Erfahrungsbericht

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Erfahrungsbericht
Erasmus in Bilbao
Ankunft
Am schnellsten und am billigsten geht es per Flieger nach Bilbao; entweder mit HLX ab Stuttgart
oder Köln und Air Berlin nach Bilbao direkt (Bus vom Flughafen ins Zentrum ca. 1 Euro) oder
mit Ryanair ab Frankfurt/Hahn nach Santander (ca.1,5 Stunden mit dem Bus von Bilbao
entfernt).
Für alle, die mit dem Auto kommen: Eine bequeme, sichere und vor allem kostenlose
Möglichkeit, seinen Wagen abzustellen, ist der Uni-Campus. Dieser ist allerdings nach 22 Uhr
und an Sonntagen geschlossen, was bedeutet, dass man zu diesen Zeiten keinen Zugriff auf sein
Auto hat.
Unterkunft
Fast alle Erasmus-Studenten wohnen in so genannten „pisos compartidos“ (= WG). Die Zimmer
sind grundsätzlich möbliert und liegen preislich etwa zwischen 220-280 Euro plus Nebenkosten
für Strom, Gas, Wasser. Man sollte darauf achten, dass die Wohnung eine ordentliche Heizung
(meist Gasheizung) hat.
Eine einfache Möglichkeit ist, bereits im Voraus über die Agentur ”Agur” ein Zimmer zu
reservieren. Entspricht dieses nicht den Erwartungen, ist es im Nachhinein ohne Probleme
möglich, das Zimmer zu wechseln, allerdings verliert man dann meistens seine Kaution. Eine
andere Möglichkeit ist die Unterbringung im Studentenwohnheim. Dies würde ich aber nicht
empfehlen, da sie zum einen sehr teuer sind und zum anderen früh schließen. Viele wohnen die
ersten Tage in der Jugendherberge (www.albergue.bilbao.net) und suchen vor Ort (z.B.
schwarzes Brett der Uni). Es empfiehlt sich, in einem Viertel in Stadtnähe (z.B. Indautxu, Casco
Viejo, Deusto, Abando,…) zu wohnen, da Metro und Busse unter der Woche nur bis 23 Uhr
fahren.
Uni
Die Uni liegt im Barrio Deusto, direkt am Fluss, unweit des Stadtzentrums und des GuggenheimMuseums. Sie wurde ursprünglich von Jesuiten-Mönchen gegründet und hat heute den Status
einer Privat-Uni. Die Fakultät für BWL (La Comercial) belegt ein eigenes Gebäude auf dem
Campus und hat in Spanien einen hervorragenden Ruf. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass
das Niveau etwas niedriger ist, als an der Uni in Würzburg. Ich habe fast ausschließlich
Veranstaltungen des letzten Jahres belegt und hatte überhaupt keine Verständnisschwierigkeiten.
Das System ist viel verschulter als in Deutschland, Veranstaltungen sind nach Studienjahren
gegliedert; das heißt pro Studienjahr gibt es vordefinierte Veranstaltungen, die belegt werden
müssen. Austauschstudenten sind hier natürlich wesentlich flexibler, sie können Kurse
verschiedener Jahrgänge miteinander kombinieren. Hier ist allerdings sorgfältige Planung
angesagt, Überschneidungen kommen häufig vor, insbesondere, wenn Veranstaltungen
verschiedener Studienjahre kombiniert werden. Unbedingt zu empfehlen ist der Besuch der
Einführungsveranstaltung der Comercial, da hier (fast) alle Fragen geklärt werden können.
Leistungsnachweise setzen sich häufig aus Gruppenarbeiten, Präsentationen, Hausarbeiten und
einer Abschlussklausur zusammen. Die einheimischen Studenten sind den Erasmus-Studenten
gegenüber hierbei aber sehr aufgeschlossen und immer bereit zu helfen. Wollt Ihr Scheine in
Deutschland anrechnen lassen, solltet Ihr das besser schon im voraus mit dem jeweiligen
Professor klären, damit es am Ende keine Probleme gibt.
Die Fakultät für BWL ist in einem schönen alten Gebäude untergebracht und relativ gut
ausgestattet. So gibt es z.B. einen sehr großen PC-Pool; die Ausdrucke sind gratis.
Auf dem Campus gibt es außerdem zwei Cafés, in denen auch Bocadillos und Tortilla verkauft
werden; eine Mensa wie in Deutschland ist allerdings nicht vorhanden.
Sprachkurse
Grundsätzlich ist es empfehlenswert, die angebotenen Sprachkurse zu besuchen. Dies gilt
besonders für den vor Semesterbeginn stattfindenden, dreiwöchigen Intensivkurs, da man hier
gleich zu Beginn viele andere Erasmus-Studenten kennen lernen kann.
Im Frühjahr hat man zudem die Möglichkeit an der offiziellen Cervantes-Prüfung (Kostenpunkt:
140 Euro) teilzunehmen, die weltweit anerkannt ist.
Lebenshaltungskosten
Man kann etwa die gleichen Kosten wie in Deutschland ansetzen, Bilbao ist eben Nordspanien
und gilt zu Recht als eine der teureren Regionen der iberischen Halbinsel. Für den Kauf von Obst
und Gemüse empfiehlt sich der Besuch einer der zahlreichen Fruterías; dort kann man die Ware
frischer und oft auch günstiger als im Supermarkt bekommen.
