten. Mit diesem Programm
erfolgte die eigentliche Datenerhebung.
Zunächst wurden Fragen nach Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, Muttersprache und Herkunft gestellt. Dann erfolgte die eigentliche Beurteilung
der affektiven Konnotationen. Alle Stimuli waren gleichmäßig auf 24 einzelne Datensätze aufgeteilt, von denen SURVEYOR beim Start des Programms
jeweils eines per Zufall auswählte. Jede einzelne Versuchsperson bewertete somit 13-14 Identitätswörter, 13-14 Handlungswörter, 13-14 Emotions-/Eigenschaftswörter, 12-13 Sätze und 5-6 Wortkombinationen, insgesamt also 59-60
Stimuli auf den drei Dimensionen des Semantischen Differenzials. Die Darbietungsreihenfolge variierte zufällig. Die jeweilige Polung der Semantischen
Differenzialskalen war ebenfalls zufällig permutiert, um das Herausbilden von
Antworttendenzen zu vermeiden.
Abb. 3.1 zeigt beispielhaft für die drei Dimensionen und für die drei Arten von Stimuli, in welcher Weise diese den Versuchspersonen dargeboten
wurden. Alle (auch die kombinierten) Substantive wurden mit dem unbestimmten Artikel präsentiert (z. B. eine Mutter, eine wütende Mutter)9 , Verben mit dem passenden Indefinitpronomen im Akkusativ oder
Dativ (z. B. jemanden unterstützen bzw. mit jemandem schimpfen)
8
Von August an wurden nur noch Daten von Männern erhoben, da zu dem Zeitpunkt
schon erkennbar mehr als genügend Frauen an der Studie teilgenommen hatten.
9
Ausnahmen: Gott, der Teufel, die Wirtschaft, die Regierung, Deutschland, Russland, Frankreich, China, die USA, die CDU, die SPD
73
Abbildung 3.1: Beispiel für die drei Skalen und Arten von Stimuli, wie sie den Vpn
angezeigt wurden. Oben die E-Skala für eine Situationsbeschreibung, in der Mitte die PSkala für ein kontextfreies Wort und unten die A-Skala für eine Wortkombination. Die
Polung der Skalen wurde zufällig bestimmt.
und Adjektive zusammen mit dem Verb „sein“ (z. B. wütend sein). Bei
den Situationsbeschreibungen wurde zunächst der Satz dargestellt, gefolgt
von der Frage nach dem Satzbestandteil, der in diesem Fall bewertet werden
sollte (z. B. Eine Mutter streitet mit ihrem Kind. Wie ist in dieser
Situation die Mutter?).
Die Bewertung erfolgte, indem die Vp den Schieber mit der Maus an die
Stelle auf der Skala bewegte, die ihr richtig erschien. SURVEYOR registrierte entsprechend der Position des Schiebers einen Skalenwert zwischen -4,30
(für „äußerst unangenehm“, „äußerst schwach“, bzw. „äußerst ruhig“) und
+4,30 (für „äußerst angenehm“, „äußerst stark“ bzw. „äußerst lebendig“).
Es gab keine Zeitbegrenzung. Der nächste Stimulus erschien, sobald die Vp
die vorherige Bewertung abgespeichert hatte. Die Vpn konnten Stimuli überspringen, wenn sie mit einzelnen Worten nicht vertraut waren oder ihnen die
Bearbeitungszeit zu lange dauerte. Am Ende wurde die Möglichkeit gegeben,
einzelne Bewertungen noch mal zu verändern. Durch Klick auf die Schaltfläche „Absenden“ am Ende der Aufgabe wurden alle Daten auf den Server
74
der Indiana University übertragen und in einem von David Heise für diese
Studie eingerichteten Dateiverzeichnis elektronisch archiviert. SURVEYOR
registrierte die Zeit zwischen dem Laden des Programms und dem Absenden
der Daten. Der Median lag bei 23, das 10. Perzentil bei 14 und das 90. Perzentil bei 40 Minuten. Darunter liegende Zeiten kommen wahrscheinlich durch
viele Auslassungen, darüber liegende durch Unterbrechungen der Aufgabe zu
Stande. Die Vpn hatten die Möglichkeit, vor dem Absenden der Daten ihre
E-Mail-Adresse für die Teilnahme an der Verlosung und für die Übermittlung
von Ergebnissen der Studie einzutragen (Es ist technisch nicht möglich, die EMail-Adresse den Daten zuzuordnen). Am Ende wurde ihnen für die Teilnahme gedankt, und sie wurden auf Internetangebote hingewiesen, die weitere
Informationen zu den wissenschaftlichen Hintergründen bereithalten.
3.3
Ergebnisse
Die auf dem Server der Indiana University archivierten Daten wurden zur
Weiterverarbeitung in das Statistikprogramm SPSS importiert, mit dem die
nachfolgend beschriebenen Analysen erfolgten.
3.3.1
Kultureller Konsens und Reliabilität
Zur Prüfung der Qualität der vorliegenden Daten und der Vergleichbarkeit mit den übrigen Studien aus dem Projekt Magellan wurden zunächst
Hauptkomponenten- und Reliabilitätsanalysen berechnet, die auf Korrelationen zwischen Personen über Variablen beruhen (Q-Korrelationen, vgl. die
obigen Ausführungen zum Kultur-als-Konsens-Modell). Alle Berechnungen
erfolgten für jeden der 24 Datensätze und nach Geschlechtern getrennt, insgesamt also 48 mal. Dabei wurden, einer Empfehlung Heises (2005) folgend,
die Daten jener Vpn in der Analyse nicht berücksichtigt, die mehr als 20 %
Missing-Werte produziert hatten. Dies traf auf 60 Männer (8,5 %) und 36
Frauen (3,2 %) zu. Die übrigen Missing-Werte wurden durch das jeweilige
arithmetische Mittel der Ratings aller anderen Vpn ersetzt.
Abb. 3.2 zeigt beispielhaft für den Datensatz Nr. 9, der von annähernd
gleich vielen Männern (N=39) wie Frauen (N=37) bewertet wurde, den Verlauf der ersten fünf Eigenwerte bei einer Q-Faktorenanalyse über alle Ratings
(E, P und A). Die Eigenwertverläufe aller übrigen Datensätze waren sehr ähnlich. Charakteristisch ist jeweils der starke Abfall zwischen dem Eigenwert
des ersten und dem des zweiten extrahierten Faktors. Im Durchschnitt über
alle 24 Datensätze erklärte der erste Faktor bei den Männern 50,5 % und bei
den Frauen 57,2 % der Varianz, der zweite Faktor hingegen bei beiden Ge75
25
Eigenwert
20
15
Männer
Frauen
10
5
0
1
2
3
4
5
Faktor
Abbildung 3.2: Typischer Eigenwertverlauf bei der Q-Hauptkomponentenanalyse, hier
Datensatz Nr.9.
schlechtern nur noch 4,8 %. Mehr als die Hälfte der Varianz der affektiven Bewertungen ist also auf die Übereinstimmung zwischen den Versuchspersonen
zurückzuführen. Der Rest geht auf individuelle Unterschiede und Messfehler zurück; weitere Faktoren, die beispielsweise auf Subkulturen hingedeutet
hätten (vgl. Thomas & Heise, 1995) waren nicht sinnvoll extrahierbar.
Die Zuverlässigkeit der erhobenen Daten kann erhöht werden, wenn man
nur kulturell kompetente Personen (im Sinne des Modells von Romney et al.,
1986) bei der Datenanalyse berücksichtigt (H. W. Smith, Ike & Li, 2002),
ähnlich wie man bei der Konstruktion eines psychologischen Tests nur trennscharfe Items benutzt. Über die kulturelle Kompetenz der Vpn gibt ihre
Kommunalität bei der Q-Hauptkomponentenanalyse Auskunft, bei der nur
der erste Faktor extrahiert wird. Eine Kommunalität von h2 =.50 bedeutet
beispielsweise, dass die Hälfte der Varianz aller Ratings einer Vp durch die
Ratings der anderen Vpn der Stichprobe erklärt werden kann. Bei der Suche
nach einem konkreten Kriterium für die Berücksichtigung von Vpn ist einerseits die Reliabilitätsminderung zu bedenken, die mit kleineren Stichproben
einhergeht (ähnlich dem Testlängeneffekt in der Klassischen Testtheorie),
andererseits kann durch den Ausschluss kulturell wenig kompetenter Vpn
76
der Teil an individuell und fehlerbedingter Varianz in den Daten verringert
werden. Bei der vorliegenden Studie zeigten explorative Analysen, dass die
Reliabilität der Daten optimal war, wenn nur die Daten jener Vpn berücksichtigt wurden, deren Kommunalität mindestens h2 = .30 betrug. Somit
flossen die Daten von weiteren 51 Männern (7,9% der verbliebenen Stichprobe) und 151 Frauen (14,0% der verbliebenen Stichprobe), deren kulturelle
Kompetenz unter diesem Kriterium lag, nicht in die folgenden Analysen mit
ein.
Das endgültige hier vorgelegte ACT-Modell basiert letztlich durchschnittlich auf den Bewertungen von 25,6 kulturell kompetenten Männern und 37,8
kulturell kompetenten Frauen pro Stimulus. Die genaue Zahl der Bewerter
pro Wort schwankt wegen des Zufallsgenerators zwischen 16 und 39 (Männer) bzw. zwischen 29 und 46 (Frauen). Die Reliabilität dieser Bewertungen
wurde analog dem testtheoretischen Konzept der Halbierungsreliabilität (Lienert & Raatz, 1994) bestimmt, indem die Stichprobe jeweils in zufällige
Substichproben geteilt wurde (wiederum nach Geschlechtern und nach den
24 Datensätzen getrennt), und indem die durchschnittlichen EPA-Ratings der
Substichproben miteinander korreliert wurden. Bei diesem Verfahren ergibt
sich das Problem, dass die Reliabilität, also die maximal mögliche Korrelation
der Ratings zweier Stichproben, unterschätzt wird. Denn die Substichproben
haben im Vergleich zur Gesamtstichprobe nur den halben Umfang, was die
Reliabilität verschlechtert. Deswegen wurde die aus der Klassischen Testtheorie bekannte Korrekturformel von Spearman und Brown (vgl. Lienert &
Raatz, 1994) auf die errechneten Korrelationen angewandt. Die SpearmanBrown-Formel gibt an, wie eine empirisch ermittelte Korrelation zwischen
zwei Testhälften ausfallen würde, wenn die Zahl der Items verdoppelt würde.
Sie beruht auf der Überlegung, dass sich die empirisch ermittelte Varianz
aus einer „wahren Varianz“ und unsystematischen, weder mit der wahren
Varianz noch untereinander korrelierenden Fehlervarianzen addiert. Je mehr
Items ein Test hat, desto mehr nähern sich wahre und empirische Varianz
einander an, weil sich die unsystematischen Fehler ausgleichen. Ganz ähnlich ist es im Kultur-als-Konsens-Modell: Je mehr Personen ein Wort auf den
EPA-Dimensionen bewerten, desto mehr gleichen sich ihre rein individuellen
Empfindungen, situativen Gefühlsschwankungen und Messfehler aus, so dass
sich am Ende die kulturell bedingten Affekte herausdestillieren. Die oben beschriebenen Eigenwertverläufe stützen diese Überlegung empirisch, so dass
die Axiomatik der Klassischen Testtheorie hier bei der Reliabilitätsberechnung Anwendung finden kann.
Tabelle 3.1 gibt für Männer, Frauen und die drei Osgood-Dimensionen
getrennt jeweils die minimale, maximale und den Median der Reliabilitäten
sensu Spearman und Brown an, die für die 24 Datensätze ermittelt wurden.
77
Tabelle 3.1: Minimale, Maximale und Median-Reliabilität der 24 Datensätze
Evaluation
Potency
Activity
min
.97
.76
.90
Männer
max
.99
.98
.98
Md
.98
.94
.96
min
.96
.93
.88
Frauen
max
.99
.98
.99
Md
.99
.97
.97
Bis auf wenige Ausnahmen waren diese größer als r=.90. Dies entspricht den
Standards, die Heise (in Vorb.) zusammenfassend für sämtliche bisherigen
Studien im Rahmen des Projekt Magellan angibt (E: r=.97, P: r=.91, A:
r=.90) bzw. übertrifft diese sogar noch. Auch die Angaben von Schwibbe et
al. (1994) über die Zuverlässigkeit der ihrem Semantischen Atlas zugrunde
liegenden Bewertungen liegen in dieser Größenordnung. Die bei psychologischen Tests üblichen Reliabilitäten liegen meist noch deutlich darunter. Eine
methodisch sauberes Fundament für weitere Analysen ist somit gelegt.
3.3.2
Das affektive Lexikon
Sämtliche Worte, die im Rahmen dieser Studie bewertet wurden, sind im
Anhang D mit den durchschnittlichen EPA-Bewertungen der kulturell kompetenten Männer und Frauen abgedruckt10 . Außerdem wurden die Daten
in das Programm INTERACT implementiert, welches von der internationalen ACT-Internetseite (Heise, 1997) heruntergeladen werden kann (Schröder,
2008). Im Anhang D sind auch diejenigen 302 Substantive und 183 Verben
ergänzt, die nur in der Studie von Schneider (1989a) bewertet worden waren
(siehe die Ausführungen unten zur zeitlichen Stabilität dieser Daten). Diese
sind gesondert gekennzeichnet (z. B. Babysitter89 ), so dass jeweils entschieden werden kann, ob diese älteren Daten bei Analysen mit dem Modell berücksichtigt werden sollen oder nicht. Das komplette deutschsprachige ACTModell, welches Grundlage der weiteren in dieser Dissertation beschriebenen
Analysen ist, beinhaltet somit ein affektives Lexikon von 1.587 Wörtern (675
Substantive, 576 Verben und 336 Adjektive).
10
Anhang D enthält auch 49 Substantive und 65 Verben, die nur während der Pilotstudie
bewertet wurden, die von April bis Juni 2006 durchgeführt wurde. Diese sind gesondert
gekennzeichnet. Bei der Pilotstudie hatte es Probleme mit den verwendeten Potency- und
Activation-Skalen gegeben. Diese beruhten nur auf je zwei statt vier Adjektivpaaren (groß
- klein, stark - schwach bzw. ruhig - bewegt, langsam - schnell und waren deswegen weniger reliabel. Die Bewertungen von 104 Wörtern, die sowohl während der Pilot- als auch
während der Hauptstudie erhoben worden waren, korrelierten zwischen 2006 und 2007 nur
mit r=.67 (P) bzw. r=.72 (A). Bei der Interpretation ist daher Vorsicht geboten. Keine
Probleme gab es hingegen mit der E-Skala (r=.98).
78
Tabelle 3.2: Übereinstimmung in den Bewertungen zwischen Männern und Frauen
Evaluation
Potency
Activation
Identitäten
.97
.95
.92
Handlungen
.98
.88
.93
Eigenschaften
.99
.92
.96
Tabelle 3.3: Stabilität der Bewertungen in Deutschland von 1989 bis 2007
Evaluation
Potency
Activation
Männer
Ident. Hand.
.95
.97
.93
.74
.83
.89
Eig.
.98
.87
.94
Frauen
Ident. Hand.
.96
.97
.96
.78
.87
.90
Eig.
.99
.89
.94
Geschlechtsunterschiede
In den Forschungen zur Affektsteuerungstheorie hat es sich etabliert, für
Männer und Frauen jeweils von getrennten Modellen auszugehen. Üblicherweise sind die Geschlechtsunterschiede aber sehr klein und beziehen sich auf
nur vereinzelte inhaltliche Bereiche (vgl. Heise, 2007a; Schneider, 1989a).
Tabelle 3.2 gibt für Substantive, Verben und Adjektive getrennt die Korrelationen zwischen den EPA-Bewertungen von Männern und Frauen wieder.
Man beachte, dass die meisten Korrelationen kaum unter den in Tabelle
3.1 dargestellten maximal möglichen Korrelationen zwischen zufälligen Substichproben liegen. Substanzielle Geschlechtsunterschiede scheint es lediglich
bei der Wahrnehmung der Mächtigkeit (Potency) von Handlungen zu geben. Auch hier ist die Übereinstimmung aber immer noch als sehr groß zu
bezeichnen.
Stabilität affektiver Konnotationen 1989-2007
Tabelle 3.3 zeigt die Korrelationen der Bewertungen von 276 Wörtern (131
Identitäten, 92 Handlungen und 53 Eigenschaften) durch die hier beschriebene Stichprobe mit den Bewertungen derselben Wörter durch Gymnasiasten
im Großraum Mannheim im Jahr 1989 (Schneider, 1989a). Insgesamt lassen
die starken Zusammenhänge auf eine große kulturelle Stabilität schließen. Insbesondere für die E-Dimension sind die Korrelationen über 18 Jahre hinweg
kaum geringer als die weiter oben berichteten zwischen zufälligen Substichproben. Das ist vor allem deswegen bemerkenswert, da sich zur verstrichenen
Zeit weitere für den Vergleich der Studien relevante Fehlerquellen addierten:
die Verteilung von Alter, Bildungsniveau und regionaler Herkunft war 2007
79
aufgrund der Datenerhebung über das Internet wesentlich größer als 1989.
Vor allem ist an die zwischenzeitlich erfolgte deutsche Wiedervereinigung
und den vergleichsweise hohen Anteil an Ostdeutschen in der Stichprobe von
2007 zu denken. Die Stabilität der P- und A-Bewertungen ist zwar merklich geringer, aber insgesamt immer noch sehr hoch. Wiederum findet sich
die auffälligste Abweichung bei der Bewertung der Potency von Handlungen. Vor dem Hintergrund der zitierten kulturvergleichenden Arbeiten von
Hofstede (1984) und von Schneider (2004), die auf eine vergleichsweise große
deutsche Skepsis gegenüber der Ausübung von Macht hindeuten, verdient
dieser Befund eine genauere Betrachtung (vgl. die Diskussion zu diesem Kapitel in Abschnitt 3.4). Wiewohl nach unten abweichend, kann aber auch die
zeitliche Stabilität der wahrgenommenen Potency von Handlungen immer
noch als sehr groß bezeichnet werden, etwa im Vergleich mit üblicherweise
in der Persönlichkeitspsychologie festgestellten Stabilität von Eigenschaften.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass sich die vorliegende
Studie insgesamt bestens in die internationalen Befunde zur kulturellen Stabilität affektiver Konnotationen einfügt, die Heise (2007a) zusammenfassend
berichtet.
3.3.3
Eindrucksbildungsgleichungen
Die Bestimmung der neun Eindrucksbildungsgleichungen erfolgte in einer
schrittweisen linearen Regression mit der SPSS-Prozedur STEPWISE (vgl.
Heise, 1991; H. W. Smith et al., 2001; H. W. Smith et al., 1994). Als Kriteriumsvariablen dienten die durchschnittlichen kontextgebundenen Bewertungen (z. B. Ein Athlet kuschelt mit einem Bibliothekar. Wie fühlt
sich in dieser Situation der Athlet an?) auf den drei Dimensionen
Evaluation, Potency und Activity; Prädiktorvariablen waren die kontextfreien Bewertungen der einzelnen Satzbestandteile (z. B. ein Athlet, mit jemandem kuscheln, ein Bibliothekar) auf denselben Dimensionen. Alle
Bewertungen lagen nach Rater-Geschlecht getrennt vor. Es sei daran erinnert, dass die Großbuchstaben A, B und O in den Gleichungen den Akteur,
die Handlung bzw. das Objekt der Handlung bezeichnen, während die tiefer
gestellten Kleinbuchstaben e, p und a sich auf die drei Affektdimensionen
0
beziehen. Ein Apostroph bezieht sich auf eine Im-Kontext-Bewertung. Ae
bezeichnet also beispielsweise die Gleichung, mit der die affektive Assoziation zum Akteur auf der Evaluation-Dimension im Kontext einer Handlung
berechnet werden kann.
Wie in Abschnitt 3.2.1 erläutert worden ist, besteht bei der Modellbildung
die methodische Herausforderung darin, tatsächliche affektive Eindrucksbildungsprozesse von methodischen Artefakten zu trennen, die sich aus der
80
semantischen Konfiguration der Stimuli ergeben. Es muss also ausgeschlossen werden, dass nur wegen der gewählten Beispielsätze eine Kovariation von
Prädiktoren bestünde, welche dann die Struktur der Regressionsgleichungen
beeinflussen würde. Um zu prüfen, ob das gewählte Design dieser methodischen Anforderung standhält, wurde zunächst eine Analyse der Zusammenhänge der neun Prädiktoren (Ae , Ap , Aa , Be , Bp , Ba , Oe , Op , Oa ) untereinander durchgeführt. Es zeigte sich dabei, dass es keine nennenswerten Probleme
mit einer durch die Stimuluskonfiguration bedingten Mulitkollinearität gab.
Lediglich die Korrelation zwischen Bp und Ba war mit r = .54 bedenklich
hoch. Dies war aber erstens auch bei den einzelnen Handlungswörtern des
affektiven Lexikons so (r = .40 bei Männern und r = .56 bei Frauen)11 und
liegt deswegen wohl nicht an der Konfiguration der Sätze. Zweitens lagen die
Toleranzwerte für beide Prädiktoren immer noch deutlich über dem in der
Literatur üblichen (als konservativ zu wertenden) Multikollinearitäts-Kriterium von 1 − R2 = .50. Bei den übrigen Prädiktoren waren sämtliche einfachen
und multiplen Korrelationen untereinander vernachlässigbar gering.
Für die Schätzung des Modells wurden nicht nur die genannten neun
Haupteffekte zugelassen, sondern auch deren Interaktionen erster und zweiter Ordnung. Wie in Abschnitt 2.2.3 erläutert wurde, lassen sich viele solcher
Interaktionseffekte im Lichte sozialpsychologischer Theorien interpretieren.
So kann beispielsweise der Be Oe -Effekt (gut ist, ein gutes Objekt gut, ein
schlechtes Objekt dagegen schlecht zu behandeln) auf die Balance-Theorie
von Heider zurückgeführt werden (Schneider & Heise, 1995). Dabei wurden
für das Modell (wie in der ACT-Literatur üblich) nur solche Interaktionen
berücksichtigt, die verschiedene Satzbestandteile betreffen (wie z. B. Be Oe
oder Ae Bp Op ), nicht aber Interaktionen zwischen den semantischen Dimensionen innerhalb eines Satzbestandteils (wie z. B. Ae Ap ). Demzufolge wurden
je 27 Interaktionsterme erster und zweiter Ordnung gebildet.
Die Modellierung von Interaktionseffekten über alle möglichen Multiplikationsterme der Prädiktoren birgt ein großes methodisches Problem in sich, da
man nämlich durch das wechselseitige „Aufblähen“ von Varianzanteilen ganz
automatisch hohe Prädiktor-Multikollinearität erzeugt, die ja gerade – wie
erläutert – durch das Design vermieden werden soll. Aus diesem Grund wurde
die STEPWISE-Prozedur für die Modellschätzung gewählt.12 Als Kriterium
11
Möglicherweise fallen P- und A-Dimension bei Handlungen ohnehin eher zusammen,
da es kaum Handlungen gibt, die zwar schwach, aber gleichzeitig lebhaft sind. Darauf
deuten die der vorliegenden Studie ähnlichen Befunde von Ertel (1965) und Fink et al.
(2003) hin. Auch Osgood et al. (1957) selber haben beide Dimensionen in einzelnen Studien
unter dem Namen Dynamism zusammengefasst.
12
Eine tentative Schätzung des Modells unter erzwungenem Einschluss aller Prädiktoren
(SPSS-Prozedur ENTER) erbrachte eine signifikant bessere Modellgüte, allerdings tatsäch-
81
für die Aufnahme eines zusätzlichen Prädiktors in das jeweilige Regressionsmodell wurde dabei zur Vermeidung von Multikollinearität festgelegt, dass
die Toleranz des Prädiktors 1 − R2 > .50 sein müsste. Außerdem wurden in
jedem Schritt nur zusätzliche Prädiktoren zugelassen, die mit p < .05 statistisch bedeutsam zur Erhöhung der Modellgüte beitrugen und selber ein
signifikantes Regressionsgewicht p < .05 hatten.
Nachfolgend sind die aus der Schätzung resultierenden Gleichungen für
die Ermittlung des vorübergehenden Eindrucks vollständig angegeben, die
dem hier entwickelten und im weiteren Verlauf verwendeten deutschen ACTModell zu Grunde liegen13 . Alle Gleichungen sind mit p < .001, alle einzelnen
Koeffizienten mindestens mit p < .05 signifikant. Hinter den Gleichungen ist
die jeweilige Modellgüte in Klammern angegeben.
Das vorübergehende EPA-Profil des Akteurs nach einer Handlung errechnet sich wie folgt:
0
Ae = − .38 + .42Ae − .11Aa + .47Be + .11Oe + .05Ae Be
+ .06Ae Oa + .09Aa Oe + .09Aa Oa + .04Be Oe − .07Be Oa − .13Bp Oe
− .03Ae Be Op + .02Ae Bp Oe − .02Ap Bp Oe + .03Ap Be Oa
(R2 = .83)
0
Ap = − .03 + .39Ap + .08Aa − .07Be + .57Bp − .20Op + .16Oa − .04Ap Ba
− .07Aa Op + .03Ba Oe + .06Ba Op + .02Ae Bp Oa + .02Ap Ba Oa
(R2 = .78)
0
Aa =.10 + .39Aa − .13Be + .14Bp + .52Ba − .03Ap Ba − .03Ap Oe
− .06Aa Ba + .04Aa Op + .07Bp Op − .04Aa Ba Op
(R2 = .82)
Das vorübergehende EPA-Profil der getätigten Handlung lässt sich mit
diesen Gleichungen berechnen:
lich um den Preis hoher Multikollinearität der Interaktions-Prädiktoren. Diese muss zwar
für die Vorhersagegüte nicht zwangsläufig von Nachteil sein (vgl. Bortz, 1999, S. 438 f.),
erlaubt aber keine inhaltliche Interpretation des Beitrags einzelner Prädiktoren mehr. Da
in der ACT-Literatur die Struktur von in verschiedenen Sprachen geschätzten Gleichungen
hin und wieder zur Prüfung kulturvergleichender Hypothesen herangezogen wird, wurde
hier folglich das STEPWISE-Regressionsmodell bevorzugt, so dass die methodische Vergleichbarkeit mit dem US-amerikanischen und dem japanischen ACT-Modell gewährleistet
ist.
13
Eine deutsche Version des Programms INTERACT, in welche das hier berichtete Modell implementiert wurde, ist online unter http://www.tschroeder.eu/computersimulation/
verfügbar.
82
0
Be = − .72 + .23Ae + .51Be + .20Oe + .06Ae Be + .08Ae Bp + .04Ae Oe
− .04Ae Op + .05Aa Op + .09Aa Oa + .06Be Oe − .09Be Oa
− .10Bp Oe + .03Ae Bp Oa − .05Aa Ba Op
(R2 = .83)
0
Bp = − .05 + .17Ap + .10Aa + .66Bp + .02Ae Ba + .04Ae Oa − .09Aa Bp
− .05Be Oa + .02Bp Oe − .01Ae Ba Op + .02Ap Bp Oa + .03Aa Be Oa
(R2 = .75)
0
Ba =.18 + .28Aa − .06Be + .62Ba − .02Ae Be − .03Ap Oe − .07Aa Ba
+ .04Be Op + .04Be Oa + .08Ba Op + .02Ae Ba Oe + .02Ap Ba Oe
− .03Aa Ba Op + .03Aa Ba Oa
(R2 = .83)
Das dem vorübergehenden Eindruck vom Objekt der Handlung zugehörige EPA-Profil wird mit folgenden Gleichungen modelliert:
0
Oe = − .15 + .10Ap + .13Be + .38Oe + .06Ae Be + .03Ae Oe
− .04Ap Bp − .03Aa Be + .04Aa Op − .06Bp Oa
(R2 = .78)
0
Op = − .26 − .28Ap + .17Be − .54Bp + .15Ba + .40Op + .03Ae Op
+ .08Ap Ba + .09Aa Oe + .06Aa Op − .06Bp Oe − .03Ap Ba Oa
(R2 = .75)
0
Oa = − .57 − .18Ap + .28Oa + .05Ap Ba + .05Ap Op + .03Aa Be − .08Bp Oe
+ .08Bp Op + .01Ae Be Oa + .01Ae Ba Oe − .03Ap Bp Op − .03Aa Be Oa
− .02Aa Ba Oa
(R2 = .62)
Die Modellgüte der ermittelten Gleichungen liegt mit .62 < R2 < .83
(Median: R2 = .78) etwa in der Größenordnung, die Heise (1991) für die
USA angibt. H. W. Smith et al. (1994) berichten für Japan allerdings deutlich höhere Werte; es darf spekuliert werden, ob dieser Befund im Sinne einer
höheren Geschlossenheit der sozialen Vergleichsprozesse in einer kollektivistischen Kultur zu interpretieren ist. Mögliche kulturell bedingte Unterschiede
in den Modellen werden weiter unten angesprochen. Hier ist zunächst entscheidend, dass die Modellgüte der deutschen Gleichungen wohl als befriedigend bezeichnet werden darf.
83
Test auf Robustheit der Schätzungen
Um zu testen, inwieweit die semantische Konfiguration in den 100 zu bewertenden Beispielsätzen zu methodischen Artefakten in der Struktur der
Gleichungen geführt haben könnte, wurde das Modell zusätzlich drei Mal
mit einer Zufalls-Stichprobe von jeweils 50 der Sätze berechnet. Dabei erwies
sich die Schätzung als vergleichsweise robust. Die wesentlichen, theoretisch
interpretierbaren Effekte in den Gleichungen fielen bei jeder Berechnung relativ ähnlich aus. Systematische, inhaltlich sinnvolle Variationen waren nicht
erkennbar. Die vorhergesagten EPA-Werte, die aufgrund der verschiedenen
auf Zufalls-Substichproben basierenden Regressionsmodelle berechnet wurden, korrelierten zwischen r = .88 und r = .98 (Median: r = .95) mit den
vorhergesagten EPA-Werten des mit allen 100 Stimuli berechneten vollständigen Modells. Damit scheint weitgehend sicher gestellt, dass die berichteten
Eindrucksbildungsgleichungen im wesentlichen tatsächlich Prozesse der affektiven Dynamik bei der Sprachverarbeitung modellieren.
Test auf Geschlechtsunterschiede
Der Forschungstradition der Affektsteuerungstheorie folgend, lagen alle affektiven Bewertungen (Kriterien sowie Prädiktoren) nach Rater-Geschlecht
getrennt vor. Es wurde folglich auch getestet, ob sich zwischen Männern
und Frauen Unterschiede in der affektiven Eindrucksbildung finden würden.
Zu diesem Zweck wurde das Geschlecht der Bewerter als Dummy-Variable
(0 = Männer, 1 = Frauen) kodiert. Zum Test auf signifikante Geschlechtsunterschiede wurden weitere Interaktionsterme gebildet, indem sämtliche Prädiktoren (Haupt- und Interaktionseffekte) noch einmal mit dieser DummyVariablen multipliziert wurden (vgl. Heise, 1991; H. W. Smith et al., 2001;
H. W. Smith et al., 1994). Allerdings verbesserte sich durch den Einschluss
dieser geschlechtsbezogenen Interaktionsterme die Modellgüte lediglich bei
0
0
0
drei der neun Gleichungen (Ae , Ap und Ba ), und das auch nur marginal. Da
zudem keine Systematik oder theoretische Bedeutsamkeit derjenigen Interaktionsterme erkennbar war, auf die sich diese geringfügigen Geschlechtsunterschiede bezogen, wurde aus Gründen der sparsamen Theorienbildung darauf
verzichtet, für Männer und Frauen getrennte Modelle für die Eindrucksbildung aufzustellen. Dies ist insofern bemerkenswert, als bei den vergleichbaren
Studien in den USA (Heise, 1991; Smith-Lovin, 1987) und in Japan (H. W.
Smith et al., 2001) sehr wohl bedeutsame Geschlechtsunterschiede gefunden
wurden und daher üblicherweise bei der Simulation sozialer Interaktion unterschiedliche Modelle für Männer und Frauen verwendet werden.
84
Vergleich mit den japanischen und den US-Gleichungen
Angesichts des empiristischen Vorgehens bei der Gewinnung dieses Modells
und möglicher Instabilitäten der Regressionsmethode erscheint es wenig sinnvoll, die Regressionsgewichte jedes einzelnen Interaktionsterms mit kulturvergleichenden Interpretationen aufzuladen. Drei globale Befunde sind allerdings im Vergleich mit den US-amerikanischen (Heise, 1991) und japanischen
(H. W. Smith et al., 1994) Gleichungen augenfällig und sicherlich theoretisch
bedeutsam:
• Psychologische Konsistenz auf der Evaluation-Dimension im Sinne der
Balancetheorie scheint in Deutschland eine relativ geringe Rolle zu spielen. Der entsprechenden Interaktionsterm Be Oe , der bei fast allen japanischen und US-amerikanischen Gleichungen großes Gewicht hat, ist
im vorliegenden Modell vergleichsweise unbedeutend. In der deutschen
0
Ae -Gleichung zum Beispiel beträgt das Be Oe -Regressionsgewicht .04,
in der entsprechenden US-amerikanischen Gleichung aber .12 und in
der japanischen .15. Dieser Befund könnte bei aller gebotenen Vorsicht
in der Interpretation (vgl. Abschnitt 3.4) darauf hindeuten, dass es
kulturbedingte Unterschiede im Bedürfnis nach evaluativer Konsistenz
gibt.14
• Die Wahrnehmung der Mächtigkeit (Potency) von Akteur und Objekt
einer Handlung scheint in Deutschland stärker relational bedingt zu
0
sein als in den USA und in Japan. Dies ist an den Gleichungen Ap und
0
Op ablesbar, in denen die Prädiktoren Op bzw. Ap hier ein relativ hohes
Gewicht haben. In den US-amerikanischen und japanischen Gleichungen tauchen diese Terme hingegen gar nicht auf (da statistisch nicht
signifikant). Ein Akteur wirkt also in Deutschland bei einer Handlung
mächtiger, wenn das Objekt der Handlung schwach ist (ceteris paribus). Ein Objekt wirkt reziprok dazu bei einer Handlung schwächer,
wenn der Akteur stark ist.
• Auch der dritte auffällige Unterschied zu den US-amerikanischen wie
0
0
japanischen Gleichungen bezieht sich auf Ap und Op : In Deutschland
überwiegt in beiden Gleichungen der Verhaltenseffekt (Bp.Deutschland =
.57 bzw. −.54; Bp.U SA = .47 bzw. −.12; Bp.Japan = .43 bzw. −.32),
während in den anderen beiden Kulturen der Stabilitätseffekt wichtiger
0
zu sein scheint (für die Ap -Gleichung: Ap.Deutschland = .39, Ap.U SA =
0
.59 und Ap.Japan = .53; sowie für die Op -Gleichung: Op.Deutschland =
14
Vgl. Cialdini, Trost & Newsom (1995) zum Konstrukt des interindividuell verschieden
ausgeprägten Konsistenzbedürfnisses.
85
.40, Op.U SA = .62 und Op.Japan = .62).15 Man könnte also sagen, dass
Deutsche eine relativ stärkere Sensibilität für dominante Handlungen
haben als US-Amerikaner und Japaner. Dieser Befund passt zu den
schon im Zusammenhang mit dem affektiven Lexikon zitierten Arbeiten
von Schneider (2004) und Hofstede (1984). In der Diskussion (Abschnitt
3.4) wird zusammenfassend darauf eingegangen.
3.3.4
Verschmelzungsgleichungen
Die Ermittlung der Gleichungen für das Emotions- und Attributionsmodell
erfolgte analog dem Vorgehen bei den Eindrucksbildungsgleichungen, indem
die Bewertungen zusammengesetzter Ausdrücke (z. B. eine egoistische
Schwester) mit der SPSS-Prozedur STEPWISE auf die Bewertungen der
einzelnen Begriffe (hier: egoistisch sein, eine Schwester) linear regrediert wurden. Das Einschlusskriterium für Prädiktoren war dasselbe (p < .05,
1 − R2 > .50). Da im Unterschied zu den Eindrucksbildungsgleichungen die
Stimuli nur aus zwei Begriffen bestanden, wurden hier nur Interaktionsterme
erster Ordnung gebildet. Probleme mit Multikollinearität der Prädiktoren
gab es keine. Die Methode zur Überprüfung der Geschlechtsunterschieds-Hypothese über eine Dummy-Variable und deren Interaktionen mit den übrigen
Prädiktoren war identisch zur Schätzung der Eindrucksbildungsgleichungen.
Wiederum wurde aus den gleichen Gründen wie oben darauf verzichtet, getrennte Modelle für Männer und Frauen aufzustellen. Auch im aktuellen USamerikanischen Gleichungssystem gibt es hier (anders als bei den Eindrucksbildungsgleichungen) nur ein Modell für Männer und Frauen (Heise, 2007a),
in Japan jedoch nach Geschlechtern getrennte Gleichungen (H. W. Smith et
al., 2002).
Nachfolgend sind die deutschen Verschmelzungsgleichungen vollständig
angegeben, die der weiteren Modellbildung dieser Arbeit zu Grunde liegen.16
In den Gleichungen steht C für die Bewertung der Begriffskombination, I für
die kontextfreie Bewertung des zugehörigen Identitätsbegriffs und M entsprechend für die Bewertung des modifizierenden Adjektivs. Tiefgestellt ist wie in
den Eindrucksbildungsgleichungen die jeweilige Osgoodsche Dimension angegeben. Die Zahl in Klammern hinter den Gleichungen steht für die jeweilige
15
Dieser Befund gilt auch dann noch, wenn man die standardisierten Koeffizienten betrachtet, was eigentlich das methodisch richtige Vorgehen wäre. Wegen der üblichen Konventionen in der ACT-Literatur wurden hier aber die unstandardisierten Gewichte dargestellt.
16
Auch das Verschmelzungsmodell wurde in die deutsche Version der Simulationssoftware INTERACT implementiert, welche unter der folgenden Internetadresse frei zugänglich
ist: http://www.tschroeder.eu/computersimulation/
86
Modellgüte:
Ce = − .50 + .39Ie + .06Ip + .60Me − .10Mp − .13Ma
+ .08Ie Me − .05Ip Ma
(R2 = .86)
Cp = − .36 + .09Ie + .48Ip + .07Ia + .60Mp
(R2 = .78)
Ca =.09 + .36Ia − .12Me + .11Mp + .59Ma − .05Ip Ma
+ .07Ia Ma
(R2 = .84)
Alle Gleichungen sind mit p < .001, alle einzelnen Koeffizienten mindestens mit p < .05 signifikant. Die Modellgüte der errechneten Gleichungen
liegt mit R2 = .78 bis R2 = .86 in der Größenordnung der US-amerikanischen
und japanischen Verschmelzungsmodelle (vgl. Averett & Heise, 1987; H. W.
