Worauf es bei Vollmachten ankommt

Transcription

Worauf es bei Vollmachten ankommt
54
Finanzen
BAUERNBLATT l 15. Dezember 2012 ■
Beratung rund um das Geld: Vorsorge treffen
Worauf es bei Vollmachten ankommt
Wer nicht mehr in der Lage ist, seine geschäftlichen und persönlichen Dinge selbst zu regeln, muss
vertreten werden. Für minderjährige Kinder sind deren Eltern die
gesetzlichen Vertreter. Volljährige
können Dritten eine rechtsgeschäftliche Vertretungsvollmacht
erteilen. Notfalls muss das Familiengericht einen Betreuer bestellen. Dieser Betreuer kann dann alle notwendigen Aufgaben vornehmen. Er unterliegt allerdings
gewissen gesetzlichen Beschränkungen, und für bestimmte Handlungen bedarf er der Zustimmung des Familiengerichts. Hinzu
kommt, dass man kaum einen Einfluss auf die Auswahl des Betreuers hat. Es empfiehlt sich deshalb,
rechtzeitig durch die Erteilung
von Vollmachten Vorsorge für den
Fall zu treffen, dass man selbst
nicht mehr handeln kann.
Nach dem Gesetz ist es möglich, Dritten eine Vollmacht zur
rechtsgeschäftlichen Vertretung
für fast alle Bereiche zu erteilen.
Es gibt nur ganz wenige Handlungen, bei denen eine Stellvertretung nicht möglich ist. Hierbei
handelt es sich um die sogenannten höchstpersönlichen Erklärungen wie zum Beispiel Eheschließung oder Errichtung eines Testaments.
Eine Vollmacht kann für einzelne, bestimmte Geschäfte gelten
oder als Generalvollmacht für die
Vertretung in jeglicher Hinsicht.
Die Spezialvollmacht hat für den
Vollmachtgeber den Vorteil, dass
der Bevollmächtigte eben nur eingeschränkt handeln kann. Wer
beispielsweise bevollmächtigt ist,
für den Vollmachtgeber ein bestimmtes Auto zu kaufen, kann
dann nicht für den Vollmachtgeber etwas ganz anderes, beispielsweise ein Motorrad erwerben.
Umgekehrt besteht der Nachteil der Spezialvollmacht darin,
dass der Bevollmächtigte eben
nur das spezielle Geschäft vornehmen kann. Gerade für den
unvorhergesehenen Ausfall des
Vollmachtgebers ist gar nicht vorherzusehen, welche rechtsgeschäftlichen Handlungen möglicherweise erforderlich werden.
Für diese Fälle empfiehlt sich deshalb grundsätzlich eine uneingeschränkte Generalvollmacht.
Die Erteilung einer derartigen
Generalvollmacht setzt natürlich
ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Bevollmächtigten
voraus, damit dieser nicht etwa
ein Eigenleben entwickelt und
von der Vollmacht unplanmäßig
zum Nachteil des Vollmachtgebers Gebrauch macht. Zu beachten ist dabei, dass jegliche Einschränkung der Vollmacht häufig
Die Vollmacht kann einer einzelnen Person erteilt werden
oder mehreren Personen. Diese
wiederum können dann in der
Weise bevollmächtigt werden,
dass jeder allein handeln kann
oder dass immer zwei Bevollmächtigte zusammen handeln
müssen. Auch können beide
Möglichkeiten kombiniert werden, sodass beispielsweise jeder
All diese Vollmachtformulare sollten in einem Notfallordner im Büro des Betriebsleiters zu finden sein, damit im Ernstfall nicht lange gesucht werden muss
und der Betrieb handlungsfähig bleibt.
Foto: Daniela Rixen
dazu führt, dass die Vollmacht
nicht mehr ausreichend oder
nicht mehr praktikabel ist.
