Prozessdaten(netzwerk) im Griff - Q-DAS
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Prozessdaten(netzwerk) im Griff - Q-DAS
Praxis Prozessdaten(netzwerk) im Griff ! Einführung von qs-STAT® bei der TCG Unitech AG Herbert Kerbl, TCG Unitech AG Stefan Weber, Q-DAS® GmbH Die Fertigung ist mit immer höheren Anforderungen an die Qualität der Produkte und an die Effizienz der Prozesskette konfrontiert. Um die Erfüllung der Anforderungen nachzuweisen und Entscheidungen zur Prozessverbesserung vorzubereiten, sind umfangreiche Daten entlang der Prozesskette zu erfassen und auszuwerten. Genau hier zeigen sich in der Praxis Schwachstellen, da die Voraussetzungen für eine effektive Datenverarbeitung und -analyse nicht immer geschaffen sind. Die Ausgangssituation stellt sich bei vielen Firmen wie folgt dar: der Lieferant des bestehendes Systems stellt den Support und die Weiterentwicklung ein, die eingesetzte Hardware und Betriebssysteme sind veraltet und die Kunden- bzw. Normforderungen werden nicht vollständig abgedeckt. Die Gefahr eines Systemausfalls und die damit verbundenen Auswirkungen sind weitreichend (Gewährleistungsansprüche infolge Vertragsverletzungen, Produktionsunterbrechungen, Imageverlust, u.a.m.). Es besteht also Handlungsbedarf, um die Prozess- und Produktqualität langfristig zu sichern und das geforderte Qualitätsniveau in einer intern wie extern akzeptierten Form nachzuweisen und zu dokumentieren. Anforderungen Dabei gilt es zwei Regelkreise aufrecht zu erhalten: Um Genau diese Problematik war bei der TCG Unitech AG Fehler und Trends in der laufenden Fertigung rechtzeitig Auslöser für einen Wechsel des SPC-Systems. Die TCG festzustellen und kurzfristig reagieren zu können, sind die Unitech AG mit Sitz in Kirchdorf a.d. Krems, Österreich, Daten schnell und komfortabel zu erfassen und Abweiist auf die Entwicklung und Produktion von Druckgusschungen von den Anforderungen direkt vor-Ort zu teilen aus Aluminium, Magnesium sowie Spritzguss für signalisieren. Eher mittel- und langfristig ausgerichtet ist die Telekom- und Automobilindustrie spezialisiert. Das der zweite Regelkreis, bei dem die erfassten und zentral Unternehmen gehört zu der europaweit tätigen Trident gespeicherten Daten nach unterschiedlichsten Kriterien Components Group und ist der größte Zulieferer für auszuwerten und die gewonnenen Ergebnisse Komponenten und Subsysteme aus Aluminium- und funktionsbezogen in unterschiedlichen DetaillierungsMagnesium-Druckguss in Österreich. An mehreren graden darzustellen sind. Standorten sind zur Zeit etwa 2400 Mitarbeiter beschäftigt. Mit dem Systemwechsel wurde die Chance genutzt, Projektabwicklung neben den grundlegenden SPC-Funktionalitäten eine Nach einer Bewertung verschiedener Systeme hinsichterweiterte Zielsetzung zu verfolgen und die gesamte lich der benötigten Anforderungen hat man sich für eine Prozesskette einzubeziehen. Im wesentlichen wurden Realisierung des Projekts mit Produkten der Q-DAS® folgende Anforderungen an das neue System gestellt: GmbH entschieden. Mit den Produktfamilien qs-STAT® Standard-System mit hoher Marktakzeptanz, vor und procella® bietet Q-DAS® anerkannte Softwaretools für allem im Automotivbereich die Erfassung, Visualisierung, Überwachung, Auswertung und Darstellung von fertigungsrelevanten QualitätsinforEntwicklung und Support der Applikation aus mationen. Eine hohe Flexibilität und die Unterstützung einer Hand marktgängiger Richtlinien, Standards und Normen Erfüllung der Kunden- und Normforderungen an zeichnen die Produkte aus. statistische Auswertungen Von Anfang an wurde großer Wert auf eine detaillierte (papierlose) Online-Prozessvisualisierung in der Festlegung aller