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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 5845
15. Wahlperiode
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ständigen Ausschusses
zu der Mitteilung der Landesregierung vom 5. März 2014
– Drucksache 15/4910
19. Bericht der Kommission zur Ermittlung des
Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
Kenntnis zu nehmen,
1.von der Mitteilung der Landesregierung vom 5. März 2014 – 19. Bericht der
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – Drucksache 15/4910;
2.von der Mitteilung der Landesregierung vom 7. April 2014 – Bericht des SWR
über die Fusionserfahrung und über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2011 bis 2015 – Drucksache 15/5042;
3.von der Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) vom 25. April 2014
– Information der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle
Lage der Landesrundfunkanstalten der ARD – Drucksache 15/5125;
4.von der Mitteilung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) vom 28. April
2014 – Information der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des ZDF – Drucksache 15/5126;
5.von der Mitteilung des Deutschlandradios vom 4. Juli 2014 – Information der
Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Deutschlandradios – Drucksache 15/5463.
09. 10. 2014
Der Berichterstatter:Der Vorsitzende:
Günther-Martin Pauli
Dr. Stefan Scheffold
1
Ausgegeben: 15. 10. 2014
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
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Drucksache 15 / 5845
Bericht
Der Ständige Ausschuss beriet die Mitteilungen Drucksachen 15/4910, 15/5042,
15/5125, 15/5126 und 15/5463 in seiner 34. Sitzung am 9. Oktober 2014. Zur Erläuterung dieser fünf Mitteilungen waren der Vorsitzende und ein Mitglied der
KEF, der Intendant des SWR, der Leiter Finanzen des SWR, der Intendant und
die Verwaltungsdirektorin des ZDF sowie der Intendant und der Verwaltungs- und
Betriebsdirektor des Deutschlandradios erschienen.
Der Vorsitzende der KEF führte aus, die KEF sei eine unabhängige Einrichtung,
die den Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ermittle. Die
Maßstäbe dafür seien Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Auch die Entwicklung
der öffentlichen Haushalte sowie die gesamtwirtschaftliche Lage müssten berücksichtigt werden. Die Mitglieder der KEF würden von der Ministerpräsidentenkonferenz bestimmt; das von Baden-Württemberg bestimmte Mitglied sei in der laufenden Sitzung anwesend.
Das Verfahren zur Festlegung der Höhe des Rundfunkbeitrags sei dreistufig. Zunächst meldeten die Landesrundfunkanstalten ihren Bedarf an, und die KEF prüfe
die Anmeldungen und gebe eine Empfehlung ab. Auf Basis dieser Empfehlung
werde von den Ländern festgelegt, um welchen Betrag der Rundfunkbeitrag angepasst werde. Das KEF-Verfahren stelle sicher, dass der Finanzbedarf ohne medien- und rundfunkpolitische Einflussnahme ermittelt werde. Es handle sich um
ein Prognoseverfahren, mit dem der Rundfunkbeitrag für die folgenden vier Jahre
ermittelt werde, wobei nach zwei Jahren geprüft werde, ob sich die getroffenen
Annahmen als realistisch erwiesen hätten. Bei Bedarf empfehle die KEF eine Anpassung des Rundfunkbeitrags.
Die KEF arbeite nach den Aufwandsarten Programm, Personalaufwand und Sachaufwand arbeitsteilig; eine Gruppe befasse sich mit dem Thema Einnahmen/Erträge.
Der vorliegende 19. KEF-Bericht sei eigentlich ein Zwischenbericht. Er enthalte
die Ergebnisse der Überprüfung, ob die Empfehlungen und Annahmen aus dem
18. KEF-Bericht wirksam geworden seien. Es gebe jedoch eine Besonderheit,
nämlich die, dass zum 1. Januar 2013 die Finanzierung der Rundfunkanstalten auf
eine neue Grundlage gestellt worden sei. Zum Zeitpunkt der Vorlage des 18. KEFBerichts sei daher noch nicht bekannt gewesen, wie hoch die Einnahmen aus dem
Rundfunkbeitrag letztlich seien. Nunmehr habe die KEF prognostiziert, dass es
bis Ende 2016 Mehrerträge in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden € geben werde.
Damit sei der Finanzbedarf der Landesrundfunkanstalten sichergestellt.
Die KEF habe den Ländern empfohlen, den Mehrertrag dazu zu nutzen, um den
Rundfunkbeitrag von derzeit 17,98 € monatlich um 0,73 € auf 17,25 € monatlich
abzusenken. Die andere Hälfte der Mehreinnahmen sollte nach den Vorstellungen
der KEF dazu genutzt werden, um auf die Unsicherheit in der Datenlage, die Ende
des vergangenen Jahres nach wie vor vorhanden gewesen sei, reagieren zu können.
Für die KEF stehe immer ein 4-Jahres-Zeitraum im Fokus. Von der laufenden Periode sei zwischenzeitlich rund die Hälfte vergangen.
Die KEF habe ferner berücksichtigen müssen, dass der Rundfunkbeitrag evaluiert
werden solle und die Länder in Abhängigkeit vom Ergebnis das Regelwerk verändern könnten. Er persönlich sehe nach den bisherigen Erfahrungen keinen Bedarf
für einschneidende Veränderungen am System, zumal das Hauptziel, dass das Verhältnis zwischen den Einnahmen von Privaten einerseits sowie den Unternehmen
und öffentlichen Einrichtungen andererseits durch den Übergang zum Rundfunkbeitrag nicht verändert werden solle, offenbar erreicht worden sei.
Zunächst sei zwar bezweifelt worden, dass sich die von der KEF prognostizierten
Mehrerträge tatsächlich einstellten, doch es zeichne sich immer mehr ab, dass die
Prognosen der KEF bestätigt würden. Auch die Rundfunkanstalten gingen zwischenzeitlich davon aus, in der laufenden Periode Mehrerträge in der genannten
Größenordnung zu erzielen.
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Auch wenn die exakte Höhe der Erträge erst im Nachhinein feststehe, könne bereits konstatiert werden, dass der Übergang zum neuen Regelwerk erfolgreich gewesen sei.
Weil die Rundfunkanstalten auch Finanzanlagen hätten und auch die Erträge daraus in die Berechnung des Rundfunkbeitrags einflössen, habe auch die Entwicklung der Finanzmärkte auf den Rundfunkbeitrag einen Einfluss. Mit etwas Sorge
sehe die KEF, dass in den Rundfunkanstalten eine gewisse Umschichtung vom
Programm- in den Personal- und Sachaufwand erfolge; denn die Kerntätigkeit liege beim Programm.
Dem Thema Kostentransparenz werde ein eigenständiges Kapitel im KEF-Bericht
gewidmet. Darin fänden die Rundfunkanstalten vielfältige Informationen und Ansätze, um sich wirtschaftlicher und sparsamer entwickeln zu können. Auch in den
Gremien der Rundfunkanstalten sei dies ein Thema.
Ein wichtiges Thema sei die betriebliche Altersversorgung. Hierzu sei anzumerken, dass im Rundfunkbeitrag von 17,98 € 0,25 € enthalten seien, die für die betriebliche Altersversorgung der ARD aufgewendet würden. Es handle sich um eine
Art Sonderposten, der seit 1996 erhoben werde und dem Ziel diene, einen Deckungsstock aufzubauen, um die Ausgaben für die betriebliche Altersversorgung
zu decken. Die KEF sei ursprünglich davon ausgegangen, dass der Deckungsstock
im Jahr 2016 den erforderlichen Umfang habe.
Schwierigkeiten drohten allerdings durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
(BilMoG); denn dadurch entstehe eine neue Deckungsstocklücke, weil eine realitätsnähere Bewertung der Rücklagen erforderlich sei. Deshalb habe die KEF
empfohlen, diese 0,25 €, die ihre Berechtigung eigentlich im Jahr 2016 verlieren
würden, auch nach 2016 als Teil des Rundfunkbeitrags zu erheben, um diese Deckungsstocklücke aufzufüllen.
Ferner habe die KEF eine Empfehlung zum Finanzausgleich zwischen den ARDAnstalten ausgesprochen, die von den Ministerpräsidenten wohl bereits aufgegriffen worden sei. Er rechne damit, dass die Länderparlamente demnächst damit
befasst würden.
Der vorliegende 19. KEF-Bericht sei aus Sicht der KEF ein Programm für Länder
und Rundfunkanstalten. Die Länder seien aufgefordert, die Ergebnisse in irgendeiner Form umzusetzen und den Rundfunkbeitrag abzusenken. Sie hätten sich entschieden, den Rundfunkbeitrag zwar abzusenken, jedoch nicht wie empfohlen um
0,73 €, sondern nur um 0,48 € auf 17,50 € monatlich. Ferner müssten die Länder
darüber entscheiden, ob die Berechnungsgrundlagen für den Rundfunkbeitrag verändert würden. Schließlich müssten die Länder entscheiden, welche Konsequenzen sie aus dem Sonderbericht der KEF zum Thema „Werbung und Sponsoring“
ziehen wollten. Er erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass es hinsichtlich
Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Forderungen gebe, die von Verringerung bis zur völligen Abschaffung reichten.
