Bibliotheken für die Zukunft
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Bibliotheken für die Zukunft
Universität Salzburg & University of Salzburg Business School Universitätslehrgang Executive MBA International Arts Management Lehrgangsleitung: Univ.-Prof. Dr. Adolf Haslinger Prof. Herwig Pöschl Bibliotheken der Zukunft Strategieentwicklung an wissenschaftlichen Bibliotheken am Beispiel der Universitätsbibliothek Wien Master Thesis vorgelegt von: Dr. Andreas Brandtner Esteplatz 3/14 1030 Wien Wien, im Oktober 2010 Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benützt und die den benützten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche klar gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht. Dr. Andreas Brandtner 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 Einleitung 5 1. Bibliotheken in der Wissensgesellschaft 8 1.1. Was heißt Bibliothek? 8 1.2. Hybride Bibliotheken zwischen analoger und digitaler Information 10 1.2.1. Digitalisierung von analoger Information 17 1.2.2. Bereitstellung von originärer digitaler Information 22 1.2.3. Langzeitarchivierung von digitaler Information 23 1.3. Die neue Qualität des analogen Bibliotheksraums 26 1.4. Teaching Library 28 1.5. Bibliothek 2.0 / 3.0 / 4.0 30 1.6. Bibliothekstypologisches und Ausdifferenzierung der Bibliotheken 32 2. Die Universitätsbibliothek Wien als Dienstleistungseinrichtung der Universität Wien 35 2.1. Geschichte 35 2.2. Aktuelle Daten und Fakten 37 2.3. Organisatorische Verankerung 40 2.4. Ablauforganisation und neue Handlungsfelder 41 2.5. Aufbauorganisation 45 Exkurs 1: Zweischichtigkeit, Einschichtigkeit und funktionale Einschichtigkeit von Bibliothekssystemen in Universitäten 47 2.6. Aufgaben und Kernkompetenzen 48 3. Strategieentwicklung für Organisationen 50 3.1. Positionen der Managementtheorie 50 3.2. Strategieentwicklung für und von Bibliotheken 62 3.2.1. Allgemeine bibliothekarische Zukunfts- und Strategieentwürfe 63 3.2.2. Konkrete bibliothekarische Strategieentwicklung 72 4. Strategieentwicklung der Universitätsbibliothek Wien 4.1. Voraussetzungen und Vorbereitung 77 77 4.1.1. Aufbauorganisation 77 4.1.2. Ablauforganisation und Geschäftsprozessmanagement 79 Exkurs 2: Geschäftsprozess: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung 79 4.1.3. Organisationskultur 90 4.1.4. Personalentwicklung 93 4.1.5. Interne Kommunikation 95 4.1.6. Kernkompetenzen 96 4.2. Rahmenbedingungen und relevante Umwelten 100 4.2.1. Gesetzliche Rahmenbedingungen 100 4.2.2. Inneruniversitäre Rahmenbedingungen 100 4.2.3. Erfolgskritische außeruniversitäre Umwelten 102 4.2.4. Systemische Konsequenzen 104 4.3. Initiierung und Grundausrichtung 105 4.4. Zielsetzung und Prozess 106 4.4.1. Zielsetzung 106 4.4.2. Struktur 106 4.4.3. Verlauf 107 4.5. Nächste Schritte 116 4.5.1. Evaluation der Prototypen durch die Steuerungsgruppe 116 4.5.2. Evaluation der Strategieentwicklung durch die Peer-Evaluation 116 5. Zwischenbilanz und Zukunftsperspektiven 118 5.1. Ergebnisse der Evaluationen 118 5.2. Zwischenbilanz zur Strategieentwicklung – Lessons Learned 118 5.2.1. Stärken 118 5.2.2. Schwächen 119 5.2.3. Chancen 119 5.2.4. Risiken 120 5.3. Erfolgskritische Perspektiven 120 5.3.1. Etablierung eines strategischen Managements 120 5.3.2. Weiterentwicklung der Organisationskultur 121 5.3.3. Innovation durch Prototyping 121 Resümee 123 Literaturverzeichnis 124 2 Vorwort Die vorgelegte Arbeit greift das Thema des strategischen Managements auf und behandelt es am Beispiel eines der differenziertesten, dynamischsten, turbulentesten und auch zukunftsmächtigsten Märkte des frühen 21. Jahrhunderts, des Informationsmarkts. Dabei wird der Bereich der Bibliothek als einer der zentralen (und bisweilen zu wenig bedachten) Marktplayer herausgegriffen und exemplarisch am Beispiel der Universitätsbibliothek Wien – einer der größten wissenschaftlichen Bibliotheken des deutschen Sprachraums und auch in gesamteuropäischer Perspektive – abgehandelt. Rekonstruiert und kritisch reflektiert wird der Strategieentwicklungsprozess, den die Bibliothek der Universität Wien nach umfangreicher und intensiver Vorbereitung als zentrale Maßnahme zur Organisationsentwicklung im Jahr 2008 gestartet hat und der zum Abfassungszeitraum der Master Thesis noch nicht abgeschlossen ist. Die Studie rekurriert auf einen Teil der beruflichen Biographie ihres Verfassers und resultiert aus seiner Tätigkeit in vier Gedächtnisinstitutionen: dem Adalbert-StifterInstitut des Landes Oberösterreich in Linz, dem Österreichischen Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, der Handschriftensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek (heute: Wienbibliothek im Rathaus) und schließlich und vor allem der Dienstleistungseinrichtung Bibliotheks- und Archivwesen (Universitätsbibliothek / Universitätsarchiv) der Universität Wien. Als stellvertretender Leiter des Bibliotheks- und Archivwesens der Universität Wien war der Verfasser zentral an der Vorbereitung Strategieentwicklungsprozesses beteiligt und und Initiierung des dargestellten verantwortet seine Durchführung maßgeblich mit. Die Untersuchung fokussiert vornehmlich auf die Management- und Organisationspraxis. Zentral ist der Erfolg des rekonstruierten und begleiteten Strategieentwicklungsprozesses und nicht seine theoretische Verallgemeinerung und Quasi-Objektivierung. Dennoch wird die entsprechende Managementtheorie gründlich miteinbezogen und in die Praxis vermittelt. Dies ist vor dem Hintergrund der beruflichen Verstrickung des Verfassers in seinen Untersuchungsgegenstand dringend notwendig: Denn die Untersuchung möchte auch die unternehmerische Praxis mit Komplexität anreichern sowie konsequent und beharrlich in Frage stellen, die blinden 3 Flecken des Managementalltags ausleuchten. Gerade in einer Situation turbulenter Umwelten, diskontinuierlicher, nicht-linearer Prozesse, die sich der Prognose zu entziehen scheinen, verspricht der Rückgriff auf theoretische Abstraktion, die Wahrnehmung so zu flexibilisieren, dass Organisationsgestaltung und Organisieren mit robusten wie gleichzeitig fragilen Netzwerken, mit mehrdeutigen Umwelten und mit einer unbekannten Zukunft produktiv interagieren können. Als Konsequenz aus ihrer praktischen Fundierung bezieht diese Master Thesis auch klar Position. Sie ergreift Partei für die Institution Bibliothek als Ort des freien, uneingeschränkten und offenen Umgangs mit Information, als Ort von Kommunikation und sozialer Interaktion, als Einrichtung, die Zugänge schafft und Austausch ermöglicht. Angesichts der zunehmenden Ökonomisierung und Kommerzialisierung von Information und Wissen kommt der Bibliothek – flankiert von anderen Gedächtnisinstitutionen – eine immer wichtiger werdende Funktion in einer demokratisch organisierten Informations- und Wissensgesellschaft zu, der die freie Zugriffsmöglichkeit auf Information vorausgesetzt ist. Die Arbeit bezieht ihre Position nicht rhetorisch und damit im verhandelten Kontext naiv, sondern sie versucht, den Bibliotheken ein erfolgskritisches Aktionsfeld aufzubereiten und einschlägiges Material verfügbar zu machen, um diese für ihre eigene Profilierung in einem durch starke Konkurrenz ausgezeichneten Markt zu stärken. Bei Herwig Pöschl, dem Gründer und langjährigen Leiter des ICCM (International Centre for Culture and Management), bedanke ich mich sehr herzlich für die Begleitung dieser Master Thesis und darüber hinaus für die immer gewinnbringenden Gespräche, verstreut über zahlreiche Jahre. Ich bedanke mich ebenfalls bei Mag. Maria Seissl, der Leiterin des Bibliotheks- und Archivwesens der Universität Wien, die den dargestellten Strategieentwicklungsprozess entscheidend mit gestaltet und intensiv gefördert hat. Mag. Gerda Mraczansky, der Leiterin der Abteilung Personalentwicklung der Universität Wien, danke ich besonders, weil sie das dargestellte Vorhaben ideell, in seiner Finanzierung auch budgetär und immer konzeptionell unterstützt hat. Fanø, September 2010 4 Einleitung Bibliotheken sind als Informationsdienstleister feste Größen des aktuellen und historischen Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsbetriebs. Seit dem späten 20. Jahrhundert ändert sich allerdings der Informationsmarkt rapide, teilweise turbulent und gewiss auch nachhaltig. Das alteuropäische Leitmedium Buch ist grundlegend relativiert, Information wird vermehrt digital gehandelt, und das Internet erlaubt den Zugriff auf Daten orts- und zeitunabhängig. Information wird zur zentralen Ressource des 21. Jahrhunderts und Bildung ein signifikanter Standortvorteil in einer globalisierten Welt. Aber Information und Wissen sind nur dann marktfähig, wenn sie durch Informationsarbeit aufbereitet und zugänglich gemacht werden, ein klassisches Terrain der Bibliotheken und ein attraktives Feld für neue Player am Markt. Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklung, die das Verhältnis von Informationserstellung, -angebot und -nachfrage neu ordnen wird, widmet sich die Master Thesis der Frage nach der Zukunft der Bibliotheken. In einer Art Werkstattbericht wird der aktuell seit etwa zwei Jahren laufende Strategieentwicklungsprozess der Universitätsbibliothek Wien dargestellt, sowie in soziokultureller und managementtheoretischer wie -praktischer Hinsicht kontextualisiert und reflektiert. Die Universitätsbibliothek Wien gerät dabei nicht nur als Einzelorganisation in den Blick, sondern dient auch als repräsentatives Beispiel für wissenschaftliche Bibliotheken in der gegenwärtigen scheinbar paradoxen Situation, dass die Entwicklung hin zur Wissensgesellschaft keinesfalls den Organisationstyp Bibliothek automatisch begünstigt, obwohl die bibliothekarische Gemeinschaft konform zu den Grundwerten der Wissensgesellschaft agiert. Zentrales Anliegen der Arbeit ist es, in einer Zeit eines diagnostizierten Umbruchs die Strategiediskussionen von Universitäts- und Hochschulbibliotheken aus der Perspektive einer Einzelorganisation kritisch zu unterstützen, um deren Erfolgspositionen im Wettbewerb zu stärken. Denn erst durch intensive Positionierungsarbeit kann es Bibliotheken gelingen, am Informationsmarkt langfristig erfolgreich zu bleiben. Im ersten Kapitel „Bibliotheken in der Wissensgesellschaft“ werden nach einem kurzen Blick auf den aktuellen Bibliotheksbegriff die Konsequenzen sowohl der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien als auch gegenwärtiger soziokultureller Prozesse für den Bibliotheksbereich dargestellt. Besonders zu bedenken 5 sind hier die Veränderungen, die aus der rasant fortschreitenden Digitalisierung der Informations- und Wissenswelt resultieren. Insgesamt soll deutlich gemacht werden, welche Anforderungen aktuell an Gedächtnisinstitutionen gestellt werden, und zudem veranschaulicht werden, wie sich diese Einrichtungen proaktiv in eine freilich nur schwierig prognostizierbare Zukunft, die teilweise durch disruptive Innovationen gekennzeichnet ist, bewegen können. Im zweiten Teil „Die Universitätsbibliothek Wien als Dienstleistungseinrichtung der Universität Wien“ wird die im Mittelpunkt der Arbeit stehende Organisation sowohl hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Kerngrößen und -faktoren als auch hinsichtlich der Prämissen ihrer Organisationskultur vorgestellt. Die ins Auge gefasste Organisation erweist sich dabei als typische Repräsentantin einer Universitätsbibliothek, die sich vor allem durch ihre markante Größe und innerbetriebliche Komplexität sowie durch infrastrukturelle Herausforderungen, aber auch durch ihren spezifischen organisationalen Entwicklungsstand auszeichnet. Im dritten Abschnitt „Strategieentwicklung für Organisationen“ werden unterschiedliche Ansätze und Schulen strategischen Managements rekonstruiert, wobei sowohl auf aktuelle als auch historische Positionen abgehoben wird. Dieser Rekurs ist umso notwendiger, als der Ausgangspunkt der Arbeit kein systematischer der Managementtheorie sein kann, sondern ein praktischer des konkreten Managements ist. Dieser hier bewusst (lösungs-)pragmatisch gewählte Ansatz einer aktiven Unternehmensführung soll die Zusammenführung und Synthese unterschiedlicher und bisweilen systematisch unvereinbarer Ansätze der Managementlehre erlauben, dort wo die Organisation in ihrer Entwicklung und Zukunftsausrichtung profitiert. Ein Blick auf rezente Beispiele von Strategieentwicklung an und für Bibliotheken schärft die Aufmerksamkeit auf den in der Master Thesis betrachteten Organisationstyp. Das vierte Kapitel „Strategieentwicklung der Universitätsbibliothek Wien“ beschäftigt sich mit der derzeit laufenden Organisationsentwicklungsmaßnahme und den dafür notwendigen Vorarbeiten. Der von einem externen Beratungsteam begleitete Prozess ist fundamental partizipatorisch angelegt und resultiert aus dem kooperativen, postheroischen Führungsstil des Top Managements der Bibliothek, der von grandiosen Gesten grundsätzlich absieht. Er intendiert Konsequenzen für die Organisationskultur und wurde auch von entsprechenden Optimierungsmaßnahmen – vor allem bei der 6 Verbesserung der betriebsinternen Kommunikation – basiert und flankiert. Mitbedacht werden an dieser Stelle auch die Rahmenbedingungen und relevanten Umwelten. Im fünften Kapitel „Zwischenbilanz und Zukunftsperspektiven“ wird einerseits der Strategieentwicklungsprozess mit Stand September 2010 bewertet, andererseits werden mögliche Zukunftsperspektiven verfolgt. Dabei wird besonders auf die langfristige Etablierung von strategischem Management, die kontinuierliche Optimierung der Organisationskultur und die Mobilisierung von Innovationspotential abgehoben. Der Anlage als Werkstattbericht folgend, werden keine konkreten Handlungsanweisungen entwickelt, sondern mögliche Spuren in die Zukunft verfolgt. Ein Resümee fasst die Ergebnisse zusammen und beschließt die Arbeit. Die Master Thesis versteht sich als beispielhafter und punktueller Beitrag zur Reflexion der Ökonomisierung des Informationsmarkts und ihrer gesellschaftlichen Konsequenzen. Ihre Ergebnisse sollen für die Bibliothekswelt insofern reflexions- und handlungsrelevant sein, als Perspektiven einer strategischen Ausrichtung und damit (pro-)aktiven Zukunftsgestaltung eröffnet werden. Damit wird gegenüber einer bloß reaktiven Anpassung an geänderte Umweltbedingungen eine neue Dimension strategischer und folglich auch operativer Aktivität gewonnen, die eine kurz- und mittelfristige Perspektive zu überschreiten versucht, um einen langfristigen Entwicklungshorizont zu eröffnen. Nicht nur die Inhalte der Strategieentwicklung der Universitätsbibliothek Wien sollen dabei relevant sein, sondern – und das vor allem – ihre sehr bewusst gewählte Form. Insofern Organisation in der vorliegenden Arbeit als in ihrer Bewegung, Aktivität und Veränderung, das heißt als permanenter Prozess des Organisierens verstanden wird, kann auch Strategie nicht als abgeschlossener Vorgang bzw. als Produkt aufgefasst werden, sondern wird ebenso als anhaltender Organisationsentwicklungsprozess begriffen. Diese Sichtweise konzentriert den Blick auf die Prozessualität der Strategieentwicklung, deren Qualität maßgeblich ihren Erfolg mitbestimmt. 7 1. Bibliotheken in der Wissensgesellschaft1 1.1. Was heißt Bibliothek? Wirft man einen Blick auf die neueste Geschichte des Begriffs Bibliothek, 2 ist auffällig, dass es um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert zu einem markanten Wandel kommt: Die etymologische Basis, nämlich Bibliothek als Sammlung bzw. Aufbewahrungsort (θήκη: Ablage) von Büchern (Βιβλίον: Buch), wird zugunsten des Begriffs Information verlassen. Zwei Beispiele mögen das veranschaulichen: Rupert Hacker vertritt in seinem einführenden Lehrbuch „Bibliothekarisches Grundwissen“ noch die ältere Ansicht: Das Wort Bibliothek kommt aus dem Griechischen und bedeutet Büchersammlung. Da sich in einer funktionierenden Bibliothek die Bücher in einer bestimmten Ordnung befinden und zur Benutzung durch den Leser verfügbar sein müssen, kann man eine Bibliothek definieren als eine geordnete und benutzbare Sammlung von Büchern. 3 Die neuere Version findet sich etwa im „Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung“ von Gisela Ewert und Walther Umstätter: Die Bibliothek ist eine Einrichtung, die unter archivarischen, ökonomischen und synoptischen Gesichtspunkten publizierte Information für die Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar macht. 4 „Publizierte Information“ meint hier gedruckte Dokumente, audiovisuelle Medien in analoger und digitaler Form sowie digitale Medien usw., „archivarisch“ verweist auf die Bewahrung der Medieneinheiten, „ökonomisch“ bedeutet informationslogistisches 1 Die hier verwendete Begriffsfassung von Wissensgesellschaft orientiert sich an den Arbeiten von Nico Stehr; vgl. z. B.: Nico Stehr: Moderne Wissensgesellschaft. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 36 (2001), S. 7–14, hier S. 10: „Wenn Wissen in steigendem Maße nicht nur als konstitutives Merkmal für die moderne Ökonomie und deren Produktionsprozesse und -beziehungen, sondern insgesamt zum Organisationsprinzip und zur Problemquelle der modernen Gesellschaft wird, ist es angebracht, diese Lebensform als Wissensgesellschaft zu bezeichnen.“ 2 Vgl. etwa Gisela Ewert / Walther Umstätter: Die Definition der Bibliothek. Der Mangel an Wissen über das unzulängliche Wissen ist bekanntlich auch ein Nichtwissen. In: Bibliotheksdienst 33 (1999), S. 957– 971. 3 Rupert Hacker: Bibliothekarisches Grundwissen. 7., neu bearb. Aufl. München: Saur 2000, S. 11. 4 Gisela Ewert / Walther Umstätter: Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung. Auf der Grundlage des Werkes von Wilhelm Krabbe und Wilhelm Martin Luther. Stuttgart: Hiersemann 1997, S. 10. 8 Handeln, das heißt, dass die richtige Information in richtiger Form am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu ökonomisch vertretbaren Kosten verfügbar gehalten wird, und „synoptisch“ stellt fest, dass Bibliotheken eine Zusammenschau des gesamten Informationsangebots leisten. Parallel zu dieser Neudefinition sind vor allem im universitätsbibliothekarischen Kontext Ansätze zu beobachten, den Begriff Bibliothek zu vermeiden und stattdessen Komposita mit den Termen Medien, Information usw. (z. B. Informationszentrum) zu bilden. 5 Dies resultiert häufig aus der Tendenz, die institutionelle Trennung zwischen Universitätsbibliotheken und vergleichbaren bzw. vermeintlich vergleichbaren Einrichtungen der Wissensspeicherung und Informationsvermittlung aufzubrechen und etwa Bibliothek, Medienzentrum und Rechenzentrum organisatorisch zusammenzuführen. So ist etwa im Jahr 2002 an der Universität Ulm ein Informationsund Kommunikationszentrum entstanden, im Jahr 2004 an der Brandenburgisch Technischen Universität Cottbus ein Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum. Auch die disziplinäre Identität der Bibliothekswissenschaft 6 ist dann in Frage gestellt, wenn die Bibliothek in einer engen Begriffsauslegung als organisierendes Korrelat der Druck- und Schriftkultur gedacht wird, die momentan ihre Paradigmen bildende Rolle zugunsten von Techniken des netzbasierten Umgangs mit digitalen Informationen einbüßt. Der Begriff „Digitale Bibliothek“ erscheint in dieser Sichtweise als kontraproduktive Metapher, die die wesentliche Differenz zwischen analog und digital verstellt und den Blick auf das grundsätzlich Neue im Digitalen versperrt. 7 Da der Gegenstand der Bibliothekswissenschaft zusehends marginalisiert wird, wäre eine Neukonstitution anzudenken, die die bisherige Bibliothekswissenschaft ausrichtet als Wissenschaft von den technischen, sozialen und institutionellen Formationen, deren Fokus auf dem kollektiven Umgang im Kontext digitaler Wissenschaft liegt. 8 5 Vgl. Ulrich Naumann: Über die Zukunft der namenlos gemachten Bibliothek. In: Bibliotheksdienst 38 (2004), S. 1399–1416. 6 Zu aktuellen Positionen vgl. Hans-Christoph Hobohm: Desiderate und Felder bibliothekswissenschaftlicher Forschung. In: Bibliothekswissenschaft – quo vadis? Eine Disziplin zwischen Traditionen und Visionen. Programme – Modelle – Forschungsaufgaben. Hg. von Petra Hauke. München: Saur 2005, S. 47–64. 7 Vgl. Stefan Gradmann: Gibt es „Digitale Bibliotheken“? Wird es sie jemals geben? Zu den Grenzen einer allzu populären Metapher. In: Digitalität und Literalität. Zur Zukunft der Literatur im Netzzeitalter. Hg. von Harro Segeberg und Simone Winko. Paderborn, München: Fink 2005, S. 295–314. 8 Vgl. Stefan Gradmann: Hat Bibliothekswissenschaft eine Zukunft? Abweichlerische Gedanken zur Zukunft einer Disziplin mit erodierendem Gegenstand. In: Bibliothekswissenschaft – quo vadis? Eine 9 Zurück zur Transformation des Bibliotheksbegriffs: Die Verabschiedung einer explizit ortsorientierten (Sammlung bzw. Aufbewahrungsort) und produktorientierten (Bücher) Definition und Hinwendung zu einer funktions- und zielorientierten (archivarisch, ökonomisch und synoptisch) und kundenorientierten (Information) Auffassung vollzieht (verspätet) – freilich ohne sich dessen auch nur ansatzweise bewusst zu sein – eine zentrale Marketing-Erkenntnis. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Theodore Levitt führt in seinem berühmten und häufig zitierten Artikel „Marketing Myopia“ aus dem Jahr 1960 aus, 9 dass nur Unternehmen, die sich an ihren Kundinnen und Kunden orientieren und nicht nur an ihren Produkten, auf Dauer Produkte herstellen können, die am Markt absetzbar sind. Zuerst ist das Bedürfnis der Kundinnen und Kunden festzustellen, auf das das Produkt abgestimmt werden muss, nicht umgekehrt zuerst das Produkt zu erstellen. Um erfolgreich zu sein und dauerhaft zu bleiben, haben Unternehmen von einer Produktorientierung auf Kundenorientierung umzustellen. 1.2. Hybride Bibliotheken zwischen analoger und digitaler Information 10 Von den frühen Hochkulturen bis heute sind Bibliotheken integrativer Bestandteil der kulturellen Praxis und für differenzierte Gesellschaften als Daten-, Informations- und Wissenszentren funktional. Dabei ist ihre etwa zweieinhalbtausendjährige Geschichte durchgehend von der Speicherung und Bereitstellung physischer Objekte an physischen Orten bestimmt. Mit der zunehmenden Digitalisierung analoger Information, mit der Produktion genuin digitaler Daten (Born Digital) und mit der Möglichkeit, über das Internet digital zu kommunizieren, hat sich der Informationsmarkt mit Ausgang des 20. Jahrhunderts grundlegend geändert. Information ist vom physischen Medium getrennt und zumindest potentiell orts- und zeitunabhängig allgemein verfügbar. Die Wissenstradierung ist nicht mehr unmittelbar an bestimmte Institutionen bzw. Disziplin zwischen Traditionen und Visionen. Programme – Modelle – Forschungsaufgaben. Hg. von Petra Hauke. München: Saur 2005, S. 97–102. 9 Theodore Levitt: Marketing Myopia. In: Harvard Business Review 38 (1960), S. 55–68. 10 Vgl. Andreas Brandtner: Digitale Medien, analoge Speicher, hybride Bibliotheken. Nachrichten aus der bibliothekarischen und (literatur-)archivarischen Praxis. In: Germanistik im Kontakt. Tagung österreichischer und kroatischer Germanist/inn/en. Opatija, 29. 9.–1. 10. 2005. Hg. von Svjetlan Lacko Vidulić, Doris Moser und Sladan Turkovic. Zagreb: Abteilung für Germanistik der Philosophischen Fakultät der Universität Zagreb 2006 (= Zagreber Germanistische Beiträge. Beih. 9; zugl. Stimulus 2005), S. 347–351. 10 Institutionstypen gebunden, sondern in den virtuellen Raum des World Wide Web (WWW) verlagert, wo eine Vielzahl von Akteurinnen und Akteuren angetreten ist, Information verfügbar zu machen, als Wissen aufzubereiten und schließlich das Netz zu organisieren. Neben zahllosen staatlich-öffentlichen, privatwirtschaftlichen und nichtkommerziell persönlich privaten Initiativen, die punktuell agieren (z. B. mit WWWPortalen), finden sich hier auch Weltkonzerne, wie der Suchmaschinen-Betreiber Google, die globalen Anspruch erheben. Markant heißt es im Mission Statement von Google, des derzeit wohl einflussreichsten Players am Informationsmarkt: „Das Ziel von Google besteht darin, die auf der Welt vorhandenen Informationen zu organisieren und allgemein zugänglich und nutzbar zu machen.“ 11 Damit formuliert die im Jahr 1998 gegründete Internet-Firma Google eine Aussage, die direkt dem Selbstverständnis der Traditionsunternehmung Bibliothek entnommen scheint. Die Bibliotheken ihrerseits haben seit dem frühen 19. Jahrhundert zuerst im angloamerikanischen und dann auch im kontinentaleuropäischen Raum einen Prozess einer tief greifenden Professionalisierung durchlaufen. 12 Mit der Bibliothekswissenschaft wurde eine spezielle Disziplin für das Bibliothekswesen etabliert, in der Folge ein fachspezifischer Kompetenzkanon ausgebildet und ein eigener Berufsstand ausdifferenziert. Es wurden Ausbildungswege und Curricula definiert, Verbände gegründet, Bibliothekszentren mit koordinierender Funktion eingerichtet und in manchen Staaten Bibliotheksgesetze erlassen. Mittlerweile hat dieser hochprofessionelle, international vernetzte und auch bürokratisierte Apparat zahlreiche Standards, Regelwerke und Normen zur Bewältigung seiner traditionellen Aufgaben der Sammlung, Erschließung, Bereitstellung und Bewahrung von Information entwickelt, zumeist national und zusehends auch international akkordiert. Dass sich dieser Apparat dabei auf das Leitmedium Buch konzentriert hat, war mediengeschichtlich konsequent und resultierte zudem aus der funktionalen Aufgabenverteilung Gedächtnisinstitutionen Archiv (Verwaltung von Originalen), 11 13 unter den Bibliothek (Verwaltung http://www.google.de/corporate/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. Vgl. Uwe Jochum: Kleine Bibliotheksgeschichte. 2., durchges. und bibliographisch erg. Aufl. Stuttgart: Reclam 1999 (= Universal-Bibliothek 8915), S. 114–129. 13 Vgl. etwa Angelika Menne-Haritz: Schriftgutverwaltung und Archivierung. In: Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. Hg. von Marianne Buder. 4. Aufl. München u. a.: Saur 1997, S. 460–472, hier S. 465f. 11 12 publizierter Information), 14 Museum (Verwaltung Objekte) 15 musealer und Dokumentation (Nachweis von Information). 16 Für den Entwicklungsstand von Bibliotheken und anderen Gedächtnisinstitutionen, die sich mit der Auswahl / Aufnahme, Bearbeitung, Speicherung und Bereitstellung / Übertragung von Information beschäftigen, ist strukturell auch zu bedenken, dass sie eng an medienhistorische Bedingungen gebunden sind und die spezifische Materialität der historischen und aktuellen Datenträger, die es zu verwalten gilt, massiv den Aufbau und Ablauf ihrer Organisation bestimmt. Mediengeschichtliche Veränderungen oder gar Brüche machen in diesen Gedächtnis- bzw. Speicherinstitutionen teilweise grundlegende Umbauten notwendig, soll der Anspruch erhalten bleiben, auf rezenten Trägern transportierte Information bereitzuhalten oder auch zu archivieren. Die ausschließliche Orientierung an historischen Medien würde unweigerlich zu einer Musealisierung und damit Marginalisierung am Informationsmarkt führen. Der aktuelle „besonders dynamische(r) Umbruch in der Evolution der Medien und in den Modi neuzeitlicher Kommunikation“ 17 wurde von einer mittlerweile transdisziplinär expandierenden Medienwissenschaft etwa im Anschluss an Marshall McLuhan als Ende der Gutenberg-Galaxis beschrieben. In der Folge wird die aktuelle Gegenwart als Epochenschwelle zwischen Buchzeitalter und elektronischer Ära (mitunter auch Turing-Galaxis) aufgefasst. Begriffe wie Informations-, Wissens-, Kommunikations- oder Netzwerkgesellschaft versuchen, die gesamtkulturelle Dimension des sich vollziehenden Transformationsprozesses zu formulieren. Dabei liegt der zukunftsrelevante Faktor wohl gar nicht so sehr in der Vielzahl und Vielfalt der neuen Medientechnologien, die sich im Verlauf des 20. und 21. Jahrhunderts ausdifferenziert haben, sondern wesentlich in der Möglichkeit, analoge Text-, Bild- 14 Vgl. etwa Gisela Ewert / Walther Umstätter: Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung. Auf der Grundlage des Werkes von Wilhelm Krabbe und Wilhelm Martin Luther. Stuttgart: Hiersemann 1997, S. 10. 15 Vgl. etwa Statuten des International Council of Museums ICOM, angenommen von der ICOMGeneralversammlung in Den Haag, Niederlande, am 5. September 1989 und geändert auf den ICOMGeneralversammlungen in Stavanger, Norwegen, am 7. Juli 1995 und Barcelona, Spanien, am 6. Juli 2001. 16 Vgl. etwa Outline of a Long-Term Policy of the International Federation of Documentation. Den Haag 1960, S. 9. 17 Horst Wenzel: Vom Anfang und vom Ende der Gutenberg-Galaxis. In: Kulturwissenschaften. Forschung – Praxis – Positionen. Hg. von Lutz Musner und Gotthart Wunberg. Wien: WUV Universitätsverlag 2002, S. 339–355, hier S. 350. 12 oder Toninformation in digitalen Code zu übersetzen und in diesem weiter zu prozessieren. 18 Mit dem Abschied von der Gutenberg-Galaxis – inklusive fundamentaler Relativierung des Leitmediums Buch sowie umfassender Digitalisierung von Information – und mit dem Eintritt in eine globalisierte Informations- und Wissensgesellschaft begegnen Bibliotheken nun einer doppelten Herausforderung: ihrer Selbstverortung in der Infrastruktur des virtuellen Raums und ihrer Selbstbehauptung in einer posttypographischen Wissenskultur. Nachdem innerhalb der Bibliothekswelt um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert der interne Konsens über die Funktion von Bibliotheken brüchig geworden war und sich das Bibliothekswesen in einer Identitätskrise sah, scheint sich mittlerweile ein Set von Innovationsaktivitäten herauskristallisiert zu haben, das fachimmanent auf breitere Akzeptanz stößt. Traditionell auf die Verarbeitung und Bereitstellung analoger Daten angelegt, zählen sich die Bibliotheken heute zu den Protagonisten der elektronischen Ära. Um der medienhistorischen Entwicklung zu folgen und standzuhalten, wird im Rahmen des Konzepts der sogenannten Hybridbibliothek 19 digitale Information in das bibliothekarische Leistungsspektrum integriert und vorhandene analoge Information digitalisiert. Auch der Wissenschaftsrat – deutsches Beratungsgremium der Bundesregierung und der Regierungen der Länder – trägt in seinen „Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken“ dieser Entwicklung Rechnung: Auf absehbare Zeit werden „Hybridbibliotheken“, welche eine Mischung aus gedruckten und digitalen Publikationen und Informationsquellen vorhalten, das vorherrschende Modell sein, zu welchen sich die Bibliotheken weiterentwickeln müssen. 20 18 Vgl. z. B. Norbert Bolz: Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse. München: Fink 1993, S. 111f.: „Der Terminus Medienverbund besagt, daß es keine Einzelmedien mehr gibt. Und da alle technischen Medien heute digitalisierbar sind, können alle Daten im selben Speicher abgelegt werden. Der Medienverbund funktioniert dann als computergesteuertes Algorithmensystem. Eben das aber ist das Betriebsgeheimnis einer Kultur, die sich heute anschickt, ihre alteuropäische Identität wie eine Schlangenhaut abzustreifen“. 19 Der Begriff Hybridbibliothek ist als Fachterminus seit den späten 1990er Jahren eingeführt; vgl. Chris Rusbridge: Towards the Hybrid Library. In: D-Lib Magazine 4 (1998); http://www.dlib.org/dlib/july98/rusbridge/07rusbridge.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 20 Wissenschaftsrat. Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken. Greifswald 2001, S. 29; http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4935-01.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010; vgl. dazu Dietmar Haubfleisch: Hybride Bibliotheken. Einige Anmerkungen zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur digitalen Informationsversorgung durch 13 Um die vorhandenen Medienbrüche sowohl im Bereich der Metadaten (Daten, die Informationen über andere Daten enthalten, wie z. B. Bibliothekskataloge) als auch der Information (Bestände bzw. Daten) auszugleichen, haben Bibliotheken umfangreiche Projekte zur Retrokatalogisierung (digitale Neukatalogisierung analog katalogisierter Medieneinheiten) bzw. Retrokonversion (Überführung eines analogen Katalogs in einen Online-Katalog) und (Retro-)Digitalisierung unternommen. Diese befassen sich einerseits mit den Katalogen, die retrokonvertiert, also in maschinenlesbare Form überführt werden, andererseits mit den Beständen. Sind die Bibliotheken bei der Retrokatalogisierung ihrer Bestände bzw. der Retrokonversion ihrer konventionellen Kataloge auf Vollständigkeit aus, so hat – zumindest für die momentane Situation – der deutsche Wissenschaftsrat empfohlen, „die Retrodigitalisierung vorhandener Bestände aus Gründen des hohen Personalaufwandes auf Grundlagen- oder Teilbestände [zu] konzentrieren“. 21 Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem Urheberrecht. Ziel der Bibliotheken ist es, den Medienbruch zwischen analog und digital für die Benützerinnen und Benützer möglichst auszugleichen, indem ein einheitlicher OnlineZugriff geschaffen wird, um „den integrierten Zugang zu weltweit verfügbaren Informationsangeboten zu gewährleisten“. 