Viel günstiger sind die Kosten für die öffentlichen Transportmittel. Zu empfehlen ist der Kauf
einer Creditrans, einer Art Mehrfahrtenkarte mit variablem Guthaben, die für Bus, Metro und
Straßenbahn gilt. Restguthaben auf der Karte kann beim Kauf einer neuen auf diese übertragen
werden. Achtung: die Monatskarte für die Metro gilt ausschließlich für die Metro, nicht für Bus
und Straßenbahn!
Baskenland und ETA
“Tourist remember: You are not in France, nor in Spain, you are in the basque country!”
Ein Thema, das mit etwas Vorsicht zu behandeln ist, ist der Status des Baskenlandes innerhalb
Spaniens mit allem, was damit einhergeht. Wenn man seinen Gesprächspartner nicht gut kennt,
sollte man das Thema mit Vorsicht behandeln. Meiner Erfahrung nach herrschen in Bilbao
überwiegend liberale Einstellungen zur Beziehung País Vasco – España; Allerdings machen die
Hardliner zuweilen auf sich aufmerksam, etwa in Form von Demos oder bei Festen.
Bombendrohungen hat man nicht zu fürchten, da die Eta seit Frühjahr 06 einen permanenten
Waffenstillstand mit der Regierung vereinbart hat; und auch in den letzten Jahren haben sich
Anschläge nie gegen Privatpersonen, sondern gegen die Industrie gerichtet.
Bilbao macht den Eindruck einer sehr sicheren Stadt, man kann ohne Probleme nachts allein
durch die Strassen gehen. Ausnahme ist das Viertel San Fransisco, hier sollte man als Frau
vorsichtig sein.
Baskisch wird aktiv vor allem in den umliegenden Dörfern gesprochen; auch in der Stadt
bekommt man es zuweilen zu Ohren. Die Sprachsituation ist aber in keinster Weise mit der
Kataloniens vergleichbar, wo Katalan in vielen Situationen das Castellano verdrängt. In Bilbao
hat man mit Spanisch überhaupt keine Probleme.
Klima/Wetter
Das Klima ist tendenziell etwas wärmer als hier. Im Sommer kann man oft noch bis Ende
September ins Wasser. Im Herbst und Winter regnet es häufig, gutes Schuhwerk ist unbedingt
nötig. Im Februar und März kann es auch noch mal richtig frostig werden; zu dieser Zeit lag in
den umliegenden Bergen Schnee. In der Stadt werden aber praktisch nie Temperaturen unter null
Grad erreicht. Generell ist das Wetter sehr unbeständig, man weiß morgens nie, wie es
nachmittags wird.
Stadt und Umgebung
Vor meinem Aufenthalt hatte ich eigentlich keine großen Erwartungen an die Stadt, da diese vor
allem als Industriestadt bekannt ist. Jedoch entspricht dieses Bild keineswegs der Wahrheit.
Bilbao ist eine wunderschöne Stadt, die in einem von grünen Hügeln umgebenen Tal liegt und
besonders durch die „Ría de Bilbao“, die mitten durch die Stadt fließt, ihren Charme erhält. Seit
der Gründung des Guggenheim-Museums 1997 wurde sehr viel für das Stadtbild getan, so dass
Bilbao inzwischen eine sehr saubere Stadt ist, in der es sich sehr gut wohnen lässt. Dazu trägt
natürlich auch die Nähe zum Strand bei, der gut mit der Metro zu erreichen ist. Der beliebteste
Erasmus-Strand ist Sopelana, Metrohaltestelle „Larrabasterra“ (ca. 40 Min. vom Zentrum). Wer
gerne surft, findet hier ausgezeichnete Bedingungen, Deusto-Studenten zahlen für 15 Stunden
Surfkurs nur 70 Euro.
Nachtleben
Wichtigster Tag im Leben eines Erasmus-Studenten ist der Donnerstag, an dem die wöchentliche
Erasmus-Party stattfindet. Beginn ist im Dubliners (Plaza Moyua), danach geht’s in jeweils
unterschiedlichen Diskotheken weiter, die durch Plakate und per e-Mail publik gemacht werden
(www.erasmusworld.de). Die Nacht endet meistens im „Antzoki“, in das man allerdings nicht vor
3 Uhr gehen kann.
Ansonsten ist das Nachtleben sehr vielfältig: Casco Viejo mit seinen zahlreichen Bars zum
gemütlich Pintxos essen und für die „kleine Tour“, Indautxu eher mit Lounge-Bars, die meist
etwas länger geöffnet haben, Jardines de Albia und Mazzaredo mit diversen Diskos und
Tanzcafes...
Generell muss man sagen, dass Sonntag bis Mittwoch das Weggehen etwas komplizierter ist, da
viele Bars früh schließen müssen und die Spanier den Weggehschwerpunkt klar auf das
Wochenende legen. Do-Sa kann man dann dafür problemlos bis 7 Uhr und länger feiern und die
Nacht in einer der Tortilla-Bars abschließen.
Ich kann nur jedem empfehlen ein Jahr im Ausland zu verbringen, da mir persönlich dieses Jahr
viel gebracht hat. Zum einen natürlich für die Sprachkenntnisse (nach 2 Sprachkursen in
Deutschland fiel die Verständigung am Anfang noch relativ schwer), zum anderen lernt man
Menschen aus ganz Europa kennen und erfährt viel über andere Länder, muss sich auf eine neue
Kultur einstellen (der spanischen Lebensrhythmus ist mit dem deutschen nicht zu vergleichen)...