000000290872 - Bundesamt für Energie BFE

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000000290872 - Bundesamt für Energie BFE
Eidgenössisches Departement für
Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK
Bundesamt für Energie BFE
Jahresbericht 15.11.2012
Entwurf und Bemessung von Sedimentumleitstollen
H:\DATA\Documents\Programme\Wasserkraft\Projekte\aktiv\500643-01 Sedimentumleitstollen (alte Vertragsnummer)\Berichte\2012-JB-ETHZSedimentumleitstollen.docx
Auftraggeber:
Bundesamt für Energie BFE
Forschungsprogramm Wasserkraft
CH-3003 Bern
www.bfe.admin.ch
Kofinanzierung:
swisselectric research
Seilerstrasse 3
Postfach 7950
CH-3001 Bern
Auftragnehmer:
ETH Zürich
Versuchsanstalt für Wasserbau,
Hydrologie und Glaziologie (VAW)
Gloriastrasse 37/39
CH-8092 Zürich
www.vaw.ethz.ch
Autoren:
Prof. Dr. Robert Boes, VAW, [email protected]
Dr. Ismail Albayrak, VAW, [email protected]
Christian Auel, VAW, [email protected]
BFE-Bereichsleiter:
Dr. Michael Moser
BFE-Programmleiter: Dr. Klaus Jorde
BFE-Vertragsnummer: SI/500643-01
Für den Inhalt und die Schlussfolgerungen sind ausschliesslich die Autoren dieses Berichts
verantwortlich.
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Zusammenfassung
Viele Talsperren im alpinen Raum wie auch weltweit sind bereits seit Jahrzehnten in Betrieb. Bei typischen mittleren Verlandungsraten von 1 bis 2% des Stauraums pro Jahr sind dementsprechend viele
Speicher bereits zu einem grossen Teil mit Sedimenten gefüllt bzw. werden es in naher Zukunft sein.
Die Verlandung der Stauseen führt zu einer Vielzahl von Problemen, wie die Minderung des zur Energiegewinnung bzw. für die Wasserversorgung nutzbaren Volumens, die Minderung des Retentionsraums bei Hochwasserereignissen, die Gefährdung der Betriebssicherheit infolge Verlegens der Auslassorgane und die verstärkte Turbinenabrasion infolge erhöhter spezifischer Schwebstoffkonzentration.
Verschiedene Massnahmen gegen die Stauraumverlandung werden weltweit angewandt. Sie lassen
sich prinzipiell in die drei Kategorien Reduktion des Sediments im Einzugsgebiet, Sedimentumleitung
und Sedimententnahme einteilen. Dieses Forschungsprojekt befasst sich mit der Sedimentumleitung
mittels Sedimentumleitstollen. Der Umleitstollen ist eine sehr effektive Massnahme, um die Akkumulation von Sedimenten im Stausee signifikant zu minimieren. Bei Hochwasser wird der Umleitstollen
geöffnet und das sedimenthaltige Wasser um die Talsperre herum in das Unterwasser geleitet. Auch
aus ökologischer Sicht ist der Umleitstollen von grossem Vorteil, da er den natürlichen Geschiebetrieb
des Flusssystems im Hochwasserfall wieder herstellt. Dennoch ist die Anzahl von Sedimentumleitstollen weltweit bis heute aufgrund hoher Investitions- und vor allem Unterhaltskosten begrenzt. Das
grösste Problem aller existierenden Stollen ist die starke Abrasion der Sohle infolge der hohen Fliessgeschwindigkeiten von bis zu 15 m/s in Kombination mit einer grossen Sedimentfracht. In Abb. 1 sind
die Abrasionsschäden zweier Schweizer Sedimentumleitstollen dargestellt. In Abb. 1a ist eine 1 bis
2 m tiefe Abrasionsrinne im Stollen Palagnedra (Tessin) zu erkennen. In Abb. 1b sind flächige Abrasionsschäden im Umleitstollen Pfaffensprung (Uri) sichtbar.
Die Forschungsarbeit soll den Talsperrenbetreibern dank Entwurfskriterien zu optimierten Sedimentumleitstollen eine nachhaltige Massnahme zur Aufrechterhaltung des Nutzvolumens von Stauseen an
die Hand geben.
