Empfehlungen zur Anwendung von Buprenorphin (SUBUTEX ) in
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Empfehlungen zur Anwendung von Buprenorphin (SUBUTEX ) in
Konsensustexte Buprenorphin Konsensustexte Empfehlungen zur Anwendung von Buprenorphin (SUBUTEX) in der Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten in der Schweiz, Österreich und Deutschland Vorwort Am 02.12.1999 fand in der Psychiatrischen Klinik der Universität München unter dem Vorsitz von PD Dr. M. Soyka eine Konsensus-Konferenz zur Anwendung von Buprenorphin in der Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten statt. An ihr nahmen Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil (Teilnehmerliste am Ende des Beitrags). Hintergrund war die kurz bevorstehende Einführung von Buprenorphin in der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger in Deutschland. Ziel der Konsensus-Konferenz war es, praktische Hinweise für den Einsatz von Buprenorphin zu geben, um mögliche Indikationen und Kontraindikationen herauszuarbeiten. Dabei war es hilfreich, daß die Substanz in Österreich und der Schweiz schon in einigen Therapiezentren eingesetzt wurde. Im übrigen liegen breite Erfahrungen, vor allem aus Frankreich, aber auch den USA vor. Die von den Experten vorgenommene Einschätzung ist Basis des erarbeiteten Konsensuspapiers gewesen. Einige wenige Punkte sollen hervorgehoben werden, da sie im Rahmen der Konferenz etwas breiter diskutiert wurden. Dies betrifft zum einen die in der Substitutionsbehandlung mit Buprenorphin gewählte Eingangsdosis. Während in vielen Publikationen und Therapieempfehlungen eine Dosis von 2 mg Buprenorphin initial für ausreichend gehalten wird, deuten insbesondere die Erfahrungen aus Österreich und der Schweiz darauf hin, daß in Regel 4 mg, gelegentlich sogar 8 mg Buprenorphin eine geeignete Eingangsdosis sein könnte. Zu niedrige Dosierungen führen offensichtlich gehäuft zum Abbruch einer solchen Therapie. Als wenig problematisch wurde die Applikation von Sublingualtabletten 1 Einführung Die Substitution Opiatabhängiger hat sich in den vergangenen Jahren als ein effektives medizinisches Therapieverfahren etabliert. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, daß mit dieser Form der Behandlung eine Reduktion des Konsums von Opiaten (z.B. Heroin), eine Verbesserung der sozialen Situation der Betroffenen (BALL und ROSS 1991), die Reduktion einer erhöhten Mortalitäts- und Morbiditätsrate (SEGEST et al. 1990), eine Verbesserung immunologischer, endokrinologischer und physiologischer Funktionen (CHESCHER 1989, KREEK 1994), eine Verminderung der Transmissionsrate von HIV sowie eine Reduktion der Drogenbeschaffungskriminalität (METZGER et al. 1993, SENAY und UCHTENHAGEN 1990) erreicht werden kann. Darüber hinaus ist die Substitutionsbehandlung kosteneffektiv (HUBBARD und FRENCH 1991). Methadon stellte bisher die Standardsubstanz in der Substitutionstherapie dar. Hierbei handelt es sich um einen reinen µ-Opiat-Rezeptor-Agonisten mit den entsprechenden phar- angesehen, die nach den vorliegenden Erfahrungen von Patienten gut toleriert werden. Auch wenn in den meisten Fällen das Vorliegen einer Schwangerschaft sowie Stillen eine Kontraindikation für eine Substitutionsbehandlung darstellt, so haben doch Erfahrungen, insbesondere aus Österreich, gezeigt, daß in Einzelfällen die Gabe von Buprenorphin auch bei Stillenden und Schwangeren indiziert sein kann. Die diesbezüglich vorliegenden klinischen Erfahrungen sind offensichtlich gut, allerdings liegen hier noch keine kontrollierten klinischen Prüfungen vor. Insofern ist die üblicherweise angegebene Gegenanzeige für die Behandlung mit Buprenorphin "Stillen von Neugeborenen" mit einem gewissen Fragezeichen zu versehen. Buprenorphin stellt heute, zumindest in Frankreich, das Mittel der Wahl in der Behandlung Drogenabhängiger dar. In Deutschland sollen in den nächsten Jahren breiter angelegte Studien zum Einsatz von Buprenorphin, das im Sicherheitsprofil einige Vorteile gegenüber reinen Opioidagonisten aufweist, durchgeführt werden. Dies betrifft auch den Einsatz bei speziellen Subgruppen, wie zum Beispiel bei Frauen oder Patienten mit komorbiden psychischen Störungen. Nach der erst wenige Monate zurückliegenden, erheblichen Revision der "Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen" (vormals NUB-Richtlinien) in Deutschland stellt die Einführung von Buprenorphin eine weitere Neuerung in der Therapie Drogenabhängiger dar. Sie wird hoffentlich zu einer Diversifizierung und Verbesserung des therapeutischen Angebots bei Drogenabhängigen führen. Das erarbeitete Konsensus-Papier soll dabei die Basis oder genauer gesagt einen Leitfaden für dessen klinischen Einsatz sein. makologischen Eigenschaften. Durch die Verfügbarkeit neuer Substanzen wie Buprenorphin (SUBUTEX) und AlphaAcetyl-Levo-Methadon (ORLAAM) für die Substitutionsbehandlung opiatabhängiger Patienten ergeben sich neue Möglichkeiten im Hinblick auf einen differenzierten Therapieansatz (LING et al. 1994). Buprenorphin soll dabei zunächst besonders Patienten mit einer kürzer dauernden bzw. geringer verfestigten Suchterkrankung zugute kommen. Dies läßt sich mit den pharmakologischen Eigenschaften als partieller Agonist am µ-Rezeptor begründen. Buprenorphin (SUBUTEX) ist in der Schweiz, Österreich und Deutschland für die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger im Rahmen eines umfassenden medizinischen, sozialen und psychotherapeutischen Behandlungskonzeptes zugelassen. Es wird halbsynthetisch aus Thebain hergestellt, einem Alkaloid, welches in geringen Mengen (0,2%-0,8%) im Schlafmohn (Papaver somniferum) und in größerer Menge (bis zu 90%) in Papaver bracteatum enthalten ist. Suchtmed 2 (1) 43 – 53 (2000) © ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg und Ft. Worth/TX, USA • Tokyo, Japan • Mumbai, Indien • Seoul, Korea 43 Buprenorphin Das folgende Konsensuspapier faßt die wichtigsten wissenschaftlichen Daten zum Einsatz von Buprenorphin in der Substitutionstherapie zusammen und entwickelt konkrete Empfehlungen (Leitlinien) für den praktischen Einsatz von Buprenorphin (SUBUTEX). Ziel dieses Konsensuspapiers ist es, durch Entwicklung eines Standards, die problemlose Behandlung von opiatabhängigen Patienten mit Buprenorphin zu gewährleisten und den neuerdings bestehenden Möglichkeiten eines differenzierten medikamentösen Therapieansatzes Rechnung zu tragen. 