Biografie - Cuno Amiet

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Biografie - Cuno Amiet
Biografie
Separatum aus: Franz Müller, Viola Radlach, Cuno Amiet. Die Gemälde 1883–1919,
Zürich: Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft / Scheidegger & Spiess, 2014
(Œuvrekataloge Schweizer Künstler und Künstlerinnen 28)
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Biografie
1868 Cuno Peter Amiet wird als jüngster Sohn des Solothurner Staatsschreibers, Archivars
und Historikers Josef Ignaz Amiet (1829–1895) und seiner Ehefrau Katharina geb. Kuster
aus Engelberg (1835–1870) in der Amtswohnung der Familie im Rathaus von Solothurn geboren. Er hat zwei ältere Geschwister, Rosa (1858–1936) und Caesar (1861–1935), der nach
einem Medizinstudium als Homöopath in Solothurn, später als Kurarzt in Montreux praktiziert. Nach dem frühen Tod der Mutter wächst Cuno Amiet während zwei Jahren in der
Obhut der beiden Schwestern der Mutter auf, die an der Goldgasse in Solothurn einen Mercerieladen betreiben. Josef Ignaz Amiet heiratet 1873 Emilie Baer von Rifferswil am Albis
(1845–1909). 1885 übersiedelt die Familie an den Friedhofplatz 1 in Solothurn; im Parterre
des Hauses führt Emilie Amiet-Baer ein Geschäft für Posamenten.
Abb. 2 | Fotograf unbekannt, Solothurner Rathaus
mit dem Eingang zur Kanzlei, über den Kanzleiräumen
befand sich die Amtswohnung der Familie Josef
Ignaz Amiet, Kantonale Denkmalpflege Solothurn
1878 Cuno Amiet steht dem Maler Walther von Vigier (1851–1910) für ein Historienbild
Modell.
1882 Eintritt in die Gymnasialabteilung der Kantonsschule Solothurn. Amiet erhält Zei-
chenunterricht von Heinrich Jenny (1824–1891) und einige Unterrichtsstunden von der
jungen Künstlerin Amanda Tröndle-Engel (1861–1956). Während seiner Schulzeit besucht
er häufig die Gemäldesammlung des 1850 gegründeten Kunstvereins in der Stadtbibliothek im Gemeindehaus und kopiert das Gemälde Der sterbende Sohn von Albert
de Meuron (Kat. 1884.01). Amiets Wunsch, Maler zu werden, entspricht der Vater zögernd
unter der Bedingung, dass der mit der Familie befreundete, anerkannte Solothurner
Künstler Frank Buchser (1828–1890) sein Talent bestätigt.
1883 Erstes Selbstbildnis des 15-Jährigen (Kat. 1883.01).
Abb. 3 | Urs Zaugg, Wohnhaus der Familie Josef Ignaz
Amiet (2. v0n rechts), Friedhofplatz 1, Solothurn,
2000, SIK-ISEA, Amiet-Archiv Urs Zaugg
1884–1886 Buchser, soeben von einer seiner Weltreisen nach Feldbrunnen zurückgekehrt,
nimmt den 16-Jährigen als Malschüler an. Amiet macht eine strenge Lehrzeit durch und
assistiert Buchser auch bei dessen kunstpolitischen Aktivitäten.
Abb. 1 | Cuno Amiet, Selbstbildnis, 1887, Kohle
auf Papier, 48 × 39 cm, Kunsthaus Zürich, Grafische
Sammlung
1886 Im Frühsommer, nach der schriftlichen Matura – die mündliche überspringend –,
malt er gemeinsam mit Buchser erstmals im Oberaargauer Dörfchen Hellsau; sie wohnen
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im Gasthaus Freienhof, der von der 1887 verwitweten Martha Luder-Imhof (1849–1924)
und ihren vier Töchtern Flora (1868–1948), Mina (1869–1923), Rosa (1871–1957) und Anna
(1874–1953) geführt wird. Im Herbst reist Amiet mit dem angehenden Aquarellisten Paul
Demme (1866–1953) nach München und nimmt ein Studium an der Kunstakademie auf;
Vorkurs, Malklasse und Kompositionsschule. Er arbeitet täglich von 8 bis 12 und 14 bis
16 Uhr, besucht anschliessend Vorlesungen über Anatomie, Perspektive, Kunst- und
­Weltgeschichte und kopiert abends in seinem Zimmer Fotografien nach alten Meistern.
Die erste Gipsklasse steht unter der Leitung von Caspar Ritter aus dem schweizerischen
Marthalen, Gabriel Häckl lehrt Anatomie, Nikolaus Gysis und Karl Raupp unterrichten
Zeichnen und Kunstgeschichte.
Abb. 4 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet, Emil
Beurmann, Giovanni Giacometti und ein weiterer Freund
(v.l.n.r.) in der Académie Julian, Paris, um 1890
1887 Amiet verkehrt in einem Kreis Schweizer Kunststudenten, unter ihnen Wilhelm
Balmer, Franz Baur, Max Buri, Emil Dill, Walter Mettler, Charles Welti und Hans Beat
Wieland. Im Januar 1887 lernt er den gleichaltrigen Bergeller Giovanni Giacometti kennen. «Wir strolchten im Land umher, und wenn es kalt war, nahm mich mein Freund unter seinen grossen italienischen Radmantel. Wir hatten viele Freunde, aber wir zwei
waren am engsten verbunden», schreibt Amiet 1933.1 Sie besuchen die Glyptothek, die
Pinakothek und skizzieren in Cafés und im Nymphenburger Park. Den Sommer verbringt
Amiet in Solothurn und in Hellsau, teilweise zusammen mit Frank Buchser.
1888 Im Frühjahr (6.3.–28.4.) absolviert er zusammen mit Giovanni Giacometti und
Andrea Robbi die Rekrutenschule in Bellinzona und kehrt dann nach München zurück.
Die Internationale Kunstausstellung im Mai, der «Franzosensaal» mit Bildern von Jules
Bastien-Lepage wie auch die Werke von James McNeill Whistler begeistern ihn, und er beAbb. 5 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet im Vordergrund sitzend und den Mandolinenspieler betrachtend,
vor dem Café Costiou in Rosbraz, Bretagne, 14.7.1892
schliesst zusammen mit Giacometti, das Studium in Paris an der Académie Julian fortzusetzen. Im Sommer ist er wiederum in Solothurn und Hellsau. Im Oktober beziehen die
Freunde zwei Zimmer in Paris im Hôtel de Bordeaux, 17, rue Jacob – eines dient als Atelier, das andere als Schlafzimmer; sie verkehren mit Schweizer Malern und Bildhauern,
u. a. Max Leu, Hugo Siegwart, Emil Beurmann, Hans Emmenegger, Walter Mettler und
Andrea Robbi. An der Académie erhält Amiet Unterricht von Adolphe William Bouguereau,
Tony Robert-Fleury und Gabriel Ferrier. Der Lehrplan ist der traditionellen Methode der
Académie des Beaux-Arts verpflichtet. Gleichzeitig vermittelt ein weiterer Malschüler,
der einem anderen Atelier der Schule als «massier» vorsteht, Paul Sérusier – Amiet wird
ihn erst 1892 in Pont-Aven kennenlernen –, bereits die neuen Kunstanschauungen von
Gauguin einem Kreis von Studenten, die sich zur Gruppe der Nabis zusammenschliessen.
1889 Studium an der Académie Julian in Paris. Er begeistert sich für Gemälde von
Manet – die Olympia –, Millet, Courbet, Delacroix, Velázquez, Holbein und insbesondere Rembrandt. Besuch der Weltausstellung. Im Salon stellt er das Bildnis Giacomettis,
Portrait de mon ami G. G. (Kat. 1889.05), aus, das seither verschollen ist. Den Sommer verbringt er in Solothurn. In Feldbrunnen, nahe dem Wohnhaus von Frank Buchser, entsteht
die erste anspruchsvolle Komposition, die Erdbeermädchen (Kat. 1889.10).
1890 Fortsetzung des Studiums in Paris dank finanzieller Unterstützung der Familie.
Abb. 6 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet im Vordergrund rechts mit Studienkollegen in einem Boot vor der
Küste von Pont-Aven, 1892/1893, Nachlass C. A.
