Ich glaube nur, was ich sehe!

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Ich glaube nur, was ich sehe!
Ich glaube nur, was ich sehe!
Unter welchen Umständen sind Bilder glaubwürdig?
Bildreportagen nehmen für sich in Anspruch, die
Wahrheit wiederzugeben. Da Bilder aus einer Vielzahl von Gründen eben dazu nicht in der Lage sind,
und weil der Betrachter das weiß, müssen Bildreporter ihre Reportage für den Betrachter nachvollziehbar
so gestalten, dass sie der Wahrheit (zumindest scheinbar) möglichst nahe kommt. Die Glaubwürdigkeit ist
also ein wichtiges Thema in der Reportage.
In diesem Workshop soll untersucht werden,
weshalb bestimmte Bilder als glaubhaft wahrgenommen werden und andere nicht. Ziel ist es dabei he-
rauszufinden, unter welchen Bedingungen ein Bild
glaubhaft wird und welche Strategien angewendet
werden können, um die Glaubhaftigkeit eines Bildes
zu steigern.
Hausaufgabe
Die Workshopteilnehmer sollten ein Bild suchen, dass
ihnen glaubhaft erscheint, und eines, das auf sie unglaubwürdig wirkt. Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Workshops vorgestellt und diskutiert.
Das Tennisdress-Foto halte ich für glaubwürdig - das spärliche
Publikum, die peinliche Blamage, die Orangenhaut, das kommt
alles sehr echt und fast bemitleidenswert rüber. Ich glaube, es
ist schwer, so eine Situation zu stellen. Gerade das Nicht-Retuschieren ist so glaubwürdig. (Spiegel Online)
Das Bischofsfoto (der Bischof, der sich schämt und Asyl sucht),
halte ich für unglaubwürdig. Der Typ schaut einfach mal so, wie
er denkt, dass er schauen müsste. Dann noch diese oberbayrische Kulisse - wahrscheinlich würde der sich am liebsten in ein
dunkles Kellerloch verziehen... Extrem gestellt und den Bedürfnissen der rachesüchtigen Eltern angepasst. (Süddeutsche)
Für das glaubwürdige Fotos gibt es nur eine Begründung. Ich
habe es live gesehen und weiß, dass da ein „Riese“ aus dem
Wasser kam.
Das unglaubwürdige Foto finde ich recht beliebig. Besonders
den Hintergrund, da eine Retusche vor solch einem Hintergrund nicht schwer ist. Also würde ich die Schwierigkeit einer
Bearbeitung nicht so hoch ansehen.
1. Glaubwürdig weil:
- zeigt ein negatives Ereignis aber ohne sehr emotional zu sein
- die Umgebung wird gezeigt
- es wird eine vollständige Aktion mit allen Beteiligten gezeigt
- selbst wenn noch mehr Personen/Tiere beteiligt wären, würde
das höchstwahrsch. nichts am vermittelten Inhalt ändern
- schwer zu manipulieren, da in dem Bild sehr viel passiert
2. Unglaubwürdig weil:
- sehr politisch
- Die Umgebung ist völlig unkenntlich und das Bild könnte
sonstwo her stammen
- rein von der Komposition sehr stark „geladen“
- leicht zu manipulieren
Generell halte ich beide Bilder (und auch die meisten anderen
News-Bilder) in dem Sinne für glaubwürdig, dass die Szenen
tatsächlich so passiert sind und die Bilder an sich nicht manipuliert sind. Die Glaubwürdigkeit bzw. Unglaubwürdigkeit liegt
eher in den vermittelten Inhalten und Emotionen.
Ich habe einmal das Wahlplakat von Angela Merkel zur
Bundestagswahl 2009 als unglaubwürdig ausgewählt aus dem
Grunde, dass ihre Geste, die sie auf dem Foto macht wenig
Selbstsicherheit ausstrahlt bzw. kaum die Souveränität vermittelt, die notwendig ist, ein Land zu regieren. Als ihr Markenzeichen denkbar schlecht.
