Christian Rufer im Gespräch
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Christian Rufer im Gespräch
EYOF 2007 in Jaca Swiss Olympic und BASPO: Gemeinsam für den Schweizer Sport Christian Rufer im Gespräch 2/07 www.swissolympic.ch swiss sport 2 | 2007 15. März 2007 22 7 10 4 Fokus Kooperationsvereinbarungen Swiss Olympic-BASPO Was drin steht 7 Marc-André Giger und Matthias Remund erläutern, was die Vereinbarung bringt 10 Swiss Olympic Inside European Youth Olympic Festival 2007 in Jaca, Spanien 14 Eine Broschüre stellt die Nachwuchs-Konzepte der Verbände vor 16 Swiss Olympic unterzeichnet die «Erklärung des Schweizer Sports zur Bekämpfung von Gewalt» 17 E-Learning an den Labelschulen 19 Sportpolitik: Benedikt Weibel hat das Wort 20 Leistungsvereinbarungen 22 Im Gespräch Nationaltrainer Christian Rufer erklärt, was hinter den vielen Medaillen der alpinen Snowboarder steht 24 Panorama Warum Skicross 2010 olympisch wird 26 Das Zentrum der Hallenleichtathletik liegt neu in der Ostschweiz 28 Das Tribunal Arbitral du Sport (TAS) in Lausanne 30 In Kürze | Kurzmeldungen | Comic | «… for the SPIRIT of SPORT» I M P R E S S U M | swiss sport – offizielles Organ von Swiss Olympic | Herausgeber Swiss Olympic Association Redaktionsadresse Swiss Olympic Association, Abteilung Marketing und Kommunikation, Haus des Sports, Postfach 606, CH-3000 Bern 22, Telefon 031 359 71 11, Fax 031 359 71 71 E-Mail [email protected] Internet www.swissolympic.ch Redaktionsleitung, Koordination Christof Kaufmann, 031 359 71 35, [email protected] Redaktionsteam Markus Aerni, Werner Augsburger, Judith Conrad, Christoph Emch, Claudia Imhasly, Christof Kaufmann, Patrick Pfister Inserate Miriam Bäni, 031 359 71 85, [email protected] Produktion und Layout Atelier Richner, Visuelle Gestaltung, Bern. www.atelierrichner.ch Druck und Vertrieb Birkhäuser + GBC AG, Reinach BL Auflage 8500 Ex. (6900 Ex. deutsch, 1600 Ex. französisch) Erscheint 10 x jährlich Nachdruck Der Nachdruck einzelner Artikel unter Quellenangabe ist erwünscht. Unter www.swissolympic.ch ist das PDF im Internet abrufbar Verteiler Verbände, Athletinnen und Athleten, Trainer, Funktionäre, Gremien und Institutionen von Swiss Olympic, Partner, Sportredaktionen der Schweizer Medien Abonnementspreise Im Mitgliederbeitrag enthalten / Abopreise für Nichtmitglieder: 1Jahr CHF 45.– / 2 Jahre CHF 80.–. Titelseite Die Medaillengewinner Jaca 2007. Matthias Zurbuchen | Das nächste swiss sport erscheint Mitte April 2007. E D I T O R I A L 26 Liebe Leserin, lieber Leser Die beiden Schrittmacher des Schweizer Sports erhöhen den Takt. Das Bundesamt für Sport (BASPO) und Swiss Olympic haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Sie regelt in groben Zügen, welche der beiden Organisationen in welchem Bereich den «Lead», sprich die Chefrolle inne hat und welche unterstützend wirken soll. «Das tönt ja verdächtig nach einem Papiertiger», denken Sie vielleicht. Marc-André Giger, CEO von Swiss Olympic, und BASPO-Direktor Matthias Remund sind da ganz anderer Meinung. Im Interview erklären sie, warum diese Vereinbarung absolut notwendig ist und welche konkreten Auswirkungen sie auf den Schweizer Sport haben wird. Mitte Februar hat in den spanischen Pyrenäen das Olympische Winterfestival der Europäischen Jugend stattgefunden. Es war inspirierend dabei zu sein, als 1300 Jugendliche auf höchstem Niveau um Medaillen kämpften und gleichzeitig gemeinsam den olympischen Spirit erlebten und feierten. Und das Wissen, dass das eine oder andere Mitglied der Schweizer Delegation vielleicht schon in Vancouver 2010 um die Medaillen miteifern könnte, steigert den Wert dieser Veranstaltung noch mehr. Wie die Schweizer Nachwuchsathleten in Jaca abgeschnitten haben, lesen Sie in diesem Heft. Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre. Christof Kaufmann Redaktor «swiss sport» F O K U S Vereinbarung regelt Kompetenzen im Eine Kooperationsvereinbarung regelt seit Anfang Jahr die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Sport und Swiss Olympic. Das Dokument wird frischen Wind in die Schweizer Sportförderung bringen, sind sich die Beteiligten einig. Text Christof Kaufmann Bild Keystone B undesrat Samuel Schmid sagt: «Die Kooperationsvereinbarung bildet das Fundament für eine langfristige und effiziente Zusammenarbeit zwischen dem VBS und Swiss Olympic. Letztlich wollen wir alle dasselbe: Bewegung und Sport entwickeln, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern, die Gesundheit zu fördern, die Bildungschancen zu nutzen und – nicht zuletzt – um Lebensfreude zu vermitteln!» Das Dokument, von dem Schmid spricht, heisst «Kooperationsvereinbarung zur Sportförderung Schweiz». Die Präambel präzisiert, dass die Vereinbarung die Zusammenarbeit zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) «Die Kompetenzen sind nun klar geregelt»: BASPO-Direktor Matthias Remund, Bundesrat Samuel Schmid, Swiss-Olympic-Präsident Jörg Schild und der ehemalige CEO von Swiss Olympic, Marco Blatter (v.l.n.r.), unterzeichnen die Kooperationsvereinbarung. 4 swiss sport 2 2007 Das definiert die Kooperationsvereinbarung Allgemeine Sport- und Bewegungsförderung S L Sport- und Bewegungsförderung im Kindes- und Jugendalter S L Sport- und Bewegungsförderung im Erwachsenenalter Nachwuchsförderung L S Swiss Olympic Talents S L J+S-Nachwuchsförderung Spitzensport L S Führung Spitzensport L S Förderung und Unterstützung der Sportverbände L S Olympiamanagement S L Nationales Spitzensportzentrum Magglingen Aus- und Weiterbildung L S Verbandsaus- und -weiterbildungen S L Leiter- und Trainerausbildung L S Sportmanagement Ethik /Fairer und sicherer Sport L S Umsetzung der Prinzipien der Ethik-Charta, insbesondere: Dopingbekämpfung | Gewaltfreier Sport | Keine sexuellen Übergriffe im Sport | Suchtprävention Swiss Olympic VBS/BASPO | L Lead S Support Schweizer Sport und Swiss Olympic regelt. Und die Einleitung benennt auch gleich die zentralen Zielsetzungen, die hinter diesem Abkommen zwischen der Führungsorganisation des öffentlich-rechtlichen Sports und jener des privatrechtlichen Sports stehen: Die Regelung der Zusammenarbeit soll den Stellenwert des Schweizer Sports und die Sportförderung in allen Facetten stärken. Zudem soll ein effizienterer und effektiverer Mitteleinsatz möglich werden. «Optimale Rahmenbedingungen schaffen» Jörg Schild, Präsident von Swiss Olympic, ist froh, dass die Vereinbarung zustande gekommen ist. «Wir können uns in der Schweiz ein Denken, das nicht über den eigenen Gartenhag hinaus reicht, schlicht nicht leisten.» Das Papier sei ein riesiger Schritt in Richtung einer vertieften Zusammenarbeit zwischen dem BASPO und Swiss Olympic. «Wenn wir optimale Rahmenbedingungen schaffen wollen für den Sport, dann müssen wir unsere Kräfte bündeln und Doppelspurigkeiten unbedingt verhindern», sagt Schild. Die Kooperationsvereinbarung definiert denn auch ganz klar, wer für welchen Bereich zuständig ist. Die Vereinbarung benennt fünf grosse Handlungsfelder mit verschiedenen Leistungsbereichen (siehe Kasten). Innerhalb dieser Leistungsbereiche wird definiert, welcher der beiden Partner den «Lead» hat und welcher für den «Support» zuständig ist. «Lead» bedeutet dabei «strategische und operative Verantwortung», mit «Support» ist inhaltliche und gegebenenfalls auch finanzielle Unterstützung gemeint. Die Kooperationsvereinbarung schreibt im Bereich der Allgemeinen Sport- und Bewegungsförderung die Verantwortung dem BASPO zu, während Swiss Olympic in den Bereichen Spitzensport und Ethik die Führung innehat. Die Nachwuchsförderung steht auf je einem Standbein der beiden Organisationen, nämlich der J+S-Nach- 2 2007 swiss sport 5 F O K U S wuchsförderung unter der Ägide des BASPO und Swiss Olympic Talents. Gleiches gilt für die Aus- und Weiterbildung, wo das BASPO für die Leiter- und Trainerausbildung zuständig ist, während Swiss Olympic die Verantwortung für die Ausbildung der Verbandsfunktionäre und Sportmanager hat. «Diese Partnerschaft wird wegweisend sein» «Partnerschaftlicher Geist» Für BASPO-Direktor Matthias Remund ist die klare Aufteilung von Verantwortungsbereichen zwischen seiner Organisation und Swiss Olympic von grundlegender Bedeutung (siehe auch nachfolgendes Interview): «Man kann Aufgaben nur dann wahrnehmen, wenn man über die entsprechenden Kompetenzen verfügt und in der Verantwortung steht.» Es sei ja nicht so, dass das BASPO seine Partner anders unterstütze als zuvor. «Aber die Kompetenzen sind nun klar geregelt.» Remunds Pendant, Swiss-Olympic-CEO Marc-André Giger, sagt: «Diese Kooperationsvereinbarung ist in einem äusserst partnerschaftlichen Geist erarbeitet worden. Und diese Partnerschaft mit dem BASPO wird wegweisend sein für den Schweizer Sport.» Für Marco Blatter, Vorgänger von Marc-André Giger und seit Ende 2006 im Ruhestand, der an der Ausarbeitung der Vereinbarung massgeblich beteiligt war und sie von Seiten Swiss Olympic auch mitunterzeichnet hat, ist die Kooperationsvereinbarung ebenfalls ein wichtiger Schritt. «Entscheidend ist letztendlich aber das Verhalten des Menschen und nicht ein Papier.» Begrüssenswert sei, dass die Vereinbarung festlege, wer in welchem Bereich den Lead habe und wer unterstützend wirke, so Blatter. Davon könne der Schweizer Sport nur profitieren. Leuchtturm, «Der an dem wir uns orientieren» Marc-André Giger, CEO von Swiss Olympic, und BASPO-Direktor Matthias Remund erläutern im Gespräch die Bedeutung der