Voraussetzungen für einen reibungslosen Fertigung und Montage Daten- und Informationsfluss gelegt. Versäumnisse z.B. in anwendergerechte Darstellung der Prozessder frühzeitigen Abstimmung mit Messmittelherstellern leistung (Prozesseigner, Fertigungspersonal, und Softwarelieferanten rächen sich später mit einer einPrüfpersonal, QM-Personal, Management) geschränkten Nutzungsmöglichkeit oder einem hohem Zusätzlich muss das System die Werkzeuge für eine vorAnpassungsaufwand bereits eingerichteter Komponenbeugende Prozesslenkung und kontinuierliche Verbesseten. Der Erfolg des Systemswechsels wäre damit in Frage rung der Prozessleistung bereitstellen, um so Fehlergestellt. Abbildung 1 zeigt den Projektstrukturplan mit all kosten zu senken und Wettbewerbsvorteile zu erlangen. den Projektphasen und Arbeitspaketen, die vor dem Nur so lassen sich die zum Teil hohen Aufwendungen für eigentlichen Betrieb eines Prozessdatennetzwerkes be die Messdatenerfassung (Investitionen für Messgeräte, rücksichtigt werden müssen. Nachfolgend werden einige Eignungsnachweise der Prüfprozesse, PrüfmittelüberAspekte, die den Erfolg des Projektes entscheidend wachung, Erfassungsaufwand und Datenhaltung, etc.) beeinflussen, näher beleuchtet. begründen. ● ● ● ● ● PIQ 1/2005 47 Praxis Abbildung 1: Projektstrukturplan zum Aufbau eines Prozessdatennetzwerks bei der TCG Unitech AG Einheitliches Datenformat Ein zentraler Zugriff auf alle wesentlichen Qualitätsinformationen ist für eine ganzheitliche Betrachtung von Prozessen, Produkten und Bauteilen erforderlich. Das ist jedoch nur möglich, wenn die an den verschiedensten Stellen mit unterschiedlichen Messsystemen erfassten Daten zusammengeführt werden können. Hier zeigen sich bereits die ersten Schwierigkeiten, da die Messsysteme in der Regel die Messwerte in dem vom Hersteller eigenen Datei- oder Datenbankformat ablegen. Nachgelagerte Konvertierungen scheiden als Lösung aus, da zu aufwendig und betreuungsintensiv. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lässt sich der Austausch von Qualitätsdaten für eine zentrale Datenhaltung und Auswertung nur mit einem unternehmensweit einheitlichen Datenformat realisieren. Mit dem Q-DAS® ASCII Transferformat steht hier ein standardisiertes und im Automobilbereich weit verbreitetes Format zur Verfügung. Ausreichende Datenqualität Neben dem Datenformat spielt natürlich auch die Datenqualität eine entscheidende Rolle. Der englische Statistiker Ronald A. Fisher hat diesen Aspekt treffend formuliert: „Ein Statistiker ist kein Alchemist, der aus wertlosem Material Gold machen kann. Er ist eher ein 48 PIQ 1/2005 Chemiker, der das Material analysiert. Er kann aber nicht mehr herausholen, als drin ist.“ Insbesondere messungsbezogene Zusatzinformationen, wie z.B. Angaben zur Maschine, auf der das Teil gefertigt wurde, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Charge oder zu einem Auftrag oder einfach nur Datum und Uhrzeit der Messung, bieten ein enormes Potenzial für differenzierte Analysen und Auswertungen. Erst durch solche Informationen lassen sich z.B. Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Fertigungsanlagen, Formnestern oder Zeiträumen erkennen und transparent darstellen. Die Festlegung eines „TCG-DatenfeldStandards“ bildet daher die Basis für die Anbindung der Messsysteme (Tabelle 1). Das Datenformat und die TCG-Datenfelder wurden mit den Messsystemherstellern gemeinsam im Rahmen von Workshops erläutert und die Erstellung bzw. Anpassung der Schnittstelle spezifiziert. Damit war eine grundlegende Voraussetzung für den Systemwechsel erfüllt. Einheitliche statistische Auswertungen Die Basis für vergleichbare und transparente Auswertungsergebnisse sind