2 Pharmakologische Aspekte von Buprenorphin 2.1 Pharmakodynamik Buprenorphin wirkt als ein partieller Agonist/Antagonist an verschiedenen Opiatrezeptoren. µ-Opioid-Rezeptoren vermitteln unter anderem Wirkungen wie Analgesie, Euphorie, Atemdepression, Sedierung und Obstipation. Buprenorphin agiert am µ-Opioidrezeptor als partieller Agonist. Dies bedeutet, daß die agonistische Wirkung gegenüber reinen Opiat-Agonisten bei Absättigung aller verfügbarer Rezeptoren im unteren Dosisbereich bis zu einer bestimmten Grenze vergleichbar, bei höheren Dosierungen aufgrund fehlender Wirkungssteigerung jedoch vermindert ist (JASINSKI et al. 1978). Dieses Phänomen wird auch als "Ceiling-Effekt" bezeichnet und begründet die relativ breite Sicherheitsspanne von Buprenorphin im Vergleich zu reinen µ-Agonisten. Buprenorphin besitzt eine hohe Affinität zum µ-Rezeptor und weist eine langsame Rezeptorkinetik auf. Möglicherweise trägt dies zum geringeren Abhängigkeitspotential von Buprenorphin gegenüber reinen µ-Agonisten bei (NEGUS und WOODS 1995). κ-Rezeptoren vermitteln unter anderem die dysphorische Wirkung von Opiaten. An diesem Rezeptor agiert Buprenorphin als Antagonist (LEANDER et al. 1987). Die Kombination aus µ-Rezeptor-Agonismus und κ-Rezeptor-Antagonismus ist einzigartig unter den klinisch eingesetzten Opiaten. 2.2 Pharmakokinetik Absorption/Resorption Bei oraler Anwendung unterliegt Buprenorphin einem FirstPass-Metabolismus, wobei es zu einer N-Dealkylierung und Glukuronidierung in der Leber kommt. Die orale Anwendung ist daher für die klinische Anwendung ungeeignet. Nach sublingualer Gabe werden nach ca. 60-90 Minuten maximale Plasmaspiegel erreicht. Bei Dosierungen zwischen 2 und 32 mg werden dabei Plasmaspiegel zwischen 3 und 12 ng/ml erreicht (WALSH et al. 1994). Plasmaspiegel oberhalb von 0,7 ng/ml verhindern wirksam das Auftreten von Entzugssymptomen (KUHLMAN et al. 1998). Bioverfügbarkeit/Dosisproportionalität Die absolute Bioverfügbarkeit von sublingual verabreichtem Buprenorphin wird mit ungefähr 30-50% angegeben (KUHLMAN et al. 1996, MENDELSON et al. 1997). Die relative Bioverfügbarkeit von Buprenorphin Sublingualtabletten gegenüber einer alkoholischen Lösung von Buprenorphin, mit der die meisten Studien durchgeführt wurden, liegt bei etwa 70% (RECKITT und COLMAN, nicht publizierte Daten). Das Verhältnis von Dosis zum Ausmaß der Bioverfügbarkeit (AUC) ist im Dosisbereich zwischen 2 mg und 16 mg dosis- 44 Konsensustexte proportional. Im Dosisbereich zwischen 16 mg und 24 mg findet sich eine Dosisabhängigkeit, jedoch keine Dosislinearität (RECKITT und COLMAN, nicht publizierte Daten). Verteilung Nach Resorption/Absorption wird Buprenorphin mit einer Halbwertszeit von zwei bis fünf Stunden rasch verteilt. Es reichert sich zunächst in verschiedenen Organen wie der Leber, der Niere, Muskelgewebe und letztendlich im Fettgewebe an. Von hier wird es bei sinkenden Plasmaspiegeln wieder rückverteilt und steht somit am Opiatrezeptor zur Verfügung. Buprenorphin weist eine Plasmaeiweißbindung von 96% auf, wobei die Substanz in erster Linie an α- und β-Globuline gebunden ist. Metabolismus und Ausscheidung Buprenorphin wird durch Dealkylierung zu 14-N-DealkylBuprenorphin metabolisiert, welches ein µ-Agonist mit schwacher intrinsischer Aktivität ist. Aufgrund neuerer Untersuchungen ist Cytochrom P450 CYP 3A4 an der Metabolisierung beteiligt (KOBAYASHI et al. 1998). Hieraus ergeben sich mögliche Wechselwirkungen mit anderen über dieses System metabolisierten Medikamenten (→ Tabelle 2, S. 48). Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion ist mit einer Steigerung oder Verlängerung der Wirksamkeit zu rechnen. Die Ausscheidung von Buprenorphin und seinem Metaboliten erfolgt bi- oder tri-exponentiell mit einer langen terminalen Eliminationsphase von 20-25 Stunden. Dies ist zum einen auf die Rückresorption von Buprenorphin nach der Hydrolyse des konjugierten Derivates im Darm und zum anderen auf den ausgeprägt lipophilen Charakter des Moleküls mit Rückumverteilung aus den Geweben zurückzuführen. Buprenorphin wird im wesentlichen (zu 80%) durch biliäre Exkretion des glucuronkonjugierten Metaboliten über die Faeces und nur zu einem kleineren Teil (20-30%) über den Urin ausgeschieden. 3 Wie ist die wissenschaftliche Datenlage zur Behandlung mit Buprenorphin? 3.1 Klinische Sicherheit und Wirksamkeit Die weitaus überwiegende Anzahl von klinischen Studien wurde in den USA unter Verwendung der 30%igen EthanolLösung durchgeführt, die klinisch gleichwertig zur Sublingualtablette ist (s. auch Kap. 2.2 Pharmakokinetik). In den meisten Studien wurde als erstes Zielkriterium hinsichtlich der Effektivität die Reduktion des Beigebrauchs nicht erlaubter Substanzen wie z.B. Straßen-Heroin (Urinkontrollen) verwendet. Als weitere Wirksamkeitsparameter wurden die Haltequote im Behandlungsprogramm und die Reduktion des Opiat-Cravings festgelegt. Zusätzlich wurden globale Beurteilungsskalen, die mittels verschiedener Parameter die Gesamtbefindlichkeit des Patienten unter der Therapie erfassen, zur Beurteilung der Wirksamkeit verwendet. 3.2 Dosisfindungsstudien Die initial durchgeführten Studien mit Buprenorphin in der Substitutionstherapie hatten die Überprüfung der Ergebnisse aus den klinisch pharmakologischen Untersuchungen zum Suchtmed 2 (1) 2000 Konsensustexte Ziel. Zusätzlich sollte ein optimales Therapieschema für den Einsatz in kontrollierten Studien entwickelt werden. Es konnte gezeigt werden, daß Buprenorphin in jeder Hinsicht für die Substitutionsbehandlung geeignet ist (JASINSKI et al. 1982, JASINSKI et al. 1984). Die zur Unterdrückung des Opiatgebrauchs benötigte Buprenorphindosis liegt den Studienergebnissen zufolge über 4 mg/Tag. Bei Beachtung bestimmter Regeln ist ein Umsetzen von Methadon auf Buprenorphin problemlos möglich. Vor einer Umstellung auf Buprenorphin empfiehlt sich die Reduktion der Methadon-Dosis auf 30-40 mg (SEOW et al. 1986, KOSTEN et al. 1992, LEVIN et al. 1997). In einer aufwendigen Dosisfindungsstudie mit Dosierungen bis zu 16 mg/Tag wurde Buprenorphin bei Patienten mit gleichzeitiger Abhängigkeit von Opiaten und Kokain eingesetzt (SCHOTTENFELD et al. 1993). Es konnte gezeigt werden, daß eine Erhöhung der Dosierung den unerlaubten Beigebrauch anderer Opiate deutlich reduziert. Es fand sich ein geringerer Effekt auf den Beigebrauch von Kokain. 