Schneidkantenpräparation. Ziele, Verfahren und

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Schneidkantenpräparation. Ziele, Verfahren und
Franz Tikal (Hrsg.)
in Zusammenarbeit mit R. Bienemann und L. Heckmann
Schneidkantenpräparation
Ziele, Verfahren und Messmethoden
Berichte aus Industrie und Forschung
kassel
university
press
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.de abrufbar
ISBN 978-3-89958-494-3
2009, kassel university press GmbH, Kassel
www.upress.uni-kassel.de
Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel
Printed in Germany
III
Vorwort
Der Produktionsstandort Deutschland ist gekennzeichnet durch seine innovative Leistungsfähigkeit, durch die sich trotz hoher Lohnkosten wettbewerbsfähige und qualitativ hochwertige Produkte herstellen lassen. Damit
die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt, ist eine ständige Verbesserung der
Verfahren, deren Flexibilität, der Produktionsmittel und der Prozesssicherheit unter der verstärkten Einbeziehung des Menschen notwendig.
Die heutige flexible Produktionstechnik ist gekennzeichnet durch eine immer höhere Leistungsvielfalt. Werkzeuge müssen den Anforderung der
hohen wechselnden Belastungen und der gleichzeitigen hohen Standzeit
gerecht werden. Zusätzlich erschwert dies den Einsatz von Werkstoffen mit
enormen Festigkeitseigenschaften. Im Bereich der Präzisionswerkzeuge
erbringen Werkzeuge mit Geometrien, die die modernen Schneidstoffe und
innovativen Beschichtungen berücksichtigen, ein völlig neues Leistungsprofil. Einen wesentlichen Anteil haben dabei die Gestaltung der Mikrogeometrie der Schneidkante und die Topographie der schneidennahen Oberflächen.
Das vorliegende Buch entstand aus einem Forschungsvorhaben, das sich mit
der Kantenpräparation von Werkzeugschneiden beschäftigte. Inhalt des
Buches ist es, eine Übersicht der auf dem Markt existierenden Verfahren zu
geben. Dabei steht die Serienreife und die Einsatzfähigkeiten der Verfahren
im Vordergrund. Zudem werden die Reproduzierbarkeit und die messtechnische Erfassung der Kantenpräparation betrachtet. Anzumerken ist, dass
sich sowohl die Verfahren als auch die Messtechnik auf diesem Gebiet in
einer rasanten Entwicklung befinden.
Die einzelnen Fachaufsätze lassen sich in
•
Grundlagen,
•
Kantenpräparationsverfahren und
•
Messtechnik
gliedern.
Das Buch gibt einen Überblick über die gängigsten Kantenpräparationstechniken und deren messtechnische Erfassung.
Mein besonderer Dank gilt den Autoren der einzelnen Beiträge und allen
Personen, die zur Erstellung dieses Buches beigetragen haben. Besonders
erwähnen möchte ich hier Herrn Dr.-Ing. S. Holsten, Herrn Dr.-Ing. C.
Cortes, Herrn Dipl.-Ing. R. Bienemann und Herrn Dipl.-Ing. L. Heckmann.
Franz Tikal
IV
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung und Zielsetzung
1
2. Grundlagen
3
2.1 Ziele
3
1
Ziele der Schneidkantenpräparation
3
2
Kantenarchitekturen und Verlauf
4
3
Wirkkette und Verbesserungsaspekte
7
4
Definition der Schneidkantenpräparation
8
5
Auswahl der Schneidkantenpräparation
9
6
Wirtschaftlichkeit
10
7
Zusammenfassung
11
8
Literatur
11
2.2 Mikroprozesse an der Schneidkante
12
1
Allgemeines
12
2
Präparationsverfahren
16
2.1 Strahlen
19
2.2 Bürsten
20
2.3 Schleppschleifen
20
3
Messtechnik
21
4
Verschleiß
22
4.1 Drehen
23
4.2 Bohren
23
4.3 Fräsen
23
4.4 Schneidstoffeinfluss
24
5
Beanspruchungen
24
5.1 Kräfte
25
5.2 Spannungen
26
5.3 Temperatur
26
V
5.4 Besonderheiten der Mikrozerspanung
6
26
Literatur
31
3. Präparationsverfahren
34
3.1 Bürsten
34
1
2
3
4
5
Prinzip
34
1.1 Parameter, welche die Größe der Kantenverrundung
beeinflussen
35
1.2 Parametereinfluss auf die Form der
Kantenverrundung
36
1.3 Reproduzierbarkeit der Kantenverrundung
37
Maschinen
37
2.1 Oszillationstisch
37
2.2 Planetenpoliertisch
38
2.3 Revolvertisch
39
2.4 Schwenkspindel
40
2.5 Bürst-Poliermaschine „BP-Smart“
41
2.6 Bürst-Poliermaschine „BP-MX“
42
Peripherie
42
3.1 Reinigung
42
3.2 Vermessung der Schneidkante
43
Anwendungen
44
4.1 Wendeschneidplatten
44
4.2 Bohrer
45
4.3 VHM-Schaftfräser
45
4.4 Gewindebohrer
46
4.5 Sägezähne
47
4.6 Schneidstempel und Matrizen
47
Ergebnisse
48
5.1 Radien
48
5.2 Oberflächenverbesserung
49
VI
Inhaltsverzeichnis
5.3 Standzeitverbesserung
50
6
Grenzen
51
7
Literatur
52
3.2 Magnetfinishing
53
1
Verfahrensprinzip
54
2
Technische Realisierung
55
2.1 Kinematische Abläufe
55
2.2 Maschineller Aufbau
58
2.3 Prozesssteuerung
60
2.4 Automatisierung
61
3
Anwendungen und Ergebnisse
64
3.1 Feinstentgratung
64
3.2 Schneidkantenverrundung
65
3.3 Polieren von Oberflächen
67
4
Zusammenfassung und Ausblick
69
5
Literatur
70
3.3 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
1
2
3
71
Wichtigkeit der mikrogeometrischen Bearbeitung der
Schneidkante
72
Schneidkanten werden über ihre Geometrie definiert
73
2.1 Typen von Schneidkantenarchitekturen
73
2.2 Definition der Verrundung
74
Übersicht von gängigen Fertigungsverfahren zum
Kantenverrunden
76
3.1 Feinschleifen
76
3.2 Gleitschleifen
77
3.3 Bürstprozess
78
3.4 Trocken- bzw. Nassstrahlen
79
4
Wahl der Fertigungsverfahren
80
5
Messtechnik zur Erfassung der verrundeten Kante
81
VII
6
Leistungsvergleich der verschiedenen Formen
83
7
Einfluss der Kantenverrundung auf die Spanbildung
83
8
Literatur
86
3.4 Thermisches Entgraten - TEM
1
Der Grat
1.1 Gratdefinition
2
3
TEM
87
88
89
89
2.1 Thermische Entgratmethode
89
2.2 Verfahren
90
2.3 Vorteile des Verfahrens
91
2.4 Entgratqualität
92
2.5 Kantenverrunden
92
2.6 Anlagentechnik
92
2.7 Vor- und Nachbehandlung
93
2.8 Entgratbeispiele TEM
94
Vorrichtungstechnik
3.1 Beispiele Vorrichtungstechnik
95
96
4
Schlusswort
96
5
Literatur
97
3.5 Gleitschleppschleifen
98
1
Schleppschleifverfahren, ein modernes Verfahren zu
Entgratung und Kantenverrundung von Werkzeugen.