Smith et al., 2001).
Vergleich mit den japanischen und den US-Gleichungen
Dieses Verschmelzungsmodell ist dem von Averett und Heise (1987) ermittelten US-amerikanischen Modell überaus ähnlich, was Modellgüte, Komplexität der Gleichungen (Zahl eingeschlossener Interaktionsterme) sowie den
relativen Beitrag von Identitätsbegriff und modifizierendem Adjektiv zum
Gesamtaffekt betrifft. Die Unterschiede in Regressionsgewichten und bei einzelnen Interaktionseffekten sind marginal und unsystematisch, so dass sich
eine inhaltliche Interpretation im Sinne kultureller Unterschiede nicht empfiehlt. Anders sieht das im Vergleich mit den wesentlich komplexeren japanischen Gleichungen aus, die H. W. Smith et al. (2001) berichten: Hier finden
sich erhebliche Geschlechtsunterschiede sowie eine viel größere Zahl signifikanter Interaktionsterme in den Regressionsgleichungen, welche die Autoren
mit der höheren Kontextabhängigkeit der Attributionsprozesse in östlichen,
kollektivistischen Kulturen erklären (a.a.O.). Da zwischen den beiden westlichen, individualistischen Kulturen der USA und Deutschlands hier keine
substanziellen Unterschiede in den Attributionsmodellen gefunden wurden,
soll hier auf eine detaillierte Erörterung deutsch-japanischer Modelldifferenzen verzichtet und stattdessen – gewissermaßen stellvertretend – auf den
Artikel von H. W. Smith et al. (2001) verwiesen werden.
3.3.5
Validierung des ACT-Modells
Zur Überprüfung der augenscheinlichen Plausibilität der Vorhersagen des wie
beschrieben gewonnenen deutschen ACT-Modells wurde zum Abschluss versucht, die in Kap. 2 dargestellte Studie von MacKinnon (1994, Kap. 6) zu
87
replizieren, bei der gezeigt wurde, dass das Verhalten in sozialen Rollen sich
durch den Affektsteuerungsmechanismus dynamisch konstruieren lässt. Für
diese Replikation wurden Paare von sozialen Identitäten aus verschiedenen
gesellschaftlichen Institutionen ausgewählt, für die mit Hilfe des Simulationsprogramms INTERACT, in das die hier beschriebenen deutschen Daten
importiert wurden, optimale, wechselseitig identitätsbestätigende Handlungen generiert wurden. In Tabelle 3.4 sind die Ergebnisse dieser Simulationen
dargestellt. In der linken Spalte steht jeweils der Akteur, in der rechten Spalte das Objekt einer Handlung. In eckigen Klammern sind die zugehörigen
deutschen EPA-Profile angegeben. Der Vektor in eckigen Klammern in der
mittleren Spalte gibt das vom Programm INTERACT auf Basis der oben
beschriebenen Eindrucksbildungsgleichungen errechnete optimale EPA-Profil einer Handlung an, durch welche die Grundgefühle von Akteur und Objekt
exakt bestätigt würden. Die zehn Verben, die sich zu jedem Akteur-ObjektPaar in der mittleren Spalte befinden, sind diejenigen, die im affektiven Lexikon am nächsten zu dem rechnerisch ermittelten EPA-Profil liegen. Für
die meisten Simulationen wurde auf die männlichen Daten zurückgegriffen,
weibliche Daten wurden lediglich dann benutzt, wenn eine Frau als Akteur
simuliert wurde (z. B. Mutter, Schwester). Dies ist dann mit einem hochgestellten w gekennzeichnet.
Tabelle 3.4: Ausgewählte, analytisch nach dem Affektsteuerungsprinzip generierte Rollenerwartungen
Akteur
INTERACTVerhaltensvorhersage
Objekt
Ehemann
[1,2 1,2 -0,3]
plaudern, Anstoß geben, begehren, Ehefrau
zublinzeln, heiraten, gratulieren, un- [2,1 0,5 0,2]
terhalten, den Hof machen, kommen, verblüffen
[1,7 0,0 0,8]
Ehefrauw
[1,4 0,6 0,4]
zusingen,
plaudern,
zuwinken, Ehemann
necken, Ständchen bringen, trinken, [1,9 1,4 -0,1]
kitzeln, bringen, erzählen, entkommen
[1,8 0,0 1,6]
Fortsetzung...
88
...Fortsetzung
Akteur
INTERACT-Verhaltensvorhersage
Objekt
Vater
[1,2 1,1 -0,1]
schwatzen, kichern, zublinzeln, Sohn
necken, angrinsen, plaudern, unter- [2,2 0,8 1,7]
halten, kitzeln, zuwinken, Anstoß
geben
[1,5 -0,5 1,4]
Mutterw
[2,9 1,5 0,6]
flirten, kochen, begrüßen, Aufstiegs- Tochter
möglichkeiten aufzeigen, spielen, [2,8 -0,9 0,9]
herumknutschen, Ständchen bringen, tanzen, erfreuen, reden
[2,8 0,8 1,7]
Bruder
[1,4 1,0 0,4]
Anstoß geben, heiraten, Ständchen Schwester
bringen, begehren, plaudern, bedie- [1,9 -1,2 1,2]
nen, gratulieren, verwundern, angrinsen, trinken mit
[1,4 0,1 0,6]
Schwesterw
[1,9 -0,5 1,4]
kitzeln, zuwinken, zusingen, necken, Bruder
unterhalten, kichern, schwatzen, [2,2 1,8 0,6]
Ständchen bringen, entkommen,
rufen
[1,0 -0,1 2,2]
Arzt
[1,2 1,6 -1,1]
entschuldigen, medizinisch behan- Patient
deln, führen, versprechen, erziehen, [-0,2 -1,8 -2,0]
Verantwortung übergeben, lassen,
ausbilden, ernennen, sagen
[1,2 1,1 -1,3]
Patient
[-0,2 -1,8 -2,0]
verzärteln, füttern, bitten, dienen, Arzt
hängen an, nähern, konsultieren, [1,2 1,6 -1,1]
schmeicheln, beschwichtigen, zusehen
[0,4 -1,0 -1,1]
Fortsetzung...
89
...Fortsetzung
Akteur
INTERACT-Verhaltensvorhersage
Objekt
Polizist
[-0,3 1,5 0,2]
anhalten, kritisieren, fordern, ergrei- Einbrecher
fen, verlangen, bearbeiten, reizen, [-3,3 1,3 0,1]
nicht übereinstimmen, distanzieren
von, in einer Falle fangen
[-0,9 1,1 1,1]
Einbrecher
[-3,3 1,3 0,1]
verarschen, verherrlichen, abschie- Polizist
ben, bloßstellen, ausschimpfen, aus- [-0,3 1,5 0,2]
bremsen, abzocken, anpöbeln, nachmachen, verwirren
[-1,6 -0,7 1,4]
Richter
[1,0 2,2 -1,5]
bewerten, Verantwortung überge- Angeklagter
ben, analysieren, medizinisch behan- [-1,6 -1,5 -1,4]
deln, gegenüberstehen, beurteilen,
korrigieren, Geld leihen von, testen,
beeinflussen
[0,1 1,3 -1,2]
Angeklagter
[-1,6 -1,5 -1,4]
verhätscheln, ausweichen, angaffen,
gehorchen, wie Säugling behandeln,
versetzen, bedauern, wegschauen,
verlieren, nachgeben
[-1,0 -1,6 -0,3]
Staatsanwalt
[-1,0 2,2 0,7]
schocken, schachern, die Show steh- Rechtsanwalt
len, entfliehen, erschrecken, sexuell [0,4 1,6 0,4]
anmachen, feilschen, tratschen, lachen über, imitieren
[-0,6 0,1 2,7]
Rechtsanwalt
[0,4 1,6 0,4]
sexuell anmachen, feilschen, ent- Staatsanwalt
fliehen, verkaufen, tratschen, rufen, [-1,0 2,2 0,7]
schocken, imitieren, zujubeln, entkommen
[0,2 0,4 2,3]
Richter
[1,0 2,2 -1,5]
Fortsetzung...
90
...Fortsetzung
Akteur
INTERACT-Verhaltensvorhersage
Objekt
Abgeordneter
[0,4 1,2 0,0]
fragen, befragen, preisen, bezahlen, Bürger
interviewen, berichten, ansprechen, [0,6 -0,1 -0,7]
zusingen, Ständchen bringen, umgarnen
[0,5 0,4 0,4]
Bürger
[0,6 -0,1 -0,7]
sich nähern, umgarnen, anlocken,
dienen, folgen, erwarten, zusingen,
fotografieren, fragen, befragen
[0,4 -0,6 -0,1]
Abgeordneter
[0,4 1,2 0,0]
preisen, nacheifern, befragen, an- Minister
grinsen, vergöttern, zusingen, fra- [-0,1 0,9 -0,2]
gen, wecken, auf die Schippe nehmen, glorifizieren
[0,3 0,2 0,8]
Minister
[-0,1 0,9 -0,2]
befragen, inständig bitten, aufzie- Abgeordneter
hen, tratschen, zusingen, verlegen [0,4 1,2 0,0]
machen, nacheifern, umgarnen, in
Versuchung führen, nachmachen
[0,0 -0,4 0,7]
Manager
[-1,5 2,4 1,7]
ereifern über, erschrecken, attackie- Gewerkschafter
ren, streiten, zur Eile antreiben, [-0,3 0,3 1,0]
hassen, unterbrechen, schelten,
schocken, zanken
[-1,4 0,8 2,7]
Gewerkschafter
[-0,3 0,3 1,0]
schachern, schocken, entfliehen, die Manager
Show stehlen, lachen über, imitie- [-1,5 2,4 1,7]
ren, stubsen, sexuell anmachen, tratschen, überreden
[-0,5 0,2 2,1]
Abgeordneter
[0,4 1,2 0,0]
Fortsetzung...
91
...Fortsetzung
Akteur
INTERACT-Verhaltensvorhersage
Objekt
Christ
[0,8 -0,1 -1,1]
zusingen, beipflichten, sich nähern, Gott
kokettieren, den Blick werfen auf, [1,2 2,4 -1,2]
zublinzeln, fotografieren, bemerken,
umgarnen, angrinsen
[1,0 -1,1 0,4]
Gott
[1,2 2,4 -1,2]
sich schmücken für, ausbilden, ein- Christ
stellen, sagen, anfassen, entschädi- [0,8 -0,1 -1,1]
gen, befrieden, besprechen mit, bewundern, erziehen
[1,4 0,6 -0,5]
Pfarrer
[0,8 0,5 -1,1]
waschen, behandeln, beerben, ein- Katholik
schätzen, assistieren, beäugen, ver- [-0,5 0,2 -1,0]
beugen, verneigen, hängen an, testen
[0,5 0,1 -1,0]
Katholik
[-0,5 0,2 -1,0]
anlocken, folgen, dienen, bitten, Pfarrer
erwarten, beäugen, beaufsichtigen, [0,8 0,5 -1,1]
verabschieden, konsultieren, einschätzen
[-0,2 -0,4 -0,7]
Von sozialen Interaktionen innerhalb der Familie zeichnen die Simulationen ein sehr fröhliches Bild, man hat zum Teil den Eindruck, einer Familie bei
einem heiteren Sonntagsausflug beizuwohnen. Ausgelassene Handlungen wie
plaudern, zublinzeln, singen oder kichern sind Teil vieler dargestellten familiären Rollenbeziehungen. Hinzu kommen sexuell-erotische Handlungen wie begehren, flirten oder herumknutschen, die zwischen Ehemann und Ehefrau angemessen, aber zwischen Eltern und Kindern bzw.
zwischen Geschwistern fehlplatziert erscheinen. Das gesellschaftlich bedeutende Inzesttabu ist offenbar in dem ACT-Modell nicht enthalten. Plausibel
bringt das Modell hingegen die Erwartung zum Ausdruck, dass Eltern ihre Kinder fördern und unterstützen (mit den Handlungen Anstoß geben
und Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen), auch das in dieser Klasse von
Handlungen implizierte Machtgefälle zwischen den Geschwistern erscheint
kulturell plausibel, wenn nämlich der Bruder seiner Schwester ähnlich
wie in der Elternrolle Unterstützung gibt, umgekehrt jedoch nicht. Das im
92
Jahr 2007 in Deutschland an akademisch gebildeten Vpn entwickelte ACTModell sagt insgesamt aber ziemlich egalitäre Rollenvorstellungen zwischen
den Geschlechtern vorher. So beteiligt sich ein Vater, der seinen affektiven Handlungsimpulsen folgt, an der Kindererziehung. Immer noch sind es
hingegen die Mütter, deren Aufgabe das Kochen ist – auch diese ACTVorhersage dürfte in Deutschland vermutlich statistisch Bestand haben.
Die These, dass inhaltliches Wissen über gesellschaftliche Institutionen
nach dem Affektsteuerungsprinzip organisiert ist, erfährt im Bereich der Medizin eindrückliche Unterstützung dadurch, dass im Modell medizinisch behandeln zu den affektiv passendsten Handlungen eines Arztes gegenüber
einem Patienten gehört. Auch seine übrigen von INTERACT vorgeschlagenen Verhaltensweisen wie führen, Verantwortung übergeben und
erziehen entsprechen wohl deutlich den Rollenerwartungen, die deutsche
Patienten allgemein an ihre Ärzte haben. Dass der Patient im Gegenzug den
Arzt füttert, ist wohl eher metaphorisch zu verstehen (vielleicht ist es ein
Privatpatient?), insgesamt erscheint aber auch in den Handlungen des Patienten dem Arzt gegenüber das Machtgefälle zwischen beiden deutlich zum
Ausdruck zu kommen.
Wie sieht es mit den Institutionen des Rechts aus? Die Interaktion zwischen einem Einbrecher, der bekanntlich gegen das Gesetz verstößt, und
einem Polizisten, der ihn daran hindern soll, ist nach den Vorhersagen des
ACT-Modells denkbar unerfreulich. Korrekt wird vorhergesagt, dass der Polizist den Einbrecher ergreift bzw. fängt, ihn dabei kritisiert und von
ihm Dinge verlangt. Der Einbrecher verarscht im Gegenzug den Polizisten, pöbelt ihn an und bremst ihn aus (zumindest versucht er es). Im
nächsten Schritt könnte der Einbrecher sich als Angeklagter vor seinem
Richter wieder finden. Plausiblerweise schlägt INTERACT vor, dass ersterer gegen letzteren verliert, ihm gehorcht und ihm gegenüber etwas
bedauert. Warum er ihn verhätschelt oder ihn wie einen Säugling
behandelt, macht weniger Sinn. Wenn es nach dem ACT-Modell geht, hat
der Angeklagte einen milden Richter zu erwarten: unter den vorgeschlagenen
Handlungen taucht strafen interessanterweise nicht auf, wohl aber Maßnahmen wie Verantwortung übergeben, beeinflussen oder korrigieren. INTERACT „weiß“ scheinbar, dass Resozialisierung, und nicht etwa
Sühne, das oberste Ziel einer Strafe nach dem deutschen Strafvollzugsgesetz (vgl. StVollzG, 2006, §2) ist. Unpassend ist allerdings der Vorschlag,
dass der Richter den Angeklagten medizinisch behandelt. Auch die vorgeschlagenen Interaktionen zwischen Staatsanwalt und Rechtsanwalt
(wie schachern, schocken oder sexuell anmachen) erinnern mehr an
Stereotype, die in (auch in Deutschland gleichwohl verbreiteten) US-Fernsehserien verbreitet werden, als an tatsächliche Abläufe in einem deutschen
93
Gerichtssaal, so dass die Beurteilung der Validität der juristischen INTERACT-Simulationen insgesamt gemischt ausfällt.
Politik und Wirtschaft sind im Deutschland des Jahres 2007 gesellschaftliche Institutionen von geringer Reputation. Dies schlägt sich teilweise auch
in den Simulationen einschlägiger Rolleninteraktionen mit dem im gleichen
Jahr entwickelten ACT-Modell nieder. Die gefühlsmäßig passenden Handlungen von Abgeordneten gegenüber Bürgern scheinen nach den Regeln
professioneller politischer Kommunikation konstruiert, wenn erstere letztere
umgarnen, sie befragen, preisen und ihnen Ständchen bringen. Bezahlen dürften sie die Bürger wohl in der Wirklichkeit nicht, aber vielleicht
meint INTERACT hier – metaphorisch – so etwas wie Wahlversprechen? Das
umgekehrte Verhältnis von Bürgern zu Abgeordneten ist, so das ACT-Modell, von einer gewissen Neugier geprägt: sie nähern sich den Abgeordneten,
locken sie an, wohl um sie dann zu fotografieren. Einerseits dienen
und folgen die Bürger den Abgeordneten (sollte es nicht umgekehrt sein?),
andererseits sind sie hinreichend kritisch, wenn sie ihre Vertreter fragen
und befragen sowie von ihnen Dinge erwarten.
An der vorgeschlagenen Interaktion zwischen Manager und Gewerkschafter erkennt man gut den Verlauf einer Tarifauseinandersetzung wieder – zumindest jener Art von Tarifauseinandersetzungen, die konflikthaft
und unter ausführlicher Medienberichterstattung stattfinden. Manager ereifern sich über Gewerkschafter, attackieren oder schelten sie,
worauf letztere antworten, indem sie mit ersteren schachern, ihnen die
Show stehlen oder sie imitieren. Hier wird deutlich, dass die Affektsteuerungstheorie eine theoretische Alternative zu in den Politikwissenschaften verbreiteten konflikttheoretischen Ansätzen bietet: Die Kontrahenten im
Konflikt handeln auf eine bestimmte Weise, weil sie durch dieses Handeln
ihre von der Gesellschaft vorgeprägte Rollenidentität bestätigen, und nicht
etwa, weil sie sich in dem Augenblick konkret mit der Verteilung von knappen
Ressourcen auseinander setzen (vgl. auch Heise & Lerner, 2006).
Insgesamt wurde bei der dargestellten Simulation von Rollenverhalten
deutlich, dass sich durch das einfache Affektsteuerungsprinzip in der Tat
eine ganze Reihe von Handlungen innerhalb gesellschaftlich vorgegebener Institutionen rekonstruieren lässt. Damit ließ sich die angeführte kanadische
Studie von MacKinnon (1994) auch in deutscher Sprache mit dem hier beschriebenen, neu entwickelten ACT-Modell gut replizieren. Vereinzelt jedoch
konnten – hier wie dort – die INTERACT-Vorhersagen nur mit einem gehörigen Sinn für die Metaphorik des Handelns kulturell sinnvoll interpretiert
werden (wie bei der „Bezahlung“ der Bürger durch die Abgeordneten),
schienen grob stereotyp und erinnerten eher an vereinfachte Medienberichte und Fernsehsendungen (wie bei der Interaktion zwischen Staats- und
94
Rechtsanwälten), widersprachen klaren sozialen Normen (wie bei vorgeschlagenen sexuell-erotischen Handlungen zwischen Geschwistern) oder waren gar inhaltlich sinnlos (wie bei dem Richter, der den Angeklagten
medizinisch behandelt).
3.4
Diskussion
Die in diesem Kapitel beschriebene Studie kann als gelungene Replikation
der Affektsteuerungstheorie in deutscher Sprache aufgefasst werden. Während die Universalität der dreidimensionalen Struktur affektiver Konnotationen seit langem gut belegt ist (Osgood et al., 1975), ist empirisch noch
lange nicht entschieden, ob auch die Dynamik der sprachlichen Affektverarbeitung kulturell invariant ist. Neben der kulturvergleichenden Arbeit von
Smith et al. (1994), in der die große Ähnlichkeit von Prozessen der sprachlich basierten Eindrucksbildung zwischen Japanern und US-Amerikanern –
entgegen den Hypothesen der Autoren – festgestellt worden war, nährt auch
das hier berichtete deutschsprachige Modell die Vermutung, dass die wesentlichen Mechanismen, welche die Affektsteuerungstheorie beschreibt, kulturell
übergreifend gültig sind. Alle wesentlichen statistischen Kennwerte des neuen deutschen ACT-Modells entsprechen verblüffend genau denen, die Heise
(2007; in Vorb.) zusammenfassend über die bisherige Forschung in englischer und japanischer Sprache berichtet: Mehr als die Hälfte der Varianz der
EPA-Ratings geht auf kulturelle Übereinstimmung zurück, ihre Reliabilitäten und intertemporalen Stabilitäten bewegen sich oberhalb von r = .90, die
Modellgüte der Eindrucksbildungs- und Verschmelzungsgleichungen liegt um
R2 = .8017 . Auch die inhaltliche Struktur der Gleichungen ist insgesamt sehr
ähnlich zu jener, welche die US-amerikanischen und japanischen Gleichungen
aufweisen. In ähnlicher Größenordnung konnten auch in dem deutschen Modell die in der Literatur beschriebenen theoretisch bedeutsamen Stabilitäts-,
Verhaltens-, Konsistenz- und Kongruenzeffekte nachgewiesen werden (vgl.
Abschnitt 2.2.3).
17
0
Lediglich die Oa -Gleichung fällt im vorliegenden Modell mit R2 = .62 aus dem Rahmen. Sie beinhaltet zudem eine hohe Zahl inhaltlich nur schwierig interpretierbarer Dreifach-Interaktionen. Zum Teil produziert sie bei der Simulation selbst kulturell sehr adäquater Handlungen wie Eine Mutter spielt mit einem Kind ein ungewöhnlich hohes
Maß an affektiver Abweichung, welches in dem Beispiel dadurch zustande kommt, dass ein
sehr ruhiger vorübergehender Eindruck von dem an sich sehr lebhaften Kind vorhergesagt
wird. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass die komplexen Dreifach-Interaktionen in dieser
Gleichung eher auf Besonderheiten in der semantischen Konfiguration der Stimuli als auf
tatsächliche Eindrucksbildungsprozesse zurückzuführen sind. Bei der Interpretation der
Vorhersagen dieser Gleichung ist somit Vorsicht angebracht.
95
Eine wichtige Frage ist, wie theoretisch bedeutsam die Eigenheiten sind,
auf welche bei der Beschreibung der Gleichungen hingewiesen wurde (geringere Regressionsgewichte der Evaluation-Konsistenzeffekte, relationalere
Wahrnehmung von Potency, höhere Sensibilität für mächtige Handlungen).
Bei allem Bemühen, bei der Konstruktion der Stimuli zur Schätzung der
Gleichungen semantisch möglichst genau die japanische Studie von Smith
et al. (1994) zu replizieren, können doch methodische Artefakte keineswegs
ausgeschlossen werden. Das liegt zum einen daran, dass zur Bestimmung der
semantischen Konfiguration auf die zwar – wie gezeigt wurde – sehr ähnlichen, aber eben doch fast 20 Jahre alten Daten von Schneider (1989) zurück
gegriffen wurde. Zum anderen ist es nicht logisch zwingend, dass Interaktionseffekte zwischen Evaluation und Activity, auf deren Ausbalancierung das
japanische Design ausgelegt war, für Deutsche von ähnlicher Bedeutung sind.
Wenn die hier vorliegenden Ergebnisse überhaupt auf deutsche kulturelle Besonderheiten hinweisen, dann scheinen diese im Gegenteil eher die Potencyals die Activity-Dimension zu betreffen. Bevor also ausgehend von dem neuen
deutschen ACT-Modell Aussagen über kulturelle Besonderheiten getroffen
werden, sollten diese sorgfältig in weiteren Untersuchungen empirisch geprüft werden. Denkbar wäre ein geschicktes experimentelles Design, bei dem
deutsche und US-amerikanische (bzw. japanische) Gleichungen unterschiedliche Voraussagen hinsichtlich der interpersonalen Wahrnehmung machen, die
dann empirisch geprüft werden könnten.
Besondere Aufmerksamkeit verdient in künftigen Studien die Frage nach
den emotionalen Konsequenzen mächtiger Handlungen (Bp ). Wie ein roter
Faden ziehen sich diesbezüglich Auffälligkeiten durch die hier berichteten
Ergebnisse: Männer und Frauen stimmen besonders wenig in ihren Potency-Assoziationen zu Handlungsbegriffen überein, die zeitliche Stabilität dieser Bewertungen ist im Vergleich zu allen anderen besonders niedrig, und
in den Eindrucksbildungsgleichungen hat der Bp -Prädiktor (verglichen mit
Japan und den USA) besonders hohes Gewicht. Die bereits mehrfach zitierte Arbeit von Hofstede (1984) zur vergleichsweise geringen Machtdistanz
in Deutschland kann als Hinweis genommen werden, dass es sich bei dieser „Potency-Sensibilität“ wohl nicht um ein methodisches Artefakt, sondern
um eine tatsächliche kulturelle Besonderheit in der Wahrnehmung sozialer
Prozesse in Deutschland handeln könnte. In dieser Dissertation können nur
spekulative Hypothesen aufgeworfen werden: Deutet der relativ große Geschlechtsunterschied auf verschiedene Perspektiven bei der Bewertung einer
Handlung hin (etwa: Männer sehen sich automatisch mehr als Akteur, Frauen mehr als Objekt der Handlung)? Kann die geringe zeitliche Stabilität
der Bp -Wahrnehmungen – im Lichte eines zeitgenössischen politischen Diskurses über zunehmende Einkommens- und Chancenungleichheit – auf eine
96
deutliche Zunahme von Machtdistanz in Deutschland in den vergangenen
Jahren zurück geführt werden? Aus diesen und anderen Fragen wird die Verschränkung von (makroskopischer) sozialer Struktur und (mikroskopischer)
sozialer Interaktion deutlich, welche in Abschnitt 2.1.1 als im Erkenntnisinteresse einer interdisziplinären Sozialpsychologie liegend benannt wurde.
Gesellschaftliche, symbolische Diskurse sind in der affektiven Struktur der
Sprache gespiegelt und beeinflussen so auch die alltäglichen unmittelbaren
Interaktionserfahrungen (und umgekehrt).
Bei allem Interesse für kulturelle Besonderheiten sollte nicht vergessen
werden, dass letztlich die Gemeinsamkeiten in den deutschen, japanischen
und US-amerikanischen ACT-Modellen deutlich überwiegen. Dies trifft auch
für die Validierungsstudie zu, bei der gemäß dem Vorbild von MacKinnon
(1994, Kap. 6) Rollenerwartungen mit Hilfe des ACT-Modells generiert wurden. Bei der inhaltlichen Beurteilung der Ergebnisse verlässt man zwar das
nomologisch sicherere Terrain statistischer Kennwerte und bewegt sich wieder mehr in der interpretativen Tradition des Symbolischen Interaktionismus.
Gleichwohl fällt auch hier das zusammenfassende Urteil sehr ähnlich aus wie
bezüglich der englischsprachigen Studie (vgl. auch Abschnitt 2.2.5). Insgesamt lassen sich inhaltlich sehr sinnvolle und kulturell angemessene Handlungsweisen durch einen sprachbasierten emotionalen Konsistenzmechanismus vorhersagen. Gleichwohl wird anhand einzelner inhaltlich sinnloser (ein
Richter, der einen Angeklagten medizinisch behandelt) bzw. gesellschaftlichen Normen klar widersprechender Handlungsvorschläge (wie bei inzestuösen, gleichwohl emotional konsistenten Handlungen) deutlich, dass das
Affektsteuerungsprinzip allein wohl nicht ausreicht, um soziale Interaktion
zu erklären. Dass solche Anomalien in der Vorhersage offenbar auch kulturübergreifend in verschiedenen Modellen auftreten, weist darauf hin, dass es
sich tatsächlich um eine Lücke in der Theorie und nicht etwa nur um eine methodisch mangelhafte Modellbildung handelt. Es wird also wohl nötig sein,
zusätzliche, in einzelnen Situationen korrigierende Steuerungsmechanismen
anzunehmen (vgl. Kapitel 5).
Trotzdem bleibt in der Gesamtbetrachtung als Fazit, dass es auch in deutscher Sprache offenbar möglich ist, plausible und sinnvolle, gesellschaftlichen
Rollenerwartungen weitgehend entsprechende Interaktionen zwischen sozialen Akteuren allein aus dem sparsamen Affektsteuerungsprinzip zu generieren, das besagt, dass Menschen mit ihren Handlungen danach streben, die
kulturell geteilten Grundgefühle zu bestätigen, die mit ihrer Situationsdefinition assoziiert sind. Die Hypothese der Affektsteuerungstheorie, dass die
emotionale Struktur der Sprache kulturelles Handlungswissen bereit stellt,
erfährt durch die hier beschriebene Modellbildung in deutscher Sprache weitere Stützung. Die Frage, ob dieses Modell auch geeignet ist, tatsächliches
97
individuelles Verhalten und Emotionserleben in konkreten Situationen vorherzusagen, wird im folgenden Kapitel behandelt.
98
Kapitel 4
Prüfung der
Affektsteuerungstheorie im
Verhaltensexperiment
4.1
Einführung
Nachdem mit der im vorigen Kapitel beschriebenen Simulation sozialer Rollen eine gewisse Augenscheinvalidität des neu entwickelten deutschsprachigen
ACT-Modells demonstriert werden konnte, wird in einem nächsten Schritt
überprüft, ob das tatsächliche Verhalten und Erleben von Versuchspersonen
in der sozialen Interaktion während eines Laborexperiments von der deutschen Version der Affektsteuerungstheorie richtig vorhergesagt wird1 . Das
Experiment, welches nachfolgend beschrieben wird, hat dabei eine doppelte Funktion. Zum einen wird damit untersucht, wie valide die deutschen
Eindrucksbildungs- und Verschmelzungsgleichungen sind. Denn bei allem Bemühen, bei der Entwicklung des Modells eine größtmögliche methodische
Vergleichbarkeit zu den entsprechenden US-amerikanischen und japanischen
Studien zu erreichen, kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass die
erläuterten Auffälligkeiten im deutschen Gleichungssystem (Geringe Bedeutung von Balance-Effekten, relationale Wahrnehmung von Potency) auf methodische Artefakte statt auf deutsche kulturelle Eigenheiten zurückgehen.
Zum anderen wird das allgemeinere Ziel verfolgt, die bisher nicht hinreichend
empirisch gestützte Annahme der Affektsteuerungstheorie zu untersuchen,
dass die psychologischen Prozesse der sprachlich basierten Eindrucksbildung
mit jenen identisch sind, die in tatsächlich erlebten sozialen Interaktionen
1
Eine gekürzte, leicht modifizierte und ins Englische übersetzte Fassung dieses Kapitels
erscheint in einem separaten Aufsatz (Schröder & Scholl, in press).
99
auftreten (vgl. Abschnitt 2.3.2.).
Auf die Schwierigkeit, das Wechselspiel von Eindrucksbildung und Handlungen experimentell zu untersuchen, wurde wiederholt hingewiesen (z. B.
von De Bruin & Van Lange, 1999; Heineken, Ollesch & Stenzel, 2003; Scholl,
2007). Echte soziale Interaktion ist hoch dynamisch und entzieht sich der
strengen Kontrolle, die gerade das Ziel experimenteller Untersuchungen ist.
Eine reliable Kodierung auch einfachster Interaktionsverläufe ist ökonomisch
im Vergleich zu individuellen Social-Cognition-Experimenten sehr aufwändig
(vgl. Scholl, 2007). Zu diesen allgemeinen Problemen kommt bei dem Vorhaben, die Affektsteuerungstheorie experimentell prüfen zu wollen, ein spezifischeres. Im Optimalfall soll ja gezeigt werden, dass die Vorhersagen des
Simulationsprogramms INTERACT im experimentellen Setting beobachtbar sind. Wie soll aber die Beobachtung einer sozialen Handlung, die aus
mitunter komplexen sprachlichen Äußerungen, einem Tonfall in der Stimme
sowie gestischen und mimischen Signalen besteht, reliabel und valide in eine einfache sprachliche Handlungsbeschreibung nach dem Akteur-HandlungObjekt-Schema übersetzt werden, mit dem INTERACT arbeitet? Klassische
Maße der Beurteilerübereinstimmung führen hier angesichts des Variantenreichtums der Sprache nicht weiter.
Um bei der Überprüfung der Affektsteuerungstheorie einerseits eine hohe
experimentelle Kontrolle und plausible sprachliche Beschreibbarkeit zu gewährleisten, andererseits aber der Dynamik sozialer Interaktion Rechnung
zu tragen, wurde auf ein von größeren Unternehmen häufig im Führungskräftetraining eingesetztes computersimuliertes Szenario (Heineken, Lohaus
& Ollesch, 1996; Heineken et al., 2003) zurückgegriffen, bei dem die Versuchspersonen mit virtuellen Abteilungsleitern als Interaktionspartnern kommunizieren2 . Solche Computerszenarien sind in der Lage, komplexe und interaktive Umwelten wirklichkeitsnah darzustellen (vgl. Dörner, 1992; Heineken
et al., 2003), bieten aber – anders als die wirkliche Umwelt in einer Organisation – die Möglichkeit, experimentelle Manipulationen durchzuführen und
das Verhalten der Versuchspersonen lückenlos zu protokollieren, ohne in die
tatsächlichen Arbeitsabläufe eines Unternehmens eingreifen zu müssen.
4.2
Hypothesen
Die Affektsteuerungstheorie ist eine mathematisch formalisierte Theorie. Die
Ableitung von Hypothesen, die sich auf konkrete Interaktionssituationen be2
Der Autor dankt Edgar Heineken und Heike Ollesch (Universität Duisburg-Essen)
sehr herzlich dafür, dass sie ihm ihre Software für das hier beschriebene Experiment zur
Verfügung gestellt und ihn in technischer Hinsicht tatkräftig unterstützt haben.
100
ziehen, erfolgt durch Computersimulation dieser Situationen mit dem Programm INTERACT. Wegen der noch zu beschreibenden Komplexität des
hier berichteten Experiments wäre es sehr unübersichtlich, sämtliche so erzeugten Einzelhypothesen vorab darzustellen. Aus diesem Grund werden die
einzelnen Simulationen, welche die Funktion operationaler Hypothesen für
das Experiment haben, weiter unten in Abschnitt 4.4 im Zusammenhang mit
den Ergebnissen dargestellt. Vorab werden hier nur zwei globale Hypothesen
aufgestellt, die den Charakter von Kernbehauptungen der Affektsteuerungstheorie haben:
• Handlungshypothese: Versuchspersonen wählen mit höherer Wahrscheinlichkeit solche Handlungen, die affektiv zur mentalen Repräsentation
ihrer selbst sowie Ihrer Interaktionspartner passen. Die Passung wird
in der Computersimulation über das Deflection-Maß ermittelt: Je niedriger die aus einer Handlung resultierende affektive Abweichung, desto
häufiger zeigen die Vpn diese Handlung.
• Emotionshypothese: Versuchspersonen erleben mit höherer Wahrscheinlichkeit solche Emotionen, die strukturell zu den Bedeutungen passen,
die sie sich selbst und ihren Interaktionspartnern zuschreiben. Die Passung wird über die euklidische Distanz des zu einem Emotionsbegriff
gehörenden EPA-Profils zu dem in der Computersimulation mit INTERACT vorhergesagten Emotionsprofil ermittelt: Je niedriger diese
Distanz, desto häufiger geben die Vpn an, die korrespondierende Emotion im Experiment erlebt zu haben.
Bei der Erzeugung der operationalen Hypothesen mit INTERACT werden
das neue deutsche affektive Lexikon und die Gleichungen benutzt, welche in
Kapitel 3 beschrieben wurden.
4.3
4.3.1
Methode
Stichprobe
An dem Experiment nahmen 64 Studierende verschiedener Studiengänge verschiedener Berliner Universitäten und Fachhochschulen teil. Der optimale
Stichprobenumfang war vorher mit dem Programm GPOWER (Buchner,
Erdfelder & Faul, 1997) auf N = 56 berechnet worden, wobei eine aus zwei
Pilotexperimenten abgeschätzte mittlere Effektstärke, der Fehler erster Art
mit α = .05 und der Fehler zweiter Art mit β = .20 zu Grunde gelegt worden
waren. Eine Vp wurde wegen Problemen bei der Datenspeicherung von der
101
Auswertung ausgeschlossen; die Daten weiterer drei Vpn wurden nicht mitausgewertet, da diese während der virtuellen Kommunikation keinerlei Variation ihrer Handlungen zeigten, sondern stereotyp immer wieder die gleiche
Handlung auswählten. Die hier berichteten Daten beziehen sich also auf die
verbleibenden 60 Vpn, davon 30 Männer und 30 Frauen. Deren Alter lag
zwischen 19 und 53 Jahren und betrug im arithmetischen Mittel 26,8 Jahre
(SD = 7,3 Jahre). Das Experiment wurde als „Miniatur-Führungstraining“
angekündigt. Als Gegenleistung für die Teilnahme erhielten die Vpn ein ausführliches Feedback über ihre Leistungen und ihr Verhalten bei dem Versuch
im Vergleich mit den übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Außerdem
nahmen sie an einer Verlosung von einmal 100,- Euro und zweimal 50,- Euro
teil.
4.3.2
Das Computerszenario Magic Monster GmbH
Mit der Software Motivator One von Heineken et al. (1996) wurde das virtuelle Unternehmen Magic Monster GmbH simuliert, das sich der Herstellung
von Spielzeugmonstern widmet. Die Magic Monster GmbH besteht aus einer
Einkaufs-, einer Produktions- und einer Verkaufsabteilung, an deren Spitze
jeweils ein Abteilungsleiter steht. Die Vp hat in der Firma die Rolle der Geschäftsleitung. Dabei kann sie ein Jahr lang (Echtzeit: etwa 50 Minuten) auf
die Geschicke des Unternehmens Einfluss nehmen, indem sie mit den virtuellen Abteilungsleitern kommuniziert. Die Kommunikation läuft ab, indem die
Vp per Mausklick ein Gesprächsmenü aufruft, in dem sie verschiedene Aussagen anklicken kann. Die Abteilungsleiter ihrerseits kommunizieren mit der
Vp, was dergestalt realisiert ist, dass auf dem Bildschirm ein Fenster aufgeht,
in dem die Aussage des Abteilungsleiters dargestellt wird. In Abb. 4.1 ist die
Benutzeroberfläche dargestellt, so wie sie sich den Vpn zeigt.