Die Rundfunkanstalten müssten dafür sorgen, dass der Rundfunkbeitrag auch
in vollem Umfang eingenommen werde, was zugegebenermaßen eine schwierige Aufgabe sei. Die KEF habe ferner festgelegt, dass die zusätzlichen Erträge,
die nicht zur Bedarfsdeckung benötigt würden, als Rücklage vorgehalten werden
müssten, damit sie bei der nächsten Bedarfsrechnung berücksichtigt werden könnten.
Ein Abgeordneter der CDU legte dar, bisher sei vorgesehen gewesen, dass der Teil
des Rundfunkbeitrags zum Aufbau des Deckungsstocks für die betriebliche Altersversorgung, der 0,25 € ausmache, nur bis 2016 erhoben werde. Nunmehr gebe es
offenbar keinen Zeithorizont für die Erhebung dieses Beitragsteils mehr. Ihn interessiere, ob dies ein „Ewigkeitsbeitrag“ werde oder ob die KEF auch darauf achte, dass in den Anstalten keine weiteren Ansprüche hinsichtlich der betrieblichen
Altersversorgung mehr begründet würden, für die die Finanzierung sichergestellt
werden müsse.
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Der Vorsitzende der KEF teilte mit, die KEF habe die weitere Erhebung des in Rede
stehenden Rundfunkbeitragsanteils ausdrücklich an die Bedingung geknüpft, dass
die Rundfunkanstalten diese Versorgungssysteme umstellten bzw. sogar schlössen.
Denn nicht alle Systeme der betrieblichen Altersversorgung seien mit dem identisch, was im öffentlichen Dienst gelte. Deshalb müsse es in diesem Bereich Veränderungen geben; die Umsetzung dieser Veränderungen werde, weil immer wieder
Bestandserhalt gefordert werde, nicht einfach sein. Die Anstalten seien gleichwohl
auf einem guten Weg, Veränderungen herbeizuführen.
Die 0,25 € hätten eigentlich ausgereicht, um die Deckungsstocklücke bis 2016
vollständig aufzufüllen. Bis dahin würden auch Gelder in dieser Größenordnung
eingenommen. Doch nach den neuen Bewertungsmethoden nach dem BilMoG ergebe sich eine weitere Lücke, die fast so groß wie die alte sei. Deshalb habe sich
die KEF nicht auf einen Endzeitpunkt für die Erhebung der in Rede stehenden
0,25 € festlegen wollen. Die KEF werde sicherstellen, dass dieses Geld bestimmungsgemäß verwendet werde, und immer wieder überprüfen, welche Veränderungen erfolgten.
Der Abgeordnete der CDU äußerte, er lege Wert darauf, dass nicht der Eindruck
entstehe, dass weiterhin Altersversorgungsverträge, wie sie in der Vergangenheit
üblich gewesen seien, abgeschlossen werden könnten, weil auch über 2016 hinaus
Mittel aus dem Rundfunkbeitrag dafür zur Verfügung gestellt würden.
Weiter führte er aus, technologische Entwicklungen könnten durchaus auch zu finanziellen Entlastungen führen. Ihn interessiere, wie sich dies im vorliegenden
19. KEF-Bericht widerspiegle.
Der Vorsitzende der KEF legte dar, die KEF habe die finanziellen Auswirkungen
der technologischen Entwicklung sehr genau im Blick. Während manche technologischen Neuerungen wie beispielsweise HDTV mit Mehrkosten verbunden seien, seien beispielsweise im Bereich der Verbreitung durch Neuerungen erhebliche
Einsparungen möglich. Weil den Rundfunkanstalten klar sei, dass dadurch weniger
Mittel als früher anerkannt würden, würden von vornherein weniger Mittel angemeldet. In der KEF gebe es im Übrigen jemanden, der sich im technischen Bereich
sehr gut auskenne; insofern sei sichergestellt, dass sehr wohl berücksichtigt werde,
wenn sich neue technische Möglichkeiten kostenmindernd auswirkten.
Der Intendant des SWR nahm zunächst Bezug auf das bereits angesprochene Thema Altersversorgung und führte aus, die Deckungslücke, um deren Schließung es
gehe, beziehe sich auf ein Versorgungswerk, das Mitte der Neunzigerjahre in allen
Rundfunkanstalten geschlossen worden sei, nämlich die sogenannte Gesamtversorgung, die sehr stark von der Entwicklung externer Faktoren wie beispielsweise
politischen Entscheidungen des Gesetzgebers zur Rentenhöhe abhängig gewesen
sei. Bei dem damals eingeführten neuen System habe es diese Abhängigkeit nicht
mehr gegeben; beispielsweise habe auch die Entwicklung der BfA-Rente keinen
Einfluss mehr.
Der gemeinsame Wunsch von KEF und Rundfunkanstalten ziele darauf, zu einem
völlig neuen System überzugehen, das ausschließlich beitragsgedeckt sei und sich
nicht mehr am früheren Gehaltsniveau orientiere, also im Grunde einer Lebensversicherung nachgebildet sei. Ein bestehendes Altersversorgungswerk könne jedoch
nicht einfach beendet werden; vielmehr bedürfe es dazu Vereinbarungen zwischen
den Tarifpartnern. Dazu liefen derzeit Verhandlungen, die sich wegen der großen
Bedeutung für die Beschäftigten naturgemäß nicht einfach gestalteten. In diesem
Zusammenhang sei noch anzumerken, dass versucht worden sei, an der Altersversorgung, die mit dem Mitte der Neunzigerjahre geschlossenen Versorgungswerk
sichergestellt gewesen sei, verschiedene Veränderungen vorzunehmen; das Bundesarbeitsgericht habe jedoch in mehreren Verfahren entschieden, dass es nicht
in der Hand der Rundfunkanstalten liege, Versorgungsniveaus zu verändern. Dies
sei vielmehr Absprachen mit den Tarifpartnern in einem Tarifvertrag vorbehalten.
Zusammenfassend stellte er klar, es gehe im Grunde um Lasten, die sich in den
ersten 40 Jahren des Systems angehäuft hätten, die seit 20 Jahren aber nicht mehr
neu begründet würden.
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Zum vorliegenden Bericht des SWR über die Fusionserfahrung und über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2011 bis 2015
führte er aus, es handle sich um den letzten Fusionsbericht. Denn der SWR-Staatsvertrag sehe nicht mehr vor, dass regelmäßig Fusionsberichte vorzulegen seien.
Dies begrüße er zum einen deshalb, weil die Fusion nach 16 Jahren längst im
Alltag des SWR angekommen sei, und zum anderen vor allem deshalb, weil der
SWR wie der gesamte Fernseh- und Rundfunkbereich zwischenzeitlich ganz anderen Herausforderungen gegenüberstehe. Die wichtigste Herausforderung ergebe
sich daraus, dass sich der klassische Medienmarkt in einer atemberaubenden Geschwindigkeit verändere und Unternehmen, die noch vor Kurzem Star der Branche
gewesen seien, beispielsweise studiVZ, am Markt praktisch nicht mehr existent
seien. Kürzlich habe der Branchendienst „MEEDIA“ plakativ getitelt „Snapchat
tötet Facebook“. Wenn sich dies bewahrheite, bedeute dies, dass eine Anwendung,
die erst im Jahr 2011 erfunden worden sei, den derzeit in den Medien als Platzhirsch wahrgenommenen Dienst Facebook ersetzen solle, der selbst erst seit 2004
existiere. Er mache sich das nicht zu eigen, sondern gebe nur das wieder, was in der
Branche in der Diskussion sei.
Im Vergleich dazu gebe es die Medien Radio und Fernsehen bereits seit Jahrzehnten. Gleichwohl dürften die neuen technischen Entwicklungen nicht ignoriert
werden; vielmehr müsse darauf reagiert werden, indem versucht werde, die Zielgruppen, die sich überwiegend oder ausschließlich in den neuen und sich ständig
entwickelnden Medien aufhielten, mit den Angeboten des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks zu erreichen. Ferner zeige die bisherige Entwicklung, dass die weitere
Existenz von Radio und Fernsehen für alle Zeiten zwar nicht als selbstverständlich
vorausgesetzt werden sollte, dass diese Medien zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch allen Veränderungen im Medienbereich zum Trotz nach wie vor eine erhebliche Bedeutung als Massenmedien hätten. Er verweise in diesem Zusammenhang
auf die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien, bei der ARD und ZDF wieder einmal ein Massenpublikum über das bewährte Medium Fernsehen erreicht hätten.
