Newsflash Real Estate III 2009 Urteilsanmerkung

Transcription

Newsflash Real Estate III 2009 Urteilsanmerkung
Newsflash Real Estate III 2009
Urteilsanmerkung
Bürgschaft Teil 2
Werthaltigkeit der Gewährleistungsbürgschaft bei Verzicht
auf die Einrede des Bürgen nach § 768 BGB
(BGH, Urteil vom 16.06.2009, XI ZR 145/08)
Mit Urteil vom 16. Juni 2009 hat der BGH entschieden, dass eine formularmäßige
Sicherungsabrede, wonach der Werkunternehmer einen Sicherheitseinbehalt
von 5 % der Schlussrechnungssumme nur gegen Stellung einer
Gewährleistungsbürgschaft ablösen kann, die den Verzicht auf die Einreden
des Bürgen aus § 768 BGB enthält, wegen unangemessener Benachteilung
des Werkunternehmers nach § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam ist.
Anders als bei Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft (siehe dazu die
Entscheidung des BGH vom 12. Februar 2009, Az.: VII ZR 39/08 und den
Beitrag in Newsflash Real Estate II 2009; S. 3-5) habe die unangemessene
Benachteiligung des Werkunternehmers zur Folge, dass die Sicherungsabrede
insgesamt – und nicht nur teilweise hinsichtlich des Verzichts auf § 768 BGB –
unwirksam ist, da eine formularmäßige Vereinbarung zur Sicherung von
Gewährleistungsansprüchen mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine
Gewährleistungsbürgschaft eine untrennbare Einheit bilde.
Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,
herzlich willkommen zu einer
neuen Ausgabe unseres
Newsflash Real Estate.
Wir wünschen Ihnen eine
informative Lektüre. Der
Newsflash Real Estate soll Ihnen
einen kurzen Überblick über
aktuelle Entwicklungen im
Immobilienrecht und
angrenzenden Rechtsgebieten
liefern.
Für weitergehende
Informationen stehen wir Ihnen
jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Real Estate-Team von
White & Case
Ansprechpartner
Der Entscheidung des BGH vom 16. Juni 2009 lag folgender Sachverhalt
zugrunde:
Die Klägerin (Bestellerin) beauftragte die Hauptschuldnerin (Werkunternehmerin)
mit der Ausführung von Malerarbeiten an einem Bauvorhaben. Das von der
Klägerin gestellte Vertragsmuster enthielt die folgenden Bestimmungen in
Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen:
„Der Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche beträgt 5% der
Schlussabrechnungssumme zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Sicherheit kann
durch Stellung einer Bürgschaft abgelöst werden.“
„Sämtliche selbstschuldnerische Bankbürgschaften müssen den Verzicht auf
die Einreden der Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage
(§§ 768, 770, 771 BGB) und den Verzicht auf das Recht der Hinterlegung
enthalten. Sie müssen weiterhin unbedingt und unbefristet sein.“
[Hervorhebung d. Verf.]
Dem vor Vertragsschluss erstellten Verhandlungsprotokoll, welches
Vertragsbestandteil wurde, war als Anlage ein von der Klägerin vorformuliertes
Muster einer Gewährleistungsbürgschaft beigefügt, das den Verzicht auf
White & Case LLP
Bockenheimer Landstraße 20
60323 Frankfurt am Main
Frankfurt
Endrik Lettau
Tel.: +49 69 29994 1584
[email protected]
Berlin
Dr. Jan Kreikenbohm
Tel.: +49 30 880911 828
[email protected]
Hamburg
Dr. Stefan Feuerriegel
Tel.: +49 40 35005 217
[email protected]
„sämtliche Einwendungen und Einreden, insbesondere auf die Einreden der
Anfechtbarkeit, der Aufrechenbarkeit und der Vorausklage gemäß §§ 768, 770,
771 BGB“
vorsah. Diesem Muster entsprechend übernahm die Beklagte (Bürgin) eine
Bürgschaft für die Gewährleistungsansprüche der Klägerin. Nach Insolvenz
der Hauptschuldnerin nahm die Klägerin die Beklagte aus der
Gewährleistungsbürgschaft in Anspruch. Die Beklagte verteidigte sich mit
den Einwand, dass die Sicherungsabrede wegen des formularmäßigen
Verzichts auf die Rechte des Bürgen aus § 768 BGB insgesamt unwirksam sei.