Abb. 1: a) Abrasionsrinne im Sedimentumleitstollen Palagnedra (Tessin). b) flächige Abrasionsschäden im Sedimentumleitstollen Pfaffensprung (Uri).
Projektziele
Dieses Forschungsprojekt dient der Entwicklung neuer Konzepte für ein zukünftig nachhaltiges Sedimentmanagement von Stauseen mittels Sedimentumleitstollen. Gestützt auf einer Analyse bisher
ausgeführter Beispiele werden die für die hydraulisch-konstruktive Bemessung von Sedimentumleitstollen massgebenden Parameter und deren Grenzen ermittelt. Im Fokus der Untersuchung steht
dabei die Minimierung des abrasiven Verschleisses im Stollen durch eine systematische Untersuchung und Optimierung der Parameter Durchfluss, Sedimentfracht, Längsgefälle, Fortbewegungsart
des Sediments und Abrasionstiefe der Stollensohle.
Mit Hilfe hydraulischer Modellversuche an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glazio3/6
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logie (VAW) der ETH Zürich soll dies detailliert untersucht, analysiert und Empfehlungen für den Entwurf und die Bemessung von Sedimentumleitstollen unter Berücksichtigung eines wirtschaftlichen
Betriebs erarbeitet werden.
Die im Zuge der Forschungsarbeit erzielten Ergebnisse erlauben, die hohen Unterhaltskosten infolge
des abrasiven Verschleisses an der Sohle des Sedimentumleitstollens zukünftig massgeblich zu reduzieren.
Durchgeführte Arbeiten und erreichte Ergebnisse
Die gesamte Forschungsarbeit gliedert sich in drei einzelne Versuchsreihen. In einer ersten Versuchsreihe wurde die mittlere und turbulente Fliesscharakteristik des schiessenden Abflusses bei drei verschiedenen Froude Zahlen und drei verschiedenen Abflusstiefen mittels eines 2D LDA Systems in
einem Querprofil der Versuchsrinne analysiert (Abb. 1). In Abb. 2 ist beispielhaft das longitudinale
Geschwindigkeitsprofil bei einer Abflusstiefe h = 100 mm und einer Froudezahl F = 2 dargestellt. Diese Versuchsreihe ist abgeschossen, die Daten wurden ausgewertet, ein peer-reviewed Journal Paper
befindet sich kurz vor der Abgabe.
Abb. 2: Abfluss in der Versuchsrinne bei einer Abflusstiefe h = 100 mm und einer Froudezahl von a)
F = 2, b) F =4 und c) F = 8. In a) ist das vermessene Querprofil skizziert.
Abb. 3: Geschwindigkeitsprofil über die Breite der Versuchsrinne z. Abflusstiefe h = 100 mm.
Froudezahl F = 2.
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In der zweiten Versuchsreihe wurde mittels einer High Speed Kamera bei einer Framerate von 240 Hz
insgesamt etwa 5'400 Einzeltests durchgeführt. Bei dieser Versuchsreihe mit Einzelsedimentkörnern
und Glaskugeln identischen Durchmessers lag der Fokus auf dem Transportmodus des Einzelkorns
(Abb. 4). Mit Hilfe eines Particle-Tracking Verfahrens wird analysiert, ob der Stein bzw. die Kugel sich
rollend, springend oder in Schwebe fortbewegt. Die Versuche sind abgeschlossen. Zurzeit erfolgt die
Analyse der Daten.
Abb. 4: High Speed Kamera Aufnahme und resultierende Trajektorien eines 18 mm Sedimentkorns
bei einer Abflusstiefe von 100 mm und einer Froudezahl F = 2.
In einer dritten Versuchsreihe wird die Abrasion der Stollensohle untersucht. Als leicht abradierbares
Ersatzmaterial wurden zwei Mörtelmischungen verwendet, die im Verlauf des Versuchs Verschleisserscheinungen aufweisen. Bei diesen Versuchen werden nicht Einzelkörner, sondern die Sedimentfracht
betrachtet. Durch eine automatisierte Zugabe des Geschiebes wird der Einfluss der Sedimentfracht
auf den Abrasionsprozess detailliert analysiert. Diese Versuchsreihe wird zurzeit durchgeführt.