22 Für die Benützung soll die Bibliothek als Lern-, Kommunikations- und Wissensort einen integrierten Zugang zu weltweit verfügbaren Informationsangeboten garantieren. Damit ist ein weiterer Paradigmenwechsel in der Bibliothekswelt angesprochen, den die Zeit- und vor allem die Ortsunabhängigkeit von Information in ihrer OnlineVerfügbarkeit verursacht. Der physische Bestand vor Ort in den Bibliotheksmagazinen und Lesesälen wird sekundär gegenüber WWW-Zugriffsmöglichkeiten auf digitale Information in weltweit verstreuten Servern. Folglich legen Bibliotheken nunmehr ihr Hauptaugenmerk nicht mehr auf Besitz und Bestand, sondern auf Versorgung und Zugang (Access versus Ownership). 23 Bibliotheken werden als Bring-Bibliotheken konzipiert, die den Benützerinnen und Benützern die benötigten Informationen schnell am jeweiligen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. 24 Hochschulbibliotheken. In: Marburger Bibliotheksinformationen 7 (2001), H. 3, S. 29–34; http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/2001/0002/welcome.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 21 Ebd., S. 21. 22 Ebd. 23 Vgl. Eleanor A. Gossen / Suzanne Irving: Ownership versus Access and Low-Use Periodical Titles. In: Library Resources & Technical Services 39 (1995), H. 1, S. 43–52. 24 Vgl. Helge Steenweg: Von der Hol- zur Bringbibliothek. In: ABI-Technik 20 (2000), S. 364–382. 14 Der Umstieg von Eigentum bzw. Besitz (Ownership) auf Zugang (Access) kann auch im Rahmen der vom US-amerikanischen Soziologen Jeremy Rifkin allgemein beobachteten Transformation des traditionellen Markts gesehen werden, an dessen Stelle Netzwerke treten. Im prognostizierten Access-Zeitalter ist aus dem Streben nach Eigentum ein Streben nach Zugriff geworden, nach Zugriff auf das, was diese Netzwerke zu bieten haben. Die Bibliothek wird damit insofern zum Pförtner bzw. Gateway, Gatekeeper oder Portal, als sie Regeln und Bedingungen des Zutritts zu Information definiert und bestimmt. 25 Bereits im 1979 erstveröffentlichten Entwurf einer postmodernen Wissensgesellschaft „La condition postmoderne“ des französischen Philosophen Jean-François Lyotard emergiert die „Verfügung über die Informationen“ zur wesentlichen Entscheidungskategorie für gesellschaftliches Handeln. 26 Wie grundlegend dieser Übergang zur sogenannten Bring-Bibliothek die Konditionen des Bibliothekswesens ändert, kann eine schlaglichtartige Erinnerung bzw. Vergegenwärtigung der alten Hol-Bibliothek – die freilich oft noch immer bibliothekarische Realität und damit Alltag für die Benützerinnen und Benützer ist – andeuten. Zentral wirken hier die Restriktionen, die diese Bibliothek aufgrund ihrer spezifischen Benützerinnen materiellen und Benützungsaktivität und Benützern ist räumlich-architektonischen strukturlogisch institutionell definiert. Verfasstheit auferlegen Magazinlagerung, ihren muss. Jede Leseräume, Öffnungszeiten, Bestellmengen, Ausgabetermine, Entlehnfristen usw. schränken den Informationsfluss lokal, temporal und quantitativ empfindlich ein. Der Weg zu den Speicherinhalten ist weit, mitunter voll von Hindernissen und verlangt von den Benützerinnen und Benützern hohe Aktivität, ausgeprägte Kondition und große Frustrationstoleranz. Diese Bibliothek der Gutenberg-Galaxis ist in der kontinentaleuropäischen Bilderwelt noch immer stereotyp verankert, und es ist auch genau diese Art von Bibliothek, die der italienische Semiotiker und Schriftsteller Umberto Eco in seiner Rede „Die Bibliothek“ mit seinem „Modell einer schlechten Bibliothek in 19 Punkten“ im Sinn einer paradoxen Intervention therapieren möchte. 27 Doch die geschlossene analoge Informationskette, die in der Bibliothekswelt die Qualität der Zugriffsmethoden auf Information entscheidend festlegte und die 25 Vgl. Jeremy Rifkin: Access. Das Verschwinden des Eigentums. Warum wir weniger besitzen und mehr ausgeben werden. Frankfurt am Main, New York: Campus 2000, S. 118f., 238–244. 26 Jean-François Lyotard: Das postmoderne Wissen. Ein Bericht. Hg. von Peter Engelmann. Wien: Edition Passagen 1986 (= Edition Passagen 7), S. 52. 15 skizzierten Restriktionen systemimmanent verantwortet, ist mittlerweile äußerst brüchig geworden. Nimmt man die Entwicklung des österreichischen Bibliothekswesens als – durchaus repräsentatives – Beispiel, 28 so lässt sich die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung bis in die frühen 1970er Jahre zurückverfolgen. Damals – nachdem bereits einzelne Bibliotheken in den 1960er Jahren die EDV zur Katalogisierung und Entlehnung eingesetzt hatten – haben die wissenschaftlichen Bibliotheken national koordiniert begonnen, ihre administrativen und bibliothekarischen Kernprozesse zu automatisieren. Sukzessive wurden Nominalkatalogisierung, Sacherschließung, Entlehnung, Zeitschriftenverwaltung usw. in maschinenlesbare Form gebracht und in einem integrierten System zusammengeführt. Dies implizierte auch die Aufgabe der konventionellen Bestandsnachweise – in der Regel Zettelkataloge –, die durch Datenbanken ersetzt wurden. Für die Öffentlichkeit wurden diese Datenbanken vorerst innerhalb der Bibliotheksräumlichkeiten als Online-Kataloge und schließlich mit der Durchsetzung des WWW ab der Mitte der 1990er Jahre orts- und zeitunabhängig als Web-Online-Katalog zugänglich gemacht. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt tauchen im Umfeld der Futurologie erste Ansichten digitaler Bibliotheken auf. So schreibt etwa der Mitbegründer des Media Labs am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Nicholas Negroponte mit Blick auf eine der größten und bedeutendsten Bibliotheken der Welt, die Library of Congress in Washington / D. C.: Thomas Jefferson erdachte das Konzept einer Bibliothek, aus der man unentgeltlich Bücher ausleihen konnte. Aber dieser große Pionier hätte sich in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können, daß eine Zeit kommen würde, in der zwanzig Millionen Menschen gleichzeitig auf eine digitale Bücherei zugreifen und deren Inhalt kostenlos abrufen. 29 Komplementär zu dem Einbruch in die geschlossene analoge Bibliothekswelt, der aus der freien Bereitstellung digitaler Metadaten im WWW resultiert, selbst allerdings auf analog verfügbare Information abzielt (z. B. Druckwerke, Handschriften), tut sich ein 27 Umberto Eco: Die Bibliothek. München, Wien: Hanser 1987, S. 15–19. Vgl. Heinz Hauffe: Bibliotheksautomation in Österreich – State of the Art. In: Bibliotheksmanagement – Kulturmanagement: Vorträge und Berichte. 24. Österreichischer Bibliothekartag. Congress Innsbruck, 3.–7. 9. 1996. Wien: Österreichische Nationalbibliothek 1998 (= Biblos-Schriften 168), S. 113–126; Eva Bertha: Elektronische Datenverarbeitung an Österreichischen Universitätsbibliotheken. Ein Streifzug durch die letzten drei Jahrzehnte. In: Bibliothek Technik Recht. Festschrift für Peter Kubalek zum 60. Geburtstag. Hg. von Hans Hrusa. Wien: Manz 2005, S. 25–34. 29 Nicholas Negroponte: Total digital. Die Welt zwischen 0 und 1 oder Die Zukunft der Kommunikation. München: Bertelsmann 1995, S. 10f. 16 28 zweiter Riss auf, der der Dynamik des (wissenschaftlichen) Kommunikationsmarkts folgt. Im Zuge der Abkehr von traditionellen Informationsträgern und der Hinwendung zu elektronischen Medien werden digitale Daten unmittelbar hergestellt und sind von Bibliotheken im Sinn ihrer Archiv- und Informationsversorgungsfunktion in ihre Speicher zu transferieren. Dieser Digitalisierung der Produktion und Distribution von Information begegnen Bibliotheken mit der Öffnung von Zugängen zu elektronischen Archiven für Datenbanken, elektronische Zeitschriften und E-Books. 30 1.2.1. Digitalisierung von analoger Information In Deutschland haben die Bibliotheken frühzeitig mit der Digitalisierung ihrer Bestände begonnen. Auslösendes Moment war die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die 1997 ein Programm für die „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen“ ausgeschrieben hatte. 31 Ziel war der Aufbau einer „Verteilten Digitalen Forschungsbibliothek“. Verzeichnete die Programmlinie einerseits durch die starke Beteiligung von Bibliotheken, Archiven und Forschungseinrichtungen einen großen Erfolg, haben andererseits die unterschiedlichen organisatorischen Voraussetzungen der geförderten Projekte zu äußerst heterogenen Vorgehensweisen geführt. So unterstützte diese erste Förderphase de facto weniger den Aufbau einer verteilten digitalen Forschungsbibliothek, sondern erprobte vielmehr die Digitalisierung in unterschiedlichen Fachbereichen und Anwendungen sowie mit unterschiedlichen Materialtypen. 32 30 Vgl. etwa Regine Schmolling: Paradigmenwechsel in wissenschaftlichen Bibliotheken? Versuche einer Standortbestimmung. In: Bibliotheksdienst 35 (2004), S. 1037–1060. 31 Vgl. Elmar Mittler: Digitalisierung als Aufgabe der Bibliotheken. Ein Rückblick in die Zukunft. In: Bibliotheken gestalten Zukunft. Kooperative Wege zur Digitalen Bibliothek. Dr. Friedrich Geißelmann zum 65. Geburtstag. Hg. von Evelinde Hutzler, Albert Schröder und Gabriele Schweikl. Göttingen: Universitätsverlag 2008, S. 11–27; http://epub.uni-regensburg.de/4564/1/hutzler_digitale_bibliothek.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 32 Vgl. „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen“. Evaluierungsbericht über einen Förderschwerpunkt der DFG. Gesamtredaktion Manfred Thaller. Köln 2005; http://www.deutschedigitale-bibliothek.de/pdf/retro_digitalisierung_eval_050406.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 17 Aus dieser Pilotphase hat die DFG mehrere Konsequenzen gezogen, die sich unter anderem in den im Jahr 2006 erstmals vorgelegten „DFG-Praxisregeln ‚Digitalisierung’“ ausdrücken. Diese Praxisregeln (aktueller Stand 2009) 33 wollen durch die Formulierung von Standards einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der unterstützen Projekte leisten. Neben technischen Aspekten (z. B. Auflösung und Bildqualität, Farbtiefe, Dateiformate) werden dabei auch die Auswahl und konservatorische Prüfung des für die Digitalisierung vorgesehenen Materials, die Vermeidung von Doppeldigitalisierungen, die Volltextgenerierung, Lesung mittels OCR (Optical Character Recognition), Metadaten usw. angesprochen. Für Digitalisierungen stehen Forschungsrelevanz und wissenschaftliche Nachfrage sowie Bestandsschutz für häufig genutzte oder unikale Materialien im Vordergrund. Derzeit hat die DFG im Förderbereich „Erschließung und Digitalisierung“ drei Programme und Aktionslinien ausgeschrieben. Erstens zielt das Programm „Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung“ auf herausragende und für die Forschung überregional relevante Bestände der handschriftlichen und / oder gedruckten Überlieferung (z. B. seltene oder schwer zugängliche Druckwerke, unveröffentlichte Nachlässe bedeutender Provenienz, historisch wichtige Akten und Urkunden, mittelalterliche Handschriften). Zweitens schließt die Aktionslinie „Digitalisierung der in nationalen Verzeichnissen nachgewiesenen Drucke – VD 16 / VD 17“ an die jahrzehntelang betriebene nationalbibliographische Verzeichnung der Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts an und kann damit auf bereits vorhandenen hochwertigen Metadaten aufsetzen. Aus dem Bereich des VD 16, also des Verzeichnisses der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts, wird derzeit etwa an der Bayerischen Staatsbibliothek in München und an der Universitäts- und Landesbibliothek SachsenAnhalt in Halle digitalisiert. Die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ist zum Beispiel mit der Digitalisierung ihrer preußischen Drucke im VD 17, also im Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts, befasst. Drittens greift die Aktionslinie „Digitalisierung der DFG- Sondersammelgebiete“ ebenfalls eine bereits langfristig erarbeitete Struktur auf. Die im 33 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS): DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“. Stand: April 2009; http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/praxisregeln_digitalisierung.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 18 Rahmen der DFG-geförderten überregional agierenden nahezu vollständigen fachlichen Sammlungen des national und international publizierten Wissens sollen digitalisiert und überregional elektronisch bereitgestellt werden. Die Aktionslinie ist auf besonders umfangreiche Bestandssegmente ausgerichtet, insbesondere in folgenden Schwerpunktbereichen: historische Zeitschriftenbestände und Monographien ab 1800, nicht gemeinfreie Zeitschriften und Monographien und fachlich relevante Produktlinien einzelner Verlage. Zudem sind umfangreiche Digitalisierungsmaßnahmen aus dem aktuell in einer Pilotphase geführten VD 18, also dem Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 18. Jahrhunderts, zu erwarten. In dieser bis 2011 projektierten Einführungsphase sollen ca. 80.000 Drucke erschlossen und digitalisiert sowie gleichzeitig verschiedene Workflows zur Massendigitalisierung erprobt werden. Digitalisate liegen bereits online vor von der Sächsischen Landesbibliothek – Staatsund Universitätsbibliothek Dresden, der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und der Universitäts- und Landesbibliothek SachsenAnhalt. Zusätzliche koordinative Unterstützung erhält die deutsche Bibliothekenlandschaft durch die „Allianz Schriftliches Kulturgut“, die im Jahr 2001 von elf deutschen Archiven und Bibliotheken mit umfangreichen historischen Beständen gegründet wurde. Diese Allianz will die in ihrer Existenz gefährdeten Originale der reichen kulturellen und wissenschaftlichen Überlieferung in Deutschland sichern und diese Überlieferung als nationale Aufgabe im öffentlichen Bewusstsein verankern. Dabei wird ebenfalls die Digitalisierung unterstützt, wobei als Handlungsmaxime „Originalerhaltung und Digitalisierung“ ausgegeben wird. Denn Originalerhalt und technische Reproduktion ergänzen sich hervorragend und sind deshalb differenziert einzusetzen: Das Digitalisat eines Originals ermöglicht die weltweite Verfügbarkeit eines Teils seiner Merkmale und Aussagen – aber nur der Originalerhalt sichert dauerhaft die Möglichkeit historischer Einordnung und wissenschaftlichen Verstehens. Die Digitalisierung leistet einen wertvollen Beitrag zur Bestandsschonung und erleichtert die Zugänglichkeit: Was digital vorliegt, muss nur noch in besonderen Fällen im Original bereitgestellt werden und kann in virtuelle Forschungsumgebungen integriert werden. Die realen Studien- und 19 Forschungsorte, das Archiv und die Bibliothek, gewinnen an Attraktivität, weil hier mit den Originalen gearbeitet werden kann. 34 Als Beispiele für Massendigitalisierungen in Österreich können zwei Aktivitäten der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) in Wien genannt werden: Im Rahmen des Projekts ANNO werden historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften digitalisiert und über die Website der ÖNB verfügbar gemacht (http://anno.onb.ac.at/), im Projekt ALEX historische österreichische Rechts- und Gesetzestexte (http://alex.onb.ac.at/). Auf europäischer Ebene wurde mit Europeana (http://europeana.eu/) eine WWWPlattform geschaffen, die als Europäische Digitale Bibliothek digitale und digitalisierte Bestände aus zahlreichen europäischen Gedächtnisinstitutionen zugänglich macht. Mit Stand September 2010 enthält Europeana etwa sechs Millionen digitale Objekte. Zu dieser gesamteuropäischen Initiative wurde auf regional-lokaler Ebene mit Europeana local (http://www.europeanalocal.eu/) ein Äquivalent geschaffen, das in nationalen Versionen ausgeprägt ist (z. B. Deutschland: http://www.europeanalocal.de/ bzw. Deutsche Digitale Bibliothek: http://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/; Österreich: http://www.europeanalocal.at/). In einer Kooperation mit Bibliotheken hat auch Google mit der Digitalisierung von Bibliotheksbeständen begonnen. Im Rahmen von Google Books (http://books.google.de/) kooperieren zahlreiche US-amerikanische Bibliotheken und mittlerweile auch eine Reihe europäischer Bibliotheken mit dem Weltkonzern, um einen Teil ihrer Bestände digitalisiert online verfügbar zu machen. Als derzeit einzige deutsche Bibliothek ist die Bayerische Staatsbibliothek, als einzige österreichische die Österreichische Nationalbibliothek beteiligt. 35 Ein weiterer Beitrag, den Bibliotheken zur Überlieferung des digitalen kulturellen Erbes leisten, kann hier ebenfalls nur kurz erwähnt werden: die Archivierung von Websites. 36 Die Archivierung des Web als wichtiges Kommunikations- und Publikationsmittel liegt 34 http://www.allianz-kulturgut.de/original-und-digital.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. In dieser Thesis kann und soll das auch in Bibliothekskreisen heftig diskutierte Engagement von Google nicht näher kommentiert werden, würde das (vor allem die Behandlung urheberrechtlicher Fragen) doch den inhaltlichen Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen. 36 Vgl. Andreas Rauber / Hans Liegmann: Web-Archivierung zur Langzeiterhaltung von InternetDokumenten. In: nestor Handbuch. Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung. Version 2.0. Hg. von Heike Neuroth, Achim Oßwald, Regine Scheffel, Stefan Strathmann und Mathias Jehn. Boizenburg: vwh, Hülsbuch 2009; 35 20 primär im Aufgabenbereich von National- und Staatsbibliotheken. Ziel der Webarchivierung ist die Sammlung und Archivierung des gesamten jeweils nationalen Webspace. Für Österreich übernimmt diesen Auftrag die ÖNB, deren Sammlungsauftrag in der Mediengesetznovelle 2009 um den Bereich der OnlineMedien erweitert wurde. Im Rahmen der Webarchivierung werden Websites mit sogenannten Webcrawlern automatisiert gesammelt. So werden regelmäßig die gesamte nationale Top-Level Domain „.at“ sowie Seiten mit Österreich-Bezug archiviert (Domain Harvesting). Ebenso speichert man Websites zu speziellen Themenbereichen wie Politik, Kultur, Medien, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung in häufigeren Intervallen (selektives Harvesting). Online-Inhalte zu speziellen Anlässen und Großereignissen (z. B. Nationalratswahlen) werden in weiteren Momentaufnahmen archiviert (Event Harvesting). Dadurch sollen auch Websites, die nur für den Zeitraum des Ereignisses zur Verfügung stehen, für die Nachwelt festgehalten werden. Universitätsbibliotheken wiederum, deren Zentralaufgabe in der Informationsversorgung der Universitätsangehörigen liegt, stellen vermehrt eine Digitalisierung on Demand bereit und verzichten – sofern kein bedeutsamer Altbestand vorliegt – auf systematische Digitalisierungen. So bieten im Rahmen des Netzwerks EOD (E-Books on Demand: http://www.books2ebooks.eu/), das innerhalb des EUProgramms eTEN unter Koordination der Universitätsbibliothek Innsbruck aufgebaut wurde, mehr als zwanzig europäische Bibliotheken als kostenpflichtiger Service die vollständige elektronische Kopie von urheberrechtsfreien Büchern an. Nach einer von den einzelnen Bibliotheken festgelegten Embargo-Zeit wird das benützungsorientiert hergestellte Digitalisat kostenfrei allgemein zugänglich gemacht. Dass die Nachweissituation für digitalisierte Drucke im deutschsprachigen Raum ungenügend ist, ist mittlerweile ein Gemeinplatz der Digitalisierungsdiskussion geworden. Seit 2005 bauen die Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke, die Verbundzentrale des Gemeinsamen Bibliotheksverbunds und das Hochschulbibliothekszentrum, gefördert von der DFG, das Zentrale Verzeichnis digitalisierter Drucke (ZVDD: http://www.digitalisiertedrucke.de/) auf, um einen zentralen Nachweis und Zugang zu digitalisierten Bibliotheksmaterialien http://nestor.sub.uni-goettingen.de/handbuch/artikel/nestor_handbuch_artikel_293.pdf; aufgerufen: 20. September 2010. zuletzt 21 bereitzustellen. Aufgrund der Heterogenität der Digitalisierungsaktivitäten ist der Nachweis im ZVDD noch sehr unterschiedlich. 1.2.2. Bereitstellung von originärer digitaler Information Seit den 1990er Jahren nimmt die Bedeutung originärer digitaler Publikationen für Bibliotheken stetig zu. Vor allem für die Universitätsbibliotheken als wissenschaftliche Informationsversorger bedeutete dies anfangs, bibliographische Datenbanken und Fachdatenbanken zu erwerben, um ihren Benützerinnen und Benützern die Möglichkeiten der elektronischen Informationsrecherche zu eröffnen. Damit sollten die seit den 1980er Jahren eingerichteten Informationsvermittlungsstellen abgelöst werden, bei denen Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter benützerseitig beauftragte Informationsrecherchen in Fremddatenbanken durchführten. In den 1990er Jahren dynamisierte sich der bibliothekarische Aufbau des Bestands an elektronischen Medien durch die rasche Verbreitung von elektronischen Zeitschriften. Diese E-Journals breiteten sich zuerst in den Bereichen Naturwissenschaft, Technik und Medizin aus und griffen dann in andere Disziplinen und nun auch auf die Kulturwissenschaften über. Die Bibliotheken erwerben die elektronischen Zeitschriften in der Regel über Lizenzverträge, in denen der spezifische Zugriff auf die Volltexte geregelt ist. Die digitalen Daten verbleiben auf den Servern der Verlage, die Bibliotheken erhalten Freischaltungen für einen definierten Benützerkreis, üblicherweise über CampusLizenzen für alle Universitätsangehörigen. Mitunter kann dies dazu führen, dass bei Abbestellung einer rein digital vorliegenden Zeitschrift der entsprechenden Bibliothek auch der Zugriff auf diejenigen Jahrgänge verwehrt wird, für die sie bereits Abonnementsgebühren bezahlt hat. Durch die enormen Preissteigerungen von vor allem elektronischen STM-Zeitschriften (Science-Technics-Medicine-Zeitschriften) wurde zudem die sogenannte Zeitschriftenkrise im Bibliothekswesen verschärft. Bibliotheken sind dabei also mit galoppierenden Preisentwicklungen angesichts stagnierender oder rückläufiger Bibliotheksetats konfrontiert. Nach den Datenbanken und den E-Journals halten seit ein paar Jahren die E-Books Einzug in die Bibliotheken. Neben den Datenbanken, E-Journals und E-Books steigt der Bestand an E-Ressourcen in Universitätsbibliotheken auch deutlich durch die elektronisch eingereichten und aufbewahrten Qualifikationsschriften der Studierenden und Publikationen der 22 Forschenden, die die Bibliotheken in der Regel über eigens eingerichtete Institutional Repositories zugänglich machen. Befördert wird diese Publikationspraxis an manchen Universitäten durch eine offensive Open Access Policy, die den Universitätsangehörigen zumindest nahelegt, sämtliche ihrer Publikationen über einen solchen Hochschulschriftenserver allgemein online zugänglich zu machen. In jüngster Zeit gewinnt für Universitätsbibliotheken die Administration wissenschaftlicher Primärund Forschungsdaten an Bedeutung, also Datenmaterial, das für Forschungszwecke erhoben wurde, oft irgendwo von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern individuell abgelegt bzw. abgespeichert wird und insofern weitgehend hinter der Publikation verschwindet. 37 Dass die veränderten Arbeits- und Publikationsformen in der Wissenschaft zu einem rasanten Anstieg der digitalen Medien vor allem in Universitätsbibliotheken führen werden, ist evident. Nach einer Schätzung der British Library zu wissenschaftlichen Publikationen im Jahr 2020 werden 40% ausschließlich digital, 50% gedruckt und digital und 10% ausschließlich gedruckt vorliegen. 38 1.2.3. Langzeitarchivierung von digitaler Information Sowohl die Digitalisierung von analoger Information als auch die Bereitstellung von originärer digitaler Information verlangt von Bibliotheken, soll Nachhaltigkeit gewährleistet sein, die Langzeitarchivierung dieser Daten zu sichern. Dabei resultiert die wachsende Herausforderung aus der raschen Alterung der Datenträger, der Datenformate und der involvierten Hard- und Software. Um die Nutzbarkeit digitaler Daten langfristig zu garantieren, ist es deshalb notwendig, Aktivitäten der Digitalisierung und Vorhaltung originärer digitaler Daten bereits frühzeitig und proaktiv mit Strategien zur digitalen Langzeitarchivierung zu flankieren. Aus der begrifflichen Definition der Langzeitarchivierung folgert die grundsätzliche Aufgabenstellung: „Langzeit“ ist die Umschreibung eines nicht näher fixierten Zeitraumes, währenddessen wesentliche, nicht vorhersehbare technologische und 37 Vgl. z. B. das Projekt „Publication and Citation of Scientific Primary Data“ (STD-DOI); http://www.std-doi.de/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 38 Vgl. http://www.bl.uk/news/2005/pressrelease20050629.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 23 soziokulturelle Veränderungen eintreten; Veränderungen, die sowohl die Gestalt als auch die Nutzungssituation digitaler Ressourcen in rasanten Entwicklungszyklen vollständig umwälzen können. Es gilt also, jeweils geeignete Strategien für bestimmte digitale Sammlungen zu entwickeln, die je nach Bedarf und zukünftigem Nutzungsszenarium die langfristige Verfügbarkeit und Nachnutzung der digitalen Objekte sicherstellen. […] „Archivieren“ bedeutet zumindest für Archive, Museen und Bibliotheken mehr als nur die dauerhafte Speicherung digitaler Informationen auf einem Datenträger. Vielmehr schließt es die Erhaltung der dauerhaften Verfügbarkeit und damit eine Nachnutzung und Interpretierbarkeit der digitalen Ressourcen mit ein. 39 Da zusehends mehr relevante Information in digitaler Form entsteht und vorliegt, wird die Langzeitarchivierung zu einer der wesentlichen Bedingungen der Weiterentwicklung des Bildungs- und Wissenschaftssystems und damit zu einer der Grundbedingungen der Informationsgesellschaft. Daraus erhellt, dass digitale Langzeitarchivierung nicht von einem Institutionstyp allein getragen werden kann, sondern kollaborativ erarbeitet werden muss. Aus dieser Überlegung wurde in Deutschland mit nestor (http://www.langzeitarchivierung.de/) ein nationales Kompetenznetzwerk für digitale Langzeitarchivierung geschaffen. Vorrangiges Ziel von nestor ist die Bündelung von Standardisierungsaktivitäten und Vermittlung von Standards in die AnwenderCommunities. nestor wurde im Jahr 2003 als Kooperationsverbund mit Partnern aus verschiedenen Bereichen, die mit der Langzeitverfügbarkeit digitaler Daten zu tun haben, begründet. Als Bibliotheken sind aktuell die Bayerische Staatsbibliothek, die Deutsche Nationalbibliothek und die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen vertreten. Wie bereits gesehen, ist Langzeitarchivierung für Bibliotheken insofern ein erfolgskritischer Faktor, als die von ihnen verwaltete und aufbereitete Information zusehends digital vorliegt. 40 Langzeitarchivierung für Bibliotheken setzt sowohl den Aufbau großer Datenspeicher als auch die Entwicklung von Prozessen voraus, die die 39 Hans Liegmann / Heike Neuroth: Einführung. In: nestor Handbuch. Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung. Version 2.0. Hg. von Heike Neuroth, Achim Oßwald, Regine Scheffel, Stefan Strathmann und Mathias Jehn. Boizenburg: vwh, Hülsbuch 2009; http://nestor.sub.unigoettingen.de/handbuch/artikel/nestor_handbuch_artikel_381.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 40 Vgl. Mathias Jehn / Sabine Schrimpf: Bibliotheken. In: nestor Handbuch. Eine kleine Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung. Version 2.0. Hg. von Heike Neuroth, Achim Oßwald, Regine Scheffel, Stefan Strathmann und Mathias Jehn. Boizenburg: vwh, Hülsbuch 2009; http://nestor.sub.uni24 archivierten Datenmengen adressierbar und nutzbar halten. Zudem sind die Daten für die drei heute gängigen Verfahren der Langzeitarchivierung, nämlich Migration, Emulation oder Konversion, vorzubereiten. 41 Auch hier zeigt sich, dass die anstehenden Aufgaben nur kollaborativ bewältigt werden können. Folglich wurde von der Deutschen Nationalbibliothek mit kopal (http://kopal.langzeitarchivierung.de/) ein Projekt initiiert, das ein kooperativ entwickeltes und betriebenes Langzeitarchiv für digitale Daten aufgebaut hat. Mitte 2007 ist dieses Langzeitarchivsystem in den Regelbetrieb der Deutschen Nationalbibliothek übernommen worden. Zur dauerhaften Adressierung der Online-Objekte vergibt die Deutsche Nationalbibliothek persistente Identifikatoren in Form eines URN (Uniform Resource Name), der anders als eine URL (Uniform Resource Locator) dauerhaft adressierbar und damit zitierbar bleibt. Im Sommer 2008 wurde die Schwerpunktinitiative „Digitale Information“ von bedeutenden deutschen Wissenschaftsorganisationen gestartet, um gemeinsam die Informationsversorgung in Forschung und Lehre zu verbessern. Dazu zählen etwa die (DFG), die Fraunhofer-Gesellschaft, die Hochschulrektorenkonferenz, die LeibnizGemeinschaft, sogenannte die Max-Planck-Gesellschaft Allianz-Initiative und der Wissenschaftsrat. (http://www.allianzinitiative.de/) bearbeitet Diese die Handlungsfelder Nationale Lizenzierungen, Open Access, Nationale Hosting-Strategie, Forschungsprimärdaten, Virtuelle Forschungsumgebungen und Rechtliche Rahmenbedingungen. Dabei steht die Nationale Hosting-Strategie vor der Aufgabe, die zunehmend erworbenen digitalen Verlagspublikationen (vor allem E-Journals) dauerhaft über eine entsprechende Infrastruktur verfügbar zu machen. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine nationale Strategie hier aus Kostengründen sowie aus Gründen der technischen und organisatorischen Bewältigung unverzichtbar sowie umgehend zu entwickeln und umzusetzen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn wissenschaftliche Publikationen nach dem von vielen Bibliotheken angestrebten EOnly-Prinzip nur noch in elektronischer Form beschafft und vorgehalten werden. Ziel einer nationalen Hosting-Strategie ist es, eine leistungsfähige Infrastruktur zum goettingen.de/handbuch/artikel/nestor_handbuch_artikel_377.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 41 Bei der Migration werden die digitalen Objekte durch äußere Einwirkung so modifiziert, dass sie unter veränderten Umgebungsbedingungen ohne inhaltlichen oder strukturellen Informationsverlust weiterverwendet werden können. Bei der Emulation wird das originäre Umfeld der digitalen Objekte simuliert, das neue Umfeld also an die digitalen Objekte angepasst. Bei der Konversion werden die digitalen Objekte in analoge, menschenlesbare Form umgewandelt und auf einem alterungsbeständigen Informationsträger wie entsprechendem Papier oder Mikrofilm gespeichert. 25 Speichern digitaler Volltexte aufzubauen und zu betreiben (Hosting), die den nachhaltigen Zugriff auf lizenzierte Verlagspublikationen und retrodigitalisierte Bestände sicherstellen soll. 1.3. Die neue Qualität des analogen Bibliotheksraums In der Folge des orts- und zeitunabhängigen Zugriffs auf digitale Information im WWW wird der real-physische Bibliotheksbesuch für den direkten Informationszugang an Bedeutung verlieren, er ist zumindest nur mehr in Ausnahmefällen zwingend, die allerdings ebenso rückläufig sind (z. B. durch zunehmende Digitalisierung alter und wertvoller Bestände). Der englische Philosoph Anthony Appiah formuliert pointiert: „The library I never go to is already one of the most important places in my life”. 42 Im Gegenzug scheint aber der analoge Bibliotheksraum eine neue Qualität auszuprägen und an Relevanz zu gewinnen. Er kann für die Bibliotheksbenützerinnen und -benützer zunehmend wichtig werden, um an einem optimalen Lernort Wissen anzueignen, zu reflektieren und in Kommunikationsprozessen sozial produktiv zu machen; – oder vielleicht auch etwas ganz anderes zu tun, das momentan gar nicht absehbar ist und der Kreativität nachfolgender Generationen überlassen ist. Der öffentlich zugängliche Bibliotheksraum wird zum dritten Ort, der im Unterscheid zum ersten Ort (Wohnraum) und zum zweiten Ort (Arbeitsplatz) ein neutraler Ort ist, in dem man verweilt und soziale Bindungen zur Umwelt aufrecht erhält. 43 Da er weder den Funktionsbereichen Privatsphäre noch Arbeit zuzuordnen ist, kann er Zuflucht gewähren und jenseits von Job und Familie soziale und kulturelle Interaktion ermöglichen. Besonders öffentliche Bibliotheken im angloamerikanischen Raum setzen seit dem frühen 21. Jahrhundert auf das Konzept des dritten Orts und orientieren sich dabei an anderen Dienstleistungseinrichtungen oder auch kommerziellen Handelsunternehmen. Auffällig häufig wird Bibliotheken empfohlen, sich an Starbucks zu orientieren, einem Konzern, der sich auf Kaffeeprodukte spezialisiert hat und diese über konzerneigene 42 Anthony Appiah: Realizing the Virtual Library. In: Gateways to Knowledge. The Role of Academic Libraries in Teaching, Learning, and Research. Hg. von Lawrence Dowler. Cambridge / Massachusetts: MIT Press 1997, S. 35–39, hier S. 39. 43 Vgl. zum Konzept der „Third Places“ Ray Oldenburg: The Great Good Place: Cafes, Coffee Shops, Community Centers, Beauty Parlors, General Stores, Bars, Hangouts, and How They Get You Through the Day. New York: Paragon House 1989. 26 Kaffeehäuser vertreibt. Besonders vorbildlich werden dabei spezifische MarketingStrategien – vor allem im Bereich Community Building – als auch die Ausstattung der Geschäftslokale – vor allem freier Internet-Zugang über WLAN (Wireless Local Area Network) – angesehen. 