Der BGH gab der Bürgin Recht:
Zwar enthalte die vorstehend zitierte Sicherungsabrede in ihrem Klauseltext
nicht ausdrücklich einen Verzicht auf die Einreden des Bürgen aus § 768 BGB.
Die Vorschrift des § 768 BGB sei insofern nur im Klammerzusatz genannt.
Auch wenn der Inhalt der Klausel daher insoweit unklar sei, umfasse die
Sicherungsabrede nach zutreffender Auslegung jedoch auch einen Verzicht
auf § 768 BGB. Denn in dem beigefügten und verwendeten Muster der
Gewährleistungsbürgschaft war ein Verzicht auf § 768 BGB vorgesehen.
Grundsätzlich könne ein Werkunternehmer durch Beifügung eines
Vertragsmusters den eindeutigen Inhalt einer Sicherungsabrede nicht ändern.
Ist eine Klausel aber – wie hier – gerade nicht eindeutig, so erlange ein
Vertragsmuster, das Bestandteil der Vereinbarung geworden ist, für die
Auslegung dieser Klausel Bedeutung.
Die den Verzicht auf die Einreden aus § 768 BGB umfassende Sicherungsabrede
ist nach Auffassung des BGH insgesamt unwirksam. Nach ständiger
Rechtsprechung führt ein formularmäßig vereinbarter Sicherungseinbehalt
von 5 % der Auftragssumme nämlich nur dann nicht zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Werkunternehmers, wenn ein fairer Ausgleich dafür
vorgesehen ist, dass er den Werklohn nicht sofort ausgezahlt erhält, das
Bonitätsrisiko des Bestellers für die Dauer der Gewährleistungsfrist tragen
muss und ihm die Verzinsung des Werklohns vorenthalten wird (vgl. BGHZ,
S. 136, 27, 31f.; BGHZ, S. 157, 29, 31f.).
Die Ablösungsmöglichkeit des Sicherungseinbehalts durch eine Bürgschaft,
die den Verzicht auf sämtliche Einrede aus dem Hauptschuldverhältnis
(vgl. § 768 BGB) enthalten muss, sei aber kein angemessener Ausgleich.
Denn noch weitergehender, als bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern,
sind bei einer Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB alle Einreden aus
dem Hauptschuldverhältnis endgültig ausgeschlossen. Die dadurch in weitem
Umfang aufgehobene Akzessorietät der Bürgenhaftung wandle sich zu einer
garantieähnlichen Haftung. Dies benachteilige nicht nur den Bürgen, sondern
auch den Werkunternehmer unangemessen, da er dem Bürgen nach
§ 670 BGB die erforderlichen Aufwendungen zur Erfüllung der Bürgenschuld
zu erstatten habe und damit ggf. bestehende Einwendungen gegen die
Gewährleistungsansprüche des Bestellers im Hauptschuldverhältnis im
Ergebnis wertlos sind.
Da die Verknüpfung einer Gewährleistungssicherheit – hier in Gestalt
des Sicherungseinbehalts in Höhe von 5 % der Auftragssumme – mit der
Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft eine untrennbare,
konzeptionelle Einheit bilde, sei die Sicherungsabrede vollständig unwirksam,
eine Teilbarkeit der Sicherungsabrede in wirksame und unwirksame Teile
scheide aus.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist interessengerecht. Anders als
bei einer Vertragserfüllungsbürgschaft, bei der der Bundesgerichtshof für
eine entsprechende Sicherungsabrede eine isolierte Teilbarkeit angenommen
hat, bildet die Vereinbarung zur Sicherung von Gewährleistungsansprüchen
mit der Ablösungsmöglichkeit durch eine Gewährleistungsbürgschaft eine
konzeptionelle Einheit, da der Werkunternehmer abredegemäß eben nur bei
Hinweis
White & Case ist eine
internationale Anwaltskanzlei,
die aus White & Case LLP, eine
im US-Staat New York registrierte
Limited Liability Partnership,
White & Case LLP, eine nach
englischem Recht eingetragene
Limited Liability Partnership, und
weiteren angeschlossenen
Unternehmen besteht. Die
Partner unserer deutschen
Büros gehören ebenfalls der
nach dem Recht des Staates
New York gegründeten Limited
Liability Partnership an.