Kooperationsvereinbarung zwischen Swiss Olympic und BASPO für den Schweizer Sport und wie sie die Zusammenarbeit der beiden Partner künftig sehen. Interview Christof Kaufmann Bilder Claudia Imhasly swiss sport Marc-André Giger, Matthias Remund, warum braucht es die Kooperationsvereinbarung, die Swiss Olympic und das BASPO im vergangenen Dezember unterzeichnet haben? Marc-André Giger Als ich hierher ins Haus des Sports kam, habe ich schnell gemerkt, dass ein extrem grosses Bedürfnis bestand, die Schnittstellen zum BASPO zu klären, die gegenseitigen Prozesse zu definieren. Die Kooperationsvereinbarung zeigt in groben Zügen auf, wer wo den Lead hat. Sie ist der Leuchtturm, an dem wir uns orientieren, öffentlich-rechtlicher wie privatrechtlicher Sport. In den nächsten Monaten werden wir nun davon ausgehend die strategischen Zielsetzungen für jeden Bereich formulieren. Bisher waren diese Ziele nicht immer allen klar. Was ich betonen möchte: Die Kooperationsvereinbarung ist in einem äusserst partnerschaftlichen Geist erarbeitet worden. Bei der Umsetzung soll nun der gleiche partnerschaftliche Geist herrschen. Matthias Remund Im Zentrum steht der Schweizer Sport. Wir haben eine Vereinbarung erarbeitet, die seinen Bedürfnissen entspricht. Öffentlich-rechtlicher und pri- vatrechtlicher Sport sollen sich ergänzen. Das bedeutet, dass auf der einen Seite die knappen Ressourcen effektiv und effizient eingesetzt werden. Auf der anderen Seite sollen bestehende Doppelspurigkeiten eliminiert werden und die Zusammenarbeit in dem Sinn gestaltet werden, dass sie ergänzend ist. So entsteht auch eine gegenseitige Sicherheit, was die Tätigkeiten des Partners angeht. Marc-André Giger Auch hier im Haus des Sports werden Ende Jahr alle wissen, was sie dazu beitragen, dass Swiss Olympic die Ziele in den Bereichen, in denen wir den Lead haben, erreicht. Das ist es, was mir an dieser Vereinbarung gefällt, das vorwärts Orientierte. Sie haben Doppelspurigkeiten erwähnt, Herr Remund. Können Sie konkrete Beispiele benennen? Matthias Remund Doppelspurigkeiten gab es beispielsweise bei Tätigkeiten rund um die negativen Seiten des Sports. So haben wir uns jetzt abgestimmt, wenn es um die Bekämpfung von sexuellen Übergriffen im Sport 2 2007 swiss sport 7 F O K U S verbänden. Das Schlechteste, was wir in der Schweiz machen können, ist ein «Gärtlidenken» zu pflegen und unabgesprochene Massnahmen umzusetzen. Die Mittel sind viel zu knapp, als dass wir uns das erlauben könnten. Die Vereinbarung ordnet Swiss Olympic in elf Bereichen den Lead zu, dem BASPO dagegen nur in fünf. Matthias Remund In der Schweiz will die Politik, zu Recht, keinen Staatssport. Der Bund fördert den Sport subsidiär. Das BASPO garantiert Beständigkeit und Wissen. Während sich in den Verbänden LeistungssportChefs und Trainer die Klinke in die Hand geben, steht das BASPO wie ein grosser Fels in der Brandung; zum Beispiel mit seinen Sportwissenschaftern mit spezifischem Know-how. geht, und auch bei der Dopingbekämpfung. Aber auch die Bereiche Integration, Suchtbekämpfung oder Gewaltbekämpfung entwickeln wir jetzt gemeinsam weiter. Ein grauer Bereich bestand auch im Bereich Bildung. Die Doppelspurigkeiten rund um die SportmanagementAusbildung sind jetzt beseitigt, es gibt mit dem Swiss Sport Management Center SSMC nur noch einen Anbieter, getragen von den Partnern Swiss Olympic, VMI, Idheap und BASPO. Wie sieht das im Bereich Spitzensport aus? Matthias Remund Im Spitzensport gab es keine Überlappungen im engeren Sinn, aber man arbeitete nicht koordiniert. Neu sind die subsidiäre Unterstützung des BASPO und die Massnahmen von Swiss Olympic abgestimmt. Ich denke da beispielsweise an die Trainerbildung, an Spitzensport im Militär oder an die Nachwuchsförderung. Marc-André Giger Die Vereinbarung gibt uns eine klare Vorstellung, wohin wir gemeinsam mit dem BASPO wollen, und das stimmt mich sehr zuversichtlich für die Zukunft. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Swiss Olympic die Aufgaben, die uns die Vereinbarung zuweist, nicht nur wahrnimmt, sondern auch einfordert, beispielsweise beim Thema Gewalt und Sport. Der privatrechtliche Sport muss Eigenverantwortung übernehmen, und ich wünsche mir von den Verbänden, dass sie uns folgen. Wie bezieht das BASPO seine Partner mit ein bei der Umsetzung der Vereinbarung? Matthias Remund Wir werden die Vereinbarung mit unseren Partnern umsetzen; mit der Konferenz der kantonalen Sportbeauftragten (KKS), den Kantonsregierungen und den Gemeindeverbänden, sowie dem Exekutivrat von Swiss Olympic, dem Sportparlament und den Sport- 8 swiss sport 2 2007 Marc-André Giger Da muss Swiss Olympic parallel dazu nicht auch noch Wissenschaftler beschäftigen. Dagegen haben wir die Nähe zu den Verbänden, zu den Athleten. Mit dem neuen Spitzensportkonzept werden wir die Athleten durchgehend betreuen können, vom Moment, wo sie als Swiss Olympic Talent bei uns eintreten bis sie am Schluss wieder … «Der privatrechtliche Sport muss Eigenverantwortung übernehmen» Marc-André Giger Matthias Remund … in der Trainerbildung beginnen als Olympiasieger. Marc-André Giger [lacht] Nach der Sportkarriere, genau. Diese Nähe zu den Athleten ist unsere Stärke, und die müssen wir ausbauen. BASPO wie Swiss Olympic haben je ihre Stärken, darauf müssen wir aufbauen. Matthias Remund Dann erübrigt sich auch die Frage, wer die Führung hat im Schweizer Sport. Falsche Frage! Die Frage muss anders lauten, nämlich: Wie führt und fördert man den Sport? Dieser Geist steht auch hinter der Vereinbarung. Es geht darum, Synergien zu erkennen und zu nutzen. Das wird meiner Ansicht nach viel Schwung erzeugen in der Sportförderung Schweiz. Wir hatten viele gute Anzeichen wie die Spitzensport-RS, NASAK, Swiss Olympic Talents, Dopingbekämpfung und die Trainerbildung. In diesen Bereichen haben wir bereits gut mit Swiss Olympic zusammen gearbeitet. Jetzt geht es darum, diese Inseln miteinander zu verbinden. Wann wird Bilanz gezogen, ob die Vereinbarung das gebracht hat, was Sie sich von ihr erhoffen? Marc-André Giger Die konkreten Massnahmen, die wir jetzt anpacken, sind nicht in Stein gemeisselt. Beispiel Spitzensport: Bis Ende Jahr will ich ein Konzept haben, mit dem wir arbeiten können. Aber das wird einer permanenten Überprüfung unterzogen werden müssen. Und wenn wir Zielsetzungen nicht erreichen, müssen wir uns fragen, mit welchen Massnahmen wir die Zielvorgaben erreichen können. Das ist für mich ein permanenter Prozess. Zuerst müssen wir jetzt aber eine Basis legen. Man kann nur überprüfen, was man mal als Zielvorgabe formuliert hat. Sie beide weisen gewisse Ähnlichkeiten auf. Fördern Gemeinsamkeiten eine gute Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden? Matthias Remund Marc-André ist ein Ausdauerläufer. Ich bin zwar von der Konstitution her eher Sprinter, habe aber früh zum Langlauf und damit auch in den Ausdauersport gewechselt. Ob uns das hilft, weiss ich nicht. Im Ernst. Wir sind beide unbelastet, kamen beide von aussen in unsere Ämter. Und wir wollen beide dasselbe, nämlich den Sport weiterentwickeln und seine Akzeptanz in der Gesellschaft verbessern. Wenn jüngere Leute am Ruder sind, haben diese ihre Ideen, und von denen sollen sie auch überzeugt sein. Vielleicht passieren Marc-André und mir Fehler, die unsere Vorgänger nicht mehr machen würden. Wer weiss. Aber wer arbeitet, der macht Fehler. Es wird auf jeden Fall schwierig sein, einen Keil zwischen uns zu schlagen. Ich habe schon gehört, dass man Angst habe vor der Dynamik, die jetzt entsteht. Marc-André Giger Aber das ist genau der falsche Ansatz! «Die wollen uns übers Ohr hauen. Die wollen uns Mittel entziehen.» Das ist nicht das Thema. Wir arbeiten nicht gegen etwas oder jemanden, sondern stehen im Dienste anderer. Matthias Remund Wir wollen den Erwartungen der Verbände, der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler gerecht werden. Fertig. Und zwar in unserer definierten Rolle. Nichts anderes. Marc-André Giger Im Bereich Spitzensport, den du ansprichst, möchte ich mit Swiss Olympic sogar noch einen Schritt weitergehen und den Verbänden aufzeigen, wo wir hinwollen. So können wir auch entsprechende Zielsetzungen wecken bei den Verbänden, statt nur darauf zu warten, was sie von uns wollen. «Es wird schwierig sein, einen Keil zwischen uns zu schlagen» Matthias Remund 2 2007 swiss sport 9 S W I S S O L Y M P I C I N S I D E Schweiz gewinnt sechs EYOF-Medaillen Die Schweizer Delegation hat am Olympischen Winterfestival der Europäischen Jugend (EYOF) äusserst erfolgreich abgeschnitten. Die Schweizer Athletinnen und Athleten holten sechs Medaillen und belegten den anvisierten sechsten Nationenrang. Text Christof Kaufmann Bilder Matthias Zurbuchen E ine stimmungsvolle Schlussfeier beendete nach sechs Tagen das EYOF 2007 in den spanischen Pyrenäen. 