Mein zweites „glaubwürdiges“ Beispiel ist das Bild vom Anschlag des 11. Septembers. Dadurch, dass man die Einschläge
der beiden Flugzeuge immer wieder gesehen hat, auch aus
unterschiedlichen Winkeln und von Amateurfilmern gefilmt,
haben sich diese Bilder sozusagen regelrecht eingebrannt. (Mit
den Hintergründen zu dem Anschlag hingegen verhält es sich
weit weniger klar.)
__glaubwürdige, schockierende wunderbare Bilder finde ich
nach wie vor macht James Nachtwey:
Und unglaubwürdiges, von meinem Bekannten, der ständig
Hochzeiten fotografiert, ich verstehe, dass er nicht jede Braut
hübsch findet! :-)))
aber eigentlich wenn es um die journalistische Bilder geht, denke ich an Kommunismus, wo die menschen einfach wegretuschiert wurden...wie im realen Leben.
Das erste habe ich ausgewählt, weil es ganz klar belegt ist, das
das auf dem Foto abgebildete Alien künstlich ist.
Das zweite habe ich ausgewählt, weil auf den ersten Blick es sich
um normale Werbung handelt, mit einem ganz normalen Foto,
dann aber auf den zweiten Blick klar wird, dass dort etwas nicht
stimmen kann. Das zweite (glaubwürdige) habe ich ausgewählt,
da ich einerseits der Quelle vertraue und andererseits es echt
aussieht.
GLAUBWÜRDIG - Mönche mit extremer Körperbeherrschung.
Irgendwie glaube ich, dass das geht... Auch wenn´s total unglaubwürdig aussieht. Keine Ahnung warum - aber ich denke,
dass man seinem Körper eine Menge zumuten kann, wenn man
über enorme mentale Kräfte verfügt. Und so Mönchen traut
man das halt zu. ;)
UNGLAUBWÜRDIG - Retuschierte Starletts, denen man
Schönheitsmakel wahlweise entweder „wegweichzeichnet“ oder
wie hier bei Mischa Barton in Form von völlig übertriebener
Cellulite „drangestempelt“ - je nachdem was gerade passt (was
von Boulevardzeitungen ja auch erwartet wird).
Bildaussage perfekt passt, wirkt das Bild leicht gestellt
und wir unglaubwürdig. Kleine, „unnötige“ Fehler
scheinen die Glaubwürdigkeit zu steigern. BeliebigRetusche
Natürlich wirken Bilder, die offensichtlich retuschiert keit hingegen senkt die Glaubwürdigkeit. (Wenn das
wurden, unglaubwürdig. Aber allein die Möglichkeit, Bild zwar zum Thema passt, aber theoretisch auch in
dass sie retuschiert sein könnten, trägt zur Unglaub- einem anderen Kontext gemacht werden konnte.)
würdigkeit bei. Einem Bild, das leicht zu fälschen ist,
glaubt man weniger als einem Bild, bei dem die Re- Emotionalität
tusche schwer ist. Ein Bild, das sehr wahrscheinlich Wirkt das Bild vor allem emotional auf den Betrachoder sogar offensichtlich nicht retuschiert ist, wirkt ter, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine einglaubwürdig. Das kann bedeuten, dass unvorteilhaf- seitige, manipulative Darstellung des Themas handelt.
te Darstellungen glaubwürdig wirken („Man hätte die Sachliche, distanzierte Darstellungen wirken glaubhafter.
Orangenhaut ja wegstempeln können“).
Zusammenfassung der Ergebnisse
Aussage des Bildes
Passt der Bildinhalt überhaupt nicht zu der Aussage
der Publikation (Beschriftung, Reportagetext, Headline etc), wirkt das Bild unglaubwürdig. Wenn die
Information
Viele Informationen im Bild steigern seine Glaubwürdigkeit. (Sind alle beteiligten Personen zu sehen?
Kann ich erkennen, wo das Foto geschossen wurde?
etc.) Wichtig ist dabei, dass der Bildinhalt verständlich und nachvollziehbar ist!
