ScheibenWischer - IG Metall @ Daimler

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ScheibenWischer - IG Metall @ Daimler
ScheibenWischer
Personalanpassung mit
Fingerspitzengefühl
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der gestrigen Aufsichtsratssitzung legte
der Vorstand die geänderte Planung für die
Mercedes Car Group vor. Darin wurden die Produktionsprogramme gegenüber der bisherigen
Planung deutlich zurückgenommen. Grund dafür
ist, dass die Absatzzahlen der mittelfristigen
Planung nicht eingetreten sind. Als Folge der
reduzierten Programmzahlen kündigte der Vorstand einen deutlichen Personalabbau an.
Als wir im vergangenen Jahr die „Zukunftssicherung 2012“ vereinbart haben, lag für uns
der Schwerpunkt in den Verhandlungen bei
den Investitionszusagen – für Untertürkheim
der Weltdieselmotor. Wichtig war uns auch
die Verdienstsicherung für „Risiko-Bereiche“
der ERA-Einführung. Darüber hinaus haben
wir ja auch vereinbart, dass betriebsbedingte
Kündigungen bis 2012 ausgeschlossen sind.
Aber niemand von uns hätte geglaubt, dass wir
genau diesen Teil der Vereinbarung so schnell
und so dringend brauchen würden.
Die „Zukunftssicherung 2012“ hat ihre erste
Bewährungsprobe bestanden. Der neue Vorsitzende der Mercedes Car Group, Dieter Zetsche,
hat sich ausdrücklich zu der Vereinbarung
bekannt. Alles andere wäre für uns aber auch
nicht akzeptabel gewesen. Die „Zukunftssicherung 2012“ war nun die Grundlage, auf der
der Gesamtbetriebsrat jetzt die vorliegenden
Ausscheidungsregelungen mit der Unternehmensleitung vereinbaren konnte. Es handelt
sich sowohl um Abfindungs- als auch Vorruhestandsregelungen. Der Personalabbau beruht
auf der doppelten Freiwilligkeit. Das heißt, das
Unternehmen kann in begründeten Einzelfällen
einen Ausscheidungswunsch auch verweigern
und andererseits kann niemand zum Ausscheiden gezwungen werden. Insofern muss auch
niemand Angst um seinen Arbeitsplatz haben.
Wenn nun mit allen Beschäftigten Gespräche
geführt werden, erwarten wir von Personalsachbearbeitern und Führungskräften, dass die
Gespräche fair und ohne Druck geführt werden.
Dies ist mit der Werkleitung so vereinbart.
Sollten Einzelne sich an diesen Grundsatz nicht
halten, müssen sie mit deutlichen Konsequenzen rechnen. Auch dies ist mit der Werkleitung
so besprochen. Unfaires Verhalten oder gar
Mobbing werden wir nicht dulden.
Wir müssen damit rechnen, dass der geplante
Personalabbau zu weiterer Leistungsverdichtung führen wird. Insbesondere im indirekten
Bereich, wo die Personalstärke nicht berechnet werden kann, müssen wir sehr genau
beobachten, ob der Personalreduzierung auch
eine angemessene Reduzierung der Aufgaben
zugrunde liegt.
Noch eine Bitte zum Schluss: Heute finden
ja Informationsveranstaltungen zum Thema
Personalanpassung statt. Habt Verständnis,
dass vielleicht nicht alles perfekt abläuft. Uns
ging es vor allem darum, schnell zu informieren. Da konnte nicht alles bis ins letzte Detail
organisiert werden.
Heute, Donnerstag, 29. September
Informationsveranstaltungen zum
Thema Personalanpassung
Mettingen
9.30 bis 11.00 Uhr im Gebäude 4/05
(Fuhrparkhalle)
Hedelfingen
11.15 bis 12.45 Uhr im Gebäude 41,
Wareneingang
Entwicklung PKW
11.15 bis 12.45 Uhr im Gebäude 134/III,
Erdgeschoss
Untertürkheim (Werk 10)
13.15 bis 14.45 Uhr im Gebäude 134/III,
Erdgeschoss
Herzlichst
Euer
Ort und Zeit der Informationsveranstaltungen für die Nachtschichten werden
noch bekanntgegeben.