Demzufolge ist die persönliche
Haftung der einzelnen Partner
beschränkt.
Der Newsflash Real Estate ist
ein reines Informationsschreiben
und dient der allgemeinen
Unterrichtung unserer
Mandanten und anderer
interessierter Personen. Der
Newsflash Real Estate kann eine
rechtliche Beratung im Einzelfall
nicht ersetzen. Gerne stehen wir
Ihnen für weiterführende
Informationen oder konkrete
Anfragen zur Verfügung.
www.whitecase.de
Stellung der vereinbarten Bürgschaft unter Verzicht auf § 768 BGB den
einbehaltenen Werklohn erhalten kann.
Für eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend, dass die Parteien
der Sicherungsabrede – hätten sie die Unwirksamkeit des Verzichts auf die
Einreden aus § 768 BGB gekannt – eine Bürgschaft ohne diesen Verzicht
vereinbart hätten, besteht angesichts der Vielzahl anderer denkbarer
Gestaltungsmöglichkeiten (z. B. Wahl anderer Sicherungsmittel,
Verringerung des Gewährleistungseinbehalts etc.) kein Raum. Enthält
die Sicherungsabrede für die Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft
daher einen Verzicht auf die Einreden des Bürgen aus § 768 BGB, ist die
Bürgschaft wertlos.
Fazit
Die Entscheidung verschafft der Bauwirtschaft und den ihr zur Seite stehenden
Rechtsberatern Klarheit darüber, dass eine formularmäßige Sicherungsabrede,
die einen Verzicht auf die Rechte des Bürgen aus § 768 BGB umfasst, generell
und insgesamt unwirksam ist. Zu beachten ist aber, dass die Anwendung
der Rechtsprechung des BGH voraussetzt, dass die Sicherungsabrede
auch tatsächlich so auszulegen ist, dass ein Verzicht auf § 768 BGB
vereinbart wurde.
Im Vorfeld der Inanspruchnahme einer Gewährleistungsbürgschaft
oder im Rahmen der Gestaltung einer Sicherungsabrede für eine
Gewährleistungsbürgschaft ist daher präzise zu überprüfen, welchen
genauen Inhalt die konkrete Sicherungsabrede hat bzw. die zu gestaltende
haben soll und darf.
Aktuelles
Grundbuchfähigkeit der GbR
(BGH, Beschluss vom 04.12.2008 und Reaktion des Gesetzgebers)
Die Rechtsfähigkeit der GbR, d. h. ihre Fähigkeit Trägerin von Rechten und
Pflichten zu sein, war in Rechtsprechung und Literatur lange Zeit umstritten.
Mit Entscheidung vom 29. Januar 2001 hat der BGH die Rechtsfähigkeit der
GbR anerkannt. Trotz der Annerkennung ihrer Rechtsfähigkeit konnte die GbR
nach überwiegender Auffassung der Oberlandesgerichte nicht im Grundbuch
eingetragen werden. Vielmehr sah die Grundbuchpraxis vor, dass die einzelnen
Gesellschafter der GbR als Rechträger durch den Zusatz „als Gesellschaft
bürgerlichen Rechts“ in das Grundbuch einzutragen sind. Mit Beschluss vom
4. Dezember 2008 hat der BGH entgegen dieser, von den Oberlandesgerichten
vertretenen Auffassung entschieden, dass die GbR als solche grundbuchfähig ist.