Durch die Auswahl geeigneter Aussagen nimmt die Vp in der Kommunikation Einfluss auf die Motivation der Abteilungsleiter. Die Mitarbeitermotivation ist wiederum mit 20 betriebswirtschaftlichen Variablen verknüpft,
die mit ihren Wechselbeziehungen das ökonomische Teilmodell des Computerszenarios darstellen (siehe Abb. 4.2). Schafft es die Vp beispielsweise, das
Leistungsmotiv des Verkaufsleiters zu erhöhen, so schlägt sich das in einer
Erhöhung der Verkaufszahlen nieder, die wiederum den Kassenbestand der
Magic Monster GmbH positiv beeinflusst etc. Eine Erhöhung des Aggressionsmotivs des Produktionsleiters hingegen würde zu mehr Fehlern in der
Produktion und damit höheren Stückkosten und letztlich einer niedrigeren
Gewinnspanne führen. Die Vp kann also (abgesehen vom Gehalt der Abteilungsleiter, welches sie direkt erhöhen oder senken kann) nur indirekt über
Führung durch sprachliche Kommunikation den betriebswirtschaftlichen Zu102
Abbildung 4.1: Benutzeroberfläche der computersimulierten Magic Monster GmbH. Im
unteren Feld des Bildschirms können betriebswirtschaftliche Daten über den Zustand der
virtuellen Firma abgerufen werden. Der obere Teil des Bildschirms dient der Kommunikation mit den virtuellen Mitarbeitern. Durch Klick auf deren Bild wird die „Personalakte“
aufgerufen, die einen kurzen Text zu ihrem Lebenslauf und ihrer „Persönlichkeit“ enthält.
Durch Klick auf den Namen wird das Gesprächsmenü aufgerufen, in dem die Aussagen
ausgewählt und angeklickt werden können, die die Vp im Gespräch mit dem jeweiligen
Mitarbeiter verwenden will. Abbildung mit freundlicher Genehmigung von E. Heineken.
stand der Firma beeinflussen, was höchst realistisch die Situation von Führungskräften der höheren Ebenen widerspiegeln dürfte.
Die Mitarbeitermotivation als individuelle Konfiguration verschiedener
Motive (für eine detaillierte Beschreibung des Szenarios sei auf Ollesch (2001)
verwiesen) ist also eine Funktion der Anreizwirkungen der von der Vp gewählten Aussagen sowie externer Ereignisse. Darüber hinaus ist aber eine Voreinstellung der „Mitarbeiterpersönlichkeit“ möglich, indem den Abteilungsleitern vom Experimentator ein individuelles Basis-Motivprofil zugeordnet
wird, das dann im Verlauf der Simulation als kybernetische Steuerungsgröße
wirkt. Diese Mitarbeiterpersönlichkeit wirkt sich auf die betriebswirtschaftlichen Variablen aus (so generiert ein introvertierter Verkäufer geringere Verkaufszahlen) und ist für die Vpn an den von den Abteilungsleitern generierten
Aussagen ablesbar.
103
Abbildung 4.2: Modelldarstellung der computersimulierten Magic Monster GmbH. Im
Zentrum steht die Mitarbeitermotivation. Diese wird durch die seitens des Experimentators
voreingestellte „Mitarbeiterpersönlichkeit“, die Anreizwirkungen der von den Vpn gewählten sprachlichen Aussagen sowie externe ökonomische Ereignisse bestimmt. Die Motivlage
der virtuellen Mitarbeiter kommt in den Vpn gegenüber geäußerten sprachlichen Aussagen
zum Ausdruck und beeinflusst direkt die ökonomischen Variablen des Computerszenarios.
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von E. Heineken.
4.3.3
Versuchsplan und unabhängige Variablen
Das Experiment folgte einem 2x3-faktoriellen Versuchsplan, wobei der zweite Faktor ein Messwiederholungsfaktor war. In zwei Stufen wurde mit einer
Priming-Technik das situative Selbstmodell bzw. Arbeitsselbst der Vpn manipuliert (BETWEEN-Manipulation). Zusätzlich wurden die drei Magic-Monster-Abteilungsleiter als Interaktionspartner der Vpn mit unterschiedlichen
Motivstrukturen gestaltet (WITHIN-Manipulation).
Manipulation des situativen Selbstmodells als autoritärer bzw. demokratischer Führer
Unmittelbar vor dem Beginn des virtuellen Geschäftsjahrs, während dessen
die Vpn die Magic Monster GmbH leiteten, führte einer von insgsamt zwei
104
Versuchsleitern3 mit ihnen ein strukturiertes situatives Interview zu ihren
„bisherigen Führungserfahrungen“ durch. Dabei bat er die Vpn, nacheinander
zwei konkrete Situationen aus ihrem Leben detailliert zu beschreiben, in denen sie in einer kleinen Gruppe die Führung übernommen hatten. Die Hälfte
der Vpn (N=30) sollte dabei Situationen beschreiben, in denen sie sich „gegen
die Interessen und Vorstellungen der anderen Gruppenmitglieder durchsetzen
konnten“ (autoritäre Versuchsbedingung), während die übrigen 30 Probanden an Situationen denken sollten, in denen sie „die anderen Gruppenmitglieder von ihren Vorstellungen überzeugen konnten“ (demokratische Versuchsbedingung). Der jeweilige Versuchsleiter sollte bei dem Interview dem
detaillierten Leitfaden folgen, der in Anhang E abgedruckt ist. In der Vorbereitungsphase des Experiments wurden die Versuchsleiter trainiert, in der
Gesprächsführung Situationsbeschreibungen hervorzurufen, die den im Leitfaden festgelegten Kriterien für die jeweilige Versuchsbedingung entsprach.
Das wichtigste Unterscheidungskriterium war, dass in der demokratischen
Bedingung die anderen Gruppenmitglieder in der von der Vp beschriebenen
Situation letztlich mit dem Ergebnis der Einwirkung einverstanden sein sollten, während sie in der autoritären Bedingung sich nur widerstrebend fügen
sollten. Zum Schluss jeder Situationsbeschreibung wurden die Vpn gebeten,
sich an ihr emotionales Erleben während der Führungsepisode zu erinnern
und auf einer vorbereiteten Liste mit 40 Emotionswörtern (s. u.) jene zu unterstreichen, die ihre Gefühle in der Situation gut beschreiben. Damit sollten
die Vpn zum einen dazu gebracht werden, sich emotional in die erinnerte
und beschriebene Situation gut hineinzuversetzen, zum anderen dienten ihre
Antworten zur Manipulationskontrolle.
Das Interview war als Priming-Technik gedacht, mit der die Vpn dazu
gebracht werden, ihr situatives Selbstmodell aus den erinnerten Führungssituationen gewissermaßen mit in das Experiment zu nehmen. Die Simulation
der Interview-Situationen mit INTERACT zeigte, dass sich die EPA-Profile der Selbstmodelle beider Versuchsbedingungen deutlich unterschieden.
Die autoritäre Bedingung wurde mit der Handlung Student setzt sich
durch gegen Student4 simuliert; diese Handlung führt INTERACT zufolge zu einem vorübergehenden Eindruck von [0,8 1,9 1,7]5 . Die demokrati3
Der Autor dankt Jan Hülsenbeck und Marco Peucker für die sehr engagierte Mitarbeit
bei der Durchführung des Experiments im Rahmen ihres studentischen Forschungsprojekts.
4
Es wurde unterstellt, dass die soziale Identität Student am ehesten dem dauerhaften
Selbstkonzept von Studierenden entspricht, die im Kontext einer Universität an einem
Experiment teilnehmen.
5
Da männliche und weibliche Vpn am Experiment teilnahmen, wurden zur Verbesserung der Vorhersage für alle in diesem Kapitel beschriebenen Simulationen die relevanten
105
sche Bedingung wurde mit Student überzeugt Student simuliert, wobei
INTERACT einen vorübergehenden Eindruck von [1,3 1,2 0,9] angibt. Das
der autoritären Versuchsbedingung zugehörige Selbstmodell unterschied sich
also vor allem in der größeren Potency und Activity von dem der demokratischen Bedingung, war etwas weniger positiv in der Evaluation und zeigte
damit das typische EPA-Profil für Autoritätsbegriffe in deutscher Sprache
(vgl. Schneider, 2004). Alle nachfolgend beschriebenen INTERACT-Simulationen der sozialen Interaktionen während des Experiments wurden mit
diesen vorübergehenden EPA-Profilen durchgeführt (also autoritäre VP
= [0,8 1,9 1,7] und demokratische VP = [1,3 1,2 0,9]).
Manipulation des Eindrucks von den Interaktionspartnern
Über die Möglichkeit, den drei Magic-Monster-Abteilungsleitern verschiedene Motivkonfigurationen zuzuweisen, wurden drei Mitarbeiter-Typen geschaffen. Technisch führte das zu einer stark erhöhten Wahrscheinlichkeit,
dass die Mitarbeiter bestimmte Handlungen ausführten bzw. den Vpn gegenüber bestimmte charakteristische Aussagen machten:
• Kompetenter Mitarbeiter: Dieser Abteilungsleiter wurde in der Personalakte als „freundlich und engagiert“ beschrieben. Bei den Kollegen
genieße er hohes Ansehen. Zu den wahrscheinlichsten Handlungen dieses Mitarbeiters gehörte, dass er sich „engagiert um seine Mitarbeiter
kümmert“, „einen Qualitätszirkel ins Leben gerufen hat“, wenn nötig
aber auch „seine Autorität deutlich machen kann“. Zu den häufigsten
Aussagen gegenüber den Vpn gehörten: „Ich arbeite nach dem Motto: man muss seine Mitarbeiter überzeugen!“, „Mir macht es Freude,
anspruchsvolle Aufgaben zu übernehmen“ und „Wenn ich in irgendeiner Weise helfen kann, stehe ich gerne zur Verfügung.“ Die Handlungen
dieses Mitarbeiters wurden in INTERACT mit dem Begriff jemanden
unterstützen [3,0 2,4 0,7] simuliert.
• Cholerischer Mitarbeiter: Von diesem Abteilungsleiter stand in der Personalakte, dass er sich „häufiger mal im Ton vergreift“. Häufige Handlungen waren, „recht unbeherrscht“ zu reagieren, wenn andere nicht
tun, was er will; „einen despotischen Führungsstil“ zu zeigen oder eine „hohe Ungeduld [zu haben], wenn es um die Lösung eines Problems
geht.“ Häufig auftretende Aussagen gegenüber den Vpn waren: „Ich werde meinen Mitarbeitern wieder einmal richtig einheizen müssen, damit
männlichen und weiblichen EPA-Profile aus dem affektiven Lexikon als ungewichtetes
arithmetisches Mittel zusammengefasst.
106
der Laden läuft!“, „Ich kann nur sagen – Scheiß Laden!“ und „Verdammt
noch mal, wie soll ich hier nur etwas leisten, wenn die Information ständig hinter dem Berg gehalten wird?“ In INTERACT wurden die Handlungen dieses Mitarbeiters mit jemanden gegen sich aufbringen
[-1,8 1,0 1,4] simuliert.
• Zurückgezogener Mitarbeiter: In der Personalakte dieses Abteilungsleiters wurde sein „hohes Interesse für theoretische Zusammenhänge“
betont. Er brauche aber immer wieder „viel Aufmerksamkeit, um seine
volle Leistung zu bringen.“ Häufige Handlungen waren, „Anweisungen
an die Mitarbeiter grundsätzlich nur auf schriftlichem Wege“ zu geben
oder sich „häufig in [sein] Büro zurück [zu ziehen].“ Wenn er mit den
VP Kontakt aufnahm, dann um sich zu beschweren, dass ihm „alle
doch nur auf der Nase herumtrampeln“, dass man „doppelt so alt werden müsse, um das ganze erforderliche Wissen zu erwerben“, oder um
sich zu fragen, ob er denn „wirklich keine Anerkennung verdiene“. Seine
Handlungen wurden in INTERACT mit vor jemandem ausweichen
[-1,3 -0,7 -0,3] simuliert.
Die Zuordnung der Mitarbeiterpersönlichkeit zu den jeweiligen Abteilungsleitern wurde nach einem lateinischen Quadrat-Design permutiert, um auszuschließen, dass Name, Geschlecht oder das Bild eines Abteilungsleiters die
Eindrucksbildung der Vpn unkontrolliert beeinflusst hätten.
4.3.4
Kovariate
Das interpersonale Selbstkonzept der Vpn wurde mit Hilfe der Interpersonalen Adjektivliste (IAL) von Jacobs & Scholl (2005) erhoben. Dabei beurteilten die Vpn jeweils 64 Adjektive auf einer achtstufigen Skala darauf
hin, inwieweit diese Persönlichkeitsmerkmale auf sie zuträfen. Aus den Antwortscores wurde nach der Berechnungsvorschrift von Jacobs & Scholl (2005,
S. 150) für jede Vp ein z-standardisierter Wert für interpersonale Affiliation
und einer für interpersonale Dominanz errechnet.
4.3.5
Abhängige Variablen
Handlungen
Sämtliche Handlungen der Vpn während des Experiments in Form angeklickter an die Mitarbeiter gerichteter Aussagen wurden von der Software aufgezeichnet und konnten nachher ausgewertet werden. Aus folgenden dreizehn
107
Kategorien von Führungshandlungen konnten die Vpn bei der Leitung der
Magic Monster GmbH jeweils bis zu sieben verschiedene Sätze auswählen:
• Lob aussprechen: Ein beispielhafter Satz aus dieser Kategorie ist: „Mir
hat es gut gefallen, wie Sie in den letzten Wochen die anstehenden Aufgaben erledigt haben.“ Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie
wurde in INTERACT mit dem Begriff jemanden loben [3,2 1,8 0,3]
simuliert.
• Kritik aussprechen: „Im Moment bin ich völlig unzufrieden mit Ihnen.“
ist ein möglicher Satz aus dieser Kategorie. In INTERACT wurden
Handlungen aus diesem Menü mit dem Begriff jemanden kritisieren [-1,1 1,2 1,1] simuliert.
• Meinungen erfragen: Z. B. „Auf Ihre Meinung lege ich besonderen Wert!“
Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie wurde in INTERACT
mit dem Begriff jemanden nach seiner Meinung fragen [1,8 1,1
0,4] simuliert.
• Ziele vereinbaren: Hier zeigte sich, dass es nicht trivial ist, mit genau
welchem Begriff eine Handlung in INTERACT simuliert wird. Sämtliche angebotenen Sätze in dieser Kategorie gingen nämlich über eine
neutrale „Vereinbarung“ auf Augenhöhe hinaus; wie aus den Beispielen
„Ich lege großen Wert darauf, dass die Ziele, die wir vereinbart haben,
von Ihnen auch erreicht werden!“ oder „Bisher haben wir unsere Ziele
leicht erreichen können. Deswegen sollten wir uns höhere Ziele setzen
als in der Vergangenheit“ deutlich wird. Deswegen wurde für Sätze aus
dieser Kategorie der Begriff jemanden herausfordern [-0,0 2,4 2,0]
benutzt. Bei der Ergebnisdarstellung (s. Abschnitt 4.4.2) wird gezeigt,
dass sich an den Resultaten des Experiments durch Berücksichtigung
oder Nichtberücksichtigung von Handlungskategorien mit uneindeutiger Benennung keine substantiellen Änderungen ergeben.
• Anweisungen geben: Für die INTERACT-Simulation wurde der Begriff
jemandem eine Anweisung geben [-0,2 1,8 1,3] benutzt. Ein beispielhafter Satz aus dieser Kategorie ist: „Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie Ihre Aktivitäten stärker an die Gegebenheiten
des Marktes anpassen müssen!“
• Unternehmensziele: Auch für diese Kategorie fiel es schwer, einen geeigneten Begriff für die INTERACT-Simulation auszuwählen, da die
Sätze vom Inhalt stark differierten. Hier stand beispielsweise sowohl
108
der Satz „Ich werde Ihnen stets alle Fragen über die Unternehmenspläne beantworten“ als auch „Der Vorstand verlangt von uns eine deutliche
Steigerung der Gewinne“ zur Verfügung. Insgesamt erschien die Tonlage dieser Sätze eher negativ. Es wurde wegen dieser Schwierigkeiten ein
empirisches Vorgehen gewählt, bei dem die sieben Sätze einer kleinen
Stichprobe (N=30) zur einzelnen Bewertung mit dem Semantischen
Differential vorgelegt wurde. Zur Simulation wurde dann mit Hilfe des
affektiven Lexikons ein sowohl gefühlsmäßig als auch halbwegs inhaltlich passender Begriff ausgewählt, nämlich jemanden reizen [-0,7 0,6
0,9].
• Aufstiegsmöglichkeiten: Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie
wurde in INTERACT mit dem Begriff jemandem Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen [2,5 1,1 1,2] simuliert. Beispiel: „Ich bin sicher,
dass Sie in absehbarer Zeit bei uns Karriere machen können.“
• Gehaltsentwicklung: In dieser Rubrik bestand das Problem, dass gegensätzliche Handlungen, nämlich Gehaltserhöhungen, -kürzungen sowie das Verweigern von Gehaltserhöhungen zur Verfügung standen. Die
Kategorie wurde deswegen gesplittet. Die beiden Sätze, mit denen die
Vpn den virtuellen Mitarbeitern das Gehalt erhöhen konnten, wurden in
INTERACT mit dem Begriff jemandem das Gehalt erhöhen [2,9
1,9 0,4] simuliert. Für die übrigen fünf Sätze wurde jemandem eine
Gehaltserhöhung verweigern [-2,4 1,1 0,7] gewählt. Unter letzteren Begriff wurden auch die Gehaltskürzungen gefasst, da sie erstens
so gut wie gar nicht gewählt wurden (nur 5 Vpn machten überhaupt
von dieser Möglichkeit Gebrauch) und da zweitens das EPA-Profil einer
Gehaltskürzung im affektiven Lexikon fast identisch mit dem einer Verweigerung war. Emotional kommt eine vorenthaltene Belohnung wohl
einer Bestrafung gleich.
• Leistung: Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie wurde in
INTERACT mit dem Begriff von jemandem Leistung fordern
[0,1 2,0 1,7] simuliert. Beispiel: „Wenn sich Ihre Leistungen verbessern,
könnte das Ihrer beruflichen Karriere sehr nützen.“
• Zusammenarbeit: Die Sätze in dieser Kategorie hatten insgesamt eher
den Inhalt, die Mitarbeiter zu einer Verbesserung ihres Kooperationsverhaltens zu ermahnen, z. B.: „Vielleicht wäre es für Ihre Abteilung
günstiger, wenn Sie mehr Sachlichkeit in die Zusammenarbeit bringen
würden.“ Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie wurde daher
109
in INTERACT mit dem Begriff jemanden ermahnen [-1,4 1,3 0,2]
simuliert.
• Fachliche Kompetenz: Diese Sätze bezogen sich auf fachliche Fragen zu
den Arbeitsbereichen der einzelnen Abteilungen, z. B. „Können Sie einmal darüber nachdenken, wie sich die Qualität unserer Produkte weiter
verbessern lässt?“ In INTERACT wurde diese Handlungskategorie mit
dem Begriff mit jemandem ein Fachgespräch führen [2,0 1,8 0,8]
simuliert.
• Kontakt pflegen: Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie wurde
in INTERACT mit dem Begriff Kontakt zu jemandem pflegen
[2,5 0,7 0,0] simuliert. Beispiel: „Ich freue mich immer, wenn ich Sie
sehe!“
• Konflikt ansprechen: Beispielsatz: „Mitarbeiter beschweren sich über
Ihr Verhalten. Ich würde gerne einmal Ihre Beurteilung des Falles kennen lernen.“ Das Anklicken von Sätzen aus dieser Kategorie wurde in
INTERACT mit dem Begriff einen Konflikt ansprechen [-0,5 1,7
0,6] simuliert.
Eindrucksbildung
Zu verschiedenen Zeitpunkten vor, während und nach der Simulation wurden
die Vpn gebeten, auf Skalen des Semantischen Differenzials ihren spontanen
Gefühlseindruck von sich selber und von ihren drei virtuellen Mitarbeitern
anzugeben. Hierfür wurden die gleichen Skalen verwendet wie bei der Erhebung des affektiven Lexikons (siehe Abb. 3.1 in Kap. 3).
Emotionen
Zur Prüfung der Emotionshypothese wurde eine Liste von Emotionsbegriffen konstruiert, welche möglichst erschöpfend die wesentlichen Emotionen
abbilden sollte. Zu diesem Zweck wurde auf die bestehenden dimensionalen
Emotionsmodelle von Morgan & Heise (1988) und Scherer (2005) zurückgegriffen. Alle (englischsprachigen) Emotionsbegriffe aus diesen beiden Modellen wurden mit der in Kap. 3 beschriebenen Methode der blinden Rückübersetzung ins Deutsche übertragen. Daraus ergab sich eine Liste von 40
deutschen Emotionswörtern. Wie in Abschnitt 2.1.3 erläutert, spannen sich
solche Emotionsbegriffe im Wesentlichen auf einer durch die Dimensionen
Evaluation und Activity konstituierten Ebene auf. Lediglich bei negativen,
erregten Emotionen spielt die Potency-Dimension eine Rolle. Somit ergeben
110
sich für Emotionsbegriffe durch die Kombination jeweils positiver und negativer Ausprägungen auf den Dimensionen des Semantischen Differenzials
fünf (und nicht wie bezogen auf den gesamten Wortschatz acht) „Cluster“
von Emotionen, die im folgenden mit den zugehörigen, im Experiment verwendeten Begriffen aufgeführt sind6 :
• (+++)-Emotionen: heiter, froh, stolz, erfreut, glücklich,
begeistert, interessiert, hoffnungsvoll, überrascht, aufgeregt
• (++–)-Emotionen: friedlich, berührt, dankbar, zufrieden, befriedigt, erleichtert, ruhig
• (–++)-Emotionen: angewidert, empört, zornig, wütend, aufgebracht, entsetzt, verärgert
• (– – +)-Emotionen: beunruhigt, erschreckt, nervös
• (– – –)-Emotionen: verachtungsvoll, deprimiert, traurig, mutlos, beschämt, verlegen, neidisch, schuldig, ängstlich, niedergeschlagen, verbittert, unglücklich, freudlos
Diese Emotionswörter-Liste wurde den Vpn mit randomisierter Reihenfolge
der Begriffe vorgelegt, wenn erlebte Emotionen erfragt wurden. Die Vpn sollten dann alle Wörter unterstreichen, die im relevanten Zeitabschnitt erlebte
Emotionen bezeichnen.
4.3.6
Versuchsablauf
Die Vpn nahmen entweder allein oder zu zweit (an jeweils einem eigenen Computer) an dem Experiment teil. Sie wurden von dem Versuchsleiter begrüßt
und kurz mit dem Zweck der Untersuchung vertraut gemacht („Erforschung
des Verlaufs von Emotionen in Führungssituationen“) und zunächst gebeten,
die Interpersonale Adjektivliste (IAL) zu bearbeiten. Dann erläuterte der
Versuchsleiter anhand eines standardisierten Leitfadens die Funktionsweise
und Bedienoberfläche der Magic Monster GmbH, worauf die Vpn während einer 15minütigen Probesimulation Gelegenheit hatten, sich mit der Bedienung
6
Die Emotionsliste wurde hier als abhängige Variable für das Experiment konstruiert. Es sollte aber bemerkt werden, dass durch die ausnahmslos mögliche Zuordnung der
deutschen Emotionswörter zu den fünf theoretisch erwarteten Clustern – ganz nebenbei –
eine Validierung des Emotionsbedeutungs-Struktur-Modells von Morgan & Heise (1988)
in deutscher Sprache erreicht wird!
111
des simulierten Unternehmens vertraut zu machen. Nach dem Probedurchlauf wurden die Vpn mit den beschriebenen Semantischen-Differenzial-Skalen
nach ihrem ersten spontanen Gefühlseindruck den virtuellen Mitarbeitern gegenüber befragt. Als nächstes folgte die experimentelle Manipulation durch
das situative Interview. Dabei wurden die Vpn in der Reihenfolge ihres Erscheinens der vorab per Zufall für das ganze Experiment festgelegten Abfolge
der experimentellen Bedingungen zugeordnet. Unmittelbar nach dem Interview erfolgte die eigentliche Durchführung des Versuchs mit der Leitung der
Magic Monster GmbH über ein virtuelles Jahr. Die Vpn wurden vorher noch
auf die Aufgabe hingewiesen, als Geschäftsführer einen Konkurs zu vermeiden sowie das Gesamtvermögen des Unternehmens zu maximieren. Je nach
Erfolg würden sie eine unterschiedliche Anzahl an Losen für die Verlosung
der Geldpreise bei dem Experiment erhalten. Nach Abschluss der Simulation
erhielten sie einen Fragebogen, mit dem die Gefühlseindrücke zu sich selber
und den virtuellen Mitarbeitern erfragt wurden. Außerdem wurde ihnen zu
jedem Mitarbeiter getrennt die Emotionswörterliste vorgelegt mit der Bitte,
all jene Emotionen zu markieren, die sie in der Kommunikation mit dem
jeweiligen Mitarbeiter erlebt hätten. Im Anschluss an das Experiment wurden die Vpn zunächst befragt, ob ihnen an dem Interview etwas aufgefallen
wäre. Niemand äußerte einen Verdacht im Hinblick auf die Manipulation.
Dann erhielten die Vpn als Dank für ihre Teilnahme eine Tafel Schokolade,
die von ihnen erreichte Anzahl von Losen wurde notiert und sie wurden in aller von ihnen gewünschten Ausführlichkeit über die Hypothesen und Zwecke
des Experiments aufgeklärt. Zudem erhielten sie anhand der vom Computer
protokollierten Daten ein Feedback über ihr Führungs- und Problemlöseverhalten während des Experiments sowie allgemeine Hinweise zu psychologischen Auswahlverfahren für Nachwuchsführungskräfte. Die gesamte Dauer
des Versuchs inklusive Nachbesprechung betrug etwa zwei Stunden.
4.4
Ergebnisse
Zunächst werden Ergebnisse der Manipulationskontrolle dargestellt, mit der
abgesichert werden sollte, dass die Vpn die experimentelle Situation in ähnlicher Weise erlebt haben, wie sie vom Autor konzipiert war. In den darauf folgenden Abschnitten werden nacheinander Ergebnisse zur Prüfung der
Handlungs- und dann der Emotionshypothese berichtet.
112
4.4.1
Manipulationskontrolle
Situatives Selbstmodell als demokratischer vs. autoritärer Führer
Die Vpn wurden während des situativen Interviews gebeten, mit Hilfe der
Emotionswörterliste anzugeben, welche Emotionen sie in den von ihnen beschriebenen Führungssituationen empfunden hätten. Jede vorhandene Emotion sollte auf dem Bogen markiert werden. In der demokratischen Versuchsbedingung wurden pro Situation durchschnittlich 3,03 Emotionswörter aus
dem (+++)-Cluster (40,4 % aller angegebenen Emotionen), 2,37 (31,6 %)
aus dem (++-)-Cluster, 0,92 (12,2 %) aus dem (–++)-Cluster, 0,53 (7,1 %)
aus dem (– –+)-Cluster sowie 0,65 (8,7 %) aus dem (– – –)-Cluster markiert.
Die entsprechende Verteilung der angegebenen Emotionen in der autoritären Versuchsbedingung fiel deutlich anders aus: pro Situation wurden durchschnittlich 1,37 Emotionswörter aus dem (+++)-Cluster (27,5 % ) markiert,
0,75 (15,1 %) aus dem (++ –)-Cluster, 1,55 (31,2 %) aus dem (–++)-Cluster,
0,47 (9,4 %) aus dem (– –+)-Cluster sowie 0,83 (16,8 %) aus dem (– – –)Cluster. Die Verteilungen unterscheiden sich signifikant (χ2 = 15.16, df = 4,
p < .01). Es kann daraus geschlossen werden, dass die Vpn durch das Interview in der Tat dazu gebracht wurden, sich an Situationen zu erinnern, die in
ihrem affektiven Gehalt in beiden experimentellen Bedingungen unterschiedlich waren. Theoriekonform traten in den autoritären Führungssituationen
vor allem negative, mächtige und erregte Emotionen häufiger auf als in den
demokratischen.
Mitarbeitereindruck
Die Manipulation der „Mitarbeiterpersönlichkeit“ äußerte sich für die Versuchspersonen in der unterschiedlichen Häufigkeit spezifischer Handlungen
der virtuellen Abteilungsleiter. Die Simulation der Eindrucksbildung mit INTERACT sagt vorher, dass ein Mitarbeiter, der einen Studenten unterstützt, einen angenehmen, mächtigen und weder ruhigen noch lebhaften Eindruck erzeugt [1,5 1,5 0,5]. Am Ende des Experiments wurden die
Vpn nach ihrem tatsächlichen Eindruck von diesem Mitarbeiter gefragt; das
durchschnittliche EPA-Profil war [2,0 1,3 0,2] und kam damit der Vorhersage
sehr nahe. Für den zweiten Abteilungsleiter war das vorhergesagte Profil [-0,8
1,0 1,3] (INTERACT-Simulation mit der Handlung Mitarbeiter bringt
Studenten gegen sich auf), der gemessene tatsächliche Eindruck war
[-1,1 1,2 1,5], also wiederum sehr ähnlich. Der Eindruck von dem dritten
Abteilungsleiter wurde in INTERACT mit dem aus der Handlung Mitarbeiter weicht aus vor Student resultierenden EPA-Profil [-0,3 -0,1
0,1] vorhergesagt und mit [-0,1 -0,8 -0,5] tatsächlich gemessen. Wenn man
113
also annimmt, dass die Vpn die Handlungen der virtuellen Abteilungsleitern
sprachlich auch so beschrieben hätten wie der Autor dieser Dissertation, so
entsprach ihr Empfinden dieser Abteilungsleiter ziemlich genau den mit INTERACT generierten Vorhersagen der Affektsteuerungstheorie. Umgekehrt
folgt daraus, dass es angemessen ist, die weiteren Simulationen mit diesen
sprachlichen Einschätzungen der virtuellen Abteilungsleiter durchzuführen.
4.4.2
Ergebnisse für die Handlungshypothese
Die Handlungshypothese wurde auf drei Arten geprüft. Zunächst wurde global getestet, ob es einen signifikanten Einfluss der beiden Manipulationen
auf das Verhalten der Vpn während der Simulation gab. In einem zweiten Schritt (Kontrast-Ansatz) wurde auf die einzelnen Handlungskategorien
bezogen untersucht, ob die Unterschiede zwischen den sechs verschiedenen
Bedingungen des 2x3-Versuchsplans durch Unterschiede in der mit INTERACT ermittelten Deflection vorhergesagt werden können. Im letzten Schritt
(Korrelations-Ansatz) wurde getestet, ob die INTERACT-Simulationen auch
die Entscheidungen der Vpn zwischen Handlungsoptionen innerhalb der einzelnen Versuchsbedingungen korrekt vorhersagen.
Globale Prüfung
Die globale Prüfung erfolgte mit dem multivariaten allgemeinen linearen Modell (SPSS-Prozedur GLM). Als abhängige Variable wurde die relative Häufigkeit der gewählten Handlungen als Maß für die Handlungswahrscheinlichkeit gewählt. In der Literatur zur ACT (v.a. Heise & MacKinnon, 1987) wird
der negative Zusammenhang zwischen Deflection und Handlungswahrscheinlichkeit betont. Zu der größeren theoretischen Bedeutsamkeit der relativen
im Vergleich zur absoluten Häufigkeit gesellt sich der methodische Umstand,
dass so die Fehlervarianz zwischen den experimentellen Bedingungen verringert werden konnte. Bei den absoluten Handlungen war die Fehlervarianz
größer, da einige Vpn das virtuelle Unternehmen frühzeitig in den Konkurs
führten. Auch Heineken et al. (2003) weisen darauf hin, dass sich mit der
relativen Häufigkeit der Handlungen als AV bei ihrem Magic Monster-Experiment die stärkeren Effekte ergaben.
In Tab. 4.1 sind für die bedeutsamen Effekte die statistischen Kennwerte
aus der globalen Prüfung aufgeführt. Es zeigt sich, dass es für die Between-Manipulation (situatives Selbstmodell als autoritärer oder demokratischer Führer) keinen signifikanten Haupteffekt, wohl aber einen bedeutsamen Interaktionseffekt mit dem via IAL gemessenen Dominanz-Selbstkonzept
gab. Das Führungsstil-Priming hat also funktioniert, offenbar aber in sehr
114
Tabelle 4.1: Globale Prüfung der Manipulationen im multivariaten ALM
Effekt
Haupteffekte
Führungsstil-Priming
Mitarbeiterpersönlichkeit
Wilk’s Λ
F
df
p
.696
.275
1.276 14 .26
2.731 27 .01
Kovariate
Trait-Affiliation (Aff)
Trait-Dominanz (Dom)
.586
.695
2.065 14 .04
1.288 14 .26
Interaktionseffekte
Führungsstil*MA-Persönlichkeit
Aff*Führungsstil
Dom*Führungsstil
Aff*MA-Persönlichkeit
Dom*MA-Persönlichkeit
.531
.667
.485
.494
.520
.915 27
1.460 14
3.112 14
1.063 27
0.956 27
.59
.17
.00
.44
.55
unterschiedlichem Ausmaß bei Vpn mit einem unterschiedlich dominanten
Selbstkonzept.7 Die Within-Manipulation (Mitarbeiterpersönlichkeit) hingegen erzeugte einen signifikanten Haupteffekt auf die Wahl der Handlungen:
die Vpn behandelten nicht alle drei virtuellen Mitarbeiter gleich, sondern abhängig von deren experimentell erzeugtem Verhalten.
Global gesehen, erzeugten also beide Manipulationen Verhaltensunterschiede während des Experiments. In einem weiteren Auswertungsschritt
wurde geprüft, inwieweit sich die Richtung dieser Unterschiede im konkreten
Einzelfall durch die Semantik der Affektsteuerungstheorie vorhersagen ließ.
7
Das Beispiel der Handlungskategorie Loben veranschaulicht diesen Interaktionseffekt: teilt man die Stichprobe am Median der IAL-Werte in eine „submissive“ und eine
„dominante“ Hälfte, so hat das Priming jeweils einen genau entgegen gesetzten Effekt.
Dominante Vpn, die autoritär geprimt wurden, lobten ihre virtuellen Mitarbeiter erwartungsgemäß seltener als dominante Vpn, die demokratisch geprimt wurden (18,1 % vs.
21,6 % aller Handlungen). Bei den submissiven Vpn war es interessanterweise umgekehrt:
Autoritär geprimte Vpn lobten hier die Mitarbeiter besonders häufig (22,2 % vs. 17,1 %
in der demokratischen Bedingung), als wollten sie durch ihr Verhalten ihre Weigerung demonstrieren, das zum Selbstkonzept diskrepante Priming anzunehmen (Signifikanzprüfung
für den univariaten Interaktionseffekt: F (1, 56) = 3.1, p < .08).
115
Kontraste zwischen experimentellen Bedingungen
Aus der Kombination der sechs Bedingungen des 2x3-Versuchsplans mit den
14 Kategorien von Führungshandlungen als abhängige Variablen ergaben sich
84 verschiedene mögliche Interaktionen, deren tatsächliches Auftreten (relative Häufigkeit) während des Experiments mit der durch Simulation mit
INTERACT bestimmten jeweiligen affektiven Abweichung (Deflection) verglichen wurde. In den Abb. 4.3 bis 4.16 ist in der linken Grafik jeweils für
alle sechs Versuchsbedingungen die affektive Abweichung dargestellt, aus der
rechten Grafik ist die relative Häufigkeit zu sehen, mit der die jeweilige Handlungskategorie während des Experiments gewählt wurde.
Die affektive Abweichung wurde ermittelt, indem eine aus zwei Handlungen bestehende Sequenz in INTERACT simuliert wurde. Zuerst wurde dabei immer die seiner „Persönlichkeit“ entsprechende typische Handlung des
virtuellen Mitarbeiters implementiert, dann antwortete die Vp mit der fraglichen Handlungskategorie. Die Sequenz Mitarbeiter unterstützt autoritäre VP. Autoritäre VP lobt Mitarbeiter. erzeugt beispielsweise
nach INTERACT eine affektive Abweichung von 9,1; dieser Wert findet sich
entsprechend in dem ersten dunklen Balken der linken Grafik von Abb. 4.3.
Dem ersten dunklen Balken der rechten Grafik ist hingegen zu entnehmen,
dass 21,6 % aller Handlungen der autoritär geprimten Vpn gegenüber dem
kompetenten Mitarbeiter aus der Kategorie Loben gewählt wurden.
Für die empirische Prüfung des ACT-Modells ist nun entscheidend, dass
eine niedrigere affektive Abweichung vorhersagt, dass die entsprechende Handlungskategorie häufiger gewählt wird. Niedrige Balken in den linken Grafiken
sollten also (bei Gültigkeit der Hypothese) mit hohen Balken in den rechten
Grafiken korrespondieren. Beispielsweise erzeugt die Sequenz Mitarbeiter
unterstützt demokratische VP. Demokratische VP lobt Mitarbeiter. (erster heller Balken in der linken Grafik von Abb. 4.3) eine affektive
Abweichung in Höhe von 5,5. Im Vergleich zur autoritären Versuchsbedingung ist sie also geringer. Daraus folgt die Vorhersage (bzw. operationale
Hypothese), dass demokratisch geprimte Vpn den kompetenten Mitarbeiter
häufiger loben als autoritär geprimte Vpn dies tun. Dies war im Experiment
auch tatsächlich der Fall – nämlich gehörten in der demokratischen Bedingung 22,4 % statt nur 21,6 % (autoritär) aller Handlungen zur Kategorie
Loben, wie der rechten Grafik von Abb. 4.3 zu entnehmen ist.