Wird die Vollmacht beispielsweise durch den Zusatz eingeschränkt „für den Fall meiner
Krankheit“ oder „für den Fall,
dass ich persönlich verhindert
bin“, ist die Vollmacht weitgehend wertlos. In diesem Fall
kann nämlich kaum der Nachweis geführt werden, dass der
Vollmachtgeber tatsächlich verhindert oder krank ist. Besser ist
es dann, die Vollmacht uneingeschränkt als Generalvollmacht zu
erteilen, die Urkunde aber so zu
verwahren, dass jederzeit überprüfbar ist, ob der Bevollmächtigte die Vollmacht an sich genommen hat. Beispielsweise
kann die Vollmacht in den eigenen persönlichen Unterlagen in
einem verschlossenen Umschlag
aufbewahrt werden. Es ist dann
nur sicherzustellen, dass der Bevollmächtigte im Fall des Falles
ohne eigenes Zutun des Vollmachtgebers auch tatsächlich
Zugriff auf die Vollmacht erlangt.
einzelne Bevollmächtigte Geschäfte im Wert von bis zu 10.000 €
allein abschließen kann, im Übrigen aber immer zwei Bevollmächtigte zusammen handeln müssen.
Hierbei muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Bevollmächtigten auch in der Lage sind,
miteinander zu handeln. Miteinander zerstrittene Familienangehörige zu bevollmächtigen, ist
wenig hilfreich.
Eine Vollmacht kann grundsätzlich privatschriftlich erteilt
werden. In den allermeisten Fällen ist eine privatschriftliche Vollmacht wirksam.
Für Grundbuchzwecke, insbesondere Belastung oder Verkauf
von Grundstücken, sowie für das
Handelsregister bedarf die Vollmacht aber einer notariellen Beglaubigung oder Beurkundung.
Die Beglaubigung hat aber auch
darüber hinaus den Vorteil, dass
derjenige, demgegenüber von
der Vollmacht Gebrauch gemacht wird, sicher sein kann, dass
die Vollmacht auch tatsächlich
von dem Vollmachtgeber unterzeichnet wurde.
§ 181 BGB mit „Zusatz“
Häufig werden Vollmachten
mit dem Zusatz versehen „unter
Befreiung von den Beschränkungen des Paragrafen 181 BGB“.
Diese gesetzliche Regelung verbietet es grundsätzlich, dass der
Bevollmächtigte im Namen des
Vollmachtgebers mit sich selbst
oder mit einem ebenfalls von ihm
vertretenen Dritten Rechtsgeschäfte abschließt. Dies kann in
bestimmten Situationen hilfreich
sein, eröffnet aber genauso die
Gefahr des Missbrauchs. Zu beachten ist hierbei folgende Sonderregelung:
Bevollmächtigt ein Ehegatte
den anderen mit der Vertretung
und erteilt er ihm Befreiung von
den Beschränkungen des Paragrafen 181 BGB, dann kann
gleichwohl der bevollmächtigte
Ehegatte grundsätzlich keine
Vereinbarungen treffen zwischen dem vertretenen Ehegatten einerseits und den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern andererseits.
Praktisch empfehlenswert ist es,
einem nahen Angehörigen wie
zum Beispiel dem Ehegatten eine
einfache rechtsgeschäftliche Vollmacht zu erteilen in Form einer
Generalvollmacht. Diese sollte
dann zu Hause in einem verschlossenen Umschlag so aufbewahrt
werden, dass jederzeit ersichtlich
ist, dass von der Vollmacht kein
Gebrauch gemacht wurde, es andererseits aber im Vertretungsfall
für den Bevollmächtigten ohne
Weiteres möglich ist, die Vollmacht an sich zu nehmen. Eine
solche Generalvollmacht könnte
etwa folgenden Inhalt haben:
„Hiermit erteile ich (Vorname,
Name, Geburtsdatum, Wohnort)
meinem Ehepartner (Vorname,
Name, Geburtsdatum, Wohnort)
die Generalvollmacht, mich in
allen Dingen zu vertreten, in
denen eine rechtsgeschäftliche
Vertretung zulässig ist. Die Vollmacht gilt über meinen Tod hinaus. Der Bevollmächtigte ist von
den Beschränkungen des Paragrafen 181 BGB befreit.