Hintergrundwissen und Vorurteile
Bilder, die Geschehnisse zeigen, über die man viel
weiß, wirken glaubhaft (vorrausgesetzt, der Bildinhalt
widerspricht nicht dem eigenen Wissen). Besonders
glaubhaft wirken Bilder, die einen bekannten Vorgang
aus einem anderen Blickwinkel darstellen. Das selbe
gilt auch für Vorurteile. bestätigt ein Bild die eigenen
Vorurteile, wirkt es glaubhaft.
Angaben über Ort und Zeitpunkt gemacht, es werden scheinbar unwichtige Informationen übermittelt
(Blende, Belichtungszeit etc.)
Quelle
Je glaubwürdiger die Quelle, desto glaubhafter das
Bild.
Der Workshop
Nachdem im Zuge der Hausaufgabe die Glaubhaftigkeit einzelner Bilder untersucht wurde, sollten
im Rahmen eines Workshops Bildserien untersucht
Professionalität
Amateurhafte Darstellungen können glaubhafter wir- werden. Die Methodik des Workshops ähnelt entken als professionelle. Profis wird aufgrund ihrer Fä- fernt dem Storyboarding. Bei dieser Methode werden
higkeiten und aufgrund der Tatsache, dass sie für Bil- Abläufe oder Aktionen mit Hilfe eines Storyboards
der bezahlt werden eher zugetraut, manipulative oder Schritt für Schritt visualisiert. In diesem Workshop
manipulierte Bilder herzustellen. Darüber hinaus er- sollten die Teilnehmer ausgehend von einem einzelzeugen verwackelte, unprofessionel aufgenommene nen, unglaubwürdigen Bild eine Bildserien ershaffen,
Bilder den Eindruck von Spontanität und Authentizi- die in ihrer Gesamtheit glaubwürdig wirkt. Dabei war
auch der Einsatz von Text, Infografiken etc. erlaubt.
tät. (kann 4) widersprechen)
Auf diese Weise sollten verschiedene Strategien erkennbar werden, die Glaubwürdigkeit erzeugen. Die
Zusätzliche Informationen
Informationen, die zusätzlich zum Bild geliefert wer- Teilnehmer teilten sich dazu in 5 Gruppen zu je 2
den, können die Glaubwürdigkeit steigern. (schwer Personen auf und bearbeiteten die Aufgabe in ca. 30
nachvollziehbare Bilder werden erklärt, es werden Minuten.
Ergebnisse des Workshops
Gruppe 1
Ausgangsfoto: Eine fliegende Untertasse über einer
hügeligen Landschaft
Lösung: In zwei Bildern wird eine glaubwürdige Vorgeschichte erzählt. Auf ihnen lässt sich das vermeindliche UFO als Spielzeug identifizieren und sie erklären, warum es fliegen kann.
Gruppe 2
Ausgangsfoto: Ein Mann steht auf einer kleinen Traube von Luftballons
Lösung: Auch hier wird in zwei Bildern eine glaubwürdige Vorgeschichte erzählt. Der Betrachter erkennt, dass der Mann auch ein Ballon ist, und dementsprechend nicht auf den anderen Ballons steht,
sondern mit ihnen zusammen schwebt.
Gruppe 3
Ausgangsfoto: Ein Mann ragt mit den Füßen Vorraus aus einer straße. Es sieht aus, als sei er aur großer
Höhe abgestürzt und hätte sich in den Erdboden gebohrt, ohne dabei jedoch Schaden zu nehmen.
Lösung: Hier wird der Blickwinkel erweitert. Es werden Informationen gezeigt, die auf dem Originalfoto
vorenthalten werden und es wird klar, dass es sich um
eine Kunstaktion handelt.
Gruppe 4
Ausgangsfoto: Eine Frau führt ihren Hund aus, der
jedoch nicht selbstständig läuft, sondern an wenigen
Luftballons gebunden ist und schwebt.