98
2
Funktion der Maschine
100
3
Einflussparameter
102
3.1 Schleifmedia
102
3.2 Drehrichtung
105
3.3 Drehzahl
107
3.4 Bearbeitungszeit
109
3.5 Werkstückgröße
109
VIII
Inhaltsverzeichnis
3.6 Eintauchtiefe
4
Bearbeitungsbeispiele
4.1 Entgraten von Zerpanwerkzeugen
110
111
111
5
Verrunden von Schneidkanten
112
6
Polieren von beschichteten und unbeschichteten
Zerspanwerkzeugen
116
3.6 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten von
Zerspanwerkzeugen
119
1
Eingangskontrolle / Entschichtung
119
2
Entgraten
120
3
Kantenverrundung
121
4
Beschichtung
124
5
Ausgangskontrolle
127
6
Zusammenfassung
128
3.7 Schneidkantenpräparation für zu beschichtende
Zerspanwerkzeuge
130
1
Schneidkantenpräparation von VHM-Bohrern
132
2
Schneidkantenpräparation von VHM-Schaftfräsern
134
3
Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern
140
4
Charakterisierung der Schichtgüte und ihre
Abhängigkeit von der Schneidkantenpräparation
141
5
Schneidkantenpräparation nach dem Beschichten
143
6
Die wichtigsten Verfahren zur
Schneidkantenpräparation
143
7
Zusammenfassung
144
8
Literatur
145
4. Messtechnik
146
4.1 Optische Messung von Schneidkanten
146
1
Optische Schneidkantenmessung - Grundlagen
146
1.1 Musterprojektions-Verfahren
147
1.2 Fokusbasierte Verfahren
151
IX
2
Optische Schneidkantenmessung - Durchführung
153
3
Vorteile optischer 3D- Messverfahren
156
3.1 Auflösungsgrenze taktiler Systeme
156
3.2 Auflösung optischer Verfahren
158
3.3 Nachweis der absoluten Messgenauigkeit
159
4
Software zur 3D-Bewertung von Schneidkanten
4.1 Beispiel einer automatischen
Schneidkantenmessung
159
161
5
Ausblick
162
6
Literatur
162
4.2 Geometrie und Verschleißmessung von
Schneidkantenverrundungen mit Fokus-Variation
163
1
Einleitung
164
2
3D Messung und Analyse von Werkzeugen
165
3
Resultate
171
4
Verschleißmessung an Kanten
171
5
Verschleißmessung an Ecken
173
6
Real3D – 360° Geometriemessung an
Schneidwerkzeugen
175
7
Zusammenfassung
178
8
Literatur
179
Schlagwortverzeichnis
180
Autorenverzeichnis
186
Firmenverzeichnis
190
X
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1: Beispiel einer Schneidkantenpräparation:
(Verrundung) mit Beschichtung .......................................... 1
Abb. 1.2: Gestaltungsaspekte von Zerspanwerkzeugen ................... 2
Abb. 2.1: Verbesserung der Schneidkantenbedingung durch
Schneidkantenpräparation (nach Cortes 2009) .................. 4
Abb. 2.2: Verschiedene Schneidkantenpräparationsgeometrien
(Cortes, 2009)..................................................................... 5
Abb. 2.3: Verschiedene Verläufe der
Schneidkantenpräparation:................................................. 6
Abb. 2.4: Wirkkette für die Verbesserung der Leistung eines
Präzisionszerpanwerkzeugs (Cortes, 2009) ....................... 7
Abb. 2.5: Ziele der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009) .......... 8
Abb. 2.6: Berücksichtigte Faktoren bei der Wahl der
Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009).......................... 9
Abb. 2.7: Anteilige Kosten bei der Herstellung von
Zerspanungswerkzeugen (Friemuth, 2002)...................... 10
Abb. 3.1: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur ............. 13
Abb. 3.2: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur ............. 14
Abb. 3.3: Asymmetrische Kantenprofile .......................................... 15
Abb. 3.4: Mögliche Präparationsverfahren ...................................... 17
Abb. 3.5: Wirkzusammenhänge bei der Kantenpräparation ............ 18
Abb. 3.6: Einfluss der Strahldüse auf das Arbeitsergebnis.............. 19
Abb. 3.7: Abtragvorgang beim Bürsten ........................................... 20
Abb. 3.8: K-Faktormodell................................................................. 22
Abb. 3.9: Auswirkung der Kantenpräparation.................................. 25
Abb. 3.10: Veränderung der Scherung am Schneidkeil................... 27
Abb. 4.1: Die Gleitbewegung der Bürste auf der Kante erzeugt
eine Verrundung ............................................................... 35
XI
Abb. 4.2: Radienformen (v.l.: Wasserfall, exakter Radius,
Trompete); S = Spanfläche; F = Freifläche....................... 36
Abb. 4.3: Oszillationstisch ............................................................... 38
Abb. 4.4: Planetenpoliertisch........................................................... 39
Abb. 4.5: Revolvertisch ................................................................... 40
Abb. 4.6: Schwenkspindel ............................................................... 40
Abb. 4.7: Bürstmaschine BP-Smart................................................. 41
Abb. 4.8: Bürstmaschine BP-MX ..................................................... 42
Abb. 4.9: Das Konturenmessgerät “Novagraph” tastet die
Schneidkante mechanisch ab........................................... 43
Abb. 4.10: Die eingelesene Messkurve wird auf einem
Bildschirm sichtbar gemacht............................................. 44
Abb. 4.11: Wendeschneidplatten..................................................... 44
Abb. 4.12: Bohrerspanntrommel...................................................... 45
Abb. 4.13: Einsatz der Gerber MB-M Combi zur Bearbeitung
von Schaftfräsern ............................................................. 46
Abb. 4.14: Revolvertisch ................................................................. 47
Abb. 4.15: HM-Stempel + Matrize ................................................... 48
Abb. 4.16: Einfluss der Bürstzeit auf die Radiusänderung .............. 49
Abb. 4.17: Oberflächenverbesserung durch Bürsten....................... 50
Abb. 5.1: Arbeitsprinzip für Schaftwerkzeuge.................................. 54
Abb. 5.2: Gleichmäßiger Bearbeitungsdruck über die Länge des
Werkzeuges...................................................................... 56
Abb. 5.3: Selektive Auswahl der Bearbeitung.................................. 56
Abb. 5.4: Arbeitsprinzip für Tieflochbohrer ...................................... 57
Abb. 5.5: Magnetfinish-Prozessmodul............................................. 58
Abb. 5.6: Vielfalt der Anwendungen durch Baukastenprinzip.......... 59
Abb. 5.7: Datenbank mit Werkzeugdaten (blau) und
Prozessdaten (rot) ............................................................ 61
Abb. 5.8: Automatische Magnetfinishmaschine mit
Roboterführung des Werkzeuges ..................................... 63
XII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 5.9: Implementierung des Verfahrens in eine
Werkzeugschleifmaschine................................................ 64
Abb. 5.10: HSS-Gewindebohrer M6, 2. Zahn; 80-fach
vergrößert......................................................................... 65
Abb. 5.11: VHM-Kugelfräser D = 1,0 mm; 60-fach vergrößert......... 66
Abb. 5.12: TiN-beschichteter M8 Gewindebohrer............................ 68
Abb. 5.13: Rauhigkeitsprofil eines beschichteten
Tieflochbohrers vor und nach Magnetfinish...................... 68
Abb. 6.1: Genormte Kantenformen.................................................. 74
Abb. 6.2: Verschiedene Kantengeometrien (B. Denkena, März
2005) ................................................................................ 75
Abb. 6.3: Mit Wendeschneidplatten bestückte Feinschleifanlage.... 76
Abb. 6.4: Gleitschleifanlage............................................................. 78
Abb. 6.5: REM-Aufnahme von verschieden bearbeiteten
Schneidkanten auf Bohrwerkzeugen ................................ 80
Abb. 6.6: Radienlehre, gemessen mit dem Messprogramm
ODSCAD .......................................................................... 82
Abb. 6.7: Spanbildung (W. König, 1997) ......................................... 84
Abb. 6.8: Prozesskräfte in Abhängigkeit des Spanwinkels
(Schumann, 2007) ............................................................ 85
Abb. 7.1: Innenliegender Grat, Bohrkappe ...................................... 88
Abb. 7.2: Durchgangsbohrung mit Bohrkappe................................. 88
Abb. 7.3: Werkstück mit Grat; Gratwurzel + Gratfahne = Grat ........ 89
Abb. 7.4: Thermisches Abtragen in der Fertigungstechnik.............. 90
Abb. 7.5: Entgratverfahren .............................................................. 91
Abb. 7.6: Entgratkammer ................................................................ 93
Abb. 7.7: Al-Steuerblöcke................................................................ 94
Abb. 7.8: Pneumatikbauteil vor TEM - nach TEM............................ 95
Abb. 7.9: Stahldrehteil vor TEM - nach TEM ................................... 95
Abb. 7.10: Kurzes Drehteil .............................................................. 96
Abb. 7.11: Gehäusebauteil.............................................................. 96
XIII
Abb. 7.12: Hydraulikschieber........................................................... 96
Abb. 8.1: Schleppschleifmaschine................................................... 99
Abb. 8.2: Prinzipskizze Gleitschleppschleifen ............................... 100
Abb. 8.3: Aufnahme für Schaftwerkzeuge (angetriebener Halter) . 101
Abb. 8.4: Sonderaufnahme für Wendeschneidplatten
(angetriebener Halter) .................................................... 101
Abb. 8.5: Angetriebener Halter mit Schnellspannaufnahmen für
Schaftwerkzeuge ............................................................ 101
Abb. 8.6: Walnussschalengranulat ................................................ 103
Abb. 8.7: HSC-Granulat ................................................................ 103
Abb. 8.8: SIX-Granulat .................................................................. 104
Abb. 8.9: QZ 1-3-Granulat............................................................. 104
Abb. 8.10: Rechtslauf .................................................................... 106
