Zeitmanagement, Zeitpolitik, Work-Life
Transcription
Zeitmanagement, Zeitpolitik, Work-Life
08.01.2015 Zeitmanagement, Zeitpolitik, Work-Life-Balance Mittwochsfortbildung 7. und 14. Januar 2015 J. M. Fegert Ulm 1 08.01.2015 Gliederung • Einleitung : Zeitpolitik vs. individuelle Optimierung • Zeitwohlstand ? • Zeitpolitik und Familienpolitik • Optimierungsversuche: Zeitmanagement vs. Selbstmanagement • Stress, Überlastungsgefühle und Burn Out • Burn Out Prophylaxe und Resilienz in sozialen Berufen • Werte und Prinzipien • Fazit 2 08.01.2015 Dimensionen der Zeit • Beschleunigung versus Entschleunigung • Linearität versus Rhythmizität (Elias) Charakteristika der Moderne (Habermas) sind: - Verdichtung - Verstetigung - Deregulierung - Individualisierung - Ökonomisierung - Desynchronisierung Zeitmessung und Beschleunigung der Kommunikation • Bewusstsein von der Zeitlichkeit des Daseins (memento mori), Vergehen der Zeit • Geschichte der Zeitmessung – Antike Sonnenuhren, Wasseruhren – um 1300 mechanische Uhren in oberitalienischen Städten – Renaissance mechanische Eisenuhren 3 08.01.2015 Geschichte der Zeitmessung (nach Graf 2013 / Ausstellung Tempo,Tempo) • Um 1700 Pendule – ‚ponctualité‘ wird Masstab für standesgemässe Lebensführung • 19. Jahrhundert erschwingliche Holzuhren (Schwarzwalduhren) • 20. Jahrhundert tragbare Uhr für jedermann • 21. Jahrhundert Uhr verschwindet im Alltagsgebrauch (Handy) Beschleunigung der Kommunikation, Klaus Beyrer 2013 • 16. Jhdt. Post „Es gehet wie auf der Post!“ – Augsburg – Hamburg zwischen 1500 und 1800 von 30 auf weniger als 10 Tage • 1835 Dampfzug / Baedeker „Handbuch für Schnellreisende“ • Ab Mitte des 19. Jahrhunderts Telegraphenbetrieb erste „Echtzeitkommunikation“ • Postbeschleunigung durch moderne Verkehrsmittel/ Flugzeuge – 1914 6,8 Milliarden Postsendungen Post wir mehrfach täglich zugestellt, in Berlin 8 – 11 mal • Fax • E mail 4 08.01.2015 Linearitätsglaube der Moderne • Ulrich Beck geb.1944 gestorben in der Sylvesternacht 2014/2015 • „der Linearitätsglauben der modernen Gesellschaft steht im Widerspruch zur SelbstEntzauberung der Moderne“ • „Aus ‚fortschrittlich‘ wurde zuerst ‚progressiv‘, aus ‚progressiv‘ wurde ‚innovativ‘ und damit war das Heilsversprechen verblasst. Innovationen dienen immer der Firma, selten der Menschheit – Ulrich Beck Weltrisikogesellschaft 2007, S.377 Krisen und Siege der Moderne „ Just in time… deadline… “ ist schnell und pünktlich auch gut? Zeitökonomie und Effizienzdenken wird -zum Gütekriterium -löst teilweise Qualität ab -wird auch bestimmend für Freizeit, Privatleben und Familie (Hurry Sickness und Burnout) Seit den 90-iger Jahren „Entdeckung der Langsamkeit“ (Sten Nadolny) Entschleunigungswelle: -Slowfood -Slowdown and pleasure up 5 08.01.2015 Zeitbeherrschung versus Rhythmizität – Entschleunigungsbewegung ist auch Teil der Effizienzsteigerung und Teil des Wunsches der Herrschaft über Zeit (männliches lineares Denken). Vor allem in agrarischen Kulturen war der Zeitbegriff und die Zeiteinteilung geprägt von Rhythmen der Natur, menschlichen Biorhythmen (feminine Zeit, mehr Bezug zur Rhythmizität) –Flexibilisierung deshalb auch eine Chance Arbeitsverhältnisse menschlichen Grundbedürfnissen nach unterschiedlichen Rhythmen und Zeiten entsprechender zu machen 6 08.01.2015 Zeitpolitische Herausforderungen Karl Marx in „Das Kapital“ Neben das Maß der Arbeitszeit als ausgedehnte Größe tritt jetzt das Maß ihres Verdichtungsgrades“ „ Verdichtung, Vergleichzeitigung als Möglichkeit der Profitmaximierung 7 08.01.2015 Zeitvorgaben und Zeiterfassung z.B. PEPP System • Vorgeschriebene Zeiteinheiten für Anrechenbarkeit (OPS) • Misst Zeit Qualität? • Was ist „quality time“ ? • Reicht körperliche Präsenz? Ist die Summe von Einzelleistungen ein Maß für Behandlungsintensität, Prozessqualität und Ergebnis? • Bedeutung der Milieutherapie Ausmaß der nötigen Unterstützung – Abhängig vom Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung Schwer psychisch kranke Patienten habe die größte Teilhabebeeinträchtigung und benötigen, im Rahmen der Milieutherapie Faszilitation in zahlreichen Bereichen • Um Ergebnisqualität zu messen braucht es Maße für das Zurechtkommen im Alltag 8 08.01.2015 Beispiel „Familie“ Kinder unterschiedlicher Altersstufen, Kinder mit und ohne Behinderung haben ganz unterschiedliche, altersentsprechende Teilhabemöglichkeiten. Es ist unstreitig, dass Familien eine unbezahlbare, gesellschaftlich zentrale Leistung erbringen, die in der Schaffung eines entwicklungsfördernden Milieus in einer Akzeptanz jeden Kindes in seinem „So-Sein“ liegt. Wer würde Qualität von Familie über die Messung einzelner Handlungen oder Leistungsbestandteile beschreiben wollen, also minutengenaue Erfassung z.B. der Hausaufgabenbetreuung (Hausaufgabenbetreuung wird nicht gewertet und gezählt, wenn sie unter einen bestimmten Minutenwert fällt). Wichtige Gespräche, die bisweilen beim Kochen oder anderen Aktivitäten entstehen, zählen nicht, sondern nur geplante Familiensitzungen etc. Weiter in der „Familienmetapher“ Eine Familie mit drei erwachsenen oder fast erwachsenen jungen Menschen könnte wahrscheinlich hier ziemlich viele Qualitätspunkte sammeln. Alle haben ihre Tagesstruktur, wissen was sie zu tun haben, gemeinsame Zeit ist „qualitiy time“ und könnte in einem solchen System gut dokumentiert werden. In gut aufgefangenen Scheidungssituationen funktioniert gerade dieses Absprachegerüst, das faire Aufteilen elterlicher Zuwendung in Einzelaktivitäten oft noch recht gut, obwohl kein bergendes Milieu mehr vorhanden ist. Resultat: Trotz bemühter Eltern, die den Kindern extra viel Zuwendung geben, die oft eine Überdosis Einzelleistungen erbringen und dabei teuren Aufwand nachweisen können (Flugkosten am Wochenende zum anderen Elternteil etc.) leiden manche Kinder emotional und haben mit Beeinträchtigungen ihrer Entwicklung zu kämpfen. Offensichtlich wird eine entwicklungsförderliches Milieu durch etwas anderes bestimmt als allein durch die Summe von zeitlich erfassbaren Einzelleistungen. 