Helmut Lense
Betriebsratsvorsitzender Werk Untertürkheim
Impressum:
Herausgeber: IG Metall Stuttgart und Esslingen
Verantwortlich: Jürgen Stamm,
1. Bevollmächtigter IG Metall Stuttgart;
Redaktion: Alexandra Wolf, Kai Bliesener
Druck: hartmanndruck, Wildberg
Betriebsrat
September 2005
Abfindungsangebote
Bis Alter 39 Bis Alter 39
BZ
<3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Ab 15
BZ:
BME:
*)
Ab Alter 40
Ab Alter 40
Alter
Abfindung
Abfindung
Alter
Abfindung
BZ
Abfindung
40
20.000
€
+
20
BME
10.000€
40
20.000 € + 20 BME
<3
10.000€
41
20.000 + 2241BME 20.000 + 22 BME
10.000 4
+ 2 BME 10.000 + 2 BME
42
20.000 + 24 BME
10.000 + 4 BME
42
20.000 + 24 BME
10.000 + 4 BME
5
43
20.000 + 26 BME
10.000 + 6 BME
43
20.000 + 26 BME
6
10.000 + 6 BME Maximum
44
20.000 + 28 BME
10.000 + 8 BME
44
20.000 + 28 BME
10.000 Maximum:
+ 8 BME 250.000 €*
7
Maximum:
45
20.000 + 30 BME
10.000 + 10 BME
250.000
€*
45
20.000 + 30 BME
10.000 + 10 BME
8
250.000
€*
46
20.000 + 32 BME
10.000 + 12 BME
46
20.000 + 32 BME
9
10.000 + 12 BME
47
20.000 + 34 BME
10.000 + 14 BME
47
20.000 + 34 BME
10
10.000 + 14 BME
48
20.000 + 36 BME
15.000 + 16 BME
48
20.000 + 36 BME
11
15.000 + 16 BME
49
20.000 + 38 BME
15.000 + 18 BME
50
20.000 + 4049
BME 20.000 + 38 BME
15.000 12
+ 18 BME15.000 + 18 BME
15.000 13
+ 18 BME15.000 + 18 BME
51
20.000 + 4250
BME 20.000 + 40 BME
20.000 14
+ 18 BME15.000 + 18 BME
52
20.000 + 4451
BME 20.000 + 42 BME
Ab 15
20.000 + 18 BME
Jahre Betriebszugehörigkeit inklusive Ausbildung
Bruttomonatsentgelt inklusive pauschalierte Zuschläge
Bei Abschluss bis 31. Dezember 2005 inklusive „Turboregelung“ maximal 275.000 Euro
52
20.000 + 44 BME
Fragen und Antworten
zur Personalanpassung
Wie werde ich informiert?
Heute finden Informationsveranstaltungen in
Untertürkheim, Mettingen und Hedelfingen
statt. Zusätzlich werden die Beschäftigten in
Veranstaltungen in der Zeit vom 10. Oktober bis
Anfang November ausführlich informiert. Die
Termine werden noch in den Fachbereichen abgestimmt. Darüber hinaus bekommt jeder Mitarbeiter ein individuelles Beratungsgespräch.
Diese Gespräche finden ab 7. November bis
Ende des Jahres statt.
Was ist die „Turboregelung“?
Die „Turboregelung“ wurde nur für die Beschäftigten der Mercedes Car Group (MCG)
vereinbart. Wie das Wort „Turbo“ schon
andeutet, geht es hier um Schnelligkeit. Das
heißt, für schnelle Entscheidungen gibt es für
Mitarbeiter der MCG zusätzlich Geld. Bei der
Unterzeichnung einer Ausscheidungsvereinbarung bis zum 31. Dezember 2005 werden
die Abfindungszahlungen um zehn Prozent,
mindestens aber um 17.500 Euro aufgestockt.