Solche Sportereignisse seien für die Bevölkerung von erheblicher Relevanz, und
dabei entfalte das Medium Fernsehen nach wie vor seine „Lagerfeuerfunktion“.
Es wäre vermessen, zu wünschen, dass Menschen ausschließlich und ständig die
Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzten; ebenso wäre der Anspruch vermessen, alle Menschen mit diesen Angeboten erreichen zu wollen. Der
öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich jedoch zum Ziel setzen, dass ein Großteil der Bevölkerung irgendeines der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regelmäßig nutze. Dabei sollte ein möglichst breiter Querschnitt aller Bevölkerungsgruppen einschließlich der jüngeren Menschen im Land erreicht werden.
Dies sei ein Ziel des Strategieprozesses, den der SWR Anfang der laufenden Dekade gestartet habe, und zwar zum einen aus der Notwendigkeit heraus, die Ausgaben
zu reduzieren, und zum anderen auch mit dem Anspruch, das Angebot zu verbreitern und sich neue Zielgruppen zu erschließen. Dabei spielten sowohl die Inhalte
als auch die Übertragungswege beispielsweise über neue Medien eine Rolle.
All das müsse aus dem Bestand heraus finanziert werden; zusätzliche Aufwendungen müssten daher durch Einsparungen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Ein
solcher Prozess sei nicht immer einfach und gehe auch nicht geräuschlos vonstatten. Vor allem müsse, weil kein zusätzliches Geld zur Verfügung stehe und Neues
finanziert werden müsse, hingenommen werden, dass nicht alles, was bisher getan
worden sei, unverändert fortgeführt werden könne. Überall dort, wo reduziert werde, gebe es immer wieder Unmutsäußerungen Betroffener; als Beispiel nenne er
die Orchesterfusion.
Angesichts der gegebenen Rahmenbedingungen seien solche Entscheidungen jedoch unumgänglich, wenn der SWR in Gänze zukunftsfähig und flexibel gehalten
werden solle.
Keine Einschränkung gebe es hinsichtlich des Anspruchs, dass der SWR öffentlich-rechtlich bleibe. Der SWR habe einen klaren Auftrag, dem er auch in Zukunft
gerecht werde. Dabei sei wichtig, gerade auch in den neuen Medien mit den öffentlich-rechtlichen Angeboten präsent zu sein und relevante Inhalte zur Verfügung
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zu stellen. Denn mündige Bürger seien auf solche Informationen angewiesen und
dürften nicht nur auf das beschränkt werden, was ihren Freunden gefalle.
Dies sei eine große Herausforderung, die es notwendig mache, auf die Menschen
zuzugehen und dort präsent zu sein, wo sie sich medial aufhielten, nämlich auf den
Plattformen und in den sozialen Netzwerken. All dies müsse sich im vorgegebenen
Finanzrahmen abspielen.
Der erfolgte Modellwechsel in der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei vom Vorsitzenden der KEF bereits beschrieben worden. In den Jahren
2011 und 2012 unter dem damals geltenden Gebührenmodell habe der SWR wie
auch alle anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter einer massiven
Erosion der Gebührenerträge zu leiden gehabt. Dies sei ein wesentlicher Grund
dafür gewesen, den Modellwechsel durchzuführen. Nunmehr sei erkennbar, dass
das Ziel, diese Erosion zu stoppen, mit dem Modellwechsel erreicht worden sei.
Die Gebührenausfälle aus den Jahren 2011 und 2012 würden nicht ausgeglichen;
es gebe also eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Er verweise in diesem Zusammenhang darauf, dass die im Fusionsbericht für das Jahr 2015 ausgewiesenen
Beitragserträge unterhalb der Gebührenerträge im Jahr 2009 lägen; real, also inflationsbereinigt, sei gegenüber 2005 ein Kaufkraftverlust um rund 10 % zu verzeichnen.
Beträge, die den anerkannten Finanzbedarf überstiegen, stünden den Anstalten
nicht zu, sondern müssten wie bereits erwähnt einer Rücklage zugeführt werden,
über deren Verwendung nicht die Anstalten, sondern die Länder entschieden. Deshalb könne, wie Kritiker immer wieder behauptet hätten, von Mehreinnahmen in
Milliardenhöhe keine Rede sein. Im Übrigen sei der angemeldete Finanzbedarf des
SWR gekürzt worden, sodass dem SWR in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 8
Millionen € weniger als angemeldet zur Verfügung stünden.
Anschließend legte er dar, die Finanzbedarfsanmeldung des SWR sei äußerst moderat gewesen. Der angemeldete Finanzbedarf habe etwa auf dem Niveau gelegen,
das die KEF bereits früher anerkannt gehabt habe. Der SWR sei bewusst so vorgegangen, auch um die Akzeptanz des Systemwechsels zu unterstützen. Denn es habe
unbedingt vermieden werden müssen, dass der Wechsel von der Rundfunkgebühr
zum Rundfunkbeitrag mit einer Erhöhung einhergegangen wäre. Wie bereits geschildert worden sei, sei das Gegenteil eingetreten, sodass eine Beitragssenkung
möglich wäre.
Unter Bezugnahme auf die Äußerung des Vorsitzenden der KEF, die Rundfunkanstalten müssten dafür sorgen, dass der fällige Rundfunkbeitrag auch in vollem
Umfang eingenommen werde, führte er aus, die Rundfunkanstalten müssten gegenüber denjenigen, die weder auf Zahlungsaufforderungen noch auf Mahnungen
reagierten, auch harte Zwangsmaßnahmen in die Wege leiten. Er habe die Sorge,
dass trotz hohem Aufwand nicht alle Gelder, die den Rundfunkanstalten zustünden, vereinnahmt werden könnten. Wenn eine Situation einträte, wie sie zu beobachten gewesen sei, bevor das alte Gebührensystem abgelöst worden sei, bestünde
überdies die Gefahr, dass die Akzeptanz des Rundfunkbeitragssystems leide. Über
diese Problematik befinde sich der SWR noch in einem fachlichen Diskurs. Es
gehe nicht um die Frage des Wollens; vielmehr müssten zahlreiche Aspekte bedacht werden.
Anschließend erklärte er, der SWR erfülle, obwohl real nur 90 % der Finanzmittel zur Verfügung stünden, die vor zehn Jahren zur Verfügung gestanden hätten,
täglich seinen Auftrag. Weil der SWR frühzeitig den erwähnten langfristigen Strategieprozess ins Leben gerufen habe, bleibe ihm bisher erspart, von einem Jahr
auf das andere Einsparungen im hohen zweistelligen Millionenbereich vornehmen
zu müssen, wie es andere Landesrundfunkanstalten derzeit als Reaktion auf die
aktuelle Entwicklung tun müssten. Dennoch bleibe festzuhalten, dass sich die finanzielle Situation des SWR auch nach dem 19. KEF-Bericht nicht im Geringsten
entspannt habe. Der SWR müsse den eingeschlagenen Weg daher fortsetzen, um
bei nahezu konstanten Erträgen steigende Kosten kompensieren zu können und zugleich Mittel für notwendige programmliche Veränderungen freizubekommen. Der
SWR sei auf gutem Weg und stelle sich auch in Zukunft den Herausforderungen,
um seinen Auftrag zu erfüllen.
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Der Ausschussvorsitzende fragte unter Hinweis darauf, dass der Bericht des Intendanten des SWR sehr stark auf den SWR fokussiert gewesen sei, ob auch die
Information der Landesparlamente über die wirtschaftliche und finanzielle Lage
der Landesrundfunkanstalten der ARD beinhaltet gewesen sei.
Der Intendant des SWR antwortete, er habe mit Blick auf die Uhr davon abgesehen,
einen gesonderten Bericht über die Lage der ARD abzugeben. Denn dieser wäre
mit dem über die Lage des SWR vergleichbar. Auf die Besonderheit beim SWR,
nämlich den Strategieprozess, der über einen Zehnjahreszeitraum Einsparungen
und Umbau vorsehe, sei er eingegangen; andere Anstalten müssten entsprechend
starke Einsparungen nunmehr kurzfristig umsetzen, weswegen sie schmerzhafter
seien.
Ein Abgeordneter der SPD bat um eine Äußerung zum laufenden Diskurs mit dem
ZDF zum Thema Jugendkanal.