1300 Athleten aus 43 europäischen Ländern hatten eine Woche lang in den Sportarten Biathlon, Eishockey, Eislauf, Langlauf, Ski alpin und Snowboard um olympische Medaillen gekämpft und zum ersten Mal den olympischen Geist erfahren. Das zeigte 10 swiss sport 2 2007 sich auch bei der Schlussfeier, als Jacken, Pullover und Mützen getauscht wurden, als spanische Athleten leuchtend grüne Mützen aus Estland ebenso stolz trugen wie finnische Athleten den roten Kapuzenpullover mit dem Schweizer Kreuz auf dem Arm. «Dieser Sieg ist viel wert für meine Spieler» Zwei Doppel-Medaillengewinner Die Schweizer Delegation konnte sich über gute Leistungen der 44 Athletinnen und Athleten freuen, die nach Jaca gereist waren. Herausragend waren dabei die Leistungen der Snowboarderin Yvonne Schütz und des Biathleten Benjamin Weger, die je zwei Medaillen gewannen. Die Berner Oberländerin gewann Gold im Riesenslalom Einzel und Bronze im Parallel-Riesenslalom. Besonders bei ihrer Fahrt zuoberst aufs Podest bewies Schütz grosse Nervenstärke, hatte sie doch nach dem ersten Durchgang noch auf dem vierten Platz gelegen. Mit einem sauberen zweiten Lauf fing sie die drei vor ihr liegenden Konkurrentinnen noch ab. Benjamin Weger verdankte seine Silbermedaille im Biathlon-Sprint einer guten Schiessleistung. Nur einmal hatte er daneben geschossen und eine Zusatzrunde absolvieren müssen. Das reichte dem guten Läufer Weger zum zweiten Platz. Im anschliessenden Verfolgungsrennen verlor der Walliser dann nur noch einen Platz und konnte sich auch noch eine Bronzemedaille umhängen lassen. Markus Segessenmann, Teamchef Biathlon, sagte zu Wegers Leistung: «Insge- heim habe ich mir ein solches Topresultat von Benjamin erhofft. Er hat sich beim Schiessen jeweils viel Zeit genommen und das hat sich ausgezahlt.» Lüschers gute Gene Die weiteren Medaillen für die Schweizer Delegation holten der Skifahrer Tim Lüscher, der im Slalom auf den zweiten Platz fuhr, und die Schweizer U17-EishockeyNationalmannschaft, die in einem stark besetzen Turnier Bronze holte. Dass Tim Lüscher ein guter Skifahrer ist, kann eigentlich nicht überraschen. Der Romand hat das Skifahren im Blut. Sein Vater, der Schweizer Peter Lüscher, gewann sechs Weltcuprennen, 1979 den Gesamtweltcup und dazu die Silbermedaille an der WM in Schladming 1982. Seine Mutter, die Französin Fabienne Serat, ist eben- falls ehemalige Skirennfahrerin. Er habe es sehr genossen, auf dem Podest zu stehen, sagte der junge Skirennfahrer nach der Medaillenfeier. «Wenn ich das nächste Mal auf dem Podest stehe, will ich aber die Schweizer Hymne hören.» Mit seinem Rennen war Lüscher nicht ganz zufrieden. «Im ersten Lauf fuhr ich zu verhalten, und im zweiten machte ich einen schweren Fehler.» Er glaube aber nicht, dass es ihm ohne diesen Fehler ganz nach oben gereicht hätte, sagte Lüscher. Ein wertvoller Sieg über starke Tschechen Das Schweizer Eishockey-Team verdiente sich seine Bronzemedaille mit einer kämpferischen Leistung gegen die favorisierten Tschechen und gewann den kleinen Final mit 4:3. Das Team von Alfred Bohren zeigte eine geschlossene Mannschaftsleistung und konnte einen 0:2Rückstand gegen die technisch versierte- Von links nach rechts Nach Bronze im Parallel-Riesenslalom (Bild) doppelte Yvonne Schütz mit Gold im Riesenslalom-Einzel nach. Nach Platz 20 im klassischen Stil kämpfte sich Langläufer Ueli Schnider im Rennen über 10 Kilometer freier Stil (Bild) auf Platz 48. Die U17-Nationalmannschaft holte Bronze. Im Bild eines der 13 Schweizer Tore aus dem Eröffnungsspiel gegen Spanien. 2 2007 swiss sport 11 S W I S S O L Y M P I C ren Tschechen in einen Sieg umwandeln – auch dank der lautstarken Unterstützung der Schweizer Delegation. Teamchef Manuele Celio sagte nach dem Spiel: «Dieser Sieg ist viel wert für meine Spieler. Sie haben gesehen, was möglich ist, wenn sich alle in den Dienst der Mannschaft stellen.» Ein Wermutstropfen war für das Team, dass einer ihrer Mitspieler diesen Triumph nicht miterleben konnte. Er war während des EYOF an einer Hirnhautentzündung erkrankt und hatte ins Spital gebracht werden müssen. Weil sich sein Zustand rasch gebessert hatte, konnte er aber bereits am Tag nach der Schlussfeier von der Rega in die Schweiz überführt werden. Enttäuschte Eiskunstläufer Ohne Medaillen blieb die Schweizer Delegation in den beiden Sportarten Langlauf und Eiskunstlauf. Immerhin gab das Langlauf-Team mit dem guten siebten Rang in der Staffel am Schlusstag noch einmal ein deutliches Lebenszeichen von sich. Für die herausragende Einzelleistung war Lucy Pichard aus Les Diablerets besorgt gewesen, die im Rennen über 7, 5 Kilometer auf den neunten Rang gelaufen war. Ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnten 12 swiss sport 2 2007 I N S I D E «Ich hoffe sehr, dass wir uns in den kommenden Jahren wieder sehen werden» die beiden Eiskunstläufer: Noémie Silberer klassierte sich im neunten Schlussrang, Laurent Alvarez im 14. Rang. Entsprechend enttäuscht waren die beiden Romands. «Ich wollte unbedingt dabei sein» Auch die Athletinnen und Athleten, die in Jaca keine Medaille gewonnen haben, haben eine bleibende Erinnerung zurück in die Schweiz genommen. Für manche ist gar ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen. Langläuferin Audrey Virgilio hatte schon vor zwei Jahren den Entschluss gefasst, in Jaca dabei zu sein. Damals war die junge Sportlerin aus dem jurassischen Fleurier am EYOF in Monthey dabei gewesen – als Mitarbeiterin an der «cool and clean»-Bar. «Ich wusste sofort, dass ich das EYOF unbedingt selber als Teilnehmerin erleben wollte», sagt Virgilio. Diesen Traum hat sie sich erfüllen können. Nächstes Winter-EYOF in Polen Mit insgesamt sechs Medaillen erfüllte die Schweizer Delegation die hohe Vorgabe des Exekutivrats von Swiss Olympic, der den sechsten Rang im Nationenranking nach Anzahl Medaillen als Ziel bestimmt hatte. Man darf nach den überzeugenden Schweizer Leistungen in Jaca gespannt sein, ob der eine oder andere Athlet auch an den Olympischen Winterspielen 2014 – am noch zu bestimmenden Austragungsort – für Furore sorgen wird. Dieser Hoffnung hatte auch Jörg Schild, Präsident von Swiss Olympic, in seiner Begrüssungsrede Ausdruck gegeben. Er hatte es als gutes Zeichen für den Schweizer Sport gewertet, dass die Schweiz neben Russland die grösste Delegation am EYOF in Jaca stellte. «Ich hoffe sehr, dass wir uns in den kommenden Jahren an internationalen Wettkämpfen wieder sehen werden, spätestens an den Olympischen Winterspielen 2014», sagte Schild. Danke Swiss Olympic dankt den Partnern für die gute Zusammenarbeit: Leading Partner International Partner Der Traum, an einem Olympischen Winterfestival der Europäischen Jugend teilzunehmen, geht für die nächste Handvoll ausgewählter Nachwuchsathleten bereits in zwei Jahren in Polen in Erfüllung: Das EYOF 2009 findet in Slask Beskidy statt. Partner Supplier Von links nach rechts Die Schweizer Delegation schnitt in Jaca äusserst erfolgreich ab und klassierte sich im Nationenranking nach Anzahl Medaillen auf Platz 6. Benjamin Weger auf dem Weg zur Silbermedaille im Biathlon-Sprint. Jörg Schild, Präsident von Swiss Olympic, wünschte den jungen Athletinnen und Athleten vor der Eröffnungsfeier viel Glück. www.swissolympic.ch/partner 2 2007 swiss sport 13 S W I S S O L Y M P I C I N S I D E Denkanstösse für die Nachwuchs Eine Broschüre vereinigt zum ersten Mal die Nachwuchsförderungskonzepte der Mitgliedverbände von Swiss Olympic. Das erlaubt einen umfassenden Überblick und soll die Verbände dazu anregen, ihre Strukturen zu vergleichen und weiterzuentwickeln. Text Christof Kaufmann A n die hundert Seiten dick ist die Broschüre «Nachwuchsförderungskonzepte. Situation in den Schweizer Sportverbänden». Sie listet die Kaderstrukturen all jener Sportverbände auf, die über ein Nachwuchsförderungskonzept auf der Basis des Dokuments «12 Bausteine zum Erfolg» aufweisen, das die Grundlage der Nachwuchsförderung in der Schweiz bildet. Die Broschüre bietet laut Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung Schweiz, allen, die sich für den Leistungssport in der Schweiz interessieren, einen Überblick, wie in den Verbänden der Nachwuchs gefördert wird. Neben den Kaderstrukturen findet man die zuständigen Kontaktpersonen in den nationalen Verbänden, Angaben zu den Standorten der regionalen und nationalen Leistungszentren sowie Informationen über die Swiss Olympic (Talents) Card und weitere Förderinstrumente wie zum Beispiel Sport Scholarship Top und Future. «Darüber hinaus erlaubt die Broschüre beispielsweise den Chefs Leistungssport der Verbände zu schauen, wie die Nachwuchsförderung in anderen Verbänden aufgebaut ist», sagt Hollenstein. Broschüre soll Diskussionen anregen Am Ursprung der Broschüre sei die Erkenntnis gestanden, dass die Nachwuchsförderung nicht sinnvoll weiterentwickelt werden könne, so lange kein Gesamtüberblick über die Kaderstrukturen in den verschiedenen Sportarten bestehe, sagt Hollenstein. Dieser Überblick sei mit dem Erscheinen der Broschüre jetzt vorhanden. Der Chef Nachwuchsförderung Schweiz hofft, dass nun in den Verbänden Vergleiche angestellt und auch Diskussionen zur «Damit ist nicht gesagt, dass ich einheitliche Kaderstrukturen anstrebe» 14 swiss sport 2 2007 Optimierung ihrer Struktur geführt und Synergien genutzt werden. «Damit ist aber nicht gesagt, dass ich einheitliche Kaderstrukturen anstrebe.» Jede Sportart müsse die Kaderstrukturen haben, von denen sie am meisten profitieren könne (siehe Kasten). Das bestätigt Peter Zahner, Direktor des Schweizerischen Eishockeyverbandes (SEHV). «Eishockey, zu dessen Ausübung es vergleichsweise viel Material und Personal braucht, lässt sich kaum mit anderen Sportarten wie beispielsweise Fussball vergleichen», sagt Zahner. So seien drei nationale Leistungszentren, wie sie der Fussballverband in Emmen, Payerne und Tenero unterhalte, für den Eishockeyverband schlicht nicht finanzierbar. Trotzdem begrüsst Zahner die Publikation der Broschüre. «Auch wenn wir natürlich das Gefühl haben, unseren Nachwuchs auf die richtige Art und Weise