DER STILLE
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DER STILLE
Hou Hsiao-hsien, 1947 in China geboren, zog mit seiner Familie kurz nach der Geburt nach Taiwan, wo er später an der Nationalen Kunstakademie Film studierte. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten taiwanesischen Nouvelle Vague. Das Filmmuseum zeigt in Kooperation mit der Taipeh Vertretung und der Cinematek Brüssel sein Frühwerk aus den Jahren 1980 bis 1987. • In den Filmen, die er zwischen 1980 und 1982 inszenierte, ist die Genese seines Stils nachzuvollziehen. Noch der kommerziellen Film industrie verhaftet, lassen sich bereits Charakteristika beobachten, die sich ab 1983 beginnend mit THE BOYS FROM FENGKUEI manifestieren. Hou arbeitet zunehmend still, konzentriert und reiht sich so in die Quietisten des europäischen Kinos wie Béla Tarr, Michelangelo Antonioni oder Pedro Costa ein. Die weiteren Filme bis 1987 machten ihn zum wichtigsten Vertreter des jungen taiwanesischen Kinos, bevor er begann, auch international zu inszenieren. Die Präsentation des Frühwerks endet mit DAUGHTER OF THE NILE (1987) in der restaurierten Fassung des Taiwan Film Institute, die auf der diesjährigen Berlinale ihre Welt uraufführung hatte. • Zur Eröffnung mit LIEBE WIE STAUB IM WIND (1986) hält Holger Römers (Köln) eine Einführung in das Werk von Hou Hsiao-hsien. Die Taipeh Vertretung lädt im Anschluss zu einem Weinempfang mit taiwanesischen Snacks. Cute Girl Black Box Kino im Filmmuseum Düsseldorf Schulstr. 4 · 40213 Düsseldorf Kartenreservierungen unter 02 11. 899-22 32 Eintritt: 7,00 € / ermäßigt 5,00 € / mit Black-Box-Pass 4,00 € www.duesseldorf.de/filmmuseum In Kooperation mit dem Ministry of Culture Republic of China (Taiwan) und der Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro Frankfurt am Main. FILMREIHE · 1. – 29. Mai 2016 Hou Hsiao-hsien KINO DER STI LLE DAS FRÜHWERK 1980–1987 Texte/Redaktion: Florian Deterding Verantwortlich: Bernd Desinger Liebe wie Staub im Wind Hou Hsiao-hsien kino der Stille So 1.5. TW 1986 · 109‘ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Shu-Fang Chen, Shu-fen Hsin, Lawrence Ko u.a. Das Erwachsenwerden eines 15-jährigen jungen Mannes zwischen wirtschaftlicher Selbstbehauptung und früher Liebe in Taipeh. Harmonie und bescheidene Zufriedenheit prägen diesen Lebensabschnitt des jungen Paares, die Arbeit und Unterkunft im Hinterzimmer eines Kinos gefunden haben. In schweigender Übereinkunft leben Wan und Huen zusammen, bis er zum Militärdienst eingezogen wird. Noch bevor er alle 1096 Briefumschläge, die sie ihm mitgab, füllen und an sie abschicken kann, heiratet sie in seiner Abwesenheit einen anderen. · Meisterhaft beiläufig und lakonisch und doch mit großer Empfindsamkeit erzählte Geschichte aus dem taiwanesischen Alltag. Einführung in das Frühwerk von Hou Hsiao-hsien: Holger Römers (Filmkritiker/Publizist, Köln) · Nach dem Film laden Filmmuseum und die Taipeh Vertretung (Berlin/Frankfurt) zu einem Wein empfang mit taiwanesischen Snacks. 6.5. 19:00 • Mo 16.5. 14:00 JIU SHI LIU LIU DE TA · CUTE GIRL TW 1980 · 90’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Kenny Bee, Feng Fei-fei, Anthony Chan u.a. Eine Tochter aus reichem Haus soll den Sohn eines Geschäftspartners ihres Vaters heiraten. Während eines Besuches bei ihrer Tante auf dem Land lernt sie einen Landvermesser kennen. Der Debutfilm, über die Qualität einer einfachen Etüde hinausreichend, lässt bereits Hou Hsiao-hsiens Stil und Themen erkennen: die ländliche Provinz als Schauplatz, der Kampf um Glück gegen gesellschaftliche Restriktionen, junge Liebe unter familiärem Druck und eine Regie, die sich nie über ihre Figuren erhebt, sondern sich immer an ihrer Seite befindet. Das Ganze (noch) den Regeln der kommerziellen taiwanesischen Filmindustrie folgend und im Gewand einer schwungvollen Screwball-Comedy, – Produziert von einer Plattenfirma, möglicherweise deshalb zahlreich garniert mit musikalischen Einlagen. 7.5. 21:00 • Mi 18.5. 20:00 FENG GUI LAI DE REN THE BOYS FROM FENGKUEI TW 1983 · 101’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Chun-fang Chang, Shih Chang, Doze Niu u.a. 16:00 • Eröffnung LIAN LIAN FENG CHEN LIEBE WIE STAUB IM WIND Fr Sa Fr 6.5. 21:00 • Mo 16.5. 