Sachverhalt
Der BGH hatte sich in dem Beschluss vom 4. Dezember 2008 mit der Frage zu
befassen, ob eine Zwangshypothek zugunsten einer GbR in das Grundbuch
eingetragen werden kann und wie die GbR im Falle der Grundbucheintragung
bezeichnet werden muss.
Entscheidung des BGH
Nach der Entscheidung des BGH vom 4. Dezember 2008 führt die Anerkennung
der Rechtsfähigkeit der GbR dazu, dass die GbR als solche auch Eigentum an
Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie beschränkte dingliche
Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten erwerben kann.
Dies hat zur Folge, dass das Eigentum an diesen Rechten im Grundbuch auch
als das zu bezeichnen ist, was es ist, nämlich Eigentum der GbR und nicht
ihrer Gesellschafter. Demzufolge ist die GbR im Grundbuch unter der
Bezeichnung einzutragen, die ihr im Gesellschaftsvertrag gegeben worden
ist. Führt die GbR nach dem ihr zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag
keine eigene Bezeichnung, ist die GbR als „Gesellschaft bürgerlichen Rechts
bestehend aus…“ unter Hinzusetzung der Namen der Gesellschafter der GbR
einzutragen. Diese Form der Eintragung ist erforderlich, um die GbR von
anderen GbRs unterscheiden zu können, ändert nach der Entscheidung des
BGH aber nichts daran, dass das Eigentum auch in diesem Fall bei der GbR
selbst und nicht bei ihren Gesellschaftern liegt.
Reaktion des Gesetzgebers
Die Entscheidung des BGH führt in der grundbuchrechtlichen Praxis zu
Schwierigkeiten insbesondere bei Immobiliengeschäften mit einer GbR. Nach
der Entscheidung des BGH ist nur noch die GbR als solche im Grundbuch
einzutragen. Einer darüber hinausgehenden Bezeichnung der einzelnen
Gesellschafter kommt nur noch eine rein deklaratorische, der
Individualisierung dienende Bedeutung zu mit der Folge, dass ein
gutgläubiger Erwerb von einer GbR nicht mehr möglich ist.
Der Gesetzgeber hat auf diese Unsicherheiten mit dem Gesetz zur Einführung
des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im
Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und
kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) reagiert, das am 18. August 2009 in
Kraft getreten ist. Dieses Gesetz enthält neben der Einführung der elektronischen
Verfahrensführung Regelungen, mit denen die rechtlichen Voraussetzungen
für die Teilnahme der GbR am Immobilienverkehr geschaffen werden sollen.
Diese Regelungen sehen vor, dass in Zukunft sowohl der Name der GbR als
auch der Name sämtlicher Gesellschafter im Grundbuch einzutragen ist.
In der Folge kann der Erwerber eines Grundstücks von den eingetragenen
Gesellschaftern auch dann (gutgläubig) Eigentum erwerben, wenn sie
tatsächlich nicht mehr Gesellschafter der GbR sein sollten.
Fazit
Wer eine Immobilie von einer GbR erwirbt, kann sich mit Inkrafttreten des
Gesetzes somit wieder darauf verlassen, dass er Eigentümer wird, wenn er
den Vertrag mit den im Grundbuch als Gesellschafter der GbR eingetragenen
Personen schließt. Dies gilt auch für alle „Altfälle“, die bei Inkrafttreten der
Neuregelungen unter Angabe ihrer Gesellschafter im Grundbuch eingetragen
sind.
In den Fällen, in denen in der Zwischenzeit entsprechend der Entscheidung
des BGH nur die GbR unter Angabe ihres Namens im Grundbuch eingetragen
worden ist, findet die Gesetzesänderung keine Anwendung. In diesen Fällen
sollte die Eintragung der Gesellschafter der GbR im Grundbuch nachgeholt
werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass künftige
Verkaufsentscheidungen nicht kurzfristig realisiert werden können.