9 08.01.2015 Trotz Fallzahlsteigerung (doppelt so viele Pat. wie in den 90ger Jahren) und Behandlungsverdichtung (nur noch 1/3 der Liegezeiten) und einer Bettenreduktion (mehr als ¼ trotz Ausbauprogrammen) Personalreduktion (BMG/APK-Umfrage;PsychPVEvaluation KJPP 2005) • nur 17 - 50% der behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen erhalten Therapie (Wittchen 2000, KIGGS 2006) • davon nur jeder zweite (9%) in einer adäquaten Form (Wittchen 2000) 10 08.01.2015 Verdichtungsgewinn durch Schnelligkeit und permanente Erreichbarkeit an jedem Ort – Enorme Zeitverdichtung durch Informationstransport – Schnelligkeit teilweise nicht mehr steigerbar denn bei Lichtgeschwindigkeit angekommen – insofern Gewinnmaximierung nur durch Vergleichzeitigung, Parallelisierung etc. möglich Multitasking Vergleichzeitigung Haupt- und Nebentätigkeiten Gleichzeitigkeit kein neues Prinzip: galt bis zum Spätmittelalter, insbesondere für Frauenarbeit. oder Empfänge, Arbeitsessen etc. Dennoch Veränderung durch Computertechnologie, Handy „Neue Technologien“ sind Geräte, welche Nutzanwendungen (Arbeitsmittel) und Unterhaltungsanwendungen bewusst kombinieren. - Vergleichzeitigung und Verdichtung soll dazu dienen „mehr Leben im Leben zu leben“ - Auflösung der Grenzen zwischen privater Zeit, freier Zeit und Arbeitszeit und bislang verbindlicher Taktung - Verkürzung der Antwortspanne (Brief, Fax, E-Mail) 11 08.01.2015 Flexibilisierung – Dauer der Arbeitszeit (Teilzeit, Mehrarbeit, Gleitzeit) – Schichtdienst (Nacht-, Samstags-, Sonntagsarbeit) – Arbeitszeitkonten , Pflegezeit, Familienzeit etc. Treiber der Flexibilisierung: –Betriebswirtschaftliches Interesse –Private Interessen z. B. Vereinbarkeit – Verschiebung des Leistungskriteriums, weg von gemessener, entfremdeter Arbeitszeit versus selbst bestimmter Freizeit, – hin zu Taskorientierung, Bemessung erledigter Aufgaben in akademischen Berufen z.B Arzt Psychologe (insbesondere in der medizinischen Forschung, Organisation, Dokumentation etc; nicht im direkten care Bereich der Patientenbeziehung) , Auflösung der Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit, zwischen mehreren Tätigkeiten –, Task-Orientierung: Vertrauensarbeitszeit versus Zeiterfassung –Realisiert Ideale der 68-iger Zeit: Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung etc., führt zum Konzept des „Selbstunternehmers“ und zu einer ganzen Perfektionierungsindustrie „Vertrauensarbeitszeiten weisen Tendenz zur Selbstüberforderung auf“ Kritik: 7. Familienbericht - Deshalb für Familien entscheidend: Stärkung Ihrer Zeitsouveränität - betriebliche Flexibilisierung, Schichtdienst etc., ohne Zeitsouveränitätsgewinn für Familien ist für diese problematisch 12 08.01.2015 Durch Flexibilisierung Zerfall des Konzepts der Normalarbeitszeit des Hauptverdieners Reduktion der Normalarbeitszeit des Hauptverdieners war eine der zentralen Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung. Voraussetzung: - Aufgabenteilung - Hinreichendes Arbeitsangebot Zeitpolitische Instrumente in diesem Kontext: - Wochenarbeitszeit - Zeiterfassung - Feierabend - Wochenende - Jahresurlaub Gesellschaftlicher Grundkonsens über diesen Zeitrahmen ermöglichte Vereinsleben in der Freizeit, Geselligkeit etc. Meine Arbeit ist mein Hobby bedeutet auch: – Ich arbeite eigentlich immer – Starke Individualisierung – dadurch Erosion kollektiver Zeitinstitutionen wie Feierabend, Wochenendruhe –z.B. Kampf um arbeitsfreien Sonntag versus 24-Stunden-Service, Ausweitung des Fernsehprogrammangebots auf den 24-Stunden-Rhythmus, Verschwinden der Tag-/Nachtrhythmizität und der jahreszeitlichen Rhythmizität – allgemein akzeptierte Taktgeber verlieren an Bedeutung 13 08.01.2015 Taktgeber / Taktnehmer –Natürliche Taktgeber: - Tag-/Nachtrhythmus - Jahreszeiten - Gezeiten – Institutionelle und mediale Taktgeber - Kirchenjahr - Schuljahr (Schultag : halb- vs Ganztagsbeschulung) - akademisches Jahr - Wahlperioden - Medienzeiten (20.00 Uhr Tagesschau – leitet seit 50-iger Jahren einen definierten Schutzraum am Abend ein, Nachrichten zur vollen Stunde, Nachrichten im 20-Minuten-Takt etc.) – Taktgeber im Arbeits- und Berufsleben - Geschäftsöffnungszeiten - Arbeitszeitgesetz –Konflikte zwischen unterschiedlichen Taktgebern führen zu Zeitkonflikten auf der individuellen Ebene Lebenslaufplanung: sequenzielles Modell versus Parallelisierungsmodell – Stufenmodell: Erst Schule dann Ausbildung, dann Arbeitsplatz, dann Familiengründung, dann Berentung, dann Engagement als Großeltern etc. – Konflikte durch verlängerte Berufsfindungsphasen „Generation Praktikum“, Wartezeiten in Medizinstudium bei gleichzeitiger Verkürzung der Lebensarbeitszeit durch Teilzeitbeschäftigung insbesondere bei Frauen. Familiengründungsphase: rush hour in der Mitte des Lebens – Flexibilisierung, Teilzeitbeschäftigung und früheres bzw teilweises Ausscheiden aus dem Berufsleben führt zu völlig neuen Renditerelationen und Zeitabwägungen in Gesundheitsunternehmen – Parallelmodelle, z. B. auch in der Pflege von Angehörigen etc. müssen von der Führungsebene mitgedacht und von Unternehmen mit entwickelt werden. Gleichzeitig muss auf „Zeitfairness“, „Zeitwohlstand für alle“ geachtet werden. 