3.3 Kontrollierte Studien mit Buprenorphin in der Substitutionsbehandlung In einer randomisierten, doppelblinden Studie mit einem Parallelgruppenvergleich wurde Buprenorphin sublingual mit Placebo verglichen (JOHNSON et al. 1995). Die Probanden wurden wie folgt randomisiert: Placebo-Gruppe, Buprenorphin 2 mg oder 8 mg im Verhältnis 2:2:1. Diesem Vorgehen lag die Annahme zugrunde, daß eine höhere Dosierung von Buprenorphin einen stärkeren Effekt erzeugt, wenn alle Studienteilnehmer ihre zugeteilte Dosis bis einschließlich Tag 6 einnehmen. Von Tag 6 bis 13 wurde den Probanden dann die Option offengelassen, eine geänderte Dosierung zu erhalten. Eine Randomisierung erfolgte dabei jeweils zu einer der beiden anderen Behandlungsgruppen, in der sich der Patient aktuell nicht befand. Die neue Dosierung mußte dann bis einschließlich Tag 14 eingenommen werden (z.B. ein Patient in der Placebogruppe wurde bei Änderungswunsch entweder zur 2-mg- oder 8-mg-Gruppe randomisiert). Verglichen mit der Placebogruppe verlangten die Buprenorphin-Patienten, unabhängig von ihrer Dosis, weniger Dosisänderungen, hatten weniger Beigebrauch (Urinanalyse) und beurteilten die "Dosis-Angemessenheit" als besser. In einer multizentrischen, doppelblinden Vergleichsstudie zur Wirksamkeit wurden 1, 4, 8 und 16 mg/Tag Buprenorphin sublingual über einen Zeitraum von 16 Wochen in 12 ambulanten Therapie-Zentren verabreicht (LING et al. 1998). Die Behandlung beinhaltete zusätzliche Beratungsgespräche. Da die Gabe eines Placebo bei drogenabhängigen Patienten als unethisch angesehen wird, wurde die Dosis von 1 mg/Tag Buprenorphin als "aktives" Placebo gegeben. In dieser Studie wurden 736 opiatabhängige Patienten untersucht. Die Ergebnisse zeigen, daß Patienten unter 1 mg/Tag Buprenorphin signifikant niedrigere Haltequoten aufwiesen als solche, die mit einer Dosis von 8 mg/Tag (p = 0,019) oder 16 mg/Tag Dosis (p < 0,001) behandelt wurden. Bezüglich des sekundären Wirksamkeitsparameters (= unerlaubter Beigebrauch) erwies sich die 8-mg-Dosierung der 1-mg-Dosierung im Hinblick auf die mittlere prozentuale Drogenfreiheit der Urinproben als signifikant überlegen Suchtmed 2 (1) 2000 Buprenorphin (p < 0,02). Zusätzlich ergaben sich hinsichtlich des Anteils der Patienten mit 13 konsekutiv negativen Urinproben, der durchschnittlichen Anzahl negativer Urine (beide Vergleiche mit p < 0,02) sowie der "Craving"-Scores in der 8-mgGruppe verglichen mit einer Dosierung von 1 mg/Tag (aktives Placebo) zu den Zeitpunkten Woche 4, 8 und 12 signifikant bessere Resultate. Patienten, die die 16-Wochen-Phase der Studie erfolgreich abgeschlossen hatten, konnten an einer anschließenden 36-Wochen-Verlängerungsphase teilnehmen (BRIDGE et al., unveröffentlichte Daten). Hier waren Dosisänderungen zur nächst höheren oder niedrigeren Dosisgruppe möglich (maximal 32 mg/Tag, minimal 1 mg/Tag). Insgesamt nahmen 332 Patienten an dieser Phase teil, 180 absolvierten die Studie erfolgreich. Während dieser Ausweitungsphase wurde die Dosis an die klinischen Bedürfnisse der Patienten angepaßt. Es erfolgten sowohl Dosiserhöhungen als auch Reduktionen, bis ein für die Patienten bequemes und stabiles Niveau erreicht war. Obwohl die Patienten und behandelnden Ärzte über die Tatsache der Dosisanpassung informiert waren, blieb die aktuelle Dosis unbekannt, um den doppelblinden Charakter der Studie aufrecht zu erhalten. Die Dosierungen, bei denen die Patienten stabilisiert werden konnten, zeigten eine große Variationsbreite, möglicherweise als Zeichen der unterschiedlichen Ausprägung einer Abhängigkeit. Es fand sich jedoch eine eindeutig positive Korrelation zwischen der Höhe der Stabilisierungsdosis und der Induktionsdosis während der initialen 16-Wochen-Periode. 3.3 Vergleichsstudien mit Methadon Methadon gilt allgemein als ein Standardmedikament für die Substitutionsbehandlung heroinabhängiger Patienten (EDER 1998, FISCHER 1998, LING et al, 1998; Übersicht in GROSS und SOYKA 1999). Die Tageszeit der Methadoneinnahme spielt offensichtlich eine große Rolle im Hinblick auf das Ausmaß eines unerlaubten Beigebrauchs (BEST et al. 1997). Auch die Abhängigkeits- und Toleranzentwicklung infolge einer Methadonbehandlung kann für einzelne Patienten problematisch sein, genauso wie die Gefahr einer letalen Überdosierung mit Methadon eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt. Es liegen mittlerweile Ergebnisse aus mehreren Studien vor, die den Einsatz von Methadon und Buprenorphin in der Maintenance-Therapie Opiatabhängiger verglichen haben. Eine Studie, die die sublinguale Gabe von 8 mg Buprenorphin pro Tag mit der Wirkung von oral verabreichtem Methadon (20 oder 60 mg/Tag) untersuchte, zeigte eine signifikante Überlegenheit von Buprenorphin hinsichtlich der Haltequote (p < 0,04) gegenüber der 20 mg Methadondosierung und eine Gleichwertigkeit im Vergleich zu 60 mg Methadon pro Tag (JOHNSON et al. 1992). Der prozentuale Anteil opiatfreier Urine belegte, daß sowohl Buprenorphin 8 mg/Tag als auch Methadon 60 mg/Tag einer niedrigeren Methadondosierung überlegen war (p < 0,001 und p < 0,04. Diese Resultate wurden in einer weiteren Studie bestätigt, in der die Patienten nach einer initialen Stabilisierung auf Buprenorphin 8 mg/Tag oder Methadon 50 mg/Tag ihre Dosis im Hinblick auf eine Optimierung selbst festlegen konnten (STRAIN et al. 1994c). Die durchschnittlich von den 45 Buprenorphin Patienten eingenommenen Dosen lagen bei 8,9 mg/Tag Buprenorphin oder 54 mg/Tag Methadon. Beide Dosierungen waren gleich gut wirksam. Zwar zeigte sich in einer weiteren Studie, die die sublinguale Gabe von Buprenorphin (2 oder 6 mg/Tag) und oral verabreichtes Methadon (35 oder 65 mg/Tag) über 24 Wochen verglich, eine geringere Wirksamkeit der Buprenorphindosierungen hinsichtlich der Haltequote als auch des Beigebrauchs (KOSTEN et al. 1993). Dies könnte jedoch in der vergleichsweise zu niedrigen Buprenorphindosis von 6 mg/Tag und der zu langsamen Aufdosierung (über 2 Wochen) begründet liegen. Die dadurch bedingten Therapieabbrüche können in der täglichen Praxis durch eine rasche, d.h. tägliche Dosissteigerung bis zur Stabilisierung, vermieden werden und somit zu einer besseren Haltequote beitragen. Schweizer Erfahrungen zeigen, daß die optimale Buprenorphindosis (Sublingualtablette) bei 10 mg liegen könnte. Zwei weitere Studien wurden mit Patienten durchgeführt, die sowohl opiat- als auch kokainabhängig waren. Die Ergebnisse der ersten Studie zeigten, daß Dosierungen von 12 mg/Tag Buprenorphin und 65 mg/Tag Methadon den niedrigeren Dosierungen (Buprenorphin 4 mg/Tag und Methadon 20 mg/Tag) im Hinblick auf Haltequote als auch den Anteil der opiat- und kokainfreien Urine überlegen waren (S CHOTTENFELD et al. 1994). Eine Überlegenheit von Buprenorphin hinsichtlich der Reduktion des Kokainbeigebrauchs gegenüber Methadon konnte in dieser Studie nicht gezeigt werden (SCHOTTENFELD et al. 1997). In einer weiteren Studie wurden die initialen Dosierungen von Buprenorphin (8 mg/Tag) und Methadon (50 mg/Tag) bei Auftreten positiver Urin-Kontrollergebnisse erhöht. Signifikante Ergebnisse hinsichtlich kokainnegativer Urine (p < 0,01) und eine Reduktion des Anteils opiatpositiver Urinproben ließen sich im zeitlichen Verlauf mit einer durchschnittlichen Buprenorphindosis von 11,2 mg/Tag und 66,6 mg/Tag Methadon erreichen. Insgesamt erhielten 49% der Patienten die maximal mögliche Dosis, 16 mg/Tag Buprenorphin (46%) und 90 mg/Tag Methadon (52%) (STRAIN et al. 1994a, b). Insgesamt lassen die dargestellten Ergebnisse den Schluß zu, daß Buprenorphin im Dosisbereich von 6-12 mg/Tag eine effektive Maintenance-Therapie opiatabhängiger Patienten gewährleistet. Die Effektivität einer Buprenorphinbehandlung ist gut mit der einer