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Freundschaft mit den Bildhauern Max Leu und Hugo Siegwart. Im Sommer wiederum in
Solothurn, besucht Giovanni Giacometti im Bergell; malt in Stampa und Umgebung. Auch
bei Läufelfingen in Baselland. Am 22. November stirbt Frank Buchser.
1891 Im Pariser Salon du Champs-de-Mars fasziniert ihn Die Nacht von Ferdinand Hodler.
Im Sommer malt Amiet in Hellsau, u. a. seine erste «lebensgrosse Figur im Freien», 2 eine
Heuerin in Berner Tracht (Kat. 1891.11); Modell steht Flora Luder, die älteste Tochter der
Wirtin des Freienhofs von Hellsau.
1892 Nach vierwöchiger Unteroffiziersschule in Zürich im März 1892 reist er mit einem
Darlehen der Familie wieder nach Paris, wo er das Atelier von Hugo Siegwart mietet. Hier
zeichnet er Entwürfe für einen eidgenössischen Wettbewerb zur Ausschmückung des
Treppenhauses im Bundesgerichtsgebäude in Lausanne. Aus einer dieser Studien wird
1894/1895 das Paradies (Kat. 1894.24) hervorgehen, das Oscar Miller 1897 als erstes Bild
seiner Sammlung von Werken Amiets erwirbt. Der konventionelle Unterricht an der
Académie Julian befriedigt Amiet nicht mehr. Auf Anraten des ungarischen Kollegen
Hugo Poll (1867–1931) fährt er im Mai 1892 nach Pont-Aven in die Bretagne. In der Künstlerpension von Marie-Jeanne Gloanec nahe der Kirche bezieht er ein Zimmer mit zwei
grossen Fenstern und einem Balkon und richtet sich im «alten Schloss zwischen schönen
Kastanienbäumen» ein Atelier ein.3 Paul Gauguin ist nach mehreren Aufenthalten in
Pont-Aven im April 1891 nach Tahiti abgereist, doch viele seiner Freunde und Schüler sind
noch dort. Im Gedankenaustausch mit u. a. Emile Bernard, Armand Seguin (der ihm die
Technik des Radierens beibringt), Paul Sérusier, vor allem aber dem Iren Roderic O’Conor,
mit dem er sich befreundet, gewinnt er gänzlich neue Einsichten in die Kunst. Er sieht
Zeichnungen und Gemälde von van Gogh, Cézanne und Gauguin. Aus der Fülle dieser
Anregungen entwickelt er schon in den ersten Wochen seines Aufenthalts einen grundsätzlich neuen Zeichen- und Malstil, wie etwa das Blatt der Bretonischen Wäscherinnen
(Abb. 7) zeigt oder das Porträt der Marie Derrien (Kat. 1892.02), einer Angestellten des Gasthauses, mit der Amiet auch freundschaftlich verbunden ist.
Abb. 7 | Cuno Amiet, Bretonische Wäscherinnen
(Bretonisches Skizzenbuch, Blatt 35), 1893, Kohle auf
Papier, 19,5 × 11 cm, Kunstmuseum Solothurn
1893 Er wird Mitglied der Société des Artistes Indépendants und stellt im März/April im
Pavillon de la Ville de Paris auf den Champs-Elysées vier Pont-Aven-Landschaften aus,
die in der Presse erwähnt, jedoch nicht verkauft werden. Der Vater bemüht sich, weiterhin für den Lebensunterhalt seines Sohnes aufzukommen. Als auch Verkaufshoffnungen bezüglich einiger Hellsau-Bilder erfolglos bleiben und zwei Werke, die Amiet an die
Turnusausstellung des Schweizerischen Kunstvereins sendet, abgewiesen werden, kehrt
der junge Künstler schweren Herzens im Juni nach 13 Monaten in der Bretagne in die
Schweiz zurück. In Basel findet er Unterkunft bei einem Freund, dem Dekorationsmaler
Franz Baur, der ihm kleinere Arbeiten vermittelt; weitere Künstlerfreunde, unter ihnen
Wilhelm Balmer und Emil Beurmann, gewähren ihm moralische Unterstützung. «Ich
kam wieder nach Solothurn, in mein Vaterhaus, richtete mir im Estrich ein kleines Atelier ein und hauste dort und malte für mich. Fast wie ein Geächteter», erinnert sich Amiet
1948. 4 Doch den Enttäuschungen stehen auch erste kleine Erfolge gegenüber; fünf im
Oktober in der Kunsthalle Basel ausgestellte Gemälde ernten den Spott des Publikums,
aber auch die Bewunderung seiner Kollegen und eine gewisse Anerkennung des Feuilletonisten Hans Trog, und schliesslich kann er zwei Bilder verkaufen. Auf Vermittlung von
Max Leu lernt er im Herbst anlässlich der Generalversammlung der Gesellschaft Schwei-
Abb. 8 | Cuno Amiet, Töpferwerkstatt in einem Pfahlbau, 1893 – 1894, Kohle auf Papier, 101 × 121 cm,
Schweizerisches Nationalmuseum, Landesmuseum
Zürich
zerischer Maler und Bildhauer in Bern Ferdinand Hodler kennen. Der fünfzehn Jahre
Ältere flösst ihm Respekt ein. Hodler äussert sich wohlwollend über eine grosse Kohlezeichnung mit einem Thema aus der Schweizer Urgeschichte, die Amiet für einen Wettbewerb des Schweizerischen Kunstvereins geschaffen hat.5 (Abb. 8)
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1894 Malt im Sommer in Hellsau u. a. Bildnisse des Knaben Otti (vgl. Kat. 1894.15) und
Heuernte-Darstellungen (vgl. Kat. 1894.25). Die Einsendung Amiets für den eidgenössischen Wettbewerb zur Ausschmückung des Bundesgerichtsgebäudes in Lausanne erhält
keine Auszeichnung.
1895 Am 28. Mai stirbt der Vater. Nachdem Amiet sich im Vorjahr bereits ein zweites
Atelier im Tanzsaal über der Gaststube im Freienhof eingerichtet hat, verlegt er nun auch
seinen Wohnsitz nach Hellsau. An der Bern-Zürich-Strasse gelegen, ist der Gasthof Herberge für Fuhrleute und Zugtiere sowie Haltestelle der Postkutschen. Wilhelm Balmer
berichtet in seinen Erinnerungen von heiteren «Tanzsonntagen», an denen die Basler Künstlerfreunde, darunter Balmer, Emil Beurmann und Franz Baur, gemeinsam mit Amiet im
Freienhof musizieren. 6 Ein von Amiet bemalter Türfries im Wirtshaus hält einen weiteAbb. 9 | Cuno Amiet, Der Vater des Künstlers auf dem
Totenbett, 29.5.1895, Bleistift auf Papier, Privatbesitz
ren dieser geselligen Anlässe fest (Kat. 1895.11). Im Sommer malt er den Kranken Knaben
(Kat. 1895.09). Er wendet sich dem Radieren wieder zu und beteiligt sich an einer Zeichnungskonkurrenz des Schweizerischen Kunstvereins mit dem Werk Druiden von den
Römern beim Opfern überrascht, das ihm eine mit 400 Franken dotierte Auszeichnung einbringt.
1896 Amiet sendet das Gemälde Der kranke Knabe (Kat. 1895.09) an die Münchner Seces-
sion, doch es wird zurückgewiesen. Der Papierfabrikant Oscar Miller aus Biberist wird
an der Schweizerischen Landesausstellung in Genf auf die Winterlandschaft (Winistorf )
(Kat. 1895.12) aufmerksam. Im Sommer besucht Amiet Giovanni Giacometti in Stampa;
sie brechen einen mehrwöchigen Aufenthalt in einer Steinhütte im Val da Cam am Fuss
des Piz Duan wegen schlechtem Wetter ab.7 Amiet lernt den in Maloja lebenden Giovanni
Segantini kennen und ist beeindruckt von seiner Künstlerpersönlichkeit.
