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6 Vorwort Uli Hellweg BEST PRACTICES Foreword SZENARIEN DES KLIMAWANDELS SCENARIOS FOR CLIMATE CHANGE 14 24 Klimawandel und Klimapolitik Hartmut Graßl Climate Change and Climate Politics Erneuerbare Stadt: Die Energierevolution Peter Droege als wesentliches Paradigma der Stadtentwicklung Renewable City: The Energy Revolution as Essential Urban Development Paradigm 36 44 52 68 Hamburg – Aufbruch zur Klimahauptstadt Deutschlands Herbert Girardet, Stefan Schurig Hamburg – Emerging as the Climate Capital of Germany Ein Interview mit Senatorin Anja Hajduk Olaf Bartels An Interview with Senator Anja Hajduk Atmosphären in der Architektur Gernot Böhme 122 134 142 150 176 190 Ökologischer und informeller Städtebau – ein Vergleich Christian Werthmann Environmental and Informal Urbanism – A Comparison Städtebaulicher Rahmenplan Masdar City Matthias Schuler Masdar City Master Plan Ein Interview mit Gerard Evenden (Foster + Partners) Olaf Bartels, An Interview with Gerard Evenden (Foster + Partners) Oliver G. Hamm Zurück zur architektonischen Lösung Dirk Meyhöfer Back to an Architectural Solution Ein Interview mit Jürgen Bruns-Berentelg (HafenCity Hamburg GmbH) Dirk Meyhöfer An Interview with Jürgen Bruns-Berentelg (HafenCity Hamburg GmbH) Porträts: Harald Köpke; Florian Tietje, Rosa von der Beek und Sohn Leo Ruth Asseyer DIE ELBINSELN Atmospheres in Architecture THE ELBE ISLANDS Porträts: Astrid Christen, Jan Peters Ruth Asseyer AKTIVER UND PASSIVER KLIMASCHUTZ ACTIVE AND PASSIVE CLIMATE PROTECTION 74 82 88 96 108 116 BEST PRACTICES Vom Ölpreisschock zum Nachhaltigkeitszertifikat Norbert Fisch, Thomas Wilken, From Oil Price Shock to Sustainability Certificates Stefan Plesser, Tanja Beier Das Haus als Kraftwerk – die Stadt als Verbundkraftwerk Manfred Hegger 196 206 218 Klima in Wilhelmsburg Axel Nordmeier Climate in Wilhelmsburg Klimaschutzkonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Simona Weisleder, Climate Protection Concept – “Renewable Wilhelmsburg” Karsten Wessel Kultur | Natur Anke Haarmann, Culture | Nature Harald Lemke REFLEXIONEN The House as Power Station – the City as Integrated Power Station REFLECTIONS Denken statt dämmen Christian Schönwetter Think before Insulating Wetter und Architektur, gefühlt und gemessen Susanne Hofmann 232 Reflexionen des Klimawandels Reflections of Climate Change IBA AT WORK Weather and Architecture: Subjective and Objective IBA AT WORK Eine neue Stadt der Zukunft Olaf Bartels A New City of the Future Porträts: Hildebrand Henatsch, Lars Rückert 242 Projekte der Internationalen Bauausstellung Hamburg Projects of the Internationale Bauausstellung Hamburg Ruth Asseyer 252 Autoren Authors 256 Bildnachweise Picture Credits 256 Impressum Imprint Uli Hellweg Uli Hellweg Vorwort Foreword Die Stadt im Klimawandel Die IBA als strategisches Labor für urbane Energie- und Klimaschutzkonzepte Cities and climate change The IBA as strategic laboratory for urban energy and climate protection concepts Die IBA Hamburg widmet den zweiten Band unmittelbar von der Antwort auf die Frage nach IBA Hamburg devotes the second volume in ihrer Schriftenreihe dem Schwerpunkt „Stadt den Auswirkungen des Klimawandels auf Ham- its series to the core topic of the “Cities and im Klimawandel“. Als eines von drei Leitthemen burg und speziell die Elbinseln abhängen. Climate Change”. As one of IBA Hamburg’s three der IBA Hamburg hat dieser Schwerpunkt heute Internationale Bauausstellungen beziehen ihre key themes, this core topic not only occupies nicht nur weltweit eine herausragende