In Tab. 4.2 wird für alle Handlungskategorien und alle sich durch das experimentelle Design ergebenden Kontraste die jeweilige Differenz der affektiven Abweichung der empirisch ermittelten Effektstärke gegenüber gestellt. In
dem angeführten Beispiel (Between-Kontrast autoritäre vs. demokratische
Versuchsbedingung für den kompetenten Mitarbeiter für die abhängige Varia116
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
30
20
25
15
20
autoritär
15
10
demokratisch
10
5
5
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.3: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Loben
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
7
6
5
4
3
2
1
0
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
autoritär
demokratisch
kom petent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.4: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Kritisieren
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
12
12
10
10
8
8
6
6
4
4
2
2
autoritär
demokratisch
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.5: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Meinung erfragen
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
14
12
10
8
6
4
2
0
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
autoritär
demokratisch
kompetent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.6: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Zielvereinbarung
117
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
7
6
5
4
3
2
1
0
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
autoritär
demokratisch
kom petent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.7: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Anweisungen geben
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
10
10
8
8
6
6
autoritär
4
4
demokratisch
2
2
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.8: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Unternehmensziele
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
7
6
5
4
3
2
1
0
14
12
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
autoritär
demokratisch
kom petent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.9: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
5
15
4
10
5
3
autoritär
2
demokratisch
1
0
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.10: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Gehalt erhöhen
118
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
2
15
1,5
10
autoritär
1
demokratisch
5
0,5
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.11: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Gehaltserhöhung verweigern
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
7
6
5
4
3
2
1
0
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
autoritär
demokratisch
kom petent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.12: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Leistung fordern
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
10
14
12
10
8
6
4
2
0
8
6
autoritär
4
demokratisch
2
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.13: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Zusammenarbeit anmahnen
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
12
10
10
8
8
6
autoritär
4
demokratisch
6
4
2
2
0
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
kompetent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.14: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Fachgespräch führen
119
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
14
12
10
8
6
4
2
0
10
8
6
4
2
0
kom petent
cholerisch
autoritär
demokratisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.15: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Konflikt ansprechen
Vorhersage - deflection
Empirisch (% aller Handlungen)
10
20
8
15
6
autoritär
10
demokratisch
4
5
2
0
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
kompetent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.16: Affektive Inkonsistenz und empirische relative Häufigkeit von Führungshandlungen der Kategorie Kontakt pflegen
ble Loben) beträgt die Differenz der affektiven Abweichung beider Versuchsbedingungen −3, 59 und die Effektstärke dieses Kontrasts d = −0, 05, was
der ersten Zeile der Tabelle zu entnehmen ist. Die Richtung der Effektstärke
wurde so berechnet, dass bei Übereinstimmung zwischen Abweichungsdifferenz und Richtung des Effekts das Vorzeichen beider Werte identisch ist. In
der letzten Spalte ist angegeben, ob der empirisch ermittelte Kontrast wie in
diesem Fall die aus dem ACT-Modell vorhergesagte Richtung hat (+) oder
aber nicht (–). Für die Interaktion mit dem cholerischen Mitarbeiter trifft die
Vorhersage in dieser Handlungskategorie beispielsweise nicht zu (zweite Zeile
von Tab. 4.2 und mittlere Balken der beiden Grafiken aus Abb. 4.3), da die
autoritär geprimten Vpn ihn häufiger loben als die demokratisch geprimten,
obwohl die affektive Abweichung für die autoritäre Bedingung höher ist.
Aus Tab. 4.2 geht hervor, dass es bei dem Experiment 42 BETWEENKontraste gab, die sich auf die zweistufige Manipulation des situativen Selbstmodells bzw. des Führungsstils bezogen, und 84 WITHIN-Kontraste, die sich
aus der dreistufigen Manipulation der Mitarbeiterpersönlichkeit ergaben. Von
diesen insgesamt 126 Kontrasten wurde die Richtung von 83 Kontrasten korrekt durch die Simulation mit INTERACT vorhergesagt. Der Binomialtest
zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, mindestens dieses Verhältnis korrekter
Vorhersagen rein zufällig zu erreichen, p < .01 ist. Auch auf die einzelnen
Manipulationen bezogen, sagt das deutsche ACT-Modell das Ergebnis des
120
Experiments überzufällig korrekt vorher: von 42 BETWEEN-Kontrasten werden 27 richtig vorhergesagt (p < .05), von den 84 WITHIN-Kontrasten 56
(p < .01).
Neben der Richtung der Effekte wird auch ihre Größe durch das ACT-Modell vorhergesagt: Je größer die Differenz in der per INTERACT-Simulation
ermittelten affektiven Abweichung zwischen zwei experimentellen Bedingungen war, desto größer fiel auch der Effekt aus. Die entsprechenden Korrelationen zwischen Abweichungsdifferenz und Effektstärke d betragen r = .32
(p < .05) für die BETWEEN-Manipulation und r = .37 (p < .01) für die
WITHIN-Manipulation.
Wie im Abschnitt 4.3.5 beschrieben, war es nicht für alle im Computerszenario zur Verfügung stehenden Handlungskategorien möglich, ohne weiteres
den adäquaten Begriff zu finden, um die Wahl von Aussagen dieser Kategorien in INTERACT zu simulieren. Um auszuschließen, dass bei den uneindeutigen Kategorien allein durch die Auswahl der Begriffe für die Simulation
gewissermaßen den Hypothesen entgegengearbeitet wurde, wurde der Binomialtest erneut nur für diejenigen Kontraste berechnet, bei denen die Benennung der Handlungen eindeutig, weil mit dem Titel des jeweiligen Menüs in
der Software identisch, war. Die Handlungskategorien Ziele vereinbaren,
Unternehmensziele und Zusammenarbeit wurden dabei ausgeschlossen. Von den resultierenden möglichen 33 BETWEEN-Kontrasten wurden
21 korrekt durch die INTERACT-Simulation vorhergesagt (marginal signifikant: p < .10), von den 66 WITHIN-Kontrasten 42 (p < .05). Der Ausschluss
der uneindeutigen Handlungskategorien verändert das Ergebnis des Experiments also nicht wesentlich: Das deutsche ACT-Modell sagte überzufällig
häufig die Unterschiede in der Wahl von Handlungen zwischen den experimentellen Bedingungen vorher.
Tabelle 4.2: Handlungen: Vorhergesagte und empirische Kontraste zwischen den experimentellen Bedingungen
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
-3,59
-2,63
-3,68
6,04
-2,43
3,61
-0,05
0,27
-0,12
0,17
-0,25
-0,06
+
–
+
+
+
–
Loben
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Fortsetzung...
121
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
7,00
-3,48
3,52
0,42
-0,63
-0,10
+
+
–
Kritisieren
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,05
0,10
-0,19
2,00
1,21
3,21
2,05
0,92
2,97
0,01
0,18
-0,15
-0,33
0,65
0,27
-0,18
0,33
0,13
+
+
+
–
+
+
–
+
+
Meinung erfragen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-3,06
-2,23
-3,01
4,19
-1,26
2,93
5,02
-2,04
2,98
0,03
-0,20
-0,25
0,12
-0,05
0,08
-0,10
-0,14
-0,22
–
+
+
+
+
+
–
+
–
Zielvereinbarung
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
1,40
1,13
0,60
1,99
1,34
3,33
0,54
0,57
0,53
0,08
0,05
0,12
+
+
+
+
+
+
Fortsetzung...
122
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
1,72
0,81
2,53
0,08
0,13
0,21
+
+
+
Anweisungen geben
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,18
0,17
-0,30
2,22
1,24
3,46
2,21
0,77
2,98
-0,01
-0,11
-0,15
0,13
-0,13
0,02
0,04
-0,14
-0,10
–
–
+
+
–
+
+
–
–
Unternehmensziele
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-1,20
-0,80
-1,10
2,40
0,33
2,73
2,80
0,03
2,83
0,48
0,01
0,02
0,20
0,06
0,26
-0,28
0,05
-0,26
–
–
–
+
+
+
–
+
–
Aufstiegsmöglichkeiten
aufzeigen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
-3,10
-2,07
-2,94
5,21
-2,30
-0,18
-0,25
-0,14
0,14
-0,35
+
+
+
+
+
Fortsetzung...
123
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
2,91
6,24
-3,17
3,07
-0,29
0,14
-0,31
-0,08
–
+
+
–
Gehalt erhöhen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-3,13
-2,30
-3,27
5,57
-1,85
3,72
6,40
-2,82
3,58
-0,32
-0,31
-0,26
0,43
-0,04
0,40
0,46
0,01
0,47
+
+
+
+
+
+
+
–
+
Gehaltserhöhung
verweigern
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,68
0,44
0,35
1,51
2,05
3,56
1,27
1,96
3,23
0,22
-0,04
-0,38
-0,03
0,48
0,36
-0,35
0,29
-0,11
+
–
–
–
+
+
–
+
–
Leistung fordern
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
0,52
0,48
-0,04
2,41
0,14
-0,07
0,66
0,20
+
–
–
+
Fortsetzung...
124
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,99
3,40
2,37
0,47
2,84
-0,29
-0,09
-0,03
0,43
0,37
–
–
–
+
+
Zusammenarbeit
anmahnen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-0,34
-0,41
-0,66
1,66
2,01
3,67
1,59
1,76
3,35
-0,35
-0,46
-0,35
-0,12
0,19
0,04
-0,26
0,39
0,14
+
+
+
–
+
+
–
+
+
Fachgespräch
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-2,29
-1,66
-2,47
4,48
-0,93
3,55
5,11
-1,74
3,37
-0,03
-0,43
0,05
0,33
-0,43
0,04
0,02
0,11
0,12
+
+
–
+
+
+
+
–
+
Konflikt ansprechen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
-0,28
-0,29
-0,71
-0,10
0,02
-0,41
+
–
+
Fortsetzung...
125
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
Deflection
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
2,00
1,65
3,65
1,99
1,23
3,22
-0,77
1,12
0,24
-0,55
0,68
0,04
–
+
+
–
+
+
Kontakt pflegen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-3,85
-3,15
-4,13
5,58
-2,89
2,69
6,28
-3,87
2,41
-0,22
0,04
0,21
-0,13
-0,60
-0,80
0,16
-0,42
-0,14
+
–
–
–
+
–
+
+
–
Wahl von Handlungen innerhalb einer experimentellen Bedingung
Ist die affektive Abweichung auch ein geeignetes Maß zur Vorhersage der Auswahl von Handlungen innerhalb der Versuchsbedingungen? Aus der ACTRollentheorie (vgl. Abschnitte 2.2.5 und 3.3.5) ergibt sich die Vorhersage,
dass Personen in der sozialen Interaktion aus ihrem Handlungsrepertoire diejenigen Handlungen auswählen, die die geringste Abweichung verursachen. Zu
erwarten war deshalb in jeder Versuchsbedingung eine negative Korrelation
zwischen Deflection und der relativen Häufigkeit, mit der die entsprechende
Handlungskategorie gewählt wurde.
Tab. 4.3 zeigt in den oberen beiden Zeilen, dass diese Vorhersage im Experiment nicht erfüllt wurde. Die Korrelationen sind sogar – mit zwei Ausnahmen – positiv; entgegen der Theorie wurden also Handlungen, die eine
hohe Abweichung verursachten, häufiger gewählt. Für diesen der Theorie widersprechenden Befund ist allerdings wohl vor allem die große Häufigkeit verantwortlich, mit der in allen Versuchsbedingungen Handlungen aus der Kategorie Loben gewählt wurden: Tab. 4.3 zeigt in den unteren beiden Zeilen,
126
Tabelle 4.3: Pearson-Korrelationen zwischen Deflection und Handlungen
Priming
kompetent
Alle Handlungen
Autoritär
.16
Demokratisch
–.26
Mitarbeiter
cholerisch zurückgezogen
.23
.17
.25
–.24
Alle Handlungen außer Kategorie Loben
Autoritär
–.25
–.20
–.08
Demokratisch
–.46
–.24
–.48
N.B. Kein Korrelationskoeffizient ist signifikant.
dass alle Korrelationen theoriekonform negativ werden, wenn die Handlungen
der Kategorie Loben nicht mehr berücksichtigt werden. Signifikant ist zwar
keiner der Koeffizienten, allerdings ist die binomiale Wahrscheinlichkeit dafür, dass rein zufällig alle sechs Korrelationen ein negatives Vorzeichen haben,
p < .05. Sieht man also von der Handlung Loben ab (warum dies gerechtfertigt sein könnte, wird in der Diskussion in Abschnitt 4.5.1 erörtert), spricht
auch das Ergebnis zur Entscheidung der Vpn zwischen Handlungsoptionen
innerhalb der Versuchsbedingungen nicht gegen die Handlungshypothese.
Fazit zur Handlungshypothese
Insgesamt lassen sich die hier berichteten Ergebnisse mit noch zu diskutierenden Einschränkungen als empirische Unterstützung für die erste Hypothese
auffassen, die mit dem hier beschriebenen Experiment untersucht wurde:
INTERACT modelliert auf Basis des deutschen ACT-Modells offenbar überzufällig gut die Prozesse, die in der sozialen Interaktion während des Experiments abgelaufen sind. Die Annahme der Affektsteuerungstheorie, dass Verhalten in sozialen Situationen über einen affektiven Konsistenzmechanismus
gesteuert wird, kann mit den vorliegenden Daten nicht falsifiziert werden.
4.4.3
Ergebnisse für die Emotionshypothese
Auch die Emotionshypothese wurde einmal mit Blick auf Unterschiede zwischen den Versuchsbedingungen und einmal hinsichtlich der Auftretenshäufigkeit verschiedener Emotionen innerhalb der Bedingungen geprüft.
127
Kontraste zwischen experimentellen Bedingungen
Für jede der sechs Versuchsbedingungen wurde mit Hilfe von INTERACT
die strukturelle Emotion der Vpn vorhergesagt, also jene Emotion, welche
für eine gegebene Kombination von situativem Selbstmodell und Mitarbeiterpersönlichkeit typisch ist und deswegen besonders häufig auftreten sollte.
Die Vorhersage erfolgte wiederum durch Simulation einer Verhaltenssequenz,
wobei als Reaktion der Vpn auf die typischen Mitarbeiterhandlungen keine
konkreten Verhaltensweisen aus dem Repertoire der Magic Monster GmbH,
sondern das von INTERACT ermittelte optimale, wechselseitig identitätsbestätigende Antwortverhalten implementiert wurde. Es wurde also die Emotion vorhergesagt, die nach der ACT semantisch mit der spontan empfundenen Handlungstendenz einhergeht. Beispielsweise errechnete INTERACT
für die optimale Reaktion der Vp auf die Handlung Mitarbeiter unterstützt autoritäre VP (autoritäre Priming- und kompetente Mitarbeiterpersönlichkeitsbedingung) das EPA-Profil von [0,8 1,5 2,6]. Wird diese fiktive
Handlung der Vp, für die es im affektiven Lexikon keine exakte Entsprechung
gibt, im nächsten Schritt implementiert, so sagt INTERACT eine Emotion
der Vp mit dem EPA-Profil [1,0 0,2 1,9] vorher. Der hierzu ähnlichste Emotionsbegriff, den das affektive Lexikon enthält, ist überrascht mit einer
euklidischen Distanz von d = 0, 79.
Für jede experimentelle Bedingung ergab sich also genau eine Emotionsvorhersage. Die euklidischen Distanzen dieser Vorhersage zu allen 40 Begriffen auf der den Vpn vorgelegten Emotionswörterliste wurden benutzt,
um die Häufigkeit der angegebenen Emotionen vorherzusagen. Beispielsweise sagte INTERACT für die demokratisch geprimten Vpn in der Interaktion
mit dem kompetenten Mitarbeiter eine strukturelle Emotion mit dem EPAProfil [1,0 -0,1 1,2] vorher. Die euklidische Distanz zu überrascht betrug
hier d = 1, 25, war also größer als in der autoritären Bedingung. Daraus
folgte die Vorhersage, dass die autoritär geprimten Vpn häufiger als die demokratisch geprimten angeben würden, sie hätten in der Interaktion mit dem
kompetenten Mitarbeiter Überraschung empfunden.
Der Übersichtlichkeit halber wurden die Emotionsbegriffe zu den fünf
oben beschriebenen Clustern zusammengefasst. Für jedes Emotionscluster
wurde das arithmetische Mittel der einzelnen euklidischen Distanzen aller zugehörigen Emotionsbegriffe zur in der jeweiligen experimentellen Bedingung
vorhergesagten Emotion berechnet. Die so ermittelten Cluster-VorhersageDistanzen sind in den Abb. 4.17 bis 4.21 jeweils in der linken Grafik dargestellt. Eine hohe Distanz weist (ähnlich wie ein hoher Deflection-Wert bei den
Handlungen) auf eine geringere Auftretenswahrscheinlichkeit der Emotionen
aus dem entsprechenden Cluster hin. Ein hoher Balken in der linken Gra128
Eukl. Distanz zu vorhergesagter Emotion
Empirisch (% aller Emotionen aus diesem Cluster)
50
4
40
3
2
1
30
autoritär
20
demokratisch
10
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.17: Durchschnittliche euklidische Distanz zwischen der vorhergesagten
strukturellen Emotion und den Emotionsbegriffen sowie relative Häufigkeit empfundener
Emotionen aus dem (+++)-Cluster
Eukl. Distanz zu vorhergesagter Emotion
Empirisch (% aller Emotionen aus diesem Cluster)
60
5
50
4
40
3
autoritär
30
2
demokratisch
20
1
10
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.18: Durchschnittliche euklidische Distanz zwischen der vorhergesagten
strukturellen Emotion und den Emotionsbegriffen sowie relative Häufigkeit empfundener
Emotionen aus dem (++–)-Cluster
Eukl. Distanz zu vorhergesagter Emotion
Empirisch (% aller Emotionen aus diesem Cluster)
5
50
4
40
3
30
autoritär
2
20
demokratisch
1
10
0
0
kom petent
cholerisch
kompetent
zurückgezogen
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.19: Durchschnittliche euklidische Distanz zwischen der vorhergesagten
strukturellen Emotion und den Emotionsbegriffen sowie relative Häufigkeit empfundener
Emotionen aus dem (–++)-Cluster
Eukl. Distanz zu vorhergesagter Emotion
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
20
Empirisch (% aller Emotionen aus diesem Cluster)
15
autoritär
10
demokratisch
5
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
kompetent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.20: Durchschnittliche euklidische Distanz zwischen der vorhergesagten
strukturellen Emotion und den Emotionsbegriffen sowie relative Häufigkeit empfundener
Emotionen aus dem (– –+)-Cluster
129
Eukl. Distanz zu vorhergesagter Emotion
6
25
5
20
4
15
3
10
2
Empirisch (% aller Emotionen aus diesem Cluster)
autoritär
demokratisch
5
1
0
0
kom petent
cholerisch
zurückgezogen
kompetent
cholerisch
zurückgezogen
(Mitarbeiter)
(Mitarbeiter)
Abbildung 4.21: Durchschnittliche euklidische Distanz zwischen der vorhergesagten
strukturellen Emotion und den Emotionsbegriffen sowie relative Häufigkeit empfundener
Emotionen aus dem (– – –)-Cluster
fik sollte also (sofern die Vorhersage stimmt) mit einem niedrigen Balken in
der rechten Grafik korrespondieren, in welcher die relative Häufigkeit dargestellt ist, mit der die Vpn Emotionen aus dem jeweiligen Cluster markierten.
Zum Beispiel sagte das ACT-Modell vorher, dass die autoritär geprimten
Vpn häufiger (+++)-Emotionen (wie z. B. Freude) bei der Kommunikation mit dem kompetenten Mitarbeiter empfinden würden (d = 2, 52), als
wenn sie mit dem cholerischen Mitarbeiter interagierten (d = 3, 08). In der
Tat entstammten auch 39, 7% aller dem kompetenten Mitarbeiter, jedoch nur
23, 1% der dem cholerischen Mitarbeiter gegenüber empfundenen Emotionen
dem (+++)-Cluster. In diesem Fall entspricht der im Experiment empirisch
ermittelte Kontrast also dem in der INTERACT-Simulation vorhergesagten.
Aus Tab. 4.4 geht hervor, dass es bei dem Experiment auf Emotionen
bezogen 15 BETWEEN-Kontraste (Selbstmodellmanipulation für 5 Emotionscluster und drei virtuelle Mitarbeiter) und 30 WITHIN-Kontraste (Manipulation der Mitarbeiterpersönlichkeit) gab. In der Tabelle ist für jeden
Kontrast der Effektstärke die Differenz der euklidischen Distanz von Cluster
und Emotionsvorhersage gegenübergestellt. Die Berechnung beider Maße erfolgte wiederum so, dass das Vorzeichen bei einer korrekten Richtung der
Vorhersage übereinstimmte. Im Gesamtbild traf die ACT-Vorhersage nur für
die WITHIN-Manipulation zu: 25 von 30 möglichen Kontrasten wurden hier
korrekt vorhergesagt; die Wahrscheinlichkeit, ein solches Ergebnis per Zufall
zu erhalten, beträgt p < .001. Die Pearson-Korrelation zwischen der Differenz der euklidischen Distanz und der Effektstärke betrug r = .81 (p < .01).
Wie bei den Handlungen wurde also nicht nur die Richtung, sondern auch die
Größe der Effekte durch das ACT-Modell überzufällig korrekt vorhergesagt.
Ein anderes Bild ergibt sich allerdings für die BETWEEN-Manipulation:
hier wurden nur acht von 15 Kontrasten, also kaum mehr als die zufällig
zu erwartende Hälfte, korrekt vorhergesagt. Es gab nur einen geringen und
nicht signifikanten Zusammenhang zwischen der Differenz der euklidischen
Distanzen und der Effektstärke der Kontraste (r = .23, n. s.). Das Experi130
ment fällt also hinsichtlich der Emotionshypothese weniger eindeutig aus als
hinsichtlich der Handlungshypothese, liefert aber auch hier partielle empirische Stützung, indem die Unterschiede im emotionalen Erleben zwischen
den Versuchsbedingungen zumindest für die eine von beiden Manipulationen
korrekt vorhergesagt wurden8 .
Tabelle 4.4: Emotionen: Vorhergesagte und empirische Kontraste zwischen den experimentellen Bedingungen
Kontrast
Differenz
eukl. Dist.
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
(+++)-Emotionen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-0,11
-0,30
-0,12
-0,56
0,15
-0,41
-0,75
0,33
-0,42
0,16
0,23
0,17
-0,85
-0,06
-0,98
-0,57
-0,15
-0,86
–
–
–
+
–
+
+
–
+
(++-)-Emotionen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
0,55
0,33
0,39
-0,18
0,49
-0,14
0,01
0,50
-1,87
0,42
–
+
+
+
+
Fortsetzung...
8
Es liegt die Annahme nahe, dass die Selbstmodell-Manipulation nicht stark genug
war, um sich messbar auf das Emotionserleben auszuwirken. Dies wird im Abschnitt Diskussion erörtert. An dieser Stelle ist aber die Frage wichtig, ob dann nicht die Zahl der
WITHIN-Kontraste künstlich aufgebläht, weil ohne sinnvolle Rechtfertigung verdoppelt
ist. Dies würde natürlich eher zu einem signifikanten Ergebnis führen. Aus diesem Grund
wurde ein erneuter Binomialtest berechnet, bei dem ein einfaktorielles experimentelles
Design unterstellt wurde. Dann ergaben sich nämlich nur noch 15 mögliche WITHINKontraste. Benutzt man zur Prüfung der Vorhersagen nun jeweils das arithmetische Mittel von demokratischer und autoritärer Versuchsbedingung auf jeder Stufe der WITHINManipulation, so zeigt sich, dass insgesamt 11 Kontraste korrekt vorhergesagt wurden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass dies auf Zufall beruht ist p < .05. Somit bleibt die Stützung
der Emotionshypothese durch das Ergebnis des Experiments gültig, auch wenn man von
einem einfaktoriellen Design ausgeht.
131
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
eukl. Dist.
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,31
-0,40
0,55
0,15
-1,28
-1,87
0,99
-0,56
–
+
+
–
(– ++)-Emotionen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
-0,28
-0,12
-0,25
0,78
-0,49
0,29
0,94
-0,62
0,32
-0,01
-0,34
-0,20
1,54
-0,85
0,68
1,44
-0,78
0,59
+
+
+
+
+
+
+
+
+
(– – +)-Emotionen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
0,06
0,14
-0,11
0,68
-0,18
0,50
0,76
-0,43
0,33
-0,10
-0,16
-0,36
1,14
0,16
1,04
0,91
-0,08
0,76
–
–
+
+
–
+
+
+
+
(– – –)-Emotionen
Kompetenter MA Aut vs. Dem
Cholerischer MA Aut vs. Dem
Zurückgezogener MA Aut vs. Dem
Aut komp. vs. chol. MA
Aut chol. vs. zurückgez. MA
0,46
0,64
0,31
0,72
0,14
0,03
0,30
-0,31
0,87
0,68
+
+
–
+
+
Fortsetzung...
132
...Fortsetzung
Kontrast
Differenz
eukl. Dist.
Effektstärke d
Vorhersage
richtig?
0,86
0,90
-0,19
0,71
1,52
1,12
-0,01
0,83
+
+
+
+
Aut komp. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. chol. MA
Dem chol. vs. zurückgez. MA
Dem komp. vs. zurückgez. MA
Emotionserleben innerhalb einer experimentellen Bedingung
Auch bezüglich der Emotionshypothese stellt sich die Frage, inwiefern innerhalb der Versuchsbedingungen die Vorhersagen realisiert wurden. Im obigen Beispiel (Interaktion einer autoritär geprimten Versuchsperson mit dem
kompetenten Mitarbeiter) befand sich der Emotionsbegriff überrascht mit
einer euklidischen Distanz von d = 0, 79 in der Nähe der von INTERACT
vorhergesagten strukturellen Emotion. Der am weitesten entfernte Begriff
aus der Emotionswörterliste war freudlos d = 7, 02. Die absolute Voraussage (welche in einem sozialpsychologischen Experiment natürlich kaum
realisierbar ist) wäre demnach, dass Überraschung die am häufigsten und
Freudlosigkeit die am wenigsten angegebene Emotion in dieser Versuchsbedingung sein sollte, auf jeden Fall war aber bei Gültigkeit der ACT-Emotionstheorie eine negative Korrelation zwischen euklidischer Distanz und der
relativen Häufigkeit zu erwarten, mit der die einzelnen Emotionsbegriffe von
den Vpn markiert wurden. Die im Experiment tatsächlich ermittelten Korrelationskoeffizienten sind in Tab. 4.5 für alle Versuchsbedingungen angegeben.
Auch sie stützen die Emotionshypothese: die Vpn erlebten mit höherer Wahrscheinlichkeit solche Emotionen, die im Sinne der ACT semantisch zu ihrer
mutmaßlichen Situationsdeutung passten.
Tabelle 4.5: Pearson-Korrelationen zwischen angegebener relativer Erlebenshäufigkeit
von Emotionen und euklidischer Distanz zur vorhergesagten Emotion
Priming
kompetent
Mitarbeiter
cholerisch zurückgezogen
Autoritär
−.231
−.613
3
Demokratisch
−.40
−.403
1
p < .10, 2 p < .05, 3 p < .01
133
−.18
−.272
4.5
Diskussion
Die Ergebnisse des Experiments sind im wesentlichen geeignet, die beiden Hypothesen, die sich auf Handlungen und auf Emotionen beziehen, zu stützen.
Gleichwohl gibt es zu dieser Schlussfolgerung Einschränkungen, die bezüglich
der Handlungshypothese in Abschnitt 4.5.1 und bezüglich der Emotionshypothese in Abschnitt 4.5.2 diskutiert werden, bevor in Abschnitt 4.5.3 auf
einige prinzipielle Schwierigkeiten bei der hier dargestellten experimentellen
Untersuchung der Affektsteuerungstheorie eingegangen wird.
4.5.1
Handlungen
Zunächst fallen in den Ergebnissen einige Widersprüchlichkeiten auf. So ist
der durch das Führungsstil-Priming erzeugte Haupteffekt im multivariaten
ALM nicht statistisch signifikant, im Binomialtest über alle Kontraste aber
schon. Was gilt nun also? Im Zweifel ist für die Beurteilung wahrscheinlich das Ergebnis zum Binomialtest vorzuziehen, weil er als nicht parametrisches Verfahren weit geringere Voraussetzungen an die Daten stellt. Beim
ALM kann die Teststärke verringert sein, wenn Annahmen über die Verteilung der Kovarianzen in den Daten nicht gegeben sind, so dass einzelne
Autoren (z. B. Keselman, Algina & Kowalchuk, 2002) zu anderen Testverfahren raten, falls verfügbar. Die hier beschriebene Methode des Vergleichs der
Richtung von vorhergesagten und realisierten Kontrasten mit dem Binomialtest ist wahrscheinlich der sparsamste Weg, die Affektsteuerungstheorie zu
prüfen. Der im ALM signifikante Interaktionseffekt zwischen IAL-Dominanz
und Priming weist zumindest auch klar daraufhin, dass das Priming prinzipiell funktioniert hat – im Übrigen ist es theoretisch völlig im Einklang mit
der Affektsteuerungstheorie anzunehmen, dass nicht jede Person jede soziale
Identität anzunehmen bereit ist, sondern nur solche, die semantisch zum eigenen Selbstkonzept passen (vgl. Heise, 2007a, Kap. 10). Offenbar galt dies
im hier berichteten Experiment auch situativ: ein „Arbeitsselbst“ als autoritärer Führer wurde nur von solchen Vpn angenommen, die ohnehin über ein
chronisches Selbstmodell als dominante Person verfügen. Mögen die Ergebnisse des Experiments hinsichtlich des Primings also in sich Widersprüche
tragen, so sind sie doch in der Gesamtschau durchaus konsistent mit den
Vorhersagen der Affektsteuerungstheorie. Dies gilt, ohne dass es weiterer Erörterungen bedarf, auch für die Manipulation der Mitarbeiterpersönlichkeit,
bei der ALM-Ergebnis und Binomialtest zur gleichen Entscheidung führen.
Ein für die Beurteilung der Affektsteuerungstheorie erheblich bedeutsamerer Widerspruch in den Ergebnissen findet sich darin, dass es zwar gelang,
die Kontraste zwischen den durch die experimentellen Bedingungen gegebe134
nen Akteur-Objekt-Konstellationen mit INTERACT richtig vorherzusagen,
wenn die Handlungen als AV konstant gehalten wurden (Kontrast-Ansatz),
nicht aber umgekehrt bei gegebener Akteur-Objekt-Konstellation die Häufigkeit der Wahl von Handlungen (Korrelations-Ansatz). Nur bei Herausrechnen von Handlungen der am häufigsten gewählten Kategorie Loben ergab
sich die theoriegemäß zu erwartende negative Korrelation zwischen Deflection
und Handlungswahrscheinlichkeit. Erklärt werden könnte dies im Nachhinein
mit zwei Prinzipien, die dem Motivationsmechanismus der Affektsteuerung
im Experiment entgegen gewirkt haben könnten. Das eine könnte eine Heuristik von der Art „gutes Führen = viel Loben“ gewesen sein, welche die
Vpn, die sehr bewusst den sozialen Kontext eines Experiment am psychologischen Lehrstuhls wahrgenommen haben werden, im Kopf gehabt haben mögen und die dann ihr Verhalten bei der Simulation beeinflusst hätte. Zweitens
funktioniert die Computersimulation Magic Monster GmbH auch tatsächlich
so, dass wer viel lobt, ceteris paribus erfolgreicher ist. Abstrahiert man also
von der sozialen Interaktion und betrachtet das Experiment vom Blickwinkel des Problemlösens inklusive der zugehörigen Lernerfahrung während des
Verlaufs der Simulation, so war es eine Erfolg versprechende Strategie, die
virtuellen Mitarbeiter unabhängig von dem empfundenen Handlungsimpuls
immer wieder zu loben. Dieser Aspekt dürfte nicht für die experimentelle
Situation reserviert, sondern im Gegenteil für Führungskräfte in der Realität höchst bedeutsam sein: Führungserfolg erfordert auch die Fähigkeit, im
sozialen Handeln eigene emotionale Impulse zurück zu stellen.
Was bedeutet das nun für die Beurteilung der Affektsteuerungstheorie?
Die Schlussfolgerung ist eine ähnliche wie zu der Simulation sozialen Rollenhandelns in Kap. 3. Das Affektsteuerungsprinzip reicht als Mechanismus
der Handlungssteuerung nicht aus. Eine valide Theorie der Steuerung sozialer Interaktionen kommt nicht ohne einen kognitiven Mechanismus höherer
Ordnung aus, der es erlaubt, spontanen Handlungsimpulsen zu widerstehen
und ihre Konsequenzen auf weiteren Ebenen zu bewerten. Von besonderer
Bedeutung ist dabei die Abschätzung von Folgen der konkreten Interaktionssituation für verfolgte außer ihr liegende Ziele, wie im hier beschriebenen
Experiment – und wahrscheinlich in den meisten Führungspositionen in Organisationen – der Maximierung des Unternehmensvermögens. Gleichwohl ist
wiederum das Ausmaß an Verhaltenserklärung beeindruckend, welches sich
auch hier durch die einfachen und sparsamen Annahmen der ACT ergibt.
Die Magic Monster GmbH eine knappe Stunde lang zu leiten, war eine kognitiv hoch komplexe Aufgabe, die Aufmerksamkeit der Vpn war permanent
von zahlreichen zu überwachenden betriebswirtschaftlichen Variablen eingenommen, die Entwicklung des Systems verlief hoch dynamisch. Und dennoch
weisen die berichteten Ergebnisse dieses Experiments darauf hin, dass die
135
Vpn die ganze Zeit über in einer Weise handelten, in der sie die kulturelle
Bedeutung der Interaktionssituation im Gefühl verifizieren konnten.
4.5.2
Emotionen
Deuteten schon die diskutierten Widersprüchlichkeiten zur Handlungshypothese beim BETWEEN-Haupteffekt darauf hin, dass das Führungsstil-Priming die schwächere der beiden Manipulationen war, so lässt sich dieser
Effekt bei der Emotionshäufigkeit als abhängiger Variable gar nicht mehr
nachweisen. Es gibt hierfür eine einfache Erklärung. Die Erhebung der erlebten Emotionen erfolgte im Gegensatz zur Registrierung der Handlungen
erst nach Abschluss der Simulation, also fast eine Stunde nach Durchführung
des primenden Interviews. Es macht Sinn anzunehmen, dass der Effekt der
Manipulation bis zu diesem Zeitpunkt verblasst ist, zumal den Abb. 4.17
bis 4.21 zu entnehmen ist, dass durch die INTERACT-Simulation gar keine besonders großen Unterschiede im Emotionserleben zwischen den beiden
Priming-Bedingungen des Experiments vorhergesagt worden waren.
Hinsichtlich der zweiten Manipulation (Mitarbeiterpersönlichkeit), welche
während des gesamten Simulationsverlaufs und nicht nur am Anfang wirksam
war, stützen die Ergebnisse jedoch die Emotionshypothese in beeindruckender Weise; die Effekte haben – kohärent über die verschiedenen berichteten
Datenanalysemethoden hinweg – eine Stärke, wie man sie in einem sozialpsychologischen Experiment nur selten finden wird. Die einzige Ausnahme stellt
die nicht signifikante (aber immer noch theoriegemäß negative) Korrelation
zwischen euklidischer Distanz und Emotionshäufigkeit für die Interaktionen
mit dem „zurückgezogenen“ Mitarbeiter dar (Tab. 4.5). Interessanterweise
gab es auch bei diesem Mitarbeiter den größten Unterschied zwischen vorhergesagtem und empirisch bestimmtem affektiven Eindruck, den er auf die
Vpn machte (siehe Abschnitt „Manipulationskontrolle“), was darauf hin deutet, dass die Simulation seiner Handlungen mit dem Begriff vor jemandem
ausweichen vielleicht nur unvollständig wiedergab, wie sein Agieren von
den Vpn tatsächlich erlebt wurde. Hier zeigt sich eine besondere Problematik bei der experimentellen Überprüfung der Affektsteuerungstheorie: wie
„übersetzt“ man komplexe soziale Situationen, welche die Vpn erleben, möglichst treffend in die einfachen Handlungssequenzen, deren Simulation mit
INTERACT möglich ist?
4.5.3
ACT und die experimentelle Methode
Es soll nicht verschwiegen werden, dass einiges Herumprobieren mit zahlreichen Simulationsvarianten stattfand, bis die in diesem Kapitel dargestellten
136
Handlungssequenzen gefunden war, deren Implementierung in INTERACT
derart gute Voraussagen der Ergebnisse des Experiments lieferte. Mag die Affektsteuerungstheorie also noch so mathematisch exakt sein, und mögen die
aus einem feststehenden Algorithmus abgeleiteten Hypothesen anders als der
Geist des menschlichen Experimentators frei von jedem Rückschaufehler sein,
so bleibt das Ergebnis des Experiments dennoch abhängig von Deutungen
und Interpretationen. Der Forscher nimmt an, dass die Vpn die soziale Situation des Experiments in einer bestimmten Weise verstanden haben könnten.
Seine Annahmen formuliert er in sprachlichen Handlungsbeschreibungen und
macht sie zum Ausgangspunkt der Simulation des Experiments. Einen Beweis dafür, dass die Vpn mit seiner sprachlichen Deutung des Geschehens
einverstanden wären, dass also beispielsweise die vielfältigen und komplexen
Handlungen des „zurückgezogenen Mitarbeiters“ mit der Handlung ausweichen gut beschrieben seien, hat er freilich nicht. Wenn die Vpn die Situation
so verstanden haben, wie es die Simulation naheliegt, dann (und nur dann)
ist die hier gezogene Schlussfolgerung korrekt, dass der Algorithmus von INTERACT tatsächlich die Vorgänge beschreibt, die in der sozialen Interaktion
im kognitiven System der Teilnehmer an dieser Interaktion ablaufen. Nicht
mehr, aber auch nicht weniger, lehrt das hier beschriebene Experiment.
Das so aufgeworfene Problem ist allerdings kaum beschränkt auf ein Experiment, das sich auf die Affektsteuerungstheorie bezieht. Jedes sozialpsychologische Experiment stellt eine soziale Situation dar, die von den Vpn
gedeutet wird, und bei jedem sozialpsychologischen Experiment unterstellt
oder hofft der Experimentator, dass seine Deutung der von ihm kreierten Situation nicht zu weit entfernt ist von jener der Vpn. Wendet man die aus dem
Symbolischen Interaktionismus stammende Affektsteuerungstheorie, welche
den Prozess des Bedeutung Gebens formalisiert, auf eine experimentelle Situation an, so wird lediglich das Problem in besonderer Weise offenbar. Mehr
noch als darauf mögliche Kritik an den Ergebnissen des hier beschriebenen
Experiments zu gründen, sollte dies in der Sozialpsychologie zum Anlass
zu einer generell sehr vorsichtigen Interpretation experimenteller Ergebnisse
und einer Triangulation mit anderen Untersuchungsverfahren und alternativen experimentellen Designs genommen werden.
4.5.4
Fazit
Insgesamt stützen die Ergebnisse des hier dargestellten Experiments die Validität des neu entwickelten deutschsprachigen ACT-Modells und bieten zudem
einen allgemeinen empirischen Beleg für die Annahme der Affektsteuerungstheorie, dass die Prozesse der Eindrucksbildung in der Sprachverarbeitung
jenen ähnlich sind, denen tatsächliche, unmittelbare soziale Interaktionen
137
unterworfen sind. Eindrucksbildung, Handlungen und Emotionserleben folgten im Experiment im wesentlichen den Vorhersagen, die sich aus der Simulation mit der neu entwickelten deutschsprachigen INTERACT-Version
ergaben. Das ist ein wichtiges Forschungsergebnis, da die Affektsteuerungstheorie somit auch durch die experimentalpsychologische Methode weitere
empirische Unterstützung in einem Bereich erfährt, in dem sie bisher zu wenig untersucht war, obwohl er im Kernbereich ihres theoretischen Interesses
liegt: tatsächliches soziales Handeln.