Abb. 8.11: Linkslauf....................................................................... 106
Abb. 8.12: Schneidkante Fräser HM, Linkslauf, nach 10min,
r = 22 µm (Six 70/16)...................................................... 106
Abb. 8.13: Schneidkante Fräser HM, Rechtslauf, nach 10min,
r = 33 µm (Six 70/16)...................................................... 106
Abb. 8.14: Maschinenkinematik Gleitschleppschleifen.................. 107
Abb. 8.15: HSS-Gewindebohrer vor Bearbeitung; starker Grat
sichtbar........................................................................... 111
Abb. 8.16: HSS-Gewindebohrer nach Bearbeitung gratfrei und
Kanten verrundet ............................................................ 111
Abb. 8.17: Fräswerkzeug .............................................................. 112
Abb. 8.18: REM-Aufnahme, Schneidkante unbearbeitet ............... 113
Abb. 8.19: REM-Aufnahme, Schneidkante bearbeitet................... 113
Abb. 8.20: REM-Aufnahme............................................................ 113
Abb. 8.21: Auswertung Messmaschine: Schneidkante Bohrer
10 mm unbearbeitet........................................................ 114
Abb. 8.22: Auswertung Messmaschine: Bohrer 10mm
bearbeitet........................................................................ 115
XIV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 8.23: Droplets vor Bearbeitung; 2000x vergrößert ................ 118
Abb. 8.24: Droplets nach Bearbeitung; 2000x vergrößert ............. 118
Abb. 9.1: Grate .............................................................................. 120
Abb. 9.2: Inhomogene Schneidkante nach dem Entgraten ........... 121
Abb. 9.3: Schneidkante (Fuß) nach dem Verrunden ..................... 121
Abb. 9.4: Schneidkante (Kopf) nach dem Verrunden .................... 122
Abb. 9.5: Messprotokoll der Schneidkantenverrundung ................ 122
Abb. 9.6: Beschichtungstechnologie ARC..................................... 124
Abb. 9.7: Beschichtungstechnologie Sputtern............................... 125
Abb. 9.8: Oberflächenstruktur ARC-Beschichtung ........................ 125
Abb. 9.9: Oberflächenstruktur Sputter-Beschichtung .................... 126
Abb. 9.10: Thermische Isolierung des Substrates ......................... 126
Abb. 9.11: Querschliff AlTiN-Beschichtung (Nanocomposite) ....... 127
Abb. 9.12: Kalottenschliff unter der Mikroskop .............................. 127
Abb. 9.13: Rockwelleindruck ......................................................... 128
Abb. 9.14: Überblick Beschichtungsfabrik ..................................... 129
Abb. 10.1: Schartigkeit .................................................................. 131
Abb. 10.2: Die Schwerpunkte des Beitrages ................................. 132
Abb. 10.3: Einfluss der Schneidkantenpräparation beim Bohren
mit beschichteten Vollhartmetallbohrern......................... 133
Abb. 10.4: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe..... 134
Abb. 10.5: Rattern beim Fräsen, verursacht durch zu scharfe
Ecken ............................................................................. 135
Abb. 10.6: Verschleißverlauf beim Fräsen mit und ohne
Schneideckenpräparation (Daten siehe Abb. 10.5) ........ 136
Abb. 10.7: Verschleissbilder der Rundfase nach Lf=60m
Fräsweg nach Schneidkantenpräparationen mit
verschiedenen Radien.................................................... 137
Abb. 10.8: Wichtigste Verschleißarten eines
Abwälzfräserzahnes ....................................................... 140
XV
Abb. 10.9: Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern durch
nasses Mikrostrahlen...................................................... 141
Abb. 10.10: Charakterisierung der Schichtgüte an der Schneide.. 142
Abb. 10.11: Beeinflussung des Schichtverhaltens durch
unterschiedliche Schneidkantenpräparationen............... 142
Abb. 10.12: Vor- und Nachteile der Schneidkantenpäparation
nach dem Beschichten ................................................... 143
Abb. 10.13: Die wichtigsten Verfahren zur
Schneidkantenpräparation und ihre wichtigsten
Merkmale........................................................................ 144
Abb. 10.14: Die Schneidkantenpräparation ist ein integrierter
Bestandteil moderner Beschichtungssysteme ................ 145
Abb. 11.1: Automatisch gelegte Schnittlinien, Schartigkeit
(ODSCAD Software)....................................................... 147
Abb. 11.2: Streifenprojektion mit Phasenauswertung.................... 148
Abb. 11.3: Konfokales Mikroskop, Prinzip ..................................... 151
Abb. 11.4: Schneidkantenmessung an einer
Wendeschneidplatte mit dem StreifenprojektionsVerfahren........................................................................ 154
Abb. 11.5: Konturverfolgung an einer Ecke einer
Wendeschneidplatte ....................................................... 155
Abb. 11.6: Auflösungsgrenzen durch Taster-Abmessungen ......... 156
Abb. 11.7: Einfluss von Messfehlern auf die gut/schlechtSelektion......................................................................... 157
Abb. 11.8: Messgeräteprüfung an einem Schneidkantennormal
(Streifenprojektion) ......................................................... 159
Abb. 11.9: Streifenprojektions-Sensor mit blauer LEDLichtquelle, Schneidkantensoftware ............................... 160
Abb. 11.10: Automatisch erstelltes Messprotokoll einer stark
gekrümmten, benutzten Schneidkante an der Ecke
einer Wendeschneidplatte (Streifenmessverfahren)....... 161
Abb. 12.1: Hochauflösendes 3D Oberflächenmesssystem
InfiniteFocus zur optischen
Schneidkantengeometriemessung und
Verschleißanalyse .......................................................... 166
XVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 12.2: Messprinzip der Fokus-Variation:................................. 167
Abb. 12.3: Schneidkante mit Verrundung und die von der
Analysesoftware ermittelten Werte, a, b, h, r und K........ 168
Abb. 12.4: Schneidkante mit Negativfase und die von der
Analysesoftware ermittelten Werte: ................................ 169
Abb. 12.5: Beispiel für die Einpassung eines Korbbogens
inklusive Toleranzband zur Beurteilung von
verlaufenden Verrundungen. .......................................... 169
Abb. 12.6: Bestimmung von Rauheitskennwerten entlang der
Schneidkante.................................................................. 170
Abb. 12.7: Automatische Bestimmung des verschlissenen
Materials durch Differenzanalyse. .................................. 171
Abb. 12.8: Ein mit InfiniteFocus erstellter 3D Datensatz des
Bohrers zur Verschleißmessung..................................... 172
Abb. 12.9: 3D Datensatz der Kante............................................... 174
Abb. 17.10:Senkrecht zur Schneidkante extrahiertes
Höhenprofil ..................................................................... 174
Abb. 12.11:3D Datensatz der Bohrerecke..................................... 175
Abb. 12.12: Volumenverschleiß an der Bohrerecke ...................... 175
Abb. 12.13: Motorische Dreh- und Schwenkeinheit zur Messung
von Schaftwerkzeugen für die Real3D Messung. ........... 176
Abb. 12.14: 3D-Messung eines Fräsers ........................................ 177
Abb. 12.15: 3D-Messung eines Gewindebohrers .......................... 178
XVII
Diagrammverzeichnis
Diagramm 4.1: Verschleißtest ......................................................... 51
Diagramm 5.1: Einfluss der Kantenpräparation an HSS Bohrern
(Reich, et al., 2007)................................................ 67
Diagramm 6.1: Vergleich der Verfahren auf Oberflächenrauheit..... 81
Diagramm 8.1: Kantenverrundung beim Einsatz verschiedener
Granulate ............................................................. 105
Diagramm 8.2: Einfluss der Drehzahl auf Ecken- und
Schneidkantenverrundung bei HM Fräsern.......... 108
Diagramm 8.3: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die Größe der
Verrundung .......................................................... 108
Diagramm 8.4: Schartigkeit eines HM-Fräsers.............................. 109
Diagramm 8.5: Eintauchtiefe mit schnellem Halter........................ 110
Diagramm 8.6: Eintauchtiefe mit langsamem Halter ..................... 110
Diagramm 8.7: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm
unbearbeitet ......................................................... 114
Diagramm 8.8: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm
bearbeitet ............................................................. 115
Diagramm 10.1: Verschleißverlauf beim Fräsen bei
verschiedenen Radien der
Schneidkantenpräparation im Vergütungsstahl
(Daten siehe Abb. 10.7) ....................................... 138
Diagramm 10.2: Verschleißverlauf beim Fräsen mit
verschiedenen Radien der
Schneidkantenpräparation im Kaltarbeitsstahl ..... 139
Diagramm 10.3: Optimale Schneidkantenradien für zwei
Werkstoffe in Abhängigkeit des
Fräserdurchmessers ............................................ 140
XVIII
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4.1: Systematischer Versuchsplan Bürstbearbeitung .........36
Tabelle 5.1: Bezeichnung des Baukastenprinzips............................59
Tabelle 8.1: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die erreichte
Rauhigkeit .................................................................117
Tabelle 12.1: Kantenradien (µm) für 10 extrahierte Höhenprofile, sowie Mittelwert (Mitw.) und Standardabweichung (Std.) vor und nach Gebrauch des
Bohrers......................................................................173
C.J. Cortes, F. Tikal
Grundlagen
1
Einleitung und Zielsetzung
Die Forderung nach Konzepten zur Erhöhung der Produktivität bei gleichzeitiger Steigerung von Produktqualität und Prozesssicherheit zur Senkung
der Fertigungskosten ist ein stetes Ziel auch in der spanenden Fertigung.