Stellung Wirkungskraft aus drei Faktoren: der Relevanz a prominent position within the international in der Diskussion über die Zukunft der Städte, des Themas, der Authentizität des Ortes und debate about the future of cities, but has special sondern gerade für diesen IBA-Ort Hamburg, der Qualität der Projekte, die die Lösung des historical significance for this IBA location in und hier insbesondere für die Elbinseln, eine Themas am jeweiligen Ort demonstrieren Hamburg specifically, and the Elbe islands in besondere historische Bedeutung. Über mehr sollen. Kein städtischer Ort in Deutschland particular. Over a period of 500 years, the Elbe als fünf Jahrhunderte wurden die Elbinseln verkörpert die Verletzlichkeit unserer Städte islands of Wilhelmsburg, Veddel, Kleiner Gras- Wilhelmsburg, die Veddel, der Kleine Grasbrook, durch den weltweiten Klimawandel deutli- brook and Peute were wrested from the floodwa- die Peute den Fluten des Stroms und der See cher als Wilhelmsburg. An keinem anderen ters of the river and the sea. What now purports abgerungen. Was sich heute als Europas größte Ort stellen sich die strategischen Fragen des to be Europe’s largest river island is a unique Flussinsel darstellt, ist eine einzigartige Kultur- Umgangs mit dem Klimaschutz, aber auch mit cultural landscape that has developed in terms landschaft, die sich in ihrer Topografie, ihrem den nicht mehr vermeidbaren Klimafolgen of its topography, town planning, uses, and social Städtebau, ihren Nutzungen und ihrer sozialen so konkret wie auf den Hamburger Elbinseln. structure directly or indirectly out of the contest Struktur direkt oder indirekt aus der Ausein- Dabei wird der strategische Zielkonflikt vor with the water, both in front of and behind the andersetzung mit dem Wasser vor und hinter Ort unmittelbar deutlich. Auf der einen Seite twenty-seven-kilometre long ring dyke that now dem 27 Kilometer langen Ringdeich, der die besteht die Notwendigkeit des radikalen Um- protects the Elbe islands. In this respect the two Elbinseln heute schützt, entwickelt hat. Insofern steuerns, um eine drastische Reduzierung der other key themes of IBA Hamburg, “Cosmopo- stehen auch die beiden anderen Leitthemen Treibhausgasemissionen zu erreichen. Hierzu lis” and “Metrozones”, are directly linked to the der IBA Hamburg, „Kosmopolis“ und „Metro- bedarf es eines Kanons von energetischen, issue of the “Cities and Climate Change”. The zonen“, in einem direkten Zusammenhang mit städtebaulichen, verkehrlichen, architektoni- historical basis for this interdependency was laid dem Leitthema der Stadt im Klimawandel. Die schen und bautechnischen Maßnahmen sowie down in Fritz Schumacher’s seminal plan in 1921, historischen Grundlagen für diese Wechsel- eines praktischen Umdenkens und einer neuen which envisaged the Elbe islands – in spite of wirkung wurden mit dem Fächerplan von Fritz sozialen Kultur des Umgangs mit den Ressour- the numerous historical settlements – as a port Schumacher von 1921 gelegt, der die Elbinseln cen unseres Planeten, wie sie in diesem Band and working district in the context of Hamburg’s – trotz der zahlreichen historischen Siedlun- durch zahlreiche Beiträge dokumentiert wer- urban development. The functional relationship gen – als Hafen- und Arbeitsgebiet im Kontext den. Auf der anderen Seite steht die notwendi- was redefined with the “Leap Across the Elbe” der Stadtentwicklung Hamburgs sah. Mit dem ge Vorsorge gegen die absehbar nicht mehr zu initiative: the Elbe islands were now to be opened „Sprung über die Elbe“ wurde der Funktionszu- vermeidenden