zu fördern, ist es hochinteressant zu sehen, wie die anderen Verbände vorgehen.» Die Förderarbeit der Eishockeyverbände anderer Länder beobachte der SEHV schon lange, nun sei auch ein Vergleich mit anderen Sportarten in der Schweiz möglich. Es sei ja immer denkbar, dass förderung Förderprojekte oder -strukturen anderer Verbände in angepasster Form auch für den Eishockeyverband interessant seien, so Zahner. Für Peter Läuppi, Ausbildungschef von Swiss-Ski, hat die Broschüre noch einen anderen Zweck erfüllt. «Die Broschüre hat uns motiviert, bei der Bereinigung unserer Förderstrukturen einen Gang zuzulegen. Gewisse Massnahmen haben wir entschlossener angepackt, um sie in der Broschüre aufführen zu können.» Läuppi denkt wie Zahner, dass der Skiverband nicht Kaderstrukturen anderer Verbände übernehmen wird. Andere Ansätze zu studieren sei aber immer interessant, so Läuppi. «Für Denkanstösse bin ich immer offen.» Unterschiedliche Kaderstrukturen Am direkten Vergleich zwischen den drei Sportarten Rodeln, Schwimmen und Fussball (siehe Illustration) zeigt Cornel Hollenstein, Chef Nachwuchsförderung Schweiz, auf, wie verschieden Kaderstrukturen sein können und auch sein müssen. Der Schwimmverband fördert seine besten Athletinnen und Athleten in 29 Leistungszentren, während der Fussballverband seine besten Junioren zuerst in den Regionalauswahlen U13 und U14 aufbaut, die Besten dieser Stufe in drei Ausbildungszentren zusammenzieht und ab der U16 bis zur U21 jeweils eine nationale Auswahl führt. Regionale Leistungszentren würden für den Rodelverband wohl allein deshalb keinen Sinn machen, weil er insgesamt nur gerade maximal 26 Nachwuchs- und Eliteathleten in speziellen Kadern fördert. Ein weiterer augenfälliger Unterschied liegt darin, dass sich die verschiedenen Förderstufen von der regionalen bis zur nationalen Ebene einerseits und in den verschiedenen Altersstufen andererseits mehr oder weniger überschneiden. So kann eine talentierte Schwimmerin bereits im Alter von zehn Jahren vom Verein ins Regionalkader aufsteigen und ein Jahr später schon zum nationalen Nachwuchskader gehören. Sie kann aber beispielsweise auch bis im Alter von 16 Jahren im Regionalkader verbleiben und dann direkt den Sprung ins Nationalkader schaffen, da sich die Kaderstrukturen des Schwimmverbandes altersmässig stark überlappen. Ein Rodler dagegen schafft mit 15 Jahren entweder den Sprung vom regionalen D- ins nationale C-Kader, oder er muss in seinen Verein zurück. Die beiden Kader überlappen sich bezüglich Alter der Athleten nicht. 2 2007 swiss sport 15 S W I S S O L Y M P I C I N S I D E Gemeinsamer Aktionsplan gegen die Gewalt im Sport Auf Einladung von Sportminister Samuel Schmid hat Swiss Olympic Ende Januar zusammen mit Vertretern von Sportverbänden, Bund und Kantonen über die Gewaltbekämpfung im Sport diskutiert. Die Essenz daraus ist eine gemeinsame Erklärung, die als Basis für einen Aktions- und Massnahmenplan dient. Text Claudia Imhasly E s war Bundesrat und Sportminister Samuel Schmid persönlich, der die wichtigsten Exponenten im Schweizer Sport am 29. Januar 2007 zu einem «Runden Tisch» eingeladen hatte, um Massnahmen gegen Gewalt im Sport, namentlich in den Sportarten Fussball und Eishockey, zu diskutieren. Neben dem Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) waren Vertreter des Bundesamts für Sport, des Fussball- und Eishockeyverbands, der Swiss Football League sowie Sicherheits- und Polizeiverantwortliche von Bund und Kantonen und Vertreter von Swiss Olympic anwesend. Mit der Verabschiedung der gemeinsamen «Erklärung des Schweizer Sports zur Bekämpfung von Gewalt im und um den Sport» sowie einem Aktions- und Massnahmenplan setzte die Versammlung verbindliche Meilensteine, was die Gewaltbekämpfung im Sport angeht. Zwölf Thesen für mehr Sicherheit Jörg Schild, Präsident von Swiss Olympic, unterstützt die Initiative des Bundesrats. «Sicherheit im Sport geht uns alle an», sagt Schild. «Je breiter abgestützt wir die 16 swiss sport 2 2007 Gewaltproblematik diskutieren und angehen können, desto mehr können wir sensibilisieren und Sicherheit schaffen.» Als Ansprechpartner für die Verbände in Sicherheitsfragen hat die Sicherheitskommission von Swiss Olympic in den vergangenen Monaten ein Grundlagenpapier mit zwölf Thesen zur Sicherheit an Sportveranstaltungen erarbeitet. Die Thesen decken die ganze Bandbreite der Sicherheitsthematik ab – von der Ausbildung des Sicherheitspersonals über die Fan- geht, so wird die Sicherheitskommission unter der Leitung des früheren Kommandanten der Stadtpolizei Bern, Christoph Hoffmann, dafür verantwortlich sein. «Swiss Olympic wird entsprechend handeln und auf die Verbände Einfluss nehmen», so Jörg Schild. Mehr Öffentlichkeit, mehr Sensibilisierung, bessere Schulung Aus Sicht von Marc-André Giger, CEO von Swiss Olympic, resultieren aus der gemeinsamen Erklärung für die Dachorgani- «Wir müssen die Athleten in die Pflicht nehmen» betreuung bis zur Vorbildfunktion von Trainern, Sportlern und Funktionären. Diese Thesen waren eine der Diskussionsgrundlagen am «Runden Tisch» und wurden in die gemeinsam verabschiedete Erklärung integriert. Was die Weiterentwicklung und Umsetzung der Thesen an- sation des privatrechtlichen Sports in der Schweiz drei Schwerpunktbereiche: mehr Öffentlichkeit für Sicherheitsanliegen, die Sensibilisierung der Athleten durch Trainer und Nachwuchsverantwortliche sowie die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen. Mehr Öffentlichkeit für die Sicherheitsproblematik. Swiss Olympic wolle der fast durchwegs negativ gefärbten Wahrneh- mung der Sicherheitssituation an Sportveranstaltungen entgegenwirken, sagt Giger. Er denkt beispielsweise an ein Stadionrating bezüglich Sicherheit, wobei diese Hitliste anschliessend auch publiziert wird. «Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu wissen, welche Stadien sicher sind und welche den Vorschriften weniger genügen», so Giger. Im Bewusstsein, dass die Probleme eines dreissigjährigen Stadions nicht von heute auf morgen zu lösen seien, könne mit einer Hitliste dennoch Druck aufgesetzt und die Sicherheit nachhaltig verbessert werden. Einen weiterer Punkt, der für Giger zentral ist: «Swiss Olympic zählt auch auf eine rasche und pragmatische Umsetzung der geplanten Hooligan-Datenbank.» Sensibilisierung der Sportlerinnen und Sportler für das Thema Sicherheit. Swiss Olympic werde grosse Anstrengungen unternehmen, um die Sportlerinnen und Sportler vermehrt für die Thematik zu sensibilisieren, so Giger. Sportler, die mit einem Glas Bier in der Hand in die Kamera winken; Sportler, die nach einem Spiel aufeinander oder auf Schiedsrichter losgehen – solche Bilder dürfe es in Zukunft nicht mehr geben. «Wir müssen die Athleten in die Pflicht nehmen», so Giger, «am besten über die Trainerinnen und Trainer und die Betreuenden.» Diese stünden in täglichem Kontakt mit den Athleten. In ihrer Vorbildfunktion seien sie bestens geeignet, die Sportler für das Thema Sicherheit zu sensibilisieren. Im Sommer 2007 werde Swiss Olympic ein Aus- und Weiterbildungskonzept vorlegen, das die Gewaltprävention zum festen Bestandteil der Trainerausbildung machen wird, kündet Giger an. Der CEO weist auch darauf hin, dass mit dem nationalen Suchtpräventionsprogramm im Sport, «cool and clean», die Nachwuchsverantwortlichen bereits heute angesprochen werden. Von den 550 000 Kindern und Jugendlichen, die mit J+S Sport treiben, machen bereits 30 000 bei «cool and clean» mit und setzen sich so für fairen und sauberen Sport ein. Unterstützung der Sicherheitsverantwortlichen von Verbänden, Klubs und Vereinen. Die Schulung der Sicherheitsverantwortlichen durch Swiss Olympic in eigens dafür konzipierten Seminaren ist bereits angelaufen. Im Zentrum steht dabei die Schulung an einer neu erarbeiteten Software, der so genannten Toolbox. Mit dieser internetbasierten Software lassen sich Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen jeglicher Grösse erstellen. Der Eishockeyund der Fussballverband werden diesen digitalen «Werkzeugkasten» demnächst als erste in Betrieb nehmen. Sportschüler lernen flexibel Dank E-Learning können Sportschülerinnen und Sportschüler zeitlich und räumlich flexibler den Schulstoff bewältigen. In einem Weiterbildungskurs lernten die Lehrkräfte die Grundlagen, um E-Learning anbieten zu können. Text Matthias Zurbuchen Zwanzig Lehrerinnen und Lehrer, die an den SwissOlympic-Label-Schulen unterrichten, besuchten Mitte Januar in Zug eine von Swiss Olympic organisierte Weiterbildung zum Thema E-Learning. Benno Sidler, Geschäftsführer der Vinto Sportschule in Zug, vermittelte den Teilnehmenden Grundlagenkenntnisse im Bereich E-Learning. Diese Methode kann einen Lehrer zwar nicht ersetzen, erlaubt es Schülerinnen und Schülern aber, sich mit im Internet zur Verfügung gestellten Lerninhalten zeitlich und räumlich flexibel zu beschäftigen. Für Sportler, die wegen der Teilnahme an Wettkämpfen im Unterricht oft fehlen, ist E-Learning natürlich besonders interessant. Im Mittelpunkt der Weiterbildung stand das Erstellen und Verwalten einer E-Learning-Plattform. «Das im Kurs vermittelte Wissen soll den Label-Schulen helfen, dem Bedürfnis der Sporttalente nach orts- und zeitunabhängigen Lernangeboten zu entsprechen», sagt Sidler. 