Der Intendant des SWR antwortete, dieser Diskurs sei eigentlich schon abgeschlossen. Unterschiedliche Vorstellungen, die die Partner zu Beginn des Diskurses noch
vorgetragen hätten, hätten sich zwischenzeitlich weitestgehend angenähert. Der
Vorsitzende der ARD sowie der Intendant des ZDF seien letztlich gemeinsam mit
gleichen Vorstellungen in der Ministerpräsidentenkonferenz aufgetreten.
Es könne konstatiert werden, dass der Erfolg dieses Projekts, das sowohl strategisch als auch unter dem Aspekt der Auftragserfüllung außerordentlich wichtig
sei, nicht davon abhänge, dass sich ARD und ZDF noch einigen müssten. Vielmehr
hänge der Erfolg dieses Projekts allein davon ab, wie sich die Ministerpräsidentenkonferenz verhalte.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, er habe in der vergangenen Woche gelesen,
das ZDF hätte 30 zusätzliche Stellen für einen Jugendkanal gefordert. Hierzu bitte
er um Äußerungen sowohl vonseiten der KEF als auch vonseiten des ZDF.
Der Intendant des SWR äußerte, es sei bereits klargestellt worden, dass es nicht
darum gehe, einen höheren Finanzbedarf geltend zu machen. Vielmehr sei gemeint
gewesen, die Stelleneinsparverpflichtung um 30 Stellen zugunsten des Jugendkanals abzumildern, um im Umfang von 30 Stellen von einer Kostenart auf eine
andere umschichten zu können, ohne den gesamten Finanzrahmen auszudehnen.
Der Intendant des ZDF legte dar, der Programmerfolg des ZDF sei positiv zu sehen. Er verweise darauf, dass das ZDF in den vergangenen zwei Jahren der meistgesehene Sender gewesen sei, obwohl sich die Fernsehlandschaft erheblich verändert habe. Denn mittlerweile gebe es über 200 Sender mit Sitz in Deutschland,
die in deutscher Sprache ausstrahlten. Diese erhebliche Ausweitung der Zahl der
Kanäle habe die ganze Fernsehwelt verändert. Auch die Digitalkanäle des ZDF
könnten viel zum Erfolg der Programmfamilie des ZDF beitragen. Mit den Digitalkanälen sei es gelungen, wieder mehr jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer
zu gewinnen und damit wieder den Stand zu erreichen, der zur Jahrtausendwende zu verzeichnen gewesen sei. Gleichwohl müssten nach wie vor Überlegungen
angestellt werden, wie das jüngere Publikum noch stärker für das ZDF und mit
Blick auf die Entwicklung der Wahlbeteiligung im Übrigen auch für die politische
Berichterstattung begeistert werden könne. Diese quantitativen Erfolge seien von
der ZDF-Programmfamilie im Übrigen nicht dadurch erkauft worden, dass Nachrichten, politische Sendungen oder Kulturangebote aus dem Hauptprogramm herausverlagert worden wären. Beim Hauptprogramm seien keine Einschränkungen
vorgenommen worden. Er verweise darauf, dass die Hauptnachrichten des ZDF
viele Zuschauer hätten und das „heute-journal“ auch beim jüngeren Publikum eine
hohe Akzeptanz genieße.
Es bestehe Einigkeit darüber, dass sich die Anstalten verstärkt dem jüngeren Publikum widmen müssten, wozu der bereits erwähnte Jugendkanal diene. Angesichts
dessen, dass es seinerzeit nicht gelungen sei, ZDFneo, ZDFinfo und ZDFkultur
wie damals vorgesehen aus dem Bestand heraus auf den Weg zu bringen, habe er
darauf hingewiesen, dass, wenn ein speziell auf jüngere Menschen zugeschnittenes Programm produziert werden solle, Redakteurinnen und Redakteure benötigt
würden, die dieser Lebenswelt nahe seien. Erschwerend komme hinzu, dass das
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ZDF die Aufgabe habe, bis zum Jahr 2020 über 560 Vollzeitstellen abzubauen. Das
ZDF vertrete die Auffassung, dass, wenn es ein neues Programmangebot geben
solle, auch berechnet werden müsse, wieviel Personal benötigt werde, um dieses
Programmangebot sicherzustellen, und werbe dafür, dass die genannte Einsparvorgabe um die für den Jugendkanal benötigten Stellen reduziert werde. Denn auch
ohne zusätzliche Aufgaben sei es sehr schwer, diese Einsparvorgabe zu erfüllen.
Deshalb lege er Wert darauf, dass entsprechend Klarheit geschaffen werde, damit
es nicht wieder zu Missverständnissen komme.
Mit dem SWR sei das ZDF bereits derzeit auf vielen Feldern verbunden, beispielsweise durch die Partnerprogramme 3sat und ARTE. Auch KiKA und PHOENIX
seien erfolgreich. Ein weiteres Beispiel für die intensive Zusammenarbeit zwischen ZDF und SWR sei die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien gewesen.
Die Teams von ARD und ZDF, auf der Seite der ARD geführt vom SWR, seien
gemischt gewesen, sodass kaum habe unterschieden werden können, wer zu welchem Sender gehöre. Insgesamt seien lediglich 400 Personen im Einsatz gewesen,
und dies sei die niedrigste Zahl gewesen, die es bei einem solchen Weltereignis
jemals gegeben habe. Das Bundesverfassungsgericht habe noch einmal herausgestellt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei für Information und Kultur, aber
auch für unterhaltende Angebote zuständig und müsse bedeutend sein, um auch
als Informationssender fungieren zu können. Deshalb seien auch Berichte über
Sportereignisse und auch Unterhaltungsprogramme wichtig.
Das ZDF produziere in Stuttgart die „Soko Stuttgart“ und andere Filme. Diese
Dreharbeiten seien für die Stadt und auch die Infrastruktur sehr wichtig; das ZDF
beabsichtige, weitere Fernsehfilme zu produzieren. Eine große Bedeutung habe
auch die Filmakademie Ludwigsburg, die in der Fernsehszene außerordentlich hohes Ansehen genieße.
Trotz aller Restriktionen hinsichtlich der Personalausstattung arbeite das ZDF
an der Verbesserung der Barrierefreiheit, um die Programme auch Menschen mit
Seh- oder Hörbehinderung zugänglich zu machen. Bis Ende des Jahres werde es
geschafft sein, dass in der Kernsendezeit von 17:00 Uhr bis 22:15 Uhr zu nahezu
100 % untertitelt werde. Die Audiodeskription für die Sehgeschädigten sei deutlich
aufwendiger, doch auch auf diesem Gebiet gebe es Fortschritte. Das ZDF arbeite in
diesem Zusammenhang auch mit den Betroffenenverbänden zusammen, um weitere Fortschritte zu erzielen.
Die Verwaltungsdirektorin des ZDF führte ergänzend aus, die allgemeinen Ausführungen des Vorsitzenden der KEF und des Intendanten des SWR zur Situation nach
dem Modellwechsel gälten für das ZDF in gleicher Weise. Auch aus Sicht des ZDF
habe sich der Modellwechsel bewährt und alle Gerichte, die sich bisher mit dem
Beitragsmodell befasst hätten, hätten dessen Rechtmäßigkeit bestätigt. Dass die Situation so gut sei, wie sie sich derzeit darstelle, habe nicht erwartet werden können.
Für den 19. KEF-Bericht habe das ZDF bei der KEF einen ungedeckten Finanzbedarf in Höhe von etwas über 70 Millionen € angemeldet. Davon seien 56 Millionen
€ anerkannt worden. In diesem Umfang dürften die Mehrerträge, die durch den
Modellwechsel bedingt seien, eingesetzt werden. Alle darüber hinausgehenden Erträge würden der erwähnten Sonderrücklage zugeführt.
Für die Beitragsperiode 2013 bis 2016 ergebe sich eine Ausgabensteigerung um
0,26 %. Diese liege deutlich unter der allgemeinen Teuerungsrate. Deshalb müsse
das ZDF unabhängig von Personalproblemen erhebliche Anstrengungen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit unternehmen, um bei dieser geringen Steigerungsrate
bleiben zu können.
Die eigentliche Herausforderung für das ZDF sei die Einsparvorgabe im Personalbereich. Diese leite sich noch aus dem 18. KEF-Bericht ab und habe eine lange
Vorgeschichte. Konkret habe die KEF dem ZDF im 18. KEF-Bericht aufgegeben,
beim reinen Personalaufwand 45 Millionen € einzusparen. Dabei handle es sich
um eine gewaltige Summe. Das ZDF arbeite nach wie vor intensiv daran, dieses Ziel zu erreichen. Ferner führe das ZDF intensive Gespräche mit der KEF. Es
habe eine Verständigung darauf erreicht werden können, dass nicht die gesamte
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Einsparung im Bereich der fest angestellten Mitarbeiter erbracht werden müsse,
sondern ein Teil davon bei den freien Mitarbeitern erbracht werden könne. Ferner
sei eine Verständigung darauf erfolgt, dass der Einsparzeitraum auf die kommende
Beitragsperiode ausgedehnt werde. Bis Ende 2020 würden dann insgesamt 562
Vollzeitäquivalente abgebaut sein. Daran könne ersehen werden, wie groß die Herausforderungen in diesem Bereich seien.
