Patente, Marke und Lizenzen in Russland - Deutsch

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Patente, Marke und Lizenzen in Russland - Deutsch
Immer eine gute Idee – Patente,
Marke und Lizenzen in Russland
Prof. Dr. Andreas Steininger, Dipl.-Ing.
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Rechtsanwälte
Rechtsschutzes in Russland allgemein
Katastrophales Bild in Deutschland über die Rechtslage in Russland:
„Russlands Polizei beherrscht das Land … Milizen schmieren, erpressen, foltern,
töten, deformieren die ganze Gesellschaft“ (FAZ, 25 Juli 2009), „Wie ich auf den
Hund kam. Wilde Rudel in Moskau.“ (FAZ, 2. August 2009). „Dieser grinsende
Russe dreht uns den Gashahn zu“ (Bild, 9. Januar 2009), „Wild, wild beach …
Menschen am schwarzen Meer, deren Leben von Vodka, Karaoke und Gewalt
bestimmt ist“ (WDR, 3. September 2009, 23.15-00.40 Uhr)
Prozesse gegen Chodorkowksij und zum Mord an Politkovskaja: Beispiele für die
Korruptheit der Justiz
Thema dieses Vortrages ist eigentlich gewerblicher Rechtsschutz bzw. der
Schutz geistigen Eigentums in Russland und nicht die Schreckensmeldungen der
Medien über Chodorkowski und Politkovskaja
Es wäre jedoch falsch, dieses mediale Bild zu ignorieren und so zu tun, als
könne der gewerbliche Rechtsschutz isoliert betrachtet werden
Zu beachten daher: Spannungsverhältnis von gewerblichen Schutzrechten und
Recht allgemein, Politik, ökonomischen Vorgaben und öffentlicher Wahrnehmung
der russischen Justiz
Probleme im russischen Justizsystem lassen sich sicherlich nicht verneinen:
objektiveres Bild jedoch notwendig
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Grundlage des Schutzes des Geistigen Eigentums: 4. Teil des ZGB
Uberblick über die Regelungsbereiche des 4. Teiles des ZGB
Allgemeine Bestimmungen (Kapitel 69)
Urheberrecht (Kapitel 70)
Mit dem Urheberrecht verbundene Rechte (Kapitel 71)
Patentrecht (Kapitel 72)
Rechte an Züchtungen (Kapitel 73)
Rechte an Topologien von integrierten Mikroschaltungen (Kapitel 74)
Rechte an Know-How (Kapitel 75)
Rechte an der Individualisierung juristischer Personen, Waren,
Werkleistungen, Dienstleistungen und Unternehmen (vor allem
Markenrecht, Kapitel 76)
Rechte an der Nutzung von Ergebnissen von geistiger Tätigkeit an Bestandteilen
einheitlicher Technologie (Kapitel 77)
(auf die fettgedruckten Kapiteln wird im folgenden eingegangen)
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Patente
drei Kathegorien von Patenten:
Patente auf eine Erfindung
Patente auf ein Gebrauchsmuster (technische Ausführungen von
Produktionsmitteln)
Patente auf Geschmackmuster (Designerische Lösungen)
problematisch: Grenzen zwischen unterschiedlichen Erfindungsarten
verschwimmen
Voraussetzungen für die Patenterteilung (wie in Deutschland) vor allem:
Neuheit
Erfinderische Tätigkeit/erfinderischer Schritt/Originalität
Gewerbliche Anwendbarkeit
•
Bewertung:
Positiv: Verkürzung der Prüffristen bei der Anmeldung
Problem: jede kleinere Änderung kann bereits zu einem neuen Patent führen
und den Patentschutz verwässern; hier fehlt genauere Bestimmung
Internationale Anmeldung: nicht automatisch Schutz in Russland
Insgesamt: internationale Standard
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Marken
• Anmeldung beim Rospatent; kann aber durch eine internationale Anmeldung
erreicht werden
• Anmeldung in russischer Sprache mit Angabe
des Wortes oder Bildes der Marke
der internationalen Klasseneinteilung für die Waren und Dienstleistungen
(Nizzaer Klassifikation)
• Anmelder sind allein
juristische Personen
natürliche, aber unternehmerisch tätige Personen (Registrierung nach Art. 23
ZGB)
Schutz auf 10 Jahre nach der Anmeldung; Verlängerungsoption auf weitere 10
Jahre; hierbei keine Änderung der Schutzdauer im neuen ZGB
Bewertung:
Positiv: die Firma eines Geschäftes wird vom Markenrecht mit umschlossen:
einheitliche Regelung
Prüffristen wie beim Patentrecht verkürzt
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Bewertung der rechtlichen Grundlagen
4. Teil des ZGB: sehr weit gefächerter Regelungskanon im Bereich des
gewerblichen Rechtsschutzes, die in Deutschland zersplitterten Regelungen
zusammenfasst
ein Mehr an theoretischer Rechtssicherheit durch:
Zusammenfassung aller Regelungen zum geistigen Eigentum
Einheitliche Anspruchsgrundlagen bei Schutzrechtsverletzungen
Druck auf Behörden durch Verkürzung der Prüffristen bei den Anmeldeverfahren
Neuer 4. Teil des ZGB schließt Regelungslücken; hierbei vor allem für die Praxis
relevant Regelung von:
Lizenzverträgen
Know-How
Sortenschutz
Insgesamt positive Bewertung von der theoretischen Rechtslage her
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Hält die Praxis, was die Theorie verspricht?