Datum, Unterschrift“
Finanzen
■ BAUERNBLATT l 15. Dezember 2012
Grundsätzlich gilt eine Vollmacht so lange, bis sie widerrufen wird. Auch der Tod des Vollmachtgebers führt nicht automatisch zur Beendigung der Vollmacht. Dies sollte allerdings auch
vorsorglich in der Vollmacht klargestellt werden, indem ausdrücklich geregelt wird, dass die Vollmacht auch über den Tod hinaus
gilt. Dies ist insbesondere dann
sinnvoll, wenn wie häufig zwischen dem Todesfall und der Regelung der Erbfolge durch Erteilung eines Erbscheins oder eines
Hoffolgezeugnisses längere Zeit
vergeht. In diesen Fällen ist der
Bevollmächtigte in der Lage, den
Erblasser beziehungsweise den
Erben wirksam zu vertreten, es
sei denn, dieser widerruft die
Vollmacht.
Die Vollmacht wird widerrufen
so, wie sie erteilt wird. Bei der
mündlichen Vollmacht genügt also der mündliche Widerruf. Bei
ZINSBAROMETER
Stand 10. Dezember 2012
Die Zinsspannen am Kapitalmarkt nehmen zu. Das Zinsbarometer bietet lediglich erste
Anhaltspunkte zur aktuellen
Kapitalmarktsituation (ohne
Gewähr). Bei den gekennzeichneten Zinssätzen können sich
je nach persönlicher Verhandlungssituation deutliche Abweichungen ergeben.
Zinsen
Geldanlage
%
Festgeld 10.000 €,
3 Monate1)
0,45 - 1,75
Bundesschatzbrief Typ A,
6 Jahre
0,54
Kredite
Landwirtschaftliche Rentenbank2)
% effektiv
(Sonderkreditprogramm)
Maschinenfinanzierung
6 Jahre Laufzeit,
Zins 6 Jahre fest
1,05
langfristige Darlehen
10 Jahre Laufzeit,
Zins 5 Jahre fest
1,21
20 Jahre Laufzeit,
Zins 10 Jahre fest
2,02
Baugeld-Topkonditionen3)
Zins 10 Jahre fest 2,50 - 3,00
Zins 15 Jahre fest 3,10 - 3,50
1) Marktausschnitt (100 % Einlagensicherung)
2) Zinssatz Preisklasse A, Margenaufschlag
0,35 bis 2,85 %, je nach Bonität und Besicherung (7 Preisklassen)
3) Quelle: www.capital.de
(Spanne der Topkonditionen)
der schriftlichen Vollmacht hingegen kann der Bevollmächtigte
nach außen wirksam solange von
der Vollmacht Gebrauch machen,
als er im Besitz der Originalurkunde ist. Bei dem Widerruf einer
schriftlichen Vollmacht ist es deshalb immer erforderlich, sich das
Original der Vollmacht zurückgeben zu lassen. Gibt es mehrere
Originale, müssen diese alle zurückgefordert werden. Hat sich
der Bevollmächtigte eine Kopie
vom Original angefertigt, ist dies
rechtlich unbedeutend. Um von
einer schriftlichen Vollmacht
wirksam Gebrauch machen zu
können, muss das Original der
Vollmacht vorgelegt werden. Eine
Kopie oder auch eine beglaubigte
Abschrift genügt nicht.
Vorsorgevollmacht
Vorsorgeregister
Bei notariell erteilten Vollmachten und Vorsorgevollmachten besteht die Möglichkeit, dass
diese in einem zentralen Register
der Bundesnotarkammer eingetragen werden. In diesem Fall ist
gewährleistet, dass eine gerichtliche Betreuung nicht angeordnet wird, wenn feststeht, dass eine ausreichende Vorsorgevollmacht existiert.
Ohne Vollmacht
Fehlen die vorbezeichneten
Vollmachten und ist der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage, solche Vollmachten zu erteilen, ordnet das Gericht eine Betreuung an. Zu diesem Zweck
wird eine bestimmte Person beauftragt, die Interessen des Betreuten wahrzunehmen. Hierbei
unterliegt der Betreuer grundsätzlich der Aufsicht des Gerichts.
Für bestimmte Maßnahmen benötigt er die Zustimmung des Gerichts wie etwa bei Grundstücksgeschäften, Grundstücksbelastungen und Kündigung von Mietverträgen et cetera. Dies stellt einen
gewissen Schutz dar, macht aber
die ganze Angelegenheit auch
sehr viel komplizierter. Auch ist
nicht gewährleistet, dass der Betreuer die erforderlichen Kenntnisse hat, wenn es beispielsweise
darum geht, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderlichen Entscheidungen zu treffen.