44 Die wissenschaftlichen Bibliotheken gehen vermehrt dazu über, ihre real-physischen Bibliotheksräume als Learning (Resources) Centres einzurichten. 45 Das Konzept stammt bereits aus den 1970er Jahren und wurde seitdem entsprechend den informations- und kommunikationstechnologischen Rahmenbedingungen modifiziert und vor allem in der angloamerikanischen Bibliothekswelt realisiert. Seit den 1990er Jahren stehen in Großbritannien die Learning (Resources) Centres und in Australien, Kanada und in den USA die Information Commons bzw. Learning Commons usw. für die Aufbereitung von Bibliotheksräumen als Kommunikations- und Lernorte. Sie zielen darauf ab, sich den Bedürfnissen der studierenden Nutzerinnen und Nutzer sowie den veränderten Lernprozessen – vor allem der von der konstruktivistischen Lerntheorie abgeleiteten Verschiebung vom Lehren zum selbstbestimmten Lernen – und Studienbedingungen anzupassen und diese mit den bibliothekarischen Rahmenbedingungen zu verknüpfen. Im Idealfall fungiert das Learning Centre als OneStop-Shop für Studierende, die hier alle Services der unterschiedlichen Einrichtungen (z. B. Angebote zur Studien- und Finanzberatung, zur Lern- und Rechercheunterstützung, zur Informations- und IT-Kompetenz, zur beruflichen Entwicklung) gebündelt vorfinden. Im deutschsprachigen Raum gehörte die Universitätsbibliothek Göttingen zu einer der ersten Bibliotheken, die ein Learning Resources Centre eingerichtet haben. 46 Das im Jahr 2005 eröffnete Zentrum bietet einen integrierten Zugriff auf Hard- und Software sowie technische Systeme, mit denen Recherche, Kommunikation, E-Learning, Multimedia, Produktion und Druck sowie die Nutzung unterschiedlicher digitaler Medien möglich sind. Das Learning Resources Centre ist zentral im Bibliotheksgebäude 44 Vgl. z. B. John Stanley: The Third Place. The Role of the Library in Today’s Society. In: Australian Library and Information Association, April 2005; http://www.alia.org.au/publishing/incite/2005/04/john.stanley.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 45 Vgl. Christine Gläser: Die Bibliothek als Lernort – neue Servicekonzepte. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 32 (2008), S. 171–182. 46 Vgl. Tobias Möller-Walsdorf: Das Göttinger Learning Resources Center – ein neues computerbasiertes Serviceangebot der Bibliothek. In: Tradition und Zukunft – die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen. Eine Leistungsbilanz zum 65. Geburtstag von Elmar Mittler. Hg. von Margo Bargheer und Klaus Ceynowa. Göttingen: Universitätsverlag Göttingen 2005, S. 337–347. 27 auf dem geisteswissenschaftlichen Campus angesiedelt. Auf einer Fläche von 400 Quadratmetern umfasst es einen Rechnerpool mit vierzig PC-Arbeitsplätzen, spezieller Software, umfangreichen Druck-, Kopier- und Scan-Möglichkeiten, Videokonferenztechnologien und verschiedenen Medienausgabesystemen. Vor allem Studierende nutzen hier die Möglichkeit, ausgewählte Programme für Internetrecherche, Textverarbeitung und Grafikanwendungen, leistungsstarke A3-Scanner, Posterdrucker oder CD-Brenner einzusetzen. Bei der Nutzung der Hard- und Software stehen Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter für Beratung und Betreuung zur Verfügung. Spezielle Schulungsangebote sollen besonders den Studierenden den Umgang mit der modernen Technik erleichtern. 1.4. Teaching Library Eine weitere Perspektive der Bibliothek, die in engem Zusammenhang mit dem Learning Resources Centre gesehen werden kann, allerdings nicht unbedingt an einen physischen Ort gebunden ist, stellt die Teaching Library dar. Der Begriff der Teaching Library geht ursprünglich auf eine Bezeichnung der Berkeley Library der University of California für ihr Kurs- und Schulungsangebot zurück. Die damit verbundenen Intentionen der Library Education, Information Literacy bzw. der Benützerschulung waren indes bereits ab der Mitte des 20. Jahrhunderts geläufig, sind also im Grundsatz nicht neu. Auf der Basis des Modells der Teaching Library soll die Bibliothek verstärkt als Teil des Bildungssystems auftreten und selbst Angebote im Rahmen von universitärer und außeruniversitärer Aus-, Fort- und Weiterbildung machen. Besonderes Augenmerk ist dabei der Entwicklung von Informationskompetenz zu widmen. Informationskompetenz wird als Schlüsselqualifikation der modernen Informationsgesellschaft angesehen, die ein entscheidender Faktor für den Erfolg in Forschung, Studium und Beruf darstellt. Sie wird definiert als Fähigkeit, die es ermöglicht, bezogen auf ein bestimmtes Problem Informationsbedarf zu erkennen, Informationen zu ermitteln und zu beschaffen sowie Informationen zu bewerten und effektiv zu nutzen. Bibliotheken in Deutschland und Österreich, die sich am Konzept der Teaching Library orientieren, haben ein modulares Kursangebot und sind mit diesem in das Curriculum 28 der kooperierenden Schule, Hochschule oder Universität eingebunden, gelegentlich wird zusätzlich Prüfungsverantwortung übernommen. 47 Das Konzept der Teaching Library ist momentan hoch im Kurs, und seine Protagonistinnen und Protagonisten sehen selbstbewusst weitere Erfolge auf sich zukommen: Die Teaching Library dürfte aufgrund der durch Bildungsberichte, Lehrplanund Studienreformen günstigen Rahmenbedingungen, aber auch wegen der unbestrittenen Bedeutung, die den Schlüsselqualifikationen Informations- und Medienkompetenz für das lebenslange Lernen zukommt, gute 48 Realisierungschancen auch im deutschsprachigen Raum haben. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Generation, die in den 1990er Jahren geboren und mit dem WWW sozialisiert wurde, zwar viel im Internet recherchiert und auch weiß, wo sie suchen muss, mit der Masse der Informationen jedoch kaum umgehen kann: Inhalte werden wenig kritisch hinterfragt, analysiert oder eingeordnet. Diese sogenannte Generation Google greift in der Regel bei ihrer Informationsrecherche zuerst zu Suchmaschinen, dann erst zum Buch. Der Report „Information Behaviour of the Researcher of the Future” des University College London, der die Google Generation als nach 1993 Geborene definiert, stellt fest, dass „internet research shows that the speed of young people’s web searching means that little time is spent in evaluating information, either for relevance, accuracy or authority”. 49 Angesichts dieses zwar extensiven und intensiven, allerdings wenig reflektierten Medienumgangs der Generation Google, die in absehbarer Zeit an die Universitäten strömen wird, scheint die Teaching Library weiterhin – vor allem mit Einsatz von Blended Learning – benötigt zu werden. 47 Vgl. z. B. Wilfried Sühl-Strohmenger: Hochschulbibliothek. Informationskompetenz und pädagogischdidaktische Qualifizierung. Lehren und Lernen in der Bibliothek – neue Aufgaben für Bibliothekare. In: B.I.T. online 6 (2003), S. 317–326; http://www.b-i-t-online.de/archiv/2003-04/fach1.htm; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 48 http://www.bibliotheksportal.de/hauptmenue/themen/bibliothek-und-bildung/teaching-library/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 49 Information Behaviour of the Researcher of the Future. A Ciber Briefing Paper. London: University College London 2008; 29 1.5. Bibliothek 2.0 / 3.0 / 4.0 Ein weiterer Schritt im Übergang von der analogen zur digitalen Bibliothek ist die konsequente Integration sowohl der bibliothekarischen als auch der nutzerseitigen Aktivitäten in das WWW. Die im Web 2.0 bzw. im Social Web ausgeprägten interaktiven und kollaborativen Elemente des Internet, die den User ins Zentrum rücken lassen, weisen eine Reihe von Funktionalitäten auf, die von Bibliotheken sehr vorteilhaft verwendet werden können. Zudem entspricht die starke User-Orientierung dem anhaltenden Trend in der Bibliothekswelt, die Benützerinnen und Benützer in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit treten zu lassen und sie auch in die bibliothekarische Produkt- und Servicegestaltung miteinzubeziehen. Im Jahr 2005 wurde in Analogie zum Terminus Web 2.0 der Begriff Library 2.0 von dem Informationsexperten Michael Casey in seinem Blog „Library Crunch“ geprägt 50 und findet sich heute in fast allen Beiträgen, die die Zukunft der Bibliotheken thematisieren. Trotz seiner Konjunktur ist das Konzept Bibliothek 2.0 nicht einheitlich definiert. Grundkonsens scheint aber darin zu bestehen, dass nun im Unterschied zur traditionellen Bibliothek – post festum die Bibliothek 1.0 – die grundsätzliche Ausrichtung auf die Benützerinnen und Benützer zentral ist. Dabei wird auf die dem Web 2.0 zugeschriebenen Grundprinzipien wie Partizipation, Kollaboration, Interaktion bzw. Zwei-Wege-Kommunikation zurückgegriffen. Als basale, teilweise visionäre Prinzipien werden genannt und mitunter kontroversiell diskutiert: • OPAC (Online Public Access Catalogue) + Browser + Web 2.0Eigenschaften + Offenheit für Verbindungen zu Anwendungen Dritter = OPAC 2.0. • Bibliotheksbenützerinnen und -benützer haben an der Gestaltung und an der Implementierung von Dienstleistungen teil und sind in der Lage, sie zu benützen und auf ihre individuellen Bedürfnisse zuzuschneiden. • Offenheit: Bibliothek 2.0 ist kein geschlossenes Konzept. http://www.jisc.ac.uk/media/documents/programmes/reppres/gg_final_keynote_11012008.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 50 Vgl. Michael Casey: Working Towards a Definition of Library 2.0. In: Library Crunch, 21. Oktober 2005, http://www.librarycrunch.com/2005/10/working_towards_a_definition_o.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 30 • Permanente Verbesserung anstatt Upgrade-Zyklen („perpetual beta“). • Kopieren und Integrieren von Programmen und Ideen Dritter in die Bibliotheksdienstleistungen. • Dienstleistungen ständig überprüfen, verbessern und dazu bereit zu sein, diese jederzeit durch neue, bessere Dienstleistungen zu ersetzen. 51 Unter OPAC 2.0 bzw. Next (New) Generation OPAC wird ein Online-Katalog verstanden, der sich neben dem großen Datenpool, schnellen Antwortzeiten, der Integration von Normdaten und der Anreicherung der Titelaufnahmen (mit Inhaltsverzeichnissen, Textauszügen usw.) vor allem durch seine Interaktivität mit den Benützerinnen und Benützern auszeichnet. Beispiele dafür sind der WorldCat (http://www.worldcat.org/) der OCLC (Online Computer Library Center) oder Primo (http://www.exlibrisgroup.com/de/category/PrimoOverview), ein Produkt der auf Bibliothekssoftware spezialisierten Firma Ex Libris. Übrigens werden mittlerweile auch weitere Versions-Upgrades der Bibliothek verhandelt: also Bibliothek 3.0 und Bibliothek 4.0. So riskiert etwa die Trend- und Zukunftsforscherin Wendy Schultz im Jahr 2006 eine Vision der Bibliothek 4.0. Nachdem sie die Bibliothek 3.0 ganz in den virtuellen Raum verlegt hat („Web 3D to Library 3D“), sieht sie mit der Bibliothek 4.0 den real-physischen Ort zurückkehren: But Library 4.0 will add a new mode, knowledge spa: meditation, relaxation, immersion in a luxury of ideas and thought. In companies, this may take the form of retreat space for thought leaders, considered an investment in innovation; in public libraries, the luxurious details will require private partners as sponsors providing the sensory treats. Library 4.0 revives the old image of a country house library, and renovates it: from a retreat, a sanctuary, a pampered experience with information – subtle thoughts, fine words, exquisite brandy, smooth coffee, aromatic cigar, smell of leather, rustle of pages – to the dream economy’s library, the LIBRARY: a WiFREE space, a retreat from technohustle, with comfortable chairs, quiet, good light, coffee and single malt. 52 51 Vgl. Patrick Danowski / Lambert Heller: Bibliothek 2.0 – Die Zukunft der Bibliothek? In: Bibliotheksdienst 40 (2006), S. 1259–1271, hier S. 1261f.; http://www.zlb.de/aktivitaeten/bd_neu/heftinhalte2006/DigitaleBib011106.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 52 Wendy Schultz: To a Temporary Place in Time. In: Next Space – The OCLC Newsletter 2006/2, http://www.oclc.org/nextspace/002/6.htm; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010; vgl. dazu HansChristoph Hobohm: Bibliothek(swissenschaft) 2.0. Neue Auflage oder Wende in Forschung und Lehre? Vortrag auf dem 2. gemeinsamen Bibliothekstag Berlin / Brandenburg am 29. September 2007 in Frankfurt / Oder. In: LIBREAS – Library Ideas 3/4 (2007), S. 1–14; http://www.ib.huberlin.de/~libreas/libreas_neu/ausgabe10/003hob.htm; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 31 1.6. Bibliothekstypologisches und Ausdifferenzierung der Bibliotheken In der Folge der geänderten Marktsituation, in der sich Bibliotheken bewegen, der beschränkten Ressourcen, die dem Bibliothekswesen zur Verfügung stehen, der neuen Dynamiken am Informationsmarkt und natürlich auch in der Folge der zahlreichen neuen bibliothekarischen Profilierungsansätze kommt es zu einer weiteren funktionalen Ausdifferenzierung der Bibliotheken. Zudem verstärkt sich die Konkurrenz unter den Bibliotheken zunehmend, da sich der lokale Vorteil im elektronischen Zeitalter drastisch reduziert. Bibliotheksleistungen können daher auch über große Entfernungen angeboten werden. Um sich am Informationsmarkt zu behaupten, werden vorrangig Qualität, Effektivität und Effizienz und nicht Standortvorteile zählen. Momentan ist von folgender Situation auszugehen: Traditionell gliedert sich das Bibliothekswesen im deutschsprachigen Raum in zwei Sparten: die öffentlichen Bibliotheken bzw. Büchereien und die wissenschaftlichen Bibliotheken. Auf der Basis dieser Bibliothekstypologie obliegt den öffentlichen Bibliotheken (früher: Volksbüchereien), z. B. Stadt- oder Gemeindebibliotheken, die allgemeine Literaturversorgung. Sie wenden sich an die gesamte Bevölkerung, an Erwachsene, Jugendliche und Kinder, und dienen der allgemeinen Information, der Aus-, Fort- und Weiterbildung, der Leseförderung, der Förderung der Medienkompetenz, der Unterhaltung und der Freizeitgestaltung. Bei den öffentlichen Bibliotheken steht die Gebrauchsfunktion im Vordergrund. Die wissenschaftlichen Bibliotheken, z. B. National-, Staats-, Landes-, Universitäts-, Instituts- und Spezialbibliotheken, stellen ihre Bestände für wissenschaftliche und berufliche Zwecke zur Verfügung. Sie dienen vorwiegend der Forschung, der Lehre, dem Studium oder auch dem spezifischen Bedarf von Behörden und Firmen. Die meisten Bibliotheken werden von öffentlichen Trägern unterhalten (Bund, Länder, Gemeinden), es gibt jedoch auch Firmen-, Kirchen-, Verbandsbibliotheken usw. Bei den wissenschaftlichen (Universitätsbibliotheken) Bibliotheken als auch steht die sowohl die Archivfunktion Gebrauchsfunktion (Nationalbibliotheken, Regionalbibliotheken) im Vordergrund. Innerhalb der Gruppe der wissenschaftlichen Bibliotheken gibt es je nach Aufgabe und Zweckbestimmung verschiedene Arten von Bibliotheken. Differenziert werden können Bibliotheken von nationaler und 32 überregionaler Bedeutung (wie National- und Staatsbibliotheken), Landesbibliotheken und andere Regionalbibliotheken, Universitäts- und Hochschulbibliotheken und Spezialbibliotheken (Fachbibliotheken). Da es sich bei Bibliotheken um Dienstleistungseinrichtungen handelt, ist das Dienstleistungsspektrum maßgeblich durch die spezifische strategische Ausrichtung und die jeweilige Kundennachfrage geprägt. Die Bibliotheksentwicklung der letzten Jahre ist dadurch bestimmt, dass die Bibliotheksaufgaben diversifiziert wurden. Das traditionelle Aufgabenspektrum der Mediendienste – Erwerbung (Bestandsaufbau), Erschließung (Bestandsbearbeitung als Formalkatalogisierung und Sacherschließung), Bereitstellung (Benützung) und Erhaltung (Archivierung) von Medieneinheiten – wird um die Informationsdienste – allgemeine und wissenschaftliche Auskunft, Schulungen, Führungen und Öffentlichkeitsarbeit – erweitert. Diese beiden Schwerpunkte der Mediendienste und Informationsdienste prägen aktuell das Dienstleistungsangebot für Bibliotheksbenützerinnen und -benützer. Bibliotheksinterne Aufgaben wie Verwaltung, technische Dienste oder Aus-, Fort- und Weiterbildung unterstützen dieses Aufgabenspektrum. Bernd Vogel und Silke Cordes skizzieren in ihrer Studie „Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen“ mögliche weitere Ausdifferenzierungsperspektiven im Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken. 53 Die mit Blick auf die wachsende Diskrepanz zwischen Leistungssteigerungen und Ressourcenbeschränkungen aufgestellte These, dass das vollständige bibliothekarische Aufgabenspektrum zukünftig von weniger Bibliotheken erbracht werden kann, führt zur Forderung nach verstärkter Profilbildung und strategischer Positionierung. 54 In der Folge werden von Vogel und Cordes idealtypisch vier Bibliotheksprofile entworfen: Die „Universelle Bibliothek“ deckt sämtliche Aufgabenschwerpunkte einer Hochschulbibliothek bei der konventionellen und digitalen Informationsversorgung ab und erfüllt zudem Archivaufgaben; die 53 Bernd Vogel / Silke Cordes: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen. Organisation und Ressourcenplanung. Hannover: HIS 2005 (= Hochschulplanung 179); vgl. dazu Andreas Brandtner: [Rez. zu:] Bernd Vogel / Silke Cordes: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen. Organisation und Ressourcenplanung. Hannover: HIS 2005 (= Hochschulplanung 179). In: Mitteilungen der Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare 60 (2007), H. 3, S. 90–94. 54 Vgl. Theresia Simon: Die Positionierung einer Universitäts- und Hochschulbibliothek in der Wissensgesellschaft. Eine bibliothekspolitische und strategische Betrachtung. Frankfurt am Main: Klostermann 2006 (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie: Sonderband 91); vgl. dazu Andreas Brandtner: [Rez. zu:] Theresia Simon: Die Positionierung einer Universitäts- und Hochschulbibliothek in der Wissensgesellschaft. Eine bibliothekspolitische und strategische Betrachtung 33 „Gebrauchsbibliothek“ versorgt die primäre Nutzergruppe mit aktueller Information und zeichnet sich durch ein Nettonullwachstum ihrer gedruckten Bestände aus; die „Digitale Bibliothek“ stellt ihre Informationsangebote zum größten Teil in digitaler Form bereit; die „Virtuelle Bibliothek“ ist eine digitale Bibliothek ohne eigene Medienbestände, deren Hauptaufgabe darin besteht, mit Lizenzen, Portalen, Kooperationen usw. Zugänge zu Information zu schaffen. (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie: Sonderband 91). In: Mitteilungen der Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen & Bibliothekare 61 (2008), H. 4, S. 168–171. 34 2. Die Universitätsbibliothek Wien als Dienstleistungseinrichtung der Universität Wien 2.1. Geschichte 55 Die Geschichte der Universitätsbibliothek war immer eng mit der Universität Wien verknüpft – schon seit der Bibliotheksgründung im Jahr 1365 durch Herzog Rudolf IV., wodurch die UB Wien die älteste Universitätsbibliothek im deutschen Sprachraum ist. Angesiedelt war die sogenannte „publica libraria“ an der Stelle des heutigen Universitätsplatzes. Die Hohe Schule bestand aus einer Reihe von Fakultäten. Jede Fakultät besaß ihre eigene Bibliothek. Im 15. Jahrhundert wuchsen die Buchbestände erheblich. Bald war jeweils ein eigener „bibliothecarius“ damit betraut, die Werke vor Beschädigung und Entwendung zu schützen. Entlehnen konnte man die angeketteten Bände (libri catenati) nur in Ausnahmefällen. Bedingt durch die Türkenkriege und die Pestepidemien nahm der Stellenwert der Universität Wien im 16. und 17. Jahrhundert stark ab. Mit der Bedeutung der Universität verfiel auch die ihrer Bibliothek. Schließlich übernahm die Klosterbibliothek der Jesuiten die Aufgaben der UB, deren letzte Bestände 1756 der Hofbibliothek in Wien, der heutigen Österreichischen Nationalbibliothek, inkorporiert wurden. Erst in der Regierungszeit von Kaiserin Maria Theresia, genauer am 13. Mai 1777, wurde die UB neu eröffnet, vornehmlich mit den Beständen der aufgelassenen Jesuitenklöster, wobei die wertvollsten Bücher an der Hofbibliothek blieben. Die neue Bibliothek war im barocken Bibliothekssaal des Akademischen Jesuitenkollegs und einigen Nebenräumen untergebracht und im Unterschied zu ihrer Vorgängerin allgemein zugänglich. Damals wurde die Bestimmung erlassen, dass die UB direkt dem Staat (und nicht etwa der Universität) unterstand; die Leitung der Bibliothek war also direkt dem zuständigen Minister verantwortlich. Diese Bestimmung änderte sich erst am 1. Jänner 2000, als die UB dem Rektor der Universität unterstellt wurde. 55 Vgl. bis in die Mitte der 1970er Jahre: Walter Pongratz: Geschichte der Universitätsbibliothek Wien. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1977. 35 Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts musste ein Erweiterungsbau in Angriff genommen werden, da sowohl der Buchbestand kontinuierlich anwuchs, als auch die Benützungsfrequenz ständig zunahm. Die UB Wien wurde zur führenden Forschungsbibliothek der österreichisch-ungarischen Monarchie. Im Jahr 1884 folgte die Bibliothek der Universität in den Neubau auf dem Ring nach. Die drückende Raumnot blieb bestehen, da keinerlei Möglichkeiten zur Erweiterung eingeplant waren. Dennoch erlebte die UB eine Blütezeit, die allerdings mit dem Ersten Weltkrieg zu Ende ging: Problematisch waren Personalknappheit durch die Einberufungen im Ersten Weltkrieg und später durch die Wirtschaftskrise, sowie Lücken im Bestandsaufbau, vor allem bei ausländischen Zeitschriften. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Buchbestand nach Niederösterreich in bombengeschützte Räume ausgelagert, doch gingen durch Transport, schlechte Lagerung und andere kriegsbedingte Komplikationen viele Bücher verloren oder wurden beschädigt. 1951 war der Wiederaufbau des bombenbeschädigten Gebäudes wesentlich abgeschlossen; man zog dem Lesesaal einen höheren Boden ein und gewann dadurch Raum für ein zusätzliches Magazin. Nach der Übersiedlung von Universitätsinstituten in das 1961 in der Universitätsstraße errichtete Neue Institutsgebäude (NIG) konnten ein Foyer mit Garderobe, eine Entlehnabteilung, ein Kleiner Lesesaal, die Zeitschriftenabteilung sowie Räume für die Buchbearbeitung und zusätzlicher Stellraum geschaffen werden. Doch war dieser Raumgewinn ein Rückschlag, denn ursprünglich hätte das NIG kein Instituts-, sondern ein reines Bibliotheksgebäude werden sollen; ein Beschluss der Universität im Jahr 1955 hatte die seit langem geplante Zentralbibliothek verhindert. Das Universitätsorganisationsgesetz 1975 (UOG 1975) etablierte eine engere organisatorische Verbindung der Bibliothek mit der Universität, ohne jedoch deren Unabhängigkeit anzutasten. Sukzessive wurde die innere Struktur den Erfordernissen der Zeit angepasst, so z. B. ein Referat für die Planung der ADV (Allgemeine Datenverarbeitung) eingerichtet oder die Informationsvermittlungsstelle für maschinelle Literatursuche (IVS; seit 2001: Zentrum für elektronische Recherchen) ausgebaut. Die Koordination der Fachbibliotheken Literaturauswahl wurde zwischen Hauptbibliothek, Fakultäts- und verbessert. Sammelrichtlinien wurden erarbeitet und veröffentlicht. 36 Seit dem Wintersemester 1986 kann die Entlehnverbuchung (beginnend mit der Lehrbuchsammlung) und seit 1989 auch die Katalogisierung automationsunterstützt durchgeführt werden, seit 1999 durch das integrierte Bibliothekssystem Aleph, das die israelische Firma Ex Libris entwickelte und betreut. Als im Jahr 1998 die Magazine so weit gefüllt waren, dass für neue Bücher kein Platz mehr vorhanden war, wurden die Räume der ehemaligen Niederösterreichischen Landesbibliothek in der Teinfaltstraße 8 angemietet und etwa 300.000 Bücher dorthin ausgelagert. Diese Außenstelle wurde im Mai 1999 eröffnet, wenig später konnte die neue Lehrbuchsammlung im Hauptgebäude ihren Betrieb aufnehmen. Nach den im Universitätsorganisationsgesetz 1993 (UOG 1993) vorgegebenen Reformen untersteht nun seit 1. Jänner 2000 die UB nicht mehr dem Ministerium, sondern direkt dem Universitätsgesetzes Rektor 2002 der (UG Universität 2002) am Wien. 1. Mit Jänner Inkrafttreten 2004 wurde des die Universitätsbibliothek Wien gemeinsam mit dem Archiv der Universität Wien und den zu Fachbereichsbibliotheken neu zusammengelegten ehemaligen Fakultäts-, Fach- und Institutsbibliotheken zur Dienstleistungseinrichtung Bibliotheks- und Archivwesen zusammengeschlossen. 2.2. Aktuelle Daten und Fakten Mit einem Bestand von über 6,8 Millionen Büchern ist die Universitätsbibliothek Wien deutlich vor der Österreichischen Nationalbibliothek die größte Druckschriftenbibliothek Österreichs und eine der größten Universitätsbibliotheken Europas. Einen schematischen Überblick über die Bibliothek und ihre Situierung in der Universität Wien sollen folgende Kennzahlen vermitteln, die sich auf das Jahr 2009 beziehen: 56 56 Vgl. Der Bibliotheksindex. BIX-Ergebnisse 2009: wissenschaftliche Bibliotheken; http://www.bixbibliotheksindex.de/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 37 Bibliotheken insgesamt (Hauptbibliothek, Fachbereichsbibliotheken, 48 Institutsbibliotheken) Zahl der aktiven Entlehnerinnen und Entlehner, die keine 12.244 Universitätsangehörigen sind Zahl der Studierenden 85.781 Zahl der Lehrenden 6.747 Zahl der Benützerarbeitsplätze gesamt 3.377 Zahl der Computerarbeitsplätze 415 Zahl der Benützerarbeitsplätze mit Internetzugang 415 Quadratmeter Benützungsbereich 34.451 Mitglieder der primären Nutzergruppe (wissenschaftliches Personal, 92.528 allgemeines Personal, Studierende) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) Wochenöffnungsstunden 299 73 Bibliotheksbesuche physisch 2,911.948 Bibliotheksbesuche virtuell 9,024.664 Aktive Entlehnerinnen und Entlehner 76.070 Schulungsteilnehmerinnen und -teilnehmer 12.058 Entlehnungen ohne Vormerkung Entlehnungen insgesamt 814.380 1,169.726 Ausgaben Erwerb elektronische Medien 1,888.220 € Ausgaben Medienerwerb 7,119.448 € Ausgaben der Bibliothek 21,199.690 € Ausgaben Personal 12,748.886 € Zahl der beschafften Medien Fortbildungstage Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dritt- und Sondermittel der Bibliothek Gesamtmittel der Bibliothek Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für elektronische Dienste 118.022 1.549 617.975 € 22,828.976 € 19,1 Setzt man diese Werte in Beziehung zu Kennzahlen vergleichbarer Bibliotheken im deutschsprachigen Bereich, erscheinen folgende Aspekte signifikant: 38 1. Die UB Wien als Bibliothek der mit rund 86.000 Studierenden größten Universität im deutschen Sprachraum hat eine von anderen Bibliotheken nicht ansatzweise erreichte Mitgliederzahl ihrer primären Nutzergruppe zu betreuen. In Relation zu dieser Zahl ist die infrastrukturelle Ausstattung als unterdurchschnittlich zu bezeichnen. So stehen der UB Konstanz für den Medienerwerb 3,103.009 € zu Verfügung, zu versorgen sind allerdings nur 11.484 primäre Benützerinnen und Benützer. Damit verfügt die UB Konstanz über 43,6% der Höhe des Erwerbungsbudgets der UB Wien, betreut allerdings nur 12,4% der Zahl der primären Benützerinnen und Benützer der UB Wien. Ähnliche Relationen ließen sich in den Kategorien Benützungsbereich, Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Ausgaben für Literatur / Information, Bibliotheksbesuche, Schulungsstunden und Bibliotheksausgaben (immer pro primäre Benützerinnen und Benützer gerechnet) aufzeigen. 2. Die UB Wien arbeitet entschlossen am Ausbau der digitalen Bibliothek: Der Anteil der Ausgaben für elektronische Medien, die elektronische Nutzung pro primäre Benützerinnen und Benützer und auch der Anteil des Personals für elektronische Dienste liegen vergleichsweise im guten Mittelfeld. 3. Die Öffnungszeiten der UB Wien bleiben deutlich hinter denen deutscher Hochleistungsbibliotheken zurück. Dies resultiert vor allem aus der schwierigen räumlichen Situation der UB Wien, die für die Öffnung der Benützungsbereiche einen erhöhten Personaleinsatz erfordern würde. 4. Der Anteil der Dritt- und Sondermittel an den Bibliotheksmitteln ist vergleichsweise niedrig. Dies resultiert zu einem Teil aus der in Relation zu Deutschland weniger ausgeprägten Förderstruktur. Dieser etwas holzschnittartige Kennzahlenvergleich zeigt vor allem, dass sich die UB Wien in der Situation eines Massenversorgers befindet, dessen Entwicklungsperspektive durch die begrenzten Ressourcen in vielerlei Hinsicht eingeschränkt ist. Umso anspruchsvoller erscheinen deswegen die Herausforderungen an das Management hinsichtlich der Organisationsentwicklung der Bibliothek. 39 2.3. Organisatorische Verankerung Die Universitätsbibliothek bildet gemeinsam mit dem Universitätsarchiv die Dienstleistungseinrichtung (DLE) Bibliotheks- und Archivwesen der Universität Wien, der größten Lehr- und Forschungseinrichtung in Österreich. Der Organisationsplan der Universität Wien definiert in § 15 ihre acht Dienstleistungseinrichtungen (Bibliotheksund Archivwesen, Finanzwesen und Controlling, Forschungsservice und Internationale Beziehungen, Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement, Personalwesen und Frauenförderung, Raum- und Ressourcenmanagement, Studien- und Lehrwesen und Zentraler Informatikdienst) wie folgt: Dienstleistungseinrichtungen sind Organisationseinheiten der Universität, die die Universität, ihre Organisationseinheiten und Organe sowie ihre Angehörigen bei ihrer Aufgabenerfüllung unterstützen. Sie haben im allgemeinen keine Forschungs- oder Lehraufgaben, können aber mit aufgabenspezifischen wissenschaftlichen Tätigkeiten betraut werden und Ausbildungsfunktionen wahrnehmen. 57 Die DLE Bibliotheks- und Archivwesen gehört somit dem administrativen Bereich der Universität an und ist direkt dem Rektorat unterstellt, wobei die bibliotheksspezifischen Agenden von einem Vizerektor wahrgenommen werden. Das zentrale Steuerungselement für das Rektorat sind die Zielvereinbarungen, die jährlich zwischen Rektorat und Fakultäten / Zentren, Studienprogrammleiterinnen und Studienprogrammleitern (wissenschaftlicher Bereich) sowie zwischen Rektorat und Dienstleistungseinrichtungen (administrativer Bereich) geschlossen werden. Sie stellen auch das Bindeglied zur Leistungsvereinbarung zwischen Bund und Universität dar. In diesen Zielvereinbarungen wird festgehalten, welche Ziele die Einrichtungen im nächsten Jahr erreichen sollen und welches Budget ihnen – im Sinn einer leistungs- und bedarfsorientierten Ressourcenverteilung – zur Verfügung gestellt wird. Die Maßnahmen zur Erreichung der gesetzten Ziele werden von der Leitung der jeweiligen Einrichtung selbstständig ausgewählt. Als weiteres Führungs- und Steuerungsinstrument zur Umsetzung der Leistungs- und Zielvereinbarungen ist an der Universität Wien das Jahresgespräch implementiert. Im Sinn einer Top-Down-Strategie 57 Organisation der Universität Wien im Universitätsgesetz 2002. 13. Oktober 2006, S. 10; http://www.univie.ac.at/rektorenteam/ug2002/organisation.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 40 findet ein solches Gespräch zwischen dem zuständigen Vizerektor und der Leiterin der DLE Bibliotheks- und Archivwesen einmal jährlich statt. 