nach Bismarck: „gute Beamte können schlechte Gesetze aufwiegen; gute
Gesetze schlechte Beamte jedoch nicht“
Häufigste Probleme:
Versäumte Patentanmeldung
„Patentracketiere“
Markenmissbrauch durch Anmeldung kyrillischer Marken oder Domains
•
Was sind die „Spieler“ beim gewerblichen Rechtsschutz in Russland und
werden diese mit den Problemen fertig?
Russisches Patent- und Markenamt, genannt Rospatent
Ordentliche Gerichte und Arbitragegerichte
Sonstige Behörden, insbesondere Antimonopolbehörde FAS
in der Regel ausländischer Investor, russischer Distributor Rechtsanwälte und
Patentanwälte
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häufiges Praxisproblem Nr. 1: versäumte Patentanmeldung
•
•
•
Problem: häufig gemachte Erfahrung: bei Investitionen in Russland wird an alles
gedacht (Kauf eines Grundstücks, Einfuhrgenehmigung, Arbeitsverträge etc.), nicht
jedoch daran, die Grundlage des technischen Produktes, das man in Russland
verkaufen oder gar produzieren lassen will, zu patentieren;
Mögliche Folge:
Konkurrent meldet das Produkt aufgrund des nach russischem Recht
engen Äquivalenzbereiches mit einigen Modifikationen an und verlangt dann
vom eigentlichen Erfinderunternehmen selber Patentgebühren (sogar legal)
Schutzmöglichkeiten:
Primär: vor der Platzierung eines Produktes auf dem russischen Markt, sollte
die zugrunde liegende Erfindung durch eigene Anmeldungen in Russland (nicht
nur internationale Anmeldung) sowie möglichst vieler Abwandlungen gesichert
werden („Abstecken des Marktes“)
Ansonsten: Einleitung eines Annullierungsverfahrens gegen das
Konkurrenzprodukt von der Kammer für Patentstreitigkeiten des Rospatent
(siehe nachfolgende Folie)
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Häufiges Praxisproblem Nr. 2: „Patentracketiere“
•
Problem: ähnlich wie bei der versäumten Patentanmeldung:
Unternehmen verfügt über eine Erfindung und nutzt diese in der RF, wobei
Erfindung in der RF nicht oder nicht ausreichend geschützt;
so genannte „Patentracketiere“ nutzen gezielt Schutzlücken aus und ahmen das
Patent nach und melden es beim Rospatent an
Unterschied zu der Kathegorie der einfach nur versäumten
Patentanmeldung: Patentracketiere wesentlich agressiver und organisierter in
der Vorgehensweise; in der Regel werden Staatsanwaltschaft und Polizei gegen
die Patentverletzer, also die eigentlichen Erfinderfirmen mobilisiert
Folge:
Patentracketiere verlangen Lizenzgebühren; wenn nicht gezahlt wird:
Patentverletzungklage, Einschaltung der Miliz gegen die eigentliche
Erfinderfirma
Schutzmöglichkeiten: analog zur versäumten Patentanmeldung, also
Primär: vor der Platzierung eines Produktes auf dem russischen Markt,
Patentanmeldung
Ansonsten: Einleitung eines Annullierungsverfahrens gegen das
Konkurrenzprodukt von der Kammer für Patentstreitigkeiten des Rospatent
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Häufiges Praxisproblem Nr. 3: Markenmissbrauch
Markenmissbrauch durch:
Anmeldung einer Marke durch Dritte in kyrillischer Schrift
Anmeldung einer Domain
Prinzipiell mit einem Produkt, einer Marke oder sonstigem Schutzrecht vor Eintritt
auf den russischen Markt,
Markt nach ähnlichen Schutzrechten durch Patent- oder Rechtsanwälte
prüfen lassen;
wenn keine Konkurrenz-Schutzrechte vorhanden:
Markt „abstecken“, in dem man selber Schutzrechte für ein Produkt breitflächig
anmeldet
bei konkurrierenden Anmeldungen von kollidierenden Schutzrechten oder
Verletzungen der Schutzrechte,
sofort durch Klagen bei Rospatent oder Arbitragegerichten vorgehen
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Rospatent und Patentstreitkammer
Russisches Patent- und Markenamt (Rospatent) zuständig für:
Registrierung aller Arten von eintragbaren Schutzrechten (Patente, Marken,
Software fakultativ)
Annullierung von bereits eingetragenen Schutzrechten über die Kammer für
Patentstreitigkeiten:
Bespiel: Annullierungsverfahren für ausländische Investoren vor allem immer
dann relevant, wenn ein anderes Unternehmen eine Marke oder ein Patent
„abgekupfert“ und auf eigenen Namen angemeldet hat
praktische Erfahrung:
Registrierungspraxis sehr breitflächig, d.h. schon bereits bei geringfügigen
Abwandlungen von Patenten, Marken, Gebrauchsmustern und
Geschmacksmustern wird registriert