2 2007 swiss sport 17 S P O R T P O L I T I K Höchste Eisenbahn Ein bekannter liberaler Ökonom hat vor Jahrzehnten einen Aufsatz mit einem einprägsamen Titel geschrieben: «Die Zerstörung der Marktwirtschaft durch ihre Anhänger». Die Analogie liegt nahe: «Die Zerstörung des Sports durch seine Anhänger». Und gerade wer den Sport liebt, der muss sich schon seit einiger Zeit ernsthafte Gedanken um seine Zukunft machen. Doping und Gewalt sind die Geisseln des Sports. Meine engsten Mitarbeiter haben mir im letzten Jahr mit einem grossartigen Geburtstagsgeschenk einen Traum erfüllt: eine Etappe der Tour de France im Begleitfahrzeug von Phonak. Ich habe nicht irgend eine Etappe gewählt, sondern die grosse Pyrenäenetappe über vier Pässe und mit einer Bergankunft. Und genau in dieser Etappe hat Phonak erstmals in seiner Geschichte das Maillot Jaune geholt. Ich bin in Frankreich geblieben und habe jeden Tag am Fernsehen die Tour zelebriert. Der Einbruch von Landis, seinen Husarenritt am Tag danach, richtiges Heldenepos eben. Und dann der Schock: Landis gedopt. In einer Sekunde hat man mir die Freude und Begeisterung genommen. Der Aufschrei war gross. Aber die Aufregung hat sich bald gelegt. Verdrängen, vergessen, Tagesordnung. Die Diskussion ist bisweilen bizarr: «Ein Manager nimmt ja auch Aufputschmittel» mag man etwa hören. Wenn er das täte, ist das allein seine Sache, er wird dann einfach nicht allzu lange Spitzenmanager bleiben. Er unterliegt aber anderen Regeln: Wenn er beispielsweise die Bilanzierungsvorschriften verletzt, dann wird er bestraft. Auch wer sich im Sport unerlaubte Wettbewerbsvorteile verschafft, ist ganz einfach ein Betrüger und zwar im strafrechtlichen Sinne. Man muss nur endlich die Gesetze anpassen. Komplexer ist die Geissel der Gewalt. Auch als SBB-Chef war ich damit konfrontiert und habe die verschiedenen Phasen durchlaufen. Zuerst geht es darum, ein Phänomen überhaupt als zentrales Problem wahrzunehmen und den Willen zur Lösung zu entwickeln. Dann müssen das Problem fundiert analysiert und die Wirkungszusammenhänge aufgezeigt werden. Oft sind diese Zusammenhänge so komplex, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Das gilt auch hier. Gesucht ist deshalb ein Bündel von Massnahmen, welches auf allen Ebenen ansetzt. Bei der SBB ist es uns gelungen, dank konsequenter Umsetzung solcher Massnahmen die Lage deutlich zu verbessern. Ich war am 29. Januar an dem von Bundesrat Schmid einberufenen runden Tisch über die Gewalt im Sport dabei. Der Teilnehmerkreis war breit: Fussball, Eishockey, Polizei, Städte, Kantone und Bund waren vertreten. Es bestand nicht der geringste Zweifel über die Bedeutung des Problems und die dringende Notwendigkeit, konsequent Gegensteuer zu geben. Am Schluss wurde nicht nur eine Deklaration unterschrieben, sondern auch ein breit angelegtes Massnahmenprogramm mit sehr engen Terminen beschlossen. Noch vor Mitte Jahr wird sich das Gremium wieder treffen und sich über den Stand der Umsetzung orientieren lassen. Als alter Eisenbahner sage ich: Es ist höchste Eisenbahn, aber der Zug ist noch nicht abgefahren. Freundliche Grüsse Benedikt Weibel Delegierter des Bundesrates für die Euro 2008 2 2007 swiss sport 19 S W I S S O L Y M P I C I N S I D E Mit bisher sechs Verbänden hat Swiss Olympic eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, mit dem Eishockey- und dem Curlingverband wird intensiv verhandelt. Swiss Olympic wie Verbände schätzen die klare Definition von Zielen und Dienstleistungen durch eine Leistungsvereinbarung. Text Christof Kaufmann Bild Keystone Ein Zwang, den die Verbände schätzen I m Sommer ist es zwei Jahre her, dass Swiss Olympic mit Swiss Triathlon die erste Leistungsvereinbarung abgeschlossen hat. Mittlerweile sind fünf weitere Verbände dazu gekommen. «Die ersten Erfahrungen sind gemacht», sagt Thomas Burch, Verbandsbegleiter von Swiss Olympic, «und die Zwischenbilanz fällt aus unserer Sicht sehr positiv aus.» Die Vereinbarungen sind auf einen Zeithorizont von sieben bis acht Jahren ausgelegt, was den Verbänden erlaubt, beständig und kontinuierlich zu arbeiten. Weil gleichzeitig ehrgeizige Ziele im Hinblick auf die Olympischen Spiele in London 2012 sowie Beijing 2008 formuliert wurden, sind die Verbände gezwungen, ihre Kräfte effektiv und effizient einzuset- 20 swiss sport 2 2007 zen, ist Burch überzeugt. Hinzu komme, dass die Vereinbarungen die Zusammenarbeit zwischen Swiss Olympic und den Verbänden erleichtere. «Bei den Verbandsgesprächen im vergangenen Herbst haben wir mit den Vertretern jener Verbände, mit denen wir bereits eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen haben, nur ganz wenig Zeit investiert, um mittel- und langfristige Ziele des jeweiligen Verbandes zu diskutieren», sagt Burch. Dank der Leistungsvereinbarung wisse Swiss Olympic wie auch der Verband, was dieser in den nächsten Jahren erreichen wolle. So bleibe bei den jährlichen Gesprächen mehr Zeit « Wertvoll war für uns vor allem der Prozess, den die Erarbeitung der Leistungsvereinbarung in unserem Verband ausgelöst hat. Wir waren gezwungen, uns vertieft mit unseren Strukturen auseinander zu setzen. So haben wir in enger Zusammenarbeit mit Verbandsbegleiter Martin Rhyner von Swiss Olympic Schwächen erkennen und ausmerzen können. Ich schätze auch die Langfristigkeit, welche die Vereinbarung bringt. Das Erreichen mittelfristiger Ziele wie Medaillen an den Olympischen Spielen in Peking 2008 erleichtert es uns, auf unser grosses Ziel hinzuarbeiten, nämlich möglichst viele Profivolleyballer, sei es in der Halle oder im Sand, zu generieren.» Roger Schnegg, Direktor Swiss Volley (LV seit Januar 2006) « Diese Leistungsvereinbarungen sind meiner Ansicht nach eine grosse Chance für die Verbände. Sie drücken das Interesse aus, das Swiss Olympic der jeweiligen Sportart entgegen bringt. Gemeinsam werden Lösungen erarbeitet, die immer wieder neue Türen öffnen. Beispiel Sportwissenschaft: Weil jetzt klar definiert ist, wo wir in diesem Bereich Defizite haben, kommt nun wertvolle Unterstützung von Swiss Olympic und dem Bundesamt für Sport. Die Vereinbarung zwingt uns auch, uns mit Bereichen zu beschäftigen, die wir sonst aus zeitlichen oder finanziellen Gründen vernachlässigen würden. Das ist ein sehr nützlicher Zwang.» Michel Ansermet, Chef Leistungssport Schiesssportverband (LV seit Oktober 2006) für andere wichtige Themen. Mit einer Leistungsvereinbarung werde eine äusserst solide Basis für eine systematische und partnerschaftliche Zusammenarbeit gelegt, sagt Burch. «Beide Seiten wissen, wohin der Weg führen soll.» Potenzial für Olympia-Spitzenränge erforderlich Bisher haben sechs Verbände mit Swiss Olympic eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, nämlich Swiss Triathlon, Swiss Volley, Swiss Cycling, der Schweizerische Judo & Ju-Jitsu Verband, der Schweizerische Amateurringerverband und der Schweizer Schiesssportverband. Weitere Verbände werden dazukommen. Aktuell steht Swiss Olympic mit Swiss Curling und dem Schweizerischen Eishockeyverband in intensiven Verhandlungen. Ob einem Verband angeboten wird, eine Leistungsvereinbarung zu erarbeiten, hängt laut Burch hauptsächlich davon ab, ob die Athleten des Verbandes über das Potenzial verfügen, in Zukunft an internationalen Meisterschaften erfolgreich abzuschneiden. 20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen hat Swiss Curling in den letzten sechs Jahren gewonnen und erarbeitet nun mit Swiss Olympic eine Leistungsvereinbarung. « Im Zuge der Ausarbeitung unserer Leistungsvereinbarung sind wir von Swiss Olympic auf das Wesentliche fokussiert worden. Wir haben nun klare Prioritäten, dadurch kann uns Swiss Olympic viel gezielter unterstützen und spezifischere Informationen liefern. Einer unserer neuen Schwerpunkte ist die Weiterentwicklung der Physis unserer Athleten. Hier haben sich uns durch die Vereinbarung ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Beispielsweise führen wir in Zusammenarbeit mit der Armee temporäre Trainingslehrgänge in Magglingen durch. Auch haben wir ein intensives sportpsychologisches Projekt gestartet. Dass in der Vereinbarung Ziele und Zwischenziele definiert sind, erlaubt uns eine sehr gute Orientierung. Wir haben einen klaren Fahrplan und wissen immer, wo wir stehen.» Gerhard Seebacher, Technischer Direktor Ringen (LV seit Oktober 2006) « Dass Swiss Olympic mit uns eine Leistungsvereinbarung ausarbeitet, zeigt uns, dass unsere Erfolge – immerhin 20 Medaillen an internationalen Titelkämpfen in den letzten sechs Jahren – nicht unbemerkt geblieben sind. Es ist schön, so eng mit unserem Hauptsponsor zusammen arbeiten zu können. Auch, dass wir in Ittigen mit Swiss Olympic unter ein Dach ziehen, soll dazu beitragen, dass wir Synergien noch besser nutzen können. Der Vertrag fordert einiges von uns, andererseits können wir von erweiterten Dienstleistungen von Swiss Olympic profitieren, beispielsweise im medizinischen oder im psychologischen Bereich. Die Vereinbarung macht uns stolz, ist gleichzeitig aber auch eine Verpflichtung, dass wir nicht nachlassen dürfen, damit wir in den kommenden Jahren weiterhin so erfolgreich, wenn nicht gar noch erfolgreicher sein können.» Beat Jäggi, Chef Leistungssport Swiss Curling (LV wird erarbeitet) 2 2007 swiss sport 21 I M G E S P R Ä C H Man kennt ihn nicht, und das ist gut so Christian Rufer ist Nationaltrainer Snowboard Alpin und mitverantwortlich für die erdrückende Dominanz der Schweizerinnen und Schweizer in den letzten drei Jahren. Im Gespräch erklärt er, worauf ein Erfolgstrainer achten muss, damit sein Team erfolgreich bleibt. Interview Christof