Moderne Werkzeugmaschinen mit deutlich erhöhtem Leistungsvermögen,
einer hohen Verfahrensvielfalt zur Komplettbearbeitung in einer Maschine
und einer gesteigerten Präzision verlangen nach einer gezielten Weiterentwicklung der Präzisionswerkzeuge hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit,
Flexibilität, Präzision, Standzeit und einer geringeren Umweltbelastung.
Neben der Weiterentwicklung der Schneidstoffe und Beschichtungen sind
die Anpassung der Makrogeometrie an die Bearbeitungsaufgabe und den
Schneidstoff sowie die Verbesserung der Meso- und Mikrogeometrie der
Schneide, derzeitige Entwicklungsschwerpunkte.
Abb. 1.1: Beispiel einer Schneidkantenpräparation: (Verrundung) mit
Beschichtung
Die zuverlässige Kontrolle dieser Aspekte beeinflusst die Qualität und
Zuverlässigkeit der Zerspanwerkzeuge. Im Bezug auf die Anwendung definiert der Schneidstoff die thermischen und mechanischen Eigenschaften.
Diese Ausrichtung am geforderten Anforderungsprofil hinsichtlich Warmhärte, Verschleißfestigkeit und Zähigkeit des Schneidstoffes in Verbindung
mit der Beschichtung und der Geometrie ist für die Leistungspotenziale der
Werkzeuge entscheidend. Die Geometrie des Werkzeugs berücksichtigt den
Keilwinkel, den Span- und Freiwinkel und andere makrogeometrische
2
Einleitung und Zielsetzung
Merkmale um die Spanabnahme, die Spanbildung und den Spantransport
durchzuführen und die Prozesskräfte aufzunehmen. Die Scheidkantenpräparation (vergl. Abb. 1.1, Abb. 2.2, Abb. 2.7) hat dabei die Aufgabe die
Schneide des Werkzeugs zu stabilisieren, die Schartigkeit der Kante zu
reduzieren und damit günstige Voraussetzungen für die Bearbeitung und
Maximierung der Standzeit der Werkzeuge zu schaffen.
Abb. 1.2: Gestaltungsaspekte von Zerspanwerkzeugen
C.J. Cortes, F. Tikal
Grundlagen
3
Schneidkantenpräparation
Ziele
C.J. Cortes1 und F. Tikal2
Abstract:
Schlagwörter:
1
Die Schneidkantenpräparation (SKP) ist ein wesentlicher
Aspekt bei der Entwicklung und Herstellung von
Präzisionswerkzeugen. Dieses Kapitel präsentiert eine
Einführung zum Thema der SKP mit folgenden Schwerpunkten:
•
Ziele des SKP,
•
Kantenarchitektur und Verlauf,
•
die generierten Wirkkette durch die Anwendung der SKP,
•
die Definition der SKP,
•
die Aspekte für der Auswahl der SKP und am Ende einige
•
wirtschaftliche Aspekte
Schneidkantenpräparation, Schneidkantenradius,
Schneidkantenverrundung, Präzisionswerkzeuge.
Ziele der Schneidkantenpräparation
Eine gesinterte oder geschliffene scharfe Schneidkante weist eine Reihe von
Mikrodefekten auf, wie z. B. Mikroausbrüche, Schartigkeit, Grate, Schäden
auf der Oberflächen (im Kantenbereich der Span- und Freifläche), die
oftmals Keimstellen für fortschreitende Schädigungen darstellen (Abb. 2.1
links). Diese Mikrodefekte generieren unstabile Schnitte, hohen Verschleiß,
niedrige Zuverlässigkeit des Werkzeugs und eine Verschlechterung der
1[1]
2[2]
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4
Einleitung und Zielsetzung
Werkstückqualität. Eine gezielte Schneidkantenpräparation reduziert diese
negativen Auswirkungen. Die Verfahren zur Schneidkantenpräparation
generieren neben einer definierten Kantenkontur mit einer reduzierten
Schartigkeit eine Stabilisierung der Schneide, eine Verbesserung der kantennahen Oberflächenstruktur und Oberflächenrauhigkeit sowie einen verbesserten Spanablauf (Abb. 2.1 rechts). Dies führt zu einer Erhöhung der
Standzeit und Prozesssicherheit der Werkzeuge und zu einer besseren
Werkstückqualität (siehe Abb. 2.4).
Abb. 2.1: Verbesserung der Schneidkantenbedingung durch
Schneidkantenpräparation (nach Cortes 2009)
2
Kantenarchitekturen und Verlauf
Die Schneidkante entsteht durch die Verschneidung von Span- und
Freifläche beim Sintern oder Schleifen und einer oftmals nachgeschaltenen
Feinbearbeitung. Sie weist folgende Formen auf: Scharfe Kante, Kante mit
Verrundung, Kante mit Einfach- oder Doppelfase und Kombination von
Fase plus Verrundung.
C.J. Cortes, F. Tikal
Grundlagen
5
Abb. 2.2: Verschiedene Schneidkantenpräparationsgeometrien (Cortes, 2009)
Die Auswahl einer spezifischen Kantenarchitektur ist in Abhängigkeit der
Anwendung (Drehen, Fräsen, Bohren, Feinbearbeitung, Hartbearbeitung,
Hochgeschwindig-keitspanung) und im Zusammenhang mit dem
Schneidstoff (HSS, Hartmetall, Keramik, CBN, PKD und der
dazugehörigen Beschichtung) zu wählen.
Neben der Form ist die Größe und der Verlauf der Schneidkantenpräparation von entscheidender Bedeutung.
Eine Verrundung ist im Allgemeinen für die Schneidstoffe Diamant, PKD,
HSS und Hartmetalle (HM) und für den Bereich der Feinbearbeitung
zweckmäßig. (Schutz-) Fasen haben sich für CBN und Keramik, beim
6
Einleitung und Zielsetzung
Hartdrehen und der Grobbearbeitung bewährt (Choudhury, 2005), (Fang,
2005). Wichtig ist, dass die gewählte Geometrie, bei der Spanung, innerhalb
des Schneidkörpers Druckspannungen induziert, um bei Schneidstoffen mit
niedriger Biegefestigkeit und Bruchzähigkeit, schädigende Zugspannungen
zu reduzieren.
Die Größe der Kantenpräparation ist normalerweise für HSS kleiner zu
wählen, als für HM. Dies berücksichtigt, dass die Biegebruchfestigkeit und
Bruchzähigkeit für HSS größer ist als für HM (Rech, 2005). Hinweis: die
Fasenbreite liegt in der Regel in einem Intervall von 30µm < bn < 300µm
und der Fasewinkel im Bereich von 10°< γb < 45°.
Als Beispiel, eine gängige Schneidkantengeometrie für CBN Werkzeuge:
bγ=150µm mit γb=15° oder eine Doppelfase mit bγ=150µm, bn=35µm,
γb1=15° und γb2=30°. Zusätzlich ist eine Verrundung der Fasen mit rn=20µm
zur weiteren Stabilisierung der Schnittkante bei schweren Schnitten
zweckmäßig.
Abb. 2.3: Verschiedene Verläufe der Schneidkantenpräparation:
a) kontinuierlich
c) diskontinuierlich und unstetig
b) diskontinuierlich, aber stetig
d) komplex
Zusätzlich zur Schneidgeometrie und deren Größe ist der Verlauf der
Schneidkantenpräparation ein wesentliches Kriterium. Abb. 2.3 zeigt
verschiedene Verläufe von Schneidkantenverrundung. Der Verlauf bei
rundlaufenden Werkzeugen mit radial angeordneten Schneiden z. B. bei
Bohrwerkzeugen oder Stirnfräsern ist wegen der Variation der
Schneidenwinkel und der unterschiedlichen Schnittgeschwindigkeit entlang
der Hauptschneide, zu berücksichtigen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei
dem Übergang von der Hauptschneide in die Nebenschneide zu widmen.