Natürlich muss der Betreuer nicht
selbst den Betrieb bewirtschaften,
er muss aber dafür Sorge tragen,
dass der Betrieb ordnungsgemäß
bewirtschaftet wird.
Will man keine Vollmachten erteilen, kann man zumindest noch
versuchen, auf die Person des Betreuers Einfluss zu nehmen. Das
Betreuungsgericht ist grundsätzlich gehalten, eine vom Betreuten benannte Person als Betreuer
einzusetzen. Diese Benennung
kann hinterlegt werden und vor
allem im Fall des Falles dem Gericht rechtzeitig mitgeteilt werden. Zu empfehlen ist dies aber
allenfalls als Auffanglösung,
wenn nämlich aus irgendwelchen Gründen die private Vollmacht oder Vorsorgevollmacht
nicht ausreichend sein sollte oder
der Bevollmächtigte nicht in der
Lage sein sollte, die Aufgaben
wahrzunehmen. Für diesen Fall
kann ergänzend auf der Vollmacht vermerkt werden, dass für
den Fall einer gleichwohl erforderlichen Betreuung Herr X oder
Frau Y zum Betreuer bestellt werden sollen.
Bei Personen, Handelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften, also OHG, KG, GmbH et cetera besteht im Übrigen die Möglichkeit, eine zweite Person zum
Geschäftsführer oder Prokuristen
zu bestellen. Dies muss im Handelsregister eingetragen werden.
Der Prokurist ist grundsätzlich
berechtigt, alle mit dem üblichen
Geschäftsbetrieb verbundenen
Geschäfte vorzunehmen. Es handelt sich hierbei um eine standardisierte Vollmacht mit dem Vorteil, dass der Nachweis des Bestehens jederzeit aus dem Handelsregister ersichtlich ist. Bei BGBGesellschaften funktioniert dies
allerdings nicht, da BGB-Gesellschaften nicht in einem Register
verzeichnet sind.
Die vorstehend beschriebene
Vollmacht gilt für die rechtsgeschäftliche Vertretung. Sie gilt
nicht ohne Weiteres für die Personensorge. Auch hier sind mitunter
Dinge zu regeln, die der Betroffene selbst nicht mehr entscheiden
kann, weil er beispielsweise nicht
mehr ansprechbar ist. Anstelle des
Vollmachtgebers kann dann der
Bevollmächtigte beispielsweise
von den behandelnden Ärzten
Auskünfte erhalten (Befreiung
von der Schweigepflicht), in bestimmtem Rahmen Entscheidungen über die Behandlung (insbesondere Einwilligung zu bestimmten
Behandlungsmaßnahmen
oder auch Abbruch von bestimmten
Behandlungsmaßnahmen)
treffen, den Ort einer etwaigen notwendigen Unterbringung
Jens Fickendey-Engels
wählen, ein Pflegeheim auswähRechtsanwalt, Lauprecht
len et cetera. Ein Muster für eine
Rechtsanwälte & Notare, Kiel
derartige Vollmacht findet sich
beispielsweise auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums. Es reicht nicht, einfach den
Begriff Vorsorgevollmacht zu
verwenden. Vielmehr muss im
Einzelnen angegeben sein, was
der Bevollmächtigte darf; beispielsweise Entscheidungen in
Angelegenheiten der Gesundheitssorge, Maßnahmen zur Untersuchung des Gesundheitszustandes, Durchführung oder Abbruch einer Heilbehandlung, Einholung ärztlicher Auskünfte und
Einsichtnahme in Krankenunterlagen, Entscheidungen über Maßnahmen mit freiheitsentziehender Wirkung zum Beispiel durch
Bettgitter, Medikamente oder Achtung – es empfiehlt sich, rechtzeitig durch die Erteilung von Vollmachten
Unterbringung in einem Heim et Vorsorge für den Notfall zu treffen, wenn man selbst nicht mehr handeln kann.
cetera.
Foto: Rixen
55