Quellen
– BGH, Beschluss vom 4.12.2008 – Az.: V ZB 74/08, NJW 2009, S. 594
– BGH NJW 2001, S. 1056 (Entscheidung zur Rechtsfähigkeit)
– Gesetzesentwurf (ERVGBG) BT-Drs. 16/12319 und BT-Drs. 13437
Trittschall und kein Ende
Der Schallschutz zwischen verschiedenen Nutzungseinheiten eines Gebäudes,
seien es Wohnungen oder Gewerbeflächen, beschäftigt häufiger die Gerichte.
Gerade die Anforderungen – insbesondere an die Trittschalldämmung –
stellen bei Aus-, Um- und Neubauten oftmals einen (potenziellen) Streitpunkt
zwischen Nutzern, Käufern, Planern und Eigentümern dar. Die hierbei
zugrunde liegenden Maßstäbe sind etwas unübersichtlich.
Der BGH hat jüngst eine Verschlechterung des Trittschallschutzes beim
Austausch eines Bodenbelags erlaubt, solange sich der Trittschallschutz
in einem zulässigen Rahmen bewegt.
Wie kam es dazu?
In einer Wohnung wurde der Bodenbelag aus PVC durch Fliesen ersetzt. Der
Mieter der darunterliegenden Wohnung fühlte sich durch Trittschall belästigt
und klagte. Der BGH weist die Klage ab: Im konkreten Fall sei der
Trittschallschutz trotz der Verschlechterung noch im Rahmen dessen,
was bei einem Gebäude dieses Alters als zulässig angesehen werden müsse.
Wer einen Raum in einem Gebäude miete, könne in Bezug auf Schallschutz
grundsätzlich nicht mehr erwarten, als im Zeitpunkt der Errichtung des
Hauses Standard war. Den sah der BGH hier noch eingehalten.
Gilt das auch bei stärkerem Umbau?
Nein! Der Bundesgerichtshof will seine Entscheidung ausdrücklich in
Abgrenzung zu einem 2004 entschiedenen Fall verstanden wissen, in dem
ein vorher nicht genutztes Dachgeschoss ausgebaut worden war. In einem
solchen Fall liegt ein Mangel vor, wenn der im Zeitpunkt des Umbaus
geltende Standard unterschritten wird.
Gelten besondere Maßstäbe zwischen Wohnungseigentümern?
Ja. Das Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern wird auch vom
Wohnungseigentumsgesetz beeinflusst, das eine Rücksichtnahmepflicht
enthält. Diese besondere Pflicht kann nach einer Entscheidung des
OLG München dazu führen, dass beim Austausch von Teppich gegen Parkett
zusätzlicher Schallschutz eingebaut werden muss. Der Wohnungseigentümer
müsse nämlich – so das Gericht – für einen solchen Schallschutz sorgen,
wie er entsprechend dem gehobenen Standard der konkreten Wohnanlage
erwartet werden darf, mindestens aber einen Schallschutz gemäß DIN-Norm
im Zeitpunkt des Austauschs des Bodenbelags.
Welche Bedeutung haben überhaupt die technischen Normen
zum Trittschallschutz?
Vorrangig gilt der Vertrag, gerade wenn er einen hohen Standard verspricht
(z. B. „exklusive Wohnung“). Der Bundesgerichtshof geht sogar davon aus,
dass bei Neubauten regelmäßig ein höherer Schallschutz geschuldet sei als
nach den Mindestwerten der einschlägigen „DIN 4109“, weil diese nicht mehr
als anerkannte Regel der Technik anzusehen sei. Der Vorrang der vertraglichen
Regelung vor Normen gilt für Miete und Kauf bzw. Bau. Ebenso gilt dies
sinngemäß bei Neubau und Altbau. Gerade bei sanierten Altbauten ist
genau zu prüfen, was für ein Standard der Sanierung versprochen ist,
um dazu passend den geschuldeten Schallschutz bestimmen zu können.
Quellen
– BGH, Urteil vom 17. Juni 2009, VIII ZR 131/08
– BGH, Urteil vom 6. Oktober 2004, VIII ZR 355/03
– OLG München, Beschluss vom 9. Januar 2008, 34 Wx 114/07
– BGH, Urteil vom 4. Juni 2009, VII ZR 54/07