2.4. Ablauforganisation und neue Handlungsfelder Bei der Beschreibung der Ablauforganisation der UB Wien ist zu berücksichtigen, dass sie als Teil des funktional ausdifferenzierten Bibliothekswesens agiert und vor allem innerhalb des Kontextes des deutschsprachigen Bibliothekswesens zu denken ist. Die UB Wien als wissenschaftliche Bibliothek agiert ganz im Zeichen ihrer Integration in die Universität Wien. So ist sie primär wissenschaftliche Informationsversorgerin und in ihrem Leistungsspektrum vom Bedarf der Universitätsangehörigen (wissenschaftliches Personal, allgemeines Personal, Studierende) bestimmt. Sie verfolgt einerseits die Mediendienste (Erwerbung, Erschließung, Bereitstellung und Erhaltung) und baut andererseits den Aufgabenschwerpunkt Informationsdienste aus, um sich verstärkt als Dienstleistungszentrum rund um verschiedene Medien zu etablieren. Bei der Ausprägung und Gestaltung der bibliothekarischen Arbeitsabläufe ist neben der erfolgreichen Abwicklung sowohl der Medien- als auch der Informationsdienste an die grundsätzliche Bestandserweiterung durch digitale Medien zu denken. Das bedeutet, dass der bibliothekarische Apparat so ausdifferenziert sein muss, dass er sowohl analoge als auch digitale Medien verarbeiten kann. Die UB Wien setzt momentan – wie die meisten anderen wissenschaftlichen Bibliotheken im deutschsprachigen Raum – auf die Umsetzung des Konzepts der Hybridbibliothek, die nicht nur Zugang zu elektronischen (digitalen) Ressourcen und traditionellen (analogen) Bibliotheksquellen gewähren will, sondern alle Arten von Informationen unter denselben oder mehreren Nutzeroberflächen integriert, um digitale und nicht-digitale Dienstleistungen anzubieten. Neben der Bewältigung der traditionellen Aufgaben und der Entwicklung hin zur Hybridbibliothek hat die UB Wien im Verlauf der letzten Jahre zudem neue Handlungsfelder übernommen, die zum Teil dem Bereich der digitalen Bibliothek zugehören, zum Teil aus der neuen Aufgabenverteilung am Informationsmarkt resultieren. Ein kurzer Überblick über diese neuen Services soll verdeutlichen, in 41 welchem komplexen Aufgabenspektrum sich wissenschaftliche Bibliotheken aktuell bewegen: PHAIDRA (Permanent Hosting, Archiving and Indexing of Digital Resources and Assets) PHAIDRA ist ein Digital Asset Management System mit Langzeitarchivierungsfunktionen. Ein Digital Asset Management System dient der Speicherung und Verwaltung von beliebigen digitalen Inhalten, insbesondere von Mediendateien wie Grafiken, Videos, Musikdateien, Textbausteinen usw. PHAIDRA eröffnet für Forschung, Lehre, Verwaltung und die einzelnen Akteurinnen und Akteure die Möglichkeit, ihre Publikationsleistungen zu speichern, zu dokumentieren und auf lange Zeit zu archivieren. Mit PHAIDRA erhalten die gespeicherten und entsprechend mit Metadaten versehenen Objekte (z. B. Texte, Bilder, Videos, Audiodateien) einen permanenten Link. Sämtliche digitale Objekte können somit rasch und effizient aufgefunden und abgerufen werden. EOD (E-Books on Demand) Die UB hat das Service E-Books on Demand (EoD) eingerichtet, bei dem urheberrechtsfreie Bücher (siebzig Jahre nach dem Tod der Verfasserin bzw. des Verfassers) auf Wunsch digitalisiert und als E-Books im PDF-Format mit automatisch erkanntem Volltext – OCR (Optical Character Recognition) ohne Korrektur – ausgeliefert werden. Wie bei einem Document Delivery Service (z. B. die kostenpflichtige Beschaffung von Dokumenten über die Fernleihe) zahlen die Kundinnen und Kunden für das Service. Zusätzlich zur Auslieferung an Kundinnen und Kunden werden die Digitalisate langfristig im Digital Asset Management System PHAIDRA archiviert und im Internet mit einem E-Book-Viewer der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Hochschulschriftenserver E-Theses An der Universität Wien ist die Abgabe von Abschlussarbeiten in elektronischer Form für alle Studienrichtungen verpflichtend. Ist diese elektronische Abgabe erfolgt, werden die nachfolgenden Prozesse weitgehend automatisiert abgewickelt: Verständigungen der Beteiligten, Erfassung der Arbeit im Katalog der Universitätsbibliothek und 42 Veröffentlichung auf dem Hochschulschriftenserver. Die hochgeladenen Arbeiten werden im Sinn einer guten wissenschaftlichen Praxis einer Plagiatsprüfung unterzogen, die von der UB koordiniert wird. Der Hochschulschriftenserver bietet die Möglichkeit, die Abschlussarbeiten weltweit verfügbar zu machen. Mit Hilfe strukturierter Metadaten werden die Dokumente bibliographisch beschrieben und über nationale und internationale Bibliothekskataloge, Suchmaschinen und andere Nachweisinstrumente erschlossen und somit suchbar gemacht. Die Zitierfähigkeit wird durch eine dauerhafte und stabile Internetadresse garantiert. Open Access Ziel ist es, den Open-Access-Gedanken (also die kostenlose Bereitstellung wissenschaftlicher Literatur im Internet) an der Universität Wien bekannter zu machen und die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität diese neue Form des Publizierens ermöglicht. Als konkrete Maßnahmen sind die Erstellung einer Informationswebsite der Universität zu diesem Thema sowie die Inbetriebnahme eines Institutional Repository vorgenommen. Mit Hilfe dieses Volltextservers soll der gesamte wissenschaftliche Output von Angehörigen der Universität Wien, also Diplom-, Magister- und Masterarbeiten, Dissertationen, Habilitationsschriften, Publikationen, Projektberichte, Konferenzbeiträge, Working Papers, Vorträge usw., einer breiten Öffentlichkeit via Internet zur Verfügung gestellt werden. Open Access wird an der Universität Wien von der UB koordiniert. RAD (Research Activities Documentation) RAD ist die Forschungsdokumentation der Universität Wien und verzeichnet die Forschungsleistungen ihrer Angehörigen. Dazu zählen insbesondere Publikationen, Vorträge, Drittmittelprojekte, Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler, Funktionen in wissenschaftlichen / universitären Gremien und Engagement in wissenschaftlichen Zeitschriften. Das Ziel ist, Daten nur mehr an einer zentralen Stelle für verschiedene Zwecke laufend zu erfassen. Die Daten aus RAD dienen nicht nur der Erstellung der Wissensbilanz, sondern auch als Grundlage für Fakultätsevaluierungen und Zielvereinbarungsgespräche. RAD ist organisatorisch an der UB Wien situiert. 43 Informationsvermittlung Neben den traditionellen Mediendiensten hat sich die bibliothekarische Aufmerksamkeit in den letzten Jahren verstärkt den Informationsdiensten zugewandt. Unter der Voraussetzung, dass Wettbewerbsvorteile zentral in der qualifizierten Beratung der Endnutzerinnen und Endnutzer zu finden sind, wurden Ressourcen aus dem Back Office in das Front Office verlagert. Als koordinierende Einrichtung der Benützerbetreuung wurde an der UB Wien das Zentrum für elektronische Recherchen eingerichtet, das sowohl Anfragen entgegennimmt und beantwortet als auch Führungen und Schulungen veranstaltet. Szientometrie und Bibliometrie Eine der größten Herausforderungen im universitären Bereich ist derzeit die Forschungsevaluation Universitätsleitung und bei die daraus Entscheidungen resultierende bezüglich der Unterstützung der Entwicklung von Forschungsschwerpunkten (Science Policy). Mit Hilfe der Szientometrie (Untersuchung der wissenschaftlichen Forschung) und ihrem Teilgebiet der Bibliometrie (Beobachtung, Analyse und Evaluation von Publikationen und ihrer Zitierhäufigkeit) kann der wissenschaftliche Output einer Universität gemessen werden. An der Universität Wien spielt dabei die Bibliothek nicht nur eine wichtige Rolle bei der Aufbereitung (Gewinn, Analyse, Strukturierung) der Daten, sondern auch durch die Kenntnisse und praktischen Erfahrungen ihrer Spezialistinnen und Spezialisten im Bereich der Szientometrie und Bibliometrie. Die UB Wien koordiniert diese neuen Aufgaben an der Universität Wien und bündelt die vorhandenen Kompetenzen. Vienna University Press Die Vienna University Press ist ein Verlag, den die Universität Wien und V&R unipress in Kooperation gegründet haben. Rechtlich gehört die Vienna University Press als Imprint zu V&R unipress, einem Tochterunternehmen des renommierten geisteswissenschaftlichen Verlagshauses Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Die Universität steuert über den wissenschaftlichen Beirat das Verlagsprogramm und überwacht das vereinbarte Leistungsspektrum des Verlags. Die UB Wien ist im Beirat vertreten und fungiert als Koordinationsstelle innerhalb der Universität. 44 Sammlungen an der Universität Wien Die erste vorrangige Aufgabe dieses neuen Handlungsfeldes war, alle Sammlungen, die sich in den verschiedenen Instituten und Departments der Universität Wien befinden, zu identifizieren, sämtliche Daten zu den Sammlungen (Geschichte, Bestand, Umfang, Erschließung, Adresse, Kontaktperson, Benützungsbeschränkungen) systematisch zu erfassen und ein Gesamtverzeichnis zu erstellen, das über eine eigene Website abrufbar ist (http://sammlungen.univie.ac.at/). Mittelweile werden die Sammlungen infrastrukturell unterstützt und koordiniert, wobei die Kuratorenaufgabe von der UB Wien wahrgenommen wird. Provenienzforschung Auch österreichische Bibliotheken erhielten in der Zeit des Nationalsozialismus oft beschlagnahmtes Bibliotheksgut von aufgelösten Einrichtungen wie Vereinen oder Schulen und aus Enteignungen oder Zwangsverkäufen von Privatpersonen. So befinden sich auch in den Beständen der UB Wien Bücher aus solchen bedenklichen Erwerbungsvorgängen. Die Provenienzforschung der UB Wien durchforstet systematisch die Eingänge aus den Jahren 1938 bis 1945. Die Bibliothek kommt damit ihrer Aufgabe zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit den eigenen Beständen und der Aufarbeitung der Erwerbungspolitik während der NS-Zeit nach. Zudem restituiert sie die unrechtmäßig erworbenen Bestände an die rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer. Aufgrund der komplexen Sachlage ist diese Arbeitsaufgabe als langfristig anzusetzen und deswegen innerhalb der Organisationsstruktur der Bibliothek zu verankern. 2.5. Aufbauorganisation Die Dienstleistungseinrichtung Bibliotheks- und Archivwesen der Universität Wien ist organisatorisch gegliedert in die Universitätsbibliothek (Hauptbibliothek, 39 45 Fachbereichsbibliotheken und acht Institutsbibliotheken), das Universitätsarchiv, zwölf Zentrale Services und einige Subeinheiten, denen Spezialaufgaben zugeteilt sind. 58 Dem Universitätsarchiv obliegt die Erhaltung, Erschließung und Bereitstellung der historischen Überlieferung der Universität Wien und der universitätsgeschichtlichen Sammlungen für Zwecke der Universitätsverwaltung, der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange. Es nimmt mit Publikationen, Vorträgen und Ausstellungen aktiven Anteil an der universitäts- und wissenschaftsgeschichtlichen Arbeit und unterstützt facheinschlägige Forschungsprojekte. Für die Archivbenützung wird ein Lesesaal- und fachlicher Beratungsdienst durchgeführt, darüber hinaus werden schriftliche Auskünfte erteilt. Die Direktion des Universitätsarchivs ist direkt der Leitung der DLE Bibliotheks- und Archivwesen unterstellt. Die 48 Bibliotheken der UB befinden sich an Standorten in ganz Wien, wobei die Hauptbibliothek seit 1884 im damals neu eröffneten Hauptgebäude am Ring untergebracht ist. Die Fachbereichs- und Institutsbibliotheken sind in der Regel in unmittelbarer Nähe zu den Instituten, Fakultäten / Zentren aufgestellt, deren Fachbereich sie abdecken. Der Unterschied zwischen Fachbereichs- und Institutsbibliothek besteht darin, dass die Fachbereichsbibliotheken organisatorisch komplett in die UB integriert sind, das Personal der Institutsbibliotheken hingegen den Instituten bzw. Fakultäten zugeordnet ist. Ihr Erwerbungsbudget beziehen die Institutsbibliotheken von der UB. Die Direktion der Hauptbibliothek wird von der DLELeitung in Personalunion wahrgenommen, die Leiterinnen und Leiter der Fachbereichsbibliotheken sind direkt der Leitung der DLE Bibliotheks- und Archivwesen unterstellt. Die Zentralen Services haben für den gesamten Bereich zentrale und koordinierende Aufgaben wahrzunehmen und sind als interne Dienstleister etabliert (z. B. Team EDVInfrastruktur, Team Koordinierter Bestandsaufbau). Die Zentralen Services haben den Charakter von Stabsstellen, ihre Leitungen sind direkt der Leitung der DLE Bibliotheksund Archivwesen unterstellt. 58 Vgl. das Organigramm: http://bibliothek.univie.ac.at/wir_ueber_uns.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 46 In Bezug auf den engeren Bereich Bibliothek (Hauptbibliothek, Fachbereichsbibliotheken, Institutsbibliotheken) befindet sich die UB am Weg von der Zweischichtigkeit in die angestrebte funktionale Einschichtigkeit. Exkurs 1: Zweischichtigkeit, Einschichtigkeit und funktionale Einschichtigkeit von Bibliothekssystemen in Universitäten 59 Duale (zweischichtige) Bibliothekssysteme An den traditionellen Universitäten war die Literaturversorgung früher so organisiert, dass eine zentrale Bibliothek (die eigentliche Universitätsbibliothek) und eine große Zahl von selbstständigen fachlichen Instituts-, Seminar- oder Lehrstuhlbibliotheken unverbunden nebeneinander bestanden. Dabei war der Bestand der Zentral- bzw. Hauptbibliothek im geschlossenen Magazin untergebracht, während die Bücher der Institutsbibliotheken meist als Freihandbestände aufgestellt waren. Die zentrale Universitätsbibliothek fungierte vorwiegend als Entlehnbibliothek, die Institutsbibliotheken waren in der Regel Präsenzbibliotheken. Das entscheidende Merkmal dieser dualen Literaturversorgung ist die Unabhängigkeit der Institutsbibliotheken von der zentralen Universitätsbibliothek. Die Ursprünge dieses Systems lassen sich in allen traditionsreichen deutschen Universitäten auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückführen. Im Laufe der Jahrzehnte bis in die 1960er Jahre hinein haben sich daher solche Bibliothekssysteme entwickelt, die häufig deutlich über 150 selbstständige Institutsbibliotheken haben. Um das Bild noch unübersichtlicher und rational noch schwerer nachvollziehbar zu machen, haben sich darüber hinaus an vielen Standorten quasi auf einer Mesoebene institutsübergreifende Bibliotheken auf Fachbereichs- oder Fakultätsebene entwickelt – nicht selten unter Beibehaltung von Kleinbibliotheken auf Instituts- oder Arbeitsgruppenebene. 59 Vgl. Ulrich Naumann: Hochschulbibliothekssysteme im Vergleich. 5. Aufl. Vorlesungsskript einer geplanten Lehrveranstaltung am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der HumboldtUniversität zu Berlin Sommersemester 2007, 47 Integrierte (einschichtige) Bibliothekssysteme Das einschichtige System findet man häufig bei Hochschulen, die nach 1960 gegründet wurden (z. B. Universitäten Bochum, Konstanz, Regensburg). Einschichtigkeit im Bibliothekswesen zeichnet sich durch die zentrale Verwaltung von Personal- und Sachmitteln aus. Beschaffung, Erschließung und Bereitstellung der Medien geschieht nach einheitlichen Grundsätzen. Funktionale einschichtige Bibliothekssysteme Traditionell zweischichtige Bibliothekssysteme werden ihre individuelle Ausprägung der funktionalen Einschichtigkeit entwickeln oder haben dies bereits erreicht. Hierzu gehören, soweit möglich, die Bildung von (Fach-)Bereichsbibliotheken, die Zusammenführung von materiellen Ressourcen für bestimmte Materialien (Zeitschriften, elektronische Dokumente), Aufbau von Gesamt-Online-Katalogen, universitätsinterne Abstimmung der Erwerbungen durch möglichst umfassenden Einsatz integrierter Bibliothekssysteme und Verbundteilnahme der Bibliotheken, Beteiligung an Personalauswahlverfahren, zentrale Schulungsangebote für die Bibliothekarinnen und Bibliothekare in den dezentralen Bibliotheken, Abschluss von / und Beteiligung an Konsortialprodukten usw. Die UB Wien arbeitet seit Jahren daran, die Institutsbibliotheken, deren Personal den Instituten zugehört, in ihren Verband zu integrieren. Zumeist ist das mit baulichen Veränderungen verbunden, in deren Folge Bibliotheken zusammengelegt werden. Zudem wurde von der Universitätsleitung aufgegeben, Institutspersonal, das mit bibliothekarischen Agenden befasst ist, in den Bereich der Bibliothek zu übernehmen. 2.6. Aufgaben und Kernkompetenzen Die derzeitige offizielle Aufgabenbeschreibung der UB Wien ist kein selbst erstelltes Mission Statement, sondern wurde großteils aus dem – juristisch überholten und außer Kraft gesetzten – UOG 1993 übernommen (vgl. § 78): http://www.ub.fu-berlin.de/~naumann/biblsysteme/Vorlesungsskript_2007.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 48 Die Aufgaben der Universitätsbibliothek umfassen: • • • • • • • Beschaffung, Erschließung und Bereitstellung aller für Forschung, Lehre und Studium erforderlichen Informationsträger unter Beachtung weitgehender Kontinuität und Vollständigkeit Bereitstellung der Bestände für die Universitätsangehörigen und für die wissenschaftlich interessierte Öffentlichkeit Vermittlung von Information unter Nutzung weltweiter Datennetze (z. B. Internet) und Datenbanken einschließlich der Dokumentenlieferung Vermittlung von Informationskompetenz Pflege und Erschließung des wertvollen historischen Buchgutes Mitarbeit an Gemeinschaftsunternehmen des österreichischen und internationalen wissenschaftlichen Informationswesens Kooperation und Koordination mit den anderen wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs und des übrigen Europas Der Sammelauftrag des Bibliotheks- und Archivwesens umfasst die Beschaffung der Informationsträger aus allen an der Universität Wien gelehrten Wissenschaftsdisziplinen, wobei der UB die Stellung eines bibliographischen Zentrums für die Universität zukommt. Überdies besitzt die UB das Pflichtexemplarrecht für Wien, Niederösterreich und Burgenland. Gemäß § 43 Mediengesetz sind von jedem Druckwerk (Bücher und Zeitschriften) kostenlos zwei bzw. drei Exemplare an die UB abzugeben. 60 Im Rahmen der Strategieentwicklung der UB Wien wird diese Aufgabenbeschreibung nicht nur dahin gehend geprüft werden, inwieweit sie mit dem gegenwärtigen IstZustand übereinstimmt bzw. von aktuellen Entwicklungen abweicht. Es wird vielmehr notwendig sein, sie durch ein selbstformuliertes Mission Statement abzulösen. Dabei ist besonders auf das Management der Kernkompetenzen zu achten, die auf die Bedürfnisse der Endkundinnen und Endkunden zentral Bezug nehmen. Damit ist die UB als wissenschaftliche Bibliothek der Universität Wien positioniert, deren Hauptaufgabe in der Informationsversorgung der Universitätsangehörigen besteht. Diese ihre primäre Nutzergruppe setzt sich aus den Studierenden, den Angehörigen des wissenschaftlichen Personals und den Angehörigen des allgemeinen Personals zusammen. Mit derzeit 86.000 Studierenden und 8.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wissenschaftler) Universität zählt die Wien UB (davon Wien in 6.700 Wissenschaftlerinnen europäischer Perspektive zu und den Universitätsbibliotheken mit den quantitativ größten primären Nutzergruppen (ein rascher Vergleich aktueller Zahlen ist über den Bibliotheksindex BIX / http://www.bixbibliotheksindex.de/ möglich: z. B. UB Frankfurt am Main: 41.600, UB München: 49 49.900 Primärnutzerinnen und -nutzer). – Die wissenschaftlich interessierte Öffentlichkeit, die nicht Teil der Universität Wien ist, wird als sekundäre Nutzergruppe wahrgenommen. 60 http://bibliothek.univie.ac.at/aufgaben.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 50 3. Strategieentwicklung für Organisationen 3.1. Positionen der Managementtheorie Innerhalb der Managementlehre und -theorie war und ist der Bereich des strategischen Managements deutlichen Konjunkturen unterworfen. Das Konzept der Strategie leitet sich wie viele andere Aspekte des Managements aus dem Militärwesen ab und meinte ursprünglich die Kunst der Heerführung. 61 Der preußische General und Militärtheoretiker Carl von Clausewitz interpretierte den Begriff in seinem Hauptwerk „Vom Kriege“ (1832–1834) neu. Für ihn ist Strategie „der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges“. 62 Strategie setzt dem kriegerischen Akt ein Ziel, das dem Zweck entspricht, und entwirft den Kriegsplan. In den 1950er Jahren wurde der Strategiegebegriff systematisch in die Managementlehre und folglich ins Management integriert, indem die in vielerlei Hinsicht einflussreiche Harvard Business School begann, Strategie im Rahmen ihrer Managementausbildung zu unterrichten. Sowohl im Studium als auch in der Praxis galt Strategie dementsprechend als die wichtigste Aufgabe des Chief Executive Officers (CEO). Damit wurde das Top Management, das den Gesamtkurs des Unternehmens zu steuern hat, für die Formulierung und auch für die Umsetzung der Strategie als Gesamtplanung verantwortlich. Die 1960er Jahre erweisen sich als Zeit einer weitverbreiteten Begeisterung für strategische Planung. Einen frühen Beitrag dazu lieferte der amerikanische Wirtschaftshistoriker und Ökonom Alfred D. Chandler jr. mit seiner Studie „Strategy and Structure“ (1962). Er fasste den Strategiebegriff folgendermaßen: Strategy can be defined as the determination of the basic long-term goals and objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals. 63 61 Vgl. Wolfgang H. Staehle: Management. Eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive. 8., überarb. Aufl. München: Vahlen 1999 (= Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften), S. 573–575. 62 Carl von Clausewitz: Vom Kriege. Auswahl. Hg. von Ulrich Marwedel. Stuttgart: Reclam 1980 (= Universal-Bibliothek 9961), S. 178. 63 Alfred D. Chandler jr.: Strategy and Structure. Chapters in the History of the Industrial Enterprise. Cambridge / Massachusetts: MIT Press 1962, S. 13. 51 In der Folge deklarierte Chandler in seinem Hauptwerk anhand seiner Formel „structure follows strategy“ einen Primat der Strategie vor der Struktur. Die Organisationsstruktur muss der Strategie entsprechen und sollte von dieser gesteuert werden – nicht umgekehrt. Dieser Ansatz wurde in der Nachfolge zunächst kontroversiell diskutiert und gilt heute als simplifizierend, da mittlerweile über systemische Positionen deutlich wurde, dass Organisationen nicht monokausal zu deuten und auch nicht zu führen sind. Die wesentlichen Arbeiten zur Strategiediskussion der 1960er Jahre steuerte der amerikanische Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler Harry Igor Ansoff bei. Mit seiner Studie „Management-Strategie“ (Corporate Strategy, 1965) hatte er zentralen Anteil an der Begründung des strategischen Managements. 64 Bis heute berühmt geblieben und auch immer wieder zitiert ist seine Marktfeldstrategie (Ansoff-Matrix bzw. Ansoff Model of Strategic Planning), die eine praktische Methode zur Fällung strategischer Entscheidungen liefern soll. Diese Matrix, die die Elemente „Bestehende Märkte“, „Neue Märkte“, Bestehende Produkte“ und „Neue Produkte“ miteinander verbindet, eröffnet vier unterschiedliche Wachstumsstrategien: • Marktdurchdringung (Market Penetration): Das Unternehmen wächst mit bestehenden Produkten in seinem aktuellen Marktsegment. Hierzu muss es in einem Verdrängungswettbewerb mit Konkurrenten seinen Marktanteil erhöhen. • Markterschließung (Market Development): Das Unternehmen erschließt für die bestehenden Produkte neue Marktsegmente. • Produktentwicklung (Product Development): Das Unternehmen entwickelt neue Produkte für die bereits bestehenden Marktsegmente, in denen es aktiv ist. • Diversifikation (Diversification): Das Unternehmen entwickelt neue Produkte für neue Märkte. Ebenfalls bereits in den 1960er Jahren sind Ansätze zur Fokussierung auf eine Vision als Herzstück unternehmerischen Agierens auszumachen. So legten der Soziologe Tom Burns und der Psychologe George M. Stalker mit „The Management of Innovation“ 65 eine Untersuchung von zwanzig Firmen vor, die sie nach mechanischen und organischen Managementsystemen (Mechanistic vs. Organic Systems of Management) 64 Harry Igor Ansoff: Management-Strategie. München: Verlag Moderne Industrie 1966. 52 unterschieden. Im Unterschied zu den mechanischen operierten die organischen Systeme auf unsicheren Märkten mit rapide wechselnden Technologien. Sie konnten dort dann erfolgreich agieren, wenn sie sich netzwerkartig ausdifferenzierten, Teamarbeit forcierten, gemeinsame Wertvorstellungen und eine gemeinsame Vision ausprägten, um sich ihren dynamischen Umwelten möglichst gut anzupassen. Da Burns und Stalker davon überzeugt waren, dass sich die Märkte der Zukunft durch wachsende Instabilität auszeichnen werden – der Informationsmarkt ist ein gutes Beispiel dafür –, erwarteten sie sich eine Ausbreitung dieser organischen Systeme. Zur wissenschaftlichen Disziplin entwickelte sich das strategische Management in den 1970er Jahren. 66 Dabei konzentrierte sich der Fachbereich auf die Langfristplanung bzw. strategische Planung und stieß rasch an seine Grenzen: Planungsprozeduren verkommen zu bürokratischen Zielfestschreibungen, Implementierungsprobleme häufen sich und Änderungen der Umwelten werden nicht adäquat prognostiziert. In den 1980er Jahren gewannen vor allem die Arbeiten des Wirtschaftswissenschaftlers Michael Porter an Bedeutung. Anfang der 1980er Jahre publizierte er mit seiner Studie „Wettbewerbsstrategie“ (Competitive Strategy, 1980) 67 eines der seither einflussreichsten Managementbücher. Im Jahr 1985 legte Porter dann seinen zweiten Management-Klassiker vor, das Handbuch „Wettbewerbsvorteile“ (Competitive Advantage, 1985). 68 Stellen diese Arbeiten keine besonders große Hilfe bei der Entdeckung profitabler Strategien dar, sind sie jedoch ein wichtige Instrumente bei der Entscheidung, ob eine bestimmte Strategie voraussichtlich zu einem nennenswerten Gewinn führen wird oder nicht. Strategie wird hier als „Entscheidung, wie man konkurrieren will“ gefasst, wobei drei Strategietypen unterschieden werden: a) Kostenführerschaft als Kostenvorsprung gegenüber Konkurrenz, b) Differenzierung als Konkurrieren auf der Basis eines zusätzlichen Werts für die Kundinnen und Kunden (z. B. Qualität) und c) Konzentration auf Schwerpunkte. Die Spielregeln des Wettbewerbs und damit auch die Wahl der Strategie einer Organisation bestimmt nur die Kombination des externen und internen 65 Tom Burns / George M. Stalker: The Management of Innovation. London: Tavistock Publications 1961. 66 Vgl. Günter Müller-Stewens / Christoph Lechner: Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel 2001, S. 8–11. 67 Michael Porter: Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten. Frankfurt am Main: Campus 1983. 68 Michael Porter: Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt am Main: Campus 1986. 53 Umfelds einer Branche. Porter identifiziert mit seinen berühmten Five Forces fünf Wettbewerbskräfte, deren Kombination das Erfolgspotential einer Branche definieren: die Verhandlungsmacht der Lieferanten, die Verhandlungsmacht der Kunden, die Bedrohung durch neue Wettbewerber, die Bedrohung durch Substitute bzw. Ersatzprodukte oder -leistungen und die Konkurrenz zwischen bestehenden Wettbewerbern. Ebenfalls in den 1980er Jahren lenkten die US-amerikanische Wirtschaftskrise und die beginnende Hausse der japanischen Ökonomie die traditionellen Management-Schulen auf das japanische Management, das zu dieser Zeit in den angelsächsischen und kontinentaleuropäischen Raum importiert wurde. Der japanische Unternehmensberater Kenichi Ohmae stellte in seinem Buch „Japanische Strategien“ (The Mind of the Strategist, 1982) den Unterschied zwischen amerikanischem und japanischem Management dar. Im Zentrum seines Buches steht die gegen die Planungsobsession der 1970er Jahre gerichtete These, dass erfolgreiche Unternehmensstrategien nicht aus möglichst genauen Analysen erwachsen, sondern aus einer ganz bestimmten Geisteshaltung. […] Große Strategien, wie große Kunstwerke oder große wissenschaftliche Entdeckungen auch, erfordern eine technische Meisterschaft bei der Ausarbeitung, entspringen jedoch aus Erkenntnissen, die außerhalb der Reichweite der bewußten Analyse liegen. 69 Als eine genuin US-amerikanische Antwort auf die Probleme der eigenen Wirtschaft und der Krise zahlreicher US-Unternehmen, die als „over-managed“ und „under-led“ angesehen wurden, ist die Fokussierung auf Leadership und charismatische Führung zu sehen, die in der europäischen Tradition bereits bei dem deutschen Soziologen Max Weber formuliert ist. Im Rahmen seiner Herrschaftssoziologie konstatierte Weber drei Typen legitimer Herrschaft, den rationalen, den traditionalen und den charismatischen Typus. Die Legitimität der charismatischen Herrschaft basiert „auf der außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnungen“. 70 69 Kenichi Ohmae: Japanische Strategien. Hamburg: McGraw-Hill 1986, S. 2f. Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Tübingen: Mohr 1922, S. 124. 54 70 Sechzig Jahre später entwarfen die Managementtheoretiker Warren Bennis und Burt Nanus in ihrem Bestseller „Führungskräfte“ (Leaders, 1985) 71 vier Strategien des erfolgreichen Führens, die im Zeichen eines neocharismatischen Führungsstils stehen: • Mit einer Vision Aufmerksamkeit erzielen • Sinn vermitteln durch Kommunikation • Eine Position einnehmen und damit Vertrauen erwerben • Entfaltung der Persönlichkeit durch ein positives Selbstwertgefühl Besonders markant ist hier zu erkennen, dass neocharismatische Ansätze ihren Schwerpunkt von der Strategie auf die Vision verlagern. Die knapp und enthusiasmierend formulierte Vision bezieht sich auf einen zukünftigen Zustand und soll als langfristige Zielvorgabe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren, eine gemeinsame Identität herstellen und eine einheitliche Entwicklungsrichtung vorgeben. Sie korreliert mit der transformationalen Führung einer charismatischen Führungspersönlichkeit, die die Geführten zur Selbstverwirklichung in der Arbeit stimuliert. Der US-amerikanische Organisationstheoretiker Peter M. Senge setzte in seinem Konzept der „Lernenden Organisation“, das auch Aspekte der Strategieentwicklung beinhaltet, ebenfalls auf Vision. In seinem Standardwerk „Die fünfte Disziplin“ (The Fifth Discipline, 1990), das mit seinen „Five Forces“ die fünf Komponenten einer lernenden Organisation vorführt, nennt er – neben Personal Mastery, mentalen Modellen, Team-Lernen und dem integrativen Systemdenken – als vierte Disziplin die gemeinsame Vision. 72 Dabei ist wichtig mitzubedenken, dass Senge die lernende Organisation nicht als Produkt, sondern als Prozess begreift. Der Organisationspsychologe Edgar Schein brachte ebenfalls in der Mitte der 1980er Jahre mit seiner Arbeit „Unternehmenskultur“ (Organizational Culture and Leadership, 1985) 73 einen weiteren Aspekt, der für die Strategiediskussion wichtig wurde, ins Spiel: die Organisationskultur. Zentral ist dabei seine Erkenntnis, dass die Qualität der 71 Warren Bennis / Burt Nanus: Führungskräfte. Die vier Schlüsselstrategien erfolgreichen Führens. Frankfurt am Main, New York: Campus 1992. 72 Vgl. Peter M. Senge: Die fünfte Disziplin. Kunst und Praxis der lernenden Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta 1996, S. 251–283. 73 Edgar Schein: Unternehmenskultur. Ein Handbuch für Führungskräfte. Frankfurt am Main, New York: Campus 1995. 55 Organisationskultur einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen hat. Für die Strategieentwicklung maßgeblich ist, dass die Unternehmenskultur die Unternehmensstrategie dann unterstützt, wenn es einen über Partizipation hergestellten Konsens in der Mission, den Zielen und den Mitteln zur Erreichung der Ziele usw. im Unternehmen gibt. Die Partizipation ist auch deswegen zu unterstützen, um auf allen Ebenen das Engagement und die Lernfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern. In den 1990er Jahren war strategisches Management in der Managementlehre weitgehend diskreditiert. Lean Management 74 und Business Reeingeenering 75 beanspruchten den größten Teil der Aufmerksamkeit. Indem sie auf Strategieentwicklung setzten, versuchten die beiden Managementtheoretiker Gary Hamel und C. K. Prahalad explizit, das teilweise für die unternehmerische Praxis destruktive Business Reeingeenering zu überwinden. In ihrem Management-Standardwerk „Wettlauf um die Zukunft“ (Competing for the Future, 1994) 76 gehen sie von einer Situation aus, die durchaus auf die heutige Herausforderung für Bibliotheken übertragbar ist, nämlich die Situation unstrukturierter Industrien, für die „die Zahl der zukünftigen Kombinationsmöglichkeiten so groß [ist], daß eine herkömmliche Szenarienplanung kaum in der Lage wäre, die ganze Bandbreite an potentiellen Ergebnissen aufzuzeigen“. 77 Nach ihrer Diagnose findet der Wettbewerb um die Zukunft häufig in diesen unstrukturierten Arenen statt, „in denen es noch keine Regeln für den Wettbewerb gibt“. 78 Als markantes Beispiel für unstrukturierte Industrien wird die Digitalindustrie angeführt, an der Bibliotheken mittlerweile massiv partizipieren. Ihre Schlussfolgerung für unstrukturierte Industrien lautet: Industrievorausblick muß auf fundierte Einsichten in die Entwicklung von Lebensgewohnheiten, Technologie, Bevölkerungsstruktur und Geopolitik beruhen, aber er hängt ebensosehr von der Vorstellungsgabe wie von Vorhersagen ab. Um die 74 Vgl. James P. Womack / Daniel T. Jones / Daniel Roos: Die zweite Revolution in der Autoindustrie. Konsequenzen aus der weltweiten Studie des Massachusetts Institute of Technology. Frankfurt am Main, New York: Campus 1992. 75 Vgl. Michael Hammer / James Champy: Business Reengineering. Die Radikalkur für das Unternehmen. Frankfurt am Main, New York: Campus 1993. 76 Gary Hamel / C. K. Prahalad: Wettlauf um die Zukunft. Wie Sie mit bahnbrechenden Strategien die Kontrolle über Ihre Branche gewinnen und die Märkte von morgen schaffen. Wien: Ueberreuter 1995 (= Manager-Magazin-Edition). 77 Ebd., S. 136. 78 Ebd., S. 71f. 56 Zukunft gestalten zu können, muß ein Unternehmen zuerst in der Lage sein, sich die Zukunft vorzustellen. 79 Insofern hat das Top Management die Aufgabe, den gegenwärtigen Chancenhorizont zu erweitern, um in der Zukunft erfolgreich zu sein. Dies kann gelingen, wenn das Unternehmen nicht als Portfolio einzelner Geschäftseinheiten, sondern als Portfolio von Kernkompetenzen, die anhand einer allgemeinen Beschreibung des Kundennutzens definiert werden, begriffen wird (z. B. „Benutzerfreundlichkeit“ bei Apple, „Taschengröße“ bei Sony). Spannend und logisch folgerichtig dabei ist die Feststellung, dass „ein Unternehmen, das es sich zum Ziel gesetzt hat, die Zukunft als erstes zu erreichen, […] über bloße Kundenorientiertheit hinausgehen“ 80 muss. Aus dieser Grundfokussierung resultiert Hamels und Prahalads Vorbehalt gegenüber Planung, die einen Exaktheitsgrad erfordern würde, der nicht erreicht werden kann, wenn man über die nächsten zwei, drei Jahre hinausblickt. Planung, die stets an den gegenwärtigen Bedingungen ausgerichtet ist, führt folglich zu Anpassung und Unbeweglichkeit. Um langfristig Kundennutzen zu sichern, ist es notwendig, Kernkompetenzen statt strategische Geschäftseinheiten sowie Funktionen versus Produkte wahrzunehmen, unverstellt naiv wie ein Kind zu denken, neugierig zu sein, im Sinn eines Eklektizismus alles durch eine Vielzahl von Objektiven zu betrachten und gelegentlich dem zu misstrauen, was man zu sehen vermeint. Es ist nötig, eine Vorstellung davon zu haben, welche neuen Vorteile oder „Funktionen“ den Kunden im Lauf der nächsten zehn Jahre angeboten werden sollen, welche neuen Kernkompetenzen erforderlich sein werden, um diesen Kundennutzen zu schaffen, und welche Veränderung die Kundenschnittstelle erfahren muß, um den Kunden den Zugang zu den neuen Vorteilen zu erleichtern. 