Der Stellenplan des ZDF sei seit vielen Jahren konstant; gleichzeitig seien jedoch
Digitalkanäle aufgebaut worden. Vor diesem Hintergrund sei die Forderung des
ZDF zum Thema Jugendkanal zu sehen, auf die bereits verwiesen worden sei. Es
gehe nicht um zusätzlichen Personalaufwand, zusätzliches Geld oder zusätzliche
Planstellen; dem ZDF sei allerdings wichtig, dass, wenn der Auftrag kommen sollte, den Jugendkanal aufzubauen, die zusätzlichen Personalkapazitäten, die für den
Jugendkanal eingesetzt werden müssten, wobei es sich voraussichtlich um rund 30
Stellen handle, auf die Einsparauflage des ZDF angerechnet würden.
Weiter führte sie aus, das BilMoG stelle auch das ZDF vor große Herausforderungen. Die finanziellen Auswirkungen machten zweistellige Millionenbeträge aus.
Vor diesem Hintergrund habe das ZDF den aktuellen Versorgungstarifvertrag mit
Wirkung zum Jahresende gekündigt und sei mit den Gewerkschaften über einen
Nachfolgetarifvertrag im Gespräch. Das ZDF gehe in eine ähnliche Richtung wie
die vom Intendanten des SWR vorgestellte.
Die erwähnten 0,25 € seien bisher ausschließlich der ARD zugute gekommen, was
damit zusammenhänge, dass beim ZDF ebenso wie beim Deutschlandradio bisher
keine Deckungsstocklücke aufgetreten sei. Aufgrund der Mehraufwendungen, die
durch das BilMoG entstanden seien, gebe es nunmehr jedoch auch dort eine Deckungsstocklücke. Die KEF habe zugesagt, dass, wenn diese 0,25 € weiterhin Bestandteil des Rundfunkbeitrags seien, auch ZDF und Deutschlandradio daran partizipierten, weil im Hinblick auf die moderate Anmeldung zum 19. KEF-Bericht
in Absprache mit der KEF davon abgesehen worden sei, den durch das BilMoG
verursachten Mehraufwand bei der Anmeldung zu berücksichtigen.
Ein Abgeordneter der CDU äußerte unter Hinweis darauf, dass der Intendant des
ZDF die Filmakademie besucht habe, ihn interessiere, wie stark sich das ZDF bei
der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg im Vergleich zu Engagements bei Filmfördergesellschaften in anderen Ländern engagiere und ob der Intendant des ZDF den Anteil der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg
für angemessen halte.
Weiter führte er aus, der Intendant des SWR habe sich klar für den Jugendkanal
ausgesprochen. Beim Intendanten des ZDF habe dies etwas anders geklungen. Ihn
interessiere, ob der Intendant des ZDF davon ausgehe, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz für die Schaffung eines Jugendkanals entscheiden werde.
Der Intendant des ZDF antwortete, zu diesem Angebot sei eine klare Vereinbarung getroffen worden. Die lange Diskussionszeit und die Verschleppung hätten
dem Projekt allerdings nicht genützt. In der Folgewoche müsse eine Entscheidung
fallen; anderenfalls wäre das Projekt erheblich beschädigt. Noch gebe es unterschiedliche Auffassungen, und derzeit liefen Gespräche mit dem Ziel, eine Einigung zu erreichen. Aus Sicht des ZDF sei es unabdingbar, sich stärker dem jüngeren Publikum zuzuwenden. Dies könne durch den Jugendkanal geschehen; ferner
müssten auch die Netzangebote deutlich verstärkt werden. Auch dazu erhoffe er
sich Entscheidungen von der Politik. Er wünsche sich beispielsweise das Recht auf
Erstausstrahlung im Netz; denn derzeit dürfe im Netz nur eine Zweitverwertung
erfolgen. Ferner müsse eine eigene Netzkultur etabliert werden, um Informationen
richtig mit unterhaltenden Elementen zu kombinieren.
Er sei für einen Jugendkanal; seine einschränkenden Äußerungen hätten sich lediglich auf die zu erbringenden Einsparauflagen bezogen. Er hielte es für leichtfertig,
das nicht rechtzeitig klar zu benennen; denn wenn erst einmal eine Entscheidung
gefallen sei, sei es dafür zu spät.
Zum Thema Filmförderung sei anzumerken, dass das ZDF mit einem bestimmten
Betrag, der unter dem des SWR liege, arbeite. Früher habe Baden-Württemberg
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wenig Lobbyarbeit betrieben. Dies habe sich vor einigen Jahren geändert. Das
ZDF sei zu der Erkenntnis gekommen, dass es angesichts der Anzahl der Rundfunkbeitragszahler im Land mehr Produktionen im Land geben sollte. Es sei jedoch
festzustellen, dass kein Land mit dem Anteil an der jeweiligen Filmförderung und
dem Anteil an den Produktionen richtig zufrieden sei. In diesem Bereich müsse
weiter gearbeitet werden. Veränderungen bedürften jedoch eines Gesamtkonzepts,
welches er seinen Gremien vorlegen könne. Baden-Württemberg sei ihm wichtig,
und er sei gesprächsbereit. Mit der Filmakademie Ludwigsburg gebe es eine gute
Zusammenarbeit. Viele seiner Kolleginnen und Kollegen seien dort als Dozent tätig. Die Entwicklung in Ludwigsburg sei ein Erfolgsmodell, und im Ergebnis seien
sehr gute Programme entstanden.
Ein Abgeordneter der CDU bat um eine Einschätzung, warum mit dem öffentlichrechtlichen Rundfunk weniger Jugendliche als gewünscht erreicht werden könnten, was andere Anbieter möglicherweise besser als der öffentlich-rechtliche Rundfunk machten und wie sich die Jugend entwickelt habe.
Der Intendant des ZDF führte aus, sowohl im Hörfunkbereich als auch im Fernsehbereich gebe es durchaus außerordentlich erfolgreiche Angebote. Die FußballWM sei bereits erwähnt worden, auch der Anteil der jüngeren Menschen an den
Zuschauern des „heute-journal“ sei durchaus befriedigend. Es gebe jedoch eine
Parzellierung des Marktes. Jüngere Menschen neigten dazu, sich nur die Angebote
anzusehen, die auf sie zugeschnitten seien. Dies sei bei den Vollprogrammen in der
Tat ein Problem.
Angesichts der Situation des Marktes sei es nahezu unmöglich, eine Spreizung
zwischen der Gruppe der Volksmusikhörer und der Gruppe der ganz jungen Menschen hinzubekommen. Trotzdem sei es wichtig, dass die Hauptkanäle von ARD
und ZDF erfolgreich blieben; denn es handle sich um die „Dorflinden“ für eine
Gesellschaft, mit denen beispielsweise vor Wahlen mit Vorwahlsendungen vier bis
fünf Millionen Zuschauer mobilisiert werden könnten. Ohne so hohe Zuschauerzahlen gäbe es keine Vorwahlberichterstattung im Fernsehen im gegenwärtigen
Umfang.
Wichtig seien jedoch auch die Spezialkanäle ZDFneo und ZDFinfo. Diese erreichten beachtliche Zuschauerzahlen, jedoch die Gruppe zwischen dem KiKA-Alter
und dem Alter von etwa 30 Jahren sei derzeit mit den Angeboten des öffentlichrechtlichen Rundfunks nur schwer erreichbar. Menschen dieser Altersgruppe seien häufig unterwegs und seien ebenso häufig im Internet präsent. Serien würden
beispielsweise häufig am Stück angesehen. Es sei nicht aussichtslos, auch diese
Menschen zu erreichen, doch bedürfe es dafür zusätzlicher Anstrengungen.
Der Intendant des SWR führte ergänzend aus, der SWR mache die gleichen Erfahrungen. Es gebe auch in den Vollprogrammen durchaus Angebote, die auch von
jungen Menschen intensiv genutzt würden. Sie reichten von der „Tagesschau“ bis
zur Sportberichterstattung beispielsweise über die Fußball-WM. Auch der „Tatort“
zähle dazu. Dies ändere jedoch nichts daran, dass ein Angebot konzipiert werden
müsse, das genau auf die Interessen der jungen Menschen zugeschnitten sei. Dass
entsprechende Anstrengungen erfolgreich seien, werde beispielsweise daran sichtbar, dass mit vereinzelten Angeboten bei EinsPlus mit sehr bescheidenen Mitteln
viele junge Menschen erreicht werden könnten. Auch die Sendung „Kanzlercheck“
im Vorfeld einer Wahl sei geeignet gewesen, auch junge Menschen in großem Umfang mit dem Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vertraut zu machen.