Folgen des Klimawandels. Sorge up as the strategic reserve for Hamburg’s sammenhang neu definiert: Nunmehr sollen die und Vorsorge müssen gerade an einem Ort wie interior development – a concept diametrically Elbinseln als strategische Reserve der Innenent- Wilhelmsburg mit seiner tragischen Fluter- opposed to Schumacher’s and the likely success wicklung Hamburgs erschlossen werden – ein fahrung von 1962, bei der hier mehr als 200 of which depends entirely on resolving the issue Konzept, das dem Schumacher’schen diametral Menschen ihr Leben verloren, mit besonderer entgegen steht und dessen Erfolgsaussichten Sensibilität angegangen werden. 6 Vorwort Blick in den Hamburger Hafen View into the port of Hamburg of the impact of climate change on Hamburg, and the Elbe islands in particular. foreword 7 Peter Droege Peter Droege Erneuerbare Stadt: Die Energierevolution als wesentliches Paradigma der Stadtentwicklung Renewable City: The Energy Revolution as Essential Urban Development Paradigm Globalisierte Städte dar. Dabei formen wiederum diese sie – ganz im Sinne von Churchills berühmtem Einzeiler: Vielen erscheint die Weltwirtschaft als eine „Wir formen unsere Gebäude, und dann formen städtische Ökonomie: Ökonomische Abläu- unsere Gebäude uns.“ fe finden scheinbar in Städten und urbanen Weniger verbreitet ist die grundlegende Tat- Netzwerken statt. Die populäre Stadtliteratur sache, dass die Städte – ihre Form, Ökonomie stellt Städte als die zentralen Punkte für globale und Wachstumsdynamik – stets durch das in und lokale ökonomische Transaktionen dar. ihrer Epoche vorherrschende Energiesystem Und zwar mit Recht: Städte bilden das zentrale geprägt wurden. In der Art und Weise auf die Terrain für soziale Kontrolle, den politischen sich beide zueinander verhalten, liegt das große Diskurs und kulturellen Austausch. Sie sind Risiko für unsere Zeit – für jede beliebige Stadt, auch die Bühne für Ungerechtigkeit und Gewalt Nation oder für das globale Gleichgewicht der – aber auch für das Spiel von menschlicher Kräfte. Während diese Tatsache für die gesamte Verheißung und Erlösung sowie sozialer Hand- historische Stadtentwicklung gilt, sind die hohe lungskompetenzen. Da Industriegesellschaften Geschwindigkeit, das Ausmaß der gegenwär- von Städten aus regiert werden, beherrschen tigen Entwicklungswelle und die Bildung von städtische Bilder und Gebräuche das globale Megastädten als gleichzeitiges und weltweites Mediengeschehen hinter der vorherrschenden Phänomen ohne Beispiel. Die Explosion des sozialen Realität. Hier werden die dominie- Anteils der Städter an der Weltbevölkerung in renden Vorstellungen und Ideale verpackt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde und Sehnsüchte artikuliert, während ländliche bereits durch die frühere Expansion einiger Lebensbedingungen und ländliches Gemein- Weltstädte wie London vorweggenommen und wesen eher an den romantisierten Rand der begann sich ab den Fünfzigerjahren stark zu be- Gesellschaft verbannt werden, anstatt sie als schleunigen, wobei viele großstädtische Gebiete essenzielle Alternative zum Leben in den „Ma- scheinbar sprunghaft anwuchsen. schinenstädten“ zu zelebrieren. Und im Laufe Das höchste Bevölkerungswachstum findet in der Geschichte haben Städte das politische urbanisierten Gebieten statt, die Hälfte der Leben ihrer jeweiligen Epochen geprägt – oder Weltbevölkerung wohnt dort. Große dynamische zumindest ist die Geschichte der Stadt als ein- Kräfte sind am Werk, die die Vorrangstellung zige überliefert und in den Reliquien, Schriften der Städte untermauern. Diese Entwicklung