Methadonbehandlung im Dosisbereich von 30-90 mg/Tag vergleichbar. Patienten, die sowohl eine Opiat- als auch Kokainabhängigkeit aufweisen, benötigen möglicherweise höhere Dosen von Buprenorphin, um ihren Beigebrauch reduzieren bzw. beenden zu können. Während die Erhaltungstherapie einen wichtigen stabilisierenden Faktor im Rahmen der Drogenbehandlung darstellt, ist eine Entzugsbehandlung als ultimatives Ziel im Hinblick auf die Drogenfreiheit und das drogenfreie Leben des Patienten zu werten. Sublingual verabreichtes Buprenorphin wurde mit Clonidin im Rahmen eines Kurzzeit-Entzuges bei heroinabhängigen Patienten verglichen (CHESKIN et al. 1994). In dieser über 10 Tage laufenden Studie wurde Buprenorphin in einer Gesamtdosis von 17 mg über die ersten drei Tage hinweg oder Clonidin in einer Gesamtdosis von 2,7 mg über die ersten fünf Tage gegeben. Über den restlichen Zeitraum 46 Konsensustexte erhielten die Patienten Placebo. Obwohl sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich verschiedener physiologischer Reaktionen als auch subjektiv meßbarer Parameter fanden, zeigten sich unter Buprenorphin geringer ausgeprägte Entzugs-Scores als unter Clonidin, insbesondere während der ersten drei Behandlungstage. In einer weiteren Studie, die drei verschiedene Methoden der Detoxifikation (Clonidin versus Clonidin plus Naltrexon versus Buprenorphin) vergleichend untersuchte, zeigten sich signifikant weniger schwere Entzungssymptome unter der Behandlung mit Buprenorphin (p < 0,02 für beide Vergleiche) (O'CONNOR et al. 1997). Signifikant bessere Ergebnisse mit Buprenorphin hinsichtlich der SOWS-Scores (Short Opiate Withdrawal Scale) in den ersten sieben Tagen der Entgiftungsbehandlung wurden in einer offenen deutschen Studie im Rahmen einer 10-tägigen stationären Entgiftungsbehandlung von 27 opiatabhängigen Patienten erzielt, in der die Kombinationen Buprenorphin/Carbamazepin und Oxazepam/Carbamazepin verglichen wurden. In der Oxazepam-Gruppe brachen 5 von 12 Patienten (42%) die Behandlung ab, während in der Buprenorphin-Gruppe 4 Abbrüche bei 15 Patienten (27%) zu verzeichnen waren. Vier mit Oxazepam behandelte Patienten brachen die Therapie wegen unzureichender Wirksamkeit ab, dagegen fand nur bei einem einzigen Patienten unter Buprenorphin ein Abbruch aus diesem Grund statt (PAETZOLD et al. 1998). In einer anderen Studie wurde festgestellt, daß das Umsetzen von Buprenorphin in einer stabilen Langzeitdosis auf den Antagonisten Naltrexon über einen Zeitraum von 24 Stunden gut toleriert wird (KOSTEN et al. 1992). Es zeigten sich keine ernsthaften Entzugserscheinungen, jedoch nahmen in dieser abrupten Transfersituation nur wenige Patienten Naltrexon über die vorgesehenen vollen zwei Wochen ein. In einer Untersuchung jüngeren Datums wurden durch eine allmähliche Dosisreduktion von Buprenorphin im Vergleich zum akuten Entzug deutlich bessere Ergebnisse hinsichtlich der auftretenden Entzugserscheinungen erzielt, was insbesondere in einer besseren Compliance resultierte (AMASS et al. 1994a). Die Ergebnisse dieser Studien legen nahe, daß der Einsatz von Buprenorphin eine wichtige Bereicherung im Rahmen der Detoxifikationsbehandlung darstellt. Dabei ist im ambulanten Setting ein allmähliches Abdosieren einer abrupten Dosisreduktion vorzuziehen. Eine kürzlich durchgeführte Studie belegte die günstigen Effekte einer unterstützenden Verhaltenstherapie im Rahmen einer psychosozialen Betreuung bei einer ambulanten Detoxifikation hinsichtlich der Dauer der Opioidabstinenz (BICKEL et al. 1997). 3.4 Umsetzen Einige wenige Studien untersuchten die Umsetzbarkeit von Methadon auf Buprenorphin. In diesem Zusammenhang ist eine Studie erwähnenswert, bei der nach abruptem Absetzen 24-26 Stunden nach der letzten Dosis von Methadon (20-30 mg/Tag) das Einstellen auf Buprenorphin (4 mg/Tag) leicht möglich war. Die gemessenen Scores ergaben ausreichend "gute Effekte", und die Substanz erfreute sich großer "Beliebtheit" bei den Patienten (LAW et al. 1997). Diese Ergebnisse bestätigen in Übereinstimmung mit anderen Studien (LEVIN et al. 1997), daß ein zügiges Umsetzen der Thera- Suchtmed 2 (1) 2000 Konsensustexte pie von Methadon auf Buprenorphin gut akzeptiert wird. Dies ist um so problemloser, je niedriger die letzte Methadondosierung liegt (idealerweise ≤ 30 mg/Tag). Das gute Sicherheitsprofil von Buprenorphin, welches sich bereits in den präklinischen Studien andeutete, konnte in den zahlreichen bisher durchgeführten klinischen Studien bestätigt werden. Die Palette der unerwünschten Wirkungen entspricht den unter anderen Opiaten erwartungsgemäß auftretenden Nebenwirkungen. In einer Studie, die speziell zur Untersuchung dieser Kriterien durchgeführt wurde, wurde lediglich ein Zusammenhang zwischen Sedierung sowie Obstipation als Nebenwirkungen und der BuprenorphinTherapie gesehen (LANGE et al. 1990). Die Auswertung der Einjahres-Verlängerungsphase einer großen Studie (BEST et al. 1997) ergab, daß das Entzugssyndrom und Schlaflosigkeit die am häufigsten auftretenden, mit Buprenorphin assoziierten, unerwünschten Wirkungen darstellen. Die Ergebnisse experimenteller Studien, in denen höhere Buprenorphindosierungen lediglich jeden zweiten Tag verabreicht wurden, zeigten keine zusätzlichen Nebenwirkungen unter den angewendeten Dosierungen (BICKEL et al. 1995, 1996, 1999, PETRY et al. 1996, 1999). Erfahrungen aus Frankreich zeigen, daß es sich bei tödlichen Intoxikationen mit Buprenorphin fast ausschließlich um Polyintoxikationen handelt (TRAQUI et al. 1998). Tödliche Monointoxikationen sind ausgesprochen selten. Ein Suchtpotential besteht, es ist aber geringer als bei reinen Opiatagonisten. In Deutschland sind Mißbrauchsfälle vergleichsweise selten (KEUP 1997). Weitere klinische Studien sind notwendig, um den Nutzen von Buprenorphin im Rahmen einer Substitutionsbehandlung bei Schwangerschaften zu untersuchen. Erste publizierte Daten lassen vermuten, daß das NAS (Neonatal Abstinence Syndrome) unter einer Substitutionstherapie mit Buprenorphin vergleichsweise seltener und in geringerer Ausprägung auftritt. In einer österreichischen Studie wurde bei 15 Neugeborenen opiatabhängiger Mütter in acht Fällen kein NAS, in vier Fällen ein gering ausgeprägtes, nicht behandlungsbedürftiges, und in drei Fällen ein mäßiggradig ausgeprägtes, behandlungsbedürftiges NAS festgestellt. Die Dosishöhe und das Auftreten oder die Ausprägung eines NAS wiesen dabei keine Korrelation auf (FISCHER et al., Addiction, in press). 