C.J. Cortes, F. Tikal
3
Grundlagen
7
Wirkkette und Verbesserungsaspekte
Eine gezielte Schneidkantenpräparation soll Defekte der Schneidkante
beseitigen und eine definierte Kontur generieren. Die Reduzierung der
Schartigkeit, die Änderung der Mikrostrukturierung der Span- und Freifläche bewirken eine Minimierung von lokalen Spannungsspitzen und damit
eine Steigerung der Kantenfestigkeit. Dies beeinflusst die thermomechanischen Variablen der Zerspanung (Temperatur- und Spannungsfeld), die
Tribologischen- und Schmierungseigenschaften, die Spantrennung, die
Spanbildung und den Spanablauf und bildet die Basis für nachfolgende
Beschichtungen. Ebenso beeinflusst sie die Auswahl der Technologiewerte.
Abb. 2.4: Wirkkette für die Verbesserung der Leistung eines Präzisionszerpanwerkzeugs (Cortes, 2009)
Diese vorhergehenden Aspekte haben Auswirkungen auf die Stabilität der
Bearbeitung, die Randzonenbeeinflussung, die Rauheit der bearbeiteten
Werkstückoberflächen, die Genauigkeit der Bearbeitung und das Verhalten
der Beschichtung. Das Ergebnis dieser Wirkkette (Abb. 2.4), ist bei einer
guten Kantenpräparation eine deutliche Steigerung der Werkzeugstandzeit,
eine Verbesserung der Bearbeitungsqualität und die Erhöhung der Prozesssicherheit. Die beschriebene Wirkkette zeigt die Wichtigkeit der Schneidkantenpräparation im Herstellungsprozess von Präzisionswerkzeugen.
8
Einleitung und Zielsetzung
4
Definition der Schneidkantenpräparation
Die Schneidkantenpräparation und besonders die Schneidkantenverrundung
erfolgt durch einen Feinbearbeitungsprozess nach dem Schleifen bzw.
Fertigsintern wodurch konvexe Oberflächenprofile erzeugt werden. Die
Querschnitte dieser konvexen Oberflächen zeigt die Abb. 2.5. Generell hat
der Präparationsprozess die Aufgabe die Schartigkeit der Schneidkante zu
reduzieren und die Mikrostruktur der Span- und Freifläche im
Schneidkantenbereich zu verbessern. Bei der Schneidkantenpräparation sind
folgende drei Schwerpunkte zu berücksichtigen:
•
Stabilisierung der Schneidkante
•
Reduzierung der Schneidkantenschartigkeit
•
Verbesserung der Mikrostrukturierung und Oberflächenrauhigkeit
der Span- und Freifläche
Abb. 2.5: Ziele der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009)
Die Änderung der Mikrostrukturierung steht im Zusammenhang mit dem
Übergang von einer anisotropen Struktur (richtungsabhängig) zu einer leicht
anisotropen oder einer isotropen Struktur.
C.J. Cortes, F. Tikal
5
Grundlagen
9
Auswahl der Schneidkantenpräparation
Die Auswahl der günstigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation zur
Erzeugung der geforderten Merkmale (Geometrie der Kontur, Schartigkeit
und Mikrostrukturierung der Span- und Freifläche), sowie die Einhaltung
der betreffenden Toleranzen für eine spezifische Anwendung hat in Abhängigkeit der multiplen Faktoren (Abb. 2.6) zu erfolgen: Dies sind z. B. der
Anfangszustand der Kante (Größe der Mikroausbrüche, Schartigkeit, Grate,
Größe der Schäden auf der Oberflächen, Anisotropie der Mikrostrukturierung, usw.).
Abb. 2.6: Berücksichtigte Faktoren bei der Wahl der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009)
Ebenso ist der Einsatz der Werkzeuge für die verschiedenen Bearbeitungsverfahren (Drehen, Bohren, Fräsen, Hartbearbeitung, Hochgeschwindigkeitsspanen, Mikrozerspanung), die Bearbeitungsparameter (Schnittiefe,
Schnittgeschwindigkeit,
Vorschub,
Kühlschmierung,
MindestSpanungstiefe), der Werkstoff einschließlich seiner Wärmebehandlung
(Zerpanbarkeit), die Makrogeometrie (der Spanwinkel, und die Variation
der Spanwinkel im Verlauf der Schneidkante), der Schneidstoff (Eigenschaften und Zustand des Substrats (Biegebruchfestigkeit, Bruchzähigkeit,
Korngröße), und die Beschichtung (Beschichtungsarchitektur, Beschich-
10
Einleitung und Zielsetzung
tungsdicke, Haftfestigkeit) von entscheidender Bedeutung. Diese Auswahl
ist komplex und weist eine multiple Zielsetzung auf. Die Erstbestimmung
der Kantenpräparation mit ihren Merkmalen und Toleranzgrenzen fordern
umfangreiche experimentelle Versuche (Cortes, 2009).
6
Wirtschaftlichkeit
Die Anwendung einer angemessenen Schneidkantenpräparation, durch ein
geplantes, reproduzierbares und kontrollierbares Verfahren, ermöglicht die
Realisierung eines hohen wirtschaftlichen Profits im Vergleich zu den Kosten der Kantenpräparation. Abb. 2.7 zeigt die anteiligen Kosten bei der
Herstellung von Zerspanungswerkzeugen. Die Kantenpräparationskosten
betragen zwischen 10% und 14% der Herstellkosten (Friemuth, 2002).
Allgemein gilt, die Anwendung der Kantenpräparation impliziert für der
Hersteller Mehrkosten von (10-14%) aufgrund der notwendigen Maschinen
und Anlagen, Energie, Raumkosten, Fertigungslöhne, Instandhaltung und
des Verbrauchsmaterials. Für den Anwender ergibt die Kantenpräparation
ebenfalls eine Kostenerhöhung pro Werkzeug, die im Gegenzug zu einer
Erhöhung der Standzeit, Reduzierung der Neben- und Lagerkosten und zur
Erhöhung der Prozesssicherheit führt.
Abb. 2.7: Anteilige Kosten bei der Herstellung von Zerspanungswerkzeugen (Friemuth, 2002)
Hinsichtlich die Erhöhung der Standzeit zeigen Versuche in diesem Zusammenhang, die Größenordnung der Verbesserung (Denkena B, 2005)
(Biermann D, Weinert K, Felderhoff F, Mohn T, Terwey I, 2008) (Rech J,
2006). Beim Bohren wurde eine Erhöhung der Standzeit von ca. 360%
erreicht.
C.J. Cortes, F. Tikal
Grundlagen
11
In der gleichen Weise wurde für Fräsen eine Erhöhung der Standzeit um das
Vierfache gegenüber der Standzeit von Werkzeugen mit scharfer Kante
ermittelt. Beim Feindrehen lag die Erhöhung bei ca. 200% (Cortes, 2009).
Damit sind die Präparationskosten von 10 – 14% gerechtfertigt.
7
Zusammenfassung
Die Schneidkantenpräparation ist ein wesentlicher Abschnitt der
Werkzeugherstellung und auch der Werkzeugaufbereitung. Er verlangt aber
das notwendige Wissen über die vielfältigen Herstellverfahren sowie über
die notwendige zu erzeugende Geometrie für das jeweilige Werkzeug und
dessen Einsatzbedingungen.
8
Literatur
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Werkzeugherstellung als Schlüssel zu optimalen Zerspanprozessen. In: VDI-Z
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12
Mikroprozesse an der Schneidkante
Grundlagen
Mikroprozesse an der Schneidkante
S. Holsten3
Abstract:
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über wesentliche Aspekte
der
wissenschaftlichen
Forschung
zum
Thema
Kantenpräparation im Bereich spanabhebenden Formgebung.
Die mikroskopischen Eingriffsbedingungen werden dabei
genauso behandelt wie die Beanspruchungen, der Verschleiß
und Aspekte der Messtechnik
Schlagwörter:
Stand der Technik, Grundlagen
1
Allgemeines
In der Zerspanung werden unterschiedliche Schneidkantenpräparationen
eingesetzt, um die Schneidkante zu stabilisieren, Kerbverschleiß zu
reduzieren, die Oberflächenqualität zu erhöhen oder bei der
Grobbearbeitung die Schneidkante durch eine Schutzfase zu entlasten. Die
Schneidkantenarchitektur beeinflusst dabei die Ausprägung der
Deformationszonen, die Temperaturverteilung, die Eigenspannungen und
die Schnittkräfte, sodass Verschleißbeständigkeit und Oberflächenintegrität
des Bauteil maßgeblich von der Schneidkantengestaltung abhängen. (Yen,
Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004).