und Gebäuden ihrer Herrscher archiviert wor- schließt das Anwachsen des Welthandels und den. Trotz ihrer Abhängigkeit von Versorgungs- die begleitenden Strukturveränderungen in strömen jenseits der Städte stellen sich alle vielen Agrarstaaten ein. Ein Großteil dieses weltweit vorherrschenden politischen Systeme neuen Wachstums findet in den Elendsvierteln in ihrem gemeinschaftlichen Raum und ihren öf- statt, die sich um die Großstädte der Dritten fentlichen Institutionen als Stadtgesellschaften Welt herum ausbreiten und durch die schlecht 24 SZENARIEN DES KLIMAWANDELS Die Metropolis des Dr. Faustus: Die moderne Großstadt ist als Produkt der späten industriellen Revolution auf den tönernen Fundamenten nicht-erneuerbarer, also veralteter Energiesysteme errichtet. Wie kann sie der wachsenden Klima- und Energiekrise entgegenwirken, solange ihre Wirklichkeit durch eine überwältigend starke Abhängigkeit von Energien bestimmt ist, die auf Verbrennung basieren und die für die größten existenziellen Gefahren verantwortlich sind? Wie kann sie ohne fossile oder atomare Energiequellen existieren? Faust’s metropolis: as the product of the late Industrial Revolution, the modern city is built on the clay foundations of non-renewable, i.e. obsolescent, energy systems. How can it react to the growing climate and energy crisis when its reality is defined by an overwhelming dependence on energies which are combustion-based and responsible for the greatest threats to our existence? How can it exist without fossil fuels or atomic energy sources? IBA 2 WERFT 25 Olaf Bartels Olaf Bartels Eine neue Stadt der Zukunft A New City of the Future Ein Plädoyer für neue räumliche und architektonische Visionen der Stadt im Klimawandel Making the case for new spatial and architectural visions for the city under climate change Auf die Frage: „Wie werden wir wohnen?“ gibt und die Entwicklung ihrer besonderen Baukultur es heute meist zögerlich bange Antworten oder wurden ein Teil dieses Prozesses, der bis heute ein Achselzucken. Die Zeit der großen Utopien anhält und zu massiven Problemen im Umgang scheint vorbei zu sein. Nicht wenige Menschen mit den Weltressourcen führt. Abb. 1: Die Stadt Everytown im Jahr 2036 aus dem Film Things to Come, GB 1936, Regie: William Cameron Menzies Fig. 1: The city of Everytown in 2036, from the film Things to Come, UK 1936, director: William Cameron Menzies wünschen sich vielmehr in die vergangenen Jahrhunderte zurück und fordern die Revita- Science-Fiction im 20. Jahrhundert lisierung von Bauformen vergangener Zeiten. Doch die Herausforderung, die der Wandel des Neue Materialien wie Stahl, Aluminium oder Klimas an die Menschheit stellt, ist immens. Kunststoff und eine zuvor nicht gekannte, Sie wird sich nicht nur seinen Folgen stellen schier unbegrenzte Mobilität waren damals der müssen, sondern auch jede Möglichkeit nutzen Stoff vielfältiger Utopien. Die Menschen gaben müssen, dem Klimawandel – den sie im Wesent- sich wissenschaftlich-technischen Visionen hin, lichen selbst verursacht hat – entgegenzuwirken. Die Reduktion des CO2-Ausstoßes beim die in der Literatur, im Comic und später vor Bau und Betrieb menschlicher Behausungen ist Alles schien durch Wissenschaft und Technik sicher ein wichtiger Beitrag dazu. sowie durch die Kraft fossiler und nuklearer Die Nutzung fossiler Stoffe hat sich als eine Brennstoffe erreichbar zu sein. Der Vorstoß des Sackgasse erwiesen. Sie bedroht das Weltklima, Menschen in den Kosmos, zu anderen Planeten zudem neigen sich ihre Vorräte ohnehin dem und faktisch bis zum Mond, seine Besiedlung Ende zu. Die