Bei der Unterzeichnung einer Ausscheidungsvereinbarung bis zum 31. März 2006 werden
extra September 2005
die Abfindungszahlungen um fünf Prozent,
mindestens aber um 8.750 Euro aufgestockt.
Wie funktioniert die
Frühpensionierung?
Ab Vollendung des 53. Lebensjahres kann
eine Frühpensionierung vereinbart werden.
Basis der Einmalzahlung sind 80 Prozent des
bisherigen Nettoentgelts inklusive Zuschläge
(Nacht, Sonntag, Feiertag). Von diesem Betrag
müssen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Die Frühpensionierungsleistungen berechnen sich ab Austritt
bis zum frühestmöglichen Rentenbeginn. Die
an einer Frühpensionierung interessierten
Beschäftigten werden in einem individuellen
Beratungstermin ausführlich informiert. Die
Verträge über die Frühpensionierung können
erst im Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März
2006 abgeschlossen werden.
Wann gibt es eine Mobilitätspauschale?
Bei kapazitätsbedingtem Wechsel zwischen
Standorten der DaimlerChrysler AG und zu
2
Konzerntöchtern werden pauschal 10.000
Euro gewährt sowie die Kosten für den Umzug,
falls erforderlich, erstattet.
Was bekommt man, wen
man in Teilzeit wechselt?
Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit um mindestens zehn Stunden pro Woche für mindestens drei Jahre reduzieren, erhalten mit
Abschluss des Teilzeitarbeitsvertrages eine
einmalige Abfindung in Höhe von zwei Bruttomonatsentgelten.
Gibt es für Sabbatical auch
eine Abfindung?
Beschäftigte können ein Sabbatical von
mindestens drei, maximal fünf Jahren in
Anspruch nehmen. Der Beschäftigte erhält
einen Wiedereinstellungsanspruch auf einen
Arbeitsplatz mit der gleichen Eingruppierung
wie sein letzter Arbeitsplatz. Mit Abschluss
der Ausscheidungsvereinbarung erhält der
Beschäftigte eine Abfindung von 1.000 Euro
pro Jahr Sabbatical.
Jetzt muss sich die
“Zukunftssicherung 2012”
bewähren
Die „Zukunftssicherung 2012“ war
die Grundlage für eine erfolgreiche
Verhandlung über Ausscheidensregelungen. Gleichzeitig ist die nun
abgeschlossene Vereinbarung Sozialverträglicher Personalabbau ein Teil
der „Zukunftssicherung 2012“.
Weil unsere Vereinbarungen betriebsbedingte Kündigungen ausschließen, musste
der Vorstand attraktive Abfindungsangebote
akzeptieren, wenn er den geplanten Personalabbau realisieren will. Am attraktivsten
sind die Angebote zweifellos für Kollegen, die
jünger als 40 Jahre sind und für Kollegen ab
53, die mit einer komfortablen Absicherung in
den Vorruhestand gehen können. Mit dieser
Regelung haben wir in die Wege geleitet, dass
In guten Zeiten muss man Sicherungen vereinbaren, obwohl man sie nicht braucht. Denn
in schlechten Zeiten braucht man sie, kann sie aber nicht mehr vereinbaren.
gebaut wird. Dass es auch andere Wege gibt,
darüber wird oft erst gar nicht nachgedacht.
Zur Sicherung der Beschäftigung kann man
ja auch Arbeitplätze in der Fabrik schaffen.