138
Kapitel 5
Diskussion und Würdigung der
Affektsteuerungstheorie
In dieser Dissertation konnte gezeigt werden, dass die Affektsteuerungstheorie nomologisch gut an grundlegende Theorien aus der kognitiven Psychologie
und der psychologischen Sozialpsychologie anschlussfähig ist (Kapitel 2), dass
sie sich hervorragend auch in deutscher Sprache replizieren ließ (Kapitel 3),
und dass sie sich bei der Vorhersage individueller Handlungen und individuellen emotionalen Erlebens in einer komplexen experimentellen Situation
bewährt hat (Kapitel 4). Insbesondere die Ergebnisse des Experiments stellen eine wichtige Erweiterung der vorhandenen empirischen Belege für die
Affektsteuerungstheorie dar, die bisher vor allem anhand der Plausibilitätsbeurteilungen von Computersimulationen, aber so gut wie nicht umfassend
experimentell geprüft war (siehe allerdings Abschnitte 2.2.8 und 2.3.2 für die
Erörterung der beiden vorherigen experimentellen Tests von Teilaspekten der
Theorie).
Herausforderung: Ergänzung um kognitive Mechanismen der Handlungssteuerung
Gleichwohl sind sowohl bei der Simulation von Rolleninteraktionen als auch
bei dem durchgeführten Experiment gewisse Grenzen der Theorie deutlich
geworden, da sie einerseits immer wieder auch unpassende Handlungen vorhersagt (wie z. B. inzestuöses Verhalten zwischen Familienmitgliedern, oder
medizinische Behandlungen von Angeklagten durch Richter) und wiederum
andere Handlungen nicht vorhersagt, welche vom Prinzip der Verifikation
affektiver Bedeutung abweichen, aber trotzdem in Rolleninteraktionen offenkundig auftreten bzw. im Experiment beobachtbar waren. Im Experiment
war besonders auffällig, dass Loben trotz vergleichsweise hoher Deflection
139
in allen Versuchsbedingungen die dominierende Handlung war. Das Versuchsergebnis lässt sich insgesamt so deuten, dass durchaus ein nennenswerter Teil
der sozialen Interaktionen mit dem Affektsteuerungsprinzip erklärt werden
kann, bestimmte Handlungen aber definitiv nicht. In Abschnitt 3.4 wurde
bereits andiskutiert, ob augenscheinliche Mängel in den Vorhersagen von INTERACT mit einer (naturgemäß) vereinfachenden Modellbildung erklärbar
sind. Hypothetisch denkbar wäre ja, dass ein „vollständiges“ ACT-Modell,
dessen affektives Lexikon vollständig fehlerfrei gemessene EPA-Profile aller
Wörter enthielte, die in einer Sprache existieren, auch eine vollständige Vorhersage sozialer Interaktionen lieferte. Wahrscheinlich ist dies jedoch nicht.
Zum einen treten inhaltlich ähnliche Fehlvorhersagen in den ACT-Modellen
mehrerer Sprachen auf (vgl. Abschnitt 3.4), was auf Systematik statt auf zufälligen Fehler hindeutet. Zum anderen bliebe das Ergebnis des Experiments
so immer noch unerklärt: Dass „zu häufig“ gelobt wurde, kann ja kaum an
fehlenden Einträgen des affektiven Lexikons liegen.
Es kann aus diesen Befunden gefolgert werden, dass eine Erweiterung der
Theorie um Steuerungsmechanismen kognitiver Natur sinnvoll ist, um eine
vollständigere Erklärung sozialer Interaktion zu erhalten. In diesem Kapitel sollen zunächst Ansätze diskutiert werden, die geeignet sein könnten, die
Affektsteuerungstheorie zu solch einer vollständigeren Theorie sozialer Interaktion weiter zu entwickeln (Abschnitt 5.1). Die Dissertation schließt dann
mit einer Würdigung der Potenziale, die sich aus der Affektsteuerungstheorie
für die weitere Entwicklung der Sozialpsychologie im Blick auf die Erklärung
sozialer Interaktion ergeben (Abschnitt 5.2).
5.1
Kognitive Erweiterung der Affektsteuerungstheorie
In der ACT-Literatur gibt es den Versuch, über so genannte institutionelle
Filter das Problem fälschlich vorhergesagter unangemessener Verhaltensweisen zu lösen (Heise, 2007a, S. 66 f. sowie S. 142). Je nach gesellschaftlicher
Institution, in welcher die fragliche Interaktion stattfindet, werden nur solche
Handlungen überhaupt zugelassen, die innerhalb der betreffenden Institution logisch möglich oder normativ erlaubt sind. Auf das Beispiel sexueller
Handlungen zwischen Ärzten und Krankenschwestern war bereits in
Abschnitt 2.2.5 hingewiesen worden. Diese sind affektiv ziemlich konsistent
und werden daher zunächst von INTERACT als adäquate Rollenhandlungen vorgeschlagen, dann aber herausgefiltert, weil die Handlung Sex haben
(und ähnliche) nicht der Institution „Medizin“ zugerechnet ist.
140
Gegen diesen Versuch, die Vorhersagekraft der Affektsteuerungstheorie zu
verbessern, sind eine Reihe von Einwänden vorzubringen. Zunächst einmal
erscheint der Gedanke wenig plausibel, die Kategorien moderner und damit
– vor dem zeitlichen Hintergrund der biologischen Evolution des Gehirns gesehen – extrem junger sozialer Institutionen einer komplexen Gesellschaft
könnten in ähnlicher Wiese zur grundlegenden Struktur mentaler Repräsentation gehören wie die affektiven Basisdimensionen Evaluation, Potency und
Activity. Zumindest bedürfte es dafür einer Theorie, wie eine solche soziologische Kategorisierung von den kognitiven Systemen der Individuen reflektiert
werden kann. Sofern eine solche Theorie überhaupt vorhanden ist und das
Konstrukt der institutionellen Filter nicht eher als rein technische Erweiterung der INTERACT-Software zu deuten ist, scheint die AffektsteuerungsLiteratur an diesem Punkt auch in sich widersprüchlich zu sein. Schneider
(1999) etwa versucht, mit der Methode der Clusteranalyse die Struktur sozialer Institutionen über affektive Ähnlichkeiten von Begriffen zu rekonstruieren. Mit dieser Idee liegt ein durchaus plausibler Ansatz zu dem Problem
vor, eine psychologische Basis der Repräsentation soziologischer Kategorien
zu finden. Plausibel ist der Ansatz aber gerade deshalb, weil er eben wie
die Affektsteuerungstheorie insgesamt auf dem Prinzip affektiv-semantischer
Ähnlichkeit beruht, und nicht erst im Nachhinein einen „Filter“ einbaut.
Zu diesem logischen Einwand gegen das Filter-Konzept gesellt sich ein empirischer, der auf den Untersuchungen basiert, welche in dieser Dissertation
vorgestellt wurden. Selbst wenn in der Simulation der Ergebnisse des Experiments aus Kapitel 4 die institutionellen Filter von INTERACT benutzt
worden wären, hätte dies nichts an den Grenzen der Vorhersage geändert,
die im Zuge des Experiments diskutiert wurden. Schließlich sind ja alle möglichen Handlungen, die die Computersimulation Magic Monster GmbH vorsieht, dem gleichen institutionellen Kontext zuzurechnen. INTERACT hätte
also keine einzige Handlung herausgefiltert. Das empirische Datum, dass die
Vpn trotz relativ hoher affektiver Abweichung besonders häufig Handlungen
der Kategorie Loben wählten, bliebe also weiter unerklärt. Bei den Simulationen von Rollenverhalten (MacKinnon, 1994, Kap. 6; sowie Kap. 3 dieser
Dissertation) ergab sich das umgekehrte Problem: gesellschaftlich indiskutable oder zumindest unplausible Verhaltensweisen sind vereinzelt gleichwohl
affektiv hoch konsistent, wie etwa sexuelle Handlungen zwischen Verwandten
sowie zwischen Rechts- und und Staatsanwälten oder zwischen Ärzten und Krankenschwestern. Bei näherer Betrachtung ist vielleicht aber
nicht jeder Vorschlag von INTERACT so abwegig, wie es zunächst scheint:
in den dutzenden Krankenhaus-Vorabend-Fernsehserien geht es wohl weniger darum, medizinisches oder pflegerisches Fachwissen zu transportieren,
als um die romantischen Beziehungen zwischen dem Krankenhauspersonal.
141
Man darf unterstellen, dass mit solchen Sendungen versucht wird, ein gewisses emotionales Bedürfnis des Publikums zu befriedigen, welches offenbar
von INTERACT tatsächlich vorhergesagt wird. Filtert man diese Vorhersage einfach heraus, so dürfte man sich, statt die Adäquatheit der Theorie zu
verbessern, tatsächlich in manchen Fällen eher noch von ihrer Geltung entfernen. Ähnliches gilt für die Vorhersage erotisch-intimer Verhaltensweisen
zwischen Familienmitgliedern (vgl. Abschnitt 3.3.5). Zwar ist richtig, dass
diese in der deutschen (wie in der amerikanischen) Gesellschaft tabuisiert
sind und es somit nicht valide sein dürfte, wenn sie als typische zur Rolle gehörige Verhaltensweisen vorhergesagt werden. Auf der anderen Seite kommen
solche Handlungen – wiewohl deviant – durchaus in nennenswerter Zahl vor.
Die Zahl von Fällen sexuellen Missbrauchs ist alles andere als zu vernachlässigen: je nach genauer Missbrauchs-Definition berichteten in einer jüngeren deutschen Prävalenzstudie zwischen 2,8 % und 18,1 % der Befragten
davon, als Kind solche Vorfälle erlebt zu haben, wobei die Täter zu etwa einem Drittel aus der Familie kamen (Wetzels, 1997). Möglicherweise sind also
die entsprechenden Handlungsvorhersagen der Affektsteuerungstheorie nicht
als Modellfehler abzutun bzw. im Nachhinein nach den normativen Vorstellungen des Forschers über „institutionelle Filter“ zu korrigieren. Vielleicht
kann im Gegenteil die affektive Konsistenz solcher Handlungen, welche von
der Affektsteuerungstheorie vorhergesagt wird, zur Erklärung von sexuellem
Missbrauch innerhalb der Familie beitragen. Der Umstand, dass die meisten
Menschen nicht solchen affektiven Handlungsimpulsen nachgehen, wäre aber
einem Impulskontrollmechanismus höherer Ordnung zuzuschreiben.1
5.1.1
Zwei-Prozess-Theorien der sozialen Informationsverarbeitung
In der psychologischen Sozialpsychologie wurden seit den 1980er Jahren eine
Reihe von sogenannten Zwei-Prozess-Modellen entwickelt, welche die Wechselwirkungen zwischen affektiven Urteils- und Handlungstendenzen auf der
einen Seite sowie deren Steuerung und Kontrolle durch kognitive Mechanismen höherer Ordnung auf der anderen Seite zum Thema haben. Die Grundannahme dieser Modelle besteht darin, dass die soziale Informationsverarbeitung in zwei verschiedenen Systemen abläuft, die je nach Situation parallel
funktionieren, sich ergänzen oder auch gegeneinander arbeiten können. Aus
Platzgründen können hier die in der Literatur vertretenen Modelle nicht alle wiedergegeben und in ihren Unterschieden diskutiert werden (für diesen
Zweck siehe E. R. Smith & DeCoster, 2000); gemeinsam ist ihnen aber allen,
1
Man beachte übrigens die Parallele zur psychoanalytischen Triebtheorie.
142
dass für den einen Informationsverarbeitungsprozess eine assoziative, automatische, langfristig angelegte und affektive Natur angenommen wird, während der zweite als deliberativ, flexibler, kurzfristiger anpassungsfähig und
kognitiv betrachtet wird. Beispielhaft werden im Folgenden die Affekt-alsInformation-Hypothese (Schwarz & Clore, 1983) und das Assoziativ-propositionale Evaluationsmodell (Gawronski & Bodenhausen, 2006) diskutiert und
in einen möglichen Zusammenhang mit der Affektsteuerungstheorie gerückt.
Affekt als Information
Die Affekt-als-Information-Hypothese (Clore & Huntsinger, 2007; Schwarz &
Clore, 1983) besagt, dass kognitive Prozesse durch den Informationsgehalt
beeinflusst werden, den subjektiv auf sie bezogene affektive Zustände in sich
tragen. Wenn Menschen Dinge beurteilen, stellen sie sich gleichsam die Frage: „Wie ist mein Gefühl dazu?“ (Clore & Huntsinger, 2007, S. 394, eigene
Übers.). In einem klassischen Experiment (Schwarz & Clore, 1983) wurden
Personen telefonisch nach ihrer allgemeinen Lebenszufriedenheit befragt. In
der einen Versuchsbedingung erfolgten die Anrufe an einem der ersten warmen und sonnigen Frühlingstage des Jahres, in der zweiten Versuchsbedingung am ersten darauf folgenden kalten Regentag. Hypothesengemäß gaben
die Versuchspersonen in der ersten Bedingung (sonniger Frühlingstag) eine
höhere Lebenszufriedenheit an, was die Autoren damit erklären, dass sie sich
bei der Beantwortung der Frage auf ihren momentanen affektiven Zustand
stützten, der vermutlich aufgrund des Wetters positiver war als in der zweiten Bedingung des Experiments. Entscheidend ist aber Schwarz und Clore
zufolge nicht der Affekt selber, sondern der Informationsgehalt des Affekts.
Wurde in einer Variation des Experiments zunächst nach dem Wetter gefragt,
so verschwand der Unterschied in der Höhe der angegebenen Lebsnzufriedenheit zwischen sonnigen und regnerischen Tagen. In der Aufmerksamkeit der
Befragten war – so die Interpretation der Autoren – die positive (negative) Stimmung auf das sonnige (regnerische) Wetter bezogen worden, so dass
der affektive Zustand keinen Informationswert mehr für die Beurteilung der
Lebenszufriedenheit hatte.
Die Affekt-als-Information-Hypothese hat somit Ähnlichkeit mit dem weiter oben (Abschnitt 2.1.2) diskutierten Aboutness-Prinzip (Higgins, 1998),
demzufolge Menschen jede wahrgenommene eigene Reaktion (in diesem Fall
der Affekt) automatisch auf ein spezifisches im Aufmerksamkeitsfokus liegendes Objekt beziehen (in diesem Fall ihre Lebenszufriedenheit bzw. das
Wetter). Die Valenz eines Affekts informiert das kognitive System dabei über
den Wert der mit dem Affekt verbundenen mentalen Repräsentation, während die dem Affekt zu Grunde liegende Erregung Information über die un143
mittelbare Wichtigkeit des Inhalts der Repräsentation für den Organismus
bereit stellt. Schwarz und Clore gehen somit (wie viele Emotionspsychologen, vgl. Abschnitt 2.1.3) von zwei affektiven Basisdimensionen aus, halten
aber ihr Modell durchaus für kompatibel mit dem Osgoodschen EPA-System
(Clore & Pappas, 2007). Im Falle der Steuerung sozialer Interaktionen, welche im Mittelpunkt der Affektsteuerungstheorie steht, handelt es sich bei
den im Aufmerksamkeitsfokus liegenden Objekten um die Beteiligten an der
Interaktion sowie die wahrgenommenen Handlungen (vgl. für die folgenden
Ausführungen Clore & Pappas, 2007). Wenn man also versucht, über die Arbeiten zur Affekt-als-Information-Hypothese eine kognitive Erweiterung der
Affektsteuerungstheorie zu erreichen, so ergeben sich dafür zwei Prämissen.
Erstens, die Informationsverarbeitungsprozesse bei der Steuerung sozialer Interaktion sind ein Spezialfall allgemeiner affektiv-kognitiver Urteilsprozesse,
dergestalt nämlich, dass die beteiligten sozialen Identitäten den Inhalt der
Kognition ausmachen. Zweitens, der Kern der Handlungssteuerung ist kognitiver, nicht affektiver Natur. Der Affekt wirkt auf die Handlungssteuerung nur
indirekt in Form des Informationsgehalts, den er dem kognitiven System zur
Verfügung stellt. Mit einem solchen primär kognitiven Modell wäre natürlich
ein großes Maß an Flexibilität erreicht, da Affekt und Identitätsrepräsentation prinzipiell – wie bei dem Wetter-Lebenszufriedenheits-Experiment –
voneinander entkoppelt werden könnten. Man kann seinen affektiven Handlungsimpulsen folgen, wird es insgesamt gesehen wohl auch häufig tun, muss
es aber keinesfalls, da die durch den Affekt bereitgestellte Information auch
anders attribuiert bzw. mit weiteren relevanten Informationen abgewogen
werden kann. Mit solch einem Modell wären Ergebnisse des Experiments in
Kap. 4 erklärbar: zwar spielen die aus den Situationsdeutungen resultierenden
affektiven Zustände durchaus eine – nachweisbare – Rolle bei der Entscheidung über Handlungen der Versuchspersonen. Sie können aber auch kognitiv
mit weiteren Informationen, etwa über die Systemlogik der Magic Monster
GmbH, abgewogen werden und müssen sich deshalb nicht zwangsläufig ins
Handeln übersetzen.
Mit dem Affekt-als-Information-Modell liegt somit ein gut anschlussfähiger theoretischer Ansatz vor, mit dem ein zentraler festgestellter Schwachpunkt in der bisherigen Literatur zur Affektsteuerungstheorie angegangen
werden könnte – das Zusammenwirken affektiver und kognitiver Prozesse bei
der Handlungssteuerung. Gleichwohl bleiben auch hier wichtige Fragen offen.
So wird die durch die Kombination beider Ansätze gewonnene Flexibilität bei
der Erklärung sozialer Interaktion mit einem hohen Maß an theoretischer Beliebigkeit bezahlt, indem ein „oder eben auch anders“ an die präzisen, quantifizierten Vorhersagen der Affektsteuerungstheorie angehängt und dadurch
genau das an dieser Theorie so Bestechende gehörig relativiert wird.
144
Assoziative und propositionale Evaluation
Das Assoziativ-propositionale Evaluationsmodell (APE-Modell) (Gawronski,
2006; 2007) ist ein Zwei-Prozess-Modell, welches auf die Erklärung von Einstellungen gerichtet ist.2 Demnach hat die Tendenz, auf bestimmte Objekte
positiv oder negativ zu reagieren, ihre Wurzel in assoziativen Prozessen, in
propositionalen Schlussfolgerungen oder in einer Kombination aus beidem.
Der zentrale Unterschied zwischen beiden Prozessen wird in der Rolle von
Wahrheitswerten gesehen. Assoziative Bewertungen beruhen auf unmittelbaren affektiven Reaktionen auf das fragliche Einstellungsobjekt; dabei spielt
es keine Rolle, ob die Person diese Assoziation für wünschenswert und richtig
hält. Als Beispiel werden in der Literatur zum APE-Modell vor allem negative
affektive Reaktionen auf Bilder von Afroamerikanern genannt (z. B. Gawronski & Bodenhausen, 2007, S. 690), welche mit Verfahren der Messung impliziter Einstellungen wie dem Impliziten Assoziationstest (Greenwald, McGhee
& Schwartz, 1998) auch bei Personen nachweisbar sind, die explizit (z. B. in
Fragebögen) angeben, keine negativen Einstellungen gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe zu haben. In der Terminologie des APE-Modells sind diese
Assoziationen unabhängig davon vorhanden, ob sie von ihren Trägern als
„wahr“ erachtet werden. Die Aktivierung solcher Assoziationen erfolgt in der
Regel automatisch, schnell, mehr oder weniger unbewusst und aufgrund der
rein äußeren Merkmale von Stimuli (wie etwa dem Bild eines Schwarzen). Das
Modell geht im Wesentlichen davon aus, dass die assoziativen Aktivierungsmuster als Spiegel von Sozialisationserfahrungen langfristig im Gedächtnis
angelegt und nur schwer durch Lernen veränderbar sind (für eine kritische
Diskussion widersprüchlicher Befunde zu dieser Hypothese siehe allerdings
Gawronski & Bodenhausen, 2007, S. 700 f.). Die assoziative Bewertung von
Einstellungsobjekten ist somit als klassischer konnektionistischer Mustererkennungs-Prozess konzipiert (vgl. E. R. Smith, 1996).
Propositionale Bewertungen folgen hingegen den Regeln logischen Schließens, das entscheidende Kriterium ist, dass sie am Ende vor dem Hintergrund
übriger relevanter Vorstellungen und Glaubenssätze als subjektiv wahr betrachtet werden. Gawronski & Bodenhausen (2007) nehmen an, dass Menschen ihre spontane affektive Reaktion auf ein Einstellungsobjekt in ein propositionales Format umwandeln und dann über syllogistische Schlussfolgerungen entscheiden, ob sie die Bewertung billigen oder ablehnen. So wird
beispielsweise aus der negativen affektiven Reaktion auf das Bild eines Afroamerikaners die Proposition „Ich lehne Schwarze ab“. Ob daraus nun eine
2
Auch die Affektsteuerungstheorie kommt ursprünglich einmal aus der gedanklichen
Tradition der Einstellungsforschung. In einer frühen Darlegung trug sie sogar noch den
Namen Attitude Control Theory (persönliche Kommunikation mit Heise).
145
explizite Einstellung wird oder nicht, hängt maßgeblich von der logischen
Konsistenz dieses Satzes mit anderen für die Person relevanten (und kognitiv salienten) Sätzen ab. Beispielsweise könnten die für die Person ebenfalls
bedeutsamen Propositionen „Schwarze sind eine benachteiligte Minderheit“
und „Benachteiligte Minderheiten abzulehnen ist verwerflich“ dazu führen,
dass der Satz „Ich lehne Schwarze ab“ zurückgewiesen wird. Der Grund für
die Zurückweisung läge dann in der logischen Inkonsistenz.
Das Assoziativ-propositionale Evaluationsmodell geht also davon aus,
dass an der Manifestierung von Einstellung zwei Prozesse beteiligt sind. Affektive Assoziationen bilden eine Urteilsbasis, während die eigentliche Urteilsbildung von Prozessen des logischen Schließens abhängt. Hier besteht
eine augenscheinliche Parallele zur Affekt-als-Information-Hypothese insofern als auch im APE-Modell angenommen wird, dass affektive Bewertungen
als Informationsbasis – konkret: zur Generierung von Propositionen – in den
primär kognitiven Urteilsprozessen genutzt werden. Ein Großteil der Forschungsarbeiten zum APE-Modell beschäftigt sich vor der Prämisse knapper
kognitiver Ressourcen mit der genauen Spezifizierung der Bedingungen für
die Wechselwirkungen zwischen beiden Prozessen. Es kann hier aus Platzgründen kein Literaturüberblick gegeben werden (für diesen Zweck siehe Gawronski, 2006; 2007), entscheidend ist vielmehr die Frage, ob sich APE-Modell und Affektsteuerungstheorie in einer Weise verknüpfen lassen, die den
Prozess der kognitiv-affektiven Wechselwirkungen bei der Handlungssteuerung erhellen kann.
So könnte man zunächst einmal annehmen, dass sich die von der Affektsteuerungstheorie beschriebenen Prozesse auf der assoziativen Ebene im
Sinne des Assoziativ-propositionalen Evaluationsmodells bewegen, wobei der
Umstand, dass die Potency- und Activity-Dimension im Rahmen des APEModells nicht vorkommen, kein prinzipielles theoretisches Problem darstellt,
sondern lediglich der Forschungstradition in der neueren Einstellungspsychologie geschuldet ist. Eine entsprechende Erweiterung wäre vermutlich ohne
weiteres möglich, da der Implizite Assoziationstest genauso wie das Semantische Differenzial über Wortassoziationen funktioniert.
Eine kognitive Erweiterung der Affektsteuerungstheorie vor dem Hintergrund des APE-Modells würde dann annehmen, dass sich die affektiven Eindrucksbildungsprozesse in propositionales Format übersetzen und auf diesem
Wege dann der kognitiven bzw. logischen Reflexion zugänglich wären. Bezogen auf das in Kap. 4 beschriebene Experiment hieße das zum Beispiel, dass
sich aus dem negativen affektiven Eindruck von dem zurückgezogenen Mitarbeiter etwa eine Proposition wie die folgende ergeben hätte: „Mitarbeiter
X ist ein Versager.“ Diese könnte nun logisch deutlich inkonsistent zu weiteren Propositionen gewesen sein, welche im Arbeitsgedächtnis der Versuchs146
personen während der Leitung der Magic Monster GmbH salient gewesen
sein mögen, zum Beispiel: „Versager muss man entlassen, um erfolgreich zu
sein.“ und „Ich kann Mitarbeiter X nicht entlassen“ (denn diese Handlung
erlaubt im Experiment die Software und in der Wirklichkeit von Organisationen das Arbeitsrecht nicht). Gemäß dem APE-Modell könnte die Folge
der so entstandenen logischen Inkonsistenz gewesen sein, dass die Versuchspersonen den negativen Affekt gegenüber dem zurückgezogenen Mitarbeiter
als Basis für weitere Entscheidungen und Handlungen ihm gegenüber zurückwiesen. Womöglich waren sie sogar besonders freundlich zu dem Mitarbeiter, in der Hoffnung, ihn dadurch ändern zu können. Damit wäre erklärbar,
warum selbst die beiden auf verschiedene Art unangenehm gestalteten virtuellen Mitarbeiter von den Versuchspersonen insgesamt häufiger gelobt als
kritisiert wurden, obwohl kritisieren die im Sinne der Affektsteuerungstheorie
konsistentere Handlung darstellte. Gleichzeitig würde diese soeben beschriebene Kombination von Affektsteuerungstheorie und APE-Modell aber sehr
wohl das tatsächliche Gesamtergebnis des Experiments vorhersagen, das ja
durchaus im Sinne der Vorhersagen der Theorie ausfiel. Denn auch das APEModell geht davon aus, dass sich die affektiven Assoziationen häufig auf die
dann tatsächlich handlungswirksamen Urteile der Personen auswirken, auch
wenn es hin und wieder im Falle logischer Inkonsistenzen zu Zurückweisungen
des Affekts als Urteilsgrundlage kommen kann.
Eine Verknüpfung des APE-Modells mit der Affektsteuerungstheorie ist
nicht nur einseitig im Sinne einer kognitiven (bzw. propositionalen) Ergänzung der letzteren vielversprechend, sondern könnte sich wechselseitig für beide Forschungstraditionen als höchstgradig fruchtbar erweisen. Einer der zentralen angenommenen Mechanismen des APE-Modells wird in der „Übersetzung“ zwischen affektiven Assoziationen und sprachlich strukturierten Propositionen gesehen – genau dieser Prozess ist es, der über das Gleichungssystem
der Affektsteuerungstheorie modelliert wird. Im oben zitierten Beispiel von
Gawronski & Bodenhausen (2007) wurde aus dem wahrgenommenen negativen Gefühl gegenüber dem Bild eines Afroamerikaners die Proposition „Ich
lehne Schwarze ab.“ So wie der Begriff jemanden ablehnen nach der in
Kap. 3 beschriebenen Studie unter Deutschen ein negatives und mächtiges
Gefühl hervorruft [-0,7 1,2 0,1], könnte umgekehrt der vom AfroamerikanerStimulus ausgelöste negative (und vermutlich) mächtige Affekt im propositionalen System den Begriff jemanden ablehnen implementieren. Die
Wahrnehmung des eigenen auf den Stimulus folgenden Affekts führt gewissermaßen – ganz im Sinne des Symbolischen Interaktionismus – zu einer
Deutung als innere Handlung.
Im Rahmen des APE-Modells wird davon ausgegangen, dass assoziative Prozesse neuronalen Aktivierungsmustern folgen, die langfristig angelegt
147
sind und Sozialisierungserfahrungen widerspiegeln. Man könnte nun vor dem
Hintergrund der hohen kulturellen Übereinstimmung über affektive Assoziationen von Wörtern (siehe Abschnitt 3.3.1) die Hypothese vertreten, dass
allgemein die assoziativen Strukturen verschiedener Individuen innerhalb einer Kultur strukturell ähnlich sind. Affektive Lexika, wie sie im Rahmen des
Forschungsprogramms zur Affektsteuerungstheorie entwickelt wurden, stellten demnach eine gesellschaftlich objektivierte Assoziationsstruktur dar. Bei
der Verortung der von der Affektsteuerungstheorie beschriebenen Mechanismen auf der assoziativen Ebene des APE-Modells ergibt sich freilich eine
wichtige Einschränkung in Bezug auf die Messung. So kann die Datenerhebung mit dem Semantischen Differenzial sicherlich kaum als rein oder vorwiegend assoziativ bezeichnet werden. Gerade bei der Evaluation-Dimension
muss schon aufgrund der fehlenden Zeitbegrenzung bei der Abgabe der Ratings mit dem Semantischen Differenzial davon ausgegangen werden, dass die
Antworten erheblich durch propositionale Prozesse beeinflusst sind. Somit ist
bei zahlreichen Begriffen, bei denen soziale Erwünschtheit eine Rolle spielt
(wie z. B. Ausländer oder Behinderter), zu erwarten, dass der Eintrag
im affektiven Lexikon die spontane affektive Assoziation zu dem jeweiligen
Begriff als zu positiv angibt. Nichtsdestotrotz können affektive Lexika und
Affektverschmelzungsmodelle wie die im Rahmen dieser Dissertation erstellten hervorragendes Material für die Vorhersage der Ergebnisse von SocialCognition-Experimenten darstellen, weil sie den Inhalt der im Sozialisationsprozess angelegten langfristigen Assoziationsstrukturen zu beschreiben in
der Lage sind. Kulturelles Wissen wird einem Individuum im Sozialisationsprozess nach der Annahme der Affektsteuerungstheorie eben gerade dadurch
vermittelt, dass es die emotionale Bedeutung von Worten lernt.
Sowohl in der Affektsteuerungstheorie als auch im Assoziativ-propositionalen Evaluationsmodell ist der Konsistenzgedanke zentral, wobei im Rahmen ersterer die affektive Konsistenz innerhalb einer Proposition gemeint
ist, während das APE-Modell kognitive Konsistenz zwischen verschiedenen
Propositionen untersucht. Eine äußerst interessante Frage ist, inwieweit sich
beide Arten von Konsistenz überhaupt im Ergebnis unterscheiden. Um noch
einmal das Beispiel von der Reaktion auf das Bild eines Afroamerikaners
aufzunehmen, so wird im Rahmen des APE-Modells postuliert, dass eine
Zurückweisung der negativen affektiven Assoziation aufgrund logischer Inkonsistenz zu weiteren kognitiv salienten Propositionen erfolgen kann. Die
Affektsteuerungstheorie bietet hierfür eine teils ergänzende, teils alternative Erklärung. Aus der Proposition „Ich lehne Schwarze ab.“ folgt durch das
Vorhandensein der zusätzlichen Prämisse „Schwarze sind eine benachteiligte Minderheit.“ die Conclusio: „Ich lehne eine benachteiligte Minderheit ab.“
Dieser Satz entspricht dem A-B-O-Schema der Affektsteuerungstheorie, so
148
dass sich darauf die Eindrucksbildungsgleichungen (siehe Abschnitte 2.2.3
und 3.3.3) anwenden lassen. Unterstellt man, dass das Grundgefühl zum
„Ich“, also der Selbstaffekt, positiv, stark und aktiv ist [(+++)-Akteur], so
dürfte ein erhebliches Maß an affektiver Abweichung (Deflection) das Ergebnis der in der angeführten Proposition enthaltenen „inneren Handlung“ sein.
Folglich sagt die Affektsteuerungstheorie zur Wiederherstellung des fundamentalen Selbstgefühls eine ziemlich freundliche Folgehandlung voraus – zum
Beispiel eine recht positive explizite Einstellungsäußerung dem Afroamerikaner gegenüber. Was im APE-Modell das Ergebnis einer kognitiven, logischen
Schlussfolgerung ist, wird in der Affektsteuerungstheorie durch den angenommenen affektiven Konsistenzmechanismus erreicht. Eine wichtige Frage
für künftige Forschung könnte den Bedingungen gelten, unter denen logisches, schlussfolgerndes Denken durch affektiv-assoziative Prozesse erreicht
wird. Jedenfalls dürften die vorangehenden Überlegungen deutlich machen,
dass assoziative und propositionale Prozesse bei der Urteilsbildung möglicherweise auf eine viel stärkere Weise wechselseitig ineinander greifen, als
dies bisher unter dem Titel „Zwei-Prozess-Modelle“ angenommen worden ist.
Die Affektsteuerungstheorie bietet mit affektiven Lexika und Modellen der
Affektverarbeitung bei komplexeren sprachlichen Konstruktionen ein höchst
nützliches Werkzeug, um die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen
Urteilsprozessen zu untersuchen.
Zwei Prozesse oder doch nur einer?
Nicht nur am voranstehend diskutierten Beispiel des APE-Modells ist die
starke wechselseitige Verknüpfung der in vielen theoretischen Ansätzen behaupteten zwei Prozesse der sozialen Informationsverarbeitung aufgefallen.
Zum Teil werden deswegen entweder die Klasse der Zwei-Prozess-Modelle
insgesamt oder einzelne Theorien als deren Vertreter in der Literatur explizit
kritisiert, so zum Beispiel von Kruglanski et al. (2002) und Erb & Kruglanski (2005). Die Autoren stellen ein „Unimodell“ sozialer Urteilsprozesse vor,
demzufolge jedes soziale Urteil auf syllogistischen Schlussfolgerungen basiert,
wobei sich nur die Argumente unterscheiden, welche in den Schlussfolgerungen Berücksichtigung finden, nicht aber die Prozesse des Schlussfolgerns
selber. Aus dieser Perspektive beschreiben Zwei-Prozess-Modelle eben nicht
qualitativ verschiedene Arten von Informationsverarbeitungsprozessen, sondern lediglich unterschiedlich komplexe Varianten derselben Mechanismen.
Eine solche Sichtweise ist wohl relativ kompatibel mit der hier vorgeschlagenen Verbindung von Affektsteuerungstheorie und Assoziativ-propositionalem
Evaluationsmodell. So öffnet die obige Gegenüberstellung von intra-propositionaler affektiver Konsistenz und inter-propositionaler kognitiver Konsistenz
149
den Blick für die letzten Endes möglicherweise wiederum assoziative Grundlage auch der propositionalen Prozesse in dem Modell. Dies sollte freilich
nicht als Zurückweisung der Konzeption von Zwei-Prozess-Modellen verstanden werden. Auch wenn Informationsverarbeitungprozesse sich letzten Endes
nicht qualitativ, sondern „nur“ hinsichtlich ihrer Komplexität unterscheiden,
so kann diese Komplexität durchaus ein solches Ausmaß annehmen, dass die
Betrachtung im Rahmen eines Zwei-Prozess-Modells einen Erkenntnisgewinn
darstellt (vgl. Deutsch & Strack, 2006, S. 169). Das eigentlich interessante
und wertvolle an der Affektsteuerungstheorie besteht nicht darin, dass sie
herangezogen werden könnte oder sollte, um zwischen den Ein- und ZweiProzess-Ansätzen zu „entscheiden“, sondern dass sie genau den Punkt beleuchtet, an dem beide Prozesse, die mit Fug und Recht mal getrennt und
mal gemeinsam konzipiert worden sind, ineinander übergehen.
Fazit und Ausblick
Beispielhaft ist an den Modellen von Schwarz & Clore (1983) und Gawronski
& Bodenhausen (2006) deutlich geworden, welch theoretischer Gewinn durch
eine Verknüpfung der Affektsteuerungstheorie mit Zwei-Prozess-Modellen der
sozialen Informationsverarbeitung erreicht werden könnte. Der Fundus an relevanten Modellen aus dem Social-Cognition-Paradigma ist mit diesen beiden Beispielen gewiss nicht ausgeschöpft. Von besonderem Interesse könnten
mehr noch sogar Modelle sein, die explizit weniger auf reine Informationsverarbeitung und stärker auf soziale Handlungssteuerung fokussieren. Dies
trifft etwa für das Modell reflexiver und impulsiver Determinanten sozialen
Verhaltens (Strack & Deutsch, 2004) zu. Auf diesem Feld liegt ein großes Potenzial äußerst fruchtbarer theoretischer Arbeit für eine Sozialpsychologie,
die interdisziplinärem Austausch offen gegenüber steht (vgl. Scholl, 2007).
5.1.2
Konnektionistische Modelle
Der Rückgriff auf konnektionistische Modelle (künstliche neuronale Netze)
eröffnet eine weitere interessante Perspektive für eine integrierte Berücksichtigung affektiver und kognitiver Elemente bei der Steuerung sozialer Interaktion und damit für eine kognitive Erweiterung der Affektsteuerungstheorie. Im Unterschied zu den meisten Zwei-Prozess-Modellen wird hier die Interaktion zwischen Kognitionen und Emotionen aber nicht hierarchisch im
Sinne einer irgendwie „höheren Ordnung“ der kognitiven bzw. symbolischen
Prozesse gedacht. Der entscheidende Gedanke konnektionistischer Theorien
besteht vielmehr in der zeitlichen Parallelität der Verarbeitung von Informationen aus verschiedenen Quellen. Das kognitive System versucht perma150
nent, eine kohärente Interpretation für den gegebenen simultanen Informationseingang zu finden. Dieses Kohärenzproblem kann auch als Problem der
parallelen Bedingungserfüllung (parallel constraint satisfaction) verstanden
werden (Thagard, 2000; Thagard & Verbeurgt, 1998).3 Thagard & Kunda
(1998) zeigen, dass der für die Affektsteuerungstheorie zentrale Prozess der
Eindrucksbildung (vgl. Abschnitt 2.2.3) als Parallel-constraint-satisfactionProblem behandelt werden kann. In ihrem künstlichen neuronalen Netzwerk
wird die parallele Verarbeitung von Information über Stereotype, Persönlichkeitseigenschaften und Verhalten modelliert. Allerdings ist das Modell
rein kognitiv konzipiert. Nerb & Spada (2001) sowie Thagard & Nerb (2002)
demonstrieren aber, wie auch die Integration affektiver Elemente in konnektionistische Modelle der sozialen Informationsverarbeitung leicht realisierbar
ist. Inspiriert durch diese genannten Arbeiten, wird hier eine Möglichkeit
vorgeschlagen, die von der Affektsteuerungstheorie beschriebenen Prinzipien konnektionistisch zu modellieren. Zuvor soll jedoch die allgemeine Logik
eines künstlichen neuronalen Netzes kurz beschrieben werden.
Ein solches Netzwerk besteht aus vielfach miteinander verbundenen Knoten (den künstlichen Neuronen), welche die theoretisch relevanten Begriffe
oder Wissensbestandteile darstellen. Zwischen den Knoten bestehen exzitatorische oder inhibitorische (bzw. positive oder negative) Verbindungen,
die verschiedene Gewichte haben können. Ist ein Knoten aktiviert, so gibt
er die Aktivierung mit der jeweiligen Gewichtung an alle Knoten weiter,
zu denen exzitatorische Verbindungen bestehen. Umgekehrt hemmt er die
Aktivierung aller Knoten, zu denen inhibitorische Verbindungen bestehen.