Erschließung neuer regenerativer und auch jene der Meere und der Wüsten, gar Energiequellen ist ein fundamentales Thema für eine Neustrukturierung der Städte schien nicht das Bauen und für die Stadtentwicklung geworden.1 Gleichzeitig wird man sich auf die Folgen nur denkbar, sondern in greifbarer Nähe zu sein. des Klimawandels einstellen müssen. Beides Jahrhunderts entwickelten technischen und wird sich zwangsläufig in Architektur und bautechnischen Utopien sind Realität geworden. Stadtgestalt niederschlagen. Es geht um nicht Dazu zählen sicher viele neue Arten der Mo- weniger als um eine revolutionäre Neuorientie- bilität und die vertikale Organisation hochver- rung im Umgang mit Rohstoffen, Energie und dichteter Städte wie New York oder Hongkong. Lebensweisen, die nur mit jener gigantischen Nicht wenige der aus Euphorie geschaffenen technischen Umwälzung zu vergleichen ist, die Realitäten sorgen heute allerdings auch für die landläufig als die erste industrielle Revolution bekannten Probleme. Die Mobilität, zumal die allem im Film ganz eigene Genres begründeten. Einige dieser vor allem um die Mitte des 20. bezeichnet wird. Ihr folgten im 19. und 20. Jahr- individuelle, auf fossilen Brennstoffen basieren- hundert wirtschaftliche, soziale, politische und de, steht nur einem vergleichsweise geringen kulturelle Veränderungen in kürzester Zeit und Teil der Weltbevölkerung zur Verfügung und unvergleichlichem Ausmaß, die bis heute ihres- auch das Leben in Hochhäusern gehört nicht zu gleichen suchen. Das Wachstum der Weltstädte seinen allgemein anerkannten Vorzügen. 108 AKTIVER UND PASSIVER KLIMASCHUTZ ACTIVE AND PASSIVE CLIMATE PROTECTION 109 Christian Werthmann Christian Werthmann Ökologischer und informeller Städtebau – ein Vergleich Environmental and Informal Urbanism – A Comparison Wenn der Berufsstand der Planer und Architek- Stadt erreicht worden. Dies bedeutet, dass man ten nach gebauten städtebaulichen Modellen auf der Suche nach Modellen für die klimabe- sucht, die Stellung zum Klimawandel beziehen, wusste Stadt des 21. Jahrhunderts womöglich weist man üblicherweise auf eine Handvoll sorg- von beiden Seiten lernen kann. fältig geplanter und ausgeführter ökologischer Um eines klarzustellen: Hier sollen die ernsthaf- Stadterweiterungen hin. Diese Beispiele wurden ten Schwierigkeiten, mit denen die Bewohner normalerweise formal ausgeführt und befin- informeller Städte konfrontiert sind, weder den sich in der nordwestlichen Hemisphäre, romantisiert noch heruntergespielt werden. Es wie zum Beispiel die solarCity in Linz-Pichling ist keine Übertreibung, dass städtische Armut (Österreich), Vauban in Freiburg oder Riem neben dem Klimawandel wohl die größte globa- in München. Manchmal werden hervorragen- le Herausforderung unserer Zeit ist. Wir wissen, de Beispiele aus Schwellenländern, wie zum dass gegenwärtig fast eine Milliarde Menschen Beispiel Curitiba in Brasilien, nicht erwähnt. in Slums leben. Es wird erwartet, dass sich diese Informelle Siedlungen (die etwas obskure, aber Zahl bis zum Jahr 2030 verdoppelt, es sei denn, weniger abfällige Bezeichnung für Elendsvier- dass umfassende Maßnahmen ergriffen werden. tel), in denen derzeit ein Drittel unserer Stadt- Somit gehören informelle Städte zu den am bevölkerung lebt, würden einem nie einfallen. schnellsten wachsenden Städten der Welt. Es Der öffentlichen und professionellen Meinung gibt viele Typen von informellen Städten und nach fallen informelle Städte ganz klar in die verschiedene Entwicklungsstufen, von akuter Kategorie urbaner Probleme und nicht die der Armut bis hin zu