einheitliche Berechnungsgrundlagen sowie eine Unterstützung gültiger Normen, Standards und Richtlinien. Für die Maschinenabnahme, die Prozessquali- Tabelle 1: Festlegung des TCG-DatenfeldStandards als Basis für die Anbindung von Messsystemen und für die spätere Selektion und Auswertung der Qualitätsinformationen Praxis fikation, den Nachweis der Prüfmittel- und Prüfprozesseignung oder Zuverlässigkeitsanalysen muss der Anwender auf verbindlich festgelegte Auswertungsvorgaben zugreifen und sich auf die Ergebnisse verlassen können. Interne wie externe Diskussionen über die Auswertung und das in Frage stellen der Ergebnisse erübrigen sich damit. In qs-STAT® wurde daher ein TCG Auswertestandard festgelegt. Darüber hinaus sind die Auswertestrategien zahlreicher Automobilhersteller (Audi, BMW, DaimlerChrysler, Ford, GM, u.a.m.) in qs-STAT® integriert, so dass man als Zulieferer für seine Kunden entsprechend konforme Auswertungen ohne großen Zusatzaufwand erstellen kann. Online-Visualisierung des Prozessverhaltens Eine effektive und vorbeugende Prozesslenkung erfordert eine OnlineVisualisierung der Fertigungs- und Prüfprozesse. Die erfassten Qualitätsinformationen werden unmittelbar vor Ort am Bildschirm dargestellt und ausgewertet. Es muss ein Warnsystem festgelegt werden, das bereits während der Datenerfassung anhand statistischer Verfahren Problemfälle automatisch erkennt und in geeigneter Form meldet. Das aktuelle Prozessverhalten kann somit direkt verfolgt werden. Abweichungen von Vorgaben und Trends werden frühzeitig erkannt und erforderliche Korrekturen kön- nen zeitnah entschieden und durchgeführt werden. Die Online-Visualisierung muss dabei unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. So müssen die Prozessdaten von einer Montageanlage mit Messzyklen von ca. 30 Sekunden ebenso visualisiert und überwacht werden, wie die Daten von Prüfständen mit relativ langen Messzyklen und sehr umfangreichen Prüfplänen. Abbildung 2 zeigt die Realisierung der online-Visualisierung mit den Produkten Q-DAS® Monitoring (Montageanlagen) und MCA/CMM Reporting (3 KMG`s). Die Prozessdaten der Montageanlagen werden dabei mit dem Tool SPCprocessLink der Firma Adam Software erfasst und im Q-DAS® ASCII Transferformat bereitgestellt. Performante Datenhaltung Für die Konzeption der Datenhaltung und -verwaltung und die Aufrechterhaltung einer dauerhaft akzeptablen Systemperformance ist im Vorfeld eine Abschätzung des zu erwartenden Datenvolumens erforderlich. Anhand des Teilespektrums, der Anzahl der Prüfmerkmale und der Prüfzyklen sowie der belegten Datenfelder lässt sich der Speicherbedarf abschätzen. Auf dieser Grundlage ist das Prozessdatennetzwerk hard- und softwaretechnisch entsprechend auszulegen sowie ein Archivierungskonzept und angemessene Aufbewahrungszeiträume festzulegen. Erste Projektergebnisse Bereits nach Abschluss der ersten Projektetappe war ein großer Schritt in Richtung Erfüllung der Kundenanforderungen hinsichtlich Qualitätssicherung, Nachweisführung und Rückverfolgbarkeit getan. Grundlage hierfür waren: Integration von vier Messsystemen in das Prozessdatennetzwerk und die Umsetzung der von der TCG Unitech AG geforderten Q-DAS® Datenfelder. Installation und Inbetriebnahme der neuen Softwaremodule. Online-Visualisierung von Prozessdaten einer Montageanlage sowie der Messungen von Prüfsystemen (Prüfständen) zur laufenden Prozessüberwachung direkt vor-Ort. Automatischer Upload der dezentral erfassten Daten in eine zentrale Datenbank mit umfangreichen Selektionsmöglichkeiten zur gezielten Auswertung bzw. Problemanalyse der Prozesse. Regelmäßige externe und interne Schulungen, um die Anwender mit den neuen Werkzeugen vertraut