Nun ist es möglich, dass mehrere Knoten aktiviert sind und parallel zueinander exzitatorische und inhibitorische Information ausbreiten. Es wird dabei
so lange Aktivierung zwischen verschiedenen Knoten ausgetauscht, bis ein
stabiler Zustand des Netzwerks erreicht ist. Das „Wissen“ eines Netzwerkes besteht nun in der Konfiguration der Gewichtungen aller vorhandenen
Verbindungen; wenn ein Netzwerk „lernt“, so verändert es einzelne oder alle
Gewichte. Hier besteht nun eine höchst interessante Parallele zur Affektsteuerungstheorie. Hier wie dort liegt Wissen nicht in propositionaler, regelhafter
Form vor, sondern wird jeweils im Moment des Abrufs aktiv rekonstruiert.
Im Falle eines neuronalen Netzes besteht der Wissensabruf in der Einspeisung eines Aktivierungsmusters (etwa durch eine senorische Wahrnehmung),
welches dann aufgrund der gegebenen Konfiguration exzitatorischer und inhi3
Künstliche neuronale Netze sind nicht die einzige Möglichkeit zum rechnerischen Umgang mit Kohärenzproblemen. Offenbar gehören sie aber zu den effizientesten Algorithmen
(vgl. Thagard, 2000, S. 25 ff.). Aus diesem Grund und nicht etwa wegen einer vermeintlichen Ähnlichkeit zur physiologischen Architektur des Gehirns sind sie besonders für die
Modellierung komplexer Informationsverarbeitungsprozesse geeignet.
151
E
Mutter
loben
P
Kind
schlagen
A
Exzitatorische Verbindung
Inhibitorische Verbindung
Abbildung 5.1: Implementierung des Affektsteuerungsprinzips bei der Handlungssteuerung in ein einfaches neuronales Netz. Im Zentrum des Netzes stehen die drei affektiven
Basisdimensionen Evaluation (E), Potency (P) und Activity (A) als zentrale Knoten, welche die in der Situation kognitiv salienten Identitäten (linke Seite) mit affektiv passenden
Handlungen (rechte Seite) verbinden.
bitorischer Verbindungsgewichte einen bestimmten Netzzustand auslöst. Im
Falle der Affektsteuerungstheorie besteht der Wissensabruf in einer situationsgemäß aufgrund der affektiven Passung zur sprachlichen Situationsdeutung ausgewählten Handlung, durch welche die Person sich so verhält, wie
es der gesellschaftlichen Rollenerwartung entspricht. Was in einem neuronalen Netzwerk die Verbindungsgewichte zwischen Neuronen sind, sind bei der
Affektsteuerungstheorie die EPA-Profile zu sprachlichen Begriffen.
Wenn man nun die affektiven Basisdimensionen Evaluation, Potency und
Activity als Knoten eines neuronalen Netzwerks konzipiert, so sind die von
der Affektsteuerungstheorie beschriebenen Mechanismen prinzipiell einfach
in einem konnektionistischen Modell implementierbar. In Abb. 5.1 ist solch
ein Netzwerk dargestellt, in dem die sozialen Identitätsbegriffe Mutter und
Kind über die als zentrale Knoten fungierenden affektiven Basisdimensionen
E, P und A mit den Handlungsbegriffen loben und schlagen verbun152
den sind. Dem affektiven Lexikon (siehe Anhang D) sind nun die Stärke
und Richtung der Verbindungen zwischen Begriffen und zentralen affektiven Netzwerkknoten zu entnehmen. Beispielsweise ist Mutter sehr positiv
und relativ stark mächtig konnotiert, woraus sich jeweils eine exzitatorische
Verbindung zu Evaluation und zu Potency ergibt (dargestellt durch durchgezogene Linien in Abb. 5.1; aus Einfachheitsgründen wird in dem Beispiel auf
die Angabe der genauen Gewichte verzichtet). Die Repräsentation der dyadischen Situation als eine von Mutter und Kind führt nun in dem dargestellten
Netzwerk zu einer starken Aktivierung des Evaluation-Knoten, da die exzitatorische Wirkung der Knoten Mutter und Kind sich addieren. Potency
hingegen ist nicht aktiviert, da die inhibitorische Verbindung zu Kind die
exzitatorische Verbindung zu Mutter etwa ausgleicht. Activity ist durch
Kind aktiviert, durch Mutter aber nicht, so dass die Aktivierung insgesamt geringer ist als die durch Evaluation. Welche Handlung wird nun durch
diesen Aktivierungszustand des Netzes nahegelegt? Die meiste Aktivierung
geht von Evaluation aus. Sie erhöht die Aktivierung von loben und hemmt
die Aktivierung von schlagen. Schlagen wiederum wird zwar leicht durch
Activity aktiviert, dies gleicht aber die starke Hemmung durch die inhibitorische Verbindung zu Evaluation nicht aus. Die dominierende Handlung ist
folglich loben: Die Mutter lobt das Kind. Dies entspricht auch der Vorhersage von INTERACT.
Das angeführte Beispiel ist stark vereinfacht und lässt eine Reihe von
Problemen ungelöst, so zum Beispiel die wichtige Frage, wie in dem Netzwerk die Position als Akteur bzw. Objekt der Handlung repräsentiert wird.
Auch wäre es gut denkbar, die affektiven Basisdimensionen zwei- statt wie
in dem Beispiel eindimensional zu repräsentieren. Es sollte aber deutlich machen, dass es prinzipiell leicht zu realisieren ist, die Mechanismen, welche die
Affektsteuerungstheorie beschreibt, konnektionistisch zu modellieren.
Abb. 5.2 zeigt, wie auch die ACT-Emotionstheorie in das Netzwerk implementiert werden kann. Was passiert, wenn eine Mutter das Kind nun
doch schlägt? Das einfache Netzwerk aus Abb. 5.1 wäre dann (bei durch
die EPA-Profile gegebenen) Verbindungsstärken nicht stabil, eine gleichzeitige Aktivation der Knoten Mutter, Kind und schlagen widerspräche
dem Gleichgewichtszustand des Netzes. Das Problem kann gelöst werden,
indem dem Netz ein weiteres Argument hinzugefügt wird, nämlich etwa der
Knoten wütend in Abb. 5.2, der einen affektiven Zustand der Mutter bezeichnet. Was ändert sich dadurch am Aktivierungszustand des Netzes? Die
inhibitorische Verbindung von wütend zu Evaluation vermindert indirekt
die Aktivierung von loben und die Hemmung von schlagen, gleichzeitig
erhöht wütend die Aktivation von Potency und Acitivity, die wiederum
den Knoten schlagen stark aktivieren, loben zwar auch ein bisschen, aber
153
wütend
E
loben
Mutter
P
Kind
schlagen
A
Exzitatorische Verbindung
Inhibitorische Verbindung
Abbildung 5.2: Implementierung der Affektsteuerungs-Emotionstheorie in das neuronale
Netz aus Abb. 5.1. Die Hinzunahme des Knotens wütend hemmt die Aktivierung von
Evaluation (E) und erhöht die Aktivierung von Potency (P) und Activity (A). Dadurch
wird die Handlung schlagen stärker aktiviert und wahrscheinlicher als im Ausgangszustand des Netzes.
deutlich weniger, da nach dem affektiven Lexikon die Verbindung von Potency zu schlagen deutlich stärker ist und zwischen Activity und loben fast
gar keine Verbindung besteht.
Durch Hinzunahme des Knotens wütend kann also der stabile Zustand
des Netzwerks wieder hergestellt werden, was in der Terminologie der Affektsteuerungstheorie der Reduzierung der affektiven Abweichung (Deflection) entspricht. Zu beachten ist, dass in dem Netzwerk die kausale Kette
auch anders herum möglich ist: Die Mutter könnte schon vor der Interaktion
mit dem Kind wütend gewesen sein (zum Beispiel, weil sie sich den Kopf
gestoßen hat) und deswegen eher dazu neigen, das Kind zu schlagen. Ein solches Verhalten des Netzwerks entspräche dann der ACT-Attributionstheorie.
In einem konnektionistischen Modell kommt es nicht darauf an, an welcher
Stelle die Aktivation beginnt. Handlungen können Emotionen beeinflussen,
umgekehrt können Emotionen Handlungen beeinflussen. Die Deutung der
154
Situation wirkt sich auf das Handeln aus, umgekehrt mag eine spezifische
Handlung eine bestimmte Situationsdeutung zur Folge haben (wie etwa bei
der Abwertung von Opfern). Und schließlich können Kognitionen Emotionen
beeinflussen, Emotionen aber können auch bestimmte Kognitionen hervorrufen und andere verhindern.
Der Vorteil einer konnektionistischen Modellierung des Affektsteuerungsprinzips besteht darin, dass sich der Einfluss von kognitiven Prozessen und
affektfreien Wissensstrukturen problemlos in ein Netzwerk implementieren
lässt. Es ergibt zwar gewiss großen Sinn anzunehmen, dass die durch die
Osgoodschen Affektdimensionen definierten Knoten eine relativ zentrale Position in dem Netzwerk einnehmen, welches die soziale Interaktion repräsentiert, aber nicht jede Verbindung muss zwangsläufig wie in den Abb. 5.1 und
5.2 affektiv vermittelt sein. Es kann vielmehr auch direkte Verbindungen geben, welche kognitive Wissensstrukturen widerspiegeln. Um noch einmal auf
das in Kap. 4 beschriebene Experiment zurückzukommen, so widersprach
die große Häufigkeit, mit der die Versuchspersonen die Handlung Loben
selbst den negativ gestalteten virtuellen Mitarbeitern gegenüber ausführten,
den Vorhersagen der Affektsteuerungstheorie. Als eine mögliche Erklärung
dafür war vermutet worden, dass die Probanden bei der Leitung der Magic
Monster GmbH einer Art Heuristik „gutes Führen = viel Loben“ folgten,
außerdem war darauf hingewiesen, dass aufgrund der Systemlogik der Magic-Monster-Software häufiges Loben für die Versuchspersonen unabhängig
von ihren empfundenen Handlungsimpulsen eine gute, weil in einer Erhöhung des Unternehmensvermögens resultierende, Strategie darstellte. Zu der
mentalen Repräsentation der sozialen Interaktionssituation, welche von dem
Modell der Affektsteuerungstheorie modelliert wird, gesellt sich nämlich eine
mentale Repräsentation der Umwelt-Systemlogik. Im Experiment wird dies
ein mentales Modell von den kausalen Zusammenhängen der in der Software
verwendeten ökonomischen und psychologischen Variablen gewesen sein. Genauso ist aber davon auszugehen, dass „wirkliche Führungskräfte“ in „wirklichen Organisationen“ über mentale Modelle bzw. subjektive Theorien der
Funktionsweise der Organisation bzw. des Führungsprozesses verfügen (vgl.
z. B. Coleman, 2004; Engle & Lord, 1997).
Parallel-constraint-satisfaction-Modelle können prinzipiell beide mentalen Modelle – das der eigenen und fremden Identität sowie das der Umgebungs-Systemlogik – leicht integrieren. In die beispielhaft in Abb. 5.1 und
Abb. 5.2 dargestellten Netzwerke können zusätzliche, eher kognitive, die Umwelt repräsentierende Knoten und Verbindungen aufgenommen werden, die
im Falle des Experiments etwa exzitatorische Verbindungen zwischen den
Begriffen Loben, Mitarbeitermotivation und Unternehmensvermögen vorsehen würden. Die Identitätsbegriffe in den Netzwerken (Mutter
155
bzw. Kind in den Abbildungen 5.1 und 5.2) wären natürlich durch solche
zu ersetzen, die situativ relevant sind (etwa Führungskraft bzw. Mitarbeiter). Die Verbindungen zwischen den Identitäts- und den UmweltsystemKnoten sowie den Knoten, welche die Osgoodschen Affektdimensionen repräsentieren, wären vermutlich komplex. So ist nicht davon auszugehen, dass die
Repräsentation des Systemzustandes der Magic Monster GmbH mit einem
hohen Unternehmensvermögen am Ende der Simulation affektfrei wäre. Im
Gegenteil ist es wohl gerade die positive Emotionalität, die durch die mentale Simulation eines solchen Zielzustandes ausgelöst wird, welche eine eigene
motivationale Wirkung entfaltet (vgl. Oatley & Johnson-Laird, 1996) und
damit die im Sinne der Affektsteuerungstheorie von der Selbstrepräsentation
ausgehenden Handlungstendenzen modifiziert.
In einer erweiterten Modellvariante der Affektsteuerungstheorie, welche
aus ökonomischen Gründen in der vorliegenden Dissertation nicht realisiert
werden konnte, wird übrigens durchaus versucht, eine Art Umweltrepräsentation (oder zumindest ihren affektiven Anteil) für die Handlungssteuerung
zu berücksichtigen (siehe v.a. Smith Lovin, 1979). Dies geschieht in der Form,
dass bei der Modellbildung dem Akteur-Verhalten-Objekt-Schema noch ein
Kontext hinzugefügt wird (zumeist Orte wie Diskothek oder Friedhof
oder Ereignisse wie Weihnachten). Die Ergebnisse von auf diesem erweiterten Modell basierenden Simulationen sind oft (im Sinne augenscheinlicher
Plausibilität) kompatibel mit Ergebnissen umweltpsychologischer oder auch
kriminologischer Forschungen. Dennoch wird auch dieses aus vier statt aus
drei Elementen bestehende Modell sicherlich schnell an Grenzen der Vorhersage kommen und ist auch nicht in der Lage, die Integration kognitiver
und affektiver Informationsverarbeitung bei der Handlungssteuerung zu erhellen. Eine konnektionistische Modellierung könnte der Komplexität mentaler Repräsentation daher möglicherweise gerechter werden als die auf wenige
Elemente beschränkte Regressionsgleichungsmethode der Affektsteuerungstheorie.
Wie schon im Falle der Zwei-Prozess-Modelle diskutiert, ist solch eine Ergänzung der Affektsteuerungstheorie durch kognitionspsychologische Ansätze
aber auch in Bezug auf künstliche neuronale Netze von wechselseitigem Wert.
Ein gewisses epistemologisches Problem muss nämlich bei dem NeuronalenNetzwerk-Ansatz darin gesehen werden, dass im Grunde jedes Netzwerk architektonisch und hinsichtlich der Netzwerkparameter so gestaltet werden
kann, dass es am Ende schon die „richtigen“ Daten vorhersagt. Damit sind
konnektionistische Modelle oft relativ theoriefrei und empirisch nicht falsifizierbar. Dieses Problem könnte deutlich geringer sein, wenn ein Netzwerk
auf der theoretischen Grundlage der Affektsteuerungstheorie konzipiert wird,
indem seine Architektur auf den die affektiven Basisdimensionen repräsentie156
renden Knoten aufgebaut wird, und indem ihre Verbindungsgewichte zu den
einzelnen Netzwerkknoten nach den empirischen Ergebnissen der ProjektMagellan-Sprachassoziationsstudien (siehe Kap. 3) bestimmt werden. Die
ebenfalls empirisch ermittelten Eindrucksbildungs- und Verschmelzungsgleichungen sollten ein Kalibrieren zumindest der affektiven Eigenschaften des
Netzwerkes ermöglichen.
Fazit und Ausblick
Künstliche neuronale Netze erlauben eine Integration von Affekt und Kognition in einer gemeinsamen Architektur der mentalen Repräsentation. Die Herstellung affektiver Konsistenz im Sinne der Affektsteuerungstheorie stellt eine
gewichtige Bedingung dar, der ein solches Netzwerk genügen muss. Dadurch
ist eine flexiblere, kognitiv bestimmte Handlungssteuerung, wie sie etwa in
den Prozessen höherer Ordnung der Zwei-Prozess-Modelle konzipiert wird,
keinesweges ausgeschlossen, sie ist aber stark eingeschränkt. In den meisten
Fällen wird daher dem affektiven Prozess eine hauptsächliche direkte oder indirekte Rolle bei der Ausrichtung des Organismus auf die Erreichung seiner
Handlungsziele zukommen. Vor dem Hintergrund einer evolutionären Perspektive ist eine solche theoretische Konzeption sinnvoll. Eine rein rationale
oder kognitive Herstellung von Konsistenz in der mentalen Repräsentation
der Umwelt würde sehr schnell die komputationalen Ressourcen des Gehirns
überfordern; Emotionen können aber als ressourcensparende Heuristik für
das Lösen komplexer Probleme und die Entscheidung über auszuführende
Handlungen dienen (Oatley & Johnson-Laird, 2002). Für einen auf drei Basisdimensionen basierenden affektiven Konsistenzmechanismus gilt das Gleiche: sich von dem mathematisch simplen Prinzip der Verifikation affektiver
Bedeutung leiten zu lassen, dürfte in den meisten Fällen eine ausreichend
erfolgreiche Strategie für die Realisierung effizienter und stabiler sozialer Interaktionen sein – schließlich handelt es sich um die sozial geteilte affektive
Bedeutung, so dass auch die Handlungen des Gegenüber nach denselben heuristischen Prinzipien antizipiert werden können.
5.2
Würdigung der Affektsteuerungstheorie
Der Ausgangspunkt dieser Dissertation bestand in der These, dass soziale Interaktion nicht hinreichend theoretisch beschreibbar ist, wenn man von einer
entweder rein soziologischen oder von einer rein individualpsychologischen
Perspektive ausgeht und dabei die Erkenntnisse der jeweils anderen Disziplin
ignoriert. Durch den Rückgriff auf ein sprachbasiertes Modell der geteilten
157
affektiven Bedeutung sozialer Situationen bietet die Affektsteuerungstheorie
Anknüpfungspunkte zu zentralen Annahmen beider Disziplinen. Somit gibt
sie eine gute Antwort auf die Forderung Pettigrews (1991), interdisziplinäre
Sozialpsychologie theoriebasiert zu betreiben. Aus Pettigrews Kritik am (seinerzeitigen) Stand der sozialpsychologischen Theoriebildung (a. a. O., S. 25 f.)
lässt sich eine Art Kriterienkatalog für in dieser Hinsicht geeignete Theorien ableiten, der im Folgenden auf die Affektsteuerungstheorie im Lichte der
Ergebnisse dieser Dissertation angewandt werden soll:
• Forderung nach breiten und kühnen Theorien: Die Affektsteuerungstheorie ist weder nur ein loser Bezugsrahmen (vgl. Pettigrew, 1991),
noch eine Splitter-Theorie von nur geringer Reichweite (vgl. Graumann,
1996), sondern eine konsistente, kühne und falsifizierbare Theorie (vgl.
Popper, 1935), die sparsam in ihren Annahmen und breit in ihren Vorhersagen und Anwendungen ist. Soziale Interaktion wird der Theorie
zufolge durch einen einfachen affektiven Konsistenzmechanismus gesteuert, der in einer dreidimensionalen Bedeutungsstruktur realisiert
ist. Beide Elemente – der Konsistenzgedanke sowie die Dreidimensionalität der affektiven Bedeutung – sind so weit theoretisch verbreitet
und empirisch fundiert, dass ihnen der Status allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der Psychologie zugeschrieben werden kann. Auf diesen sehr
allgemeinen und kaum bestreitbaren Grundprinzipien aufbauend, kann
das Modell der Affektsteuerungstheorie sehr komplexe und kontextspezifische Interaktionen vorhersagen, wie mit dem in Kap. 4 beschriebenen Experiment gezeigt werden konnte. Um das Verhalten und das
emotionale Erleben der Versuchspersonen beim Leiten einer simulierten Organisation durch Kommunikation mit virtuellen Mitarbeitern
hinreichend präzise zu beschreiben, war kein Rückgriff auf speziellere
und in ihrem Geltungsbereich eingeschränktere Theorien nötig – etwa
Theorien der Führung, des Verhaltens in Organisationen, des intentionalen Handelns oder des komplexen Problemlösens. Vielmehr genügte insgesamt das einfache und sparsame Affektsteuerungsprinzip, das
auch schon herangezogen wurde, um gänzlich andere Phänomene zu
erklären, z. B. aus dem Bereich der klinischen Psychologie (MacKinnon
& Gouldbourne, 2006), der Intergruppenbeziehungen und Stereotype
(MacKinnon & Bowlby, 2000) oder sogar der internationalen Beziehungen (Heise & Lerner, 2006).
• Forderung nach Berücksichtigung affektiver Prozesse: Die Kritik Pettigrews an der Vernachlässigung von Affekt und Emotion mag angesichts
der großen Bedeutung, die diesen Themen zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der psychologischen wie soziologischen Forschung beigemessen
158
wird, etwas anachronistisch erscheinen. Emotionale Aspekte sind aber
erst in der jüngeren Zeit in den Fokus des Interesses gerückt. Gerade
dem Symbolischen Interaktionismus Meads (1934) als in der soziologischen Sozialpsychologie dominierendem Bezugsrahmen ist häufiger der
Vorwurf gemacht worden, emotionale Phänomene in seiner Analyse der
sozialen Interaktion nicht hinreichend zu berücksichtigen (vgl. MacKinnon, 1994, S. 66 ff.). Hier muss nicht weiter erläutert werden, wie die Affektsteuerungstheorie dieses Defizit des Symbolischen Interaktionismus
korrigiert hat; dies dürfte mittlerweile zumindest in der amerikanischen
soziologischen Sozialpsychologie auch weithin anerkannt sein.
An Bedeutsamkeit nicht unterschätzt werden darf der Beitrag der Affektsteuerungstheorie für den Emotionsbegriff in der Psychologie. Während die Emotionspsychologie mehr und mehr biologisch ausgerichtet
ist, richtet die Affektsteuerungstheorie den Blick auf die soziologischen
Bedingungsfaktoren emotionalen Erlebens und bietet dafür, wie in dieser Dissertation gezeigt werden konnte, im Rückgriff auf die Sprache als
eine gesellschaftlich objektivierte Struktur der mentalen Repräsentation theoretisch höchst plausible psychologische Mechanismen zur Erklärung an.
• Forderung, soziale Prozesse dynamisch zu betrachten: Im Gegensatz zu
den meisten Ansätzen in der heutigen psychologischen Sozialpsychologie, die in der Regel die Verarbeitung von sozialer Information durch
ein Individuums zu einem Zeitpunkt untersuchen (vgl. Scholl, 2007),
berücksichtigt die Affektsteuerungstheorie die dynamische Natur sozialer Interaktionen. Soziales Handeln ist eben nicht nur eine Funktion
einer momentanen Konfiguration sozialer Kognitionen, sondern ist im
zeitlichen Verlauf wechselseitig aufeinander bezogen und in eine soziale Struktur eingebettet. INTERACT ermöglicht sogar die Vorhersage
des Interaktionsverlaufes, wenn sich die sprachlichen Situationsdeutungen mehrerer an der Situation Beteiligter voneinander unterscheiden.
Die herausragende Besonderheit der Theorie besteht aber darin, dass
die Anerkennung der dynamisch-interaktiven Natur sozialer Situationen eben nicht in eine Unverbindlichkeit oder gar Beliebigkeit der Vorhersage mündet, wie es bei so vielen qualitativ-interpretativen Ansätzen der Fall ist, sondern im Gegenteil hoch präzise und damit testund falsifizierbar bleibt. Der wichtigste Forschungsbeitrag der vorliegenden Dissertation besteht darin zu zeigen, dass sich diese dynamische
Vorhersage auch tatsächlich in einer komplexen sozialen Situation im
beobachtbaren Handeln und im berichteten emotionalen Erleben der
Beteiligten bewährt hat.
159
• Forderung nach der empirischen Berücksichtigung kultureller Differenzen: Indem die Modellbildung im Rahmen der Affektsteuerungstheorie
auf Messungen der affektiven Bedeutungsstruktur der Sprache zurückgreift, liefert sie für soziales Handeln, Emotionen und Attributionsprozesse zwingend kulturspezifische Voraussagen – jedenfalls sofern man
„Kultur“ mit „Sprachgemeinschaft“ identifiziert, was aber im allgemeinen nicht auf allzu großen Widerspruch stoßen dürfte. Selbst wenn man
von unterschiedlichen Kulturen (oder auch Subkulturen) innerhalb eines Sprachraums ausgeht, so sind diese über das methodische Instrumentarium, das der Affektsteuerungstheorie zu Grunde liegt, einzeln
untersuchbar. So bietet sich zum Beispiel eine nach ost- und westdeutschen Probanden getrennte Auswertung des Datensatzes an, dessen Erstellung in Kap. 3 beschrieben wurde. Sollte die im populären Diskurs
häufig geäußerte These zweier verschiedener Kulturen als Resultat der
vierzigjährigen deutschen Teilung zutreffen, so müsste das an unterschiedlichen Parametern eines ost- und westdeutschen Modells der Affektsteuerungstheorie abzulesen sein.
Die kulturvergleichenden Arbeiten von Schneider auf Basis deutscher
und US-amerikanischer affektiver Lexika wurden in dieser Dissertation
bereits häufiger thematisiert. Die INTERACT-Simulation der Interaktion zwischen amerikanischen Managern und deutschen Mitarbeitern im Kontext einer multinationalen Organisation (Schneider,
2002a) sagte deutliche interkulturelle Konflikte voraus, die aus der unterschiedlichen affektiven Bedeutung der beteiligten Rollenidentitäten
resultieren. Über solche interkulturellen Kommunikationsschwierigkeiten ist in der organisationspsychologischen Literatur viel geschrieben
worden. Hofstede (2007) vertritt jüngst sogar die These, dass die Gültigkeit von Führungstheorien an die jeweilige Kultur gebunden und
nicht ohne weiteres übertragbar sei. Man könnte ihm vor dem Hintergrund des hier vertretenen Konzepts einer allgemeinen Theorie der sozialen Interaktion entgegen halten, dass Interaktions- und damit auch
Führungstheorien sehr wohl interkulturelle Gültigkeit haben können.
Sie müssen nur eben die kulturell vermittelte Bedeutungsstruktur der
Interagierenden zum Gegenstand haben oder zumindest explizit in Berücksichtigung ziehen. Die Affektsteuerungstheorie tut dies im Rückgriff auf sprachbasierte Modelle.
Damit sollte deutlich geworden sein, wie hervorragend geeignet die Affektsteuerung ist, um den geforderten Brückenschlag zwischen Soziologie und
Psychologie zu leisten. Darüber hinaus ist es möglich, auf Basis dieser Theorie eine Reihe weiterer fundamentaler Dichotomien anzugehen, die in der
160
Psychologie und angrenzenden Wissenschaften von Bedeutung sind. Dazu
gehört natürlich der methodische Gegensatz von qualitativer, interpretativer
Methodik auf der einen zu Quantifizierung und Experiment auf der anderen
Seite. Dies ist in Abschnitt 4.5.3 hinreichend erläutert worden: die subjektive
Deutung einer sozialen Situation spielt auch in jedem psychologischen Experiment eine oft nicht genügend beachtete Rolle; ist sie aber einmal gegeben
und sprachlich formuliert, so können ihre psychologischen Konsequenzen mit
INTERACT mathematisch formalisiert und experimentell getestet werden.
Eine weitere wichtige psychologische Kontroverse ist die zwischen Symbolismus und Assoziationismus (vgl. Varela, 1996). Im Zusammenhang mit den
Zwei-Prozess-Modellen der sozialen Informationsverarbeitung ist diskutiert
worden, wie die Übersetzung zwischen beiden Eigenschaften des kognitiven
Systems ein Kernkonzept der Affektsteuerungstheorie ist:
Classifications of places, people, objects and behaviors get transformed into a domain of feelings, where they lose their qualitative
uniqueness, become comparable to one another, and begin obeying quantitative principles. (Heise, 1987, S. 6)
Mit einer gewissen Kühnheit kann letztlich für die Affektsteuerungstheorie
eine vermittelnde Position zwischen Natur- und Geisteswissenschaften angenommen werden, weil die physiologische Basis von Emotionen ebenso unbestreitbar ist wie der Umstand, dass sprachliche Symbole eine Grundlage
für alle Geisteswissenschaften bilden.4 Wo in dieser Dissertation so viel von
der Computersimulation mentaler Prozesse die Rede war, kann den letzten
Gedanken keiner schöner illustrieren als Keith Oatley in dem Titel eines interdisziplinären emotionspsychologisch-literaturwissenschaftlichen Aufsatzes
über „Shakespeare’s Invention of Theater as Simulation that Runs on Minds“
(Oatley, 2001). Dessen zentrale These besteht darin, dass Theaterzuschauer auf der Grundlage der Worte, welche im Theaterstück benutzt werden,
mentale Modelle konstruieren, die ihnen ermöglichen, die dargestellte soziale
Interaktion emotional so zu erleben, als hätten sie wahrhaftig an ihr teil.
Clore & Pappas (2007) sehen in der Affektsteuerungstheorie sogar „a kind
of answer to the mind-body problem“ (S. 337). Der Geist könne nicht, wie
von den Neurowissenschaften impliziert, allein auf das Gehirn reduziert werden: „An ocean of neurochemical and anatomical data will not uncover the
rules by which changes in peoples actions arise jointly from their identities
and the actions and identities of others.“ (Clore & Pappas, 2007, S. 338).
Ganz sicher empfiehlt sich große Zurückhaltung bei möglichen „Antworten“
auf das Leib-Seele-Problem. Ganz sicher ist aber auch die enorme Bedeutung,
4
Diesen Gedanken verdanke ich Wolfgang Scholl.
161
die dem Werk David Heises beigemessen werden muss, weil seine Affektsteuerungstheorie die Psychologie dazu einlädt, die biologischen und die sozialen
Ursprünge der Seele gemeinsam zu sehen.
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176
Anhang A
Handlungsbeschreibungen für
die Ermittlung der
Eindrucksbildungsgleichungen
1. Ein Athlet rettet einen Rüpel.
2. Ein Kind hält einer Puppe eine Strafpredigt.
3. Eine Großmutter vergibt einer Enkelin.
4. Ein Rechtsanwalt provoziert einen Schwächling.
5. Ein Zeuge beschwatzt einen Straßenräuber.
6. Ein Kindermädchen gehorcht einem Großvater.
7. Eine Alkoholikerin ignoriert einen Schwatzkopf.
8. Ein Spion droht einem Zeitungsjungen.
9. Ein Ankläger debattiert mit einem Schulmädchen.
10. Eine Wirtin macht eine Alkoholikerin nach.
11. Ein Feuerwehrmann unterstützt einen Kumpel.
12. Ein Champion beschwatzt einen Idioten.
13. Eine Drogenabhängige überrascht einen Kumpel.
14. Ein Großvater vergisst einen Onkel.
15. Ein Fischer ignoriert ein Kind.
16. Ein Geldeintreiber gibt einem Fischer Anweisungen.
17. Eine Wirtin schmeichelt einem Zuhälter.
18. Ein Clown macht einen Krüppel nach.
19. Ein Onkel versteckt sich vor einem Baby.
20. Ein Bettler provoziert einen Schnorrer.
21. Eine Patientin fragt Gott nach etwas.
22. Eine Dame rettet einen Schwatzkopf.
23. Ein Ankläger beschwatzt einen Idioten.
24. Ein Feigling applaudiert einem Schwatzkopf.
177
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
Der Teufel schmeichelt Gott.
Ein Großvater kuschelt mit einem Baby.
Ein Rechtsanwalt unterstützt einen Bibliothekar.
Der Teufel lächelt einen Feigling an.
Ein Rechtsanwalt debattiert mit einer Dame.
Ein Rektor sperrt einen Idioten ein.
Ein Bettler ignoriert einen Einbrecher.
Ein Großvater kritisiert einen Bewährungshelfer.
Ein Rüpel applaudiert einem Helden.
Ein Champion boxt einen Athleten.
Ein Feuerwehrmann übersieht einen Fischer.
Ein Straßenräuber greift einen Schwächling an.
Ein Feuerwehrmann hält einer Alkoholikerin eine Strafpredigt.
Eine Wirtin beschwatzt eine Dame.
Eine Drogenabhängige greift einen Schnorrer an.
Eine Großmutter brüskiert einen Athleten.
Eine Fee überrascht einen Fischer.
Ein Clown lächelt einen Idioten an.
Eine Alkoholikerin boxt eine Puppe.
Ein Zuhälter richtet einen Straßenräuber auf.
Eine Enkelin applaudiert einem Großvater.
Ein Feuerwehrmann beruhigt ein Kind.
Ein Sschulmädchen brüskiert einen Schwatzkopf.
Ein Zeitungsjunge sperrt einen Krüppel ein.
Ein Schwächling fleht einen Schwatzkopf an.
Eine Fee rettet ein Baby.
Ein Straßenräuber lacht mit einem Bettler.
Ein Großvater spielt mit einem Kind.
Eine Schwester hält einer Wirtin eine Strafpredigt.
Ein Fischer lächelt einen Passanten an.
Ein Straßenräuber beschwatzt eine Drogenabhängige.
Ein Rüpel greift einen Staatsanwalt an.
Ein Lehrer tröstet einen Schwächling.
Eine Großmutter hält einem Großvater eine Strafpredigt.
Eine Alkoholikerin versteckt sich vor einer Großmutter.
Ein Athlet kuschelt mit einem Bibliothekar.
Ein Held macht einen Feuerwehrmann nach.
Ein Großvater weckt eine Enkelin.
Ein Zeitungsjunge überrascht einen Straßenräuber.
Ein Feuerwehrmann boxt eine Puppe.
Eine Schwester applaudiert einem Minister.
178
66. Ein Schulmädchen rettet einen Fischer.
67. Ein Großvater provoziert einen Rechtsanwalt.
68. Ein Bewährungshelfer erklärt einem Schulmädchen etwas.
69. Ein Champion rettet einen Idioten.
70. Ein Kindremädchen kritisiert ein Kind.
71. Ein Rechtsanwalt droht einem Schwatzkopf.
72. Ein Rivale fleht Gott an.
73. Eine Großmutter entlässt ein Kindermädchen.
74. Ein Athlet boxt einen Rechtsanwalt.
75. Gott vergibt einem Feigling.
76. Ein Kind macht einen Idioten nach.
77. Ein Schwatzkopf vermisst einen Großvater.
78. Der Teufel lacht mit einem Schnorrer.
79. Ein Held beschwatzt einen Schwächling.
80. Eine Wirtin erklärt einem Rüpel etwas.
81. Eine Patientin debattiert mit einem Rüpel.
82. Ein Idiot lächelt eine Wirtin an.
83. Ein Kindermädchen lächelt einen Großvater an.
84. Ein Bewährungshelfer tröstet einen Rechtsanwalt.
85. Eine Dame vermisst eine Patientin.
86. Ein Minister beschwatzt ein Schulmädchen.
87. Ein Kind droht einem Straßenräuber.
88. Ein Feigling gehorcht einer Drogenabhängigen.
89. Ein Idiot schmeichelt einem Ankläger.
90. Ein Fischer erklärt einem Krüppel etwas.
91. Ein Zuhälter erklärt einem Schulmädchen etwas.
92. Ein Idiot brüskiert einen Bewährungshelfer.
93. Ein Kind boxt einen Krüppel.
94. Ein Geldeintreiber beschwatzt einen Idioten.
95. Ein Bewährungshelfer unterstützt einen Schnorrer.
96. Eine Alkoholikerin erklärt einem Rüpel etwas.
97. Ein Fischer überrascht einen Kumpel.
98. Ein Kind unterstützt einen Feuerwehrmann.
99. Ein Einbrecher fleht einen Bibliothekar an.
100. Ein Kind provoziert einen Großvater.
179
Anhang B
Adjektiv-SubstantivKombinationen für die
Ermittlung der
Verschmelzungsgleichungen
(1) Emotions-Identitäts-Kombinationen
1. ein stolzer Gewinner
2. ein erleichterter Feuerwehrmann
3. eine überraschte Wirtin
4. ein gerührter Athlet
5. ein wütender Gewinner
6. ein ehrfürchtiger Champion
7. ein beunruhigter Feuerwehrmann
8. eine verbitterte Wirtin
9. ein glücklicher Großvater
10. ein dankbarer Fischer
11. ein überraschter Großvater
12. ein gerührter Onkel
13. ein verärgerter Fischer
14. ein ehrfürchtiger Großvater
15. ein entsetzter Fischer
16. ein unglücklicher Onkel
17. ein heiteres Kind
18. eine zufriedene Schwester
19. ein überraschtes Baby
20. ein gerührter Clown
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
180
eine aufgebrachte Enkelin
ein ehrfürchtiger Clown
ein nervöses Kind
eine traurige Schwester
eine begeisterte Großmutter
ein erleichtertes Kindermädchen
ein überraschter Bibliothekar
eine gerührte Großmutter
eine verärgerte Dame
ein ehrfürchtiges Kindermädchen
ein entsetzter Bibliothekar
eine ängstliche Dame
ein glücklicher Straßenräuber
ein ruhiger Ankläger
ein überraschter Zuhälter
ein gerührter Straßenräuber
ein zorniger Ankläger
ein ehrfürchtiger Straßenräuber
ein neidischer Rivale
ein ängstlicher Zuhälter
41. ein erfreuter Gerichtsvollzieher
42. ein dankbarer Spion
43. ein überraschter Gerichtsvollzieher
44. ein gerührter Einbrecher
45. ein empörter Spion
46. ein ehrfürchtiger Einbrecher
47. ein nervöser Spion
48. ein verlegener Gerichtsvollzieher
49. ein glücklicher Idiot
50. eine dankbarer Alkoholikerin
51. ein überraschter Schnorrer
52. ein gerührter Idiot
53. eine aufgebrachte Heulsuse
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
ge
63.
64.
eine ehrfürchtige Alkoholikerin
eine nervöse Heulsuse
ein verbitterter Schwatzkopf
ein stolze Patientin
ein erleichterter Feigling
eine überraschte Patientin
ein gerührter Krüppel
ein wütender Feigling
eine ehrfürchtige Drogenabhängiein beunruhigter Schwächling
eine mutlose Drogenabhängige
(2) Persönlichkeits-Identitäts-Kombinationen
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
85.
86.
87.
88.