Auch Musiksendungen seien geeignet, junge Menschen anzusprechen. Wenn es
jedoch keinen Auftrag gebe, dafür ein umfassendes multimediales Angebot bereitzustellen, das die Nutzungsgewohnheiten junger Menschen berücksichtige, bleibe das Erreichte Stückwerk. Wer ignoriere, dass junge Menschen den klassischen
Fernseher, das Radio und das Internet parallel nutzten und immer wieder zwischen
den Angeboten wechselten, gefährde aus seiner Sicht das System insgesamt.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, er hätte es begrüßt, wenn der Intendant des
ZDF ein richtig schönes Angebot für die MFG mitgebracht hätte. Denn der SWR
engagiere sich bei der MFG wesentlich stärker, sodass konstatiert werden müsse,
dass es die MFG ohne den SWR wohl nicht gäbe.
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Unter Bezugnahme auf die in Rede stehenden 30 Stellen für den Jugendkanal
brachte er vor, in der bisherigen Berichterstattung über dieses Thema sei von der
beabsichtigten Verrechnung mit dem Gesamtetat von 45 Millionen € keine Rede
gewesen. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, der Personalrat des ZDF lehne den
Jugendkanal mit der Begründung ab, die erforderlichen Stellen könnten aus dem
Bestand nicht herausgelöst werden. Er nehme an, dass die Forderung nach den 30
Stellen dazu gedacht gewesen war, innerhalb des Hauses beruhigend zu wirken,
was durchaus nachvollziehbar sei. Er wolle von der KEF, die den Betrag von 45
Millionen € offenbar errechnet habe, wissen, ob darin diese 30 Stellen enthalten
seien.
Der Vorsitzende der KEF erklärte, an der Erarbeitung des Jugendangebots sei die
KEF nicht beteiligt gewesen. Der Betrag von 45 Millionen € sei von ARD und
ZDF ermittelt worden; dabei handle es sich um eine Art Selbstverpflichtung für
den Jugendkanal. Diese 45 Millionen € seien nicht mit dem Zusatz ausgewiesen
worden, dass darin 30 Stellen enthalten seien. Die Forderung des ZDF resultiere
offenbar daraus, dass angesichts des für einen Jugendkanal erforderlichen Personals etwas mehr Zeit als geplant benötigt werde, um die Personaleinsparvorgabe
umzusetzen. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass für das Personal, das
später als geplant abgebaut werde, in der Zeit bis dahin Personalkosten anfielen,
die in dem Etat für das Jugendangebot nicht enthalten seien, sodass sie aus einem
anderen Bereich des Budgets des ZDF kommen müssten. Denn anderenfalls würde
das Jugendangebot teurer als die angegebenen 45 Millionen €.
Die KEF habe die Höhe des für den Jugendkanal veranschlagten Betrags untersucht und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass diese 45 Millionen € sehr knapp
kalkuliert seien. Es sei nicht der Eindruck entstanden, dass der Jugendkanal üppig
ausgestattet wäre.
Die Verwaltungsdirektorin des ZDF stellte klar, dem ZDF gehe es darum, dass ausschließlich hinsichtlich der Einsparvorgabe im Personalbereich für Erleichterung
gesorgt werden solle. Es stehe außer Frage, dass dadurch ein finanzieller Aufwand
entstehe, der an anderer Stelle durch Einsparungen kompensiert werden müsse.
Denn mehr Geld könne das ZDF deswegen nicht beanspruchen.
Der Intendant des SWR führte ergänzend aus, der Beitrag des ZDF, der sich nach
dem Finanzierungsmodell auf 15 Millionen € belaufe, könne darin bestehen, dass
fertiges Programm zugeliefert werde oder Programm produziert werde, was Personal erfordere. Er könne sich die Verknüpfung der Forderung nach 30 Stellen und
der Deckelung des Gesamtaufwands auf 45 Millionen € nur so vorstellen, dass
Geld durch Personal ersetzt werde. Weil jedoch gleichwohl die Personaleinsparvorgabe der KEF berührt sei, bedürfe dies der Zustimmung der KEF.
Der Leiter Finanzen des SWR merkt an, in den 45 Millionen € seien Kosten für
Technik, Ausstattungskosten, Programmkosten und Personalkosten enthalten.
Der Vorsitzende der KEF konstatierte, wenn die Ministerpräsidentenkonferenz den
Auftrag erteile, einen Jugendkanal aufzubauen, sei darin die Vorgabe enthalten,
dass dafür insgesamt 45 Millionen € ausgegeben würden. Die konkrete Umsetzung
obliege den Rundfunkanstalten mit der Maßgabe, dass kein zusätzliches Geld beansprucht werden könne.
Der Intendant des Deutschlandradios brachte vor, die wirtschaftliche und finanzielle Lage von Deutschlandradio stehe im Kontext dessen, was bereits diskutiert
worden sei. Auch bei Deutschlandradio gebe es das Problem, dass die Einnahmen
weniger stark stiegen, als die Kostensteigerungen es eigentlich erfordern würden.
Deutschlandradio werde im Jahr 2016 seine Rücklagen fast komplett aufgebraucht
haben; auch Deutschlandradio habe keine weiter gehende Planungssicherheit.
Auch Deutschlandradio habe einen Strategieprozess, der seit dem Jahr 2010 laufe. Ferner verfolge Deutschlandradio seit Jahren einen strikten Kurs der internen
Umschichtungen und der Rationalisierung, um vor allem auch den neuen medialen
Herausforderungen begegnen zu können. Er erinnere in diesem Zusammenhang
an die notwendige Internetbegleitung der Programme sowie die ausführliche Verschriftung von Beiträgen und Interviews, um sie im Internet verfügbar zu machen,
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was zunehmende Bedeutung erlange. Angesichts der rasanten Entwicklung sehe er
im Übrigen Diskussionsbedarf darüber, inwiefern bestimmte Begrenzungen, die
das Entwicklungstempo der Rundfunkanstalten verringerten, aufgehoben werden
könnten, um den Rundfunkanstalten weitere Entwicklungsspielräume zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass Deutschlandradio pro Jahr 200
Millionen Zugriffe zum Herunterladen registriere.
Deutschlandradio sei dabei, die Kernprogramme Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur in mehreren Teilschritten konsequent in ihrem Alleinstellungsmerkmal zu profilieren und besser aufeinander abzustimmen. Deutschlandradio
sehe sich auch komplementär zu den Programmen der ARD. Seit dem vergangenen
Jahr werde im Deutschlandfunk in der Nacht ein Wortprogramm, das naturgemäß
aufwendiger als das bisherige Musikprogramm sei, gesendet. Dies sei sinnvoll, um
eine Wortalternative zu dem sehr guten Klassikangebot der ARD zu bieten.
Seit dem Sommer sei das Berliner Kulturprogramm verändert worden; beispielsweise gebe es täglich ein Literaturmagazin sowie Sendungen zu Theater, Film und
Multimediawelt. Auch eine moderne Philosophiesendung sei im Programm, und
zwar ohne zusätzliche Mittel zu erfordern.
Deutschlandradio erhalte aus dem Rundfunkbeitrag in Höhe von derzeit 17,98 €
einen Anteil von 0,46 €. Die Programme von Deutschlandradio seien naturgemäß
nicht billig; die Qualität der Programmprofile erfordere auch einen relativ hohen
Produktionsaufwand. Derzeit sei Deutschlandradio dabei, durch verstärkte Investitionen in moderne Technik mittelfristig die Kosten zu senken.
Aufgrund des Programmauftrags habe Deutschlandradio zwangsläufig einen hohen Eigenproduktionsanteil. Beim wortlastigen Informationsprogramm Deutschlandfunk würden 85 % der Sendungen und Beiträge selbst produziert, weil sie
woanders nicht existierten. Bei Deutschlandradio Kultur liege der Anteil der Eigenproduktionen bei 70 %.
Deutschlandradio produziere über 80 Hörspiele und gehe mit Deutschlandradio
Kultur jeden Samstag in eine deutsche Oper und übertrage von dort live. Es könne
die Frage aufgeworfen werden, warum aus Kostengründen nicht weniger als 80
Hörspiele produziert würden, doch wenn in diesem Bereich stark gekürzt würde,
würde irgendwann niemand mehr Hörspiele produzieren.