4 In welchen Anwendungsgebieten wird Buprenorphin (SUBUTEX®) eingesetzt? SUBUTEX Sublingualtabletten (0,4 mg, 2 mg, 8 mg) sind indiziert zur Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit im Rahmen eines umfassenden medizinischen, sozialen und psychotherapeutischen Behandlungsplans. Aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften erscheint Buprenorphin besonders geeignet zur Behandlung von opioidabhängigen Patienten mit einer kürzer dauernden bzw. weniger verfestigten Suchterkrankung. Österreichische und Schweizer Erfahrungen zeigen, daß die sublinguale Gabe dabei problemlos ist. Tabletten mit noch schnellerer Auflösung sind geplant. Es empfiehlt sich, den Patienten vor der Tabletteneinnahme einen Schluck Wasser trinken zu lassen. Suchtmed 2 (1) 2000 Buprenorphin Buprenorphin sollte im Rahmen der Indikationen von einem hierfür ausgebildeten Arzt und/oder in hierfür spezialisierten Zentren/Ambulanzen verabreicht/verschrieben werden. Im Rahmen einer stabilen Substitutionsbehandlung und bei streng ausgewählten Patienten eignet sich SUBUTEX auch für eine "Take-Home"-Vergabe. Hierbei ist die in manchen Situationen unvermeidliche Verschreibung für einen begrenzten Zeitraum als weniger gefährdend für den Therapieerfolg anzusehen als eine vorübergehende Umstellung des Patienten z.B. auf einen reinen Agonisten wie Methadon. Es muß bei der Verschreibung berücksichtigt werden, daß eine mißbräuchliche und damit möglicherweise auch lebensgefährdende Anwendung von Buprenorphin wie auch bei einer Methadonlösung nicht vollständig auszuschließen ist (z.B. durch eine intravenöse Applikation). Die gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Länder/Staaten sind zu berücksichtigen. Es wird darauf hingewiesen, daß eine "Take-Home"-Vergabe in Deutschland im Rahmen der Zulassung bisher abgelehnt wurde. Die vom Bundesministerium für Gesundheit geplante Änderung der BtmVV läßt hoffen, daß demnächst auch in Deutschland eine "Take-Home"-Vergabe für SUBUTEX möglich sein wird. 5 Welche Gegenanzeigen für die Behandlung mit Buprenorphin gibt es? Zu beachten sind die jeweiligen länderspezifischen Fachinformationen der Zulassungsbehörden. Buprenorphin (SUBUTEX) darf nicht angewendet werden bei: – Überempfindlichkeit gegen Buprenorphin oder einen anderen Bestandteil des Präparates, – schwerer respiratorischer Insuffizienz, – schwerer Leberinsuffizienz, – akutem Alkoholismus oder Delirium tremens, – Behandlung mit Monoaminooxidasehemmern, – Stillen von Neugeboren.* Vorsicht ist zusätzlich geboten bei Niereninsuffizienz. Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung ist erforderlich bei Patienten mit vermuteten oder vorhandenen EKG-Veränderungen, cardialen Erkrankungen, besonders aber bei Herzrhythmusstörungen und Behandlung mit Antiarrhythmika der Klasse I und III. Potentielle Vorteile und Nachteile der Therapie sind in dieser Situation jeweils gegeneinander abzuwägen. Bei entsprechenden Patienten sollte vor und zwei Wochen nach Therapieeinleitung ein EKG abgeleitet werden. Gleiches gilt vor einer Erhöhung der applizierten Dosis. 6 Welche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen können während einer Behandlung mit Buprenorphin auftreten? Die am häufigsten mit der Anwendung von Buprenorphin in Zusammenhang gebrachten Nebenwirkungen sind Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und körperliche Schwäche. Gelegentlich treten Obstipation, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Somnolenz und Rückenschmerzen auf. Die Kausalität gele* Erfahrungen aus Österreich haben dagegen günstige Ergebnisse beim Einsatz von Buprenorphin bei stillenden Müttern gezeigt. Die Substanz ist dafür aber nicht zugelassen und kontrollierte klinische Studien fehlen. 47 Buprenorphin Konsensustexte Tabelle 1: Mögliche Wechselwirkungen von Buprenorphin (SUBUTEX) mit anderen Medikamenten Medikament/Substanz Mögliche Wechselwirkung Alkohol (auch in anderen Medikamenten) Verstärkung der sedativen Wirkung von Buprenorphin (CAVE: Atemdepression) Benzodiazepine Verstärkung einer zentral ausgelösten Atemdepression (CAVE: lebensbedrohliche Atemdepression, besonders in Zusammenhang mit zusätzlicher Verwendung von Alkohol) Opioidderivate (Analgetika und Antitussiva z.B. mit Codein) Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Bestimmte (trizyklische) Antidepressiva (z.B. Amitryptilin) Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Sedative H1-Rezeptorantagonisten (Antihistaminika; gilt nicht für Loratadin) Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Barbiturate Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Anxiolytika, andere als Benzodiazepine (s.o.) Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Neuroleptika Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems Clonidin Verstärkung der Dämpfung des Zentralen Nervensystems (CAVE: Blutdruckabfall) Mono-Amino-Oxidasehemmer (MAO-Hemmer) Möglicherweise Wirkungsverstärkung von Opioiden (ausgehend von der Erfahrung mit Morphin) Antiarrhythmika der Klassen I und III Möglicherweise Wechselwirkung im Hinblick auf veränderte Erregungsausbreitung und -rückbildung (CAVE: QT-Verlängerung) Tabelle 2: Wechselwirkungen durch mögliche Beeinflussung des Cytochrom P 450 (3A4) Inhibition des CYP 3A4; mögliche Wirkverstärkung von SUBUTEX (= z.B. Sedierung) Induktion des CYP 3A4; möglicher Wirkverlust von SUBUTEX (= Entzugssymptome) Proteaseinhibitoren (HIV) wie z.B. – Ritonavir (Norvir) – Indinavir (Crixivan) – Amprenavir (Agenerase) Rifampicin (Tuberkulosebehandlung), evtl. auch Rifabutin (gegen atypische Mycobakteriosen z.B. bei HIV) Ketoconazol (Antimykotikum) Phenytoin (Antiepileptikum) Cimetidin (H2-Blocker) Carbamazepin (Antiepileptikum) Erythromycin (MakrolidAntibiotika) Phenobarbital (Barbiturate) CAVE: mögliche Wechselwirkungen mit Antiarrhythmika und Kontrazeptiva. ACHTUNG: Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für viele Medikamente sind potentielle Wechselwirkungen noch nicht untersucht! 48 gentlich beobachteter QT-Verlängerungen konnte nicht eindeutig geklärt werden. Beschwerden wie Bauchschmerzen, Diarrhoe, Tränen- und Nasenfluß, Frösteln, Nervosität und Angstgefühl wurden im Zusammenhang mit einem Opiatentzug beobachtet. Als seltene Nebenwirkungen wurden beschrieben: Atemdepression, Ohnmacht, Blutdruckabfall, Lebernekrosen und Halluzinationen. Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind zu beachten und in Tabelle 1 und Tabelle 2 aufgeführt. 