81 Für Hamel und Prahalad wird deswegen die strategische Architektur zum unternehmerischen Erfolgsfaktor, die festlegt, „‚was wir heute tun müssen’, um die Zukunft vorwegzunehmen. Eine strategische Architektur ist das wesentliche Bindeglied zwischen Heute und Morgen, zwischen kurzfristigem und langfristigem Zeithorizont“. 82 Als Zentrum der strategischen Architektur wird die strategische Intention gedacht, die für die Reise in die Zukunft die emotionale und intellektuelle Energie mobilisiert. „Die 79 Ebd., S. 137. Ebd., S. 162. 81 Ebd., S. 172. 80 57 strategische Intention muß ein Ziel vermitteln, das den Respekt und die Gefolgschaft jedes einzelnen Mitarbeiters verdient“. 83 Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter muss diese zu personalisierende Intention verstehen, sie teilen und zu ihrer Verwirklichung beitragen. – Bei der Strategieentwicklung der UB Wien fungiert die Vision als strategische Intention. Ebenfalls spannend ist Hamels und Prahalads Aufforderung an das Top Management, „einen Anspruch zu erheben, der per definitionem eine Kluft zwischen Ambition und Ressourcen erzeugt“. 84 Denn mittelfristige Herausforderungen verlangen mehr von der Organisation, als sie derzeit für möglich hält, und perfekte Harmonie garantiert Atrophie und Stagnation. Deshalb hat der Strategieprozess von einer bewusst herbeigeführten mangelnden Harmonie zwischen der gegenwärtigen und der angestrebten Position der Organisation ausgehen. Anregend für den bibliothekarischen Bereich kann auch Hamels und Prahalads Bestehen auf einer Perspektive auf Kernkompetenzen sein, die einer ausgeprägten Diversifikation des Produkt- und Serviceportfolios entgegen gehalten wird. Kernkompetenzen werden als die dauerhaftesten und komplexesten Bausteine für die Strategiekonstruktion angesehen und sind damit die Wurzeln der Wettbewerbsfähigkeit. – Für Bibliotheken ließe sich hier eine Diskussion darüber anschließen, ob die einfachen Suchstrategien von Google übernommen werden sollen oder ob die eigenspezifische differenzierte Suchmöglichkeit in ihren einheitlich strukturierten Daten forciert werden sollte. Für Hamel und Prahalad stellt Strategie die Möglichkeit dar, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens, die durch Empowerment aktiviert wurden, auf eine gemeinsame Linie zu bringen. Erst damit wird – immer in Koalition mit der Möglichkeit zu eigenverantwortlichem Handeln – das Kollektiv einer Organisation in die Richtung des Erfolgs bewegt. Zudem kann strategisches Denken die Planung der kleinen Schritte transzendieren, die in einer Welt tiefgreifender Veränderungen nicht hilfreich ist. Diesen Faktor der Ungewissheit über die Entwicklung der Zukunft hat besonders prominent der Wirtschafts- und Sozialphilosoph Charles Handy in die Diskussion 82 Ebd., S. 176. Ebd., S. 210. 84 Ebd., S. 228. 83 58 gebracht. In seiner Studie „The Age of Unreason“ (1989) 85 wird Zukunft als diskontinuierlicher Wandel gedacht. Im neu eingetretenen Zeitalter der Unvernunft bestätigt sich als einzige Voraussage, dass sich eben keine bestätigen wird. Strategische Planung wird insofern immer unzuverlässiger. Für Organisationen stellt sich als besondere Herausforderung die Anpassung an sich laufend verändernde Umwelten, wobei Handy den Begriff der Veränderung als Synonym für Lernen auffasst und daher jedes Veränderungsmodell auch als Lernmodell denkt: Those who are always learning are those who can ride the waves of change and who see a changing world as full of opportunities rather than of damages. They are the ones most likely to be the survivors in a time of discontinuity […]. If you want to be in control of your change, take learning more seriously. 86 Der Management-Experte Jim Collins zeigte in seinem Bestseller „Der Weg zu den Besten“ (Good to Great, 2001) deutliche Distanz zur Strategieentwicklung. Priorität hat zuallererst die Rekrutierung von exzellentem Personal für die Organisation: Die entscheidende Erkenntnis ist: „Wer“-Fragen kommen vor „Was“Entscheidungen – vor Visionen, vor Strategien, vor einer Organisationsstruktur, vor Taktik. Erst „Wer“, dann „Was“ – als rigorose Regel. 87 Zudem stellte er auf der Basis seiner breiten empirischen Untersuchung fest, dass Strategie keinen Unterschied zwischen besonders erfolgreichen Unternehmen) und weniger erfolgreichen Unternehmen ausmacht, 88 (Take-off- bekennt sich allerdings zu einer Perspektive auf Kernkompetenzen mit einem Unternehmensportfolio kleinstmöglicher Streuung. 89 – Hier ist für Bibliotheken zu konstatieren, dass sie als Einrichtungen des öffentlichen Dienstes oder als den Ministerien oder öffentlichen Körperschaften nachgeordnete Einrichtungen nur eingeschränkte Möglichkeiten der Personalpolitik haben und deswegen auf andere Managementmaßnahmen setzten müssen, z. B. auf Strategieentwicklung. Interessant ist, dass Collins diese Situation 85 Charles Handy: The Age of Unreason. Boston / Massachusetts: Harvard Business School 1989; vgl. zum selben Thema auch Handys Essaysammlung „Ohne Gewähr“ (Beyond Certainty, 1995): Charles Handy: Ohne Gewähr. Abschied von der Sicherheit – Mit dem Risiko leben lernen. Wiesbaden: Gabler 1996. 86 Ebd., S. 55f. 87 Jim Collins: Der Weg zu den Besten. Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2003 (= dtv 34039), S. 88. 88 Vgl. ebd., S. 153. 59 eingeschränkter Personalpolitik am Beispiel akademischer Institutionen mitbedenkt, an seinem Prinzip festhält und die Entwicklung hier langfristig ansetzt. 90 Spannender für die strukturell technikorientierten und -affinen Bibliotheken kann die von Collins behauptete Technologiefalle sein: „Technologisch induzierter Wandel ist nichts Neues. Die entscheidende Frage heißt nicht: ‚Welche Rolle spielt die Technik’?, sondern: ‚Wie gehen Take-off-Unternehmen mit Technik um?’“. 91 – Hier werden Bibliotheken vor die Aufgabe gestellt, technologische Innovation nicht bloß wegen ihrer Emergenz und Verfügbarkeit einzusetzen, sondern auf ihre Unterstützung für ihren Geschäftserfolg zu prüfen und dies zum Implementierungskriterium zu machen. In der Tradition eines Managements by Values scheinen bei Collins die Wertorientierung die Rolle von Strategieentwicklung einzunehmen: Dauerhafte Spitzenunternehmen bewahren ihre zentralen Werte und Zielsetzungen, während sie ihre Unternehmensstrategien und -praktiken ununterbrochen an die sich verändernden Verhältnisse anpassen. Das ist die magische Kombination aus „Bewahre den Kern und fördere die Weiterentwicklung“. 92 Für eine organisationale Strategieentwicklung ist hier allerdings einzuräumen, dass gerade sie Werte in einer Organisation sichtbar und allgemein machen kann. Entscheidend ist hier der Prozess der Strategieentwicklung, der lanciert wird. In einem partizipatorisch angelegten Verfahren können positive Unternehmenswerte tief in der Belegschaft verankert werden. Dieser Diskreditierung unternehmerischer Strategie, die bei Jim Collins exemplarisch nachgelesen werden kann, wurde neuerdings mit ihrer Rehabilitierung begegnet. So betonte etwa jüngst die Betriebswirtschaftlerin Cynthia A. Montgomery, dass Strategie zu einer Wettbewerbstaktik verengt wurde und damit vom übergeordneten Zweck des Unternehmens abgelöst wurde. Dabei ist in Vergessenheit geraten, dass Strategie eine dynamische Orientierungshilfe für die langfristige Organisationsentwicklung sein sollte. Folglich hat der Unternehmenszweck im Zentrum der Strategie zu stehen, die in einem infiniten Prozess zu entwickeln ist, der vom Geschäftsführer selbst geleitet wird. 89 Vgl. ebd., S. 181. Vgl. ebd., S. 274f. 91 Ebd., S. 189. 92 Ebd., S. 247. 90 60 Das Puzzle namens Strategie lässt sich nicht auf einmal zusammenfügen. Was den Strategen von allen anderen Personen im Unternehmen unterscheidet, ist seine Aufgabe, immer wieder neue Gründe für den Fortbestand des Unternehmens zu finden. Zum einen muss er die Wertschöpfung im Auge behalten, zum andern Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die entweder dessen Position bedrohen oder neue Möglichkeiten zur Wertschöpfung bergen. Diesen unendlichen Prozess zu begleiten, inmitten des Schlachtengetümmels dem Handeln im Unternehmen Richtung und Sinn zu geben, ist die krönende Aufgabe des CEOs. 93 Abschließend soll strategisches Management noch aus der Sicht des Managementtheoretikers Henry Mintzberg rekonstruiert werden, und dies vor allem deswegen, weil sein holistischer Ansatz die Basis der Strategieentwicklung an der UB Wien bildet. Nach seiner grundlegenden Arbeit „Die strategische Planung“ (The Rise and Fall of Strategic Planning, 1994) 94 fasste Mintzberg gemeinsam mit seinen Kollegen Bruce Ahlstrand und Joseph Lampel seine Überlegungen in dem auch für die Management-Praxis sehr anregenden und spannenden Buch „Strategy Safari – Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements“ (Strategy Safari, 1999) zusammen. 95 Mintzberg geht in seiner Strategielehre von einer Rekonstruktion der verschiedenen Denkschulen strategischen Managements aus und differenziert dabei zehn Ansätze: 1. Designschule Strategieentwicklung als konzeptioneller Prozess: Die Strategie wird aus einer Anpassung der internen Fähigkeiten der Organisation an die externen Möglichkeiten formuliert. 2. Planungsschule Strategieentwicklung als formaler Prozess: Die Strategie wird auf der Basis eines faktenorientierten Planungsprozesses festgelegt. 3. Positionierungsschule Strategieentwicklung als analytischer Prozess: Die strategische Positionierung einer Organisation erfolgt auf der Basis der Analyse des Geschäftskontextes. 93 Cynthia A. Montgomery: Die Rückkehr der strategischen Führung. In: Harvard Business Manager 30 (Mai 2008), S. 10–18, hier S. 18. 94 Henry Mintzberg: Die strategische Planung. Aufstieg, Niedergang und Neubestimmung. München: Hanser 1995. 95 Henry Mintzberg / Bruce Ahlstrand / Joseph Lampel: Strategy Safari. Eine Reise durch die Wildnis des strategischen Managements. Wien: Ueberreuter 1999. 61 4. Unternehmerschule Strategieentwicklung als visionärer Prozess: Der visionäre Prozess wird von einer charismatischen Führungspersönlichkeit entwickelt. 5. Kognitive Schule Strategieentwicklung als mentaler Prozess: Mit Hilfe der kognitiven Psychologie wird die Strategieentwicklung als Prozess der Informationsverarbeitung analysiert. 6. Lernschule Strategieentwicklung als sich herausbildender Prozess: Da die Welt als zu komplex wahrgenommen wird, als dass Strategien geschlossen und kohärent entwickelt werden können, erfolgt strategische Positionierung in kleinen Schritten während eines organisationalen Lernprozesses. 7. Machtschule Strategieentwicklung als Verhandlungsprozess: Die Strategie wird als ein Prozess der Vermittlung zwischen Machtinhabern innerhalb der Organisation und / oder zwischen der Organisation und ihren externen Stakeholdern entwickelt. 8. Kulturschule Strategieentwicklung als kollektiver Prozess: Die Strategie wird in einem kooperativen Prozess entwickelt und ist eine Reflexion der Organisationskultur. 9. Umweltschule Strategieentwicklung als reaktiver Prozess: Die Strategie ist eine Antwort auf die Herausforderungen, die durch externe Umwelten auferlegt werden. 10. Konfigurationsschule Strategieentwicklung als Transformationsprozess: Alle anderen neun Schulen werden als relevant erachtet, wobei jede Schule ihre Zeit und Anwendungssituation hat. Die Strategieformulierung ist ein Prozess des Umwandelns der Organisation von einer Art Entscheidungsstruktur in eine andere. Die Konfigurationsschule ist die von Mintzberg selbst vertretene Position. Mintzberg selbst greift die pointierteste Kritik an seiner Konfigurationsschule auf, die von dem Organisationstheoretiker Lex Donaldson stammt und Mintzberg vorwirft, über 62 keinen kohärenten Theoriezugang zu verfügen. 96 Doch gerade der synkretistische Ansatz der Konfigurationsschule macht diese Position für das praktizierende Management so attraktiv und unmittelbar in der Organisationsrealität einsetzbar. Deswegen bildete Mintzbergs Ansatz auch die Basis für die Strategieentwicklung an der UB Wien. 3.2. Strategieentwicklung für und von Bibliotheken Angesichts der sich aktuell massiv ändernden medienhistorischen und wissensökonomischen Bedingungen werden in der Bibliothekswelt zunehmend Anstrengungen unternommen, Zukunft planerisch und strategisch zu gestalten. Dabei werden alternative kurz-, mittel- und langfristige Szenarien des Informationsmarkts erarbeitet, um die Institution Bibliothek mit ihren spezifischen Kompetenzen und ihrem Innovationspotential entsprechend positionieren zu können. Besonders berücksichtigt werden hierbei die Rolle der neu auf den Markt drängenden Informationsdienstleister (vor allem Google) und des veränderten Informationsverhaltens der zukünftigen Bibliotheksbenützerinnen und -benützer (vor allem Digital Natives). Um die Anforderungen, die an Information und damit an Informationsdienstleister gestellt werden, abzuleiten und die Zukunftsressourcen der Gedächtnisinstitution Bibliothek einzuschätzen, kann vor allem auf folgende Quellen und Instrumente zurückgegriffen werden: 97 • Nationale und internationale Strategiepapiere (z. B. Bibliothek 2007) • Visionen, Leitbilder, Strategien und Mission Statements einzelner Bibliotheken • Nationale und internationale Good-Practice-Modelle • Innovative Einzelprojekte (z. B. Innovationsmanagement an der Bibliothek der ETH Zürich) 96 Vgl. ebd., S. 386–390. Vgl. Hans-Christoph Hobohm: Bibliothek(swissenschaft) 2.0. Neue Auflage oder Wende in Forschung und Lehre? Vortrag auf dem 2. gemeinsamen Bibliothekstag Berlin/Brandenburg am 29. September 2007 in Frankfurt / Oder. In: LIBREAS – Library Ideas 3/4 (2007), S. 1–14; http://www.ib.huberlin.de/~libreas/libreas_neu/ausgabe10/003hob.htm; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 63 97 • Bibliotheksneubauten, die eine langfristige Entwicklungsplanung voraussetzen bzw. statuieren (z. B. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden) • Systematische Beobachtung und Analyse des Informationsmarkts • Untersuchungen zum Informationsverhalten der primären Nutzergruppe • Benützerbefragungen (z. B. Conjoint-Analyse der Universitätsbibliothek Bielefeld) • Trendforschung, Zukunftskonferenzen, Expertenbefragungen, Delphi-Studien und Szenariotechniken • Literaturstudien In der Folge sollen einige dieser Hilfsmittel für die Strategieentwicklung exemplarisch vorgestellt werden. 3.2.1. Allgemeine bibliothekarische Zukunfts- und Strategieentwürfe Bibliothek 2007 Als Flagschiff-Projekte für den deutschsprachigen Raum können die Studien „Bibliothek 2007“ und „Bibliothek 2012“ gelten. Die Studie „Bibliothek 2007“, die von der Bertelsmann Stiftung und der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e. V. verantwortet wird, setzt als Grundkonsens voraus, dass Bibliotheken „als gesellschaftlich wertvolle Institutionen, deren Funktionen nicht substituiert werden können“ 98 , weiterbestehen. Diese Prämisse mag für den bibliothekarischen identitätsvergewissernd wirken, Berufsstand bedingt aber in seiner notwendig Legitimationskrise eine hochselektive Realitätswahrnehmung. Auf der Basis einer Expertenbefragung, einer Ist-Analyse der derzeitigen Situation der Bibliotheken in Deutschland und einer internationalen GoodPractice-Recherche zu vorbildlichen nationalen Entwicklungen im Bibliotheksbereich wurde im Jahr 2004 ein nationales Strategiepapier vorgelegt, 99 das aufzeigen soll, wie die Bibliotheken in Zukunft zu einer optimalen Infrastruktur für Bildung und Kultur 98 http://www.bibliothek2007.de/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 64 beitragen können. Aufgrund des Befunds, dass in Deutschland eine strategische Verankerung der Bibliotheken als Teil der Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur fehle, wurde die Einrichtung einer nationalen Bibliotheksentwicklungsagentur zur länderübergreifenden Koordination und Unterstützung der Bibliotheken gefordert. Mit dem Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (KNB) wurde 2004 eine vergleichbare Organisation gegründet. Für die Entwicklung der einzelnen Bibliotheken werden fünf Handlungsmaximen formuliert: • • • • • Im Zentrum aller Innovation steht der Kunde der Bibliothek. Die lokale, regionale, nationale und internationale Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Zur Finanzierung innovativer Projekte müssen Bibliotheken alle Möglichkeiten ausschöpfen (z. B. Einwerbung von Drittmitteln). Innovative Veränderungen dürfen vor den eigenen Organisationsstrukturen nicht Halt machen. Personaleinsatz und -entwicklung in Bibliotheken müssen auf den Erkenntnissen moderner und leistungsorientierter Betriebsführung beruhen. 100 Bibliothek 2012 Das 2007 gestartete Projekt „Bibliothek 2012“ setzte die Arbeiten von „Bibliothek 2007“ fort und legte 2009 die Publikation „21 gute Gründe für gute Bibliotheken“ vor. 101 Das Papier richtet sich nicht in erster Linie an die Fachöffentlichkeit, sondern insbesondere an die Unterhaltsträger von Bibliotheken, an Politikerinnen und Politiker und an Verwaltungsangehörige. Wohl aus diesem Grund ist es zu einer Werbebroschüre für Bibliotheken geworden, das für eine innerbibliothekarische Diskussion wertlos bleibt. 99 Bibliothek 2007. Strategiekonzept. Hg. von der Bertelsmann Stiftung und der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e. V. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung 2004. 100 Ebd., S. 23. 101 21 gute Gründe für gute Bibliotheken. Hg. von der BID – Bibliothek & Information Deutschland. Berlin: Bibliothek & Information Deutschland 2009; http://www.bideutschland.de/download/file/21%20GUTE%20GRUENDE_endg_16-1-09.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 65 Bibliotheken 2040 Das Projekt „Bibliotheken 2040“ wurde im Jahr 2000 von der Niederländischen Vereinigung Öffentlicher Bibliotheken initiiert und wirft die Frage nach der Zukunft der öffentlichen Bibliotheken auf. Die vorgelegte Publikation 102 dokumentiert die Idee, Bibliotheken für die Zukunft zu entwerfen. Es werden sieben experimentelle und phantasievolle Zukunftsideen von Bibliotheken vorgestellt, die ganz bewusst die Grenzen des Wahrscheinlichen und Möglichen sprengen. Sie entstanden in Kooperation von Bibliothek, Design, Architektur, Kunst und Bibliotheksbenützung. Da die Zukunftswerkstatt „Bibliotheken 2040“ auf öffentliche Bibliotheken ausgerichtet ist, ist es für wissenschaftliche Bibliotheken wie Universitätsbibliotheken schwierig, die Ergebnisse in ihren Bereich zu importieren. Taiga Forum Eine Gruppe amerikanischer Bibliotheksdirektorinnen und -direktoren nahm sich im März 2006 der Erforschung der eigenen Zukunft an und kam zu dem provozierendpessimistischen Schluss, dass für Hochschulbibliotheken die nächste Zukunft eher einer Verödung gleich kommt: Sie nannten sich deshalb „Taiga Forum“, tatsächlich in Assoziation zur bekannten unwirtlichen Klimazone der Nordhalbkugel. Ihre zentrale These in ihren „Fifteen Provocative Statements“ 103 lautet: In fünf Jahren wird die Bibliothek nicht mehr sein, was sie war („traditional library organizational structures will no longer be functional“), vor allem weil die physisch vorhandenen Einrichtungen und Objekte bis hin zum Personal stark ausgedünnt werden und Google die Rolle der wissenschaftlichen Informationsvermittlung übernommen hat („all information discovery will begin at Google“). Auf dieses erste Treffen folgten bislang drei weitere Zusammenkünfte, wobei im Rahmen des letzten Workshops im Jänner 2009 die „Statements“ zu den „Taiga 4 Provocative Statements“ 104 aktualisiert wurden. Dieser Update der Thesen radikalisiert die ursprüngliche Ausrichtung zu einer Auflösung der Bibliotheken, die physisch mit den Universitäten verschmelzen („library buildings will no longer house collections and 102 Bibliotheken 2040. Die Zukunft neu entwerfen. Bad Honnef: Bock + Herchen 2001. Taiga Forum: Fifteen Provocative Statements. 2006; http://www.taigaforum.org/documents/ProvocativeStatements.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 104 Taiga Forum: Taiga 4 Provocative Statements. 2009; 103 66 will become campus community centers that function as part of the student services sector“). Die hoch professionalisierte bibliothekarische Kompetenz wird nicht mehr als adäquat erachtet, Bibliotheken als Informationsdienstleister erfolgreich zu prozessieren: „University administrators will see that librarians do not have the skills they need and will hire leaders from other parts of the academy, leading both to a realignment of the library within the university and to the decline of the library profession“. Horizon Reports Das New Media Consortium (NMC) beschäftigt sich als internationales Non-ProfitKonsortium, dem Hunderte von Universitäten, Colleges, Museen, Forschungszentren und Think Tanks weltweit angehören, mit dem Einsatz neuer Medien und neuer Technologien in lernfokussierten Organisationen. Mit seinen Horizon Reports gibt es seit dem Start des Horizon Projekts (http://www.nmc.org/horizon) im Jahr 2003 hoch angesehene Berichte über Technologieentwicklungen im Bildungssektor heraus. Jedes Jahr fasst ein Advisory Board die Ergebnisse der Expertengespräche und von Literaturstudien in einem Report zusammen. Die Einschätzungen von Horizon 2007 treffen sich ziemlich genau mit den Prognosen des Taiga Forums. Vom Jahr 2007 an gerechnet werden als Key Trends für Universitätslehre und -studium und damit auch für Bibliotheken sechs Bereiche als relevant identifiziert: 105 • Kurzfristig: o User Generated Content o Social Networking • Kurz- bis mittelfristig: o Mobile Phones o Virtual Worlds • Mittelfristig: http://www.taigaforum.org/documents/Taiga%204%20Statements%20After.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 67 o The New Scholarship and Emerging Forms of Publication o Massively Multiplayer Educational Gaming Horizon 2008 entwirft folgendes Bild: 106 • Kurzfristig: o Grassroots Video o Collaboration Webs • Kurz- bis mittelfristig: o Mobile Broadband o Data Mashups • Mittelfristig: o Collective Intelligence o Social Operating Systems Horizon 2009 benennt folgende Aspekte als wichtig: 107 • Kurzfristig: o Mobiles o Cloud Computing • Kurz- bis mittelfristig: o Geo-Everything o The Personal Web • Mittelfristig: o Semantic-Aware Applications o Smart Objects 105 The Horizon Report. Hg. von The New Media Consortium und Educause Learning Initiative. Stanford / California: The New Media Consortium 2007. http://www.nmc.org/pdf/2007_Horizon_Report.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 106 The Horizon Report. Hg. von The New Media Consortium und Educause Learning Initiative. Stanford / California: The New Media Consortium 2008. http://www.nmc.org/pdf/2008-Horizon-Report.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 107 The Horizon Report. Hg. von The New Media Consortium und Educause Learning Initiative. Stanford / California: The New Media Consortium 2009. http://www.nmc.org/pdf/2009-Horizon-Report.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 68 Horizon 2010 erkennt folgende Trends: 108 • Kurzfristig: o Mobile Computing o Open Content • Kurz- bis mittelfristig: o Electronic Books o Simple Augmented Reality • Mittelfristig: o Gesture Based Computing o Visual Data Analysis Hype Cycle for Emerging Technologies Interessant zur Einschätzung neuer bzw. zukünftiger Informations- und Kommunikationstechnologie ist auch der „Hype Cycle for Emerging Technologies“ der Firma Gartner Consulting (http://www.gartner.com/). Dieser jährlich publizierte Technologieradar zeigt die jeweilige Marktreife neuer Entwicklungen. Studien des OCLC (Online Computer Library Center) OCLC, das Online Computer Library Center in Dublin / Ohio, griff die Frage nach der Zukunft von Bibliotheken schon 2003 in der von der angloamerikanischen Bibliothekswelt viel beachteten Studie „Environmental Scan 2003“ auf, 109 mit der OCLC eine ganze Reihe von Trendstudien zur Unterstützung der Neudefinition ihrer Mitgliedsbibliotheken eröffnete. In der Folge erschienen folgende Berichte: „Information Format Trends: Content, Not Containers” (2004), „Perceptions of Libraries and Information Resources” (2005), „College Students’ Perceptions of Libraries and Information Resources” (2006), „Sharing, Privacy and Trust in Our Networked World” (2007), „From Awareness to Funding: A Study of Library Support in America” (2008), „Online Catalogs: What Users and Librarians Want” (2009) und „How Libraries Stack Up: 2010” (2010). 108 The Horizon Report. Hg. von The New Media Consortium und Educause Learning Initiative. Stanford / California: The New Media Consortium 2010. http://www.nmc.org/pdf/2010-Horizon-Report.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 109 The 2003 OCLC Environmental Scan: Pattern Recognition. Hg. von Alane Wilson. Dublin / Ohio: OCLC Online Computer Library Center 2004; http://www.oclc.org/reports/escan/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 69 Untersuchungen zum Informationsverhalten der Benützerinnen und Benützer Das Informationsverhalten der Benützerinnen und Benützer gerät zunehmend in den Blick der Bibliotheken. Nicht mehr die eigenen Standards, Regeln und Normen scheinen primär handlungsleitend, sondern der Bedarf und die Interessen der primären Nutzergruppe. Aus diesem Grund werden verstärkt Befragungen der primären Nutzergruppe durchgeführt, die Aufschlüsse über die Aufbereitung der Informationen, die die jeweilige Bibliothek vorhält, geben sollen. Entsprechende Studien wurden im Rahmen der Aktivitäten des Horizon-Projekts, von OCLC usw. durchgeführt. Conjoint-Analyse der Universitätsbibliothek Bielefeld An der UB Bielefeld wurde in einem Projekt, das die Bibliothek gemeinsam mit der Universität Bielefeld durchgeführt hat, die Conjoint-Analyse zur Ermittlung zukünftiger Serviceangebote auf das Bibliothekswesen übertragen. Die Conjoint-Analyse ist ein allgemein anerkanntes Instrument der Marketingforschung und ermöglicht eine systematische Erfassung und Analyse von Kundenpräferenzen. Die Fragestellung lautet dabei nicht, wie bei Befragungen zur Leistungsmessung allgemein üblich: „Wie werden die derzeitigen Serviceleistungen beurteilt?“ Die Conjoint-Analyse zielt vielmehr ausdrücklich auf die zukünftige Gestaltung von Dienstleistungen und setzt mit der Ermittlung von Kundenpräferenzen für eine vorgegebene Auswahl von realisierbaren alternativen Dienstleistungsoptionen methodisch anders an. Die Fragestellung der Conjoint-Analyse lautet daher: „Welche Dienstleistungsoptionen bringen den Kundinnen und Kunden zukünftig den größten Nutzen?“ – „Welche umsetzbaren Optionen sollen das zukünftige Serviceangebot bilden?“ Ziel des Projekts war daher, durch die Anwendung der Conjoint-Analyse als Instrument der Marketingforschung einen umfassenden Analyse- und Simulationsrahmen für wissenschaftliche Bibliotheken zu entwickeln, der auf Basis von Präferenzmessungen eine empirisch und wissenschaftlich fundierte Strategieplanung für die gezielte Weiterentwicklung des Dienstleistungsspektrums ermöglicht. Dieser allgemeine Analyse- und Simulationsrahmen wurde aus einer empirischen Untersuchung am Beispiel der UB Bielefeld extrahiert und anschließend über eine zweite Untersuchung am Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum der Universität Cottbus überprüft und validiert. Mit Abschluss des Projekts wurde dieser Analyse- und 70 Simulationsrahmen über einen Leitfaden zur allgemeinen Nachnutzung anderen Bibliotheken zur Verfügung gestellt. 110 Literaturstudien Mittlerweile liegen zahlreiche Publikationen vor, die sich mit der strategischen Ausrichtung und der Zukunft von Bibliotheken befassen. Die wichtigsten Arbeiten werden in der Thesis an anderen Stellen erwähnt und ausgewertet, so dass sie hier nicht gesondert aufgeführt werden müssen. Die schlaglichtartige Auseinandersetzung mit zwei Positionen – einer deutschsprachigen und einer aus dem US-amerikanischen Bereich – mag einen exemplarischen Einblick in die Ausrichtung und Bandbreite dieser Arbeiten geben, da beide Ansätze extrem divergieren und die Pole der Diskussion markieren. Im Jahr 2005 legte der deutsche Bibliothekar Jürgen Seefeldt seinen Aufsatz „Zukunftsvisionen: Die Bibliotheken von morgen“ vor. 111 Ausgang nehmend von der Diagnose eines radikalen Wandels am Informationsmarkt, vermutet er, dass die Bibliothek langfristig nicht mehr die Hauptlieferantin von Informationen aller Art für Bildung und Wissenschaft sein wird, sondern nur noch eine unter mehreren Informationslieferanten. Dabei scheint eine große Rolle zu spielen, dass es den Bibliotheksverantwortlichen nicht gelungen ist, im politischen Diskurs gegenüber den politischen Entscheidungsträgern die Rolle der Bibliotheken klar zu akzentuieren. Es fehlt an nationaler Koordinierung, Steuerung und entsprechender Etatzuweisung. Die Zukunft der Bibliothek verortet Seefeldt ganz stark im Kontext des Schlagworts „Local Access, Global Information“. Bibliotheken haben die Digitalisierung der Medien, den Medientransport, die Auskunftstätigkeit und die Strukturierung des Wissens voranzutreiben. Gleichzeitig sollen sie Lernorte sein und damit Multimediazentren ausprägen. Bibliothek ist folglich ein Zusammenspiel realer und virtueller Räume. Als ein Hauptcharakteristikum der Bibliothek der Zukunft kann die „Just-in-Time-Bibliothek“ gelten, die auf Abruf alle momentan notwendigen Informationen zugänglich macht. Damit unterscheidet sie sich von der traditionellen „Just-in-Case-Bibliothek“, die auf die Lagerung von Information für eine potentielle Nutzung beschränkt ist. Im Rekurs auf einen Aufsatz von Elmar Mittler, damals 110 Vgl. http://www.prosebica.de/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 71 Direktor der UB Göttingen, aktualisiert Seefeldt, was die Benützerinnen und Benützer in der Bibliothek der Zukunft bekommen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Robert alles, was man braucht; alles, wie man es braucht; alles, wann man es braucht; alles, wohin man es braucht; mehr, als man weiß; alle veröffentlichten Informationen im freien Zugriff. 112 Darnton, Historiker an der Harvard University, wo er auch die Universitätsbibliothek leitet, publizierte im Jahr 2009 seinen Beitrag „Die Bibliothek im Informationszeitalter. 6.000 Jahre Schrift“. 113 Der Beitrag geht davon aus, dass Information explosionsartig wächst, sich Informationstechnologie rasch ändert und Bibliotheken grundsätzlich vor der Herausforderung stehen, sich in diesen neuen Gegebenheiten zu orientieren. Im historischen Rückblick erscheint das Tempo der Veränderungen atemberaubend: 4.300 Jahre von der Schrift zum Kodex, 1.150 Jahre vom Kodex zu den beweglichen Lettern, 524 Jahre von den beweglichen Lettern zum Internet, 19 Jahre vom Internet zu den Suchmaschinen und sieben Jahre von den Suchmaschinen zu Google. Dennoch geht Darnton in seinem Beitrag von Stabilität bzw. Longue durée aus und schlägt als Grundgedanken vor: Jedes Zeitalter war auf seine Art ein Informationszeitalter, und Information war immer instabil. Heute leben wir in einer Welt, die eine Vielzahl von Information vorhält, zugänglich macht und auch der Bewertung entzieht. Information wird dabei zu einer (Un-)Menge multipler, veränderbarer Texte, die unterschiedlich interpretiert werden kann. Darnton begreift die Bibliothek emphatisch als Zitadelle des Wissens, weil einzig sie in der Lage sein wird, Information langfristig zu speichern. Das historische Buch kann in seiner physischen Präsenz für die Forschung nicht als Digitalisat ersetzt werden und 111 Jürgen Seefeldt: Zukunftsvisionen: Die Bibliotheken von morgen. In: B.I.T 8 (2005), S. 11–18; http://www.b-i-t-online.de/archiv/2005-01/fach1.htm; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 112 Elmar Mittler: Die Bibliothek der Zukunft. Überlegungen aus Anlaß der Planungen zu einem Informations- und Kommunikationszentrum in Adlershof (Berlin). In: Bibliothek 20 (1996), S. 259–261, hier S. 259; http://www.bibliothek-saur.de/1996_2/259-261.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 113 Robert Darnton: Die Bibliothek im Informationszeitalter. 6.000 Jahre Schrift. In: Telepolis, 17. Dezember 2009; http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31742/1.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 72 benötigt seine gesicherte Aufbewahrung. Darnton schließt mit einem Plädoyer für die alte Bibliothek: Als Zitadelle des Lernens und als Plattform für Internet-Abenteuer verdient es die wissenschaftliche Bibliothek immer noch, der Mittelpunkt der Universität zu sein, der die Vergangenheit erhält und Energie für die Zukunft sammelt. 