16:00 FENG ER TI TA CAI BLIND OF LOVE / CHEERFUL WIND Die autobiografische Coming-of-Age-Geschichte, die im Moment verharrt, ihre Handlung nahezu beiläufig vorantreibt, prägte Hou Hsiao-hsiens Frühwerk. Er hat nun Genre und Starkino, Studiokulissen und Inszenierungskonventionen hinter sich gelassen und begründet endgültig das neue taiwanesische Kino. Ein Meilenstein im Oeuvre Hou Hsiao-hsiens. Die Handlung: Drei junge Männer entfliehen der Provinz um Glück, Selbstbestimmung und Freiheit in der Hafenstadt Kaohsiung zu finden. Für Verwirrung sorgt eine junge Frau. TW 1981 · 90’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Kenny Bee, Feng Fei Fei, Anthony Chan u.a. Die beiden Liebenden seines Debutfilms CUTE GIRL kehren ein Jahr später in BLIND OF LOVE auf die Leinwand zurück. Feng Fei-fei verkörpert eine Modefotografin, die sich während eines Werbeshootings in der Provinz in eines ihrer Modelle verliebt; nämlich in einen von Kenny Bee verkörperten Sehbehinderten, der in einer Seifenreklame den nicht eben geschmackvollen Slogan „Rein wie das Herz eines Blinden” veranschaulichen soll. Eine romantische Komödie, mit zahlreichen Popsongs untermalt, aber bereits leisesohlig, ungezwungen, in Teilen still und atmosphärisch inszeniert. Sa 7.5. 19:00 • Mo 16.5. 18:00 ZAI NA HE PAN QING CAO QING THE GREEN, GREEN GRASS OF HOME So 8.5. 14:30 • So 22.5. ER ZI DE DA WAN OU THE SANDWICH MAN 12:00 TW 1983 · 105’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, Tseng Chuang-hsiang, Wan Jen THE SANDWICH MAN ist einer der taiwanesischen Omnibusfilme, mit denen Anfang der 1980er Jahre ein neues Kino etabliert werden sollte; ein Schlüsselwerk der taiwanesischen Nouvelle Vague. In der Episode „Son‘s Big Doll“ von Hou Hsiao-hsien versucht ein Vater als wandelnde Werbung das nötige Geld für seine Familie aufzubringen. In Zusammenhang mit den Episoden von Wan Jen und Tseng Chuang-hsiang entsteht ein Abbild der jungen, aufstrebenden Filmszene Taiwans dieser Zeit. Sa 14.5. 18:30 • So 22.5. 16:30 TONG NIEN WANG SHI A TIME TO DIE, A TIME TO LIVE TW 1985 · 138’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Chia-bao Chang, Neng Chang, Chih-chen Chen u.a. Die Familie eines jungen Chinesen zog 1948 vom Festland nach Taiwan und versuchte, sich dort über Wasser zu halten. In seinen Erinnerungen fließen neben realistischen Beobachtungen immer wieder kleine Glücksmomente ein, aber auch Blicke auf die größeren politischen und gesellschaftlichen Ereignisse einer Epoche Taiwans. • „Autobiografisch angelegte Auseinandersetzung mit individueller und gesellschaftlicher Vergangenheit in Taiwan, stets gekonnt zwischen Poesie und Realismus balancierend. Sehr breit und ausladend erzählt, bringt der Film eine fremde Mentalität nachdrücklich nahe.“ (Filmdienst) Sa 14.5. 21:00 • So 29.5. NI LUO HE NU ER DAUGHTER OF THE NILE TW 1982 · 90’ · OmeU · digitalDCP · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Kenny Bee, Jing-kuo Yen, Meifeng Chen u.a. Der dritte und letzte im Starkinosystem gedrehte Film ist zugleich auch der letzte Film mit Superstar Kenny Bee. Ebenfalls mit eingängigen Musikuntermalungen angereichert, ist Hous Stilwillen, mit dem er kurz darauf die taiwanesische Neue Welle begründen wird, mehr und mehr präsent. Die Romanze zweier Lehrer bildet den roten Faden, ist aber nur Teil einer Collage aus Naturaufnahmen und Handlungsfetzen aus dem Leben der Schüler: verbotenes Fischen, Kindernöte, Streiche, Baden im Fluss; das ist ab und an komisch, teils rührend, manchmal herzzerreißend, aber niemals rührselig. A time todie, a time to live 15:00 TW 1987 · 93’ · OmeU · digitalDCP · restauriert · ab 18 · Regie: Hou Hsiao-hsien, mit Yang Lin, Jack Kao, Chen Shu-fang u.a. The Boys from Fengkuei Mit DAUGHTER OF THE NILE zeichnet Hou Hsiao-hsien das melancholische Porträt einer hedonistischen, aber auch verlorenen Jugend. Untermalt mit zeitgenössischem Taiwan-Pop zeigt er das Taipeh der Leuchtreklamen, durch das die jungen Leute auf Mopeds „cruisen“, oftmals unterwegs zum Strand um nächtliche Parties zu feiern. Über all dieser Leichtigkeit schwebt die vage Ahnung, dass ihre Clique bald auseinanderdriften wird. Es wird die vom Taiwan Film Institute im Jahr 2015 restaurierte Fassung gezeigt.