Abb. 3.1 zeigt unterschiedliche Aspekte der Schneidkante, die benutzt
werden können, um eine Schneidkantenpräparation vollständig zu
3
Dr. Sven Holsten, [email protected]
S. Holsten
Grundlagen
13
beschreiben. Zu nennen sind vor allem die Art und das Ausmaß der
Kantenverrundung. Daneben spielen die Oberflächentopografie sowie die
Schartigkeit des Kantenprofils eine entscheidende Rolle. Aber auch Keilund Spanwinkel tragen ihren Teil zur Wirkung der Kantenpräparation bei,
da sie festlegen, in welchem geometrischen Eingriffverhältnis der
Schneidkeil wirkt. Letztendlich bestimmt gerade das geometrische
Eingriffsverhältnis über die Schneidwirkung und Stabilität des Schneidkeils.
Abb. 3.1: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur
Günstige Schneidkantenarchitekturen beeinflussen die Leistung eines
Zerspanwerkzeugs auf zwei Weisen. Zum einen kann durch die
Kantenpräparation die Zuverlässigkeit moderner Schneidstoffe merklich
erhöht werden. Zum anderen wird das Versagen der Schneidkante
herausgezögert und somit die Standzeit merklich erhöht. Die
Werkzeugendkunden realisieren somit drastische Kostenreduzierungen und
Leistungssteigerungen. Und das unabhängig von der Frage, ob
konfektionierte Standard- oder Spezialwerkzeuge eingesetzt werden. In der
Vergangenheit hat die Kantenpräparationstechnologie mit der rasanten
Entwicklung des Schneidstoffsektors kaum mitgehalten, daher wird derzeit
im Kantensektor geforscht. Und obwohl die Fertigungsprozesse der
Werkzeugentwickler in höchstem Maß effektiv sind, bleibt ein Bedarf an
Kantensäuberung und Kantengestaltung bestehen. Dabei ist die Anwendung
der Präparationstechnologie für viele Anwender mehr Kunst als
Wissenschaft, und Gleitschleifen gilt meist als prozesssichere
14
Mikroprozesse an der Schneidkante
Fertigungsalternative, die vor allem durch die Anlagenflexibilität und das
Anwenderwissen begrenzt ist. Problematisch ist der Umstand, dass bei dem
Verfahren die Schneidenecken meist zu stark bearbeitet werden, und das
Arbeitsergebnis schwer zu steuern ist, da die Ausgangsqualität der Bauteile
sehr stark variiert. Infolgedessen sind die Streubreiten der Präparationen
groß und Kantenpräparationsprobleme stehen an der Tagesordnung
(Schaffer, Bill. 2005).
An eine ideale Schneidkantenverrundung werden eine Reihe von
Anforderungen gestellt. So müssen die präparierten Kanten
anwendungstechnischen Anforderungen (Geometrie, Variabilität) genügen,
wobei die Streuung innerhalb enger Grenzen liegen muss. Darüber hinaus
müssen unterschiedliche Eingangsbedingungen (Schartigkeit, Grat,
Abmaße) gezielt einstellbar sein. Insbesondere die Reduzierung von Graten
sowie der Schartigkeit ist eine Grundvoraussetzung, um reproduzierbare
Kantengeometrien zu erzeugen (Denkena, B. (Hg.) 2005).
Die Gestalt der Schneidkantenarchitektur hat in der Mesozerspanung
deutlichen Einfluss auf das Arbeitsergebnis. Die damit verbundenen
Zerspanvorgänge rücken derzeit in das Forschungsblickfeld, um den
Verschleiß zu minimieren, die Standzeit zu maximieren oder Mikro- /
Meso- / Nanozerspanung durchzuführen (Fang, N. 2003). Mögliche
Kantenprofile zeigt Abb. 3.2:
Abb. 3.2: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur
Die Schneidkantenpräparation besteht entweder aus einem Anfasen oder
dem Anbringen einer Verrundung an die Schneidkante. Beim Anfasen
entstehen neue scharfe Schneiden, die bei längerem Einsatz wiederum zu
S. Holsten
Grundlagen
15
Ausbrüchen führen können. Zudem entstehen höhere Kräfte bei der
Bearbeitung mit gefasten Werkzeugen als bei Verrundeten. Ein weiterer
Vorteil verrundeter Schneidkanten ist, dass bei einer Vergrößerung der
Spanungstiefe die Bearbeitungskräfte weniger steigen als bei Gefasten. Dies
ist direkt auf den wirksamen Spanwinkel an der Schneidkante
zurückzuführen. Entlang der Fase bleibt der Spanwinkel konstant negativ,
und die Schnittkräfte steigen stärker an (Denkena, et al. 2002).
Die Erforschung des Einflusses der Schneidkantengeometrie war bisher auf
den mittleren Kantenradius beschränkt. Aktuelle Erkenntnisse zeigen
jedoch, dass auch die Mikroarchitektur einen wesentlichen Einfluss auf die
Zerspankräfte und den Werkzeugverschleiß hat. Symmetrische
Kantenverrundungen stellen in der Praxis aber eher die Idealisierung dar.
Darüber hinaus zeigen asymmetrische Geometrien mitunter besseres
Einsatzverhalten. Zur Charakterisierung der Asymmetrie wurde daher ein
K-Faktor-Modell eingeführt.
Abb. 3.3: Asymmetrische Kantenprofile
Hierbei werden gerade Schneidkanten bis zum Scheitelpunkt unterstellt und
die Abweichung von dieser Idealkontur numerisch bestimmt. Der K-Faktor
stellt
in
diesem
Zusammenhang
das
Längenverhältnis
der
Spanflächenabweichung zur Freiflächenabweichung dar. Zusätzlich ist der
Abstand zwischen höchstem Kantenpunkt und idealem Schnittpunkt (Δr)
sowie die Winkellage der zugehörigen Verbindungslinie anzugeben. Ein
kleines Δr bezeichnet somit ein scharfkantiges Werkzeug, wohingegen
K > 1 ein zur Spanfläche geneigtes Profil repräsentiert. Da das vorgestellte
Modell die Spanungstiefe sowie den Anstellwinkel unberücksichtigt lässt,
sind alle Kenngrößen wechselseitig abhängig, und ihre Wirkung kann nicht
unabhängig im Zerspanprozess bewertet werden. Versuche belegen dennoch
eine Abhängigkeit der Vorschub- und Abdrängkräfte sowie eine
Unabhängigkeit der Schnittkraft vom K-Faktor (Denkena, B., Boehnke, D.,
Léon-Garcia, L. 2005).
16
2
Mikroprozesse an der Schneidkante
Präparationsverfahren
Bei der konventionellen Kantenpräparation wird die Mikrogeometrie durch
eine Prozesskette von Schleif-, Bürst-, Strahl- und Beschichtungsverfahren
erzeugt. Dabei beruhen die Prozessparameter traditionell eher auf
Erfahrungswerten, denn auf systematisch erworbenem Wissen. Die
Qualitätsüberwachung erfolgt dabei bislang nur unter Laborbedingungen.
Die Grundlagenversuche haben verfahrensabhängige Wirkungspotenziale
ergeben. Beim Bohren sind demnach Standwegssteigerungen von bis zu
30 % durch große zur Spanfläche geneigte Kantenverrundungen möglich,
während beim Drehen kleine symmetrische Radien vorteilhaft sind.
Insgesamt kann laut einer repräsentativen Umfrage im Vorfeld eines
BMBF-Projekts die Herstellzeit durch eine Optimierung der Kantenpräparationsmesskette um ein Drittel gekürzt und Kosten um 50 % gesenkt
werden. Zusätzlich erhöht sich das Leistungsvermögen der Werkzeuge um
bis zu 200 %. (Denkena, B. (Hg.) 2005)
Die eingesetzten Präparationsverfahren sind in hohem Maß voneinander
abhängig und beeinflussen sich wechselseitig. Daher ist es von großer
Bedeutung, diese Wechselwirkungen zu verstehen und technologische
Schnittstellen zwischen den Bearbeitungsschritten eindeutig und prozessabhängig zu definieren. Unter den spanenden Fertigungsverfahren besitzt
das Schleifen eine besondere Bedeutung. Aufgrund der Verfahrensvielfalt
können unterschiedlichste Geometrien, Abtragraten und Oberflächenqualitäten erzeugt werden. Geschliffene Hartmetall- und CermetSinterlegierungen weisen aufgrund der Beanspruchung normalerweise hohe
Druckeigenspannungen in der Randzone auf. Auftretende Probleme
resultieren dabei häufig aus unzureichender Kühlung. Durch thermische
Überlastung kommt es dann zu einer Schädigung der Binderphase und einer
Versprödung der Werkstoffrandzonen. Die nachfolgende Kantenpräparation
erfolgt großtechnisch überwiegend durch Strahlen oder Bürsten. (Denkena,
B. (Hg.) 2005).
S. Holsten
Grundlagen
17
Abb. 3.4: Mögliche Präparationsverfahren
Die Wahl des Präparationsverfahren richtet sich somit nach der angestrebten
Schneidkantenarchitektur, deren Wirkzusammenhänge in Abb. 3.5
zusammengefasst sind.