1897 Oscar Miller besucht Amiet in dessen Solothurner Atelier und erwirbt das Paradies
(Kat. 1894.24) als erstes seiner schliesslich auf etwa 300 Werke anwachsenden Amietsammlung. In der Folge entsteht ein intensiver und anhaltender freundschaftlicher Kontakt
zwischen Künstler und Sammler. Miller identifiziert sich leidenschaftlich mit den künstlerischen Zielen seines Malerfreundes und wird zu einem glühenden Interpreten und Verteidiger seiner Arbeit. Er legt seine Gedanken in einer Reihe kunsttheoretischer Schriften nieder. Amiet erhält die Einladung Segantinis, neben Giacometti am Engadiner
Panorama für die Pariser Weltausstellung 1900 mitzuarbeiten, doch die Finanzierung des
gewaltigen Projekts kommt nicht zustande. Beginn der Studien für die «Berner Meitschi»
(Kat. 1899.12). Amiet beteiligt sich mit drei Werken an der Internationalen Kunstausstellung in München. Im November verlobt er sich mit Anna Luder aus Hellsau.
1898 Am 16. Juni heiratet er Anna Luder (1874–1953), Trauzeugen sind Amiets Schwester
Rosa und Giovanni Giacometti. Die Suche nach einem geeigneten Wohnort führt ihn
zunächst nach Lauenen bei Gstaad im Berner Oberland, doch entdeckt er wenig später in
Begleitung seines Schwagers, des Tierarztes Friedrich Morgenthaler, den zur Gemeinde
Seeberg gehörenden Weiler Oschwand bei Herzogenbuchsee und ist sogleich begeistert.
Er bezieht mit Anna die Wohnung auf der 2. Etage der Wirtschaft Oschwand. In einem
Teil eines benachbarten Geräteschuppens richtet er sich sein Atelier ein. Amiet nimmt an
Abb. 10 | Arnold Wicky, Anna Luder, die spätere
Gemahlin des Künstlers, um 1895, Nachlass C. A.
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der 5. Nationalen Kunstausstellung in Basel teil. Im April erhält er die Möglichkeit, seine
Werke im Künstlerhaus Zürich zu zeigen; er lädt Hodler und Giacometti ein, mit ihm aus-
zustellen; die Schau wird beachtet, erregt aber auch viel Unverständnis und heftige Kritik. 8 Miller erteilt Amiet den Auftrag, ein Porträt von Hodler zu malen; das Bildnis entsteht, während dieser im Berner Zeughaus am Marignano-Gemälde arbeitet (Kat. 1898.04).
1899 Oscar Miller und die Basler Freunde bleiben vorerst die einzigen Käufer. Amiet
beendet im Dezember die «Berner Meitschi». Eine im Gespräch von Amiet geäusserte
Bildidee aufgreifend, regt Hodler an, das Gemälde «Richesse du soir» (Kat. 1899.12) zu
nennen.
1900 Als erster öffentlicher Ankauf geht das Selbstbildnis mit Gattin (1899.01) an den
Kunstverein in Lugano. Amiet ist an der Weltausstellung in Paris vertreten und erhält
Abb. 11 | Fotograf unbekannt, Wirtshaus Freienhof
in Hellsau, um 1912 , Nachlass C. A.
für Richesse du soir (Kat. 1899.12) eine Medaille; der Bund erwirbt das Gemälde und deponiert es im Museum Solothurn. Amiet sieht sich seiner drängendsten finanziellen Sorgen
enthoben.
1901 Anna Amiet erleidet die Totgeburt eines Knaben am 30. September. Als symbolis-
tisches Mementi Mori entsteht das Triptychon Die Hoffnung (Kat. 1902.10). Am 10. Oktober
wird Alberto als erstes Kind von Giovanni und Annetta Giacometti in Stampa geboren, Cuno
Amiet wird Pate. Amiet schickt drei Bilder an die Wiener Secession und fünf Werke an die
7. Nationale Kunstausstellung in Vevey. In der zweiten Hälfte Juni wird Amiet von
Wilhelm Balmer angefragt, ob er ihm bei der Ausführung von zwei grossformatigen Wandbildern zur 400-Jahr-Feier des Eintritts von Basel in die Eidgenossenschaft helfen könne.
Abb. 12 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiets Basler
Künstlerfreunde, Wilhelm Balmer, Emil Schill, Fritz Mock
und Franz Baur, v.l.n.r., 1898, Archiv der Basler
Künstlergesellschaft
Amiet übernimmt die Dastellung des Schwurs (Kat. 1901.16). Wandbilder für das Solothurner
Café Bavaria (Kat. 1899.13, von den fünf ausgemalten Bogenfeldern sind nur die Entwürfe erhalten) und Illustrationen zum Zürcher Festspiel von Adolf Frey. Beginn der Arbeit am
Auszug der Solothurner zur Schlacht bei Dornach (Kat. 1902.20) als Wandgemälde für das neuerbaute Museum der Stadt Solothurn, Hodler soll die Szene der Schlacht malen, doch das
Projekt scheitert im Jahr 1902.
1902 Reise nach Karlsruhe, Frankfurt, Kassel, Leipzig, Dresden, Berlin und München.
Beginn der kunstpädagogischen Tätigkeit; Amiet erteilt Malunterricht zunächst vorwiegend in Solothurn im Atelier des väterlichen Hauses oder auf der Oschwand, ab 1913 im
eigens dazu ausgebauten 1. Stockwerk, dem Schüleratelier im 1912 erworbenen Nachbar ­
haus. Die auswärtigen Schülerinnen und Schüler mieten sich, sofern sie nicht bei Amiets
zu Gast sind, in einem der umliegenden Bauernhäuser oder in der Wirtschaft Oschwand
ein. Frieda Liermann aus Basel und Trissy Batsch aus Dresden kommen auf die Oschwand
zum Malunterricht; Frieda Liermann bleibt bis 1903, Trissy Batsch mit Unterbrechungen
bis 1904. Zum Jahreswechsel 1902/1903 zeigt Amiet gemeinsam mit Frieda Liermann Bilder
und kunstgewerbliche Arbeiten im Bâtiment électoral in Genf. Für das Ausstellungsplakat
wählt er die Darstellung eines reich tragenden Apfelbaums. Das Publikumsinteresse ist
gering.
1903 Im März/April Ausstellung im Museum Solothurn, im Mai/Juni Teilnahme an der
Abb. 13 | Fotograf unbekannt, Giovanni Giacometti,
Emil Beurmann und Cuno Amiet am Tag der Vermählung
von Cuno Amiet und Anna Luder in Hellsau, 1898,
Nachlass C. A.
Exposition municipale des Beaux-Arts in Genf. Amiet erhält eine Einladung, 1904 zusammen mit Hodler in der Wiener Secession auszustellen. Die Organisatoren der Ausstellung, Koloman Moser und Carl Moll, besuchen Amiet auf der Oschwand, um die Exponate auszuwählen.
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1904 Anlässlich der Ausstellung in Wien im Februar lernt Amiet neben Carl Moll und
Koloman Moser auch Gustav Klimt und Gustav Mahler kennen und befreundet sich mit
Moll. Die österreichische Presse sieht Amiet in der Rolle des harmlosen Hodler-Epigonen,
ein Urteil, dem sich Hodler nicht widersetzt; es kommt zur Abkühlung ihrer freundschaftlichen Beziehung. Das Ehepaar Amiet adoptiert Greti Adam (1900–1979), eine Nichte von Anna. Amiet zeigt Werke an der Berliner Secession, an der Grossen Kunstausstellung in Düsseldorf, beim Badischen Kunstverein in Karlsruhe, an der Internationalen
Kunstausstellung in Prag und der 8. Nationalen Kunstausstellung in Lausanne.
1905 Eine grosse Ausstellung Amiets im Künstlerhaus in Zürich erregt Aufsehen und
zieht positive wie negative Urteile nach sich. Der Zürcher Eisenwarenhändler Richard
Kisling erwirbt erste Werke des Künstlers; es entwickelt sich ein reger freundschaftlicher Verkehr, der in einer reichen Korrespondenz und in einer über hundert Arbeiten
Abb. 16 | Fotograf unbekannt, Das erste Atelier von
Cuno Amiet auf der Oschwand, um 1907, Nachlass C. A.