zu machen. Abbildung 3 zeigt die Struktur des Prozessdatennetzwerkes bei der TCG Unitech AG nach der ersten Projektetappe. Damit sind die zwei Regelkreise realisiert, die die Grundlage für eine kontinuierliche Beobachtung und Verbesserung der Prozessleistung bilden. Bereits kurz nach der Einführung hat das System im Rahmen eines Lieferanten-Audits eines großen Automobilherstellers seinen Nutzen unter Beweis stellen können und wurde durchweg positiv beurteilt. Projekterfahrungen Aus den Erfahrungen der ersten Projektetappe kann folgendes Resümee gezogen werden: Ohne saubere Planung und Definition des Datenformates ist eine Anbindung einer Messgeräteschnittstelle absolut nicht zu empfehlen. Ärger ist hier ansonsten vorprogrammiert. ● ● ● ● ● ● Abbildung 2: Online-Visualisierung von Montagedaten und 3KMG PIQ 1/2005 49 Praxis ● ● ● Zum Teil ist bei den Messsystemherstellern erheblicher Überzeugungsaufwand für die Durchführung eines gemeinsamen Datenformatworkshops und die Realisierung einer entsprechenden Exportschnittstelle zu leisten. Häufig wird der Aufwand und die Komplexität einer Schnittstelle überschätzt, was zu einer ablehnenden Haltung führt. Als Anwender und Kunde kann man sich wirklich nur annähernd wohlfühlen, wenn die Schnittstelle der Messsysteme durch Q-DAS® zertifiziert und damit die korrekte Unterstützung der festgelegten Datenfelder bestätigt wird. Die Messgeräte sollten nur schrittweise in das neue System integriert werden. Eine nahezu zeitgleiche Anbindung von mehreren Geräten mit dem Ziel, mög- ● lichst schnell Produktivdaten in die zentrale Datenbank zu übernehmen, führt zu einer enormen Belastung der administrativen Seite und birgt die Gefahr, Schwachstellen in der Systemkonfiguration und -bedienung nicht rechtzeitig zu erkennen. Ein ausreichendes Zeitpolster für die Umsetzungsphase ist unbedingt zu empfehlen. Hier gilt immer noch das berüchtigte Murphy's Law: „If anything can go wrong, it will“. Nicht unterschätzt werden darf der Schulungsaufwand und -bedarf. Gerade bei einer Systemumstellung müssen eine relativ große Anzahl von Anwendern in von der alten auf die neue Applikation umgeschult werden. Die Akzeptanz des neuen Systems spielt hier eine entscheidende Rolle. Abbildung 3: Struktur des Prozessdatennetzwerkes bei der TCG Unitech AG und den damit realisierten Regelkreisen Ausblick In den weiteren Projektetappen gilt es den Echtbetrieb des neuen Systems weiter zu optimieren und auszubauen. Im Vordergrund steht dabei die vorbeugende Prozesslenkung und damit die Vermeidung von internen und externen Reklamationen. Geplant sind folgende Schritte: Anbindung weiterer Montageanlagen und Messsysteme Ausbau der Prozessvisualisierung und -überwachung vor Ort Intensivierung des Anwendertrainings Optimierung der Systemkonfiguration (Berichtlayout, Auswertestrategie, etc.) Einsatz des Q-DAS® Reporting-Systems zur automatischen Erstellung und Versendung der Auswertungsberichte ● ● ● ● ● 50 PIQ 1/2005 Darüber kommt der Pflege und Administration der Datenbank(en) eine große Bedeutung zu. Mit mehreren Tausend Datensätzen, die pro Tag verwaltet werden müssen, liegt das Problem jedoch weniger in der Speicherkapazität und in den Kosten der Datenhaltung als vielmehr in der Performance, die Daten abzulegen und für Auswertungen wieder zu selektieren. Da auf die Urwerte in der Regel nur für einen begrenzten Zeitraum direkt zugegriffen werden muss, liegt der Gedanke nahe, aus den Messwerten zyklisch statistische Kennwerte abzuleiten und nur diese dauerhaft vorzuhalten. Die Urwerte lassen sich dann in Archivdatenbanken auslagern. Dieses Konzept wird zur Zeit mit dem qs-STAT® Modul „Datenverdichtung und Langzeitanalyse“ getestet.