Die Wahl der Schleifrichtung hat dabei großen Einfluss auf die
Kantenschartigkeit, die wiederum das Verschleißverhalten beeinflusst. Beim
Strahlen der Schneidkante erfolgt der Abtrag mit Hilfe loser Abrasivkörner,
die durch Trägermedien beschleunigt und auf die Schneidkante geschleudert
werden. Durch die wiederholte Beanspruchung kleiner Teilbereiche beim
Strahlen ermüden Bereiche der Schneidkante. Zusätzlich werden
Druckeigenspannungen erzeugt. Beim Bürsten kommt dagegen
überwiegend das Umfangsbürsten zum Einsatz (Denkena, et al. 2003).
In Abhängigkeit vom gewünschten Kantenradius werden überwiegend drei
Präparationsverfahren eingesetzt. Scharfe Kanten (r < 5 µm) entstehen
demnach durch das Schleifen der Spanflächen. Mittlere Schneidkanten
18
Mikroprozesse an der Schneidkante
(5 µm < r < 20 µm) können durch Mikrostrahlen der Span- und Freiflächen
erzeugt werden. Bürsten der Schneidkanten erzeugt große Schneidradien
(r > 20 µm). Strahlen und Bürsten zeichnen sich vor allem durch ihren
geringen finanziellen Aufwand aus. Mit aufwendigen Hilfsmitteln können
Kanten auch durch Magnetfinish oder Laserstrahlen präpariert werden. Die
Radien liegen in diesem Fall im Bereich von 30 – 50 µm. Rotierende
Werkzeuge stellen eine besondere Herausforderung dar, weil diese
Werkzeuge
für
gewöhnlich
komplexe
Topografien
besitzen.
Reproduzierbare Arbeitsergebnisse sind insgesamt schwer zu erreichen,
ebenso Radien kleiner 10 µm. Gleitschleifen zielt auf diese
Anwendungsgruppe (Risse, K. 2006).
Abb. 3.5: Wirkzusammenhänge bei der Kantenpräparation
Zur Kantenverrundung kann Sandstrahlen, Bürsten oder Gleitschleifen
großtechnisch eingesetzt werden. Durch die Bearbeitung erfahren die
Werkzeuge effektiv eine Änderung der Oberflächenstruktur. Gleitschleifen
erzeugt dabei homogene zuverlässige Verrundungen, wohingegen
Sandstrahlen empfindlich auf veränderte Ausgangslagen durch Grate o. ä.
reagiert. Ebenso wirken sich Strahldüse und Strahldauer extrem auf das
Arbeitsergebnis aus. In der industriellen Fertigung ist darüber hinaus die für
den Prozess erforderliche gleichmäßige Werkzeugrotation nicht
zwangsläufig gegeben. Schließlich pflügen sich einige Aluminiumkörner
tief in die gestrahlte Oberfläche ein, was den Beschichtungsvorgang
S. Holsten
Grundlagen
19
aufgrund der lokalen Leitfähigkeitsminderung stören kann (Rech, J. et al.
2005).
2.1
Strahlen
Die Strahlverfahren haben sich für komplexe Schneidengeometrien als
geeignet erwiesen, weil vergleichsweise gleichmäßige Verrundungen erzeugt werden, und das Verfahren universell einsetzbar und flexibel ist.
Während Strahlen mit feinen Aluminiumoxid Partikeln bzw. mit
Hochdruckwasserstrahl
keine
signifikanten
Geometrieänderungen
hervorruft, bewirken größere Strahlmittel deutliche Radiuserhöhungen.
Abb. 3.6: Einfluss der Strahldüse auf das Arbeitsergebnis
Dabei ist der Abtrag an der Kante naturgemäß größer als an der
Werkzeugfläche. Die punktuelle Belastung beim Aufprall einzelner Partikel
bewirkt im Kantenbereich demnach stärkere Deformationen und
Rissinitiierungen als auf der Werkzeugfläche. Somit können im
Kantenbereich bei niedriger Belastung einzelne Karbide bzw. Korngruppen
aus dem Sintergefüge herausgeschlagen werden, während die
Werkzeugflanken unbeeinflusst bleiben. Die Abtragmenge ist abhängig von
den Werkstoffeigenschaften, dem Keilwinkel und den beim Aufschlag der
Partikel wirkenden Belastungen. Da die beschriebenen Mikroausbrüche
stochastisch verteilt auftreten, entsteht die Verrundung kontinuierlich und
folgt daher einer Zufallsverteilung (Denkena, B. (Hg.) 2005).
20
2.2
Mikroprozesse an der Schneidkante
Bürsten
Die Verrundung mit rotierenden Korund-, Diamant- oder Siliziumkarbid
belegten Bürsten hat sich für den Materialabtrag an der Schneidkante
ebenfalls als sehr leistungsfähig erwiesen. Allerdings ist die geometrische
Flexibilität der Schneidkantenformung eingeschränkt. Ein wesentlicher
Nachteil ist in diesem Zusammenhang die unzureichende Bestimmung des
Bürstenverschleißes.
Abb. 3.7: Abtragvorgang beim Bürsten
Eine enge Tolerierung der zu erzeugenden Schneidkantenverrundungen
bzw. die Prozesssteuerung ist daher erschwert. Die Bürstverfahren umfassen
eine Vielzahl von Stellgrößen. Neben dem Aufbau des Werkzeugs
(Drahtbelegung, freie Drahtlänge, Drähtezahl oder Drahtdurchmesser, form) sind technologische Parameter (Drehzahl, Eingriffstiefe,
Eingriffswinkel, Bürstdauer) zur Eingriffcharakterisierung erforderlich.
Durch die Prozessauslegung können unterschiedliche Ziele wie ein hoher
Materialabtrag oder die Gleichmäßigkeit des Arbeitsergebnisses gesteuert
werden. In der Regel liegen in der gebürsteten Fläche
Druckeigenspannungen vor. (Denkena, B. (Hg.) 2005)
2.3
Schleppschleifen
Durch Schleppschleifen können rotierende Werkzeuge gezielt verrundet
werden. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Das Verfahren scheint wegen seiner
Kinematik geeignet, reproduzierbare kleine Radien (< 10 µm) erzeugen zu
können. Die zu bearbeitenden Werkzeuge werden in der
Schleppschleifmaschine in die Satellitenträger eingespannt, die ihrerseits
mittels eines Trägerarms auf einer Kreisbahn durch den Behälter mit dem
S. Holsten
Grundlagen
21
Schleifmedium geführt werden. Das Aufprallen und Abgleiten des Mediums
an den Werkzeugen erzeugt die Schleifwirkung an den betroffenen Stellen.
Die Werkzeuge rotieren zusätzlich um die eigene Achse, was eine
gleichmäßige Behandlung aller Werkzeugbereiche gewährleistet. Infolge
wechselnder Hebelarmverhältnisse treten jedoch keine kritischen,
kinematischen Änderungen der Anströmgeschwindigkeit auf. Grobes
Schleifgranulat (> 2 mm) bewirkt eine unregelmäßige Kantenformung,
wohingegen feines Korn (< 0,1 mm) gut regelbare Verrundungen erzeugt.
Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Eintauchtiefe. Größere Eintauchtiefen
bewirken größere Radien bei konstanten Peripheriebedingungen. Die
Standweguntersuchungen zeigen, dass verrundete Kanten bei gleicher
Belastungsexposition weniger ausbrechen, was auf eine geringe
Kerbschwächung infolge der Schartigkeitseinebnung durch das
Gleitschleifen hindeutet. Der Hauptverschleiß tritt dann an der Schneidecke
auf. Standwegerhöhungen von 360 % (unbeschichtet) sind realisiert worden.