65. eine gesprächige Wirtin
ein hilfsbereiter Athlet
ein weiblicher Feuerwehrmann
ein bescheidener Gewinner
ein egoistischer Kumpel
eine strenge Wirtin
ein streitsüchtiger Gewinner
ein stiller Gewinner
ein geistreicher Fischer
ein gewissenhafter Onkel
ein weiblicher Gott
ein bescheidener Fischer
ein gebieterischer Großvater
ein strenger Onkel
ein leichtsinniger Fischer
ein gewöhnlicher Fischer
ein geselliges Kind
eine zufriedene Enkelin
ein weiblicher Clown
ein bescheidenes Kind
eine egoistische Schwester
eine autoritäre Schwester
ein empfindliches Kind
ein scheues Baby
89. ein intelligenter Bibliothekar
90. eine nette Großmutter
91. ein weiblicher Bibliothekar
92. eine bescheidene Dame
93. ein gebieterisches Kindermädchen
94. ein autoritäres Kindermädchen
95. ein unfreundlicher Bibliothekar
96. eine ungebildete Dame
97. ein unternehmungslustiger Rüpel
98. ein sorgfältiger Ankläger
99. ein weiblicher Straßenräuber
100. ein bescheidener Rivale
101. ein gebieterischer Rüpel
102. ein strenger Ankläger
103. ein unzuverlässiger Geldeintreiber
104. ein schweigsamer Straßenräuber
105. ein phantasievoller Einbrecher
106. ein ruhiger Gerichtsvollzieher
107. ein weiblicher Spion
108. ein bescheidener Spion
109. ein gebieterischer Gerichtsvollzieher
110. ein strenger Rektor
181
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
ein launischer Rektor
ein ungebildeter Spion
eine gesprächige Alkoholikerin
ein hilfsbereiter Idiot
ein weiblicher Idiot
ein bescheidener Schnorrer
eine egoistische Heulsuse
ein autoritärer Schnorrer
ein undankbarer Schnorrer
eine zurückgezogene Alkoholike-
rin
121.
122.
123.
124.
125.
126.
127.
128.
182
eine wissbegierige Patientin
ein zuverlässiger Bettler
ein weiblicher Schwächling
ein bescheidener Bettler
eine gebieterische Patientin
ein autoritärer Feigling
ein vergesslicher Krüppel
ein phantasieloser Feigling
Anhang C
Screenshots der
Projekt-Magellan-Internetseite
mit Instruktionen für die Vpn
Abbildung C.1: Seite 1 des Projekt-Magellan-Internetauftritts
183
Abbildung C.2: Seite 2 des Projekt-Magellan-Internetauftritts
Abbildung C.3: Seite 3 des Projekt-Magellan-Internetauftritts
184
Abbildung C.4: Seite 4 des Projekt-Magellan-Internetauftritts
185
Anhang D
Affektives Lexikon in deutscher
Sprache
Bitte beachten: eine wie auch immer geartete kommerzielle Nutzung dieser
Daten ist ohne schriftliche Genehmigung durch den Autor nicht gestattet!
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
(1) Identitätsbegriffe, N = 675
AbgeordneterP
AbiturientP
Abstinenzler89
Abteilungsleiter
Abtrünnige89
Akademiker89
Aktionär
Alkoholiker
Alkoholikerin
alter Hase
alter Herr89
alter Knacker
altes Weib89
Amateur89
ambulanterP atient89
Anfänger89
AngeberP
0,35
1,55
-0,03
-0,30
-1,31
0,71
-1,00
-2,70
-2,36
1,35
1,24
-1,02
-0,90
0,55
-0,61
0,61
-2,50
1,24
0,47
-0,03
1,30
-0,40
0,79
0,94
-1,12
-1,63
0,91
-0,66
-0,82
-0,04
-0,56
-1,13
-1,13
-1,38
0,00
0,42
-1,66
0,33
0,11
-1,08
-0,19
0,04
-0,34
-1,04
-1,78
-2,18
-0,13
0,73
-0,41
-0,36
0,84
0,25
1,44
0,22
-0,03
-0,72
0,91
-0,37
-2,73
-2,47
1,40
1,29
-1,38
-0,86
0,33
-0,20
-0,04
-2,35
0,87
0,85
0,05
1,35
-0,05
0,29
1,43
-0,87
-1,63
0,87
-0,18
-0,31
-0,94
-0,66
-0,65
-1,40
-1,18
-0,67
0,85
-1,67
0,78
-0,12
-0,45
1,07
-0,40
-0,65
-0,79
-2,09
-1,62
-0,42
0,70
-0,21
-0,43
1,70
Fortsetzung...
186
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
angeheirateter
Verwandter89
Angeklagter
Angestellter
Angreifer89
Anhänger
Ankläger
Anstandsdame89
Antisemit
Anwalt89
Arbeiter
Arbeitgeber
ArbeitsloserP
Architekt89
Armer
Arsch89
Arschloch
ArztP
Asiat
AsozialerP
Assistent
AsylbewerberP
Atheist
Athlet
Aufpasser89
Augenzeuge89
Auktionator89
Aushilfskraft
AusländerP
Aussenseiter
Auszubildende89
Auszubildender
Autofahrer89
Automechaniker89
Autor89
Autorität89
0,12
-0,01
0,18
0,53
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187
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E
P
A
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P
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Baby
Babysitter89
Bäcker89
Balg89
Banker89
Bardame89
Barkeeper89
Bauarbeiter
Bauerntöpel89
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Behinderter
Behörde
Bekannter
Benachteiligter
Berater89
Bergmann89
Berühmtheit89
Beschuldigter89
Besserwisser
bester Freund
Besucher
Betriebswirt
Betrunkener89
Bettler
Bewaffneter
Bewährungshelfer
Bewerber
Bibliothekar89
Bigamist89
Bisexueller89
Blinddate89
Blondine
Bohemien89
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Fortsetzung...
188
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E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Bräutigam
Brautjungfer
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Bruder
Brummbär89
Brünette
Brutaler89
Bücherwurm89
Buchhalter89
Buckliger89
Bulldozerfahrer89
Bulle89
Bundeskanzler
Bürger
Bürgermeister
Bürgerwehrmitglied89
Büroangestellter
Bürokrat
Bursche89
Busfahrer89
BWL-Student
Callgirl89
CDU
Champion
Chef
Chefkoch89
Chemiker89
China
Chirurg
CholerikerP
Christ
Clown89
Computerexperte
Computerprogrammierer89
Cousin89
Dame
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Fortsetzung...
189
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E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Dealer89
Dekorateur89
Delinquent
Demagoge
Denunziant89
Desperado89
Detektiv89
DeutscherP
Deutschland
DeutschtürkeP
dieP resseP
die TürkenP
Dieb
Diener
Dozent
Drogenabhängige
Drogenabhängiger
DrogendealerP
Dummkopf
Ehebrecher
Ehebrecherin89
Ehefrau
Ehegatte89
EhemannP
Eierkopf89
Einbrecher
Einfaltspinsel89
Einkäufer
Einsiedler89
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Fortsetzung...
190
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Enkelin
Enkelkind
Entlaufener89
Erstgeborener
Erstsemester89
Erwachsener
ErzfeindP
Evangelist89
Ex-Frau
Ex-Freund
Ex-Freundin
Ex-Mann
Experte89
Extravertierter89
Facharbeiter
FamilieP
Familienmensch
Fan89
Fanatiker89
Faulenzer
Fee
Feigling
Feind
Feministin
Fernsehmechaniker89
Fettsack
Feuerwehrmann
Fischer
Flennsuse89
Flittchen
Flugbegleiter89
Fotograph89
Frankreich
Frau
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Fräulein89
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191
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Wort
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E
P
A
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E
P
A
Freak89
Fremder
Freund
Freundin
Frömmler89
Führer
Führungskraft
Fussgänger
Gangster
Ganove
Gassenkind89
Gast
Gastgeber
Gastgeberin89
Geächteter
GebärmaschineP
Gefährte89
Gefangener89
Gegner
Geheimagent
Geheimdienstler89
Geisel89
Geisteskranker
Geizhals89
Geizkragen
Geldeintreiber
Gelehrter
Geliebte
Genie89
Gerichtsvollzieher
Geschäftsfrau
Geschäftsführer
Geschäftsmann
Geschichtenerzähler89
Geschiedener89
Geschwisterteil89
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192
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E
P
A
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E
P
A
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Gesellschaft
Gesetzesbrecher
GewalttätigerP
Gewerkschafter
Gewinner89
Gigolo89
Gott
Gourmet89
grosse Schwester
Grosselternteil89
grosser Bruder
GrossfamilieP
Grossmutter
Grossvater
grünschnäbeliger Bulle89
Gynäkologe
Hafenarbeiter89
HäftlingP
Halbbruder
Halbschwester
Halsabschneider89
Händler
Handwerker
Hausfrau
Haushälterin89
Hausmann
Hausmeister89
Heiliger
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Herr89
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193
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E
P
A
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E
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A
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Hexe89
Hilfsarbeiter
Hinterbänkler
Hintermann89
Hinterwäldler
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Idiot
Informant89
Ingenieur89
Insider89
IntellektuellerP
Interviewer
Introvertierter89
Invalide89
Irrer89
Ja-Sager
Jude
Jugendlicher89
Junge
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Jungfrau
Junggeselle89
Junkie
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Kamerad
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Kapitalist
Katholik
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Fortsetzung...
194
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Kellnerin
Kerl
Kettenraucher
Kiffer89
Kind
Kinderarzt
Kindermädchen
Kinderschänder
Kirchendekan89
Klassenkamerad89
kleine Schwester
kleiner Bruder
Kleinkind
Kleinunternehmer
Klempner89
Klient89
knallharter Bursche89
Koch89
Kollege
Kommunist
Komödiant89
Konformist89
König
Königin
Konkubine89
Konservativer
Konsument89
KontrolleurP
Krankenschwester
Kranker
Kredithai89
Krimineller89
Kritiker89
Krüppel89
Kumpel
Kunde89
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Fortsetzung...
195
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Kunstkenner89
Kurtisane89
Ladenbesitzer
Ladendieb89
Landarbeiter89
Landstreicher89
Landwirt89
Langweiler
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Lausebengel89
Lehrer
Lehrling89
Leibwache89
Leichenbestatter89
Lesbe
Liberaler
LiebhaberP
Liebster89
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Lobbyist
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Macho89
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Mädchen für alles
Mafioso
Magier89
Makler89
Manager
Managerin
Mann
Mannweib
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1,46
Fortsetzung...
196
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Masochist
Mehrheit
Memme89
Metzger89
Mieter89
Millionär
Minderheit
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Minister
Missetäter89
Mitarbeiter
Mitschülerin89
Mitspieler
Mittäter89
Mörder
Mörderin
Müllmann89
Musiker89
MuslimP
Mutter
Muttersöhnchen
Nachahmer89
Nachbar
Nachhilfelehrer89
Nachtwächter89
Narr89
Närrischer89
Neffe89
Nervensäge89
Neurotiker
Nichte89
Nichtraucher
Niemand89
Nonkonfirmist89
Nörgler
Novize89
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Fortsetzung...
197
...Fortsetzung
Wort
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E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Nutte
Nymphe89
ObdachloserP
Oben-ohne-Tänzerin89
Oberkellner89
Oberschwester
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Offizier
Omi89
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Opfer89
Opportunist
Panzerknacker89
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Pastor
Patient
Patientin
Patriot
Person
Pessimist
Pfadfinder89
Pfadfinderführer89
Pfandleiher89
Pfarrer
Pflichtverteidiger
Physiker89
Pilot89
Plappermaul89
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Polizei
Polizist
Polizist in Zivil89
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Fortsetzung...
198
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Wort
männliche Vpn
E
P
A
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E
P
A
Pornodarsteller
Prahler89
Praktikant
PraktikantinP
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Prediger
Premierminister
Prinz
Prinzessin
Professor89
Prostituierte
Protestant
prüdeP erson89
Psychiater
Psychoanalytiker89
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Psychologie-Student
Psychopath89
psychotischeP erson89
Publikum
Punk89
Puppe
Puritaner89
PutzfrauP
Quacksalber89
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Räuber
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Raufbold
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Rechtsanwalt
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Regierung
Reisender
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Fortsetzung...
199
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Rektor
Rentner
Reporter89
Reservist
Richter
Ritter
Rivale89
Rowdy89
Rüpel
Russland
Sadist
Säufer
Scheidungsanwalt
Schiedsrichter89
Schizophrener
Schlägertyp
Schlampe
Schlauberger89
Schleimer
Schneider89
Schnorrer
Schönheit89
Schreibkraft89
Schuhmacher89
Schüler89
Schuljunge
Schulkamerad89
Schullehrer89
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Schulschwänzer89
Schulversager89
Schurke89
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Schwager89
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SchwarzarbeiterP
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Fortsetzung...
200
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Schwätzer
Schwatzkopf
Schweisser89
Schwester89
Schwiegermutter
Schwiegersohn
SchwiegertochterP
Schwiegervater
Schwuler
Sekretärin
Serienmörder
Sexist
Sheriff89
Simulant
Skeptiker89
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Sklaventreiber89
Snob89
Sohn
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Spieler89
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Spion
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SponsorP
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Sprecher
Sprecherin
Staat
-2,52
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Fortsetzung...
201
...Fortsetzung
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E
P
A
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E
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A
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Staatsdiener89
Star89
Starlet89
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Sträfling89
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Streikbrecher
Streikführer
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Studentin
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202
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Fortsetzung...
203
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E
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A
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E
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weiblicheP erson89
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Fortsetzung...
204
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
Witwer89
WitzfigurP
Wunderkind89
Zahnarzt89
Zahnarzthelfer89
Zeitungsjunge
Zeuge
Zimmergenosse89
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Zimmermann89
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(2) Handlungsbegriffe, N = 576
Abend essen mit
abhalten von
ablenken
abmahnenP
abratenP
abschiebenP
abweisen89
abzockenP
achten auf
adoptieren
amüsieren
analysieren
anbetteln89
anbieten
anerkennenP
anfassen
anflehen
angaffenP
2,87
0,26
-1,24
-1,70
0,97
-1,50
-2,11
-2,32
1,90
1,90
2,90
0,37
-2,29
2,59
2,49
1,31
-2,18
-1,86
Fortsetzung...
205
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
angenehm erregen89
anglotzen
angreifen
angrinsen
anhalten
anklagen89
anlächeln
anlocken89
anlügen
anmachenP
anmeckern
annähern89
anpacken89
anpöbelnP
anregenP
anrempeln89
anschauen89
anschreien
anschwärzenP
anschwindeln
ansprechen89
anstarren
Anstoss geben89
antworten
Anweisung geben
anzeigenP
anziehen
anzweifeln89
appellieren
applaudieren
ärgern89
ärztlich behandeln
assistieren89
attackierenP
auf die Schippe nehmen
aufgeben89
2,75
-2,80
-2,42
0,87
-0,70
-1,58
3,61
-0,06
-2,56
-0,58
-2,41
1,47
-1,44
-2,42
1,54
-2,04
1,91
-3,30
-2,68
-2,48
0,95
-1,56
1,54
1,79
-0,21
-1,38
0,95
-1,00
0,89
1,60
-1,87
2,07
0,84
-1,95
-0,10
-2,69
2,85
-3,10
-3,06
1,65
-0,48
-2,67
3,46
-0,26
-2,77
-0,60
-2,61
1,49
-1,17
-3,01
2,37
-1,50
1,96
-2,86
-3,10
-2,23
0,73
-2,13
1,49
1,72
-0,13
-1,17
0,62
-1,40
0,74
2,73
-1,41
1,84
1,10
-2,77
-0,04
-2,65
-0,44
0,41
2,17
0,04
1,19
1,33
0,50
-0,52
-0,61
0,80
0,85
0,07
1,54
-1,09
1,30
0,88
-0,38
2,52
-1,54
-0,40
0,51
0,27
0,20
1,04
1,79
0,08
0,17
0,19
1,00
1,32
0,49
1,98
0,13
0,43
0,83
0,59
-0,52
-0,66
2,99
1,01
1,01
1,09
-0,67
-0,43
-0,24
0,59
2,18
-0,74
2,16
1,55
0,34
1,45
-1,08
3,37
1,10
1,01
0,26
-1,72
0,38
-0,16
1,26
0,20
-0,44
0,00
0,99
2,07
1,62
-0,65
-0,81
2,46
0,95
-0,47
1,01
0,71
2,24
0,60
0,83
1,49
-0,59
-0,47
-0,34
0,76
0,89
-0,10
1,38
-0,20
1,98
1,28
0,00
2,14
-2,07
-1,40
0,41
0,57
0,92
0,78
1,89
0,30
-0,16
-0,11
1,68
2,36
0,49
1,80
-0,15
-0,63
0,60
0,42
0,88
-1,55
2,74
0,69
1,10
0,96
-1,07
-0,06
-0,48
0,83
2,62
-0,76
1,56
1,71
0,45
1,74
-1,70
3,23
0,87
-0,24
0,64
-1,67
0,29
0,30
1,30
0,14
-0,14
-0,66
1,73
3,11
1,55
-0,47
-1,11
2,20
1,43
-0,95
Fortsetzung...
206
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
aufklärenP
2,02
89
aufmuntern
2,43
aufrichten
2,57
Aufstiegsmöglichkeiten auf- 2,56
zeigen
aufziehen
-0,70
ausbeuten
-3,72
ausbilden89
1,60
P
ausbremsen
-1,91
ausbuhen
-2,23
ausfragen89
-1,41
aushorchen
-2,55
auspeitschen89
-3,26
ausrauben
-3,73
P
aussagen gegen
-0,76
ausschimpfenP
-1,81
89
ausschliessen
-1,98
ausweichen vor89
-1,36
P
auszeichnen
2,24
ausziehen
2,00
baden
1,02
beachten
2,32
89
beängstigen
-2,50
bearbeiten89
-1,37
89
beaufsichtigen
-0,34
beäugen89
0,23
89
bedauern um etwas
-1,78
P
bedienen
1,25
bedrohen89
-2,81
89
beeinflussen
-0,12
beerbenP
0,24
89
beerdigen
-2,63
befehlen
-1,39
befördernP
2,17
befragen
0,29
befrieden89
1,63
weibliche Vpn
E
P
A
1,54
0,87
2,07
1,03
-0,65
0,63
-0,68
0,85
1,07
2,83
2,74
2,50
1,92
1,41
2,17
1,11
-1,41
0,30
-0,64
1,49
-0,10
1,45
0,84
0,04
1,01
0,24
-0,67
1,30
1,46
1,02
0,11
-0,34
-0,92
1,79
0,53
-0,30
1,09
1,83
1,23
-0,02
-0,10
-1,15
0,39
1,98
0,72
0,32
0,04
1,94
1,88
0,06
0,28
0,92
0,32
-0,60
1,19
2,12
0,15
-1,35
2,82
2,42
-1,19
1,46
0,29
0,00
0,08
0,00
-0,73
0,13
1,37
1,37
-1,08
-0,86
-1,04
0,21
1,66
-0,52
-0,98
-2,18
1,89
0,22
0,28
-0,71
-0,96
-3,99
1,68
-1,90
-2,88
-2,07
-2,74
-3,58
-3,86
-1,51
-2,25
-2,77
-1,31
2,41
0,79
1,95
2,68
-3,03
-1,38
-0,29
0,11
-1,82
0,52
-3,20
-0,64
0,65
-2,64
-1,36
2,03
0,53
0,89
-0,10
1,43
1,58
0,02
1,21
0,52
-0,55
1,39
1,53
1,28
0,47
0,42
-0,47
1,81
0,67
0,22
1,20
1,31
1,07
0,80
-0,33
-0,67
0,02
1,83
0,91
0,64
-0,19
2,52
2,09
0,53
1,35
0,70
0,54
-0,72
1,29
2,34
0,19
-0,94
2,26
2,54
0,50
1,86
0,15
-0,67
-0,13
-0,02
-0,92
-0,79
0,93
0,94
-0,03
-1,41
-0,69
0,42
1,63
0,19
-0,63
-2,59
1,73
-0,44
0,27
0,05
Fortsetzung...
207
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
befriedigen
begaffen89
begehren89
begnadigenP
begrüßen
behandeln89
behelligen
behindern
beipflichten
beissen
bekämpfen89
belasten
belästigen89
belehrenP
beleidigen
belohnen
belügenP
bemerken
bemuttern89
benachteiligenP
beobachten
beraten
berauben89
berichten
berichtigen
beruhigen
besaufen mit
beschäftigen
beschuldigen
beschummelnP
beschützen
beschwatzen
beschwichtigen89
beschwindeln89
besiegen
besprechen
2,19
-2,33
1,61
2,50
2,50
0,69
-1,75
-2,55
1,23
-2,76
-2,09
-2,20
-2,71
-0,92
-2,63
3,14
-2,50
1,02
-0,61
-2,56
-0,25
1,85
-2,90
0,40
0,12
2,39
0,67
1,23
-2,41
-2,13
3,22
-1,96
0,82
-1,72
1,02
1,50
1,90
-2,11
2,13
1,86
2,53
1,53
-1,75
-2,67
0,70
-2,84
-1,96
-2,61
-2,83
-0,55
-3,51
3,17
-3,20
1,08
-0,57
-3,00
-0,10
1,96
-3,18
1,16
-0,58
2,99
-1,17
1,19
-2,59
-1,97
3,22
-2,41
1,00
-2,41
0,98
1,81
0,45
-0,32
0,20
2,07
1,06
0,15
0,42
0,22
-0,27
1,46
2,09
1,08
0,93
0,49
0,88
1,95
-1,73
-0,05
-0,53
-1,30
-0,19
1,10
1,09
0,84
1,32
0,96
1,74
1,35
1,21
-1,49
2,97
0,32
-0,37
-0,39
2,23
0,98
0,23
-0,24
0,34
-0,77
1,30
-0,93
0,76
-0,60
-0,14
2,23
1,93
-0,37
1,46
-0,32
2,13
1,07
0,36
-0,34
0,06
-0,39
-1,74
-0,16
1,44
0,32
0,60
-1,85
1,79
0,39
1,40
0,98
0,28
1,88
-1,43
0,11
1,92
-0,24
1,00
0,29
1,67
1,52
1,03
0,58
0,47
1,11
-0,02
1,76
1,97
1,23
0,67
0,10
0,91
1,84
-2,06
0,21
0,12
-0,54
-0,48
1,31
1,35
0,65
0,57
1,33
0,80
1,13
1,29
-1,67
2,51
1,07
0,26
-0,58
2,49
1,36
0,80
0,36
0,47
-1,04
1,48
-1,76
1,08
0,36
-0,33
2,70
0,86
0,09
2,19
-0,39
1,94
0,76
0,41
-0,02
0,00
0,36
-2,00
-0,54
1,73
0,73
0,43
-2,44
1,74
0,94
1,69
0,35
-0,05
2,40
-1,64
0,21
1,74
0,07
Fortsetzung...
208
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
bestechen
bestrafen
bestürzen89
besuchen
beten für89
betörenP
betrügen
betrunken machen
betten89
beugen
beunruhigen89
beurteilen
bevormunden
bewaffnen
bewerten
bewundern
bewusstlos schlagen
bezahlen
bezaubern89
binden89
bitten
Blick werfen auf
blockierenP
blöd angrinsen
blossstellenP
boxen
brauchen
bringen
brüskieren
danken
debattieren
degradieren
demütigen89
den Hof machen
denunzieren
desillusionieren89
-2,89
-2,17
-1,82
2,21
1,77
1,57
-3,20
-2,01
0,74
-2,10
-2,03
-0,18
-2,56
-3,58
-0,03
1,62
-3,12
0,17
2,84
-0,46
0,18
1,42
-1,79
-1,90
-2,24
-2,03
1,16
1,84
-2,38
2,56
1,19
-3,00
-2,99
1,87
-3,25
-1,40
-3,07
-2,51
-1,27
2,62
2,29
2,17
-3,66
-2,08
1,25
-2,53
-1,62
-0,13
-3,04
-3,70
-0,83
1,77
-3,80
0,35
2,56
-1,56
-0,40
1,76
-2,66
-1,36
-3,15
-2,35
0,33
2,03
-2,49
3,00
0,83
-2,86
-3,00
2,11
-3,45
-1,94
0,43
2,01
-0,13
0,84
0,27
1,05
0,35
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-0,44
-1,13
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1,44
0,86
2,04
1,14
0,19
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-0,35
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0,05
-0,92
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1,73
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-0,44
1,32
0,66
0,18
-2,15
0,03
0,48
0,20
-1,73
-1,22
0,27
-0,45
1,21
1,58
-1,06
-0,48
2,68
0,07
-0,89
0,11
-0,96
-0,37
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0,49
1,15
2,26
-1,06
0,28
1,82
-0,84
2,43
1,17
0,74
0,29
-0,23
0,02
0,21
1,82
0,38
0,40
0,94
1,07
0,46
0,72
-0,64
-1,76
0,16
1,48
1,08
1,77
1,21
0,43
1,89
0,71
0,13
0,12
-0,63
-0,20
0,62
-0,25
-2,08
2,28
-0,80
0,84
0,35
0,65
2,04
1,27
0,27
0,62
-0,32
1,24
-0,33
1,44
1,03
0,55
-2,07
-0,70
0,33
0,85
-1,97
-2,12
-0,01
0,25
1,70
1,01
0,02
-0,44
2,93
-0,10
0,56
-0,91
-1,05
-0,53
0,71
-0,06
0,11
3,00
-1,20
1,10
1,57
-0,21
2,72
1,25
0,68
0,31
0,65
0,82
Fortsetzung...
209
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
die Hand geben
die Show stehlen89
dienen
diskutieren
distanzieren vonP
disziplinieren89
dominierenP
drängen
drohen
Druck ausüben auf
durchfallen lassen89
durchsetzen
durchsuchen89
ehrenP
eine Freude bereiten89
eine Spritze geben
einen Auftrag erteilen
einigen
einladen
einschätzen89
einschleimen
einschüchtern89
einsperren
einstellen89
empfehlen
engagieren
entfliehen89
entführenP
entgegenstellen
entkommen89
entlassen
entlasten
entmutigen89
entnerven89
entschädigen
entschuldigen
2,18
-0,70
0,08
1,92
-0,87
-1,17
-0,93
-2,32
-2,72
-2,45
-2,69
0,75
-1,86
2,51
3,06
-0,89
0,93
2,88
3,06
0,27
-3,02
-1,61
-2,91
1,66
1,63
1,72
-0,12
-3,13
0,08
0,97
-2,97
2,62
-1,94
-1,79
1,63
1,52
1,86
-1,32
-1,01
1,59
-0,96
-1,48
-1,33
-2,23
-3,52
-2,79
-3,05
0,93
-2,68
2,52
3,38
-1,50
0,86
2,75
3,11
0,91
-3,11
-2,45
-3,00
1,62
2,03
1,62
-1,08
-3,49
1,08
1,39
-2,93
2,42
-2,33
-1,74
1,50
1,16
1,12
0,85
-0,67
1,71
0,78
0,92
1,13
0,98
1,63
1,84
1,18
2,84
1,04
2,34
0,56
0,84
1,65
2,02
1,04
0,04
-1,51
0,67
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1,28
1,71
-0,11
1,07
0,97
1,05
-0,36
1,78
-0,65
1,31
0,54
0,46
-0,02
1,95
1,45
0,75
0,18
2,23
1,23
-0,33
0,69
0,17
0,62
-0,33
0,25
-0,71
0,05
1,72
1,15
-0,39
-0,72
0,89
1,59
2,31
1,25
1,73
0,76
-0,10
0,55
1,33
-0,57
-1,07
0,76
1,42
-1,45
1,84
-0,04
0,94
1,66
1,77
2,31
2,32
1,34
2,85
0,83
2,16
0,47
1,50
1,98
1,36
1,58
0,84
-1,87
1,36
2,07
1,06
1,16
1,08
-0,04
-1,10
2,83
0,89
1,00
1,91
0,00
0,66
0,85
1,04
0,35
2,19
-1,17
2,30
-0,48
0,06
0,20
1,88
2,20
1,24
0,15
1,98
1,36
-1,05
-0,02
0,11
1,29
-0,59
1,31
-1,50
-0,79
1,87
0,99
-0,54
0,51
0,66
1,83
1,76
0,95
1,89
0,41
0,00
0,01
1,61
-0,60
-0,82
Fortsetzung...
210
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
entsetzen89
entzücken
ereifern über
erfreuen89
Erfurcht zollen89
ergreifen89
erinnern89
erlaubenP
ermahnen
ermorden
ermutigen
ernennen
erniedrigenP
ernüchtern89
erörtern mit
erpressenP
erregen
erschiessen89
erschrecken
erstaunen
erstechenP
erwarten von
erwürgen
erzählen
erziehen89
etwas abgeben
etwas darlegenP
etwas erklären
etwas erläuternP
Fachgespräch führen
fachsimpeln
fangen
feilschen
festnehmen
finanziell unterstützen
finden
-1,43
2,64
-1,76
3,07
0,04
-1,09
1,15
1,96
-1,31
-3,85
3,19
1,55
-3,52
-0,46
1,91
-3,66
1,26
-3,75
-1,52
2,28
-3,73
0,06
-3,82
2,16
0,98
3,00
1,83
2,20
1,95
2,23
1,47
0,15
0,21
-1,40
1,53
2,43
-1,32
2,90
-1,53
3,31
0,28
-1,67
0,49
2,16
-1,54
-4,03
3,03
1,45
-3,64
-0,63
1,52
-3,64
0,61
-4,15
-1,69
2,02
-3,59
0,06
-4,05
2,19
0,63
2,99
1,16
2,21
2,05
1,84
2,27
0,52
-0,38
-1,66
1,68
3,22
0,52
0,34
0,68
0,54
0,34
1,56
0,26
1,51
1,17
2,13
2,15
1,77
-1,77
0,69
0,91
-0,84
0,79
1,37
0,58
1,88
-0,63
-0,07
2,72
1,05
0,68
2,00
1,45
1,63
1,64
1,72
1,09
1,54
1,11
2,13
1,63
1,10
1,64
0,97
2,43
0,87
-0,90
1,34
0,02
0,22
-0,06
2,51
1,57
-1,04
0,39
0,05
0,19
1,85
1,34
2,31
2,10
1,35
2,66
-0,39
1,98
0,10
-0,70
-0,20
-1,99
-0,43
-1,45
0,75
1,47
1,98
2,27
2,00
-0,38
1,06
0,90
-0,34
0,77
1,08
0,00
1,41
0,32
1,39
1,46
2,09
2,06
1,70
-1,95
0,67
1,20
-0,34
1,24
0,80
1,77
1,11
-0,25
0,43
2,69
0,60
1,27
1,80
1,35
1,85
1,95
1,80
1,58
1,89
1,12
2,48
1,83
1,30
1,58
1,22
2,06
1,74
-1,53
2,10
-0,41
0,26
0,51
1,62
0,58
0,05
0,08
-0,27
0,86
0,58
2,21
2,70
2,87
1,16
2,49
-0,23
1,61
0,87
-0,19
-0,05
-1,20
-0,17
-1,85
0,76
1,82
2,49
2,25
2,52
-0,57
0,96
Fortsetzung...
211
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
Fingerabdrücke abnehmen
-1,71
finster anschauen
-2,17
flirten
3,01
folgen
-0,13
foltern89
-3,62
fordern
-1,06
fördern
2,95
fotografieren
0,88
fragen
0,47
freuen mit
3,88
freuen über
2,98
frustrieren
-2,52
führen89
1,02
für dumm verkaufen
-3,10
89
fürchten
-2,77
füttern89
0,53
geben
2,64
gefährden89
-3,15
89
gefallen
2,94
89
gefügig machen
-1,83
gegen sich aufbringen89
-1,58
89
gegenüberstehen
0,00
Gehalt erhöhen
2,66
Gehalt kürzen
-2,82
Gehaltserhöhung
verwei- -2,31
gern
gehorchen
-0,90
89
Gehorsam verweigern
0,33
Geld leihen
-0,06
Geld leihen von
-1,93
geniessen
3,00
Geschäfte machen
0,94
Gespräch führen mit
1,82
gestehen
-0,88
gewinnen gegen
2,31
glauben
2,46
weibliche Vpn
E
P
A
0,06
1,38
0,18
-0,38
0,55
1,49
1,92
-0,02
0,10
2,32
1,35
-0,13
1,02
0,23
-1,00
-0,63
1,61
0,61
1,12
1,60
1,00
0,60
1,72
1,45
0,72
-0,72
-0,91
0,34
-0,35
1,06
1,24
0,21
-0,24
0,14
2,28
1,49
-0,34
-0,70
1,51
0,17
-1,24
0,22
1,58
0,01
0,36
1,07
-0,81
0,00
1,36
0,93
-1,18
-2,41
2,83
-0,52
-4,10
-1,21
3,16
1,42
1,11
3,89
3,57
-2,89
1,12
-2,71
-2,79
0,95
2,21
-3,31
2,84
-2,65
-1,98
0,69
3,06
-3,42
-2,49
0,91
1,61
0,56
-0,51
2,14
1,37
2,33
0,37
0,24
2,27
1,77
0,50
0,82
0,62
-0,87
-0,25
1,09
0,59
0,42
1,34
1,01
0,48
2,03
1,54
1,53
-0,39
-1,59
1,92
-0,97
1,49
1,59
0,51
0,28
0,37
2,08
1,87
0,09
-1,13
1,19
0,44
-0,54
0,33
1,56
0,51
0,94
1,76
-0,99
0,86
0,75
0,41
-1,26
2,03
0,70
-1,08
0,88
1,57
1,15
1,16
1,94
0,84
-1,19
-0,01
-0,58
-1,23
-1,30
1,01
0,16
-1,16
1,70
-0,93
-1,40
0,34
0,45
-2,06
3,17
0,17
2,29
-0,71
1,19
2,36
-2,15
1,54
0,98
-1,11
0,48
0,97
1,29
0,15
2,20
1,24
-1,71
0,57
-0,66
-1,11
-1,71
0,85
0,67
-1,18
2,13
-0,97
Fortsetzung...
212
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
glorifizieren89
gratulieren89
grollen89
grüssen
Handschellen anlegen89
hängen an
hassenP
heilen89
heimsuchen89
heiraten89
Heiratsantrag machen
helfen
herausfordern
herumalbern
herumknutschen
herumnörgeln89
heruntermachen89
hetzen89
hindern
hinhalten89
hinrichten89
höflich behandeln
höhnisch verlachen89
ignorieren
imitieren
in den Arsch kriechen
in einer Falle fangen89
in Haft nehmen89
in Ketten legen89
in Verlegenheit bringen
in Versuchung führen89
indoktrinieren89
informieren
ins Kreuzverhör nehmen89
inspirieren
inständig bitten
-0,17
1,51
-1,68
2,56
-2,22
0,64
-1,85
2,54
-1,04
1,60
2,57
3,29
-0,21
2,24
2,85
-2,36
-2,71
-2,36
-1,92
-1,88
-3,42
2,51
-2,51
-2,43
-0,27
-2,84
-1,49
-2,23
-2,91
-2,40
-0,09
-2,39
2,49
-2,47
2,89
-0,72
-0,88
2,30
-1,44
2,75
-2,38
0,32
-2,80
3,08
-0,93
1,73
2,67
3,63
0,17
3,10
2,76
-2,16
-2,53
-2,62
-1,85
-2,18
-3,59
3,06
-3,00
-2,55
-0,55
-3,52
-2,21
-2,21
-2,92
-1,89
-0,60
-2,38
2,19
-2,04
2,90
-0,58
0,79
0,64
0,82
1,19
1,35
-0,34
1,11
1,38
0,44
0,32
1,63
2,30
2,32
1,20
0,45
0,42
1,10
1,48
1,49
-0,16
1,19
0,95
1,23
0,17
0,29
-1,71
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1,23
1,22
0,32
-0,01
0,75
1,20
1,41
1,70
-0,39
0,94
0,85
0,63
0,88
1,87
-0,93
2,03
-0,41
0,87
0,41
-0,12
0,64
1,62
3,04
0,88
1,17
2,02
2,72
0,77
-0,68
1,17
-1,05
2,19
-0,76
1,36
0,09
1,08
1,14
1,05
1,07
-0,02
0,92
0,70
1,81
0,80
0,84
0,81
1,01
1,43
0,34
1,45
-0,45
0,21
1,58
0,35
1,33
1,88
2,03
2,45
1,42
0,97
-0,22
0,70
1,30
0,97
-0,07
1,93
0,43
0,73
0,70
0,00
-2,23
0,28
1,57
1,47
0,36
-0,18
0,52
1,27
1,63
1,38
-0,24
1,16
1,10
0,87
0,83
1,02
-1,14
2,13
-2,00
0,48
0,04
-0,20
0,87
2,27
2,93
1,14
1,23
1,54
2,24
0,41
-0,64
0,53
-1,11
2,48
-1,00
1,44
-0,93
0,37
1,40
1,28
0,78
0,07
0,41
1,05
1,63
1,09
1,08
Fortsetzung...
213
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
instruieren
interessieren
interviewen89
irritieren89
kämpfen
kaufen
kennen
kennen lernenP
kichern mit
kitzeln89
kochen mit
ködern
kokettieren mitP
kommen
kommunizierenP
Kompliment machen
Konflikt ansprechen
konfrontieren
konkurrieren mit
konsultieren89
KontaktP flegen
kooperieren
korrigieren89
kratzen
kritisieren
kümmern
kündigen89
kuscheln
küssen
lachen mit
lachen über89
lächerlich machen89
lassen
Leistung fordern von
lernen
liebenP
0,36
2,71
0,54
-0,84
-1,58
1,85
2,44
2,01
1,68
1,77
2,76
-1,79
1,31
1,94
3,03
2,83
-0,04
-0,93
-0,31
-0,02
2,29
2,56
0,09
-0,92
-0,75
3,17
-2,13
3,41
3,38
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-0,70
-2,68
1,88
0,49
2,49
3,23
0,53
2,69
1,02
-0,60
-1,26
2,46
2,26
2,63
2,81
1,12
3,15
-1,89
-0,03
1,94
2,62
3,17
-0,96
-0,64
-1,09
0,30
2,79
2,32
-0,56
-1,27
-1,45
3,26
-2,24
3,76
3,73
3,88
-1,18
-2,79
1,68
-0,21
2,81
3,69
1,21
0,42
0,82
0,19
2,27
1,10
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0,47
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0,81
1,87
1,18
2,68
-0,30
-0,13
0,36
0,37
2,46
0,39
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2,56
1,42
0,52
0,00
0,09
0,56
-0,02
0,48
1,68
2,27
-1,31
-0,20
0,48
-0,46
0,84
0,79
-0,76
0,19
-2,05
0,61
3,13
1,37
1,53
-0,92
1,62
-0,07
-1,27
1,56
0,84
0,86
0,70
2,19
1,19
1,00
1,66
0,11
-0,34
0,69
0,44
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1,79
1,31
1,76
2,17
1,53
0,18
0,87
1,25
0,41
0,61
1,46
2,30
1,40
-0,61
0,81
2,20
0,50
0,51
0,52
2,11
0,88
3,26
0,29
-0,23
0,98
1,16
2,29
0,82
0,26
0,43
2,46
2,24
1,63
0,45
0,95
0,25
0,23
0,76
0,79
1,75
1,36
-0,75
0,27
1,11
-0,37
1,50
1,49
-0,38
0,40
-1,51
0,88
3,44
1,89
1,71
-1,27
1,78
-0,03
0,74
Fortsetzung...