Deutschlandradio befinde sich in einem engen Austausch mit dem SWR. Im vergangenen Jahr habe es viele gemeinsame Produktionen gegeben, die mit hohen
Preisen ausgezeichnet worden seien. Beispielsweise sei zum ersten Mal „Ulysses“
produziert worden, was für beide Beteiligte sehr teuer gewesen sei. Doch wenn
Deutschlandradio zusammen mit Partnern diesen Aufwand nicht mehr betreiben
würde, gäbe es diese Produktionen nicht mehr.
Die Programmakzeptanz steige; der Deutschlandfunk habe im vergangenen Jahr
10 % Hörer zugewonnen. Mit dem Deutschlandfunk würden täglich deutlich
über 1,7 Millionen Zuhörer erreicht, mit Deutschlandradio Kultur rund 450 000.
Dazu sein anzumerken, dass rund 6 Millionen Menschen täglich die sogenannten
gehobenen Programme hörten, also die Programme für Kultur und Information.
Deutschlandradio erreiche mit insgesamt 2,2 Millionen Hörern mehr als ein Drittel
dieser Hörerschaft. Dies sei ein befriedigendes Ergebnis.
Völlig unbefriedigend sei jedoch nach wie vor die Frequenzausstattung von
Deutschlandradio. Trotz starker einzelner Sender könnten rund ein Drittel der
Menschen in Baden-Württemberg den Deutschlandfunk nicht hören und könnten
sogar zwei Drittel der Menschen in Baden-Württemberg Deutschlandradio Kultur
nicht hören. Mit dem Deutschlandfunk würden nur rund 60 % der Fläche des Landes und mit Deutschlandradio Kultur nur 14 % der Fläche des Landes abgedeckt.
Dies sei angesichts des bundesweiten Auftrags, den Deutschlandradio habe, außerordentlich unbefriedigend.
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Er schätze die Programme des SWR außerordentlich, doch gleichwohl bedauere
er, dass im gesamten Großraum Ravensburg die Angebote von Deutschlandradio
nicht empfangbar seien. Angesichts dessen, dass jeder Haushalt in Baden-Württemberg 0,46 € für Deutschlandradio aufwende, sei diese Empfangbarkeit wie bereits erwähnt völlig unbefriedigend.
Im UKW-Bereich gebe es leider keine realistische Möglichkeit, eine signifikante
Verbesserung herbeizuführen; denn jede Verbesserung zugunsten von Deutschlandradio ginge zulasten des SWR oder zulasten privater Veranstalter. Doch üppig
sei auch der SWR nicht mit Frequenzen ausgestattet; beispielsweise könne auch
das Kulturprogramm SWR2 nicht überall im Land empfangen werden.
Die Verbreitungssituation im UKW-Bereich lasse sich also nicht wesentlich verbessern; DRadio Wissen werde bereits derzeit ausschließlich über DAB+ und das
Internet verbreitet.
Auch aus Kostengründen setze Deutschlandradio konsequent auf die digitale
DAB+-Verbreitung.
Der Verwaltungs- und Betriebsdirektor des Deutschlandradios legte ergänzend dar,
der Netzausbau für DAB+ komme langsamer voran, als es geplant gewesen sei und
wünschenswert wäre. An Deutschlandradio liege es jedoch nicht.
Wegen der Verzögerung habe Deutschlandradio im vergangenen Jahr nicht alles
Geld, das für DAB+ eingeplant gewesen sei, ausgegeben; das verbleibende Geld
werde der Rücklage zugeführt. In der KEF-Anmeldung seien angemeldete Gelder
im Umfang von 7,2 Millionen € für vier Jahre gestrichen worden, weil der Netzausbau nicht so schnell wie geplant vorankomme.
Gleichwohl sei Deutschlandradio erfolgreich dabei, seinen Beitrag in Sachen
DAB+ zu leisten, und werde Mittel umschichten.
In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass Deutschlandradio zum Jahresende
die Verbreitung von Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur über Langwelle ersatzlos einstellen werde, auch wenn Deutschlandradio bereits Rückmeldungen
von Zuhörern erhalte, für die der Empfang über Langwelle die einzige Zugangsmöglichkeit zu den Programmen von Deutschlandradio sei. In einem solchen Fall
sei es im Übrigen auch nicht empfehlenswert, zum Mittelwellenempfang zu wechseln; denn ein Jahr später werde auch die Mittelwellenübertragung eingestellt, um
sich besser auf die digitale Übertragung fokussieren zu können.
Anschließend führte er aus, seit dem 18. Januar 2010 werde einem Auftrag aus
dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag folgend DRadio Wissen gesendet. Der
Finanzbedarf für dieses Programm sei nicht mehr im entsprechenden KEF-Bericht
und damit in der damaligen Rundfunkgebühr berücksichtigt worden. Die Finanzierung des anerkannten Bedarfs sei in den ersten Jahren aus Mitteln aus dem KEFProjekt „Mobile Broadcast“ erfolgt, die von ARD und ZDF nicht in Anspruch genommen worden seien und dann Deutschlandradio zugeflossen seien. Dabei habe
es sich jedoch nicht um eine nachhaltige Finanzierung gehandelt. Weil der Rundfunkbeitrag im Zusammenhang mit dem Modellwechsel unverändert geblieben sei
und auch die Aufteilung auf die drei Systeme gleich geblieben sei, habe die Gefahr
bestanden, dass es weiterhin kein nachhaltiges Finanzierungskonzept für DRadio
Wissen gebe.
Im 19. KEF-Bericht sei jedoch eine Lösung dieses Problems angelegt. Diese sehe
vor, dass Deutschlandradio den Programmbedarf aus vorhandenen Rücklagen finanzieren könne. Ab 2015 werde der Anteil am dann abgesenkten Rundfunkbeitrag
neu zugeschnitten, und im Zuge dessen erhalte Deutschlandradio rund 0,02 € mehr,
die ausschließlich dem Zweck dienten, eine nachhaltige Finanzierung von DRadio
Wissen sicherzustellen. Der anerkannte Bedarf für dieses Programm über einen
Zeitraum von vier Jahren hinweg liege also bei insgesamt 29,5 Millionen €. Er
erwähne dies deshalb, weil die KEF unterstellt habe, dass die veränderte Aufteilung zum 1. Januar 2015 wirksam werde, sodass die erwähnten 0,02 € ab diesem
Zeitpunkt zur Verfügung stünden. Wenn die Neuaufteilung allerdings erst später
vorgenommen werde, fehle Deutschlandradio in jedem Monat, um den sich die
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Änderung verschiebe, Geld. Einige wenige Monate Verspätung ließen sich noch
überbrücken, doch lege er Wert auf die Feststellung, dass der Umstellungstermin
für Deutschlandradio eine besondere Bedeutung habe.
Deutschlandradio sei seit seiner Gründung auf der Basis staatsvertraglicher Regelungen mit 40 % an der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH Berlin, des Trägers von zwei großen Sinfonieorchestern und zwei Chören, beteiligt. Die weiteren
Gesellschaftsanteile würden vom Bund mit 35 %, dem Land Berlin mit 20 % und
dem Rundfunk Berlin Brandenburg mit 5 % gehalten. In der Vergangenheit habe es
zurückhaltende Initiativen von Deutschlandradio gegeben, diese Struktur zumindest ein Stück weit infrage zu stellen. Diese Versuche seien jedoch letztlich an den
anderen Trägern gescheitert. Bis 2016 sei der Anteil, der von Deutschlandradio zu
erbringen sei, ausfinanziert und im Rundfunkbeitrag berücksichtigt. In der Summe
würden dafür rund 12,2 Millionen € pro Jahr aufgewendet.
Ab 2017 werde es die eine oder andere Änderung geben. Bei der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH seien noch Rücklagen vorhanden, die bisher zur Glättung des Zuschusses genutzt worden seien. Diese seien dann aufgebraucht. Darüber hinaus würden erst dieser Tage die letzten tarifvertraglichen Regelungen so
angepasst, dass alte Osttarifverträge auf Westniveau umgestellt würden. Dies führe
betriebswirtschaftlich dazu, dass ab 2017 eine oberhalb der Preissteigerungsrate
liegende Anpassung des Zuschusses zu erwarten sei.
Deutschlandradio habe sich dazu in der Weise positioniert, dass dies bei der KEF
angemeldet werde, sofern alle übrigen Beteiligten – insbesondere der Bund und
das Land Berlin – für ihre Zuschüsse ähnliche Garantieerklärungen abgeben würden. Wenn die KEF diese Aufwendungen jedoch nicht anerkenne, werde nicht bei
den Programmmitteln gespart; für Deutschlandradio sei dies vielmehr ein „Sondertopf“, der entweder bereitgestellt werde oder nicht.