14 08.01.2015 Zeitmanagement und Karriereplanung Phasenmodell Karriereentwicklung Berufsausbildung Erwerbsphase Familienphase Erwerbsphase DES LEBENS Schulphase Karriereentwicklung Lebenslinie Familienphase Leben im Alter Schulphase Berufsausbildung RUSH-HOUR Parallelisierungsmodell Karriereentwicklung Leben im Alter Familienphase Erwerbsphase Zeitpolitik, Familienpolitik und Genderpolitik 15 08.01.2015 Zitat aus dem Flyer zum 7. Familienbericht Die Zeit wird knapp Im Alltag von Familien spielt Zeit eine entscheidende Rolle. Mehr Flexibilität sowohl im Lebenslauf wie in der alltäglichen Organisation ist für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft entscheidend. Deshalb wird im 7. Familienbericht für eine neue Balance zwischen den verschiedenen Zeiterfordernissen plädiert. Konzepte für neue Zeitmodelle eröffnen eine Perspektive auf zukünftige Handlungsfelder von Familienpolitik. Familienfreundlichkeit soll ein Markenzeichen der deutschen Wirtschaft werden. Besserer Service für Familien, unterstützende Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeit und vieles mehr geben Familie Raum und Zeit für Erziehung, Partnerschaft und Zusammenhalt. 16 08.01.2015 Kritisch gegen gefragt: Bedeutet höhere Flexibilisierung automatisch mehr Zeit oder heißt es nicht auch, immer weniger überlappende Zeitfenster? - Immer weniger Zeit für Vereine und Mannschaftssport oder andere Gruppenaktivitäten, Chöre etc. - Immer mehr Nachfrage nach „Rund um die Uhr Service“ bei Dienstleistungen - Immer geringeres Übereinstimmen von Kita-Betreuungszeiten und elterlichen Arbeitszeiten. Wo sind Zeit- und Bindungsbedürfnisse der Kinder gesichert? - Erfordernis für Gesundheitsunternehmen sich in die lokale und regionale Zeitpolitik einzumischen Stellungnahme der Bundesregierung „Die Entlastung des familiaren Alltags von zu viel konfligierender Gleichzeitigkeit, zusammengepresst auf wenige Lebensjahre, erfordert die radikale Abkehr vom männlich konnotierten Modell der kontinuierlichen Erwerbsbiographie, wobei zwei Elemente gezielter politischer Gestaltung bedürfen: 1. Darf eine neuerliche, flexible Segmentierung des Lebenslaufs kein eindeutiges Modell für Frauen werden 2. Darf dies nicht zur verschärften Wirksamkeit entfesselter Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt führen“ 17 08.01.2015 Konsequenzen: Stellungnahme der Bundesregierung – Alternativen des Ausstiegs in „sabbaticals“, „family leave“ und „Arbeitszeitreduktion“ beider Geschlechter müssen vorangetrieben werden – Alternativen zur Kopplung von Einkommen an (zeitlich erfasste) Erwerbstätigkeit müssen langfristig entwickelt werden – Soziale Sicherung in Übergängen, Anerkennung von Formen der Arbeit die für die Gewinnrechnung nicht rentabel sind, deshalb zur Privatsache werden (Anmerkung von mir: deutlicher Anstieg solcher Arbeiten durch Automatisierung, Self-Check-In, Self-Service, Self-…) Lokale Governance, lokale Zeitpolitik Verbindung von zeitlichen und räumlichen Strukturelementen muss in Akteurskonstellationen gewonnen werden, welche über den Staat hinausgehen: - Arbeitgeber - Gewerkschaften - Schulen - Verkehrsbetriebe - Private öffentliche Dienstleister Plus - Staat - Kommunale Öffnungszeiten etc. 18 08.01.2015 Perspektiven für staatliche Zeitpolitik nach BMFSFJ 16. Wahlperiode –Anpassung des Arbeitszeitgesetzes –Gesetzgebung zur Regulierung von Arbeitszeitkonten –Sozialpolitisch unterstützen: zeitliche Entlastung für Eltern und Pflegende –Veränderung der Sozialversicherungsstrukturen –Umgestaltung familienbezogener Transfers –Anreize an Betriebe für entsprechende Personalpolitik –Arbeitsmarktpolitische Umsteuerung zur Entzerrung des Lebenslaufs (Rushhour of Life) Betreuungslücken und Betreuungsmix nach 7. Familienbericht – Für Eltern sind zeitliche Qualitäten der Kinderbetreuung zunächst ausschlaggebend – Notfallsituationen sprengen die subtil gewebten Betreuungsarrangements – Verlängerung der Lebenszeit und neue Bildungs-, Berufsbiographien stellen neue Anforderungen an Familienzeiten. Defizite: – Angebote für Kleinkinder – Angebote für Schulkinder (Ganztagsbeschulung mit adäquater Qualität) – Angebote für atypische Arbeitszeiten (später Nachmittag, gefordert von 21,8 %, Betreuung am Samstag, 14,9 %) – Anmerkung von mir: cave: flexible Nutzbarkeit von Betreuungszeiten versus Bindungsbedürfnisse von Kindern 19 08.01.2015 Zeitbudgetforschung stärker in Gesundheitsunternehmen einführen (z. B. Krüsselberg), seit Jahren auch Standard in den statistischen Daten des Statistischen Bundesamts Kriteren „Zeitverwendung“ von Müttern und Vätern – für Beköstigungsarbeit – für Betreuungszeit – für Haushaltsarbeit (Phänomene wie „Hotel Mama“) – Essroutinen im Familienalltag zur Aufrechterhaltung der Familienstruktur – Relativierung der Geschlechterwendigkeit – Care-Zeiten, nach wie vor stark geschlechterwendig (geringes Rationalisierungspotential, da Beziehungszeit, Verdichtung