Kaufmann Bilder zvg, Keystone (S. 23 links) swiss sport In den vergangenen drei Jahren haben die Schweizer Alpinen im Snowboard-Weltcup mehr als ein Drittel aller Podestplätze erobert. Was bedeutet Ihnen als Trainer des Teams diese Dominanz? Christian Rufer Wir Schweizer sind die Gejagten im Weltcup. Alle schauen auf uns. Sie versuchen, uns zu kopieren und hoffen vor einem Rennen auf ein Favoritensterben. Damit umzugehen, ist nicht einfach. Wenn Du dann trotzdem Erfolg hast, dann stellt sich ein unglaubliches Entspannungsgefühl ein. Als ich die Nationalmannschaft vor drei Jahren übernahm, gab es bereits einige Spitzenfahrer im Team. Mein erster Gedanke war, dass ich als Trainer mit einem so erfolgreichen Team nur verlieren könne. Und dann haben wir die Anzahl der Podestplätze verdoppelt und diese Leistung in den beiden letzten Jahren bestätigen können. Wie gross schätzen Sie Ihren eigenen Beitrag zu diesen Erfolgen ein? Es ist mir gelungen, immer wieder Leader aufzubauen. Die braucht es in einem Team. Hinter Daniela Meuli und Ursula Bruhin konnte Fränzi Kohli wachsen und gewann 22 swiss sport 2 2007 an der WM in Arosa die Bronzemedaille. Hinter Philipp Schoch konnten wir eine zweite Reihe aufbauen. In dieser Saison gewinnt sein Bruder Simon Rennen um Rennen, und Anfang Februar gewann Roland Haldi sein erstes Weltcup-Rennen. Ich muss einerseits dem Leader gerecht werden, er muss anders behandelt werden. Andererseits muss ich dem Rest des Teams erklären, warum es einen Leader braucht. Das ist Ihnen offensichtlich gelungen in den letzten drei Jahren. Auf diesem Niveau muss ein Trainer sehr genau spüren, wann er eingreifen muss, um das Team zu schützen. Spannungen, die aufgrund von Missverständnissen oder Emotionen entstehen, können plötzlich zur Explosion kommen, und das schadet dem Team. Das muss ich verhindern, und das habe ich wohl ziemlich gut geschafft. Wichtig ist, dass ich eine entstehende Negativspirale schon früh stoppen kann. Auf der anderen Seite versuche ich, alles, was das Potenzial hat, eine erfolgreiche Spirale anzutreiben, zu fördern. Wie gehen Sie mit jenen Fahrern Ihres Teams um, die hinter den Stars im Schatten stehen? Ihnen mache ich klar, dass sie ohne ein so erfolgreiches Team möglicherweise nicht so weit wären. Und dass ihre Zeit noch kommt. Das ist schon alles? Ich schaue mir oft die Biographie, den Werdegang von erfolgreichen Sportlern an. Das ist sehr spannend. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Schicksalsschläge überwunden haben. Nehmen wir den Skifahrer Hermann Maier. Er wurde aus dem Nationalkader geworfen, hat sich davon nicht beeindrucken lassen und selber trainiert, bis er ganz oben stand. Oder Michael Jordan. Er wurde einst aus der Basketballmannschaft seiner Univer- sität geworden, weil er koordinativ so schlecht war. Und dann wird er der Grösste seiner Sportart überhaupt. Als Roland Haldi vor drei Jahren in Bad Gastein schon früh ausschied, sagte er danach im TV-Interview: Man muss ganz unten stehen, um ganz nach oben zu kommen. Nach seinem Sieg Anfang Februar habe ich ihn an diese Aussage erinnert. Haben Sie keine Angst davor, dass Ihre Fahrerinnen und Fahrer auf einmal nicht mehr gewinnen? Dass ein Fahrer plötzlich nicht mehr gewinnt, obwohl er genau weiss, wie es ginge, kann passieren. Wichtig ist aber, dass man keine Entschuldigungen sucht. Wer eine Erklärung dafür hat, warum er nicht gewinnen könnte, der hat schon verloren. Auf diesem Niveau passiert alles im Kopf. Der ehemalige schwedische Coach hat einmal zu mir gesagt: «Wenn ich in einen Esssaal komme, weiss ich ohne zu schauen, ob die Schweizer da sind oder nicht. Die strahlen eine ungeheure Gelassenheit und Macht aus.» Das ist schön zu hören, aber wir müssen uns bewusst sein, dass diese Souveränität sehr schnell verloren gehen kann. Von links nach rechts Christian Rufer ist der Mann hinter den Erfolgen der alpinen Snowboarder. Dem Nationaltrainer ist es immer wieder gelungen, Leader in seinem Snowboard-Team aufzubauen. Fränzi Kohli und Christian Rufer bei Kohlis erstem Weltcupsieg in Sölden, im Oktober 2006. bekannt, wenn es nicht gut läuft, und dann entlässt man sie. So gesehen ist es nicht schlecht, dass man mich nicht kennt. Mir genügt die Anerkennung meiner Athleten. Wenn einer von ihnen zu mir sagt: «Rufi, Du bist für mich der Beste», dann reicht mir das. Was macht eigentlich ein Snowboard-Trainer im Sommer? Im Sommer verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie. Meine Kinder brauchen mich, auch meine wunderbare Frau. Würde es zu Hause nicht so gut funktionieren, dann könnte ich nicht so viel Energie ins Nationalteam investieren. Das ist sehr wertvoll. Im Sommer pflege ich zudem meine beiden Hobbys: gärtnern und Filme schneiden. Und in der Regel arbeite ich auf Baustellen, um ein paar Franken dazu zu verdienen, aber diesen Sommer hatte ich dafür schlicht keine Zeit. Christian Rufer Alter 38 | Familie verheiratet, drei Kinder – 13, 11 und 5 Jahre | Wohnort Ebnat-Kappel (SG) Stört es Sie, dass ausserhalb des Snowboard-Sports kaum jemand Ihren Namen kennt? Nicht wirklich. Klar gibt es Momente – die Wahl zum Trainer des Jahres war so einer –, da denke ich, es wäre schön … Aber ich brauche es nicht. Trainer werden ja oft 2 2007 swiss sport 23 P A N O R A M A Trendsport als olympischer Spektakulärer, kämpferischer, jünger: Die Olympischen Spiele verändern ihr Gesicht, besonders deutlich die Olympischen Winterspiele. Text Dominik Meier Bild Keystone S ie katapultieren sich aus den Startboxen, vier Skirennfahrer gleichzeitig. Sie jagen über Buckel, Wellen und durch Steilwandkurven. Sie kämpfen mit Taktik, Technik, Tricks und Ellbogen. Knapp eine Minute dauert ein Rennen. Kleine Rangeleien und grosse Emotionen sind an der Tagesordnung. Skicross ist erst zehn Jahre alt, gross geworden in der Freestyle-Szene 24 swiss sport 2 2007 (siehe Kasten). Und bereits tritt Skicross in den sportlichen Adelstand: Im letzten Herbst hat das Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) den Skicross in das Programm für die Olympischen Winterspiele 2010 in Vancouver aufgenommen. Snowboardcross hatte es bereits an die Winterspiele 2006 in Turin geschafft und wurde zum Renner: In den USA und in Kanada erzielte der Snowboardcross die höchsten Einschaltquoten. Der Erfolg des Snowboardcross bereitete dem Pendant auf zwei Brettern, dem Skicross, den Weg. Schweiz setzt auf Skicross Der Skicross entstand Ende der 1990er-Jahre in den USA im Rahmen der Extremsportveranstaltung X-Games. Vor vier Jahren anerkannte die FIS den Skicross und gründete eine Weltcup-Serie. Die erste Weltmeisterschaft fand 2005 statt. In der Schweiz ist Skicross dem Freestyle-Bereich von Swiss-Ski angegliedert. Die Schweizer Athletinnen und Athleten gehören im Weltcup zur erweiterten Weltspitze. Seit bekannt ist, dass Skicross olympisch wird, beobachtet Swiss Ski ein wachsendes Interesse der Sponsoren. Auch bemühten sich mehr Skiorte um die Austragung eines Weltcup-Rennens, sagt Christoph Perreten, Chef Freestyle bei Swiss Ski. Für Vancouver 2010 strebt Swiss-Ski eine Skicross-Medaille an. Diesen Frühling will der Skiverband zusammen mit Swiss Olympic die Medaillenchancen analysieren und ein Olympiaprojekt beantragen. Olympische Verjüngungskur Das IOC-Exekutivkomitee begründete seinen Entscheid für das jüngste Kind in der olympischen Familie mit der jugendlichen, spektakulären und kämpferischen Natur des Skicross. Junge Trendsportarten sollen die Olympischen Spiele moderner machen, so die erklärte Absicht des IOC. Bereits stehen drei Snowboard- und zwei SkiFreestyle-Disziplinen (Buckelpiste, Skiakrobatik) auf dem olympischen Programm, nun kommt noch Skicross hinzu. Und bereits bereitet der internationale Skiverband FIS das Terrain vor für eine Aufnahme des Ski-Halfpipe-Wettbewerbs. Ähnlich verläuft die Entwicklung bei den Olympischen Sommerspielen: Mit Triathlon, Beach Volleyball und Mountain Bike wurden in den letzten zehn Jahren verschiedene Trendsportarten olympisch. Und – Zufall oder Jungbrunnen nicht – in Peking feiert 2008 eine Sportart olympische Premiere, die dem Skicross verblüffend ähnlich ist: BMX, also spektakuläre Radrennen über Schanzen, Wellen und Steilwandkurven. Olympische Eintagsfliegen? Trendsportarten haftet zum Teil das Image von sportlichen Eintagesfliegen an, die rasch wieder an Bedeutung verlieren könnten. Doch immerhin haben sich die Trendsportarten bei den Olympischen Spielen mit kleineren Korrekturen behaupten können. Dennoch ist die Frage gerade beim Skicross berechtigt: Wird die Popularität dieses jungen Sports von Dauer sein? Ja, sagt Christoph Perreten, Chef Freestyle bei Swiss-Ski. Denn Skicross liege ganz an den Wurzeln des Skifahrens: «Kinder experimen- tieren auf den Skis ähnlich wie beim Skicross: Sie fahren direkt gegeneinander, sie bauen Schanzen und Hindernisse in die Rennen ein.» Skicross sei sehr vielseitig, neben Technik und Kondition brauche es viel Gespür für Taktik und ein grosses Kämpferherz: «Diese Mischung wird den Skicross dauerhaft attraktiv machen für Athleten und Zuschauer.» In den letzten Jahren haben sogar mehrere Alpin-Rennfahrer zum Skicross gewechselt, zum Beispiel der US-Athlet Daron Rahlves. Olympiastatus nicht garantiert Die sanfte Renovation der Olympischen Spiele schafft auch Verlierer. Das IOC verwehrte in den letzten Monaten und Jahren verschiedenen Disziplinen und Sportarten die Aufnahme ins olympische Programm – zum Beispiel dem Skispringen der Frauen, verschiedenen neuen Disziplinen im Biathlon, Langlauf und Curling, aber auch Sportarten wie Squash und Karate. Aber auch Sportarten, die heute olympisch sind, können sich ihres Status nicht sicher sein: An den Sommerspielen 2008 in Peking werden zum letzten Mal Medaillen im Baseball und Softball vergeben. Erst 1992 wurden diese Sportarten olympisch und nun werden sie als erste Sportarten seit über 70 Jahren wieder aus dem olympischen Programm gestrichen. Weitere Sportarten könnten folgen: Das IOC will alle Disziplinen laufend evaluieren und hat dazu einen Katalog mit 33 Kriterien entwickelt. Dazu gehören unter anderem die Zahl aktiver Athleten, die weltweite Verbreitung einer Disziplin, vor allem aber auch das Publikums- und Medieninteresse. Von neuen Sportarten erwartet das IOC zudem explizit eine besondere Ausrichtung auf die Jugend. Und deshalb haben es neue Trendsportarten am einfachsten auf dem Weg in den sportlichen Olymp – sie sind jung, dynamisch und attraktiv für Medien und Sponsoren. Technik, Taktik, Kampf: Diese Mischung macht Skicross für Athleten und Zuschauer attraktiv. 