3.2.2. Konkrete bibliothekarische Strategieentwicklung An einzelnen Bibliotheken finden mitunter explizite und theoriegeleitete Strategieentwicklungen statt. Diese individuellen Aktivitäten, die häufig nicht über Publikationen vermittelt werden, können für die eigene Strategieentwicklung die Rolle von Good-Practice-Beispielen bzw. Benchmarks übernehmen. Zwei aktuelle Beispiele sollen kurz vorgestellt werden, die Universitätsbibliothek der Technischen Universität München und die Bibliothek der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich. Universitätsbibliothek der Technischen Universität München Die UB der TU München hat aufgrund mehrfacher Evaluierungen ein Reformkonzept erarbeitet, das die Literaturversorgung der Universität grundlegend verändert hat. 114 Die Neustrukturierung betraf sowohl interne Geschäftsabläufe als auch die Positionierung der UB gegenüber ihren Kundinnen und Kunden. 1996 wurde das zweischichtige Bibliothekssystem intern evaluiert, wobei in der Folge die geplanten Umsetzungsmaßnahmen in Richtung Einschichtigkeit aufgrund innerer Widerstände blockiert wurden. 1998 wurde mit einer externen Evaluierung ein zweiter Anlauf genommen, wobei die Ergebnisse der früheren Untersuchung großteils bestätigt wurden. Der externen Beratung wurde eine höhere Bedeutung zugemessen, so dass ab 1999 mit den Reformen begonnen werden konnte. Der Umstrukturierungsprozess dabei war insofern partizipatorisch angelegt, als alle geplanten Veränderungsmaßnahmen organisationsweit vorgestellt und diskutiert wurden. Als erster Schritt wurde flächendeckend in allen Abteilungen Teamarbeit eingeführt, nicht ohne dass flankierend zu den Korrekturen an der Aufbauorganisation 73 extern begleitete Teamfindungsmaßnahmen gesetzt wurden und besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der internen Kommunikation gelegt wurde. Als zweiter, äußerst komplexer Schritt wurde die Neuordnung des Bibliothekssystems angegangen, das heißt aus bibliothekarischer Sicht die Integration der zahlreichen Instituts- und Lehrstuhlbibliotheken in die Universitätsbibliothek, ein bekanntermaßen heikles Unterfangen, weil hier auch Etathoheit zu verhandeln ist. Im Zuge dessen wurde eine neue Bibliotheksordnung vorbereitet, und Benützerbefragungen wurden durchgeführt, um die Literaturversorgung bedarfsgerecht weiterentwickeln zu können. Für die zukünftige Bibliotheksentwicklung wurde festgelegt, Benützerbefragungen als feste Einrichtung der bibliothekarischen Arbeit zu etablieren. Organisationsintern wurde an der Kommunikationskultur gearbeitet, ein Leitbild erstellt, ein hausinternes Fortbildungsangebot etabliert und Führungskultur über Führungskräfte-Workshops vermittelt. Hierarchien wurden verflacht und Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung von Geschäftsgängen für alte und neue Dienstleistungen gebildet. Reiner Kallenborn, der Direktor der UB der TU München fasst in seinem Aufsatz „Aspekte der Organisationsentwicklung am Beispiel der Universitätsbibliothek der Technischen Universität München“ zusammen und hebt dabei auf die veränderte Organisationskultur ab: Durch die hier dargestellten Ansätze ist kein neuer Zustand entstanden, sondern eine Kultur des Wandels, die von den Mitarbeiter(inn)en der Universitätsbibliothek gemeinsam getragen wird und durch die Einbindung aller Interessierten eine deutlichere Wahrnehmung von Fortschritten und Erfolgen der eigenen Arbeit ermöglicht. Es ist wohl allen Beteiligten klar geworden, dass in der heutigen Zeit Transparenz, Kooperation und Effizienz keinen Luxus darstellen, sondern dass es kontinuierlicher Anstrengungen bedarf, um nach innen größere Arbeitsgerechtigkeit, nach außen noch bessere Dienstleistungen zu ermöglichen. 115 Aus all diesen Aktivitäten entstanden der Bibliotheksentwicklungsplan 2004–2008 116 und der Library Strategic Plan 2006–2010, 117 die die Ziele der Bibliothek jeweils mittelfristig zusammenstellen. 114 Vgl. Reiner Kallenborn: Aspekte der Organisationsentwicklung am Beispiel der Universitätsbibliothek der Technischen Universität München. In: Bibliothek 28 (2004), S. 318–326; http://www.bibliotheksaur.de/2004_3/318-326.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 115 Ebd., S. 325f. 116 http://www.ub.tum.de/bibliothek/profil/bibliotheksentwicklungsplan.html; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 74 Als weiterer und systematischer Ausbau des Reformkonzepts wurde an der UB der TU München Qualitätsmanagement implementiert, wobei die Bibliothek im April 2007 als erste deutsche Universitätsbibliothek nach DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert wurde. 118 Der ausgeprägt partizipatorische Ansatz am Weg dorthin wird etwa über die Beschreibung der Leitbildfindung deutlich: Im Sommer 2004 wurde das Leitbild der Universitätsbibliothek erarbeitet. Etwa zwei Drittel aller Mitarbeiter nahmen an einem ganztägigen Workshop teil, in dem Grundsätze der eigenen Arbeit und des Erscheinungsbildes der Bibliothek diskutiert wurden. In teilweise kontroversen Auseinandersetzungen wurden das Selbstverständnis der Bibliothek sowie die Reformprozesse der vorangegangenen Jahre diskutiert und Schwerpunkte für die künftigen Jahre erörtert. Das Leitbild wurde im Internet sowie in der Mitarbeiterzeitung publiziert. 119 Bibliothek der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich Die Bibliothek der ETH Zürich hat einen Organisationsentwicklungsprozess lanciert, der sich durch eine ausgeprägte Top-Down-Lenkung auszeichnet. In seinem Vortrag „Warum Veränderung und warum jetzt? Ein Beispiel aus der Schweiz“ aus dem Jahr 2003 erläutert Wolfram Neubauer, der Direktor der ETH-Bibliothek, den Reformprozess, den seine Bibliothek durchlaufen hat und durchläuft. 120 Ausgehend von der Beobachtung, dass sich die Umwelten der Bibliotheken in den letzten Jahren stark verändert haben (technologische Neuerungen, Veränderungen im Wissenschaftsbetrieb, Kostendruck auf Bibliotheken, Konkurrenzdruck), Bibliotheken allerdings äußerst stabil bzw. nur reaktiv geblieben sind, wurde an der ETH-Bibliothek ein Change Management Prozess eingeleitet. Orientiert hat sich dieser Prozess an dem dreistufigen Veränderungsmodell des Psychologen Kurt Lewin (Unfreeze / Auftauen – Move / Bewegen – Refreeze / Einfrieren). In der ersten Phase wird die Veränderung vorbereitet, 117 http://www.ub.tum.de/bibliothek/profil/Library_Strategic_Plan_2010.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 118 Vgl. Caroline Becker / Caroline Leiß: Qualitätsmanagement in Universitätsbibliotheken. Als erste deutsche Universitätsbibliothek wurde die Bibliothek der TU München im April 2007 von TÜV SÜD nach DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert. In: Bibliotheksforum Bayern 3 (2009), S. 172–177; http://www.bsb-muenchen.de/fileadmin/imageswww/pdf-dateien/bibliotheksforum/20093/BFB_0309_06_Becker-Leiss_V04.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 119 Ebd., S. 174. 120 Vgl. Wolfram Neubauer: Warum Veränderung und warum jetzt? Ein Beispiel aus der Schweiz [Tagungsvortrag „Die lernende Bibliothek“ an der Universität Bozen, 2003]; http://www.unibz.it/it/library/about/events/Documents/Biblioteca_apprende/relazioni_presentazioni_GER /2003-09_learninglibrary_neubauer-folien.ppt; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 75 in der zweiten durchgeführt und in der dritten wird der veränderte Zustand stabilisiert. 121 In der ersten Etappe des Veränderungsprozesses (Unfreeze) an der ETH-Bibliothek wurden folgende Maßnahmen gesetzt: • Durchführung einer Umfrage zur Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter • Konstitution einer Gruppe „pro Veränderung“ • Formalisierung des Austauschs zwischen der Erwerbungsabteilung und den beiden Katalogisierungsabteilungen (Formal- und Sacherschließung) • Einsatz einer Arbeitsgruppe mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der drei Abteilungen Erwerbung, Formalkatalogisierung und Sachkatalogisierung • Besuch von anderen Bibliotheken, die die angepeilte Organisationsstruktur bereits umgesetzt haben • Durchführung einer Plenarveranstaltung zur Präsentation der Vision Im zweiten Abschnitt des Change Managements (Move) standen folgende Aktivitäten auf dem Plan: • Einsatz einer abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe, die mit neuen Abläufen experimentierte • Einführung einfacherer Katalogisierungsregeln • Installation einer „Kummertante“ • Sicherstellung des Trainings für neue Aufgaben • Entwicklung interner Marketingmaßnahmen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich zu informieren In der dritten Episode (Refreeze) wurde wie folgt agiert: • 121 Einsatz von drei definitiven Gruppen mit Teamleadern Vgl. Kurt Lewin: Frontiers of Group Dynamics. In: Human Relations 1 (1947), S. 5–41. 76 • Räumliche Zusammenlegung der Gruppenmitglieder • Belohnung des ersten Teams • Dokumentation der neuen Prozesse in einem Handbuch • Bekanntmachung der Entwicklung in der Universität • Einladung zu einem Empfang zum Abschluss der Entwicklung Darüber hinausgehend wurde damit in der Bibliothek ein kontinuierlicher Veränderungsprozess installiert, der von der Skizzierung des Ist-Zustands ausgeht, Messgrößen bestimmt, den Prozess reflektiert, die Performance misst und daraus wiederum Verbesserungen identifiziert und implementiert. Einen aktuellen Einblick in die Fortschritte dieses Prozesses gibt der Leiter der an der ETH-Bibliothek im Verlauf der Organisationsreform neu gegründeten Abteilung für Innovation und Marketing Rudolf Mumenthaler. 122 122 Vgl. Rudolf Mumenthaler: Innovations- und Produktmanagement an einer Hochschulbibliothek am Beispiel der ETH-Bibliothek [Tagungsvortrag am 4. Leipziger Kongress für Bibliothek und Information 2010]; http://www.opus-bayern.de/bib-info/volltexte/2010/856/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 77 4. Strategieentwicklung der Universitätsbibliothek Wien 4.1. Voraussetzungen und Vorbereitung Der Wechsel der Leitung und der stellvertretenden Leitung der DLE Bibliotheks- und Archivwesen in den Jahren 2004/05 hat erstmals managementorientierte Persönlichkeiten an die Spitze der Organisation gebracht, die den bürokratischen Ansatz ihrer Vorgängergenerationen nicht fortsetzten. Rasch war der Plan gefasst, einen Strategieentwicklungsprozess der gesamten DLE Bibliotheks- und Archivwesen in Gang zu setzen. Bevor dieser jedoch konkret gestartet wurde, wurde geprüft, welche dafür notwendigen Vorarbeiten noch zu erledigen sind. Diese Evaluation erfolgte im Bewusstsein eines historischen Verständnisses von Organisationen, die bestimmte Phasen bzw. Stadien durchlaufen. 123 Als wichtig wurde erachtet, zu klären, in welcher Entwicklungsphase sich die eigene Organisation befindet, um davon ausgehend gezielt Maßnahmen zur weiteren Entwicklung zu setzen. Folgende Maßnahmen der Organisationsentwicklung wurden von 2005 bis 2008 realisiert, um den Strategieentwicklungsprozess optimal in der Dienstleistungseinrichtung umsetzen zu können: 4.1.1. Aufbauorganisation Klare Definition und transparente interne und externe Kommunikation der Organisationsstruktur In einem ersten Schritt wurden sämtliche Organigramme der DLE Bibliotheks- und Archivwesen aktualisiert. Dies erfolgte in einer Kombination von Top-Down- und Bottom-Up-Verfahren. 124 Um zu gewährleisten, dass die Organigramme die Organisationsrealität abbilden, wurden sie in den einzelnen Abteilungen von den 123 Vgl. z. B. Larry E. Greiner: Evolution and Revolution as Organizations Grow. In: Harvard Business Review 50 (1972), H. 4, S. 37–46; Larry E. Greiner: Commentary and Revision of HBR Classic, „Evolution and Revolution as Organizations Grow”. In: Harvard Business Review 76 (1998), H. 3, S. 55–68. 124 Vgl. Christine Hohnschopp: Die Katze in der Bibliothek. Eine systemische Studie zu Aufbauten und Abläufen. In: Wissensnester – Wissenshöhlen. Über die Gegenwart und über die Zukunft. Hg. von Andreas Ernst Lieben. Düsseldorf: Pegasus 2005, S. 19–60. 78 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diskutiert. Allfällige Änderungsvorschläge wurden an die Direktion weitergegeben. Diese Vorgehensweise sorgte auch für die allgemeine Verbreitung und Bekanntheit der Organigramme, die zudem im Intranet und teilweise auf der Website (http://bibliothek.univie.ac.at/wir_ueber_uns.html) veröffentlicht wurden. Zudem wurde die informelle Organisation (Arbeitsgruppen, Projekte) ebenfalls dokumentiert und im Intranet abgebildet. Ausprägung einer Matrixorganisation Im Zuge der Aktualisierung der Organigramme wurde die Organisationsstruktur sowohl punktuell geändert, wo einzelne Verbesserungen notwendig erschienen, als auch systematisch hin zu einer Matrixorganisation entwickelt, um die Funktionalität der Aufbauorganisation zu stärken. Dabei wurden traditionell von der Hauptbibliothek übernommene Aufgaben (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Redaktion der Sacherschließung) zu Zentralen Services ausgelagert, die als Stabsstellen direkt der Direktion unterstellt sind und aus einem Selbstverständnis als interne Dienstleister serviceorientiert fungieren. Integration der neuen Handlungsfelder in die Organisationsstruktur Die veränderte Position von Bibliotheken am Informationsmarkt hat auch für die UB Wien neue Handlungsfelder eröffnet, die als Abteilungen bzw. Teams in die Aufbauorganisation eingegliedert wurden (Research Activities Documentation RAD, Digital Asset Management System PHAIDRA, Bibliometrie, Open Access, Sammlungen an der Universität Wien). Am Weg zur funktionalen Einschichtigkeit Zudem wurde konsequent an der Umsetzung des Konzepts der funktionalen Einschichtigkeit weitergearbeitet. Von 2005 bis 2009 wurden folgende Institutsbibliotheken in Fachbereichsbibliotheken integriert oder transformiert und damit vollständig von der UB Wien übernommen: Astronomie, Meteorologie, Musikwissenschaft, Numismatik, Orientalistik und Sonder- und Heilpädagogik. 79 4.1.2. Ablauforganisation und Geschäftsprozessmanagement Um die Ablauforganisation zu optimieren und möglichst effizient und effektiv zu gestalten, wurde Geschäftsprozessmanagement implementiert. Dabei wurden in einem ersten Schritt die Kerngeschäftsprozesse dokumentiert und im Sinn des Prozessmanagements bearbeitet. In einem weiteren Schritt werden auch die Supportprozesse dokumentiert und optimiert. Um das Geschäftsprozessmanagement an der UB Wien mit einem Beispiel zu veranschaulichen, wird im folgenden Exkurs der Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ dargestellt. Exkurs 2: Geschäftsprozess: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Status/Version IST / Version 0.3 Geltungsdauer von: unbekannt ProzessVerantwortung DLE Bibliotheks- und Archivwesen Inhalt bis: laufend 1. Allgemeines 2. Prozess-Darstellung 3. Prozess-Beschreibung Phase 1: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Arbeitsschritt 1: Bekannt geben der Änderung Arbeitsschritt 2: Aktualisieren der Daten und Ermitteln des Benutzerstatus Arbeitsschritt 3: Entrichten des Benutzungsgebühr und / oder der Kaution Arbeitsschritt 4: Prüfen ob neuer Bibliotheksausweis erforderlich Arbeitsschritt 5: Erstellen eines neuen Bibliotheksausweises 4. Interaktion mit anderen Prozessen 5. Prozess-Kennzahlen 6. Kritische Erfolgsfaktoren 80 1. Allgemeines Verfügt eine Person über eine Entlehnberechtigung für Medieneinheiten aus den Beständen der bibliothekarischen Einrichtungen der Universität Wien und ändern sich persönliche Daten dieser Person, sind diese Änderungen unverzüglich der Universitätsbibliothek bekannt zu geben. Diese Änderungen führen zu einer Aktualisierung der personenbezogenen Daten bzw. können zur Ausstellung eines neuen Benutzerausweises / eines Benutzeretiketts führen. Was ist das Prozessziel? Das Ziel des Prozesses ist die Berücksichtigung von Änderungen zu bestehenden Entlehnberechtigungen. Wer trägt die Prozessverantwortung? DLE Bibliotheks- und Archivwesen Wer ist für die Abwicklung zuständig? DLE Bibliotheks- und Archivwesen Wie gestaltet sich der Prozessablauf? • Die Person ändert ihre E-Mailadresse oder Telefonnummer online („Mein Konto“) selbst bzw. • gibt eine Adressänderung, Namensänderung oder die Ergänzung eines akademischen Grades oder Titels der Bibliothek bekannt. • Kommt es aufgrund der Änderung der persönlichen Daten zu einer Änderung des Benutzerstatus (z. B. Studierender wird Mitarbeiter), werden die Daten aktualisiert und gegebenenfalls ein neuer Benutzerausweis / ein Benutzeretikett ausgestellt. Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen? Welche Unterlagen sind beizubringen? Bestehende Entlehnberechtigung • Meldenachweis • Studierendenausweis bzw. amtlicher Lichtbildausweis, Schülerausweis • Mitgliedsausweis des Alumniverbandes • Antrag auf Ausstellung / Änderung eines Bibliotheksausweises deutsch bzw. englisch bzw. • Antrag auf Erteilung eines Diplomand/innen- bzw. Dissertant/innenStatus für Studierende der Universität Wien • Urkunde bei Namensänderung (Heiratsurkunde, Scheidungsurkunde) • Bescheid über die Verleihung eines akademischen Grades oder eines anderen Titels Wer kann den Prozess auslösen? Welche Fristen sind für den Prozessauslöser zu beachten? • Personen, die über eine Entlehnberechtigung verfügen Keine 81 Wie lange ist die Bearbeitungsdauer? Welche Rahmenbedingungen / rechtliche Grundlagen gibt es? 1 Arbeitstag (die Änderung wird sofort durchgeführt bzw. der Ausweis sofort ausgestellt, die Bearbeitung dauert etwa 5 Minuten) • „Benützungsordnung für Bibliotheken“ veröffentlicht im Mitteilungsblatt der Universität Wien, Studienjahr 2007/2008, 46. Stück, ausgegeben am 30.09.2008, Nr. 390 • Richtlinien für die Vergabe des Benutzerstatus Welche Schnittstellen gibt es? Input für den Prozess o Vom Antragsteller: Änderungsmeldung und Vorlage erforderlicher Dokumente o Aus dem Prozess „Erteilen einer neuen Entlehnberechtigung“: Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus Output aus dem Prozess Was bedeuten die verwendeten Abkürzungen? o In den Prozess „Entlehnung“: Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus, Bibliotheksausweis / Benutzeretikett o In den Prozess „Beenden einer Entlehnberechtigung“: Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus o In den Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“: Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus o In den Prozess „Bezahlen von Gebühren“: Benutzergebühr / Kaution Erklärung der im Prozess verwendeten Abkürzungen: Aleph Ist hier keine Abkürzung, sondern erster Buchstabe des hebräischen Alphabets und Eigenname des Bibliothekssystems der israelischen Firma Ex Libris DLE Dienstleistungseinrichtung 82 2. Prozess-Darstellung Prozessablauf Output Phase 1 Input 83 3. Prozess-Beschreibung Rollen im Prozess: Benutzer – Referent Phase 1: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Verfügt eine Person über eine Entlehnberechtigung und es ändern sich persönliche Daten dieser Person, sind diese Änderungen unverzüglich der Hauptbibliothek oder einer für die Ausstellung von Bibliotheksausweisen ausgerüsteten Fachbereichsbibliothek bekannt zu geben. Diese Bekanntgabe kann bei der Änderung der Telefonnummer oder E-Mailadresse online oder persönlich erfolgen. Die Bekanntgabe von Änderungen, die die Ausstellung eines neuen Benutzerausweises / eines Benutzeretiketts nach sich ziehen, erfolgt persönlich in der Hauptbibliothek oder in einer für die Ausstellung von Bibliotheksausweisen ausgerüsteten Fachbereichsbibliothek mittels Vorlage der entsprechenden Unterlagen. Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Dauer: Die Datenänderung erfolgt sofort bzw. der Ausweis wird sofort ausgestellt, die Bearbeitung dauert etwa 5 Minuten Arbeitsschritt 1: Bekanntgeben der Änderung Eine Person, die über eine Entlehnberechtigung verfügt, gibt eine Änderung ihrer personenbezogenen Daten bekannt. Dies kann online erfolgen (im Fall der Änderung der E-Mailadresse oder der Telefonnummer) oder persönlich (im Fall der Änderung der Adresse, der E-Mailadresse oder der Telefonnummer, einer Namensänderung, des akademischen Grades oder des Benutzerstatus) mit den entsprechenden Unterlagen am Ausweisschalter in der Entlehnung der Hauptbibliothek oder in einer für die Ausstellung von Bibliotheksausweisen ausgerüsteten Fachbereichsbibliothek. Input: • Meldenachweis • Studentenausweis bzw. amtlicher Lichtbildausweis • Antrag auf Ausstellung / Änderung eines Bibliotheksausweises deutsch bzw. englisch bzw. • Antrag auf Ausstellung eines Bibliotheksausweises für eine Lehrveranstaltung bzw. ein Projekt bzw. • Antrag auf Erteilung eines Diplomand/innen- bzw. Dissertant/innen-Status für Studierende der Universität Wien • Urkunde bei Namensänderung (Heiratsurkunde, Scheidungsurkunde) • Bescheid über die Verleihung eines akademischen Grades oder eines anderen Titels • Richtlinien für die Vergabe des Benutzerstatus Output: • Änderungsmeldung und Vorlage erforderlicher Dokumente 84 Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: Universitätsbibliothek / Referent Ergebnis: Bekannt gegebene Änderung und Vorlage erforderlicher Dokumente Ö Arbeitsschritt 2: Aktualisieren der Daten und Ermitteln des Benutzerstatus Arbeitsschritt 2: Aktualisieren der Daten und Ermitteln des Benutzerstatus Der Referent ändert gegebenenfalls in Aleph folgende Daten des Benutzers • Name • Titel • Matrikelnummer (wenn der Antragsteller Studierender, Diplomand oder Dissertant der Universität Wien ist) • Staatsbürgerschaft • Benutzerstatus • Adresse(n) • Akademischer Grad Aufgrund der entsprechenden Unterlagen ändert der Referent die Daten des Benutzers. Bei folgenden personenbezogenen Änderungen kommt es zu einer Änderung des Benutzerstatus und / oder zur Ausstellung eines neuen Benutzerausweises: • Studierender der Universität Wien wird (Nicht-)EU-Bürger oder Mitarbeiter oder Alumnimitglied oder Mitarbeiter einer Institution oder Studierender einer anderen Bildungseinrichtung • Änderung des Vornamens und / oder Zunamens • Ergänzung des akademischen Grades (neuer Bibliotheksausweis, wenn nicht genug Platz am Bibliotheksausweis vorhanden ist, um den Titel einfach zu ergänzen) Bei folgenden Statuswechseln muss kein neuer Benutzerausweis / Benutzeretikett ausgestellt werden: • Studierender der Universität Wien wird Diplomand / Dissertant • Mitarbeiter der Universität Wien wird EU-Bürger • Ergänzung des akademischen Grades (wenn genug Platz am Bibliotheksausweis vorhanden ist, wird der Titel ergänzt) • Schüler, EU-Bürger, Gastbenutzer, Angehöriger einer bestimmten österreichischen Institution, Alumnimitglied wird Studierender oder Mitarbeiter der Universität Wien (neuer Bibliotheksausweis nur wenn notwendig) Entweder fällt eine Benutzungsgebühr oder / und Kaution an oder nicht. Input: • Änderungsmeldung und Vorlage erforderlicher Dokumente • Daten des Benutzers und die Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus (aus 85 dem Prozess „Erteilen einer neuen Entlehnberechtigung“) Output: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus (in den Prozess „Entlehnung“, in den Prozess „Beenden einer bestehenden Entlehnberechtigung“ und in den Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“) Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: Universitätsbibliothek / Referent Möglichkeit 1: Benutzungsgebühr / Kaution fällt an Möglichkeit 2: Benutzungsgebühr / Kaution fällt nicht an Ö Arbeitsschritt 3: Entrichten der Benutzungsgebühr und / oder der Kaution Ö Arbeitsschritt 4: Prüfen ob neuer Bibliotheksausweis erforderlich Arbeitsschritt 3: Entrichten des Benutzungsgebühr und / oder der Kaution Je nach Benutzerstatus hat der Antragsteller eine Benützungsgebühr und eine Kaution (Nicht EUBürger mit Wohnsitz in Österreich) zu entrichten. Ist eine Kaution zu entrichten, füllt der Referent ein Kautionseinzahlungsformular als Bestätigung der Einzahlung dreifach aus. Diese werden vom Antragsteller und vom Referenten unterschrieben. Ein Exemplar erhält der Antragsteller, ein Exemplar verbleibt in der Entlehnung und ein Exemplar wird an die Bibliotheksdirektion übermittelt. Input: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus • Benutzungsgebühr / Kaution Output: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus • Entrichtete Benutzungsgebühr / Kaution (in den Prozess Bezahlung von Gebühren) Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: Universitätsbibliothek / Referent Ergebnis: entrichtete Benutzungsgebühr / Kaution Ö Arbeitsschritt 4: Prüfen ob neuer Bibliotheksausweis erforderlich Arbeitsschritt 4: Prüfen ob neuer Bibliotheksausweis erforderlich Der Referent prüft, ob ein neuer Bibliotheksausweis erstellt werden muss. Dies ist der Fall, wenn: 86 • ein Studierender der Universität Wien EU-Bürger oder Mitarbeiter oder Alumnimitglied oder Mitarbeiter einer Institution oder Studierender einer anderen Bildungseinrichtung wird, • eine Änderung des Vornamens und / oder Zunamens vorliegt oder eine • Ergänzung des akademischen Grades (neuer Benutzerausweis, wenn nicht genug Platz am Bibliotheksausweis vorhanden ist, um den Titel zu ergänzen) erfolgt. Input: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus Output: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: Universitätsbibliothek / Referent Möglichkeit 1: neuer Bibliotheksausweis Möglichkeit 2: keine neuer Bibliotheksausweis Ö Arbeitsschritt 5: Erstellen eines neuen Bibliotheksausweises Ö– Arbeitsschritt 5: Erstellen eines neuen Bibliotheksausweises Ist aufgrund der bekannt gegebenen Änderung die Ausstellung eines neuen Bibliotheksausweises notwendig, erfolgt die Ausstellung durch den Referenten. Input: • Aktualisierte Daten • Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus Output: • Bibliotheksausweis (an den Antragsteller übergeben, in den Prozess „Entlehnung“) Verantwortlich: DLE Bibliotheks- und Archivwesen Durchgeführt: Universitätsbibliothek / Referent Ergebnis: geänderte Entlehnberechtigung und erstellter Benutzerausweis 87 4. Interaktion mit anderen Prozessen 2. Daten des Benutzers und Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus 3. Bibliotheksausweis Erstellen einer neuen Entlehnberechtigung Entlehnung 4. geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus 1. Änderungsmeldung und Vorlage erforderlicher Dokumente Beenden einer Entlehnberechtigung 5. geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung 6. geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus (bei weiteren Änderungen) Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Bezahlen von Gebühren 7. Benutzungsgebühr / Kaution 8. Bibliotheksausweis Input 1. Änderungsmeldung und Vorlage erforderlicher Dokumente: Die Änderungsmeldung und Vorlagen erforderlicher Dokumente vom Antragsteller gehen in den Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ ein. 2. Daten des Benutzers und Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus: Die Daten des Benutzers und die Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus aus dem Prozess „Erstellen einer neuen Entlehnberechtigung“ gehen in den Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ ein. Output 3. Bibliotheksausweis: Der Bibliotheksausweis aus dem Prozess „Erteilen einer neuen Entlehnberechtigung“ geht in den Prozess „Entlehnung“ ein. 4. Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus: Die Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus aus dem Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ geht in den Prozess Entlehnung ein. 88 5. Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus: Die geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus aus dem Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ geht in den Prozess „Beenden einer Entlehnberechtigung“ ein. 6. Geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus: Die geänderte Entlehnberechtigung je nach Benutzerstatus aus dem Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ geht bei einer weiteren Änderung wieder in den Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ ein. 7. Benutzergebühr / Kaution: Die Benutzergebühr / Kaution aus dem Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ geht in den Prozess „Bezahlen von Gebühren“ ein. 8. Bibliotheksausweis: Der Bibliotheksausweis aus dem Prozess „Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung“ wird an den Antragsteller ausgehändigt. 89 5. Prozess-Kennzahlen Die Prozess-Kennzahlen beschreiben die Wirksamkeit bzw. Entwicklung eines Prozesses im zeitlichen Verlauf bezogen auf das Prozessziel: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Prozessname: Bezug zum Prozessziel: Kennzahl: Sollwert: Messmethode: Messfrequenz: Verantwortlich: Beispiel für das weitere Erfassen einer Kennzahl: MessFrequenz Istwert Sollwert Kennzahlen-Entwicklung 10 1 8 5 2 10 5 3 5 5 7 4 4 5 6 5 7 5 10 9 Messwerte 8 8 7 5 5 4 4 3 2 Sollwert 1 Istwert 0 1 2 3 Messfrequenz 4 5 90 6. Kritische Erfolgsfaktoren Prozessname: Personenbezogene Änderungen bei bestehender Entlehnberechtigung Problemstellung: Derzeit ist nur der Antrag auf Ausstellung / Änderung eines Bibliotheksausweises auf Englisch verfügbar. Lösungsvorschlag: Wir schlagen vor, auch eine englische Version für • Antrag auf Ausstellung eines Bibliotheksausweises für eine Lehrveranstaltung bzw. ein Projekt • Antrag auf Erteilung eines Diplomand/innen- bzw. Dissertant/innenStatus für Studierende der Universität Wien • Zustimmungs- und Haftungserklärung des/der Erziehungsberechtigten für Personen unter 18 Jahren • Abholberechtigung zur Verfügung zu stellen. 4.1.3. Organisationskultur Nach der weit verbreiteten Definition des Organisationspsychologen Edgar Schein ist Organisationskultur „ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt; und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird“. 125 Das Top Management der UB Wien beschäftigt sich mit der Organisationskultur auf allen drei von Edgar Schein beschriebenen Ebenen: den Artefakten, den bekundeten Werten und den Grundprämissen. Artefakte Artefakte bestehen an der Oberfläche und meinen alle Phänomene, die man sieht, hört und fühlt (z. B. Leitbild, Logo, Architektur, Stil der Kleidung und Sprechweise, Kommunikation, verwendete Technologie, Rituale). Um die Corporate Identity zu 125 Edgar Schein: Unternehmenskultur. Ein Handbuch für Führungskräfte. Frankfurt am Main, New York: Campus 1995, S. 25. 91 stärken und die Zugehörigkeit zur Universität Wien zu unterstreichen, wurden an der UB Wien verschiedene Maßnahmen durchgeführt. So wurde etwa damit begonnen, das Corporate Design der Universität Wien konsequent umzusetzen. Angesichts von mehr als vierzig bibliothekarischen Standorten in der Stadt Wien und der nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Ressourcen ist dieser Prozess, der vor allem auf die Adaptierung der Leitsysteme abzielt, zeitlich als mittelfristiges Unterfangen einzuschätzen. Unterstützt wird die UB Wien dabei von der DLE Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement der Universität Wien. Im Bereich Corporate Communication wurden etwa einheitliche Telefoniestandards implementiert, um die Kommunikation nach innen und außen effizienter und effektiver zu gestalten. Bekundete Werte Die bekundeten Werte bestimmen das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und meinen das Gefühl, wie die Dinge sein sollen (z. B. Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Flexibilität, spielerisch, konservativ, erfahren). Hier wurde im Sinn eines Managements by Values stark auf die Vorbildwirkung der Führungskräfte gesetzt, die vom Top Management der Bibliothek ausging und mit gezieltem Führungskräftetraining in der gesamten Organisation verbreitet wurde. Diese gemeinsame Wertgrundlage, die als gelebtes Wertsystem zu etablieren ist, basiert auf dem Selbstverständnis der Bibliothek als Partnerin von Forschung, Lehre und Studium. Damit werden Dienstleistungscharakter und Serviceorientierung ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt. Der Wertschätzung nach außen – den Kundinnen und Kunden gegenüber – korreliert eine Wertschätzung nach innen – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber. Im Rahmen einer Vereinbarungskultur, dem als Instrument etwa das Jahresgespräch zur Verfügung steht, werden an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidungskompetenzen delegiert, um den Rahmen motivierter Arbeit zu schaffen. Grundprämissen Die Grundprämissen legen die hauptsächlichen Ziele der Organisation fest und sind betriebsweit bekannt, akzeptiert und unterstützt. Als fundamentale Grundprämisse, aus der alle Handlungsaktivitäten der Bibliothek abgeleitet werden können, gilt, dass die UB Wien die zentrale Informationseinrichtung der Universität Wien ist und alle Universitätsangehörigen in Forschung, Lehre und Studium bestmöglich unterstützt. Die 92 Durchsetzung dieser Grundprämisse ist angesichts des historischen Fundaments der Universitätsbibliotheken in Österreich insofern nicht selbstverständlich, als sie bis zur Umsetzung des Universitätsorganisationsgesetzes 1993 im Jahr 2000 nicht dem Rektorat der jeweiligen Universität, sondern dem Wissenschaftsministerium zugeordnet und unterstellt waren. Zudem resultiert aus der Überregulierung bibliothekarischer Arbeit – Standards, Regelwerke, Normen – tendenziell eine spezifische Eigendynamik des bibliothekarischen Handelns, die sich traditionell weniger an den Bedürfnissen und Interessen der jeweiligen primären Zielgruppe ausrichtet, sondern mehr am hoch professionellen und spezialisierten bibliothekarischen Apparat. Wobei hier auch daran erinnert werden soll, dass das Bibliothekswesen bereits frühzeitig die Orientierung auf die Benützerinnen und Benützer erkannt und auch programmatisch formuliert hat. So beziehen sich die ersten vier der berühmten „Fünf Gesetze der Bibliothekswissenschaft“ des indischen Mathematikers und Bibliothekars Shiyali Ramamrita Ranganathan aus dem Jahr 1931 ausschließlich auf Kundenorientierung, erst das fünfte Gesetz ist auf die Bibliothek als Organisation gerichtet: 1) Books are for use. 2) Every book its reader. 