Insbesondere Untertürkheim hat Chancen auf
eine ganze Reihe von Zusatzgeschäften. Ein
Anfang ist schon gemacht. Das Werk Untertürkheim liefert an den Nutzfahrzeugbereich,
an Chrysler, sogar an Porsche oder andere
Automobilfirmen. Über 500 Arbeitsplätze sind
so mittlerweile entstanden. Dies gilt es auszuweiten. Der Betriebsrat erwartet vom Vorstand,
dass er das vorhandene Potential nutzt und
zusätzliche Arbeitsplätze schafft.
Beschäftigte abgesichert vorzeitig aus dem
Arbeitsleben ausscheiden können.
Grundsätzlich gilt, dass jede Kollegin und jeder
Kollege sehr sorgfältig das Angebot prüfen
und seine Entscheidung ausschließlich von
seiner ganz persönlichen Situation abhängig
machen soll.
Die „Zukunftssicherung 2012“ verpflichtet den
Vorstand aber auch, für eine ausgeglichene
Beschäftigung zu sorgen. Wenn Unternehmen
Beschäftigungsprobleme haben, dann ist nämlich immer der erste Schritt, dass Personal ab3
extra September 2005
Immer nur an der
Belegschaft sparen?
Ein Unternehmen muss Gewinne machen, um zu überleben und nur ein erfolgreiches Unternehmen kann längerfristig auch Beschäftigung sichern. Das
ist eine Binsenweisheit und wird auch
von niemandem in Frage gestellt.
Von Helmut Lense
Unmut in der Belegschaft
Und trotzdem gibt es weit verbreiteten
Unmut in der Belegschaft über immer umfangreichere Kostensenkungsmaßnahmen
der Unternehmensleitung. Erinnert sei nur an
den Druck auf Urlaub und Arbeitszeiten im
Gleitzeitbereich.
Dieser Unmut der Kolleginnen und Kollegen
hat seine Ursache aber nicht darin, dass
ihnen die Kostenstruktur des Unternehmens
gleichgültig ist, sondern ganz einfach darin,
dass man das Gefühl nicht los wird und auch
immer wieder konkret vorgeführt bekommt,
dass diejenigen, die Wasser predigen, selber
Wein saufen. Dafür hat die Belegschaft ein
sehr feines Gespür.
Führungskräfte sollten
Vorbilder sein
Das Unternehmen wieder zur alten Erfolgsstärke zurückzuführen, ist sicher die
Aufgabe des neuen Vorstandes. Dazu gehört
aber weit mehr als nur Personal zu reduzieren.
Dazu gehört zunächst, die Glaubwürdigkeit
in die Führung des Unternehmens wieder
herzustellen. Führungskräfte sollten ein
persönliches Vorbild sein und die Ansprüche,
die sie an die Belegschaft stellen, in gleicher
Weise einlösen.
Qualität weiterhin
verbessern
Darüber hinaus muss insbesondere an dem
Thema Qualität intensiv weitergearbeitet
werden, um die positive Entwicklung der jüngsten Vergangenheit weiter zu treiben. Dabei
muss man zukünftig Hinweise der Kolleginnen
und Kollegen ernst nehmen und nicht jeden
kritischen Hinweis nach oben abblocken. Es
darf nicht jeder, der ein Problem nach oben
extra September 2005
meldet, dann ein Problem von oben bekommen.
In der Entwicklung müssen wir darauf achten,
dass nicht weiter Know-how an Fremdfirmen
abfließt, sondern wieder zurückgeführt wird.
Auch darauf haben die Kollegen immer wieder
hingewiesen. Jetzt erkennt auch der Vorstand
langsam, dass ein Umsteuern der bisherigen
Praxis dringend notwendig ist.
4
Nicht zuletzt müssen wir große Anstrengungen
unternehmen, auch neue Technologien weiter
voran zu treiben. Denn nur so können wir beim
Thema Innovation eine dauerhafte Spitzenposition einnehmen.
Ein Unternehmen erfolgreich führen erfordert
also weit mehr, als immer nur an der Belegschaft zu sparen.