214
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
liebkosen89
loben
Lohn erhöhen89
lustig machen über
manipulierenP
massieren
medizinisch behandeln89
meiden89
Meinung sagen
missbrauchen
missfallen89
misshandeln
mit
Vorwürfen
89
überhäufen
Mittag essen mit
mögen
nach Meinung fragen
nacheifern89
nachgeben89
nachmachen
nachspähen
nähern
neben setzen89
necken
nehmen
nerven89
nicht übereinstimmen
ohrfeigen
packen
parodieren89
piesacken89
Pläne vereiteln89
plaudern
preisen89
provozieren
quälen
3,24
3,25
2,10
-1,66
-1,85
2,72
0,74
-1,32
0,27
-3,99
-2,20
-4,21
-2,28
-1,07
1,87
0,64
0,47
0,12
1,49
0,88
-0,30
2,21
0,18
-0,14
0,22
0,47
-1,56
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-0,32
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2,73
1,76
1,54
-0,70
1,00
0,76
2,53
0,60
Fortsetzung...
215
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
rächen
rebellieren gegen89
Rechnung ausstellen
reden
rehabilitieren89
reinlegen
reizen89
respektieren
retten
ringen
Rücken stärken89
rufen89
rühmen89
sagen
sarkastisch sein
schachern mit
schaden89
schädigenP
schänden89
scharf sein auf
schätzen
scheiden lassen von89
schelten89
schenken
scherzen mit
schikanieren
schimpfen
schinden89
schlafen mit
schlagen
schmeicheln
schmiegen89
schocken89
schöne Augen machenP
schräg anschauen
schubsen
-2,05
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0,28
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-1,94
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-0,74
-2,38
1,73
0,22
-0,43
2,54
Fortsetzung...
216
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
schwärmen für
schwatzen
segnen89
Sex haben mit
sexuell anmachen
sexuell belästigen89
sich erinnern an89
sich schmücken fürP
singen mit
spielen mit
sprechen mit
Ständchen bringen89
stehlen
stören89
stossen89
Strafpredigt halten
streicheln89
streiten mit
stubsen89
suchen
sympathisieren
tadeln89
tanzen
taufen
tauschen
täuschenP
teilen
terrorisieren89
testen89
tolerierenP
töten
tragen
trainieren89
tratschen
treffenP
treten89
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-2,07
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1,75
0,31
1,72
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0,75
2,06
Fortsetzung...
217
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
trinken auf
trinken mit
Trinkgeld geben89
trösten
trotzen89
überbewerten89
übereinstimmen
überraschen
überreden
überreichen
übersehen
übertreffen89
überwachen
überwältigen
überzeugen
umarmen
umgarnen
umwerbenP
unterbrechen
unterdrückenP
unterhalten89
unterrichten
unterstützen
untersuchen
verabscheuenP
verabschieden von
verachtenP
verächtlich abtun
Verantwortung übergeben89
verärgern89
verarschenP
verbeugen
verblüffen89
verdächtigenP
verdammen89
verdreschen89
1,80
1,39
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2,82
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-1,10
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1,90
2,71
Fortsetzung...
218
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
verehren89
verfluchen89
verfolgen
verführen89
vergeben
vergessen
vergewaltigen
vergöttern
verhaften89
verhandeln
verhätscheln89
verhauen
verherrlichen
verhöhnen89
verhören89
verkaufen
verklagen
verlangen
verlassen
verlassen auf
verlegen machen89
verletzen89
verleumden
verlieren gegen
vermissen
vernachlässigen
verneigen
verpfeifenP
verpflichten
verprügeln
verschwören
versetzenP
versöhnlich stimmen
versorgenP
verspotten
versprechen
1,06
-2,01
-1,94
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-0,46
-2,29
-1,73
-1,53
0,98
0,50
3,04
-0,79
0,64
-1,37
-0,28
2,04
-0,09
Fortsetzung...
219
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
verstecken vor
verteidigen89
verunglimpfen
verurteilen
verwehren
verweigern89
verwirren
verwöhnen89
verwundern89
verzärteln89
volljammern
vollschwatzen
vorbeigehen an89
Vorhaltungen machen
vorschlagen
vorziehenP
wählen
warnen89
warten
waschen
wecken
wegschauen von
wehtun
weinen
werbenP
widersprechen
wie Säugling behandeln89
wollen
wurmen89
wütend machen89
zanken
zärtlich spielen mit89
zeigen
zornig anstarren
zu etwas anstacheln89
zu Geldstrafe verurteilen89
-1,41
1,88
-2,83
-2,42
-1,38
-0,39
-1,19
1,82
1,13
0,25
-2,44
-2,78
-0,40
-2,19
1,72
-0,79
1,39
1,56
-0,87
0,65
-0,22
-1,52
-3,20
-0,87
0,77
0,17
-1,78
1,87
-1,24
-2,00
-2,32
3,32
1,90
-2,30
-1,49
-1,45
-1,78
2,25
-3,20
-2,11
-1,38
-0,69
-0,92
2,04
1,12
0,28
-2,54
-2,02
-1,14
-2,21
1,83
-1,38
1,88
1,13
-1,14
0,71
-0,37
-1,43
-3,66
-0,89
1,04
0,21
-2,77
1,78
-1,68
-1,70
-2,49
3,27
1,92
-2,48
-1,58
-1,71
-2,22
0,96
0,36
1,14
1,31
0,69
0,13
-0,83
0,62
-0,80
-1,26
0,61
0,00
1,46
1,28
0,19
0,85
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0,21
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1,37
0,30
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1,59
-0,86
1,48
-0,18
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0,59
-1,95
0,63
1,84
0,70
0,55
-1,72
0,97
0,97
0,88
-0,02
0,50
1,21
-0,95
0,45
-0,94
0,19
2,50
-0,08
1,83
0,58
0,72
0,20
1,21
-1,77
-0,96
0,40
-1,35
1,37
-1,05
0,73
1,55
-0,25
1,58
0,55
1,33
2,62
-1,82
-0,05
1,00
1,37
0,44
-1,68
1,44
0,26
0,92
1,65
1,44
0,60
-0,25
0,42
-0,80
-1,14
1,29
-0,13
0,97
1,08
-0,71
1,41
0,56
-0,58
0,35
0,25
-1,19
0,69
-0,55
0,57
2,35
-1,11
1,80
0,03
1,28
1,93
-0,90
1,02
2,03
0,70
0,60
-1,41
1,28
0,83
0,84
0,37
0,59
1,08
-0,86
0,54
-1,06
0,97
2,64
-0,47
2,02
0,67
-0,27
-0,37
0,14
-1,82
-0,26
0,55
-0,69
1,45
-0,89
0,11
2,08
-0,61
1,28
0,42
1,69
2,81
-1,12
0,24
0,74
1,61
-0,64
Fortsetzung...
220
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
zu jemandem gesellen
zublinzeln
zuflüstern
zuhören
zujubeln89
zum Narren halten
zum Schweigen bringen89
zur Eile antreibenP
zurechtweisen
zurückhalten89
zusammenarbeiten mit
zusehen89
zusingen89
zuwenden
zuwinken
zwingen
2,36
1,81
0,58
2,54
1,12
-1,12
-1,79
-1,36
-1,52
0,19
2,07
0,77
0,72
2,52
2,40
-3,06
-0,53
0,84
-1,65
-2,37
2,67
1,13
1,07
2,45
1,65
0,78
0,41
-1,39
0,42
-0,93
1,20
1,99
2,07
2,50
0,55
3,16
1,37
-1,91
-2,31
-1,23
-1,64
-0,08
2,58
1,40
1,56
3,02
2,61
-3,33
0,76
-0,75
-1,49
-0,63
1,50
0,44
1,28
0,52
1,98
1,35
1,88
-0,17
0,28
0,87
0,10
2,18
0,39
-0,08
-0,88
-2,79
2,77
1,26
1,16
2,67
2,05
0,64
1,56
-1,39
1,41
-0,38
1,78
1,87
2,66
2,11
2,68
2,83
-2,38
1,70
1,45
0,14
-2,06
0,98
2,29
-1,34
-0,82
-3,01
-1,65
0,75
2,40
2,69
-2,29
-2,80
2,81
-0,22
-0,66
2,91
-3,43
-0,93
-3,39
-0,77
-1,93
2,35
-1,94
-2,21
-3,09
-1,62
2,76
0,22
2,33
2,55
-1,53
1,24
0,81
1,44
-2,16
1,21
1,91
-3,00
0,01
-1,81
-1,48
1,10
2,16
3,22
1,57
3,16
3,42
-2,44
1,92
1,89
1,50
-2,19
0,69
2,89
-1,78
-1,23
-3,38
-1,74
1,17
3,20
0,68
-0,42
-2,26
0,47
1,04
0,13
1,44
1,45
1,48
1,10
1,30
-0,31
-0,18
0,78
0,31
1,62
(3) Modifizierende Adjektive, N = 338
abenteuerlustig
affektiert
aggressiv
aktiv
alt
amerikanisch
amüsiert
angeekelt
angepasst
angewidert
angriffslustig
ängstlich
anständig
apathisch
arm
arrogant
aufgebracht
2,41
-2,33
-2,51
2,53
-0,22
0,16
2,71
-3,08
-1,28
-2,89
-0,90
-2,11
2,29
-2,33
-2,82
-2,28
-1,70
2,43
-0,47
1,98
1,98
-1,07
1,60
0,64
0,80
-2,05
1,03
1,49
-2,06
0,65
-1,45
-2,22
0,81
1,59
Fortsetzung...
221
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
aufgeregt
aufgeschlossen
aufmerksam
ausgeglichen
autoritär
bange
beeinflussbar
befriedigt
begeistert
beharrlich
beliebt
belustigt
berührt
beschämt
bescheiden
besorgt
bestimmt
bestürzt
beunruhigt
bewegt
böse
boshaft
charmant
couragiert
dankbar
demokratisch
demütig
deprimiert
direkt
distanziert
dogmatisch
dominant
dreckig
dreist
dumm
durchsetzungsfähig
0,04
2,84
2,99
3,51
-2,02
-1,91
-1,34
3,12
3,46
0,98
2,80
2,16
1,38
-2,28
2,03
-0,80
1,33
-1,50
-1,72
1,24
-2,95
-2,93
2,84
2,71
2,97
2,68
-0,60
-2,72
1,17
-0,40
-2,14
-0,71
-1,16
-2,31
-2,44
1,30
0,57
2,97
2,88
3,29
-1,77
-2,02
-2,01
3,17
3,30
0,80
3,03
2,27
1,81
-2,18
1,92
-0,54
0,80
-2,20
-1,65
2,07
-2,72
-3,46
2,80
2,53
2,71
2,86
-0,82
-2,74
0,80
-1,14
-1,64
-0,67
-1,84
-2,07
-2,38
2,00
0,44
1,42
1,29
2,30
1,65
-1,63
-1,74
0,38
2,59
1,47
1,62
0,80
0,09
-2,14
0,22
-0,36
2,29
0,57
-1,09
0,82
1,73
0,14
0,83
2,64
1,30
1,76
-1,59
-0,62
2,33
-0,06
0,68
2,28
0,28
1,19
-0,87
2,29
2,89
1,26
-0,85
-2,67
1,04
-1,44
-1,10
-1,64
2,87
-0,57
0,84
2,55
-1,40
-1,93
-2,23
-0,57
0,10
0,74
-0,25
0,47
1,16
0,64
-0,41
1,16
-1,10
-0,29
-2,02
-2,94
1,73
-1,67
-0,78
1,60
0,28
2,61
-1,46
1,48
0,84
1,70
1,29
1,16
2,66
-2,20
-2,13
1,14
2,66
1,64
2,04
1,28
-0,24
-1,97
-1,28
0,31
2,24
0,42
-0,55
0,90
1,44
1,03
0,26
2,49
0,66
1,82
-1,66
-1,28
2,48
-0,12
0,86
2,83
0,21
1,89
-1,22
2,91
2,74
1,50
-0,02
-2,01
1,99
-1,65
-1,03
-1,81
3,17
-0,63
1,52
2,03
-0,85
-2,03
-2,41
-0,88
0,73
0,21
0,40
1,39
1,35
0,77
0,18
1,88
-0,81
0,51
-1,77
-3,08
2,24
-1,65
-0,23
2,10
0,03
2,35
-1,45
1,97
Fortsetzung...
222
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
durchtrieben
effektiv
egoistisch
ehrfürchtig
ehrgeizig
ehrlich
eifersüchtig
eifrig
eigenbrötlerisch
einfach gestrickt
einfallslos
einfallsreich
einfühlsam
eingebildet
einsam
einsiedlerisch
eitel
ekstatisch89
emotional
empfindlich
empört
energisch
enthusiastisch
entschieden
entsetzt
entspannt
enttäuscht
entzückt
erfinderisch
erfreut
erleichtert
ernsthaft
erregbar
erregt
erschreckt
erschüttert
-2,50
2,79
-2,66
0,94
0,89
3,11
-2,29
1,30
-1,24
-1,33
-2,34
2,71
2,60
-2,83
-2,15
-0,07
-1,27
1,95
1,06
-1,01
-1,52
1,09
2,53
2,14
-1,87
3,32
-2,89
2,72
3,07
3,14
3,20
1,63
-0,64
0,33
-1,82
-2,12
-2,46
2,37
-2,71
0,69
1,03
3,03
-2,73
1,63
-0,89
-0,91
-2,06
3,19
3,15
-2,88
-2,41
0,14
-1,38
2,26
1,49
-0,74
-1,02
0,99
2,95
2,12
-2,62
3,93
-2,25
3,01
2,82
3,19
3,15
1,10
-0,23
1,54
-2,20
-2,03
0,06
2,29
-0,06
0,12
1,58
1,89
-1,39
1,34
-0,72
-1,42
-1,75
1,15
0,82
0,37
-2,01
0,26
-0,72
1,55
0,43
-1,97
0,85
2,12
2,08
2,24
0,94
0,78
-0,52
-0,05
1,66
1,43
0,64
1,33
0,48
1,69
-0,22
1,00
0,72
1,22
0,79
-2,05
2,00
-1,03
0,90
1,71
-1,66
-1,20
-2,82
1,54
-1,72
0,71
-2,54
-2,87
0,56
2,64
1,95
-0,89
2,54
2,22
2,71
1,03
1,08
-2,58
-1,87
1,70
0,97
1,58
0,16
-1,53
1,58
2,78
1,56
-0,76
1,21
2,03
1,64
-0,56
2,01
1,93
0,40
1,23
-0,68
-0,92
-1,44
1,61
0,27
-0,04
-1,70
0,02
0,06
2,16
1,28
-2,40
2,02
2,80
2,46
2,78
1,04
-0,08
-1,29
0,26
1,31
1,79
0,76
1,69
1,05
1,67
-0,92
0,54
1,17
1,98
0,98
-1,98
2,01
0,08
1,40
2,56
-1,98
-1,47
-2,44
2,25
-2,19
0,25
-3,01
-2,28
0,51
2,36
2,08
-1,22
2,49
2,90
2,59
0,33
1,51
-2,66
-2,08
1,36
1,20
1,40
-0,19
-1,66
2,47
2,00
2,12
-0,76
Fortsetzung...
223
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
euphorisch
fantasielos
fantasievoll
faul
feige
feindselig
feinfühlig
feminin
fleissig
folgsam
französisch
frech
frei
freudlos
freundlich
friedlich
froh
fröhlich
frustriert
furchtsam
fürsorglich
gebieterisch
gebrochenes Herz habend89
gedankenlos
geduldig
gefühlskalt
gehässig
gehemmt
gehorsam
geil
geistreich
geizig
gekränkt
gelassen
gemästet89
genau
1,99
-2,04
3,36
-1,58
-2,49
-3,33
2,93
1,76
2,13
-1,12
1,25
-0,92
3,33
-3,16
3,12
3,60
3,40
3,53
-2,81
-1,27
3,22
-1,83
-2,99
-1,35
2,65
-2,58
-2,95
-2,37
-0,36
1,30
3,42
-2,95
-2,43
2,88
-1,93
1,12
2,48
-2,49
3,17
-1,73
-2,32
-3,58
3,04
2,22
2,32
-0,60
1,31
-0,22
3,71
-3,67
3,40
3,23
3,53
3,61
-3,36
-1,85
2,93
-2,65
-2,60
-1,17
2,09
-3,44
-3,37
-1,66
-0,45
0,70
3,32
-2,76
-2,55
2,96
-2,90
1,18
1,95
-1,06
1,04
-1,00
-2,43
1,29
-0,73
-1,58
1,75
-1,71
-0,63
0,56
2,59
-1,87
2,18
0,67
1,59
1,27
-0,77
-2,20
0,62
2,67
-1,01
-1,34
0,66
0,03
0,82
-2,52
-1,73
1,68
1,36
-1,03
-1,51
1,89
1,59
0,23
2,96
-2,06
0,73
-2,88
-1,51
0,62
-1,62
0,03
1,63
-1,67
1,06
2,19
0,75
-2,82
0,02
-2,26
0,94
2,18
-0,45
-0,67
-1,38
1,13
-0,84
-1,29
-2,41
-1,39
1,50
-2,89
-1,40
1,98
1,02
-0,87
-1,33
-2,36
-1,00
-1,34
2,25
-1,34
1,11
-0,88
-2,92
1,27
-0,14
-1,09
1,17
-2,17
-0,54
0,25
2,92
-2,12
0,99
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0,61
1,27
0,14
-1,91
0,81
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-0,70
-0,99
0,40
-0,02
0,40
-2,15
-1,70
1,92
1,76
-0,17
-1,47
1,10
1,90
0,53
3,10
-2,51
1,53
-3,11
-2,37
1,22
-1,53
0,26
1,25
-2,27
0,81
2,33
1,39
-3,52
0,35
-1,94
0,57
2,30
-0,66
-0,66
-0,86
1,83
-0,61
-1,00
-2,25
-1,78
1,17
-2,48
-1,80
2,52
0,60
-0,28
-0,71
-2,43
-1,28
-1,41
Fortsetzung...
224
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
gequält
gereizt
gerührt
gescheit
gesellig
gespannt
gesprächig
gewalttätig
gewissenhaft
gewöhnlich
gierig
gleichgültig
glücklich
grantig
grausam
griesgrämig
gross
grosszügig
gutmütig
harmoniebedacht
hartherzig
Heimweh habend89
heiter
herrisch
herzlich
hilfsbereit
hitzköpfig
hochnäsig
hoffnungsvoll
höflich
hohlköpfig
idealistisch
intellektuell
intelligent
interessiert
intolerant
-3,48
-2,48
1,67
2,46
2,47
1,52
1,16
-3,85
2,62
-0,67
-2,62
-1,94
3,56
-2,17
-3,50
-2,40
1,82
2,85
2,69
1,16
-2,59
-1,57
3,31
-3,01
3,19
3,18
-2,09
-3,06
2,85
2,84
-2,73
1,95
2,07
2,92
2,71
-3,04
-3,37
-2,32
2,24
3,23
2,78
2,10
1,55
-3,60
2,56
-1,11
-2,90
-2,00
3,98
-2,26
-4,04
-2,98
1,38
2,90
2,71
2,34
-3,44
-2,37
3,48
-2,99
3,38
3,36
-1,52
-3,27
2,84
2,78
-2,79
1,95
2,22
3,35
3,27
-3,48
-1,48
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-0,27
0,70
1,82
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0,95
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1,42
-0,99
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3,03
2,01
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-0,93
0,52
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1,08
-0,30
0,66
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2,77
1,50
2,21
1,32
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-0,94
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-0,97
0,41
1,37
1,07
2,04
2,71
-1,98
-1,09
2,23
-2,76
0,43
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0,70
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-1,75
0,02
-0,67
2,08
2,26
0,81
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0,42
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-0,74
1,30
0,44
0,36
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0,67
-1,53
0,41
-0,98
1,62
1,50
0,98
1,17
2,64
2,01
-0,98
1,32
-1,64
1,92
1,40
2,25
0,36
2,52
2,04
0,66
-0,82
1,72
0,11
1,14
2,30
1,91
1,76
1,24
-0,11
1,86
0,18
-1,04
1,81
1,38
2,83
1,73
0,33
-1,62
2,28
-1,43
0,79
2,44
1,41
2,55
2,87
-0,95
-1,46
2,12
-2,57
0,74
1,03
1,14
-1,29
0,16
0,31
-1,44
-1,67
0,19
-0,19
2,07
2,93
0,86
0,26
2,72
1,23
0,29
-1,29
-1,14
1,63
0,14
1,06
1,72
0,14
Fortsetzung...
225
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
intrigant
introvertiert
jämmerlich
jung
kalt
kindisch
klug
kommunikativ
kompetent
konfliktscheu
konkurrierend
kontaktfreudig
kooperativ
kühn
kultiviert
künstlerisch
launisch
leer89
leichtgläubig
leichtsinnig
leidenschaftlich
lenkbar
liebevoll
loyal
männlich
maskulin
melancholisch
missmutig
misstrauisch
mitfühlend
mittleren Alters
mutig
mutlos
nachgiebig
nachlässig
nachsichtig
-3,35
-0,26
-2,68
2,44
-2,02
0,16
2,72
2,55
3,01
-1,64
-0,85
2,19
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1,88
2,53
2,29
-2,17
-2,72
-1,40
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3,30
2,71
0,94
1,06
-0,54
-2,13
-1,45
2,60
1,37
2,52
-2,14
0,49
-1,37
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0,39
2,92
2,62
3,05
-2,15
-1,27
3,05
2,16
1,34
2,58
2,87
-2,92
-2,94
-1,18
-0,93
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0,82
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3,03
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2,82
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0,43
-1,64
2,15
0,16
-1,22
-3,03
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0,23
-1,60
1,56
1,18
2,55
-1,09
1,50
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0,65
0,98
2,68
-1,89
-0,68
-2,47
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-1,46
2,54
-1,65
2,74
-0,41
2,18
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-1,30
2,02
2,20
-0,39
1,64
-1,42
0,36
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-1,91
-0,70
1,88
1,94
-1,89
-1,79
-0,74
1,15
2,08
-2,78
-1,34
-0,88
-1,70
-0,52
1,49
-2,14
-1,84
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2,40
-1,49
1,48
1,85
1,38
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0,90
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0,53
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-2,95
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2,23
-0,17
2,69
0,57
-0,78
1,89
2,60
0,55
1,70
-1,09
0,85
1,55
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-0,76
2,10
2,82
-1,49
-1,88
-0,78
0,99
1,33
-2,68
-1,04
-0,87
-2,15
-0,33
2,39
-3,14
-1,87
-2,22
-1,56
Fortsetzung...
226
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
nachtragend
naiv
neidisch
nervös
nett
niedergeschlagen
nostalgisch
offen
offensiv
optimistisch
organisiert
originell
paranoid
pessimistisch
pfiffig
populär
praktisch
provokativ
rachsüchtig
rebellisch
rechthaberisch
reich
reif
reizbar
reserviert
reumütig
rücksichtslos
rücksichtsvoll
ruhig
russisch
sadistisch
sarkastisch
sauer
schadenfoh
scharfsinnig
scheu
-2,66
-0,36
-2,67
-1,88
2,54
-2,84
0,79
2,65
0,39
2,94
2,31
2,61
-2,22
-2,31
2,05
1,07
2,39
-0,02
-3,38
-0,10
-2,70
1,75
2,43
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2,42
-0,36
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-1,90
3,02
-2,89
1,52
3,05
0,69
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2,87
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-2,52
2,42
1,14
2,51
-0,92
-3,47
0,11
-2,86
1,67
2,25
-2,61
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3,29
2,13
-0,22
-3,75
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-2,33
-2,16
2,04
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1,19
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2,17
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1,67
-2,74
-0,99
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0,24
2,10
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2,31
2,26
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2,27
1,74
2,79
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0,38
-0,85
2,26
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-1,56
-3,10
0,77
1,29
1,34
1,99
1,32
1,53
-1,51
Fortsetzung...
227
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
schüchtern
schuldig
schweigsam
schwermütig
selbstbewusst
selbstgefällig
selbstsicher
selbstunsicher
sentimental
skrupellos
sorgenvoll
sorgfältig
sorglos
sozial
spiessig
spöttisch
sprunghaft
stabil
stark
starrköpfig
steif
still
stolz
störrisch
streitsüchtig
streng
taktvoll
tapfer
temperamentvoll
tief traurig
todunglücklich
tolerant
traurig
trotzig
trübsinnig
türkischP
0,00
-3,13
0,27
-1,81
2,38
-2,44
2,64
-1,69
0,74
-3,43
-1,35
2,53
1,68
2,60
-3,00
-2,22
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2,66
2,42
-1,96
-1,84
1,62
1,83
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-2,44
-1,57
2,75
2,74
1,45
-1,97
-3,31
2,69
-1,37
-2,04
-1,72
0,02
-0,25
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1,10
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1,79
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-0,59
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-1,53
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-3,39
-2,36
-0,42
-2,53
0,91
-2,85
1,18
Fortsetzung...
228
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
tugendhaft
überglücklich
überrascht
überwältigt
überzeugend
unabhängig
unauffällig
unaufrichtig
unbarmherzig
unbefriedigt
unbehaglich
unbekümmert
unbeliebt
undankbar
unfair
unfreundlich
ungebildet
ungeduldig
ungehobelt
ungenau
ungesellig
unglücklich
unmoralisch
unordentlich
unreif
unsicher
unsozial
unternehmungslustig
unterwürfig
unzufrieden
unzuverlässig
verachtungsvoll
verantwortlich
verärgert
verbittert
verblendet
2,62
2,97
1,41
1,14
2,16
3,20
0,25
-3,35
-3,27
-2,72
-2,17
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-3,11
-3,17
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-2,48
-2,04
-2,13
-2,47
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-1,01
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-1,32
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2,75
-2,12
-2,47
-2,85
-2,50
2,48
-2,92
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1,70
3,60
1,70
2,29
2,09
2,98
-0,42
-3,26
-3,44
-2,76
-2,54
2,72
-3,38
-3,22
-3,48
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-1,58
-2,69
-1,91
-1,75
-2,74
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2,81
-2,86
-3,16
-3,62
-2,92
1,71
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-3,50
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-0,36
0,29
0,35
-1,17
-0,16
1,42
-0,86
-0,53
-1,33
0,62
-0,91
-1,40
-1,71
0,42
1,85
-2,40
-0,08
-0,39
-0,68
2,71
1,17
-0,86
-0,86
-0,47
1,74
1,89
-0,75
0,48
0,55
-2,13
-1,12
0,23
-0,93
-0,95
0,95
-1,05
-0,56
0,75
1,24
-1,71
2,05
1,87
1,16
-1,50
-2,09
0,16
-0,18
1,27
-1,28
0,70
2,75
-1,55
-0,29
0,00
-0,43
-0,09
1,90
-1,86
0,04
0,30
3,01
0,86
1,73
2,53
2,80
-2,41
-1,21
1,45
0,26
0,07
-0,06
-0,23
-0,61
-0,35
0,96
-1,13
0,48
1,58
-0,63
-0,69
-1,07
0,07
-0,06
-1,34
-2,60
-0,41
2,39
-3,13
-0,03
-1,06
0,48
2,50
1,51
0,22
-1,28
-1,06
2,58
2,27
0,98
0,23
1,49
-2,78
-0,29
0,75
-0,37
-1,21
1,15
-1,22
-0,36
0,63
1,07
-0,93
2,35
1,73
0,79
-1,35
-1,96
0,43
0,96
0,60
-1,62
-0,20
3,15
-2,16
0,05
-0,32
0,23
0,19
1,70
-1,40
-0,61
Fortsetzung...
229
...Fortsetzung
Wort
männliche Vpn
E
P
A
weibliche Vpn
E
P
A
vergesslich
verlässlich
verlegen
verletzend
verletzt
verliebt
verschlossen
verständnisvoll
vertrauensvoll
verwirrt
voreingenommen
vorsichtig
warmherzig
wehleidig
weiblich
weichherzig
weise
wichtigtuerisch
wild
wissbegierig
wohlwollend
wütend
zerknirscht
zickig
zögerlich
zornig
zufrieden
zurückgezogen
zurückhaltend
zuverlässig
zwanghaft
zynisch
-1,41
3,23
-1,73
-3,22
-3,07
3,50
-1,73
3,49
2,98
-1,72
-2,40
1,03
3,52
-2,15
2,55
0,66
3,54
-3,07
0,67
2,63
2,86
-2,61
-1,97
-3,16
-0,96
-2,23
3,35
-0,42
1,18
3,22
-2,82
-1,40
-1,58
3,67
-0,65
-3,33
-2,84
3,86
-1,05
3,07
2,72
-1,40
-2,81
0,55
3,61
-2,04
2,96
2,00
3,31
-3,46
1,23
2,75
2,78
-1,81
-2,09
-2,58
-0,68
-2,27
3,70
0,30
0,71
3,51
-2,85
-1,17
-1,25
2,09
-1,61
1,32
-1,65
1,44
-0,67
1,10
1,96
-0,75
0,13
-0,76
2,18
-2,04
-0,70
-1,70
2,26
0,26
1,86
1,89
1,04
1,90
-1,43
-0,01
-1,80
1,55
2,42
-1,58
-0,84
2,35
-0,81
0,75
89
-1,41
-1,24
-1,54
1,04
-1,03
1,30
-2,30
-1,83
-1,06
0,32
-0,64
-1,87
-0,84
-0,60
0,84
-1,19
-2,58
0,90
3,25
1,78
-0,91
2,78
-1,81
2,20
-2,34
2,19
-1,18
-3,16
-1,83
-0,91
-0,60
0,58
-1,38
2,06
-2,15
1,12
-0,78
1,27
-1,88
1,09
1,08
-1,38
-0,32
-1,51
1,52
-2,82
0,66
-0,60
2,43
1,15
2,84
1,92
1,19
2,42
-0,85
-0,03
-1,98
2,54
1,29
-1,70
-1,31
1,78
-0,81
0,69
-1,35
-1,17
-2,17
1,43
-0,79
1,23
-2,87
-1,78
-1,41
0,42
0,34
-1,79
-1,19
-1,65
0,71
-2,13
-2,14
2,48
3,39
1,62
-1,23
3,19
-1,39
2,03
-1,96
2,65
-2,01
-2,71
-2,31
-0,76
0,36
0,44
EPA-Profil aus Schneider (1989b), Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von A. Schneider; P EPA-Profil aus Pilotstudie
E=Evaluation, P=Potency, A=Activity
230
Anhang E
Interviewleitfaden
„Erfahrungen mit
Führungssituationen“ für die
Selbstmodellmanipulation
1. Jetzt folgt ein kurzes Interview, in dem es um Ihre eigene Führungserfahrung geht, bzw. um Ihre Erfahrung in Situationen, die für Führung relevant
sind. Ich würde das Interview gerne aufzeichnen, damit ich nicht so viel mitschreiben muss. Ist das in Ordnung?
Wenn o.k., Recorder starten.
2. Fangen wir gleich an. Und zwar würde ich zunächst gerne wissen, ob Sie
beruflich Führungsverantwortung haben oder vielleicht früher einmal hatten, ob Ihnen also formal Mitarbeiter unterstellt sind oder waren?
Falls ja => 3, falls nein => 4
3. Können Sie das bitte etwas genauer erläutern? Welche Funktion haben
(oder hatten) Sie, seit wann (wie lange) wie viele Mitarbeiter sind (waren)
Ihnen unterstellt?
Eine Antwort abwarten, dafür sorgen, dass sie nicht zu ausschweifend wird.
4. Vielleicht haben (oder hatten) Sie neben (oder statt) der formalen beruflichen Führungsverantwortung ja (noch) ähnliche Erfahrungen aus anderen
Zusammen-hängen, zum Beispiel dem Sport, der Freizeit, dem Privatleben.
Trifft irgend etwas derartiges auf Sie zu? (Falls nichts kommt: Viele Leute sind
ja zum Beispiel ehrenamtlich tätig, sind Mitglied in einem Vereinsvorstand,
Trainer einer Fußballmannschaft, oder sie waren einmal Klassensprecher, das
sind alles Beispiele.)
Falls ja => 5, falls nein => 6
231
5. Können Sie das bitte etwas genauer erläutern? Welche Funktion haben
(oder hatten) Sie, seit wann (wie lange), mit wie vielen Leuten arbeiten Sie
da zusammen?
Eine Antwort abwarten, dafür sorgen, dass sie nicht zu ausschweifend wird. => 7
6. Sie haben also keine formale Führungserfahrung. Gleich werde ich Sie noch
nach konkreten Führungssituationen befragen. Lassen Sie sich dann einfach
eine kleine Alltagssituation einfallen, in der Sie etwas koordinieren mussten,
zum Beispiel in einer Lerngruppe in Schule oder Studium, oder wo Sie jemanden dazu gebracht haben, sich so zu verhalten, wie Sie selber das wollten.
=> 7
7. Die Simulation, die sie gerade kennen gelernt haben und jetzt gleich sozusagen unter Testbedingungen machen werden, ist eine virtuelle Führungsaufgabe. Dabei kommt es auf Ihre Fähigkeit an, die Zusammenarbeit Ihrer
Mitarbeiter gut zu koordinieren. Die Magic Monster GmbHïst zusammen
mit langjährig erfahrenen Managern entwickelt worden mit dem Ziel, die
Anforderungen an Führungskräfte möglichst echt nachzubilden. Phasenweise
werden Sie ganz schön in Zeitdruck kommen. Es kommt also wirklich auf
effiziente Führung an.
Wie sind Ihre Erfahrungen da konkret? - Können Sie mir mal ein Beispiel
geben von einer ganz konkreten Situation, in der Sie
Demokratisch
... andere Gruppenmitglieder
(oder auch eine einzelne Person)
mit zunächst unterschiedlichen
Vorstellungen und Interessen von
einer bestimmten Vorgehensweise
überzeugt haben? Wo Sie dafür
gesorgt haben, dass eine Entscheidung getroffen wurde, hinter
der alle stehen, und damit die
Sache vorangebracht haben?
Autoritär
...sich in einer Gruppe (oder auch
gegenüber einer einzelnen Person)
gegen die Vorstellungen und Interessen der anderen Gruppenmitglieder / Person(en) durchgesetzt haben? Wo Sie eine gute Entscheidung getroffen haben,
diese auch durchsetzen konnten,
vielleicht auch gegen Widerstand,
und damit die Sache vorangebracht haben?
Checkliste:
- Wurde eine konkrete Situation beschrieben?
- Wer war alles daran beteiligt?
- Worum ging es?
- Worin bestanden die Interessens- oder Meinungsunterschiede?
232
- Wie sind Sie vorgegangen, um
den/die anderen zu überzeugen?
- Wie sind Sie vorgegangen,
um sich gegen den/die anderen
durchzusetzen?
Wenn
eher
"durchsetzen"beschrieben wird:
Jetzt beschreiben Sie eine Situation, wo Sie sich eher mit Macht gegen den/die anderen durchgesetzt
haben. Können Sie mir auch eine Situation beschreiben, wo Sie
eher jemanden überzeugt haben,
so dass er/sie nachher wirklich
selber hinter der erreichten Lösung stand?
Wenn
eher
"überzeugen"beschrieben wird:
Jetzt beschreiben Sie eine Situation, wo Sie den/die anderen eher
überzeugt haben. Können Sie mir
auch beschreiben, wie Sie sich mal
eher mit Macht gegen jemanden
durchgesetzt haben? Man kann ja
leider nicht in allen Situationen
immer alle Interessen und Befindlichkeiten berücksichtigen.
Wenn VP keine Situation einfällt:
Überlegen Sie noch mal. Es muss ja gar nichts so Spektakuläres sein. Irgendeine kleine Situation im Alltag, wo Sie mal die Führung übernommen haben
- in der Familie, mit Freunden, unter Kollegen...
Wenn VP immer noch nichts einfällt:
Ein ganz kleines Beispiel reicht völlig. Welchen Film sehen wir im Kino, oder
wer macht jetzt nach dem Essen den Abwasch...
8. Ich möchte Sie bitten, sich noch mal genau in diese Situation hineinzuversetzen, die Sie mir gerade beschrieben haben. Wenn Sie mal auf Ihre
Emotionen achten, wie Sie sich da gefühlt haben, wie würden Sie das beschreiben?
Darauf achten, dass die Gefühlslage während der Einwirkung
beschrieben wird, und nicht etwa die Empfindungen danach.
9. Ich habe hier einen Bogen, auf dem verschiedene Wörter stehen, die Emotionen bezeichnen. Bitte unterstreichen Sie darauf alle passenden Emotionen,
die Sie in der Situation empfunden haben.
Den Bogen mit VP-Code versehen. Dank. Bogen für Simulation
austeilen. Simulation starten. Auf das Band mit dem Interview
noch den VP-Code aufsprechen.
233
Danksagung
Ich empfinde große Dankbarkeit gegenüber den Vielen, ohne deren Hilfe und
Unterstützung diese Dissertation nicht hätte entstehen können. Ich habe die
intellektuelle Herausforderung dieser Aufgabe als großartige Bereicherung erlebt und danke nicht nur, aber insbesondere den folgenden Personen und
Institutionen, dass sie mir diese Arbeit so, wie sie geworden ist, ermöglicht
haben (in alphabetischer Reihenfolge):
Alard Mieg, Andreas Schneider, Annemarie Mehle, Antonia Pallauf, Benjamin Schröder, Bertolt Meyer, Carolin Heinze, Carsten Schermuly, Daria
Bernert, Darja Samdan, Edgar Heineken, Gisela Steins, Heike Ollesch, Herman W. Smith (†), Holger Ortel, Jan Hülsenbeck, Jens Nachtwei, Katarina
Ebert, dem Kolloquium Organisations- und Sozialpsychologie der HU, Lena Lange, Marco Peucker, Martina Zellin, Michaela Turß, Philip J. Kuntz,
Stefan Hacke, Ulrich Klocke, dem Verein deutsche Sprache Berlin-Potsdam
e.V., knapp 2 500 Untersuchungsteilnehmer/inne/n und nicht zuletzt meiner
Familie.
Ich bitte jetzt schon von Herzen um Entschuldigung bei jenen, die es verdient hätten, hier namentlich zu erscheinen, die zu erwähnen mir aber durchschlüpfte. In meiner affektiven mentalen Repräsentation von ihnen ist das
Wissen um ihre Dienste ohne Zweifel enthalten.
Besonders herausheben möchte ich meinen großen Dank an Wolfgang Scholl
und David R. Heise, außerdem an die Friedrich-Ebert-Stiftung, die mit dem
mir zugedachten Promotionsstipendium dafür gesorgt hat, dass ich drei Jahre lang nicht nur denken, sondern auch essen durfte.
Tobias Schröder
234
Selbständigkeitserklärung
Hiermit erkläre ich, die vorliegende Dissertation selbständig ohne fremde Hilfe verfasst und nur die angegebene Literatur und die angegeben Hilfsmittel
verwendet zu haben.
Berlin, am 25. Februar 2009
Tobias Schröder
235