2 2007 swiss sport 25 P A N O R A M A Ein Meilenstein für die Leichtathletik Am 16. Februar wurde das Athletik Zentrum St. Gallen offiziell eröffnet. Für den Leichathletiksport soll damit eine neue, erfolgreiche Ära beginnen. Aber wieviel Einfluss haben IndoorAnlagen überhaupt auf die Leistungen draussen? Text Christoph Emch Bilder Marcello Engi (S. 26), Anna Tina Eberhard (S. 27) 41,1 Millionen Franken (siehe Kasten) hat das Projekt gekostet – wie budgetiert. Acht Jahre hat die gesamte Finanzierung und Realisation gedauert – wie geplant. Und nun steht die erste Halle der Schweiz mit einer permanenten 200-Meter-Rundbahn. Genau genommen sind es gleich vier Hallen, denn in den Bau wurden zwei bestehende Turnhallen integriert, die zusätzlich mit einer Kletterhalle ergänzt wurden. Das Athletik Zentrum St. Gallen (AZSG) soll nicht nur eine Trainings- und Wettkampfbasis für Leistungssportler sein, sondern auch durch den Breiten- und Schulsport benutzt werden. Ein Modell, das von Swiss Athletics begrüsst wird. «Die Initiative für das Athletik Zentrum kam von der Stadt St. Gallen», sagt Peter Haas, Chef Leistungssport. «Deshalb ist auch klar, dass bei der Umsetzung gewisse Kompromisse eingegangen wurden.» So sei in der neuen Halle bei der höhenverstellbaren 200-Meter-Rennbahn nicht ein üblicher Laufbahnbelag (Tartan) verwendet worden, sondern, 26 swiss sport 2 2007 um einen homogenen Hallenboden zu haben, ein polyvalent nutzbarer Belag «Aber wir haben hier eine Halle, die man wirklich als Leichtathletikhalle bezeichnen kann», betont Haas. «Es wird sich zeigen, ob der Betrieb im AZSG den Leichtathleten, insbesondere dem Spitzensporttraining, genügend Trainingszeiten zur Verfügung stellen kann.» Entscheidender Impuls Haas ist überzeugt, dass die Kompromisse bei der Wahl der Unterlage die Nützlichkeit des Zentrums kaum schmälern, auch wenn die Athletinnen und Athleten höchstens 5 Millimeter lange Spikes an ihren Schuhen tragen dürfen. Dass der Belag «schnell» ist, das haben 60-Meter-Sprinterin Fabienne Weyermann und 60-Meter-Hürdenläufer Andreas Kundert an der Hallenschweizermeisterschaft Das Athletik Zentrum in Zahlen eindrücklich bewiesen. Beide erreichten die Limite für die Leichtathletik-Halleneuropameisterschaft in Birmingham (ENG). Für ihn sei schlussendlich entscheidend, so Haas, dass der Leichtathletik-Sport, besonders in der Ostschweiz, durch das Athletik Zentrum einen positiven Impuls mit nationaler Ausstrahlung erhalte. Gerade in der Region St. Gallen habe man nach vielen erfolgreichen Leichtathletik-Jahren eine Durststrecke hinter sich und sei nun für die Zukunft gerüstet. «Ich erwarte keine schnelle Wende hin zu riesigen Erfolgen, aber eine gute Infrastruktur ist die Basis für einen Aufschwung», sagt Haas. Finanzierung in Franken Kanton St. Gallen, 15 Millionen (davon 3 Mio. aus Sport-Toto-Geldern) | Stadt St. Gallen, 13.5 Mio. | Cityparking AG St. Gallen, 6.3 Mio. | NASAK, 4 Mio. | Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), 2.3 Mio. | Total, 41.1 Mio. Volumen 117 334 m3 Infrastruktur 200-Meter-Rundbahn mit höhenverstellbaren Kurven | flexibel einteilbare Vierfach-Sporthalle | Tribüne mit bis zu 3000 Sitzplätzen | Kletterwand | Dreifach-Sporthalle | Seminar- und Gastrobereich | 10 Einzel-/Doppelzimmer | Tiefgarage mit über 150 Parkplätzen | Doping-Kontrollraum | Fitnessraum | Gymnastikraum | 14 Garderoben | Gruppenunterkunft | Outdoor-Hartplatz Kein Ersatz für Trainingslager Haas hält aber fest, dass Indoor-Training nur begrenzt Einfluss auf die Leistungen in der Sommersaison haben kann. Zu unterschiedlich seien die Bedingungen. «Einzig für die technischen Disziplinen wie beispielsweise die Sprünge (Hoch-, Weit-, Drei- und Stabhochsprung) ist der Unterschied zwischen Halle und Outdoor relativ klein», sagt Haas. Zudem komme trotz den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Halle die 200-Meter-Rundbahn für das Training der Langstreckenläufer nur bedingt in Frage. Und dennoch, ist Haas überzeugt, gewinne die Leichtathletik durch das Zentrum insgesamt an Bedeutung. Was für den Leichtathletik-Sport gilt, ist auch in anderen Outdoor-Sportarten zu beobachten. So steigt zum Beispiel die Zahl von Indoor-Beachvolley-Anlagen in der Schweiz stetig, aber auch hier werden diese Anlagen keine Trainingslager im Ausland ersetzen. «Wir begrüssen zwar die Entwicklung», meint Roger Schnegg, Chef Leistungssport beim Volleyballverband, «aber zu einem Trainingslager gehört mehr als ein Beachvolley-Feld.» Er denke dabei – wie Haas – an die unterschiedlichen äusseren Bedingungen, aber auch an die Trainingspartner, die im Ausland spielen würden. Provisorium Magglingen Nichtsdestotrotz ist das Athletik Zentrum St. Gallen in den Augen des Direktors des Bundesamts für Sport (BASPO), Matthias Remund, ein Meilenstein für den LeichathletikSport. «Die Sporthalle ‹End der Welt› in Magglingen ist immer ein Provisorium gewesen», sagt Remund. 30 Jahre lang haben die Schweizer Hallenleichtathletikmeisterschaften dort stattgefunden. Überdies war Magglingen die wichtigste Trainingsbasis in der Wintersaison. Es sei Zeit geworden für eine zweite Möglichkeit, und die Stadt St. Gallen habe agiert, so Remund. Dass das BASPO dem Athletik Zentrum entsprechende Wichtigkeit beimisst, zeigen auch die 4 Millionen Franken, mit der es sich über das Nationale Sportanlagenkonzept (NASAK) an der Finanzierung des Projekts beteiligt hat. Das Athletik Zentrum St. Gallen soll nun Nährboden für Spitzenleistungen in der Leichtathletik, insbesondere der Hallenleichtathletik sein. Die Ausgangslage ist verheissungsvoll. Von links nach rechts In St. Gallen steht die erste permanente und höhenverstellbare 200-Meter-Indoorbahn der Schweiz. «Das Athletik Zentrum St. Gallen gibt der Leichtathletik einen wichtigen Impuls», ist Peter Haas überzeugt. 2 2007 swiss sport 27 P A N O R A M A Im Dienste der Athleten und der Verbände Seit über zwanzig Jahren richtet das Internationale Sportschiedsgericht mit Sitz in Lausanne bei Streitigkeiten und sorgt für Recht und Ordnung in der Sportwelt. Text Jean-François Berdat Bild Keystone «Wenn es das TAS nicht gäbe, dann müsste man es erfinden.» Diese Aussage von Beat Hodler wischt bereits alle Fragen beiseite, welche die Existenzberechtigung des Internationalen Sportschiedsgerichts TAS (steht für Tribunal Arbitral du Sport) in Zweifel ziehen könnten. Pro Jahr gehen 200 Fälle beim TAS ein, über welche die Schiedsrichter befinden müssen. Vervielfachung der Konfliktursachen Die Entwicklung des Profi-Sports und vor allem auch die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entwicklung hatten zur Folge, dass die Anforderungen an alle Beteiligten ständig stiegen. Dies führte wiederum zu einer Vervielfachung von möglichen Konfliktursachen, denen die staatlichen Gerichte zunehmend hilflos gegenüber standen. Unter diesen Umständen wurde die Gründung des TAS zur Notwendigkeit – am 30. Juni 1984 war es soweit. Zu Beginn war das TAS dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) angegliedert, das sämtliche Kosten, die der Gerichtshof verursachte, trug. Am 15. März 1993 stellte das TAS seinen Betrieb vorübergehend ein. Allerdings nur, um ein Jahr später, am 22. Juni 1994, in neuer Frische zu erstrahlen. Fast alle bedeutenden Vertreter des globa- 28 swiss sport 2 2007 len Sports waren anwesend, als die Konvention von Paris unterzeichnet wurde. Sie übertrug die Finanzierung und Verwaltung des TAS der neu gegründeten, vom IOC unabhängigen Internationalen Schiedsgerichtskammer für Sportfragen (CIAS). Heikle Fälle 236 Schiedsrichter aus 87 verschiedenen Ländern beschäftigt das TAS. Und die Urteile, die das TAS fällt, sind ebenso rechtskräftig wie diejenigen eines normalen Gerichts. «Wir bieten eine Dienstleistung für die Athleten wie für die Verbände», sagt Beat Hodler, Schiedsrichter am TAS und externer Rechtsberater von Swiss Olympic. «Besonders wichtig erscheint mir, dass das TAS die Linie, welche es gewählt hat, durchzieht, und seine Rechtssprechung nicht von Fall zu Fall ändert.» Hodler richtet pro Jahr über fünf bis acht Fälle. Besonders in Erinnerung geblieben ist dem Berner Anwalt der Fall des Radprofi-Teams Phonak, dem der Internationale Rad-Verband die Lizenz verweigert hatte. Diesen Entscheid hob das TAS wieder auf. Knifflig sei auch der Fall der