führt zu Vernachlässigung bei Kindern in der Pflege etc.) – Innerhalb der „Freizeit“ Balance zwischen individueller Zeit und gemeinsamer Familienzeit Zeitkonflikte : Rushhour of Life Spannungsfeld zwischen: - verlängerter beruflicher Qualifizierungszeit Engagierter Berufseinstieg Familiengründungsphase Tendenziell verkürzte Lebensarbeitszeit Verlängertes Leben Pflege bedürftiger Familienangehöriger Zeitkonflikt zwischen: - „Zeit für mich“ - versus „Zeit für andere“ - versus „Zeit für den Arbeitgeber“ 20 08.01.2015 Zeit und Macht • „Zeitordnungen“ sind „Machtordnungen“ und verweisen auf die einer Gesellschaft zugrunde liegenden Herrschaftsverhältnisse • Dispositionsmacht über Zeit ist die Schlüsselvariable für die Organisation und Qualität des Alltags Zeitwohlstand wird im Verhältnis zu ökonomischer Bedürfnisbefriedigung und ökonomischem Wohlstand zunehmend wichtig Zeitpolitik zur Schaffung von Zeitwohlstand hat (mindestens) zwei Dimensionen: - funktionell (quantitativ): Verhinderung, dass Menschen „Zeit geraubt“ wird, dass sie im Zeitgebrauch diskriminiert werden - kulturell (qualitativ): Zeitgebrauch ermöglichen der sowohl individuell wie kollektiv den eigenen Werten und Zielsetzungen entspricht Was ist Freizeit Alte Formel: • = 24 Stunden Erwerbsarbeit Schlaf Freizeit - Unterteilung der Freizeit dann in „Freizeit für mich“ und „Freizeit für andere“ (Care-Zeiten, Hausarbeit, - Vereinszugehörigkeit, öffentliches Engagement etc.) Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen „freier Zeit“ „frei verfügbarer Zeit“ und so genannter „Freizeit“ 21 08.01.2015 Freizeit in Zyklen vs. „arbeitsfreie Zeit“ - - Tagesfreizeit (Feierabend) - Wochenfreizeit (Wochenende, arbeitsfreie Wochentage) - Jahresfreizeit (Urlaub, Ferien) - Freie Zeit in der Lebensphase - Freisemseter - Sabbat-Jahr - Elternzeiten - Pflegezeiten - Altersfreizeit - Zwangsfreizeit - Krankheit - Invalidität - Berentung - Kurzarbeit - Arbeitslosigkeit (Deutschland Rekord an Frühberentungen OECD-Warnung) 22 08.01.2015 Streben nach Perfektion als neues Credo - Lebensmanagement von der Wiege bis zur Bahre - „Frühförderung“ - Privatschule - Generation „Lebenslauf“ (Studium als Zertifikatemaschine) - Karriereturbo mit „Fehlzündung“ (Coaching, Supervison, Weiterbildung etc.) Perfektionierung im Alltag - Fitness-Industrie - Wellness-Industrie - Perfekter Körper - Perfektes Dinner - Lifestyle-Markt - Partner- und Freundschaftsvermittlung im Web 2.0 - Selbstdarstellung und Effizienzsteigerung, Optimierung 23 08.01.2015 Entschleunigung – Slow Up – Zeitsouveränität – Slow Down-Bewegung s.o. ist aber auch nur Teil der Perfektionierungsbewegung, macht auch wieder Zeitdruck. – Z.B. in der Verköstigung Rückkehr zu stärker jahreszeitlich gebundenen regionalen Rhythmen versus immer verfügbare Tíefkühlkost als Wohlstandsphänomen und Zeitgewinn Zeitdruck, Verdichtung Streß und Burn Out 24 08.01.2015 25 08.01.2015 Zitat aus der FAZ vom 10.3.2010, Nr. 58, Seite 29 aus dem Artikel „Diagnose totale Erschöpfung“ Ich habe einfach nicht glauben können, dass ich nicht immer so weiter machen kann.“ „ (Miriam Meckel) Zeitdruck führt zu Stress • Hans Seyle ( 1907 – 1982 ) österreichischer Forscher in Montreal Kanada führt 1936 den Begriff in der Medizin ein – in Anlehnung an den naturwissenschaftlichen Gebrauch (Einwirkung übermäßiger oder widersprechender Reize chemischer, physikalischer Art) • Def:: anhaltende seelische, geistige und/oder körperliche Anspannung durch Überbeanspruchung oder seelischen Druck – Subjektiver Zustand der aus der Annahme entsteht daß eine belastende aversive Belastung für unbestimmbare Zeit nicht abgewendet werden kann. Gefühl der Ohnmacht. Person fühlt sich weder in der Lage die Situation aktiv zu gestalten noch sie aus eigenen Ressourcen zu bewältigen – Eustress Zustand ähnlicher Beanspruchung ohne Ohnmachtsgefühl sondern mit dem Gefühl aktiv zu handeln und zu gestalten 26 08.01.2015 Stresstheorien • Allgemeines Anpassungssyndrom (Hans Seyle 1936) – Punktueller vs. chronischer Stress – Anspannungs- vs. Erholungsphasen um Erregungsniveau wieder herunterzufahren • Biologisches Modell: „ fight or flight“ – Ärger, Aggression (Kampf) Noradrenalin und Testosteronanstieg – Angst, Furcht (Flucht) Adrenalinanstieg – Kontrollverlust Cortisolanstieg und Testosteronabfall • Transaktionales Stressmodell nach Lazarus (1974) – Kognitive Prozesse ( Bewertungen) beeinflussen Stresserleben und Belastung Körperliche und psychische Stresssymptome • Stresssymptome wie Magen-, RückenKopfschmerzen, schlecht schlafen, keine Entspannung finden, Hetze, Zeitdruck, Beziehungsprobleme, Gefühle des Überfordertseins erkennen • Balance finden heißt Prioritäten setzen und loslassen 27 08.01.2015 Streß, Zeit- und Arbeitsbelastung und Burn out Risiko • Personenbezogene Variablen: Helferpersönlichkeit, unrealistische Erfolgserwartungen, Erleben eigener Unzulänglichkeit, mangelnde Anpassungsleistungen • Arbeits- und organisationspsychologische Perspektive – Emotional beanspruchender und erschöpfender Umgang mit Menschen (Kindern, Familien) – Hohe Klientenzahlen, Zeitdruck, Rollenkonflikte, Gleichzeitigkeit • Gesellschaftliche Perspektive – Verdichtung von Arbeit, Zeitdruck, technologische Entwicklung, Erreichbarkeit Bedingungsfaktoren für negative Streßwirkungen • Persönlichkeitsmerkmale – Locus of control und aktives Herangehen sind protektiv • Arbeitsfaktoren und Einstellungen – Hohes emotionales Engagement kombiniert mit frustrierenden Erlebnissen und Enttäuschungen – Zwanghaft perfektionistisches Arbeitsverhalten • Merkmale des Arbeitsplatzes und Arbeitsumfeldes – – – – Zeitdruck und Arbeitsbelastung Klientenbezogene Beziehungsanforderungen Mangelnde soziale Unterstützung Mangelnde Autonomie, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung 28 08.01.2015 Erholung • • Zusammenhang zwischen Belastungsphase und Erholungsphase Nach Stress innerlich überdreht und angespannt und gleichzeitig energie- und kraftlos: – Low effort activities kaum erholsam – High effort: oft erneuter Stress – Mittelmaß finden • 40% der Urlauber erholen sich nicht im Urlaub sondern erleben interpersonellen Stress • Für sich selbst passende Erholungsaktivitäten finden – Sport, warmes Bad, Sauna, Konzert, lesen, spielen etc. – Wichtig Immersionserleben • Gefahr Stressbewältigung durch stoffgebundene und nicht stoffgebundene Süchte Wochenende oder freie Tage zur Stressreduktion • Ruhetag einlegen, wirklich freimachen. Das gilt auch für Urlaub. • Problem: alle aufgeschobenen Dinge, Wochenendeinkauf, Hausputz, Freundesbesuche, liegen gebliebene Berichte, Artikel etc. sollen am Wochenende kompensiert werden. – Riesenerwartungen führen zu Enttäuschungen • typisch z.B.Weihnachten – Konkurrenz um regressive Bedürfnisse 29 08.01.2015 Burn out Der Begriff wurde von Freudenberger Anfang der 70er Jahre in der Beschreibung der Erschöpfungszustände von freiwilligen Helfern in einer sozialen Einrichtung für Drogenabhängige in New York zuerst verwandt: • Zunehmende Erschöpfung • Distanzierte und zynische Einstellung gegenüber den Klienten • Negative Einstellung gegenüber der Arbeitsleistung (Freudenberger 1974) Christina Maslach aus Berkeley definierte Burn out Zustände 1982 folgendermaßen: • Emotionale Erschöpfung • Depersonalisierung • reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit Definition nach Burisch 2005 7 Phasen 1. Erste Warnzeichen 2. Reduziertes Engagement 3. Emotionale Reaktionen (Minderwertigkeitsgefühle, Pessimismus, Schuldzuschreibungen an andere) 4. Abnahme von kognitiven Fähigkeiten (Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kreativitätseinbruch, Motivationsverlust, mangelnde Flexibilität, Verlust der Abgrenzungsfähigkeit). 5. Abflachen des emotionalen und sozialen Lebens (Aufgaben bisheriger Hobbys und Freizeitbeschäftigungen, Vermeidung von Kontakten, Verlust in Beziehungen. 6. psychosomatische Reaktionen (Muskelschmerzen, Rückenscherzen, Gliederschmerzen, Schlafstörungen, Urlaub bringt keine Erholung, Veränderung der Essgewohnheiten, gesteigerter Alkoholkonsum, Drogenkonsum) 7. Verzweiflung und Depression (Sinnlosigkeitsgefühle, Negativismus, Zukunftsängste, existentielle Verzweiflung bis hin zu Suizidgedanken. 30 08.01.2015 Personenbezogene Probleme (Nennungen in einer Untersuchung von Poulsen 2009 zur Burn out Prävention in der Sozialen Arbeit) • • • • • • • • • • • • • Perfektionismus Mangelnder Ausgleich Zu hohe Ansprüche an sich selbst und andere Bedürfnisse anderer höher als eigene stellen Abgrenzungsprobleme Unbefriedigendes Privatleben Keine Trennung von Privatem und Arbeit Einzelkämpfermentalität Übersteigertes Harmoniebedürfnis Sich unersetzbar machen = mangelnde Delegationsfähigkeit Falsche Prioritätensetzung Falsche Ernährung Nähe-/Distanzprobleme Arbeits- und organisationspsychologische Rahmenbedingungen nach Poulsen 2009 • • • • • • • • • • • • • Fehlende fachliche Unterstützung und mangelndes Fachwissen Fehlende Weiterbildung Hohe Fallzahlen Wenig Erfolgserlebnisse durch immer stärker problembelastetes Klientel Wenig finanzielle Ressourcen Mangelnde Reflexion/Supervision Mangelndes Zeitmanagement Probleme mit Kostenträger/Leitung Zu lange im selben Job, z. B. wegen schwieriger Arbeitsmarktlage/Angst vor Aufgabe des sicheren Jobs Konfliktbesetzte Teamstruktur, schlechtes Arbeitsklima, Mobbing, Mangelnder Spaß an der Arbeit Mangelnde Identifikation mit dem Konzept Zahlreiche Überstunden und Mehrfachbelastungen 31 08.01.2015 Streßbewältigung und Burn out Prävention für Fachkräfte in sozialen Berufen • Selbsterfahrung • Grenzen erkennen und setzen können, NeinSagen • Gelassenheit und Optimismus • Hobbys, Ausgleich, Sport, Bewegung • Ein gutes Team, gute kollegiale Beziehungen • Um Hilfestellung bitten können • Soziale Netzwerke – Familie, Freunde • Humor/Spaß und Freude „Work-Life Balance“ Leistung, Arbeit Körper Sinnlichkeit Soziale Beziehungen Spiritualität Kultur 32 08.01.2015 Salutogenese Antonovsky (1923 – 1994) Deutsch: Salutogenese zur Entmystifizierung der Gesundheit Tübingen 1997 • Grundannahme: Gesundheitszustand eines Menschen wird wesentlich durch individuelle psychologische Einflussgrößen mitbestimmt, z. B. die Grundhaltung des Individuums gegenüber der Welt und dem eigenen Leben. Kohärenz - Gefühl grundlegende Lebenseinstellung bestehend aus drei Komponenten: • Das Gefühl von Verstehbarkeit (Lebenskonzept welches eigen und fremde Lebensereignisse erklären und integrieren kann; Leben ist kein Chaos aus willkürlichen, zufälligen Elementen) • Das Gefühl von Handhabbarkeit (Leben kann gemeistert werden aufgrund eigener Ressourcen und Fähigkeiten und aufgrund hinreichender Unterstützung vom sozialen Umfeld, Gefühl des Grundvertrauens und Fähigkeit Unabänderliches zu akzeptieren und mit Würde zu