Nationale Zusammenarbeit
Das Forschungsprojekt wird finanziell im Wesentlichen von swisselectric research unterstützt. Des
Weiteren besteht enger Kontakt zu allen Sedimentumleitstollenbetreibern in der Schweiz. Im Einzelnen sind dies die Stollen Palagnedra (Tessin) der OFIMA, Pfaffensprung (Uri) der SBB, Egschi (Graubünden) der Kraftwerke Zervreila, Runcahez (Graubünden) der Axpo - Hydro Surselva, Rempen
(Schwyz) des Kraftwerks Wägital, Ual da Mulin (Graubünden) der Flims electric und der Sedimentumleitstollen Solis (Graubünden) des ewz.
Internationale Zusammenarbeit
Enge internationale Zusammenarbeit besteht mit dem Kyoto Disaster Prevention Research Institute
(DPRI) in Japan unter Leitung von Herrn Prof. Sumi. Neben der Schweiz ist Japan eines der wenigen
Länder, wo bereits Erfahrungen mit dem Bau und dem Betrieb von Sedimentumleitstollen bestehen.
Im Juni 2012 wurde im Rahmen eines Workshops an der Kyoto University das Forschungsprojekt
detailliert präsentiert und diskutiert.
Bewertung 2012 und Ausblick 2013
Im Jahr 2012 wurden systematische Versuchsreihen in der Versuchsrinne durchgeführt und jeweils
die Parameter Durchfluss, Abflusstiefe, Sedimentfracht und -korngrösse sowie Längsgefälle variiert.
Die erste Versuchsreihe, die Analyse der Turbulenz des Abflusses wurde abgeschlossen. Die zweite
Versuchsreihe, in welcher der Transportprozess der einzelnen Sedimentkörner detailliert untersucht
wird, befindet sich in der Analysephase der Daten. Die dritte Versuchsreihe, die Modellierung der
Abrasion der Stollensohle infolge der Sedimentfracht, befindet sich in der Phase der Durchführung.
Im Jahr 2013 wird die zweite Versuchsreihe analysiert und die Ergebnisse in einem peer-reviewed
Journal Paper veröffentlicht. Die dritte Versuchsreihe wird bis zum Sommer 2013 durchgeführt. Die
Analyse der Daten erfolgt parallel zu den Versuchen bzw. im Herbst 2013.
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Referenzen
Es wurden drei wissenschaftliche Veröffentlichungen über das Forschungsprojekt im Jahr 2012 verfasst:
Auel C., Albayrak I., Boes R.M. (2012). Hydraulische Modellierung der Hydroabrasion. Proc. Internationales Wasserbausymposium Graz 2012: 353-360.
Auel C. & Boes R.M. (2012). Sustainable reservoir management using sediment bypass tunnels. Proc.
th
24 ICOLD Congress. Q92 R16. Kyoto, Japan: 224-241.
Hagmann M., Auel C., Albayrak, I. & Boes R.M. (2012). Hydroabrasion in Sedimentumleitstollen. Proc.
35. Dresdner Wasserbaukolloquium. "Staubauwerke - Planen, Bauen, Betreiben". Wasserbauliche
Mitteilungen Heft 47. Dresden: 95-104.
Im Jahr 2011 wurden bereits folgende Veröffentlichungen verfasst:
th
Auel C. & Boes R.M. (2011a). Sediment bypass tunnel design – review and outlook. Proc. 79 Annual
Meeting of ICOLD "Dams and Reservoirs under Changing Challenges". Lucerne, Switzerland. Taylor
& Francis, London. ISBN 978-0-514-68267-1: 403-412.
Auel C. & Boes R.M. (2011b). Sediment bypass tunnel design - hydraulic model tests. Proc. Hydro
2011 - Practical solutions for a sustainable future, No.29.03. Aqua-Media International Ltd. Prague,
Czech Republic.
Auel C., Boes R., Ziegler T. & Oertli C. (2011). Design and construction of the sediment bypass tunnel
at Solis. Hydropower and Dams. Vol. 18, Issue 3. Aqua-Media International Ltd: 62-66.
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