Lösung: Hier spielt der Text eine wichtige Rolle. In
ihm erfährt der Leser, warum so wenige Ballons einen
Hund zum schweben bringen können
(neuartiges Gas) und warum dieses Foto aufgenommen wurde (wissenschaftliches Experiment). Zusätzlich werden Informationen über mögliche sinnvolle
Anwendungen des Gases gegeben und ein weiteres
Bild von einem Experiment wird gezeigt. Zusätzliche
wird die Quelle (Die Zeit) angegeben)
Gruppe 5
Ausgangsfoto: Portrait einer Kuh mit 4 Augen und 6
Hörnern.
Lösung: Eine Reihe unterschiedlicher Lösungsstrategien kommen hier zur Anwendung. Zunächst wird
mit einer Bildserie eine Vorgeschichte und Begründung für den unnatrürlichen Wuchs der Kuh gegeben (atomare Katastrophe). Fotos werden dabei mit
einer Infografik ergänzt. Diese Informationen werden durch einen Wissenschaftler bestätigt, dessen
Glaubwürdigkeit wiederum nachprüfbar ist (Angabe
seines Namens und seiner Tätigkeit. Eine Überprüfung seiner Glaubwürdigkeit via Google Scholar oder
anderer Medien ist zusätzlich möglich).
Darüber hinaus werden weitere Informationen gegeben (ebenfalls durch den Experten bestätigt):
Zum einen sind solche veränderten Kühe zwar ungewöhnlich, aber nicht unnormal (Visualisierung durch
Infografik), und zum anderen ist dieses Phänomen
schon lange bekannt (Beleg durch historische Bilder
von alten Hochkulturen o.ä.)
Zusammenfassung der Ergebnisse
Bei der Lösung der Workshopaufgabe wendeten die Erweiterung des Blickwinkels
Gruppen eine Reihe unterschiedlicher Strategien an, Ein Bild, das alle Informationen enthält, die notwendig sind um den Bildinhalt richtig zu interpretieren,
um ihren Bildern Glaubwürdigkeit zu geben.
erscheint glaubwürdig. Wenn er Eindruck entsteht,
dass wichtige Informationen vorenthalten werden, ist
Vorgeschichte
Wenn die Ereignisse, die zu dem unglaubwürdigen das Gegenteil der Fall. Dabei müssen nicht alle InforFoto geführt haben, glaubwürdig erscheinen und auf mationen zwangsläufig auf einem Foto zu sehen sein:
nachvollziehbare Weise vermittelt werden können, eine Bildserie, die alle notwendigen Informationen
erscheint auch dieses Foto glaubwürdig. Der Betrach- enthält, steigert ebenfalls die Glaubwürdigkeit. Das
ter interpretiert das Foto mit dem Wissen, dass ihm Konzept ist der „Vorgeschichte-Strategie“ ähnlich, es
durch die Vorgeschichte vermittelt wurde, anders und gilt jedoch unabhängig von zeitlichen Abläufen.
er ist so beispielsweise in der Lage, ein UFO als Spielzeug zu identifizieren. Bildinhalten werden mit dieser „Das ist ganz normal“
Glaubwürdigkeit kann erzeugt werden, wenn unTaktik also neue Bedeutungen zugewiesen.
gewöhnlichen oder unglaubwürdigen Ereignissen
Normalität zugesprochen wird. Der Betrachter wird
so überzeugt, dass der Fehler nicht im Bild liegt, sondern bei ihm selbst (fehlende Erfahrung, Unwissen
etc.). Diese Strategie kann unterstützt werden durch
Darstellung ähnlicher Ereignisse, durch Belege, dass
das Phänomen schon lange bekannt ist, und durch die
Bestätigung durch Experten.
Experten
Experten, die den Wahrheitsgehalt des Bildes bestätigen, steigern die Glaubwürdigkeit. Der Effekt ist dabei
stark abhängig von der Glaubwürdigkeit des Experten. Diese kann gesteigert werden, indem relevante
Informationen über den Experten genannt werden
(z.B. Name, Titel, Tätigkeit, sonstige Arbeiten etc.)
Quelle
Natürlich ist das Medium, in dem das Bild veröffentlicht wird, von entscheidender Bedeutung: Je gelaubwürdiger die Quelle, desto eher glaubt man dem Bild.