tragen) • Das Gefühl der Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit: Probleme des Alltags werden als emotional sinnvoll empfunden, alltägliche Herausforderungen stellenkeine Last dar, die man gerne los wäre sondern eine willkommene Herausforderung (an der man wachsen kann) 33 08.01.2015 Wertekonflikt werden oft durch Gleichzeitigkeit und Vermeidung von Festlegungen verschleppt Wertekonflikte drängen zu einer Entscheidung, sonst entsteht Leiden unter der Unvereinbarkeit. Zum Beispiel starker Autonomiewunsch und Wunsch nach Absicherung •Frage: •Soll ich die sichere Stelle aufgeben? •Wie wichtig ist mir die Autonomie? •Wie sind jetzt die Rahmenbedingungen für einen Job, in dem ich mehr Entfaltung haben kann? •Umsetzen der inneren Entscheidung in ein realisierbares Ziel Werte als Maßstab Wertetypen nach Spranger 1965 • • • • • • Theoretischer Wertetyp: Äußerst rational, versucht optimale Lösung zu finden, misstraut Intuition Ökonomischer Wertetyp: Sucht konkreten Nutzen, liebt vollgefülltes Bankkonto Ästhetischer Wertetyp: Orientiert sich nicht am praktischen Nutzwert, nicht an logischen Gesichtspunkten, verlässt sich in erster Linie auf Gefühl, Geschmack und Intuition Sozialer Wertetyp: Setzt sich für andere ein, achtet wenig auf eigene Interessen: altruistische Abtretung. Lebensmittelpunkt ist die Beziehungsebene, daher Burn out Gefahr in sozialen Berufen Individualistischer Wertetyp: Machteinfluss, Ansehen, Kontrolle behalten über sich und andere Traditioneller Wertetyp: Realistisch, konkret, sehr beharrlich, ändert ungern seine Meinung, wirkt dadurch manchmal stur und rechthaberisch 34 08.01.2015 Welche Werte sind mir wirklich wichtig? . Manchmal ist es schwer, einen Werte-Konflikt zu lösen. Die folgenden Fragen können dabei helfen Zeitmanagement „Ich habe keine Zeit, mich zu beeilen.“ Igor Strawinsky 35 08.01.2015 Zeitsparen „Es ist mit dem Zeitsparen wie mit dem Geldsparen – auf die kleinen Beträge muß man achtgeben, die großen geben auf sich selber acht“ George Bernard Shaw „Zeit ist das knappste Kapital und wenn man sie nicht managen kann, kann man auch nichts anderes managen“ Peter Drucker Analyse • • • • • • Klare Zielsetzung und Auftragsklärung Effektivität vs . Effizienz Prioritäten Verzicht Delegation Vorbereitung (insbesondere auch von Besprechungen etc.) • Umsetzung 36 08.01.2015 Wichtiges und Dringendes • „Wer bedauert auf dem Sterbebett, dass er nicht mehr Zeit im Büro bzw. im Dienst verbracht hat?“ - Zeitmanagement durch Perfektionierung? - Zeitmanagement durch Konzentration auf das Wesentliche und auf das, was man am Besten kann Visionen Wie findet man heraus welche Werte, Prinzipien und Ziele einem wichtig sind? • Vorstellung: Grabrede oder freundliche Rede zum 75. Geburtstag • Was sagt der Partner/die Partnerin/die Kinder/der ehemalige Chef/alte Kollegen/ Freunde/Nachbarn 37 08.01.2015 Das Eisenhower-Prinzip Dringlichkeit nicht dringend dringend wichtig Aufgabe exakt terminieren und persönlich erledigen sofort selbst erledigen nicht wichtig nicht bearbeiten Papierkorb an kompetente Mitarbeiter delegieren Wichtigkeit Zeitmanagement Nicht wichtig Wichtig Dringend Nicht dringend I II - Krisen - Drängende Probleme - Projekte Besprechungen, Vorbereitungen mit Zeitlimit - Vorbereitung - Vorbeugung - Werteklärung - Planung - Beziehungsarbeit - Echte Erholung - Förderung der Selbstverantwortung III - Unterbrechung, einige Anrufe IV - Mache Post, einige Berichte - Einige Meetings - Viele anstehende, drängende Angelegenheiten - Viele beliebte Tätigkeiten - Triviales, Geschäftigkeit - Irrelevante Post - Manche Anrufe - Zeitverschwendende Beschäftigungen - Fluchtaktivitäten - Übermäßiges Fernsehen 38 08.01.2015 Zeitfresser und Zeitfallen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Kommunikationsmittel, Telefon, Handy, Internet Kollegen, Patienten, Angehörige Besprechungen Arbeitsorganisation (aufschieben, übertriebenes Multitasking bis hin zum Verzetteln, Reaktion nur unter Termindruck, Chaos) Probleme beim delegieren und abgeben von Aufgaben (Angst vor Kontrollverlust) Probleme in der Kommunikation mit anderen (ständig Missverständnisse, Reibereien, Informationslücken) Disziplinprobleme Orientierungsprobleme (klare Ziele) Prioritätensetzungsprobleme (zu etwas „ja“ sagen und es durchziehen oder zu etwas „nein“ sagen und dann auch dabei bleiben) Effizientes Telefonieren, Lesen, Besprechen, Ordnen etc. • • • • • • Tages Störungsdokumentation Zeit pro Tätigkeit erfassen (wieviel davon selbst bestimmt steuerbar? Was ist Betreuung und Reaktion auf Bedürfnisse anderer, Krisenmanagement?) Richtig telefonieren (mail ist oft die bessere Alternative) Sprechstunden, Besucher-, Anfragenmanagent Delegation Informationsverarbeitung, Dokumentation, Schreibtischarbeit – Lesen nach SQ3R • Survey • Question • read • recite • review 39 08.01.2015 ALPEN TECHNIK • Aufschreiben der durchzuführenden AKTIVITÄT • Abschätzen der LÄNGE • Einbauen von PUFFERZEITEN • Treffen von ENTSCHEIDUNGEN • NACHKONTROLLE 40 08.01.2015 SWOT Analyse • Stärken = strength • Schwächen = weaknesses • Chancen = opportunities • Gefahren = threats SWOT Analysen in einer einfachen vier Felder Tafel können sowohl auf der Ebene einzelner Personen in der Personalführung oder auf der Ebene von Institutionen angewandt werden. Wichtig ist, dass jeweils dabei das Umfeld berücksichtigt wird. SWOT - Analyse