3) Every reader his book. 4) Save the time of the reader. 5) A library is a growing organism. 126 Um die Orientierung auf die Benützerinnen und Benützer in der UB Wien innerorganisatorisch zu intensivieren, wurden regelmäßige Benützerbefragungen flächendeckend eingeführt. Jedes Semester werden etwa fünf Befragungen in den Fachbereichsbibliotheken durchgeführt, alle fünf Jahre eine Befragung der Hauptbibliothek. Zudem werden spezielle Zielgruppen gesondert befragt. So wurden bisher die Studierenden in der Studieneingangsphase und im PhD-Studium untersucht. Mit 1. Oktober 2008 trat nach intensiver Diskussion die neue Benützungs- und Gebührenordnung in Kraft, Vorgängerversion beinhaltet die und wesentlich die weniger Bibliothek als Restriktionen als die dienstleistungsorientierte Gebrauchsbibliothek positioniert. 126 Vgl. Shiyali Ramamrita Ranganathan: The Five Laws of Library Science. London: Goldstone; Madras: Madras Library Association 1931 (= Madras Library Association Publication Series 2); http://www.cro.sanita.fvg.it/reposCRO/Biblioteca/5_leggi_ranganathan.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 93 4.1.4. Personalentwicklung Aus dem postheroisch-partizipatorisch angelegten Führungsstil 127 des Managements der UB Wien folgert eine konsequente Personalentwicklung, die stark auf Empowerment der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzt. Mitgestaltung soll ermöglicht werden durch konsequente Delegation der Entscheidungs- und Umsetzungskompetenz an die Personen, die über entsprechendes Sach- und Organisationswissen verfügen. In Gestalt von Arbeitsgruppen, Projekten und Teams wurde ergebnis- und ressourcenorientierte Arbeit implementiert. Konsequentes Fort- und Weiterbildungsmanagement Gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden das Fundament betrieblichen Erfolgs. Einen wesentlichen Anteil an der Qualifikation und damit an der Kompetenz kommt dabei einer konsequenten und arbeitsplatzorientierten Fort- und Weiterbildung zu. Um die Fort- und Weiterbildung in der UB Wien weiter zu verbessern und den aktuellen Erfordernissen anzupassen, wurde abgekoppelt vom Jahresgespräch und in enger Kooperation mit der Abteilung für Personalentwicklung der Universität Wien an der Bibliothek eine Fort- und Weiterbildungsschiene etabliert, die mit ihren jeweiligen Bildungsmaßnahmen möglichst exakt den Erfordernissen des Arbeitsplatzes und den Entwicklungsperspektiven der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entspricht. Jeweils im Oktober wird der konkrete Bildungsbedarf in der UB Wien erhoben. Die Erhebung erfolgt über einen Fragebogen, der eine Reihe von Themen enthält, die für die UB Wien relevant sind. Zudem ist über Freitext die Möglichkeit gegeben, die genannten Themenfelder sowohl spezifisch als auch allgemein zu ergänzen. Um Arbeitsplatznähe und auch Teamorientierung zu erreichen, werden die Fragebögen an die Leiterinnen und Leiter aller Abteilungen, Teams, Zentralen Services und Fachbereichsbibliotheken zur konkreten Bedarfserhebung in ihrer jeweiligen Organisationseinheit ausgegeben. Die Ergebnisse der Auswertungen stellen die Basis für das Fort- und Weiterbildungsangebot der UB Wien für das folgende Jahr und punktuell auch darüber hinaus dar. Zudem verfolgt die UB Wien aus strategischen Überlegungen als besonderen Schwerpunkt die 127 Vgl. Charles Handy: The Age of Unreason. Boston / Massachusetts: Harvard Business School 1990, S. 166: „Whereas the heroic manager of the past knew all, could do all, and could solve every problem, the postheroic manager asks how every problem can be solved in a way that develops other people’s 94 Entwicklung ihrer Führungskräfte. Gemeinsam mit der Abteilung für Personalentwicklung wurde für diesen Bereich ein eigenes Programm ausgearbeitet. Welcome Kit Um neu aufgenommene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst rasch in die Arbeitsumgebung der Bibliothek einzuführen und um wichtige Voraussetzungen des gemeinsamen Arbeitens in der Organisation standardisiert zu kommunizieren, wurde ein Welcome Kit eingeführt. Dieses Welcome Kit, das als Broschüre physisch und im Intranet digital vorliegt, enthält in Form eines Glossars die für die Arbeit in der Bibliothek relevanten Informationen. Workshops Führungskompetenz In Vorbereitung des Strategieentwicklungsprozesses wurde an der UB Wien ein kontinuierliches Führungskräftetraining etabliert. Um die Führungskräfte der UB Wien in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen und intensiver miteinander zu vernetzen, wurden von Dezember 2007 bis November 2008 vier jeweils zweitägige Workshops zum Thema Führungskompetenz veranstaltet. Als externer Trainer für alle Workshops konnte Günther Kienast (http://www.kienast-kienast.at/) gewonnen werden. Aufgrund der hohen Qualität der Beratung und der deutlichen Akzeptanz durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war damit auch die Beratungsfirma gefunden, die den vorzubereitenden Strategieentwicklungsprozess begleiten sollte. In den Workshops Führungskompetenz reflektierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemeinsam aufgrund ihrer bisherigen Praxis ihre Führungsaufgaben und die dafür erforderlichen Kompetenzen und arbeiteten Pläne für nötige Veränderungen aus. Theorieimpulse des Beraters unterstützten die Teilnehmenden in ihrem Reflexions- und Arbeitsprozess. Wichtig war die intensive Beteiligung der Führungskräfte und ein lösungsorientierter Ansatz: Die bisherigen Erfahrungen mit dem Thema „Ich und meine Führungsaufgaben“ waren Ausgangspunkt für zukunftsorientierte Lösungen. Einzelund Gruppenarbeiten wechselten mit Impulsreferaten und Diskussionen im Plenum ab. An diesen fakultativen Workshops haben ca. fünfzig Personen und damit fast alle Führungskräfte der UB Wien (Leiterinnen und Leiter der Fachbereichsbibliotheken, der capacity to handle it”; vgl. auch Dirk Baecker: Postheroisches Management. Ein Vademecum. Berlin: Merve 1994 (= Internationaler Merve-Diskurs 185). 95 Abteilungen und Teams der Hauptbibliothek und der Zentralen Services) teilgenommen. Internationalisierung der Bibliothek Um die Bibliothek weiter zu internationalisieren, wurde das an der Universität Wien eingeführte Programm Erasmus Staff Mobility, das die Mobilität allgemein Bediensteter zu Fortbildungszwecken unterstützt, in der UB Wien erfolgreich implementiert. Als Outgoing unterstützt die Universität Wien dabei einen mindestens fünftägigen Auslandsaufenthalt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des allgemeinen Universitätspersonals zu Fortbildungszwecken an einer anderen Universität innerhalb Europas. Die Antragstellung kann mit Unterstützung einer Führungskraft und auf Basis klar definierter Ziele erfolgen. Als Incoming betreut die UB Wien Personen, die über Erasmus Staff Mobility an die UB Wien kommen. Sie besuchen während ihres mindestens fünftägigen Aufenthalts verschiedene Einrichtungen der Universitätsbibliothek. Im Jahr 2007 hat die UB Wien erstmals an der Benchmarking-Initiative „Bibliotheksindex Wissenschaftliche Bibliotheken“ (BIX-WB; http://www.bix- bibliotheksindex.de/) teilgenommen, die Daten zum Bibliotheksvergleich liefert. Damit sollte die Leistungsfähigkeit und Ressourcenausstattung der Bibliothek über einen Kennzahlenvergleich im internationalen Rahmen vergegenwärtigt werden. Zudem wurde die Transparenz der Organisation nach innen und nach außen weiter gesteigert. 4.1.5. Interne Kommunikation Verbesserung der internen formellen Kommunikation Besonderes Augenmerk wurde auf die Verbesserung der formellen internen Kommunikation gelegt, die von zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als suboptimal wahrgenommen wurde. Zudem kann ein partizipatorisch angelegter Strategieentwicklungsprozess nur dann reüssieren, wenn die interne Kommunikation der Organisation funktioniert. Erfolgreich eingeführt wurden ein interaktiv ausgerichtetes Intranet und ein zweimonatiger interner Newsletter, der mittlerweile auf große Resonanz stößt. Zudem ist das Jahresgespräch als Managementinstrument 96 obligatorisch flächendeckend implementiert, die DLE-weiten Mailinglisten wurden aktualisiert und die Sitzungskultur wurde grundlegend geändert. Sowohl die Abteilungsleitersitzung – Direktion, Leiterinnen und Leiter der Zentralen Services und der Abteilungen und Teams der Hauptbibliothek – als auch die Außenbereichssitzung – Direktion, Leiterinnen und Leiter der Zentralen Services und der Fachbereichsbibliotheken – wurden von monologisch angelegten Treffen zu Workshops, bei denen gemeinsam Lösungen erarbeitet werden, transformiert. Zudem wurde das interne Berichtswesen optimiert, indem Quartalsberichte der Projekte eingeführt wurden, die selbstzweckhaften Monatsstatistiken hingegen wurden abgeschafft, die Bibliotheksjahresstatistik wurde erneuert. Die Neuausrichtung des Jahresberichts wurde zumindest vorgenommen. Verbesserung der internen informellen Kommunikation Die informelle interne Kommunikation unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde insofern ebenfalls verbessert, als die Motivation dazu und die Rahmenbedingungen optimiert wurden. Zu diesen Verbesserungsmaßnahmen zählen ebenso die Verstärkung von Arbeitsgruppen-, Projekt- und Teamarbeit mit unterschiedlich zusammengestellten Personengruppen wie die Modernisierung traditioneller Kommunikationsformen wie Betriebsausflug und Weihnachtsfeier. 4.1.6. Kernkompetenzen Wie bereits bei der Beschäftigung mit den beiden Managementtheoretikern Gary Hamel und C. K. Prahalad dargestellt, ist der Kernkompetenzansatz wichtig für Strategiefestlegungen. Die Betriebswirtschaftler Christian Homp und Wilfried Krüger haben das Kernkompetenzkonzept übernommen und ausgebaut. Dabei entwerfen sie das Modell einer dreischichtigen Unternehmenskompetenz. 128 Die äußerste Schicht bildet die Kompetenz 1. Ordnung, die dann erreicht ist, wenn eine Organisation ihre Fähigkeiten und Ressourcen so entwickelt und kombiniert, dass sie erfolgreich im Wettbewerb mithalten kann. Nach dieser Sicherstellung von Wettbewerbsfähigkeit 128 Vgl. Christian Homp / Wilfried Krüger: Kernkompetenz-Management. Steigerung von Flexibilität und Schlagkraft im Wettbewerb. Wiesbaden: Gabler 1997, S. 26–29. 97 prägt eine Unternehmung Wettbewerbsvorteile mit Hilfe besonderer Fähigkeiten aus, die als Kompetenz 2. Ordnung gedacht werden. Von Kernkompetenz im eigentlich Sinn – die Kompetenzen 3. Ordnung – wird gesprochen, wenn eine Unternehmung in der Lage ist, ihre Ressourcen und Fähigkeiten zum Aufbau neuer Produkte und / oder Märkte einzusetzen. Flankierend zu ihrem Strategieentwicklungsprozess hat die UB Wien mit einer Task Force folgenden thematischen Rahmen definiert, in dem Kernkompetenzen zu stärken sind. Dafür wurden fünf Grundpositionen vorgegeben: die UB Wien als Raum der Innovation, als digitale und analoge Bibliothek, als sozialer Raum, als Teaching Library und als Learning Library. Die UB Wien als Raum der Innovation Die Universitätsbibliothek ist Trägerin innovativer Entwicklungen im Rahmen des Informationsmanagements Beobachtung und für Auswertung die Universität des Wien. Durch Informationsmarkts sowie kontinuierliche strategisches Partnerschaftsmanagement werden an ihr Wissen und Kompetenz gebündelt und weiterentwickelt. Die Universitätsbibliothek lernt durch ihre inner- und außeruniversitären Kooperationen von anderen Organisationseinheiten und Institutionen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Die dadurch erworbenen Kenntnisse werden gewinnbringend für die Universität Wien eingesetzt. Durch ihr konsequentes Innovationsmanagement ist die Universitätsbibliothek eine gefragte Partnerin internationaler Kooperationen und wissenschaftlicher Projekte. In den Bereichen, in denen die Universitätsbibliothek bereits exzellente Leistungen erbringt, engagiert sie sich richtungsweisend in der Entwicklung und Gestaltung neuer Produkte. Dort, wo sie innovative Entwicklungen identifiziert, positioniert sie sich auf Grund ihrer Kompetenzen als Early Adopter. Die UB Wien als digitale und analoge Bibliothek Die Universitätsbibliothek stellt ihren Benützerinnen und Benützern Information digital und analog zur Verfügung. Dabei ist sowohl der elektronische als auch der konventionelle Bestand über ein gemeinsames Recherche-Portal integriert unter einer Nutzeroberfläche recherchierbar. Der Bestandsaufbau orientiert sich an den Erfordernissen von Forschung, Lehre und Studium an der Universität Wien. Um einen 98 zeit- und ortsunabhängigen Zugang zur Information zu ermöglichen, erwirbt die Universitätsbibliothek wenn möglich elektronische Medien. Dort, wo Benützungsinteressen oder andere Gründe es erfordern, werden weiterhin gedruckte Informationsträger angekauft. Der gesamte Bestand der Universitätsbibliothek ist nach internationalen Standards formal und inhaltlich erschlossen. Die Bestandspflege erfolgt nach qualitätsgesicherten Aussonderungskriterien. Basierend auf gesamt österreichischen Archivierungsvereinbarungen und dem kontinuierlichen Ankauf von elektronischen Backfiles wird eine optimale Stellraumbewirtschaftung betrieben. Wo es der Lehr- und Studienbetrieb erfordert, werden Lehrbücher in mehreren Exemplaren zur Verfügung gestellt. Eine Bereinigung dieses Bestands erfolgt bedarfsgemäß durch Aussonderung älterer Exemplare. In den Magazinen werden nur mehr unikal vorhandene Print-Bestände aufbewahrt. Die UB Wien als sozialer Raum Die Universitätsbibliothek ist identitätsstiftender Raum für die Universitätsangehörigen, insbesondere für die Studierenden, und Präsentationsort universitärer Leistungen (z. B. Konferenzen, Ausstellungen, Benützungsbedingungen, Lesungen, niedrig Interviews). schwellige Barrierefreiheit, Zugänglichkeit und liberale aktuelle infrastrukturelle Versorgung bieten größtmögliche Benützerfreundlichkeit. Änderungen der Verfügbarkeit und Benützung von Medien (von analog zu digital) und neue Curricula erfordern Universitätsbibliothek entsprechende begegnet Lerndieser und Arbeitsumgebungen. Herausforderung mit Die flexibler Raumbewirtschaftung und -gestaltung und trägt dadurch zur weiteren Verbesserung der Studienbedingungen bei. Diesem differenzierten Raumangebot entsprechen unterschiedliche Öffnungszeiten und die jeweilige Verfügbarkeit bestimmter Services, wie etwa qualifizierte Beratung. Die UB Wien als Teaching Library Die Universitätsbibliothek fungiert als Teaching Library für die Angehörigen der Universität Wien. Sie ist im Bereich Information und Informationskompetenz in die Curricula der Bachelor-, Master- und Doktorats- bzw. PhD-Studiengänge aller Fachbereiche integriert. Informationskompetenz wird dabei als Schlüsselqualifikation der modernen Informationsgesellschaft angesehen, die ein entscheidender Faktor für 99 den Erfolg in Studium, Forschung und Beruf darstellt. Die Expertinnen und Experten der Universitätsbibliothek bieten im Rahmen des universitären Lehrangebots modularisierte Kurse zur Vermittlung von Informationskompetenz mit Lernzielen und Inhalten, die für jedes Fach Gültigkeit haben und durch fachspezifische Module ergänzt werden können. Zudem ist die Universitätsbibliothek mit ihrem Kursangebot in der Personalentwicklung der Universität Wien vertreten und veranstaltet weiterhin zielgruppenspezifisch eigene Schulungen. Für die zeit- und ortsunabhängige selbstständige Kompetenzaneignung sind interaktive Online-Tutorials als eigenständige multimediale Lerneinheiten eingerichtet. Das digitale Informationsangebot der Bibliothek ist über Schnittstellen direkt mit den in der Universität Wien eingesetzten Lernplattformen vernetzt. Die UB Wien als Learning Library Angesichts der rasanten Dynamik des zukunftsmächtigen Informationsmarkts ist die Bibliothek als Organisation und in der Folge das bibliothekarische Berufsbild massiven Veränderungen ausgesetzt. Diese Veränderungsprozesse fordern von den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren in vielen Fällen gesteigerte und teilweise hochgradig spezialisierte Fachkompetenz, weitreichende Schlüsselqualifikationen und ausgeprägte Flexibilität. Vor dem Hintergrund dieses Befunds ist besonders auf die exzellente Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten und für kontinuierliche Fort- und Weiterbildung zu sorgen. Komplementär zu dieser individuellen Kompetenzerweiterung ist Lernen auch auf organisationaler Ebene zu situieren, um nachhaltigen Erfolg sicherzustellen. Insofern versteht sich die Universitätsbibliothek als Lernende Organisation. Ausgehend von klaren Visionen, Zielen und Strategien sowie der grundsätzlichen Orientierung am Nutzen der Kundinnen und Kunden fördert ein partizipativer Führungsstil projekt- und teamorientiertes Arbeiten. Die Personal- und Organisationsentwicklung ist an der Erreichung der Organisationsziele ausgerichtet. Die Organisationskultur zeichnet sich durch Kooperations- und Konfliktlösungsfähigkeit, wechselseitiges Vertrauen und Teamgeist, Unterstützung neuer Ideen, Belohnung von Engagement, konstruktive Fehlerkultur und transparente interne Kommunikation aus. 100 4.2. Rahmenbedingungen und relevante Umwelten 4.2.1. Gesetzliche Rahmenbedingungen Die Organisation von Universitäten ist in Österreich durch das Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) geregelt. Dieses österreichische Bundesgesetz wurde erstmals im Bundesgesetzblatt I Nr. 120/2002 kund gemacht. 129 Im Unterschied zu den Vorgängergesetzen UOG 1975 und UOG 1993 enthält das UG 2002 keine direkten Regelungen des Bibliothekswesens an der Universität, die Existenz einer UB geht bloß implizit aus einzelnen Gesetzesformulierungen hervor. Auch in Zukunft scheint die Gesetzgebung als mögliche Rahmenbedingung der Strategieausrichtung der UB Wien eher sekundär zu sein, da die Tendenz der Legislative klar gezeigt hat, dass die Regelungsdichte in Bezug auf Universitätsbibliotheken kontinuierlich abnimmt. Zudem ist zu bedenken, dass eine Reihe von Gesetzen die bibliothekarische Arbeit direkt mitbestimmt (z. B. Mediengesetz und Urheberrechtsgesetz) und dass in Österreich im Unterschied etwa zu manchen deutschen Bundesländern kein eigenes Bibliotheksgesetz ausformuliert ist. 4.2.2. Inneruniversitäre Rahmenbedingungen Universität Wien Die Universität Wien hat als Instrument zur Planung ihrer strategischen Ausrichtung einen Entwicklungsplan formuliert, der vor allem Zielsetzungen im Hinblick auf die Gestaltung von Forschung und Lehre im europäischen Kontext beinhaltet. 130 Nach dem Prinzip der rollierenden Planung wird etwa einmal jährlich auf gesamtuniversitärer Ebene sowie in den Fakultäten und Zentren die Entwicklungsplanung überprüft und gegebenenfalls angepasst. Der Planungshorizont des Entwicklungsplans reicht aktuell 129 Vgl. http://www.bmwf.gv.at/wissenschaft/national/gesetze/organisationsrecht/ug_2002/; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 130 Universität Wien 2012. Entwicklungsplan der Universität Wien; http://www.univie.ac.at/rektorenteam/ug2002/entwicklung.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 101 bis ins Jahr 2012. Da die Dienstleistungseinrichtungen der Universität Wien nicht berücksichtigt werden, hat der Entwicklungsplan für die Strategieentwicklung der UB keine unmittelbare Konsequenz. Für den operativen Bereich ist er insofern wichtig, als er Schwerpunkte in Forschung und Lehre definiert, die auch entsprechend in der Organisationsentwicklung der UB Wien zu berücksichtigen sind. Die DLE Bibliotheks- und Archivwesen kooperiert eng mit den anderen Dienstleistungseinrichtungen der Universität Wien, vor allem mit dem Zentralen Informatikdienst (ZID), der DLE Personalwesen und Frauenförderung und der DLE Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement und mit spezifischen Abteilungen, vor allem der Besonderen Einrichtung für Qualitätssicherung oder auch dem Center for Teaching and Learning. In der Zielvereinbarung 2009 zwischen dem Rektorat der Universität Wien und der Leitung der DLE Bibliotheks- und Archivwesen wurde festgelegt, dass „die UBLeitung bis Oktober 2009 ein Zukunftskonzept der UB zu entwickeln und dem Rektorat vorzulegen“ hat. Bologna-Prozess und Europäischer Hochschulraum Der Bologna-Prozess ist ein europäisches Projekt, das in den späten 1990er Jahren entwickelt wurde. Neben der Förderung der Mobilität von Forschenden, Lehrenden und Studierenden soll vor allem die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas und des europäischen Hochschulsystems gesteigert werden. Im Juni 1999 fand die Unterzeichnung der Bologna-Erklärung während einer Konferenz von Bildungsministerinnen und Bildungsministern aus 29 europäischen Staaten in Bologna statt. Die Bologna-Erklärung setzte sich zum Ziel, bis zum Jahr 2010 einen gemeinsamen Europäischen Hochschulraum zu verwirklichen. Kernpunkte der Bologna-Erklärung waren die Schaffung eines gestuften Studiensystems leicht verständlicher und vergleichbarer Abschlüsse, die Verwendung von ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) oder eines ähnlichen Kreditpunktesystems, die Förderung von Mobilität, Flexibilität und Qualitätssicherung, wie die Betonung einer europäischen Dimension in der Hochschulbildung. Auf Universitätsbibliotheken hat der Bologna-Prozess vor allem zwei Konsequenzen, die bei der Strategieentwicklung der UB Wien auch zu berücksichtigen sind. Erstens intensiviert der Bologna-Prozess die universitäre Vermittlung von berufsfeldorientierten 102 bzw. allgemein berufsbefähigenden Kompetenzen. Da zu diesen Schlüsselqualifikationen auch Informations- und Medienkompetenz gezählt werden, bietet sich für Universitätsbibliotheken die Chance, im Rahmen der Teaching Library im Curriculum als Kursanbieter vertreten zu sein. 131 Zweitens tendiert das dreistufige Studienmodell (Bachelor – Master – PhD) zu einer starken Standardisierung und Verschulung der Lehre. Für Universitätsbibliotheken macht das den Medienbedarf vor allem der Undergraduate-Studierenden wesentlich kalkulierbarer und damit auch begrenzbar. Gut bestückte physische und in Zukunft auch virtuelle Lehrbuchsammlungen tragen damit zum Studienerfolg unter den derart normierten Lehrbedingungen bei. 4.2.3. Erfolgskritische außeruniversitäre Umwelten Dynamik des Informationsmarkts und Bibliotheken im Ausdifferenzierungsprozess Wie bereits dargestellt, bewegen sich Bibliotheken momentan aufgrund der Dynamik des Informationsmarkts mit neuen Playern – Stichwort „Google“ – sowie neuen Technologien – Stichwort „Web 2.0 und 3.0“ – und aufgrund sinkender Etats vor allem bei den Erwerbungsmitteln in einem verschärften Ausdifferenzierungsprozess. Nur mehr wenige Bibliotheken werden in Zukunft als Voll- und Universalbibliotheken sämtliche bibliothekarische Aufgabenbereiche abdecken können. Die meisten werden sich in Kooperation mit anderen Informationseinrichtungen je spezifisch profilieren. Die UB Wien hat sich im Rahmen ihres Strategieentwicklungsprozesses auch dieser Profilierungsfrage systemisch zu stellen. Bibliotheksstandort Wien Im Zuge der Globalisierung des Informationsmarkts wird der Standortfaktor von Bibliotheken vor dem Hintergrund der wachsenden digitalen Informationsversorgung zunehmend sekundär. Im Bereich der Kulturwissenschaften ist allerdings zu erwarten, 131 Vgl. z. B. HIS-Workshop „Der Beitrag der Bibliotheken zum Bologna-Prozess“. Hannover, 22. Februar 2007. Vermittlung der Schlüsselqualifikationen Informations- und Medienkompetenz in den neuen Studiengängen. Ziele, Anforderungen, Konzepte, Strategien – am Beispiel ausgewählter Hochschulbibliotheken (UB Freiburg u. a.); http://www.his.de/publikation/seminar/bibliotheken/Vermittlung.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 103 dass das physische Buch mittel- bis langfristig nicht virtuell substituiert wird. Zudem spielen die Bibliotheksräume als physische Kommunikations- und Lernorte eine immer größere Rolle. Insofern ist auch der Bibliotheksstandortfaktor Wien im Strategieentwicklungsprozess der UB Wien zu berücksichtigen. Dieser Standort zeichnet sich durch eine hohe Bibliotheksdichte aus, wobei vor allem die Österreichische Nationalbibliothek, die Wienbibliothek im Rathaus, andere Universitätsbibliotheken der fachlich spezialisierten Universitäten (z. B. Technische Universität, Wirtschaftsuniversität) und eingeschränkt auch die Büchereien der Stadt Wien für die UB Wien im Aktionsradius von Kooperation bis Konkurrenz relevant sind. Benützerinnen und Benützer als Digital Immigrants und Digital Natives Um am hoch kompetitiv gewordenen Informationsmarkt bestehen zu können, ist die spezifische Erwartungshaltung der Nachfrage zu berücksichtigen. Besonders folgende Qualitäten werden benützerseitig von der Ware „Information“ gefordert: Aktualität, Vollständigkeit und Kontinuität; Qualität und Authentizität; strukturierte Erschließung; dauerhafte, orts- und zeitunabhängige sowie möglichst kostenfreie bzw. kostengünstige Zugänglichkeit; hoher Schnittstellenkomfort (unmittelbar, schnell, benützungsfreundlich). Zudem ist zu bedenken, dass Universitätsbibliotheken unmittelbar davor stehen, die Angehörigen der Google Generation, also die nach 1993 Geborenen, zu ihrer primären Nutzergruppe zu zählen. Diese Digital Natives sind mit dem Internet in all seinen Facetten aufgewachsen und unterscheiden sich in ihrem Informationsverhalten (Information Behavio[u]r) deutlich von den Digital Immigrants. So wird es für Bibliotheken immer wichtiger, sich mit dem spezifischen Informationsverhalten dieses Personenkreises auseinandersetzen und es bei der Erstellung ihres eigenen Leistungsangebots zu berücksichtigen. Das Bibliothekswesen kann dabei auf die Ergebnisse eines relativ jungen Forschungsfelds der Informationswissenschaft rekurrieren, 132 bzw. es werden auch eigene Untersuchungen durchgeführt. 133 132 Vgl. z. B. New Directions in Human Information Behavior. Hg. von Amanda Spink and Charles Cole. Dordrecht: Springer 2005 (= Information Science and Knowledge Management 8). 133 Vgl. Perceptions of Libraries and Information Resources. A Report to the OCLC Membership. Dublin / Ohio: OCLC Online Computer Library Center, Inc. 2005; http://www.oclc.org/reports/pdfs/Percept_all.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010; Information Behaviour of the Researcher of the Future. A Ciber Briefing Paper. London: University College London 2008; http://www.jisc.ac.uk/media/documents/programmes/reppres/gg_final_keynote_11012008.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010; vgl. dazu Urs Naegeli: „Key findings“ aus aktuellen 104 Unterstützt wird dieses bibliothekarische Interesse am Informationsverhalten ihrer Kundschaft von dem Trend, die Kundinnen und Kunden zunehmend in die Produktentwicklung und -gestaltung der Bibliotheken zu integrieren. 134 Auch diese Beobachtungen bzw. Entwicklungen hat die UB Wien bei ihrem Strategieentwicklungsprozess zu beachten. 4.2.4. Systemische Konsequenzen Aus den kurz skizzierten Rahmenbedingungen und Umwelten ergeben sich markante systemische Konsequenzen für den Strategieentwicklungsprozess. Vor allem kann nicht mehr von einem stabilen und vertrauten Bild von Bibliothek ausgegangen werden, sondern vom Informationsmarkt mit seiner Dynamik, seinen Produktivfaktoren, Technologien, Strukturen, Akteurinnen und Akteuren sowie Umwelten, wobei für den Informationsmarkt bzw. die Informationsteilmärkte mehrere alternative Zukunftsbilder denkbar sind. Für den für die Strategieentwicklung relevanten Prognosezeitraum von fünf bis zehn Jahren sind vor allem folgende Bereiche zu berücksichtigen: • Technologische Entwicklungsperspektiven, vor allem im Bereich Internet und Medien (z. B. Web 2.0, Web 3.0, Semantic Web) • Medienhistorische Perspektiven (z. B. Konvergenz von Print-, Audio- und audiovisuellen Medien hin zu multimedialen Angeboten) • Tendenzen im Bildungs- und Wissenssystem (z. B. E-Learning und neue Lernkultur, Zukunft der Universität) • Veränderung im Medienverhalten und in der Informationsverbreitung (z. B. Verschiebung der traditionellen Rollenverteilung zwischen Wissensproduktion und Wissenskonsumation, Wissensportale, Wikipedia) Nutzerstudien zum Informationsverhalten der „Google generation“ oder: Leidet die „Google generation“ an Informationsmangel? In: Bibliotheken und Dokumentationszentren als Unternehmen: Antworten von Bibliotheken und Dokumentationszentren auf die Herausforderungen der digitalen Gesellschaft. Chur: Arbeitsbereich Informationswissenschaft 2009 (= Churer Schriften zur Informationswissenschaft 30), S. 6–20; http://www.fh-htwchur.ch/uploads/media/CSI_30_FachtagungBIS.pdf; zuletzt aufgerufen: 20. September 2010. 134 Vgl. in allgemeiner Perspektive: Produktentwicklung mit virtuellen Communities. Kundenwünsche erfahren und Innovationen realisieren. Hg. von Cornelius Herstatt und Jan G. Sander. Wiesbaden: Gabler 2004. 105 • Neuordnung des wissenschaftlichen Publikationswesens (z. B. Open Access Initiative) • Entwicklung des Urheberrechts (z. B. Digital Rights Management) • Programme von „Wissenschaftliche Deutschen Fördergebern auf nationaler Literaturversorgungs- Forschungsgemeinschaft) und und (z. B. Förderschiene Informationssysteme“ internationaler Ebene (z. der B. Aktionsplan eEurope 2005, 6. und 7. EU-Forschungsrahmenprogramm, EUInitiative i2010) • Konkrete laufende Pilotprojekte im Informations- und Mediensektor • Neue Forschungsrichtungen (z. B. die gerade im Entstehen begriffene WebWissenschaft) 4.3. Initiierung und Grundausrichtung Nach der erfolgreichen Bewältigung der dargestellten Vorarbeiten hat die DLE-Leitung Mitte 2008 entschieden, den Strategieentwicklungsprozess mit Ende des Jahres 2008 einzuleiten und konsequent zu betreiben. In dem mit dem Rektorat geführten Zielvereinbarungsgespräch für das Jahr 2009 wurde der Strategieentwicklungsprozess bestätigt und festgeschrieben, und es konnten die für die Finanzierung der Beratungsfirma notwendigen Budgetmittel gesichert werden. Als Grundausrichtung wurde von der DLE-Leitung definiert: Der Prozess sollte die gesamte DLE umfassen, also die Universitätsbibliothek und das Universitätsarchiv. Er sollte realitätsnah und nachhaltig angelegt sein, potentiell alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen, offen sein, um Kreativität zu fördern, und insofern komplex sein, als die relevanten Umwelten zu bedenken sind. Von der DLE-Leitung wurde als zu behandelnde Frage einzig die Thematisierung der institutionellen Zugehörigkeit der UB Wien zur Universität Wien ausgeklammert, die für die gegenwärtige Situation als unproduktiv erachtet wurde. Das Hauptgewicht der Strategieentwicklung sollte auf der Prozessualität liegen, um möglichst die Organisationskultur zu optimieren. Nach der erfolgreichen Kontaktnahme mit der Beratungsfirma von Barbara Kienast und Günther Kienast (Kienast & Kienast; http://www.kienast-kienast.at/), Kostenvoranschlag und 106 Zuschlag wurden in Gesprächen zwischen der DLE-Leitung und der externen Begleitung die Zielsetzung und der Prozess definiert und konkretisiert. 4.4. Zielsetzung und Prozess 4.4.1. Zielsetzung Zentrales Ziel ist die Erarbeitung von Vision, Mission, erfolgskritischen Handlungsfeldern, mittelfristigen Zielen und entsprechenden Strategien sowie Maßnahmen für die DLE Bibliotheks- und Archivwesen. Der Prozess ist ausgeprägt partizipatorisch anzulegen, um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit der Mitgestaltung zu geben. 