7 Welche Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise sind zu beachten? SUBUTEX besitzt ein im Vergleich zu reinen Opiat-Agonisten geringeres, aber vorhandenes physischen und psychisches Abhängigkeitspotential. Im Zusammenhang mit SUBUTEX wurden in Frankreich vereinzelte Todesfälle berichtet. Nach einer multizentrischen Studie von TRAQUI et al. (1998), die 20 Todesfälle auswertete, bestand in den meisten Fällen (n = 19) ein gleichzeitiger Mißbrauch von anderen Substanzen, in erster Linie Benzodiazepinen und/oder Alkohol. In einigen Fällen spielte auch die mißbräuchliche intravenöse Anwendung von Buprenorphin eine Rolle. Die Anzahl der berichteten Todesfälle ist hierbei in Bezug zu der Anzahl von ca. 60 000 mit SUBUTEX in Frankreich behandelten Patienten seit 1996 zu setzen. Nach dem jährlichen Bericht des französischen Ministeriums des Inneren aus dem Jahre 1997 über Drogengebrauch und Drogenverkehr lag demnach die Anzahl von Drogentodesfällen wegen Überdosierung im Jahr 1997 mit 228 um 41,98% niedriger als 1996, was letztendlich auch im Zusammenhang mit der Einführung von Buprenorphin zu sehen ist. Vor dem Beginn einer Therapie mit Naltrexon sollte Buprenorphin mindestens 4, besser 7 Tage abgesetzt sein. Der Nachweis dreier opiatfreier Urinproben (Mo/Mi/Fr) wird empfohlen. Die jeweils gültigen Fachinformationen (Schweiz, Österreich und Deutschland) sind bei der Behandlung Drogenabhängiger im Rahmen einer Substitutionstherapie zu beachten. Dies gilt auch für Hinweise bei Überdosierung und hinsichtlich Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienen von Maschinen. 8 Wie und in welchen Dosierungen sollte Buprenorphin in der Substitutionsbehandlung eingesetzt werden? (Leitlinien) Ziel der Behandlung ist es, den Patienten so rasch wie möglich auf eine ausreichende Buprenorphindosis einzustellen, um das Auftreten von Entzugserscheinungen zu verhindern. Im Hinblick auf den gesamten Behandlungserfolg besitzt dies eine große Bedeutung hinsichtlich der Zufriedenheit des Patienten und damit der Motivation des Einzelnen, die Therapie fortzuführen. Ist der Patient auf eine stabile Dosis eingestellt, so ist im weiteren Verlauf eine Dosisanpassung mit langsamer Reduktion problemlos möglich. Ein Absetzen der Therapie wird nach gemeinsamer Planung mit dem Patienten vereinbart. Hierbei hat der behandelnde Arzt zu entscheiden, ob das Vorhaben in der jeweils aktuellen Situation erfolgversprechend erscheint. Suchtmed 2 (1) 2000 Konsensustexte 8.1 Wie ist bei der Behandlung von Patienten mit Heroinabhängigkeit vorzugehen? Patienten, bei denen eine Heroinabhängigkeit gesichert ist und bei denen eine Substitution mit Buprenorphin geplant ist, sollen frühesten vier bis sechs Stunden (besser ≥ 12 Stunden; mündl. Mitteilung Dr. A. Gross, Vermont) nach der letzten Heroineinnahme die erste Dosis erhalten. Idealerweise erfolgt die erste Gabe bei Auftreten erster Entzugserscheinungen. Die initiale Dosis beträgt im Regelfall 4 mg Buprenorphin sublingual (zwei Sublingualtabletten SUBUTEX à 2 mg). Die Tabletten müssen für 5 bis 10 Minuten bis zur vollständigen Auflösung unter der Zunge belassen werden, um eine ausreichende Resorption zu gewährleisten. Treten im Verlauf des gleichen Tages erneut Entzugserscheinungen auf, so kann nochmals eine Dosis von 2 mg Buprenorphin sublingual verabreicht werden. Buprenorphin ® Tag 0 noch Tag 0 Entzugserscheinungen ® SUBUTEX 2 mg zusätzlich Die erstmalige Verabreichung von SUBUTEX Sublingualtabletten sollte auf jeden Fall unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, um mögliche Nebenwirkungen zu erfassen. Eine maximale Beobachtungszeit von drei Stunden nach Erstgabe erscheint dabei aufgrund der Pharmakologie von SUBUTEX Sublingualtabletten als ausreichend. Die Patienten sind auf jeden Fall hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen, besonders mit Benzodiazepinen und Alkohol, aufzuklären. Tag 1 Die Dosis von SUBUTEX kann täglich um 2 bis 4 mg bis zur täglich zugelassenen Maximaldosis gesteigert werden (Schweiz 16 mg, Österreich 32 mg, Deutschland 24 mg), bis der Patient auf einem ausreichenden Niveau eingestellt ist. Die Dosis ist dann ausreichend, wenn nach einem Intervall von 24 Stunden keine Entzugssymptome mehr berichtet werden oder objektivierbar sind. Je wirksamer Entzugserscheinungen unterdrückt werden, desto eher wird der Patient die Therapie fortsetzen. Gleichzeitig muß das Auftreten von Überdosierungen überwacht und die Dosis gegebenenfalls reduziert werden. Zeichen der Überdosierung sind dabei: "sich komisch fühlen", schlechte Konzentrationsfähigkeit, Schläfrigkeit und möglicherweise Schwindelge- Tag 2 bis 6 Tabelle 3: Behandlungs-Leitlinien für Buprenorphin (SUBUTEX) Einstellen auf Buprenorphin (SUBUTEX®) Sublingualtabletten – Dauer: zügiges Hochdosieren mit Buprenorphin über drei bis sieben Tage zur Vermeidung von Entzugserscheinungen. – Bei Methadon sollte vor Umsetzen auf Buprenorphin eine Reduktion auf idealerweise 30-40 mg Methadon/Tag erfolgen. – Zeitspanne bis zur ersten Buprenorphin-Dosis: – Heroin → Buprenorphin ≥ 4-6 Stunden, – Methadon → Buprenorphin > 24 Stunden, idealerweise bei Auftreten der ersten Entzugserscheinungen. – Dosierung: initiale Subutex-Dosis = 2–4 mg/Tag, eventuell nachdosieren nach Klinik, tägliche Steigerung um 2-4 mg, bis nach einem Intervall von 24 Stunden keine Entzugserscheinungen mehr auftreten. – Auf Zeichen der Überdosierung ist zu achten und gegebenenfalls eine Dosisreduktion vorzunehmen. Weitere Maßnahmen siehe Fachinformation. Suchtmed 2 (1) 2000 SUBUTEX 2 oder 4 mg (siehe Tabellen 4 und 5) Entzugserscheinungen ® SUBUTEX 4 mg zusätzlich Entzugserscheinungen ® SUBUTEX 4 mg zusätzlich (max. 16-32 mg, siehe Fachinfo) kein Entzug ® SUBUTEX Dosis gleichbleibend kein Entzug ® SUBUTEX Dosis gleichbleibend kein Entzug ® SUBUTEX Dosis gleichbleibend Abb. 1: Schema für die initiale Dosierung mit SUBUTEX® in den ersten 7 Tagen der Therapie (die maximal zugelassenen Dosierungen betragen 16 mg/Tag in der Schweiz, 32 mg/Tag in Österreich und 24 mg/Tag in Deutschland) fühl im Stehen. Bei Auftreten einer Atemdepression ist nach den Hinweisen der jeweiligen Fachinformation zu verfahren. Eine Empfehlung sowie ein Schema für die Einstellung mit Buprenorphin findet sich in Tabelle 3 und Abb. 1. 8.2 Bei welchen Patienten mit Methadonsubstitution ist eine Umstellung auf Buprenorphin (SUBUTEX®) sinnvoll? Patienten mit einer Methadondosis 30-40 mg/Tag Bei Patienten, die auf einer Dosis von 30-40 mg/Tag Methadon stabil eingestellt sind, besonders bei denen, die eine zukünftige Abdosierung wünschen, ist im Hinblick auf das geringere Abhängigkeitspotential und die vermindert ausgeprägte Entzugssymptomatik (leichtere Entgiftung) unter Buprenorphin die Umstellung von dem reinen Agonisten Methadon auf den partiellen Agonisten Buprenorphin empfehlenswert (s.u.). Die Umstellung ist ohne größere Probleme im genannten Dosisbereich möglich (LAW et al., 1997, WALSH et al. 1994). Vor einer Abdosierung empfiehlt sich die Stabilisierung des Patienten auf einer für ihn angenehmen Dosierung mit Buprenorphin. 