Bewertung Person Umfeld Perspektive Positiv Negativ Stärken (strengths) Schwächen (weakness) Chancen (opportunities) Gefahren (threats) 41 08.01.2015 Was heißt delegieren? Definition: Delegieren heißt, innerhalb einer hierarchischen Organisation bestimmte Aufgaben an untergeordnete Stellen oder an Mitarbeitende innerhalb der Führungsspanne des Delegierenden abzugeben. Gleichzeitig werden jene Kompetenzen übertragen, die zur Leistung der jeweiligen Aufgabe nötig sind. Eine gute Delegation zeichnet sich dadurch aus, dass die delegierende Person auch die Verantwortung für das selbständige Entscheiden und Handeln abgibt, die zur Erfüllung der delegierten Aufgabe gehören. Führungsprinzipien in hierarchischen Organisationen • Weisungsbefugnis und Berichtspflicht sind Kern der Beziehung zwischen hierarchischen Ebenen • Krankenhäuser sind wegen der haftungsrechtlichen Bedeutung generell hierarchisch organisierte Strukturen • Forschungsteams können auch ad hoc mit flachen Hierarchien „zusammengestellt“ werden 42 08.01.2015 Warum delegieren? Delegieren Sie dann wenn Sie selbst viel zu tun und zu wenig Zeit haben wenn Sie sich von Routinearbeiten entlasten wollen wenn Sie merken, dass Wesentliches zu kurz kommt wenn Sie Fachkenntnisse der MA fördern wollen wenn Sie motivierte MA haben wollen Merke: Delegieren heißt nicht primär, unangenehme Aufgaben loszuwerden und selber möglichst wenig tun zu müssen! Was kann delegiert werden? Alltägliche Aufgaben Routinearbeiten Spezialistentätigkeiten Bearbeitung von Detailfragen Was kann nicht delegiert werden? Die eigene Position (außer bei Stellvertretung) Aufgaben zur Krisenbewältigung und Konfliktlösung 43 08.01.2015 So delegieren Sie richtig Delegieren Sie rechtzeitig; nicht erst unter Druck und in Eile! Delegieren Sie zur echten Entlastung! Tolerieren Sie Anfangsfehler! Verzichten Sie auf Perfektion! Geben Sie den Mitarbeitenden echte Chancen! Formulieren Sie den Auftrag klar! Überprüfen Sie, ob die Aufgabe verstanden wurde! Stellen Sie Informationen und Ressourcen zur Verfügung! Akzeptieren Sie keine Rückdelegation! Tools der Zeitbeherrschung im Klinikalltag 1. Sitzungen, Besprechungen, Visiten 2. Berichte 3. Menschen Aufgaben zuweisen, sie in ihrer Entwicklung fördern und Aufgabenerfüllung überwachen 4. Persönliche Arbeitsmethodik, z.B. Umgang mit Kommunikationstechnik, Zeitmanagement, Termine, Rückstau etc. 5. Ressourcen, Budget und Budgetierung 6. Leistungsbeurteilung 7. Entrümpeln, Müllabfuhr, Ballast abwerfen 44 08.01.2015 Das Ganze kann auch im Managementslang auf Englisch dargestellt werden und wirkt dann schon viel professioneller… Tools • Meetings • human development • job design and assignment control • Personal effectiveness (follow-up, follow-through memory system) • Budget, budgeting ressources (lifecycle budgeting, operating budget vs. innovation budget, critical items budget) • Systematic evaluation of performance • Process redesign 45 08.01.2015 Sitzungen • Zahl der Sitzungen reduzieren, nutzen von Telefon, Video- und Internetkonferenz • Zielfrage nach Malik 2006, S. 273 „Ist diese Sitzung wirklich nötig? Gibt es nicht auch einen anderen Weg, die Arbeit zu tun und das Problem zu lösen?“ • Vorbereitung und Nacharbeit: – Keine Sitzung, keine Besprechung ohne Betreff bzw. Tagesordnung – Möglichst wenige Tagesordnungspunkte, möglichst gut vorbereitet z.B. für jeden Tagesordnungspunkt eine Person zuständig. – Rechtzeitige Bereitstellung der Sitzungsunterlagen (immer damit rechnen, dass viele ihre Unterlagen nicht mitbringen) – Sitzungsleitung – Sitzungsnachbearbeitung Sitzungsleitung • Einhaltung des Zeitplans • Straffe Gesprächsleitung • Aufmerksamkeit für Wortmeldungen • Raum für kontroverse Diskussionen • Zusammenfassung des Ergebnisses fürs Protokoll • Ausreichend Pausen für biologische Bedürfnisse (biobrakes) 46 08.01.2015 Sitzungsart : Routinesitzung (z.B. Organisatorische Leitung, Visite) • Häufig unzweckmäßige Vermischung einzelner Vorgänge, die das operative Tagesgeschäft betreffen mit perspektivischen, strategischen Fragen • Strategisches braucht Zeit und kontroverse Diskussion gehört nicht in die Routinesitzung • Organisatorisches sollte möglichst schnell erledigt werden • Visiten gut vorbereiten, damit genug Zeit für problematische Verläufe und wichtige Entscheidungen bleibt Auch hier gilt: Perspektivisches braucht Zeit und kontroverse Diskussion, • Routineverläufe können schneller behandelt werden Sitzungen von Arbeitsgruppen, Kommissionen, Beiräten, etc. • Teilnehmer häufig mangelhaft vorbereitet und deshalb ineffizient • Häufig Auftrag des Gremiums unklar – Kritische Beratung oder Abnicken? Formalismus oder wirkliche Gestaltung? • Vor der Sitzung deutlich machen was das Ziel solcher ad hoc Sitzungen arbeitsgruppen- bereichsübergreifender Teams ist und was heute in der Sitzung erreicht werden soll • Vorstellungsrunden sind in solchen Sitzungen, wo unbekannte Leute aufeinander treffen dringend erforderlich. Empfehlenswert: Funktion und Erwartung an die AG etc. gleichzeitig formulieren lassen 47 08.01.2015 Ad hoc Sitzung, Gespräch zwischen Tür und Angel, Personalgespräch ohne Tagesordnungspunkte • Auch wenn jemand kurz hereinschneit und einfach „nur so“ mit Ihnen sprechen will, nachfragen in welcher Angelegenheit, mit welchem Ziel, wie lange es dafür vermutlich braucht und was zur Vorbereitung nötig ist • Ich vergebe in der Regel auch keine Telefontermine ohne, dass diese Fragen wenigstens annäherungsweise beantwortet sind. Das Sekretariat hat entsprechende Anweisungen • Dies dient dem Zweck, dass ich mich auf das Gespräch vorbereiten kann und evtl . jemanden beiziehen kann; oder das Gespräch an den/die zuständige delegieren kann Zeit für Mitarbeiter nach Malik 2006 „Alle Mitarbeiter beklagen sich in Befragungen, dass ihre Chefs zu wenig Zeit für Sie haben; und alle Chefs beklagen sich darüber, dass sie für ihre Mitarbeiter viel zu viel Zeit aufwenden müssen. Beide haben recht!