relativem Wohlstand. Sie befin- Lösungsansätze. In der Tat scheint sich inmitten den sich alle in Randlagen. Ihre Größe variiert von Armut, Kriminalität und schwerer Umwelt- von ein paar Hundert Menschen bis zu über ei- verschmutzung wenig Liebenswertes in diesen ner Million (zum Beispiel Ciudad Nezahualcóyotl Siedlungen zu finden. in Mexico City) und kann zwei Drittel der gesam- Luftbilder des Barrio San Agustín, Caracas, einer Favela (informelle Siedlung) für rund 40.000 Menschen in der Hauptstadt Venezuelas (oben), der solarCity in Linz (4000 Einwohner, links) und des Stadtteils Vauban in Freiburg (5500 Einwohner, unten) Aerial photos of Barrio San Agustín, Caracas, a favela (an informal settlement) for around 40,000 people in the capital of Venezuela (above), of the solarCity in Linz (4,000 inhabitants, left) and the city district of Vauban in Freiburg (5,500 inhabitants, below) When the planning and design profession looks for built urban models responsive to climate change, they typically point to a handful of Informal cities – a model for the climate conscious city? carefully planned and executed examples of However, when one studies informal settle- environmentally conscious city extensions. ments in greater detail, there remain distinct Typically, these examples are formally executed qualities of significant value that are rarely and located in the northwestern hemisphere, noticed. At the same time, when one looks such as solarCity in Linz-Pichling, Austria, or closely at the foremost environmentally con- ten Stadtbevölkerung ausmachen (zum Beispiel Vauban in Freiburg, and Riem in Munich, which scious city extensions in the developed world, Informelle Siedlungen – ein Modell für die klimabewusste Stadt? Caracas, Venezuela). Ihre Bevölkerungsdichte are both in Germany. Sometimes outstanding there are unfulfilled ideals. Some of these ist extrem hoch und übertrifft oft Manhattan examples in emerging economies, like Curitiba ideals have been achieved by the informal city. Island, aber mit dem wesentlichen Unterschied, in Brazil, are mentioned. Informal cities – the Hence, there may be an opportunity for mutual Aber wenn man informelle Siedlungen etwas dass die Menschen dort in zwei- bis dreistöcki- somewhat obscure but non-derogative term for learning when it comes to finding models for genauer betrachtet, finden sich ausgeprägte gen Hütten anstelle von Hochhäusern leben. slum – where currently one third of our urban the climate-conscious city of the twenty-first Qualitäten von erheblicher Bedeutung, die Überbevölkerung gepaart mit einem generel- population lives, would never come to mind. In century. selten beachtet werden. Wenn man sich gleich- len Mangel an öffentlicher Infrastruktur macht public and professional opinion, informal cities To be clear: there is no intention to either zeitig die führenden umweltbewussten Stadter- die Lebensbedingungen besonders prekär. clearly fall into the category of urban problems romanticise or downplay the serious hardships weiterungen in der Ersten Welt näher ansieht, Typischerweise findet das Leben in informellen and not solutions. Indeed, amid poverty, crime, with which inhabitants of informal cities are so zeigen sich auch unerfüllte Ideale. Manche Siedlungen in engen Vierteln statt, in denen and severe pollution, there seems to be little to confronted. It is not an overstatement that dieser Ideale sind wiederum von der informellen Überflutungen an der Tagesordnung sind und be fond of in these settlements. next to climate change, urban poverty may be 122 BEST PRACTICES BEST PRACTICES 123