Amiets umfassenden Sammlung seinen Niederschlag findet. Die Ausstellung wird vom
Kunstsalon Richter in Dresden übernommen und infolge geringen Interesses vorzeitig
geschlossen, zieht jedoch die Aufmerksamkeit der sich wenige Wochen später formierenden Künstlergruppe «Brücke» auf sich. Auf der 9. Internationalen Kunstausstellung
in München wird Richesse du soir (Kat. 1899.12) mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.
Das Ehepaar Amiet nimmt die Nachbarstochter Lydia Friedli (1896–1976) als weitere
Adoptivtochter auf. Helene Roth aus Wangen a. d. Aare kommt zum Malunterricht auf
die Oschwand (bis 1907, 1912 bis 1914).
1906 Beteiligung an der Ausstellung der Berliner Secession. Im September erhält Amiet
die Einladung, der Künstlergemeinschaft «Brücke» beizutreten, und nimmt an ihrer ersten Ausstellung in der Lampenfabrik Seifert in Dresden teil. Bis 1912 wird er regelmässig
an ihren Wanderausstellungen, die jeweils durch verschiedene deutsche und auch durch
Abb. 17 | Hans Emmenegger (?), Ansicht des ersten
Ateliers von Cuno Amiet auf der Oschwand, 1903,
Nachlass C. A.
einige skandinavische Städte führen, mit Gemälde- wie auch mit Grafik-Kollektionen vertreten sein. Er engagiert sich erfolgreich für die Gruppe, indem er Passivmitglieder unter
seinen Freunden und Bekannten anwirbt und 1906 das Künstlerhaus Zürich – dies allerdings vergeblich – für eine Ausstellung zu gewinnen sucht. Hanni Bay kommt im Herbst
als Malschülerin auf die Oschwand (bis 1908).
1907 Im Frühjahr sendet Giacometti Amiet ein Buch mit Briefen von van Gogh an Emile
Bernard, das beide Freunde tief beeindruckt. Auf Empfehlung Amiets erwirbt Richard
Kisling im April van Goghs Spätwerk Les deux enfants und überlässt es dem Künstler während eines Jahres zum Studium und zum Kopieren. Amiet reist Ende April nach Paris
an die Ausstellung im Salon des Indépendants, wo er sechs neue Werke zeigt. Im September/Oktober stellt er an der Exposition municipale in Genf aus. Im Herbst zweite
Abb. 18 | Cuno Amiet, Federskizze seines ersten Ateliers
auf der Oschwand, in einem Brief an Giovanni Giacometti
in Stampa, 31.12.1905, Kunsthaus Zürich, Alberto
Giacometti-Stiftung
Reise nach Paris, mit Giacometti und Franz Baur an die Retrospektive des 1906 verstor-
Abb. 14 | Louis Bechstein, Wirtshaus Oschwand.
Auf der Terrasse Anna und Cuno Amiet, um 1904,
Nachlass C. A.
Abb. 15 | Fotograf unbekannt, Anna und Cuno Amiet
in ihrer Wohnung im Wirtshaus Oschwand, 1904,
Nachlass C. A.
Miller, der ältesten Tochter von Oscar Miller, sowie den Geschwistern Gertrud und Josef
benen Cézanne. Im Oktober organisiert Amiet eine «Brücke»-Ausstellung im Museum Solothurn, die mit Empörung aufgenommen wird. Er beteiligt sich an der 2. «Brü­
cke»-Mappe mit dem Holzschnitt Giovanni Giacometti beim Lesen. Amiet erteilt Hanni
Müller, Solothurn, Malunterricht (Josef Müller nochmals durchgehend von 1916 bis 1917).
Gertrud und Josef Müller beginnen den Aufbau ihrer bedeutenden Kunstsammlungen
mit dem Erwerb von Bildern Amiets. Er wird zum ausserordentlichen Mitglied der Berliner Secession gewählt.
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1908 Cuno Amiet lässt sich auf der Oschwand durch den Architekten Otto Ingold,
Bern, ein Wohnhaus im Jugendstil bauen (der erste grössere Auftrag für den jungen
Architekten). Amiet bestimmt die Gestaltung mit; formale Elemente der Wiener Secession fliessen besonders in die Innenausstattung mit ein. Eine Struktur rechteckiger, jeweils einfarbiger Blumenrabatten an der Nord- und der Südseite des Hauses führt das
gestalterische Konzept in der Gartenanlage weiter. Amiet verfügt über einen eigenen
Telefonanschluss (Nr. 16). Ein zinsloses Darlehen von Gertrud Müller und ein Kredit
Richard Kislings ermöglichen die Finanzierung. Das Haus wird in der Schweizerischen
Bauzeitung ausführlich beschrieben. Im Juli erste Ausstellung einer Werkgruppe von van
Gogh im Künstlerhaus Zürich, zusammen mit Arbeiten von Amiet, Giovanni
Giacometti und Hans Emmenegger. Besuch Giacomettis auf der Oschwand; sie studieren das Bild Der Irrenwärter von Saint Rémy von van Gogh, das ihnen Gertrud Müller für
einige Wochen ausgeliehen hat. Amiet stellt wiederum im Salon des Indépendants in
Paris aus.
1909 Teilnahme an der Internationalen Kunstausstellung in Wien und in München. Die
Künstlerin Marta Worringer, Ehefrau des Kunsthistorikers Wilhelm Worringer, mit dem
Amiet freundschaftlich verkehrt, nimmt Malunterricht bei Amiet (bis 1914). Reise nach
Florenz gemeinsam mit Oscar und Else Miller; tief beeindruckt vom Baptisterium sowie
von Cimabue, Giotto, Fra Angelico, Masaccio und Ghirlandaio. Bekanntschaft mit dem
angehenden Philosophen Eberhard Grisebach. Alice Bailly aus Genf kommt zum Malunterricht auf die Oschwand. Zum Jahreswechsel 1909/1910 Ausstellung bei Thannhauser,
München, zusammen mit Giovanni Giacometti. Anlässlich der Hängung der Bilder lernt
er Alexej Jawlensky kennen.
1910 Teilnahme an der Ausstellung der Berliner Secession, der Leipziger Sezession (als
«Brücke»-Mitglied), dem Nemzeti Szalon in Budapest, an der Eröffnungsausstellung des
Kunsthauses in Zürich und an der 10. Nationalen Kunstausstellung in Zürich. Auftrag
zur Ausschmückung der Loggia des neuen Kunsthauses in Zürich, nach mehreren abgelehnten Entwürfen verschiedener Thematik stellt er den Jungbrunnen im Jahr 1918 fertig
(September 1910 bis März 1918). Amiet erteilt den angehenden Malerinnen Maria Cyrenius
aus Salzburg, Helene von Taussig aus Wien und Emma Schlangenhausen aus Hall (Tirol)
Malunterricht (den beiden letzteren bis 1911/1912).
1911 Im Frühjahr Reise nach Rom, wo er an der Internationalen Ausstellung teilnimmt,
begleitet von Giovanni Giacometti und Gertrud Müller. In München Begegnung mit
Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Paul Klee, Louis Moilliet, August und Helmuth
Macke sowie Heinrich Campendonk. Teilnahme an der 1. Ausstellung der Schweizer
Künstlergruppe «Der Moderne Bund» in Luzern, der 1. Ausstellung des Gereonsklubs,
Abb. 19 | Jean Lacroix, Die Familie Miller mit Freunden,
auf der Treppe von links: Oscar und Else Miller-Sieber,
Werner Miller, Nina von Albertini, darunter: Albert
Trachsel, Ferdinand Hodler, Milly Miller, Cuno Amiet,
Ossi Miller, Josef Victor Widmann, Hanni Miller, Biberist,
um 1898, SIK-ISEA, Zürich
Abb. 20 | Ernst Glutz, Anna und Cuno Amiet vor dem
ersten Atelier auf der Oschwand mit Greti und Lydia, um
1906, Nachlass C. A.