4.4.2. Struktur Um diese Zielsetzung erreichen zu können, werden folgende Gremien bzw. Arbeitsformen eingerichtet: Entscheidungsteam Das Entscheidungsteam, das aus der DLE-Leitung besteht, entscheidet über die Meilensteine des Prozesses und über die Ergebnisse auf der Basis der Empfehlungen aus der Steuerungsgruppe. Steuerungsgruppe Die Steuerungsgruppe lenkt gemeinsam mit der externen Begleitung den gesamten Strategieentwicklungsprozess auf der Basis der Entscheidungen des Entscheidungsteams. Diese Steuerung bezieht sich sowohl auf die Inhalte als auch auf die Prozessgestaltung. Sie ist auch mitverantwortlich für die auf den Entwicklungsprozess bezogene Kommunikationsarbeit hin zu den anderen Mitgliedern der Organisation. Sie bereitet Unterlagen für die Entscheidungen des Entscheidungsteams (sowohl hinsichtlich der Inhalte als auch der Prozessgestaltung) 107 vor. Die Steuerungsgruppe erteilt in Abstimmung mit dem Entscheidungsteam Arbeitsaufträge (Projektaufträge) an erforderliche Arbeitsgruppen, die ihre Ergebnisse wiederum in die Steuerungsgruppe einbringen. Um den Prozess möglichst breit in Bibliothek und Archiv zu verankern, hat das Entscheidungsteam die Steuerungsgruppe so zusammengesetzt, dass die gesamte DLE mit ihren unterschiedlichen Subeinheiten und Arbeitsbereichen optimal repräsentiert ist. Zudem wurde darauf geachtet, eine gute Verteilung bei Alter, Berufserfahrung und Geschlecht zu erreichen und sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung einzubinden. Arbeitsgruppen Arbeitsgruppen sind in ihrer Zusammensetzung gemischte Gruppen, die Teilthemenbereiche im Auftrag der Steuerungsgruppe bearbeiten. Großgruppen Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DLE Bibliotheks- und Archivwesen sind eingeladen, im Rahmen von Großgruppen an der Erarbeitung der Vision, Mission, Handlungsfelder usw. mitzuwirken. 4.4.3. Verlauf Konstitution der Steuerungsgruppe und erste Arbeiten Entsprechend den erwähnten Kriterien hat das Entscheidungsteam im Frühjahr 2009 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DLE Bibliotheks- und Archivwesen als Mitglieder in die Steuerungsgruppe nominiert. Die Delegation war ausdrücklich freiwillig und wurde von allen Betroffenen angenommen. Bald allerdings zeigte sich, dass die Arbeitstreffen der Steuerungsgruppe so bibliothekslastig waren, dass der Delegierte des Universitätsarchivs auf eigenen Wunsch das Gremium verlassen hat. Damit war eine selbst gesetzte Zielvorgabe, nämlich die Beteiligung von Bibliothek und Archiv, zu korrigieren. Das Universitätsarchiv hat in der Folge ein eigenes Strategiepapier erarbeitet. 108 Am 26. März 2009 hat sich die Steuerungsgruppe zum ersten Mal getroffen und unter der Moderation von Kienast & Kienast ihre Arbeit aufgenommen. Es folgten weitere Treffen, teilweise unter Beteiligung des Entscheidungsteams. Die Aufgaben dieser Treffen bestanden in der Prozessplanung, der inhaltlichen Strukturierung der Strategieentwicklung und Identifikation ihrer Bausteine sowie der Vorbereitung des ersten Großgruppentags. Erster Großgruppentag Der erste Großgruppentag fand am 2. Juli 2009 in den Räumlichkeiten des Juridicums der Universität Wien – dem Gebäude der Fakultät für Rechtswissenschaften und der Fachbereichsbibliothek Rechtswissenschaften – statt. Um allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, an diesem Ereignis, das in Anlehnung an die Methode „Open Space“ gestaltet war, teilzunehmen, und um die Priorität des Strategieentwicklungsprozesses intern zu kommunizieren, hat die DLE-Leitung an diesem Tag sämtliche Benützungsbereiche der UB Wien geschlossen. Der erste Großgruppentag wurde zum vollen Erfolg. Etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UB Wien haben im Rahmen von 26 Workshops teilgenommen und kooperativ zahlreiche und qualitativ hochwertige Ergebnisse erarbeitet, ein eventueller Protest der Benützerinnen und Benützer der Bibliothek wegen der Bibliotheksschließung ist fast gänzlich ausgeblieben. Aufgabe des ersten Großgruppentags war es, Visionen, Ziele, Handlungsfelder und Lösungsansätze für die Zukunft zu sammeln und zu diskutieren, neue kooperative und dialogorientierte Arbeitsformen gemeinsam zu praktizieren und einander besser kennen zu lernen. Treffen der Steuerungsgruppe Zwischen erstem und zweitem Großgruppentag haben sich die Steuerungsgruppe und die externe Beratung unter teilweiser Beteiligung des Entscheidungsteams mehrmals getroffen. Die Aufgaben dieser Treffen waren die Sichtung und Bündelung der umfangreichen Ergebnisse des ersten Großgruppentags, die Zuordnung der in der Bibliothek bereits laufenden Projekte zu den Handlungsfeldern, eine erste Formulierung einer kohärenten Vision, die weitere Prozessplanung und die Vorbereitung des zweiten Großgruppentags. So hat die Steuerungsgruppe auf der Basis der Ergebnisse des ersten 109 Großgruppentags elf Handlungsfelder definiert und dazu elf Vorbereitungsgruppen einberufen, die mit 15. Juli 2009 starteten und mit 31. August 2009 ihre Ergebnisse vorzulegen hatten: 1. Organisationskultur 2. Organisationsstruktur 3. Soziale, wirtschaftliche und ökologische Verantwortung / Corporate Social Responsibility (CSR) 4. Budget – Infrastruktur – Räume 5. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 6. Bestand 7. Services und neue Aufgaben 8. Kooperationen 9. Benützerinnen und Benützer 10. Wissens- und Informationsvermittlung 11. Öffentlichkeitsarbeit Die elf Vorbereitungsgruppen hatten konkret den Auftrag, zu den elf Handlungsfeldern jeweils Mission Statements und Strategiefelder auszuarbeiten. Dabei waren jedem Handlungsfeld ein Mission Statement und mehrere Strategiefelder zuzuordnen. Zu jedem der elf Handlungsfelder sollte in weiterer Folge jeweils von der Steuerungsgruppe ein Arbeitsauftrag für mit Oktober 2009 einzurichtenden Arbeitsgruppen formuliert sein. Zweiter Großgruppentag Der zweite Großgruppentag fand am 22. September 2009 im Juridicum statt, wobei wieder alle Benützungsbereiche der UB Wien geschlossen wurden. Auch der zweite Großgruppentag, an dem ebenfalls etwa 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilgenommen haben, geriet zum großen Erfolg. Aufgabe des zweiten Großgruppentags war es, die von der Steuerungsgruppe gebündelten Ergebnisse der Arbeitsgruppen in Workshops weiter zu entwickeln und zu präzisieren. 110 Treffen der Steuerungsgruppe Nach dem zweiten Großgruppentag haben sich die Steuerungsgruppe und die externe Beratung unter teilweiser Beteiligung des Entscheidungsteams erneut mehrmals getroffen. Die beiden Aufgaben dieser Treffen waren erstens die Ausformulierung des Strategieentwicklungskonzepts für das Rektorat und zweitens die Vorbereitung von sogenannten Prototypengruppen, die ausgehend von den Arbeitsgruppen zu den elf Handlungsfeldern gebildet wurden. Strategieentwicklungskonzept Im Oktober 2009 legte die Steuerungsgruppe ihr Strategieentwicklungskonzept vor, das nun mit dem Entscheidungsteam diskutiert und partiell modifiziert wurde. Wie im Zielvereinbarungsgespräch für 2009 mit dem Rektorat vereinbart, wurde es beim Rektorat als Diskussionsbasis für das Zielvereinbarungsgespräch für 2010 eingebracht. Es versteht sich als Startschuss für zahlreiche (kurzfristig realisierbare) Maßnahmen. Deren Umsetzung erfolgte nun in den nächsten Monaten bis Mitte 2010. In diesem Zeitraum wurden noch weitere Umsetzungsmaßnahmen ausgearbeitet und zukünftige Entwicklungslinien aufgezeigt. Prototypen Bei der Implementierung von Prototypen in den Strategieentwicklungsprozess wurde der Theorie U des Management- und Organisationstheoretikers sowie Forschers am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Claus Otto Scharmer gefolgt. 135 Mit seiner Theorie U zeigt Scharmer auf, in welchen Hinsichten internalisierte traditionelle Theorien und Methoden, Veränderungsprozesse zu initiieren, zu gestalten und zu moderieren, blind sind. Eine solche Blindheit liege darin, dass nicht gesehen werde, dass die Haltung von Veränderungsagenten zentral ist. Die innere Haltung bestimme letztlich den Erfolg. Dabei werden sieben Prozesse unterschieden, die die Haltung beeinflussen und damit auch soziale Kommunikationsprozesse letztlich strukturieren: 1. Runterladen [Downloaden]: Muster der Vergangenheit wiederholen sich – die Welt wird mit den Augen gewohnheitsmäßigen Denkens betrachtet. 135 Vgl. C. Otto Scharmer: Theorie U. Von der Zukunft her führen. Heidelberg: Auer 2009. 111 2. Hinschauen [Seeing]: Ein mitgebrachtes Urteil loslassen und die Realität mit frischem Blick betrachten – das beobachtete System wird also von dem Beobachter getrennt wahrgenommen. 3. Hinspüren [Sensing]: Sich mit dem Feld verbinden, eintauchen und die Situation aus dem Ganzen heraus betrachten – die Grenze zwischen Beobachter und Beobachteten verschwimmt, das System nimmt sich selber wahr. 4. Anwesend werden [Gegenwärtigung bzw. Presencing]: sich mit dem Quellort – dem inneren Ort der Stille – verbinden, von dem aus die im Entstehen begriffene Zukunft wahrnehmbar werden kann. 5. Verdichten [Kristallisieren] der Vision und Intention – Kristallisieren und Bewusstmachen der Intention und Vision, die aus der Verbindung zu diesem tieferen Quellort entstehen. 6. Erproben [Prototyping] des Neuen in Prototypen, in denen die Zukunft durch praktisches Tun gemeinsam erkundet und entwickelt wird. 7. Das Neue praktisch anwenden und institutionell verkörpern [in die Welt bringen bzw. Performing]: das Neue durch beispielsweise Infrastrukturen und Alltagspraktiken in eine Form bringen. 136 Auf den laufenden Strategieentwicklungsprozess der UB Wien gewendet, ist dieses Modell zum gegenwärtigen Verlaufszeitpunkt der Entwicklung von Prototypen wie folgt zu verstehen: Mit den Vorarbeiten der Steuerungsgruppe und dem ersten Großgruppentag wurde der Bereich „Runterladen“ abgearbeitet. Das eigene Feld, die eigene Umgebung, die jetzige Situation wurde wahrgenommen. Die Beteiligten haben sich selbst in Bewegung gebracht, ihre Perspektive der eigenen Wahrnehmung erweitert und sich schließlich von dem üblichen „Downloading“ verabschiedet. Ebenfalls bereits abgeschlossen sind „Hinschauen“ und „Hinspüren“ (erster Workshop am zweiten Großgruppentag) und „Anwesend werden“ (zweiter Workshop am zweiten Großgruppentag). Neben dem „Kristallisieren“, das mit der Entwicklung der Prototypen erreicht wurde, stehen 2010 die Aspekte „Erproben“ und „Das Neue praktisch anwenden und institutionell verkörpern“ am Plan. In diesen letzten Phasen geht es um die Umsetzung. Das Neue erscheint zuerst vielleicht nur in einem Bild oder einem Satz. Damit das Neue realisiert werden kann, muss es sich zu einem konkreten Bild verdichten, das in einem ersten Prototyp möglichst rasch in die Tat umgesetzt wird, noch nicht perfekt, sondern ausbau- und entwicklungsfähig. Es ist notwendig, zügig ins Handeln zu kommen und einen neuen Gedanken umzusetzen und in die bestehende Praxis einzubetten. 136 Ebd., S. 63. 112 Prototypengruppen Um Handeln und Praxis rasch zu realisieren, wurden von der Steuerungsgruppe nach Abstimmung mit dem Entscheidungsteam folgende elf Prototypen, die sich jeweils auf Strategiefelder beziehen, definiert und Prototypengruppen, die die einzelnen Versuchsprojekte zu bearbeiten hatten, gebildet: 1. Weg womit? (Strategiefeld: Bestand) Geplant ist die Einrichtung einer Clearingstelle, in der es in erster Linie um eine übergreifende Bestandsanalyse geht. Danach sollen ein Bestandsabbaukonzept und verordnende und ausführende Richtlinien erstellt werden. 2. Bücher Arche Noah / E-Ark (Strategiefeld: Bestand) Dieser Prototyp ist ein Folgeprototyp zum Prototyp „Weg womit?“. Im Rahmen von „Bücher Arche Noah“ ist ein dezentrales Bücherdepot mit Bestellfunktion zu konzipieren. Im Rahmen von „E-Ark“ werden die auszulagernden Bestände definiert, wobei nur jene Bestände ausgelagert werden sollen, die es noch in einer anderen Form (z. B. digital oder als Mikroform) gibt. Zudem soll eine Bedarfserhebung über Räumlichkeiten mit optimalen Verkehrsanbindungen sowie Lagerbedingungen durchgeführt werden. 3. Workflow für E-Medien (Strategiefeld: Bestand) Dieser Prototyp dient der internen und externen Kommunikation und Transparenz. Es sollen Standards festgeschrieben werden für den Workflow für E-Medien, durch den Arbeitsabläufe effizienter werden. Die Bestellung von E-Ressourcen soll vereinfacht und die E-Medien sollen inhaltlich erschlossen werden. 4. Öffentlichkeitsarbeit up2date (Strategiefeld: Öffentlichkeitsarbeit) Die Services und Leistungen der Öffentlichkeitsarbeit werden unter Nutzung unterschiedlicher Medien zielgruppenorientiert bekannt gemacht. Alle PR-Aktivitäten sollen professionell unterstützt werden, Fundraising bzw. die Lukrierung von 113 Drittmitteln soll ausgebaut werden. Die Öffentlichkeitsarbeit mit einem beständigen Kernteam wird durch eine Basisgruppe (mit breiter Zusammensetzung) verstärkt. 5. P4L (Prototypes for Libraries) (Strategiefeld: Services und neue Aufgaben) Es soll eine permanente Möglichkeit geboten werden, Prototypen zu entwickeln. An wen kann man sich wenden, wenn man eine gute Idee hat, und welche Ressourcen stehen für die Entwicklung zur Verfügung? 6. Job Visiting (Strategiefeld: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) Die Job Visite dient dazu, andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Arbeitsfelder kennenzulernen. Diese Visiten sollen auf freiwilliger Basis geschehen und ermöglichen es, andere Abteilungen und Arbeitsaufgaben kennenzulernen. 7. Ein Sofa für jede Bibliothek (Strategiefeld: Benützerinnen und Benützer) In allen Bibliotheken soll das gleiche Sofamodell aufgestellt werden, das als Erkennungszeichen für die UB Wien als Wohlfühlort, Ort der Kommunikation und des Austausches steht. 8. Online-Tutorials und Screen Casts (Strategiefeld: Benützerinnen und Benützer) Online-Tutorials sollen angedacht werden und dann via Facebook und Twitter verbreitet werden. Screen Casts werden gedreht und auf YouTube gestellt. 9. Fortbildungspass (Strategiefelder: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter / Wissens- und Informationsvermittlung) In modularer Form soll ein auf den Infodienst der Hauptbibliothek und der Fachbereichsbibliotheken zugeschnittener Fortbildungspass eingeführt werden. Dieser ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Infodienstes verpflichtend und muss in einem gewissen Abstand aufgefrischt werden. 10. Mentoring (Strategiefelder: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) Jede neue Mitarbeiterin bzw. jeder neuer Mitarbeiter kann eine Kollegin bzw. einen Kollegen als Mentorin bzw. Mentor zur Seite gestellt bekommen. 114 11. Bessere Zusammenarbeit (Strategiefeld: Organisationskultur) Der Austausch und die Kommunikation zwischen diversen Abteilungen, Services und Fachbereichsbibliotheken der UB Wien sollen ausgebaut und gestärkt werden. Zur Mitarbeit an diesen Prototypen waren alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der UB Wien eingeladen. Nach den erfolgten Anmeldungen wurden die Gruppen beauftragt, ihre Prototypen mit 29. Jänner 2010 abzuschließen, so dass ab Februar Zeit zum Erproben und Einbringen von Verbesserungen zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu Pilotprojekten – und das ist einer der Vorteile des Prototypenkonzepts – können Prototypen bei einem negativen Ergebnis auch wieder verworfen werden. Der Schwerpunkt bei der Prototypenentwicklung liegt im Erkunden und im Learning by Doing. Prototypen im Dialog Im Sinn von Scharmers Punkt „Erproben“ haben die Prototypengruppen Dialogrunden einberufen, zu denen UB-interne und -externe Expertinnen und Experten eingeladen wurden. Bei diesen Meetings wurden die einzelnen Prototypen vorgestellt und der Expertise der Gäste ausgesetzt. Dabei wurden die Prototypen in anregenden und abwechslungsreichen Diskussionen erprobt und gegebenenfalls auch modifiziert und auch weiter präzisiert und konkretisiert. Präsentation der Prototypen Am 17. Februar 2010 wurden im Juridicum von den elf Entwicklungsgruppen ihre elf Prototypen vorgestellt. An dieser halbtägigen Veranstaltung haben etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der UB Wien teilgenommen. Prototypen in der Praxis Im Sinn von Scharmers „Das Neue praktisch anwenden und institutionell verkörpern“ werden die Prototypen nach der Schlusspräsentation in der Praxis unter realen Bedingungen getestet. Die Praxis zeigte, dass die Prototypen je nach Intensität ihrer Beschäftigung und auch Komplexität ihrer Aufgabenstellung unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten eingeschlagen hatten. Manche Prototypen konnten 115 unmittelbar nach ihrer Präsentation und Diskussion im Februar 2010 in Test gehen, manche befinden sich noch in der Konzeptionsphase. Zwei Beispiele aus dem Handlungsfeld „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ sollen diese unterschiedliche Umsetzungsschnelligkeit veranschaulichen: der bereits in der Organisationspraxis umgesetzte Prototyp „Job Visiting“ und der noch in Planung befindliche Prototyp „Mentoring“. Die Steuerungsgruppe hat die Aufgabe, diese organisationalen Ungleichzeitigkeiten auszugleichen. Zum Thema „Job Visiting“ hat eine siebenköpfige Prototypengruppe seit Oktober 2009 daran gearbeitet, diese Idee in ein Pilotprojekt umzusetzen. Dabei wurden Zielsetzung, Rahmenbedingungen und Verfahrensweisen abgeklärt und innerhalb von Dialoggruppen die für die Realisierung notwendigen Personen miteinbezogen. Nach dem Commitment der Verantwortlichen und Zuständigen wurde der Prototyp innerhalb der UB über verschiedene Kommunikationskanäle (z. B. Intranet, Newsletter) beworben. Mit Juni 2010 startete der Prototyp in der Praxis und wird seither intensiv genützt. Die Prototypengruppe steht während dieser Testphase als Auskunfts- und Unterstützungsinstanz zur Verfügung und sammelt die für die Evaluation notwendigen Informationen, wobei die Evaluation dann über eine dauerhafte Implementierung in der Bibliothek entscheiden wird. Im Unterschied zum Prototyp „Job Visiting“ ist „Mentoring“ noch nicht in die Phase der Umsetzung eingetreten, sondern befindet sich derzeit im Erproben. Hier zeigte sich, dass ausführlichere Vorbereitungsarbeiten mit der Abteilung für Personalentwicklung der Universität notwendig sind, um ein Schulungsangebot für die Mentorinnen und Mentoren zu entwerfen und aufzustellen. Denn erst nach dem Absolvieren einer solchen Schulung können Bibliotheksangehörige erfolgversprechend als Mentorinnen und Mentoren fungieren. In realistischer Einschätzung wird sich der Start von Mentoring an der UB Wien in das Frühjahr 2011 verschieben. Weiterführung des Prozesses und personelle Erneuerung der Steuerungsgruppe In der Zielvereinbarung zwischen der Leitung der DLE Bibliotheks- und Archivwesen und dem Rektorat der Universität Wien für das Jahr 2010 konnte vereinbart werden, dass der Strategieentwicklungsprozesse weitergeführt und auch budgetiert wird. Die Beratungsfirma Kienast & Kienast wurde dazu wieder als externe Begleitung gewonnen. Außerdem wurde in der Zielvereinbarung beschlossen, dass der 116 Strategieentwicklungsprozess im Rahmen der für das Jahr 2010 vorgenommenen PeerEvaluation der DLE Bibliotheks- und Archivwesen evaluiert wird. Auf Initiative der Steuerungsgruppe hat das Entscheidungsteam mit Mitte 2010 etwa die Hälfte der Mitglieder dieses Lenkungsgremiums ausgetauscht. Diese Rotation erfolgte bei einem Treffen der Steuerungsgruppe, des Entscheidungsteams und der externen Beratung am 28. Juni 2010. Da die Mitarbeit in der Steuerungsgruppe von der UBLeitung auch als Personalentwicklungsmaßnahme angesehen wird, gibt das die Möglichkeit, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend zu fördern. Weiters werden die über einen längeren Zeitraum engagierten Mitglieder durch ihr Ausscheiden wieder für andere Aufgaben frei gespielt. Zudem wird eine neue Dynamik in die Steuerungsgruppe hineingetragen. Als nächste Aufgabe kommt auf diese aktualisierte Steuerungsgruppe die Evaluation der Prototypen zu. 4.5. Nächste Schritte 4.5.1. Evaluation der Prototypen durch die Steuerungsgruppe In weiterer Folge ist geplant, dass die Steuerungsgruppe in Abstimmung mit dem Entscheidungsteam die Ergebnisse der Praxiserprobung der Prototypen nach einer rund viermonatigen Laufzeit im Herbst 2010 evaluiert und prüft, ob eine Weiterführung des jeweiligen Prototyps im Regelbetrieb der UB Wien möglich bzw. sinnvoll ist. Aus dieser Evaluation werden die nächsten konkreten Schritte abgeleitet. 4.5.2. Evaluation der Strategieentwicklung durch die Peer-Evaluation Im Rahmen des siebenjährigen Zyklus der Evaluation von Dienstleistungseinrichtungen und Stabsstellen an der Universität Wien wird die UB Wien im Jahr 2010 evaluiert. Unterstützt wird die Evaluation von der Besonderen Einrichtung für Qualitätssicherung der Universität Wien. Die Evaluierung von Dienstleistungseinrichtungen und anderen administrativen Einheiten erfolgt in einem zweistufigen Prozess mit einer Selbstevaluation inklusive einer Befragung der Benützerinnen und Benützer sowie einer 117 Fremdevaluation durch externe Expertinnen und Experten. Für die Fremdevaluation der UB Wien wurden folgende Personen ausgewählt und gewonnen: Sheila Corrall, Professorin für Bibliothekswesen und Informationsmanagement an der University of Sheffield, Michael Cotta-Schönberg, stellvertretender Generaldirektor der Royal Library Denmark und Direktor der Universitätsbibliothek Kopenhagen, James J. Duderstadt, emeritierter Professor und ehemaliger Präsident der University of Michigan in Ann Arbor, und Petra Hätscher, Direktorin der Bibliothek der Universität Konstanz. Diese vier Fachleute werden die UB Wien bei ihrem Site Visit am 30. September und 1. Oktober 2010 besuchen. Nach dem Site Visit verfassen die Evaluatorinnen und Evaluatoren einen Endbericht, zu dem die UB Wien Stellung nehmen kann. Der Endbericht der Peers sowie die Stellungnahme der DLE werden veröffentlicht. Das Follow-Up umfasst die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur Qualitätssicherung inklusive Zeitplan sowie das Monitoring dieser Maßnahmen durch die Besondere Einrichtung für Qualitätssicherung und das Rektorat. Im Rahmen dieser Peer-Evaluation werden auch die Resultate des Strategieentwicklungsprozesses geprüft werden. Diese Prüfergebnisse werden neben der bibliotheksinternen Einschätzung des Strategieentwicklungsprozesses die weitere Vorgehensweise der UB Wien bei Form und Inhalt ihrer Strategieentwicklung maßgeblich mitbestimmen. 118 5. Zwischenbilanz und Zukunftsperspektiven 5.1. Ergebnisse der Evaluationen Im Herbst 2010 wird die Strategieentwicklung der UB Wien auf zwei Ebenen evaluiert: Die Prototypen werden UB-intern von der Steuerungsgruppe evaluiert, der Gesamtprozess UB-extern von den Peers. Hier gilt es, die Ergebnisse abzuwarten und für die weitere Optimierung der Organisationsentwicklung zu nützen. 5.2. Zwischenbilanz zur Strategieentwicklung – Lessons Learned Um Zukunftsperspektiven zu entwerfen, ist es notwendig, das Erreichte zu prüfen und als Ausgangsbasis für weitere Entwicklungen zu bewerten. Im Sinn von Qualitätsmanagement ist es angeraten, Lernerfahrungen, die während des Prozesses gemacht wurden, zusammenzutragen und wieder in den Prozess hineinzutragen. Als Grundschema der kurzen Zwischenbewertung werden nach dem SWOT-Modell die Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) der bisherigen Strategieentwicklung dargestellt. 5.2.1. Stärken Die Stärken des Strategieentwicklungsprozesses an der UB Wien liegen in der Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis. Dies kann in zweierlei Hinsicht gesehen werden. Erstens ist es gelungen, den Großteil der Prototypen in überschaubarer Zeit und auf adäquatem Qualitätsniveau in die operative Ebene der Organisation zu bringen. Es wurde nicht (nur) Papier produziert, sondern die Aktivität der Organisation wurde tatsächlich verändert. Zweitens hat der Prozess die Organisationskultur der UB Wien massiv und nachhaltig weiterbewegt. Breit unterstützt wurden neue Formen des gemeinsamen Arbeitens eingeübt und für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Kommunikationsverfahren (z. B. moderierte Diskussionen) praktiziert, die – flankiert durch spezielle Trainingsmaßnahmen – gleich Eingang in den Regelbetrieb der 119 Bibliothek gefunden haben. Partizipation und Empowerment wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur als Konzepte verstanden, sondern als Realitäten erfahren. Dies stärkte das Vertrauen in die DLE-Leitung und verallgemeinerte das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der UB Wien und in Folge der Universität Wien. Die UB Wien hat sich vor allem während der beiden Großgruppentage als starke Organisation erlebt, und das hat vermutlich nachhaltig das Selbstbewusstsein erhöht. 5.2.2. Schwächen Die Schwächen des Strategieentwicklungsprozesses an der UB Wien liegen in der Erstellung von kohärenten Konzepten. Die Strategiebildung erfolgte in der Steuerungsgruppe sehr am Beispielfall, am Konkreten orientiert. Dadurch wurde ein systematisches Herangehen an die strategische Positionierung der UB Wien vernachlässigt. Das Strategieentwicklungskonzept zeigt insofern diese Unausgewogenheit in der Schwerpunktsetzung, als manchen Handlungsfeldern Maßnahmen zugeordnet sind, manchen nicht, die Qualität der Mission Statements sehr unterschiedlich ausgefallen ist und die Vision über ein Abstimmungsverfahren gewonnen wurde. Eine weitere Schwäche liegt in der äußerst geringen Einbindung der Stakeholder der UB Wien in den Prozess. Weder die Studierenden noch wichtige Leitungsorgane der Universität wurden strukturell beteiligt. Einzig in den Dialogrunden zu den Prototypen wurden Stakeholdervertreter als Gäste eingeladen. Es kann aber auf dem bisher Geleisteten aufgebaut und an die Stakeholder herangetreten werden. 5.2.3. Chancen Die Chancen, die aus dem Strategieentwicklungsprozess resultieren, sind vor allem in der veränderten Organisationskultur zu sehen. Denn dabei entstand ein Pool hochaktiver Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die miteinander vernetzt sind, gemeinsame Arbeitserfahrung gemacht haben und über die notwendigen Tools verfügen, Arbeit 120 innovativ, effektiv und effizient zu gestalten. Hier ist eine organisationale Eigendynamik zu erwarten, von der die UB Wien sehr profitieren wird. Zudem haben auch jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Auftrittsflächen im Strategieentwicklungsprozess dahingehend genützt, dass sie innerhalb der Organisation und ihren bislang eingespielten Verfahren sowie stereotypen Verhaltensmustern plötzlich erhöhte Aufmerksamkeit erfahren und ihr Potential friktionsfrei einbringen können. Die Chancen entstehen vor allem aus der konsequenten Ausrichtung des Strategieentwicklungsprozess als großräumige Personalentwicklungsmaßnahme. 5.2.4. Risiken Die Risiken, die der Strategieentwicklungsprozess in sich trägt, sind Demotivation und Frustration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese treten unabänderlich ein, wenn die geweckten Erwartungen in Verbesserungen jeglicher Art enttäuscht werden, wenn die vorgenommenen und zumeist lautstark deklarierten Ziele aus den Augen geraten, wenn die Leitung das Interesse verliert und wenn sich der Prozess, ohne ans Ziel gekommen zu sein, verläuft. Strategieentwicklungsprozess Diese der Risiken UB eignen Wien, nicht sondern spezifisch dem wohnen allen Organisationsveränderungsprozessen, die partizipatorisch angelegt sind, inne. Sollte der Prozess scheitern, würde es Jahre dauern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem neuen Anlauf zu gewinnen, der Vertrauensverlust wäre zu hoch. 5.3. Erfolgskritische Perspektiven 5.3.1. Etablierung eines strategischen Managements Vor dem Hintergrund der hier brainstormartigen SWOT-Analyse zeigt sich das ausgeprägte Potential des Strategieentwicklungsprozesses, und es zeigt sich auch augenfällig seine markanteste Schwäche: die fehlende Kohärenz, die mangelnde Systematik, das zu geringe Abstraktionsniveau, der zu wenig ausgeprägte Blick auf das Ganze der Organisation. Vermutlich wird es an diesem Punkt der 121 Organisationsentwicklung notwendig sein, die Top-Down-Aktivität zu intensivieren und die Leitung der UB Wien stärker in die Strategieentwicklung zu involvieren. Vermutlich wird die Leitung der UB Wien ein strategisches Management zu etablieren haben, das aus der Gesamtperspektive der Organisation agiert und Kohärenz schafft. 5.3.2. Weiterentwicklung der Organisationskultur Wie mehrfach gezeigt wurde, war die Weiterentwicklung der Organisationskultur eines der zentralen Ziele und auch eine der Stärken des Strategieentwicklungsprozesses. Die Arbeit an der Kultur einer Organisation ist ein nicht abzuschließendes Vorhaben und damit als permanenter Prozess zu vergegenwärtigen. Die UB Wien wird hier sowohl die erfolgreich beschrittenen Wege weitergehen, als auch entschieden, kreativ und experimentierfreudig Neues erproben. 5.3.3. Innovation durch Prototyping Im Rahmen der Strategieentwicklung der UB Wien wurde der Prototyp P4L (Prototypes for Libraries) entwickelt. Als allgemeine Definition von Innovation, auf deren Grundlage weiter aufgebaut werden soll, wurde ausgegeben: Innovationen sind Produkte oder Dienstleistungen, die im österreichischen Bibliothekswesen noch nicht eingesetzt werden oder nur wenig verbreitet sind. Sie wirken auf sämtliche Bereiche der Bibliothek und umfassen z. B. neue Technologien und die Entwicklung neuer und die Verbesserung bestehender Services. Basierend auf dieser Definition ergaben sich für die DLE-Leitung überzeugende Argumente, die für die Errichtung einer Innovationsstelle an der UB Wien sprachen, um ein innovationsfreundliches Umfeld innerhalb der Bibliothek aufzubauen: • Das allgemeine Bestreben der Bibliothek, sich als innovative Einrichtung gegenüber der Universität und der Öffentlichkeit zu positionieren und zu präsentieren, 122 • die Ausarbeitung von Antworten auf die rasante technologische Entwicklung im Bereich der Informationstechnologie, • die systematische Erfassung, Analyse und Koordination innovativer Ideen und Vorschläge zu gewährleisten und • den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Umsetzung ihrer Ideen Unterstützung anzubieten. Als Kernaufgaben der Innovationsstelle wurden folgende Handlungsfelder definiert: Trendbeobachtung und -analyse, Freiräume für Ideen und Projekte, Projektberatung und -entwicklung und strategische Planung. Um diese Vorhaben zu unterstützen, wurde P4L in die ständige Einrichtung von ubw:innovation als Stabsstelle überführt, beginnend mit Mitte 2010, wobei eine Vollzeitstelle innerhalb der UB Wien für diese neue Aufgabe umgeschichtet wurde. Eine Arbeitsplanung wird derzeit erstellt, die ersten Ergebnisse sollen im Oktober 2010 präsentiert werden. Hier wird sich zu erweisen haben, welche Rolle die Produktion von Prototypen für die Organisationsentwicklung der UB Wien einnehmen kann und wie erfolgreich diese neue Stelle ist, die unmittelbar aus dem Strategieentwicklungsprozess generiert wurde. Organisatorische Herausforderungen sind sicherlich die Abstimmung mit der DLELeitung, die Koordination mit der noch immer aktiven Steuerungsgruppe und die Verankerung in der Gesamtorganisation. 123 Resümee Universitätsbibliotheken sind aktuell angesichts der Dynamik und Transformation des Informationsmarkts in einer Situation der Ungewissheit über ihre zukünftige Relevanz für ihre primäre Nutzergruppe. Sie stehen vor drängenden, gewiss auch unangenehmen, aber allemal herausfordernden Fragen: Werden Forschende, Lehrende und Studierende an Universitäten ihre Bibliothek konsultieren, wenn sie Information benötigen? In welchem Ausmaß und in welcher Weise werden sie das tun? Werden die Universitätsleitungen bzw. die Unterhaltsträger ihre personal- und kostenintensiven Bibliotheken weiter ausfinanzieren, sobald sich Möglichkeiten einer kostengünstigeren Informationsversorgung bei gleichem Qualitätslevel abzeichnen? Die erste Antwort auf diese Fragen ist selbst eine Frage: Was müssen Bibliotheken tun, um als Informationszentren zu reüssieren? Die Universitätsbibliothek Wien hat sich diese Frage auch gestellt und ihre Beantwortung – zumindest teilweise – in einen von der Bibliotheksleitung initiierten Strategieentwicklungsprozess gelegt. Die UB Wien sollte aus einem bloßen Reagieren auf sich rasant verändernde Umwelten herausgeführt werden, um proaktiv Zukunft selbst gestalten zu können. Um den kooperativen Führungsstil der UB-Leitung dem Strategieentwicklungsprozess einzuschreiben, wurde eine partizipatorisch ausgerichtete Vorgangsweise gewählt, an der alle Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter teilnehmen können. Top-DownVerfahren wurden mit einer starken Bottom-Up-Bewegung verschränkt. Die vorgelegte Master Thesis hatte sich vorgenommen, diesen Prozess bis zu seinem Zwischenstand im September 2010 zu rekonstruieren. Dabei galt es zuerst, die Kontexte und Voraussetzungen zu Organisationsentwicklungsmaßnahme auszuweisen, bewegt. in Sodann der wurde sich das diese Zielssystem dargestellt und der Prozess selbst detailliert in Struktur, Verlauf und Ergebnissen geschildert. Dies erschien umso wichtiger, als eine der wesentlichen Absichten bei der Prozessinitiierung in die Stärkung der partizipatorischen Prozessualität gelegt wurde, um eine kooperative Organisationskultur zu forcieren. Eine Bewertung und eine Perspektivensetzung der Strategieentwicklung schließen die Thesis ab. 124 Literaturverzeichnis Ansoff, Harry Igor: Management-Strategie. München: Verlag Moderne Industrie 1966. Appiah, Anthony: Realizing the Virtual Library. In: Gateways to Knowledge. The Role of Academic Libraries in Teaching, Learning, and Research. Hg. von Lawrence Dowler. Cambridge / Massachusetts: MIT Press 1997, S. 35–39. Baecker, Dirk: Postheroisches Management. Ein Vademecum. 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