49 Buprenorphin Patienten mit ausgeprägten Nebenwirkungen unter Methadon Teilweise leiden Patienten unter der Substitution mit Methadon an ausgeprägten Nebenwirkungen wie z.B. starkem Schwitzen oder depressiven Verstimmungen. Bei hohem Leidensdruck des Patienten ist ein Umsetzen auf Buprenorphin gerechtfertigt. Besonders bei Depressionen gibt es eine mögliche Rationale für den Einsatz von Buprenorphin (EMRICH et al. 1982). Ein Umsetzen der Therapie ist möglich bei einer Methadondosis von idealerweise zwischen 30 und 40 mg/Tag. Patienten mit höheren Dosierungen und entsprechenden Nebenwirkungen sollten nach Möglichkeit herunterdosiert werden, bevor die Therapie umgesetzt wird (Einstellen auf Buprenorphin s.u.). Im Einzelfall ist aber auch ein Umsetzen bei höherer Dosis vertretbar. Wie erfolgt die Umstellung von Methadon-substituierten Patienten auf Buprenorphin (SUBUTEX)? Die erste Gabe von Buprenorphin Sublingualtabletten erfolgt frühestens 24 Stunden nach der letzten Methadondosis, idealerweise bei Auftreten der ersten Entzugserscheinungen. Der Nachweis von drogenfreiem Urin wird empfohlen. Die initiale Dosis beträgt im Regelfall 4 mg Buprenorphin sublingual (eine oder zwei Sublingualtabletten SUBUTEX à 2 mg). Die Tabletten müssen für fünf bis zehn Minuten bis zur vollständigen Auflösung unter der Zunge belassen werden, um eine ausreichende Resorption zu gewährleisten. Es empfiehlt sich, die Patienten vor der Einnahme ein Glas Wasser trinken zu lassen. Treten im Verlauf des gleichen Tages erneut Entzugserscheinungen auf, so kann nochmals eine Dosis von 2 mg Buprenorphin sublingual verabreicht werden. Nach erstmaliger Verabreichung von SUBUTEX Sublingualtabletten sollte der Patient auf jeden Fall nachbeobachtet werden, um mögliche Nebenwirkungen zu erfassen. Eine maximale Beobachtungszeit von drei Stunden nach Erstgabe erscheint dabei aufgrund der Pharmakologie von SUBUTEX Sublingualtabletten als ausreichend. Die Patienten sind auf jeden Fall hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen, besonders mit Benzodiazepinen und Alkohol, aufzuklären. Die Dosis von SUBUTEX kann täglich um 2 bis 4 mg bis zur täglich zugelassenen Maximaldosis gesteigert werden (Schweiz 16 mg, Österreich 32 mg, Deutschland 24 mg), bis der Patient auf einem ausreichenden Niveau eingestellt ist. Die Dosis ist dann ausreichend, wenn keine Entzugssymptome mehr berichtet werden oder objektivierbar sind. Im Einzelfall kann auch eine schnellere Höherdosierung notwendig sein. Klinische Erfahrungen zeigen, daß in vielen Fällen eine sichere und effektive Umstellung mit 8 mg möglich ist. Wie wird bei Patienten verfahren, die bisher mit Codein substituiert wurden? Es bestehen kaum Erfahrungen bei der Umstellung von bisher mit Codein substituierten Patienten. Es ist zu fordern, daß Patienten, die von Codein auf Buprenorphin umgestellt werden, diese Therapie im Rahmen von Studienprotokollen erhalten. Dies ist notwendig, um die Patientengruppen zu identifizieren und zu charakterisieren, die nach einer Substitution mit Codein am ehesten von einer Therapie mit Buprenorphin profitieren. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit von Codein erfolgt die initiale Gabe von Buprenorphin frühestens zwei bis vier Stun- 50 Konsensustexte den nach der letzten Codein-Einnahme, idealerweise bei Auftreten der ersten Entzugssymptome. Die initiale Dosis beträgt (2 bis) 4 mg Buprenorphin sublingual (eine oder zwei Sublingualtabletten SUBUTEX à 2 mg). Die Tabletten müssen für fünf bis zehn Minuten bis zur vollständigen Auflösung unter der Zunge belassen werden, um eine ausreichende Resorption zu gewährleisten. Treten im Verlauf des gleichen Tages erneut Entzugserscheinungen auf, so kann nochmals eine Dosis von 2 mg Buprenorphin sublingual verabreicht werden. Die erstmalige Verabreichung von SUBUTEX Sublingualtabletten sollte auf jeden Fall unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, um mögliche Nebenwirkungen zu erfassen. Eine maximale Beobachtungszeit von drei Stunden nach Erstgabe erscheint dabei aufgrund der Pharmakologie von SUBUTEX Sublingualtabletten als ausreichend. Die Patienten sind auf jeden Fall hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen, besonders mit Benzodiazepinen und Alkohol, aufzuklären. Die Dosis von SUBUTEX kann täglich um 2 bis 4 mg bis zur täglich zugelassenen Maximaldosis gesteigert werden (Schweiz 16 mg, Österreich 32 mg, Deutschland 24 mg), bis der Patient auf einem ausreichenden Niveau eingestellt ist. Die Dosis ist dann ausreichend, wenn nach einem Intervall von 24 Stunden keine Entzugssymptome mehr berichtet werden oder objektivierbar sind. Wie ist die Situation bei Patienten, die mit LAAM substitutiert werden? Eine direkte Umstellung von Patienten, die mit Levo-AlphaAcetyl-Methadon substitutiert werden, auf eine Therapie mit Buprenorphin kann aufgrund der komplexen Pharmakokinetik von LAAM nicht empfohlen werden. Patienten unter LAAM, bei denen die Entscheidung zu einer Entgiftung getroffen wurde, sollten zuerst auf Methadon umgestellt werden. Eine Umstellung auf Buprenorphin und damit der erste Schritt zur Entgiftung ist dann in den oben angegebenen Dosisbereichen zwischen 30 und 40 mg/Tag Methadon möglich. Wie sollte bei Patienten mit Politoxikomanie vorgegangen werden? Bei Patienten mit einer gleichzeitigen Abhängigkeit von anderen Substanzen, wie z.B. Alkohol oder Benzodiazepinen, wird vor Umstellung oder Neueinstellung auf Buprenorphin eine Teilentgiftung dringend empfohlen, da die Gefahr von Wechselwirkungen (s.o.) besteht. Welches Vorgehen empfiehlt sich bei Frauen mit Opiatabhängigkeit und Schwangerschaft? Die Effektivität einer Substitutionsbehandlung schwangerer Frauen mit Opiatabhängigkeit gilt als gesichert. Andererseits wird unter einer Substitution mit Methadon häufig ein Newborn Abstinence Syndrome (NAS) beobachtet (FINNEGAN und EHRLICH 1990). Bisher existieren keine Daten aus kontrollierten, doppelblinden, randomisierten Studien zum Einsatz von Buprenorphin in der Schwangerschaft. Grundsätzlich ist die Datenlage zu Buprenorphin in diesem Kontext nicht ausreichend, um eine generelle Empfehlung auszusprechen. Hinsichtlich eines Newborn Abstinence Syndromes (NAS) ergeben sich aufgrund einer offenen Studie von FISCHER et al. (1998) Anhaltspunkte für Vorteile gegenüber einer Substitution mit Methadon. Eine kontrollierte Studie läuft derzeit. Schwangere Patientinnen, bei denen die Substitution mit Buprenorphin geplant ist, sollten im Rahmen von Suchtmed 2 (1) 2000 Konsensustexte Buprenorphin Studienprotokollen therapiert werden. Ähnlich wie bei Methadon tritt Buprenorphin in die Muttermilch über; beim Stillen ist daher bei Behandlung mit Buprenorphin eine besondere Kontrolle und Sorgfalt notwendig. Wie sollte beim Absetzen (Detoxifikation) von SUBUTEX vorgegangen werden? Nach Erreichen einer zufriedenstellenden Stabilisationsphase kann die Dosis allmählich auf eine niedrigere Erhaltungsdosis reduziert werden. Die Therapie kann auch vollständig abgesetzt werden. Hierbei können Titrationsschritte von 8 mg, 2 mg und 0,4 mg vorgenommen werden. In einem ambulanten Setting erscheint ein langsames, schrittweises Abdosieren Vorteile gegenüber einem schnellen Entzug aufzuweisen (AMASS et al. 1994a). Möglichkeiten einer Dosierung jeden 2. oder 3. Tag