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Köln, sowie Kunst unserer Zeit in Köln. Amiet verkauft an der Eröffnungsausstellung im
Gereonsklub einige Werke an Kölner Sammler; auch Alfred Hagelstange, Direktor des
Wallraf-Richartz-Museums, zeigt Interesse. Wilhelm Worringer, der den Kontakt vermittelt hat, schreibt am 9.12.1911 an Amiet: «In Cöln grassirt immer noch die Amietitis und
ich habe von mehreren Seiten Auftrag, mir Ihren Ateliervorrat anzusehen.» 9 Freundschaft
mit Professor Samuel Singer, Germanist. Eberhard Grisebach, Jena, besucht Amiet. Dessen Cousine Eveline Grisebach aus Berlin kommt zum Malunterricht auf die Oschwand
(bis 1913), ebenso Emmy Worringer aus München, die Schwester des Kunsthistorikers
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Wilhelm Worringer. Amiet wird in die Eidgenössische Kunstkommission gewählt, der
er zuächst bis 1915 und dann noch einmal von 1931 bis 1933 angehört.
1912 Erwerb des angrenzenden Bauernhauses auf der Oschwand und Umbau zum Atelier-
haus. Die Oschwand wird zunehmend zu einem Anziehungspunkt künstlerisch Interessierter; die dynamische Malerpersönlichkeit Amiets, das offene, fröhliche Wesen Annas
und ihre grosse Gastfreundschaft geniessen hohes Ansehen bei auswärtigen Gästen wie
auch bei der Dorfbevölkerung. Als Schweizer Delegierter für die Sonderbundausstellung
in Köln; erste persönliche Begegnung mit den «Brücke»-Mitgliedern Erich Heckel und
Ernst Ludwig Kirchner sowie Edvard Munch. Ausstellung in der Galerie Arnold, Dresden,
und in der Modernen Galerie Heinrich Thannhauser in München. Teilnahme an der
Internationalen Ausstellung, Amsterdam, der Grossen Kunstausstellung, Dresden, und
der Nationalen Kunstausstellung in Neuenburg. Ausstellung mit August Macke im Kunstverein Jena, Eberhard Grisebach, der Leiter des Kunstvereins, begründet die Sammlung
mit dem Erwerb des Mädchenakts mit Blume (Kat. 1911.14).
1913 Ausstellung mit Giovanni Giacometti in der Galerie Hans Goltz in München und
Teilnahme an der dortigen Internationalen Kunstausstellung, wo ihm für die Obsternte
(Kat. 1912.24) die Goldene Medaille verliehen wird. Teilnahme an der Ausstellung der
Sammlung von Richard Kisling im Kunsthaus Zürich mit 33 Werken. Vertreten an der AusAbb. 21 | Camille Ruf (?), Vor dem neuerbauten
Wohnhaus, mit Curt Blass, Cuno und Anna Amiet, Greti
und Lydia, um 1910, Nachlass C. A.
stellung von Werken aus Frankfurter Privatbesitz im Frankfurter Kunstverein. Amiet
wird von Karl Moser eingeladen, in der Jury des Wettbewerbs für Wandbilder im neuen
Kollegiengebäude der Universität Zürich Einsitz zu nehmen. Weiteres Jury-Mitglied ist
Ferdinand Hodler. Auflösung der «Brücke». Das Ehepaar Amiet nimmt das Nachbarskind
Mineli (Hermine) von Ballmoos (1905–1990) als Pflegetochter auf.
1914 Amiet unterstützt Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin, die nach dem
Ausbruch des Ersten Weltkriegs in die Schweiz geflohen sind, in praktischen und finanziellen Belangen, bei der Wohnungssuche, der Beschaffung von Malmaterial und anderem. Sie besuchen die Oschwand, auch Paul Klee ist erstmals zu Gast. Einzelausstellung
im Kunsthaus Zürich mit 201 Exponaten, Ausstellung in Lausanne, Salon Biedermann,
und in Genf, Galerie Moos, zusammen mit James Vibert. An Himmelfahrt, 21.5., Autofahrt mit Gertrud Müller nach Colmar zum Isenheimer Altar: «Klarer Realismus mit
tiefer Mystik. Reine Farbe. Modellierung meist durch Complementärfarben» (Agenda
1914). Ernst Morgenthaler kommt als Malschüler zu Amiet (August bis Ende 1915) sowie
Sasha von Sinner aus Bern, seine spätere Ehefrau (bis Ende 1915), und Karl Ballmer. Aus
Jena trifft Hans Storch ein; er wird im September eingezogen und fällt im Krieg nach wenigen Wochen.
1915 Weitere Besuche von Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin. Carl Spitteler
besucht Amiet auf der Oschwand. «30.9.1915: bei Dr. Morgenthaler in der Waldau. Adolf
Wölfli in der Irrenanstalt besucht. Er macht höchst interessante, teils farbige Zeichnungen, die mich an Mosaiken erinnern. Er unterzeichnet Sankt Adolf.» (Agenda 1915).
Abb. 22 | Anton Krenn, Gruppenbild anlässlich der
Ersten Internationalen Kunstausstellung der Schweiz in
Interlaken: Max Buri, Auguste de Niederhäusern,
Cuno Amiet, Albert Trachsel, Ferdinand Hodler, James
Vibert, 1909, Fotostiftung Schweiz, Winterthur
54
Max Wassmer erwirbt die letzte grosse Fassung der Obsternte von 1912 (Kat. 1912.24)
für 9000 Franken, sie verbrennt im Glaspalast in München 1931. Im Oktober kommt
Kingsley Doubleday aus Melbourne zum Malunterricht zu Amiet (mit Unterbrechungen bis 1917).
1916 Bekanntschaft und Beginn der Freundschaft mit dem Basler Transportunterneh-
mer und Kunstsammler Karl Im Obersteg (1883–1969), der als erstes Werk seiner Sammlung ein Stillleben von Amiet erwirbt. Eine besondere Bedeutung sollte diese Beziehung
im Sommer 1931 erlangen, als Amiet 51 Gemälde im Brand des Münchner Glaspalasts verlor; Amiet hatte Im Obersteg damit betraut, den Transport zu organisieren und eine Versicherung abzuschliessen. Im Juli/August Ausstellung im Kunstsalon Wolfsberg, Zürich,
zusammen mit Alexej Jawlensky, im September im Salon Biedermann in Lausanne. Alexej
Jawlensky und Marianne von Werefkin sind vom 3. bis 7. Oktober zu Gast auf der Oschwand.
Theodor Bally nimmt Malstunden bei Amiet (bis 1917).
1917 Stellt im Mai im Kunsthaus Zürich aus (135 Exponate) und gleichzeitig, zusammen
mit Giovanni Giacometti, im Kunstmuseum Winterthur (42 Nrn.). Beendet im Mai im
Atelier die Dekorationen zum Jungbrunnen für die Loggia im Kunsthaus Zürich; von Ende
November 1917 bis Mitte März 1918 reist er wiederholt nach Zürich, um an Ort und Stelle
Farbanpassungen und letzte Arbeiten auszuführen. Im Frühjahr stirbt der Sammlerfreund
Abb. 23 | Gabriele Münter, Gruppenbild auf dem Balkon
von Kandinskys Wohnung in der Ainmiller­strasse 36
in München, hinten: Cuno Amiet, Wassily Kandinsky,
Helmuth Macke, Heinrich Campendonk, Louis Moilliet,
vorne: Anna Amiet und August Macke, 8.10.1911,
Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung
Richard Kisling (geb. 1862) überraschend. Amiet holt im Auftrag von Alexej Jawlensky
ein van Gogh-Bild aus dem Besitz Jawlenskys in die Schweiz. Am 13./14. September ist
Carl Moll aus Wien zu Gast auf der Oschwand. Am 19. September platziert Amiet zusammen mit Josef Müller das Triptychon Die Wahrheit von 1913 (Kat. 1913.41), das dieser vom
Künstler erworben hat, im Museum Solothurn. Werner Miller, der Sohn Oscar Millers,
kommt als Malschüler auf die Oschwand, ebenso Marc Gonthier (1895–1954) aus L
­ ausanne,
sie bleiben bis 1918.