führt teilweise zu Missbrauch des Patentrechts und Patentinflation
Fazit: Problembewältigung kann durch Rospatent und Patentstreitkammer
nicht gelingen
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Gerichte
in der Regel entscheiden Arbitragegerichte bei Geistigem Eigentum:
Schadensersatzklagen bei Rechtsverletzungen
Berufungsverfahren gegen Entscheidungen der Kammer für Patentstreitigkeiten
des Rospatent (damit Kontrollorgan des Rospatent)
Unterlassungsverfahren
Praktische Erfahrung:
Ordentliche Gerichten: Rechtsschutz schwieriger: Richter häufig unerfahren
und beeinflussbar
bei den Arbitragegerichten: Richter souveräner; grundsätzlich auch Tendenz,
bei Berufungssachen die Entscheidungen der Patentstreitkammer des
Rospatent zu bestätigen; aber Richter aufgrund ihrer Erfahrung in
Wirtschaftssachen auch abweichender Meinung
Ergebnis: insgesamt wäre es unseriös, Probleme der Gerichtsbarkeit im
Zusammenhang mit gewerblichen Rechtsschutz zu verneinen; die
Entscheidungspraxis ist jedoch deutlich besser, als der in westlichen Medien
kolportierte Ruf
Fazit jedoch: sich allein auf die effektive Hilfe von Gerichten zu verlassen, ist
nicht ausreichend
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Sonstige Behörden, FAS
Wesentliche Rolle bei Schutz geistigen Eigentums spielt auch die
Staatsanwaltschaft und die Antimonopolbehörde FAS
Beispiele:
Nachahmung von Patenten: Strafverfolgung nach Art. 147 StGB
Den Wettbewerb verzerrende Werbung durch Nutzung einer Marke
Praktische Erfahrung
Staatsanwaltschaft und FAS spielen eine wichtige Rolle bei der Verfolgung von
Rechtsgutsverletzungen; hohes Drohpotential
teilweise jedoch unberechen- und beeinflussbar;
kommen häufig zu zweifelhaften Entscheidungen, die von den Gerichte wieder
korrigiert werden
Fazit: Einschaltung dieser Organe: ultima ratio
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Handlungsmöglichkeiten bei Schutzrechtsverletzungen
•
Problem: typische Schutzrechtsverletzung
gezielte Nachahmung, in Umlaufbringen von Produkten, die einem Patentschutz
unterliegen, Werbung für solche Produkte
Folge:
eigentlicher Patentinhaber verliert Marktanteile und damit Gewinn; vor allem
meist schlechte Nachahmungen, so dass sich der schlechte Ruf auf das Original
überträgt
Schutzmöglichkeiten:
zivilrechtliche Klage vor einem Arbitragegericht (jur. Personen) oder
ordentlichen Gericht (bei natürlichen Personen): Schadensersatz,
Unterlassung und vor allem auch öffentliche Richtigstellung
strafrechtliches Verfahren nach Art. 147 StGB (Strafrahmen von
Monatslöhnen bis 5 Jahre Haft)
Ordnungswidrigkeitsverfahren: Ordnungsgeld und insbesondere Zerstörung
der Artefakte
Vorgehen über die staatliche Antimonopolbehörde FAS wegen unlauteren
Wettbewerbs
Insgesamt: theoretisch breit angelegte Möglichkeiten, sich gegen
Schutzrechtsverletzungen zur Wehr zu setzen
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Fazit: Schutz geistigen Eigentums in Russland
Theorie:
Schutz geistigen Eigentums normativ durch den am 1.1.2008 in Kraft getretenen
4. Teil des ZGB gut ausgestaltet Besonders positiv hervorzuheben
Praxis:
Effektiver Rechtsschutz nicht in jedem Fall gewährleistet; Rospatent patentiert
zu breitflächig
Ordentliche Gerichte, Staatsanwaltschaft, FAS teilweise unberechenbar,
jedoch nicht generell zu verurteilen
Arbitragegerichte leisten im gewerblichen Rechtsschutz teilweise
hervorragende Arbeit
Ergebnis:
Bei geplanten Investitionen: flächendeckende Anmeldung der
Schutzrechte in Russland: „Wer nicht erfindet, verschwindet; wer nicht
patentiert verliert“ (Ernst Otto Häßer)
Insgesamt sehr guter Schutz in Theorie; problematischer Schutz in der
Praxis, jedoch bei weitem positiver einzuschätzen, als in westlichen
Medien kolportiert
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Vortrag
Prof. Dr. jur. Andreas Steininger, Dipl.-Ing.
Counsel
Rödl & Partner
Business Center LeFort
Elektrosawodskaja ul. 27 -2
107023 Moskau / Russland
[email protected]
Tel.: +7 (495) 933 51 20
Fax: +7 (495) 933 51 21
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Ihr Ansprechpartner
Taras Derkatsch
Jurist
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Ihr Ansprechpartner
Roman Gromovoj
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