“ Man hat und bekommt immer zu wenig Zeit „Die Lösung dieses Problems liegt nicht darin, mehr Zeit aufzuwenden, sondern die wenige Zeit die man hat, besser zu nutzen. Der Schlüssel dafür liegt in der Vorbereitung“ 48 08.01.2015 Tagesordnungspunkte • Echte Standardtagesordnungspunkte wie Protokollkontrolle oder z.B. Controlling, Personal, etc. • Dauerbrenner kehren zwar regelmäßig wieder, aber weil man sie nie richtig und endgültig erledigt hat: Einmal richtig Zeit nehmen um das Problem final zu lösen oder eine Person oder eine Arbeitsgruppe für einen Lösungsvorschlag verantwortlich machen • Verschiedenes – Oft kommen die wirklichen, emotionalen Hämmer unter „Verschiedenes“, quasi beiläufig und sprengen dann Zeitrahmen und Tagesordnung. Insofern sollte vor Eintritt in die Sitzung gefragt werden, ob noch irgendetwas fehlt oder sollte kurz vor der Sitzung per Email noch einmal nach den Tagesordnungspunkten für die heutige Sitzung gefragt werden. • Kein Tagesordnungspunkt ohne Zuständigkeit und Aktion: Es geht nicht, viel besprochen – nichts gelöst, keiner Zuständig • Protokoll hat hohe Bedeutung: Action items fett drucken Verantwortliche zum Beispiel am Rand sichtbar benennen • Darauf achten, dass Zeitrahmen bestimmt wird • Das Wichtigste nach Besprechungen: Immer wieder nachfassen, Umsetzung und Realisierung überprüfen 49 08.01.2015 Bericht bzw. Alles was Schriftform hat • Protokolle, Mitteilungen, Aktennotizen, Arztbriefe, Angebote, Projektexposés, etc. • Zentral ist, empfängerbezogen zu kommunizieren und nicht absenderbezogen Schriftform umständlich ? • Arztbriefe werden häufig als eine Last angesehen • Wir sprechen von Publikationsdruck, SPUs (smallest publishable units) • Protokolle werden häufig ungern übernommen, dabei sind sie auch Lenkungsinstrumente • Richtiger Schriftverkehr ist zeitsparend • Sich in die Situation des Empfängers versetzen und überlegen, was will ich, dass der Empfänger tut? • Wie viel Zeit hat der Adressat dies zu lesen? • Action items deutlich machen, Wichtiges knapp darstellen und klar sichtbar machen 50 08.01.2015 Übersichtlichkeit • Logische Gliederung • Kurzzusammenfassungen für Entscheidungsträger (bei der Projektbewilligung ist oft der Abstract wichtiger als der Antrag, denn ist dieser schlecht, wird der Antrag oft gar nicht gelesen, beim GA die Zusammenfassung und die Empfehlungen) Faustregel Politiker, Fakultätsvorstand etc. lesen in der Regel nur eine halbe Seite zu einem Thema • Schreibt man länger und zu mehreren Themen, muss man dies bewusst tun und wissen was man damit bezweckt oder erreicht Effektivität und Effizienz, Drucker (The practice of management, New York 1955) • „Effizienz heißt die Dinge richtig tun; Effektivität heißt die richtigen Dinge tun“ • Das zentrale Problem in umsetzungsschwachen Bereichen ist also der Mangel an Effektivität • Kein Wortspiel Sondern tatsächlicher Unterschied! nämlich zwischen Anstrengung und Leistung und Erfolg und Misserfolg und Arbeit und Mühe und Ergebnis Letztendlich zählt das Ergebnis 51 08.01.2015 Effektivität und Effizienz (Malik S. 304) „Man kann etwas mit 100%iger Effizienz machen – wenn es das Falsche ist, ist es ebenso 100% inneffektiv. Das Richtige mit 20%iger Effizienz getan, ist immer noch viel effektiver als das Falsche mit 100%iger Effizienz“ Werkzeuge des Job Assignments • Prioritäten setzen • Stelle enthält in der Regel mehrere Aufgabenbereiche, Priorisierung muss aus der speziellen, aktuellen Lage heraus erfolgen und muss entweder selbst vorgenommen werden oder vom Vorgesetzen mit vorgenommen werden • Dennoch ist eine immer wieder aktualisierte Stellenbeschreibung mit Beschreibung der Arbeitskomponenten und einer Betonung dessen, was gerade wichtig ist, hilfreich 52 08.01.2015 Arbeitsmethodik Arbeitsmethodik muss individuell passen und hängt von Rahmenbedingungen ab • abhängig von Tätigkeit • abhängig von der Stellung in der Organisation • abhängig vom Alter • abhängig von Präsenz-/Reisebedarf • Infrastruktur • Chef und Leitungsorganisation Meine Zeit ist um: Fazit 53 08.01.2015 Fazit • - - - Relevanz für die Arbeit in der KJP: Zeitfragen stärker diskutieren Zeitfragen nicht nur als Gender-Fragen definieren bei gleichzeitiger Bewusstmachung, dass staatlich finanzierte Care vorwiegend Frauenarbeit ist Zeitmanagement einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen Berücksichtigung, dass Care-Zeiten nicht parallelisiert und verdichtet werden können (Konfliktdokumentation : Zeit am Patienten vs Dokumentation etc in neuen Abrechnungssystemen) Berücksichtigung von „Work-Life-Balance“ und „Burn-OutProphylaxe“ gerade in Care-Berufen Zeitmanagement Techniken anwenden Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm Steinhövelstraße 5 89075 Ulm www.uniklinik-ulm.de/kjpp Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert 54