1918 Amiet erhält von seiner Gattin zum 50. Geburtstag einen Solothurner Sandstein-
block geschenkt als Ermunterung zu plastischem Schaffen; daraus entsteht eine Büste
von Anna Amiet. Er modelliert weitere Büsten in Ton von der Nachbarstochter Frieda (Dali)
Schöni und seiner Pflegetochter Mineli; am 27.4. beginnt er eine Büste von Oscar Miller und
stellt sie am 17.5. fertig. Im Juni übergibt er die Plastiken dem Gipsgiesser Ch. Giovannoni
in Bern zum Giessen. Von Mitte Februar bis Mitte März modelliert Ernst Heller die Büste
Cuno Amiets, gleichzeitig porträtiert Amiet Heller. Ernst Ludwig Kirchner und Henry
van de Velde besuchen Amiet am 8. März in der Loggia im Kunsthaus Zürich, wo dieser
am Jungbrunnen arbeitet; am 15. März schliesst er die Arbeit ab. Am 19./20. April besucht
Amiet Ferdinand Hodler in Genf zum letzten Mal bei schwacher Gesundheit; Hodler
stirbt am 19. Mai. Tags darauf zeichnet und malt Amiet den toten Freund. Vom 25. Mai
bis 4. Juni sind Carl Moll, seine Gattin und ihre Tochter Maria zu Gast auf der Oschwand.
Abb. 24 | Cuno Amiet, Josef Müller, Feeser,
Anna Amiet und Giovanni Giacometti im Atelier auf
der Oschwand, 1913, Nachlass C. A.
Besuch des Theologen Karl Barth und seiner Ehefrau am 10. Oktober. Der Basler Künstler
Albert Müller (1897–1926) kommt zum Malunterricht auf die Oschwand.
1919 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Bern durch den bernischen
Regierungsrat am 19. Juli, dem Geburtstag Gottfried Kellers; als Dank schenkt Amiet der
Universität sein Gemälde Die Freude (Kat. 1918.10). Umfassende Einzelausstellung in der
Berner Kunsthalle (199 Exponate). Einzelausstellung in Neuenburg, Galerie d’art «A la
rose d’or» (90 Gemälde sowie ein Konvolut Skizzen zum Jungbrunnen und drei Büsten). Vom
1. bis 3. Februar ist Hermann Hesse zu Gast, «es waren schöne Tage» (Agenda 1919). Am
5./6. März kommt Giovanni mit Gattin Annetta Giacometti zu Besuch. Amiet lässt die
Büsten von Miller, Mineli und Dali bei E. Chapeau in Genf in Bronze giessen; arbeitet
an einer Büste von Tilli Wassmer, der Gattin seines Sammlerfreundes Max Wassmer.
55
56
Fritz Zbinden aus Basel (1896–1968) kommt im November zum Malunterricht auf die
Oschwand (bis 1920).
1920 Beginn der Freundschaft mit dem Berner Juristen und Kunstsammler Dr. Fritz
Trüssel (1873–1965). Im März Besuch des Patenkindes Alberto Giacometti (1901–1966);
Amiet modelliert dessen Büste. Anna und Cuno Amiet nehmen Hermann Hesses Sohn
Bruno (1905–1999) als Schüler und Pflegesohn auf. Im April/Mai Einzelausstellung im
Kunstsalon Wolfsberg, Zürich, mit Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Druckgrafik
und plastischen Werken (157 Exponate).
1921 Im April Ausstellung der Sammlung Oscar Miller Biberist in der Kunsthalle Bern
mit 112 Werken von Amiet. Ebenfalls im April umfassende Ausstellung in der Kunsthalle
Basel mit Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Druckgrafik und plastischen Arbeiten
(213 Exponate). Als teuerstes Werk zeigt Amiet eine grossformatige Kreuzigung (9000 FranAbb. 26 | Gertrud Müller, In der Loggia des Wohnhauses auf der Oschwand, v.l.n.r.: Theodor Bally,
Knabe unbekannt, Greti, Anna Amiet, Werner Miller,
Cuno Amiet, Hanni Morgenthaler, Josef Müller,
Kingsley Doubleday, Marc Gonthier, Mineli, Lydia, 1917,
Nachlass C. A.
ken) neben 15 Skizzen zu demselben Thema; das Sujet beschäftigt ihn in den 1920er und
1930er Jahren vermehrt. Werner Neuhaus (1897–1934) kommt als Schüler auf die Oschwand
(bis 1922).
1922 Reise nach Leipzig und Beteiligung an der Ausstellung des Kunstvereins Moderne
Kunst aus Privatbesitz. Im März Einzelausstellung im Kunsthaus Zürich (203 Gemälde,
Aquarelle, Zeichnungen und Plastiken). Arbeitet an einer Büste des Professors für Jurisprudenz an der Universität Bern, Max Gmür (1871–1923). Im Mai gemäss Eintrag in
der Agenda 1922 Versuche in Freskotechnik mit Bildnissen von Marc Gonthier, Werner
Miller und Bruno Hesse sowie einer Kreuzigung. Hierbei handelt es sich vermutlich um
die Erprobung eines von Amiet entwickelten Verfahrens, einer «Freskomalerei ohne Fugen, die dadurch ermöglicht wird, dass auf eine sehr dicke und dadurch die Feuchtigkeit
einige Tage bewahrende Verputzunterlage gemalt wird.» 10 Eduard Plüss zufolge malt
Amiet die Fresken in der Aula des Städtischen Gymnasiums in Bern 1927 sowie die Wandbilder der Berner Villa R. Stämpfli 1929 in dieser Technik. Im Juli Besuch der Ausstellung
von Edvard Munch im Kunsthaus Zürich. Im August/September Reise nach Wies­baden,
Frankfurt, Karlsruhe, Strassburg und Colmar.
1923 Kauf eines Fiat (Amiet zählt zu den ersten Autobesitzern in der Region). Legt am
12. Januar in Langenthal die Fahrprüfung ab (Agenda 1923). Reise nach Rom; Teilnahme
an der Internationalen Kunstausstellung.
1924 Besuch von Lovis Corinth auf der Oschwand. Walter Sautter (1911–1991) kommt als
Schüler zu Amiet auf die Oschwand (bis 1930).
1925 Amiet beteiligt sich an der 29. Ausstellung der International Society of Sculptors,
Abb. 27 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet arbeitet
an einer Büste in Stein von seiner Gattin Anna, 1921,
Nachlass C. A.
Painters & Gravers der Royal Academy of Arts in London. Teilnahme an der Grossen
Schweizer Kunstausstellung in Karlsruhe; reist im Juli in Begleitung von Werner Miller
und Ernst Morgenthaler über Strassburg nach Karlsruhe. Für das Landgut des Berner
Zeitungsverlegers Fritz Pochon-Jent in Gunten am Thunersee malt Amiet ein Engels­
Abb. 25 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet mit
den Malschülerinnen Emma Schlangenhausen,
Gertrud Müller, Helene von Taussig und Hanni Miller
auf der Oschwand, um 1911, Nachlass C. A.
konzert in Freskotechnik an einer Gartenmauer. 1925–1927 Arbeit am Fresko Das Ent­
zücken mit Porträtfiguren im Gartenhaus von Fritz Trüssel, Bern. Im Herbst Reise nach
Lugano.
57
1926 Für das Krematorium Langenthal fertigt Amiet ein Wandgemälde an, Symbolische
Figur (Keimsche Mineralfarben). Nimmt im Sommer mit der letzten grossen Fassung der
Obsternte von 1912 (Kat. 1912.24) an der Internationalen Kunstausstellung in Dresden teil.
Im August/September Einzelausstellung im Musegg-Museum, Luzern (230 Exponate).
1927 Im April/Mai Beteiligung an der Esposizione internazionale dell’incisione mo-
derna in Florenz. Für die Aula des Städtischen Gymnasiums Bern entstehen fünf Wandgemälde (Ferdinand Hodler, Theodor Kocher, Jakob Stämpfli, Philipp Emanuel v.
Fellenberg, Jeremias Gotthelf) in selbst entwickelter Freskotechnik (siehe oben, Eintrag
für das Jahr 1922).
1928 Mai bis Juli umfangreiche Ausstellung zu Amiets 60. Geburtstag im Kunstmuse-
um Bern, darunter Arbeiten von 13 ehemaligen Schülern und Schülerinnen (462 Exponate). Grössere Werkschau mit 55 Gemälden und Aquarellen im Oktober/ November in
der Galerie Aktuaryus, Zürich. Teilnahme an der Ausstellung L’art suisse im Palais des
Beaux-Arts, Brüssel.