als Alternative zur "Take- Home"-Vergabe Untersuchungen haben gezeigt, daß eine Gabe von Buprenorphin alle zwei bis drei Tage möglich ist (AMASS et al. 1994b, 1998, EISSENBERG et al. 1997, BICKEL et al. 1995, 1998). Dies kann als sichere Alternative zu einer "Take-Home"-Vergabe nach einer Stabilisationsphase erfolgen. Hierbei erhält der Patient alle zwei bzw. alle drei Tage (z.B. montags, mittwochs, freitags) eine entsprechend höhere Dosierung (→ Tabelle 4 und 5). In der ersten Woche dieser Vergabevariante Tabelle 4: Dosis bei alternierender Gabe Tägliche Dosierung SUBUTEX® Dosis jeden 2. Tag SUBUTEX® Dosis jeden 3. Tag SUBUTEX® Anzahl der Tabletten 2 mg 4 mg 6 mg s. unten 4 mg 8 mg 12 mg s. unten 6 mg 12 mg 18 mg s. unten 8 mg 16 mg 24 mg s. unten 10 mg 20 mg 24 mg s. unten 12 mg 24 mg 24 mg s. unten 14 mg 24 mg 24 mg s. unten 16 mg 24 mg 24 mg s. unten 20 mg 24 mg 24 mg s. unten 24 mg 24 mg 24 mg s. unten Tabelle 5: Umrechnung der täglichen Dosierung in Tablettenanzahl Tägliche Dosierung SUBUTEX Anzahl der Tabletten à 2 mg Anzahl der Tabletten à 8 mg 2 mg 1 0 4 mg 2 0 6 mg 3 0 8 mg 0 1 10 mg 1 1 12 mg 2 1 14 mg 3 1 16 mg 0 2 18 mg 1 2 20 mg 2 2 22 mg 3 2 24 mg 0 3 Suchtmed 2 (1) 2000 sollte der Patienten auf jeden Fall nachbeobachtet werden, um mögliche Nebenwirkungen zu erfassen. Eine maximale Beobachtungszeit von drei Stunden nach der Gabe erscheint dabei aufgrund der Pharmakologie von SUBUTEX Sublingualtabletten als ausreichend. Praktische Hinweise: Einige spezielle Problemstellungen sollen hier stichwortartig angesprochen werden. Schwierig kann die Schmerztherapie mit Buprenorphin-substituierten Patienten sein, wenn die analgetische Wirkung nicht ausreichend ist. Eventuell müssen hier Spezialisten (Schmerzambulanz) kontaktiert werden. Nicht steroidale Antiphlogistika sind bevorzugt einzusetzen. Ein häufiges Problem ist auch das gleichzeitige Vorliegen komorbider psychischer Störungen bei Drogenabhängigen. Oft ist eine begleitende psychopharmakologische Behandlung, zum Beispiel mit Antidepressiva sinnvoll. Interaktionen sind dabei zu beachten. Gelegentlich sind dysphorische Verstimmungen, vor allem in der Induktionsphase einer Therapie mit Buprenorphin möglich, sie sind aber meistens nur kurzzeitig und vorübergehend. 9 Zusammenfassung der Behandlungsempfehlungen Buprenorphin ist aufgrund seiner pharmakologischen Eigenschaften besonders indiziert bei Patienten mit einer noch nicht so lange bestehenden bzw. noch nicht verfestigten Suchterkrankung. Die Therapie mit Buprenorphin orientiert sich am Rahmen der sonst geltenden gesetzlichen, oder betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften in der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger. Bei der Einstellung wird eine rasche Aufdosierung empfohlen, damit das Auftreten von Entzugserscheinungen weitgehend verhindert wird. Patienten, die Heroin nehmen, bekommen frühestens vier bis sechs Stunden nach dem letzten Gebrauch, Patienten, die von Methadon umgestellt werden, frühestens 24 Stunden nach der letzten Methadongabe die erste Dosis Buprenorphin. Idealerweise wird Buprenorphin bei Auftreten der ersten Entzugserscheinungen gegeben. Patienten, die bisher mit Methadon behandelt wurden, sollen vorzugsweise vor der Umstellung auf Buprenorphin auf eine Dosis von 30-40 mg Methadon/Tag herunterdosiert werden. Eine Umstellung auf Buprenorphin erscheint besonders bei Nebenwirkungen unter Methadon sinnvoll (z.B. ausgeprägtes Schwitzen und depressive Stimmungslage). Bei Patienten, die bisher mit Codein/Dihydrocodein substituiert wurden, gilt bei der Einstellung die selbe Vorgehensweise wie bei Patienten unter Heroin. Eine direkte Umstellung von LAAM auf Buprenorphin ist nicht zu empfehlen. Diese Patienten müssen zuerst auf Methadon eingestellt werden. Bei Politoxikomanie empfiehlt sich vor Neueinstellung auf Buprenorphin zunächst ein Teilentzug. Vorsicht ist bei gleichzeitigem Gebrauch von Alkohol und Benzodiazepinen wegen der potentiell gefährlichen Wechselwirkungen geboten. Die Daten zur Behandlung schwangerer Patientinnen mit Opiatabhängigkeit sind eingeschränkt, es gibt jedoch Hinweise darauf, daß ein Neonatales Abstinenz Syndrom (NAS) seltener mit Buprenorphin als unter Methadon auftritt. Pa- 51 Buprenorphin tientinnen, die in dieser Situation mit Buprenorphin substituiert werden, sollten besonders sorgfältig beobachtet werden. Das Stillen ist während einer Behandlung mit Buprenorphin kontraindiziert. Eine Reduktion ist mit Buprenorphin nach einer ausreichenden Stabilisierung gut möglich. Eine allmähliche Reduktion mit kleinen Abdosierungsschritten scheint einer schnellen Entgiftung hierbei hinsichtlich der Ergebnisse überlegen zu sein. Aufgrund der Datenlage stellt die zwei- bis dreitägige Gabe von Buprenorphin eine alternative Möglichkeit z.B. auch für die "Take-Home"-Vergabe dar. 10 Literatur AMASS L, BICKEL WK, HIGGINS ST et al. A preliminary investigation of outcome following gradual or rapid buprenorphine detoxification. J Addict Dis 1994a; 13: 33-45. AMASS L, BICKEL WK, HIGGINS ST et al. Alternate-day Dosing during Buprenorphine Treatment of Opioid Dependence. Life Sciences 1994b; 54: 1215-1228. AMASS L, BICKEL WK, CREAN JP et al. Alternate-day Buprenorphine Dosing is preferred to daily dosing by opioid-dependend Humans. Psychopharmacology 1998; 136: 217-225. BALL JC, ROSS A. The Effectiveness of Methadone Maintenance Treatment. New York: Springer; 1991. 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Gastpar Virchowstr. 174 D-45147 Essen Suchtmed 2 (1) 2000 Buprenorphin and opioid dependence. In: HARRIS LS, editor. Problems of Drug Dependence. NIDA Res Monogr Ser 1994; 141: 142. SCHOTTENFELD RS, PAKES JR. OLIVETO A. et al. Buprenorphine vs methadone maintenance treatment for concurrent opioid dependence and cocaine abuse. Arch Gen Psychiatry 1997; 54: 713-720. SEGEST E, MYGIND O, BAY H. The influence of prolonged stable Methadone Maintenance Treatment on Mortality and Employment: An 8-year follow-up. Int J Addict 1990; 25: 53-63. SENAY EC, UCHTENHAGEN A. Methadone in the Treatment of opioid Dependence: A review of the world literature. In: ARIF A, WESTERMEYER J, editors. Methadone Maintenance in the Management of Opioid Dependence – An International Review. New York, Westport CT, London: Praeger; 1990. p. 19-54. SEOW SSW, QUIGLEY AJ, ILETT KF et al. Buprenorphine: a new maintenance opiate? Med J Aust 1986; 144: 407-411. STRAIN EC, STITZER ML, LIEBSON IA et al. 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Penning Institut für Rechtsmedizin Universität München Frauenlobstr. 7a D-80337 München Dr. med. Helmut Liess Gabelsberger Str. 48f D-80333 München Dr. Christian Schütz Psychiatrische Universitätsklinik Nußbaumstr. 7 D-80336 München Dr. Heinrich Küfner IFT – Institut für Therapieforschung Parzivalstr. 25 D-80804 München 53