Ein Abgeordneter der CDU merkte an, früher habe er, wenn er Deutschlandfunk
gehört habe, die Überbrückungsmusik zwischen den Beiträgen als sehr störend
empfunden. Er sei erfreut darüber, dass er sich inzwischen nicht mehr zu einem
Senderwechsel zwischen den Beiträgen veranlasst sehe. Ferner sei er erfreut über
die hohe Aktualität der Nachrichten.
Ein weiterer Abgeordneter der CDU äußerte, bei der Vorstellung des letzten KEFBerichts habe es noch viele Fragen insofern gegeben, wie sich DAB+ entwickeln
werde. Angesichts dessen, was zwischenzeitlich zu diesem Thema etwa auch aus
der Automobilindustrie zu hören sei, könne wohl davon ausgegangen werden, dass
der Point of no Return überschritten sei. Ihn interessiere, welche Aufgaben der
Intendant des Deutschlandradios aufseiten der Politik sehe.
Der Intendant des Deutschlandradios erklärte, der Point of no Return sei aus seiner
Sicht in der Tat überschritten. Die KEF habe ARD und Deutschlandradio aufgefordert, spätestens im Frühjahr eine Reihe von Fragen zu beantworten, beispielsweise
die, wie die Konzepte für den Ausbau von DAB+ aussähen, welcher Finanzbedarf
sich abzeichne und ob für ein Abschaltdatum für UKW plädiert werde.
Mit der ARD habe seit Langem Einigkeit darüber bestanden, dass ein hybrider
Ansatz favorisiert werde, der auf DAB+ als Rückgrat der künftigen terrestrischen
Verbreitung und das Internet setze. Bei der ARD handle es sich jedoch um eine
Arbeitsgemeinschaft, sodass auf dieser Seite stark unterschiedliche Auffassungen
vertreten würden. Während der Bayerische Rundfunk die Position des Deutschlandradios in vollem Umfang teile und sich auch der SWR dazu bekenne, gebe es
Teile der ARD, die in diesem Bereich zurückhaltender seien. Eine Landesrundfunkanstalt positioniere sich sogar klar ablehnend.
Auf Druck der KEF gebe es nunmehr eine Arbeitsgruppe der ARD, die bis zum
November den Intendanten einen Beschlussvorschlag vorlegen werde. Er sei der
festen Überzeugung, dass die ARD DAB+ tatsächlich als Technologie der Zukunft
anerkenne. Die ARD werde im Gegensatz zum Deutschlandradio jedoch voraussichtlich kein Abschaltdatum für UKW nennen.
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Wenn dieses Bekenntnis zu DAB+ als Zukunftstechnologie vorliege, müsse geprüft werden, was seitens der Regulierungsbehörden und seitens der Politik getan
werden müsse. Schließlich sollte es auch ein Bekenntnis der politischen Seite dergestalt geben, dass DAB+ die Zukunftstechnologie sei.
Eine so klare Positionierung vermisse er derzeit, und dies führe dazu, dass einige
nach wie vor meinten, es könnte auch auf das Internet hinauslaufen. Davor warne er jedoch; denn das Radio ginge im Internet unter und würde zudem Gefahr
laufen, sich Geschäftsmodellen beispielsweise von Serverbetreibern unterwerfen
zu müssen. Nicht zu unterschätzen sei auch, dass für die Nutzer stark steigende
Kosten zu befürchten wären, weil bei Nutzung des Internets zwischen dem Sender
und dem Nutzer eine 1:1-Verbindung hergestellt werde und jede dieser einzelnen
Verbindungen Serverkapazitäten erfordere. Das Internet sei jedoch zu wertvoll und
zu entscheidend für die Wirtschaft, als dass es überlastet werden sollte.
Deshalb sollte die Massenkommunikation über den Rundfunk abgewickelt werden. Mit dieser Problematik müsse sich die Politik befassen; auch die Regulierungsbehörden müssten sich damit beschäftigen. Bisher befasse sich die Medienpolitik fast ausschließlich mit Fernsehen, doch nunmehr müsse der Fokus auch
auf das Radio gelenkt werden. Nicht unerheblich sei auch, dass ein Übergang zu
DAB+ zu Kosteneinsparungen führen werde.
Der Intendant des SWR erklärte, er könne sich einen Umstieg zu DAB+ nur dann
vorstellen, wenn öffentlich-rechtliche und private Anbieter gemeinsam vorangingen. Ein Großteil der privaten Veranstalter sei jedoch zumindest derzeit noch dezidiert gegen einen Umstieg, solange keine Kostenerstattung erfolge. Erschwerend
komme hinzu, dass in Deutschland nach seinen Informationen derzeit rund 400
Millionen UKW-Geräte betrieben würden, die nach einem Umstieg zu Elektronikschrott würden. Deshalb tue sich der Gesetzgeber schwer, einen Abschaltzeitpunkt
für UKW festzulegen.
Allen Beteiligten wäre es vermutlich recht, wenn ein konkreter Abschaltzeitpunkt
genannt würde; die Möglichkeit für eine Abschaltung von UKW sei jedoch auch
von Entwicklungen abhängig, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk allein nicht
einleiten könne.
Der Intendant des Deutschlandradios legte dar, nach seinen Informationen seien
in Deutschland 140 Millionen Radiogeräte in Betrieb. Diese würden nach einer
Abschaltung von UKW in der Tat überflüssig. Jährlich würden etwa 7 Millionen
Rundfunkgeräte erneuert; wenn ab sofort nur noch Radiogeräte verkauft werden
dürften, die nicht nur für UKW, sondern auch für DAB+ geeignet seien, würde es
20 Jahre dauern, bis das Problem gelöst sei. Dies könne etwas beschleunigt werden. Die privaten Anbieter seien in der Tat weitestgehend gegen eine Abschaltung
von UKW. Denn sie sähen für sich keine entscheidenden Vorteile. Es sei also erforderlich, auch regulatorisch einzugreifen, und dann sei ein Umstieg innerhalb von
zehn Jahren möglich. Dies zeige das Beispiel Schweiz. Für nachahmenswert halte
er im Übrigen die Aufforderung des Bayerischen Landtags an den Bayerischen
Rundfunk und andere, mehr für DAB+ zu tun.
Ein Abgeordneter der CDU warf ein, ihn habe überrascht, dass für den Intendanten
des SWR die privaten Anbieter die Benchmark lieferten, an der sich der SWR orientiere. Der SWR sei bereits selbstbewusster gewesen.
Anschließend äußerte er, hinsichtlich der Festlegung eines Abschaltzeitpunkts sei
er sehr skeptisch. Er erinnere an die Schwierigkeiten, die bei dem Bestreben zutage
träten, überall im Land einen schnellen Internetzugang sicherzustellen. Angesichts
dessen plädiere er dafür, auf die Dynamik der Entwicklung zu setzen und zunächst
die Voraussetzungen zu schaffen, dass DAB+ flächendeckend empfangen werden
könne. Er hielte es nicht für sinnvoll, bereits derzeit einen weit in der Zukunft liegenden Abschaltzeitpunkt festzulegen.
Der Intendant des Deutschlandradios merkte an, der Landtag von Sachsen-Anhalt
habe sich für 2025 als Abschaltzeitpunkt entschieden.
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Der Abgeordnete der CDU entgegnete, aufgrund der topografischen Situation sei
es in Sachsen-Anhalt viel leichter als in Baden-Württemberg, eine flächendeckende Versorgung mit DAB+ zu ermöglichen.
Der Intendant des SWR stellte abschließend klar, es gehe nicht um Selbstbewusstsein, sondern darum, den Markt richtig einzuschätzen. Es sei unstreitig, dass die
privaten Veranstalter die Hälfte des Marktes stellten, und er könne sich nicht vorstellen, eine so weitreichende Entscheidung gegen die Hälfte der Marktteilnehmer
durchzusetzen. Auch er hätte lieber früher als später eine Umstellung von UKW
auf DAB+, doch aus seiner Sicht könne die geschilderte Marktsituation nicht
ignoriert werden.
Hinsichtlich der Zahl der Rundfunkgeräte in Deutschland habe er versehentlich
eine falsche Zahl genannt, doch auch 140 Millionen nach einer Umstellung nicht
mehr nutzbare Geräte seien ein, wenn auch lösbares, Problem. Das wesentlich größere Problem sei die mangelnde Bereitschaft der privaten Veranstalter zu einem
Wechsel der Technologie. Die Lösung dieses Problems erfordere voraussichtlich
längerfristige Anstrengungen.
Der Ausschussvorsitzende bedankte sich unter dem Beifall des Ausschusses für
das Erscheinen im Ausschuss und die gemachten Ausführungen.
Der Ausschuss beschloss ohne förmliche Abstimmung, dem Plenum zu empfehlen,
von den fünf Mitteilungen Kenntnis zu nehmen.
15. 10. 2014
Günther-Martin Pauli
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