Abb. 28 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet auf der
Oschwand, 1922, Nachlass C. A.
1929 Fünf Wandbilder mit Familienszenen in der Villa R. Stämpfli, Bern (in selbst ent-
wickelter Freskotechnik, siehe oben, Eintrag für das Jahr 1922). Entwürfe zu einem dreiteiligen Engelskonzert für die Totenkammer des Asyls Gottesgnad in Bern; Ausführung
im Jahr 1950 in Ittigen bei Bern. Mit fünf Gemälden als einziger Schweizer neben Maurice
Barraud an der Twenty-Eighth International Exhibition in Pittsburgh vertreten. Die Ausstellungstournee führt 1930 nach Baltimore und St. Louis.
1930 Bekanntschaft mit Eugen Loeb, der in Bern das gleichnamige Warenhaus führt
und eine Amiet-Sammlung aufbaut. Im Januar einwöchige Reise nach München. Ende
Mai erneut für einige Tage in München und in Stuttgart, wo er an der Eröffnung der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes teilnimmt. Im Dezember Mitglied der Jury für
die Weihnachtsausstellung Bernischer Künstler der GSMBA-Sektion Bern.
1931 Nach einer ersten Amtszeit von 1911 bis 1915 erneut Ernennung zum Mitglied der
Abb. 29 | Anton Krenn, Cuno Amiet im Atelier,
28.3.1928, Nachlass C. A.
Eidgenössischen Kunstkommission; Austritt 1933. Im April eine 120 Exponate umfassende Retrospektive in der Kunsthalle Basel als Vorbereitung seiner von der Münchener Neuen Secession veranstalteten Ausstellung im Glaspalast, München: «Ich habe keine Mühe
gescheut, das zusammen zu bringen, was zu meinem Besten gehört. Es sind von meinen
ersten bis zu meinen letzten Bildern diejenigen ausgewählt, die zu den charakteristischsten zählen.» 11 Am 15. Mai Eröffnung der Ausstellung in München. In der Nacht auf
den 6. Juni wird der Glaspalast durch einen Brand vollständig zerstört. Unter den mehr
als 3000 vernichteten Kunstwerken, wozu eine grosse Anzahl bedeutender Gemälde der
deutschen Romantik gehört, befinden sich auch alle 51 Gemälde der Amiet-Retrospektive aus dem Zeitraum von 1891 bis 1931. Die Öffentlichkeit reagiert mit Bestürzung; zahlreiche Beileidsbekundungen, u. a. des Nationalrats und des Bundesrats. Vom 3. September bis 20. Oktober Aufenthalt im Landhaus «Monbijou» von Fritz Pochon-Jent in
Hilterfingen am Thunersee. Zahlreiche Landschaften mit dem Motiv des Thunersees.
Amiet ergänzt sein Monogramm mit einer stilisierten Flamme. Er kauft ein von ihm gemaltes Bildnis seiner Frau Anna aus dem Nachlass von Max Buri zurück. Wandbilder
Kreuzigung und Auferstehung in der reformierten Kirche von Seeberg.
58
1932 Beginn der bis 1939 jährlichen, mehrmonatigen Aufenthalte in Paris; eigenes Wohn-
atelier, 1 Place de la Porte de Châtillon, im 14. Arrondissement. Intensive Kontakte zu
Schweizer Künstlerkollegen in Paris. Neben Stillleben, Interieurs und Porträts entstehen bedeutende Stadtveduten. Im März grosse Einzelausstellung in der Galerie Georges
Petit, Paris, organisiert vom Kunsthändler Max Kaganovitch. Publikation der französischen Monografien von Georges Charensol und Waldemar George. Vom 1. September bis
2. November erneut im Landhaus Pochon-Jent in Hilterfingen am Thunersee. Vom 13. bis
19. November in München.
1933 Am 25. Juni Tod von Giovanni Giacometti. Im August Präsentation von Amiets
aktuellen Gemälden und retrospektiver Überblick über seine Zeichnungen und Aquarelle im Kunsthaus Zürich. Amiet erhält von der Eidgenössischen Kunstkommission den Vorschlag, die Schweiz an der Biennale von Venedig 1934 zu vertreten; zu diesem Zeitpunkt
ist er noch Mitglied der Kommission, tritt jedoch Ende des Jahres aus.
Abb. 30 | Greti Amiet, Cuno und Anna Amiet vor der
Abreise an die Biennale in Venedig, 1934, Nachlass C. A.
1934 Anfang Januar Mitglied der Wettbewerbsjury für ein Wandbild vor dem Audito-
rium maximum der ETH Zürich. Am 4. April Tod von Oscar Miller. Anfang Mai Reise
nach Venedig zur Eröffnung der Biennale, an der er und der Plastiker Hermann Haller
im Schweizer Pavillon ausstellen. Ernennung zum Mitglied der Eidgenössischen Kommission der Gottfried Keller-Stiftung; Austritt 1948.
1935 Am 17. Februar Tod von Amiets Bruder Caesar in Montreux. Im März Besuch von
Gerichtsverhandlungen im Pariser Palais de Justice; es entstehen Skizzen nach Anwälten
und Richtern. Im September Reise nach Holland; Besuche von Museen und Ausstellungen. Wird Mitglied der Direktionskommission des Kunstmuseums Bern (bis 1948).
1936 Am 8. Mai Beginn der Ausführung des Sgraffitos Apfelernte an der strassenseitigen
Fassade des Erweiterungsbaus des Kunstmuseums Bern (Architekten Indermühle und
Salvisberg). Es ist Amiets grösstes Werk.
1937 Im Juni Ausführung des Wandgemäldes eines Bannerträgers an der Fassade des
Gemeindehauses in Herzogenbuchsee. Modell für die Figur im Kostüm aus der Zeit der
Bauernkriege ist Bruno Hesse. In der Nacht vom 24. auf den 25. November wird während einer Verdunkelungsübung das Sgraffito an der Fassade des Kunstmuseums Bern
mit Teer verschmiert.
1938 Aus Anlass von Amiets 70. Geburtstag grosse Einzelausstellungen in Bern, Solothurn,
Basel und Zürich. Erhält das Ehrenbürgerrecht seiner Wohngemeinde Seeberg, zu der sein
Grundstück auf der Oschwand gehört.
1939 Im Februar Beginn des Umbaus seines Wohnhauses auf der Oschwand. Im März
Kauf zweier Werke von Camille Pissarro in Paris. In der 10th Biennial Watercolor Exhibition im Brooklyn Museum, New York, vertreten. Conrad von Mandach publiziert das
illustrierte Werkverzeichnis von Amiets Druckgrafik.
Abb. 31 | Lily Klee, Paul Klee und Cuno Amiet
auf der Oschwand, 1935, Archiv Bürgi im Zentrum
Paul Klee, Bern, Schenkung Familie Bürgi
1940 Im Herbst Einzelausstellung in der Galerie Aktuaryus, Zürich, und Doppelausstel-
lung mit Werken von Giovanni Giacometti in der Galerie Neupert, Zürich.
59
1941 Am 21. Januar Tod von Ossi Miller.
1942 Am 4. Januar Tod von Rudolf Grütter, Amiets Gärtner und Rahmenmacher.
1943 Aufenthalt in Zermatt. Im Frühling Ausstellung mit Gemälden Amiets und Zeich-
nungen von Henri Matisse in der Galerie Aktuaryus, Zürich; im Sommer Ausstellung von
Werken Amiets und seiner ehemaligen Schüler Marc Gonthier, Bruno Hesse und Werner
Miller in der Kunsthalle Bern. Zu Amiets 75. Geburtstag Publikation einer von Albert Baur
verfassten Monografie im Basler Holbein-Verlag. In der Zeitschrift Die Ernte erscheint
Amiets Aufsatz «Ferdinand Hodler, wie ich ihn erlebt habe».
Abb. 32 | Fotograf unbekannt, Wohn- und Atelierhaus
von Cuno Amiet auf der Oschwand, 1950, Nachlass C. A.