Snowboarderin Andrea Schuler gewesen, sagt Hodler. Sie hatte ihre Nichtselektion für die Olympischen Winterspiele in Turin vor einem Jahr vor dem TAS angefochten. «Ich habe Swiss Olympic in diesem Fall beraten.» Die Basler Athletin begründete ihre Klage damit, dass sie bessere Resultate erreicht habe als einige der selektionierten Athleten. Das TAS lehnte Schulers Seit mehr als 20 Jahren arbeitet das Tribunal Arbitral du Sport in Lausanne im Dienste der Athleten und Verbände. Klage ab, was Swiss Olympic nicht nur davor bewahrte, einen selektionierten Athleten während der Spiele aus Turin nach Hause zu schicken. Das Urteil bestätigte auch die Hieb- und Stichfestigkeit des angewandten Selektionsverfahrens. Auch Stephan Netzle, ein anderer Schweizer Schiedsrichter des TAS, erinnert sich an zwei besonders heikle Fälle. «Der Fall der rumänischen Turnerin Andreea Raducan stellte uns vor eine echte Gewissensfrage», erinnert sich Netzle. Die Mehrkampf-Olympiasiegerin an den Olympischen Spielen 2000 in Sydney hatte vom Teamarzt ein Medikament gegen ihre Erkältung erhalten und war deshalb des Dopings überführt worden. «Glauben Sie mir, es war eine schwierige Entscheidung, dieses 16-jährige Mädchen seine Medaille wieder zurückgeben zu lassen.» Der ehemalige Ruderer Netzle war auch im Fall des öster- Die Schweizer Schiedsrichter 29 der 236 Schiedsrichter des TAS kommen aus den USA, die damit das grösste Kontingent stellen. An zweiter Stelle steht die Schweiz, die 21 Schiedsrichter stellt und damit am zweitmeisten aller Länder. Die Schweizer Schiedsrichter sind Lucas Anderes | Luc Argand | Carole Barbey | Jacques Baumgartner | Michele Bernasconi | Quentin Byrne-Sutton | François Carrard | Olivier Carrard | Jean Gay | André Gossin | Beat Hodler | Patrick Lafranchi | Pierre Laville d’Epinay | Jean-Pierre Morand | Hans Nater | Stephan Netzle | Denis Oswald | Jean-Philippe Rochat | Corinne Schmidhauser | Bernhard Welten | Ralph Zloczower reichischen Skifahrers Hans Knauss, dem NandrolonMissbrauch nachgewiesen worden war, als Schiedsrichter im Einsatz. «Er war ein Medaillenkandidat für Turin, aber wir haben ihm die Teilnahme verbieten müssen.» Ständige Weiterentwicklung Für jeden Fall, über den das TAS entscheidet, werden drei Schiedsrichter aufgeboten. «Die Tatsache, dass wir jeweils zu dritt entscheiden, garantiert eine gewisse Unabhängigkeit», sagt Netzle, der nicht glaubt, dass die Verwirtschaftlichung den Sport zerstören wird. «Sicher ist aber, dass der Sport sich verändert hat.» Auffallend sei, dass immer mehr Disziplinarfälle vor das TAS kämen. So ging es beispielsweise im Jahr 2000 in 65 Prozent aller Fälle um Doping. Im selben Jahr stieg übrigens das Budget von CIAS und TAS auf 1, 8 Millionen Franken. In den zwanzig Jahren seines Bestehens hat sich das TAS ständig weiterentwickelt und entwickelt sich immer noch weiter. Zum Beispiel denkt die CIAS darüber nach, weitere dezentrale Büros zu eröffnen, um den Zugang zur Gerichtsbarkeit des TAS zu erleichtern. Bereits bestehen zwei solche Büros in Sydney und New York. Auch mit dem Gedanken, während sportlichen Grossanlässen temporäre Kammern zu installieren, wird gespielt. Dabei soll immer das Prinzip gewahrt werden, dass es kostenlos ist, das TAS anzurufen. 2 2007 swiss sport 29 I N K Ü R Z E T E R M I N P L A N F Ü R D I E M I TG L I E D V E R B Ä N D E Datum Anlass 28.03.2007 03.05.2007 13.05.2007 07.07.2007 22.07.2007 23.09.2007 26.10.2007 31.10.2007 23.11.2007 24.11.2007 11.12.2007 Nationale Konferenz «Leistungssport, Schule und Ausbildung» Forum Chef Leistungssport (– 04. 05. 07) Talent Treff Tenero I (–19. 05. 07) Gigathlon 2007 (–14. 07. 07) Summer European Youth Olympic Festival (EYOF), Belgrad (Serbien) (– 27. 07. 07) Talent Treff Tenero II (–29. 09. 07) Super10Kampf Trainerherbsttagung (–02.11. 07) Sport Session, Bern 11. Versammlung des Sportparlaments, Bern 5. Nationale Konferenz Nachwuchsförderung 2008 08.08.2008 06.09.2008 Olympische Sommerspiele Peking (– 24.08.08) Paralympics Peking (–17. 09. 08) S W I S S O LY M P I C Trainerausbildung abgeschlossen Diplomierte Trainer Spitzensport Baur Daniel Eishockey | Brigger Hanspeter Faustball | Cavalli Paola Ski Alpin | Ceriani Francesco Tennis | Codoni Camille Rudern | Eberle Petra Ski Alpin | Fankhauser Marcel Eishockey | Hammel Andrea Leichtathletik | Hauser Mark Curling | Jeanneret Thierry Ski Orientierungslauf | Jegler Ralf Ski Alpin | Läubli Eskil Ski Alpin | Rüdisüli Ralph Kanu | Sumi Bruno Ski Alpin | Teutschmann Patrick Rollstuhlrugby | Winteler Urs Volleyball Trainer Leistungssport mit eidgenössischem Fachausweis Amstutz Schläppi Kristin Kanu Abfahrt | Baumgartner Marc Handball | Bernet Peter Ski Alpin | Bovet Christophe Golf | Bucheli Thomas Leichtathletik | Doyer Anne-Catherine Basketball | Dreyfuss Philippe Trampolin | Feuz Daniel Streethockey | Habegger Martin Reiten | Hartmann Erwin Ski Alpin | Hebeisen Marianne Orientierungslauf | Heynen Dirk Volleyball | Inderkum Christian Snowboard | Jeanneret Ophélia Eislauf | Jin Lin Lin Tischtennis | Kästli Irene Bad- minton | Keller Vroni Handball | KellerEhinger Josiane Eiskunstlauf | Kobel Stefan Volleyball/Beachvolleyball | Kressig Patrick Golf | Kunz Johannes Kanu Regatta | Kurzen Noël Teakwondo | Lobello René Fussball | Locher Stève Ski Alpin | Loukili Nadia Wasserspringen | Lussi Rumo Ski Alpin | Luykx Roeland Schwimmen | Mathis Martin Eishockey | Mezquita Roberto Unihockey | Muino Laura Eiskunstlauf | Nicodet Yahel Eislauf | Polesana Franco Leichtathletik | Reinicke Dirk Schwimmen | Rentsch Thomas Radsport | Rey Steve Golf | Rossini Arno Fussball | Rothenbühler Adrian Leichtathletik | Schönenberger Urs Sportklettern | Steingruber Florian Volleyball | Stöckli Ralph Curling | Tamani Cédric Skeleton | Ursea Adrian Fussball | Zürcher Eric-Pi Fussball AU S - U N D W E I T E R B I L D U N G S W I S S O LYM P I C Unsere aktuellen Kurse finden Sie unter www.swissolympic.ch > Ausbildung/Entwicklung > Kurse 30 swiss sport 2 2007 Korrigendum In der Ausgabe 1/07 von swiss sport fehlten in der Liste der Schweizer Medaillen an Olympischen Spielen, Paralympics, Welt- und Europameisterschaften der Elite und Junioren 2006 einige Namen. Wir entschuldigen uns dafür und publizieren hier die fehlenden Medaillengewinner: Gold Rad Bahn Atzeni Giuseppe, Durst Dieter Steher, EM Forst GER | Behindertensport Schwimmen Cavin Chantal S11, 100 m Crawl (neuer Weltrekord), WM Durban RSA Silber Behindertensport Schwimmen Cavin Chantal S11, 50 m Crawl | 100 m Brust | 400 m Crawl, WM Durban RSA Bronze Rad Bahn Carlolina Lüthi Omnium, EM Athen GRE | Behindertensport Leichtathletik Kolly Urs P44 Fünfkampf, WM Assen NED Youth Sport Session 2007 Sport Session 2007 ihre Begeisterung und ihre Leidenschaft für den Sport einbringen können? Auskünfte: www.swissolympic.ch > Events oder direkt bei [email protected] SYS «cool and clean» schwimmt obenauf Am Wochenende vom 3. und 4. Februar fielen an den Schweizer Vereinsmeisterschaften im Hallenbad Nid-du-crô in Neuchâtel die Entscheidungen. Je 24 Damen- und Herrenteams kämpften in der Nationalliga A und B um Titel, Auf- und Abstieg. Die Gastgeber von «Red-Fish Neuchâtel» präsentierten während beiden Wettkampftagen eine tolle Show, wie man sie sonst nur aus Amerika kennt. Die Frauen präsentierten sich als «cool and clean» Cheerlea- ders und die Männer als American-Football-Spieler verkleidet. Auch sonst war «cool and clean» an diesem Wochenende omnipräsent. Mit über 800 Athleten und Zuschauern konnte das Präventionsprogramm ein grosses Publikum erreichen. Am Eingang des Schwimmkomplexes warben die Nachwuchsschwimmer von RedFish an einer Info-Bar für fairen und sauberen Sport. Banderolen rund um das Becken und regelmässige Jingles, welche die Zuschauer zu fairen Bedingungen und rauchfreier Atmosphäre aufforderten, komplettierten den Auftritt von «cool and clean». Die an Spannung kaum zu überbietende Schlussphase dieser Meisterschaften hat einmal mehr bewiesen: Die Vereinsmeisterschaften gehören zu den Highlights im Schweizer Wettkampfkalender der Schwimmer. Ein grosser Dank gilt dem Team Red-Fish Neuchâtel für den grossen Einsatz für fairen und rauchfreien Sport! SG zvg Die Youth Sport Session ist ein Programm, das von Jungen für Junge organisiert wird, damit sie sich zu aktuellen Themen rund um den Sport äussern können. Die zweite Ausgabe findet am Freitag und Samstag, 23. und 24. November 2007, im Haus des Sports in Ittigen bei Bern statt. Wie im Vorjahr werden Workshops unter der Leitung von Moderatoren und Experten organisiert. Diskutiert wird über die verschiedenen Facetten des Sports, positive wie negative. Die Teilnehmenden können – entsprechend den olympischen Ringen – aus fünf Themen wählen: Sportpolitik Schweiz Die positiven Auswirkungen des Sports auf die Gesellschaft sind vom Bundesrat offiziell anerkannt, aber wie steht es mit der konkreten Umsetzung? Olympische Spiele und Wirtschaft Was sind die wirtschaftlichen Herausforderungen von Olympischen Spielen im Allgemeinen und der Spiele 2008 in Peking im Speziellen? Doping Welches sind die Hintergründe des Dopings, die der Bevölkerung häufig wenig bekannt sind? Ehrenamt Wie können die Verbände dabei unterstützt werden, die Wertschätzung des Ehrenamts zu stärken? Gewaltprävention im Sport Wie kann die Gewalt durch den Sport vermindert werden? Die entscheidende Frage lautet aber: Werden die Teilnehmenden an der Youth 10 2 2006 2007 swiss sport 31