1944 Ernennung zum Ehrenmitglied des Kunstvereins Solothurn.
1946 Amiet nimmt Fahrstunden und legt am 20. Juni nochmals die Fahrprüfung ab.
1947 Peter Thalmann beginnt seine Lehrzeit bei seinem Grossvater Cuno Amiet auf der
Oschwand. Am 5. August Beginn der Arbeit am Wandbild Mobilmachung im Konferenzzimmer der Kantonalen Militärdirektion im Zeughaus Bern; Probleme mit dem Malgrund, der Verputz muss wieder entfernt werden. Die Arbeit unter der Mitwirkung
von Peter Thalmann zieht sich schliesslich bis Ende Jahr hin.
1948 Ernennung zum Ehrenbürger der Gemeinde Herzogenbuchsee. 21. Februar Er-
öffnung der grossen Retrospektive im Kunstmuseum Bern aus Anlass seines 80. Geburtstages. Im Herbst Retrospektive im Museum der Stadt Solothurn; Werner Miller schreibt
einen Text für den Katalog. Die Monografie von Gotthard Jedlicka erscheint. Die Bernische Kunstgesellschaft gibt unter dem Titel Über Kunst und Künstler eine Sammlung mit
Texten Amiets heraus.
1950 Im Juni Ernennung zum Ehrenmitglied der GSMBA, Sektion Bern (Mitglied
seit 1893). Am 10. Juli Beginn der Arbeit am Wandbild Engelskonzert im Asyl Gottesgnad,
Ittigen bei Bern; Mitarbeit von Peter Thalmann. Es handelt sich um eine überarbeitete
Fassung von Entwürfen, die Amiet schon 1929 für die Totenkammer des damals noch in
Bern domizilierten Asyls geliefert hatte. Am 11. August Abschluss der Arbeit. Einweihung
am 9. Oktober. Am 2. September Eröffnung der Ausstellung Cuno Amiet und Giovanni
Giacometti im Kunstmuseum St. Gallen.
1951 Ende April Reise nach England zu Winston Churchills Landhaus in Chartwell, Kent,
zusammen mit Willy Sax, dem Farbenfabrikanten aus Dietikon, dem Berner Maler Martin
Lauterburg und Peter Thalmann. Amiet soll den Hobbymaler Churchill im Gebrauch der
Sax-Temperafarben beraten.
1952 Mit Willy Sax Reise nach Nizza zu Winston Churchill. Ausführung eines Wandbil-
des mit dem Motiv einer Obsternte im Schulhaus Neuhaus, Ochlenberg.
1953 Am 28. Februar Tod von Anna Amiet. Lydia Thalmann, deren Mann Heinrich kurz
Abb. 33 | Fotograf unbekannt, Cuno Amiet im Atelier
auf der Oschwand, 1958, Kunstmuseum Bern
60
zuvor verstorben war, kehrt auf die Oschwand zurück und besorgt den Haushalt von Amiet.
Reise nach Südfrankreich und nach Florenz mit Peter Thalmann.
1954 Im Februar Eröffnung einer Einzelausstellung in der Galerie St. Etienne in New
York. Vertritt nach 1934 erneut die Schweiz an der Biennale von Venedig.
1957 Krankheit. Amiet ist in Ausstellungen in Schleswig und Wien verteten, die dem
deutschen Expressionismus gewidmet sind.
1958 Auszeichnung als erster Preisträger mit dem Kunstpreis des Kantons Solothurn.
Einzelausstellung im Kunstsalon Wolfsberg, Zürich, und Retrospektive in der Kunshalle
Bern. Erneut an Expressionismus-Ausstellungen in Essen, Bern und Zürich vertreten.
Aus Anlass seines 90. Geburtstages Publikation der Monografie von Adèle Tatarinoff.
Amiet malt die grosse Fassung des Paradieses.
1959 Einzelausstellung im Kunsthaus Glarus; vertreten an der Ausstellung zum europä-
ischen Fauvismus in Schaffhausen und Ostberlin.
1960 Ende des Jahres Erkrankung. Mitte Oktober Eröffnung der letzten grossen Retro-
spektive zu Amiets Lebzeiten in der Kunsthalle Basel.
1961 Am 6. Juli stirbt Cuno Amiet in seinem Haus auf der Oschwand. Beisetzung auf dem
nahen Friedhof. Das Grabmal gestaltet Otto Charles Bänninger.
Abb. 34 | Cuno Amiet, Selbstbildnis, 1959/1960, Kreide,
Aquarell und Gouache auf Papier, 23,5 × 19 cm,
Coninx-Stiftung, Zürich
Die Biografie basiert einerseits auf den Quellen – den
in Stampa, 14.11.1892, ebd., Nr. 54. | |4 Tonbandauf-
Agenden, der nachgelassenen Korrespondenz und
zeichnung Radio Beromünster der Ehrenbürgerfeier in
den publizierten Erinnerungen des Künstlers – anderer-
Herzogenbuchsee 1948, zit. nach Zaugg 1991, S. 26. | seits auf der Sekundärliteratur, insbesondere den
5 Amiet erhält für die Zeichnung (SIK 1406190024) eine
Publikationen von Adèle Tatarinoff und Urs Zaugg, wo-
«Ehrenmeldung» (siehe Basel 1894 [Kunsthalle], Nr. 143);
bei auf den Nachweis der einzelnen Angaben mit Aus-
der Schweizerische Kunstverein erwarb das Blatt für
nahme der Zitate verzichtet wurde.
150 Franken. | 6 Balmer 1924, S. 220. | 7 Amiet
1948 (Kunst und Künstler), S. 42–49. | 8 Siehe Fleiner
Seite 62
Abb. 35 | Paul Zaugg, Wohn- und Atelierhaus von Cuno
Amiet auf der Oschwand, um 1950
1 Amiet 1933, S. 147. | 2 C. A. aus Hellsau an Giovanni
1898. | 9 Wilhelm Worringer aus Bern an C. A.,
Giacometti in Stampa, 1.7.1891, in: Radlach 2000,
9.12.1911, Nachlass C. A. | 10 Plüss 1958/1961, S. 17. | Nr. 34. | 3 C. A. aus Pont-Aven an Giovanni Giacometti
11 C. A. im Vorwort des Katalogs Basel 1931, S. 1.
61
62
Fotonachweis
Basler Künstlergesellschaft, Archiv S. 49/Abb. 12
Fotostiftung Schweiz, Winterthur S. 54/Abb. 22
Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung S. 55/Abb. 23
Kantonale Denkmalpflege Solothurn S. 45/Abb. 2
Kunsthaus Zürich, Alberto Giacometti-Stiftung S. 51/Abb. 18
Kunsthaus Zürich S. 44/Abb. 1
Kunstmuseum Bern S. 60/Abb. 33
Nachlass C. A. S. 46/Abb. 5, 6, S. 48/Abb. 10, S. 49/Abb. 11, 13, S. 50/Abb. 14, 15, S. 51/Abb.
16, 17, S. 53/Abb. 20, S. 54/Abb. 21, S. 55/Abb. 24, S. 56/Abb. 25, S. 57/Abb. 26, 27, S. 58/Abb.
28, 29, S. 59/Abb. 30, S. 60/Abb. 32, S. 62/Abb. 35
Reproduktionen aus Publikationen S. 46/Abb. 4, S. 48/Abb. 9
Schweizerisches Nationalmuseum, DIG-2905 S.47/Abb. 8
SIK-ISEA, Zürich S. 53/Abb. 19, S. 61/Abb. 34
SIK-ISEA, Zürich (Jean-Pierre Kuhn) S. 47/Abb. 7
SIK-ISEA, Zürich, Amiet-Archiv Urs Zaugg S. 45/Abb. 3
Zentrum Paul Klee Bern, Bildarchiv S. 59/Abb. 31
Copyrights
© 2014 M.+D. Thalmann, Herzogenbuchsee, für die Werke von Cuno Amiet
© 2014 Fotostiftung Schweiz, Winterthur, für die Fotografien von Gertrud Dübi-Müller
© 2014 Klee-Nachlassverwaltung, Bern, für die Fotografien von Lily Klee
© 2014 Fotostiftung Schweiz, Winterthur, für die Fotografien von Anton Krenn
© 2014 VG Bild-Kunst, Bonn, für die Fotografien von Gabriele Münter