Bereits bei einer Verrundung von 4 µm tritt eine merkbare
Kantenstabilisierung auf. (Risse, K. 2006)
3
Messtechnik
Zur Messung der Kantenverrundung wird ein Sensor benötigt, der sowohl in
der Tiefe als auch lateral eine sehr hochauflösende Messung erlaubt. Um
eine Verrundung von 10 µm Radius zu vermessen wird idealerweise ein
Auflösungsvermögen von weniger als 1 µm benötigt. Dies macht optische
Sensoren zwingend erforderlich. Um günstige Messbedingungen zu
erhalten, sollte die Probe annähernd symmetrisch zum Lichtstrahl
ausgerichtet sein und günstige optische Eigenschaften besitzen. Stark
geneigte Messflächen bereiten diesbezüglich Probleme. Der Sensor sollte
darüber hinaus dynamisch reagieren, da große Reflexionsgradienten
auftreten. Taktile Messgeräte bereiten aufgrund der Tastspitzenproblematik
z. T. Probleme. Im Bereich bis etwa 30 µm ist die Streifenlichtprojektion
vorteilhaft. (Denkena, B. (Hg.) 2005)
Bei der Entwicklung neuartiger Schneidkantearchitekturen ist die
Bestimmung des mittleren Kantenradius häufig zu ungenau. Die
Charakterisierung
entsprechend
des
K-Faktormodells
ist
hier
aussagekräftiger.
Der K-Faktor ist das Verhältnis der Verlängerungen der geraden Span- und
Freiflächen und indiziert, ob eine Schneidkante zur Span- oder Freifläche
geneigt ist. Die Abflachung ist durch den Abstand zwischen idealem und
realem Schnittpunkt repräsentiert. Das auf der Streifenlichtprojektion
basierende Kantenmessgerät ermittelt die Kenngrößen automatisch und
22
Mikroprozesse an der Schneidkante
reproduzierbar. Die zusätzliche Bestimmung der Schartigkeit ist im
Wesentlichen eine Rauheitsmessung, bei der die Messposition an der
Kantenspitze liegt. Die Messung muss auf dem höchsten Punkt erfolgen.
Eine Anforderung, die mit kleineren Radien zunehmend schwerer ist. Für
den Vergleich mit Messdaten nach dem Einsatz ist eine hochgenaue
Ausrichtung der Messdaten erforderlich, die anhand der unverschlissenen
Flanken von Span- und Freifläche durchgeführt wird. (Zepke, S. 2006)
Abb. 3.8: K-Faktormodell
Die Schneidkantenabschnitte des K-Faktor-Modells besitzen einen
wesentlichen Einfluss auf den Zerspanprozess. Einerseits bestimmt der
Freiflächenabschnitt die Reibverhältnisse zwischen Werkzeug und Bauteil
(Kontaktlänge, Temperatur, Passivkräfte). Andererseits bestimmt das
Verhältnis die Verschiebung des effektiven Spanwinkels bei geringen
Spanungstiefen. Traditionell erfolgt die Kantenmessung taktil.
4
Verschleiß
In Abhängigkeit des Fertigungsverfahrens und des eingesetzten
Präparationsverfahrens
wird
unterschiedliches
Verschleißverhalten
nachgewiesen.
Scharfe
beschichtete
Werkzeugkanten
erhöhen
S. Holsten
Grundlagen
23
beispielsweise das Risiko eines vorzeitigen Werkzeugausfalls infolge der
Spannungskonzentration in der Beschichtung. (Bouzakis, K.-D. et al. 2000)
4.1
Drehen
Beim Drehen steigt der Verschleiß durch das Anbringen großer
Verrundungen schneller an. Vorschub- und Schnittkraft steigen ebenfalls
mit zunehmendem Radius an, allerdings steigt die Vorschubkraft stärker als
die Schnittkraft. Bei sehr kleinen Freiflächenverrundungen wird die Kante
jedoch
instabil.
Beste
Ergebnisse
liefert
die
sogenannte
Wasserfallverrundung, bei der die Verrundung auf der Spanfläche nahezu
doppelt so groß wie auf der Freifläche ist. Diese Werkzeuge zeigen auch die
niedrigsten Temperaturen und niedrigsten Vergleichsspannungen. Die
Verschleißform ändert sich in diesem Fall zunehmend von Freiflächen- in
Kolkverschleiß. (Denkena, B. (Hg.) 2005)
4.2
Bohren
Beim Bohren erhält man die größten Standmengen unabhängig von der
Symmetrielage bei vergleichsweise großen Verrundungen. Falls kleine
Verrundungen gewünscht sein sollten, sind zur Spanfläche verrundete
Kanten sinnvoll. Allerdings ist die Kantenverrundung beim Bohren
prinzipbedingt eher ungleichmäßig. Mit zunehmendem Kantenradius steigt
in jedem Fall die Prozesssicherheit der Verrundung. Alle bisher genannten
Verrundungsverfahren arbeiten beim Bohren eher integral und erlauben
keine gezielte, variable Gestaltung der Kantengeometrie. Meistens werden
die Verfahren nicht im Regelkreis betrieben und umfassen schwer
steuerbare Randbedingungen. Ebenso ist der Einrichtprozess z. T.
aufwändig. Alle Ergebnisse normal verrundeter Kanten zeigen
veränderliche Kantengeometrien in einem breiten Toleranzband. Eine
unkontrollierte Verrundung der Schneidenecke hat signifikanten Einfluss
auf die Werkzeugleistungsfähigkeit. (Denkena, B. (Hg.) 2005)
4.3
Fräsen
Beim Fräsen mit stärker auf der Freifläche verrundeten Werkzeugen wird
die Schneide stärker thermo-mechanisch beansprucht. Dies verursacht einen
zunehmenden Werkzeugverschleiß. Zudem sind die Werkzeuge instabiler,
so dass Ausbrüche entstehen. Ist die Kante auf der Spanflächenseite etwas
stärker verrundet, ist das Verschleißverhalten besser. (Denkena, B. (Hg.)
2005)
24
4.4
Mikroprozesse an der Schneidkante
Schneidstoffeinfluss
4.4.1
Hartmetall
Beschichtete Hartmetall-Zerspanwerkzeuge verschleißen in Abhängigkeit
der Kantenpräparation unterschiedlich. Der effektive Kantenradius setzt sich
dabei aus Kantengeometrie und Schichtdicke zusammen. Verrundete
Schneidkanten (35 µm) zeigen beim Fräsen bessere Schnittleistung mit
deutlich erhöhter Standzeit. Dabei besteht eine Wechselwirkung zur
Schnittgeschwindigkeit. Der Initialverschleiß ist wegen der größeren
Reibfläche bei dem kleinen Radius zunächst kleiner, wächst im Eingriff
aber überproportional an und überholt den großen Radius, was zu kürzeren
Standwegen führt. Das Präparationsverfahren „Sandstrahlen“ trägt im
Vergleich zum Gleitschleifen vor allem Bindermaterial aus der Oberfläche
ab, was nachhaltig das Verschleißverhalten verschlechtert. (Bouzakis, K.D., et al. 2003)
4.4.2
Schnellarbeitsstahl
Das Verschleißverhalten von HSS-Wendeschneidplatten kann beim Fräsen
durch verrundete Kanten stabilisiert werden. Insgesamt zeigen geringe
Verrundungen das beste Verschleißverhalten beim Fräsen. (Rech, J. et al.
2005) Minimale Verrundungen (5 µm) führen dagegen zum Spontanausfall.
Bei Radien im Bereich von 10 – 20 µm liegt ein lokales Optimum vor.
(Rech, J. 2006)
5
Beanspruchungen
Untersuchungen
belegen
die
weitreichende
Auswirkung
der
Kantenpräparation
auf
das
Zerspanwerkzeug
und
dessen
Leistungsvermögen. Abb. 3.9 bennent die wichtigsten Wirkzusammenhänge
sowie deren Auswirkung auf das Zerspanungssystem.
S. Holsten
Grundlagen
25
Abb. 3.9: Auswirkung der Kantenpräparation
5.1
Kräfte
Simulationen belegen, dass die Schnitt- und Vorschubkräfte mit der
Kantenverrundung ansteigen, da die Scherung infolge der Stumpfung mehr
Energie benötigt. Darüber hinaus bewirken reduzierte Scherwinkel
einerseits dickere Späne und andererseits eine Ausweitung der
Deformationszone. Zusätzlich steigt der Anteil der sogenannten Pflügarbeit.
(Yen, Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004) Erwartungsgemäß wird die
Vorschubkraft
dominant
von
der
Kantenarchitektur
(Verrundung / Schutzfase) beeinflusst, während die Schnittkraft dominant
durch die Schnittgeschwindigkeit festgelegt ist. (Özel, T., Hsu, T.K., Zeren,
E. 2005) Starke Wechselwirkungen bestehen zur Geschwindigkeit, zur
Werkstückhärte und zum Vorschub. (Özel, T., Hsu, T.K., Zeren, E. 2005)
Die Vorschubkraft wächst dabei kontinuierlich bis zum Wert der
Schnittkraft an, wenn die Spanungstiefe in die Größenordnung der
Kantenverrundung gelangt. Bei verrundeten Schutzfasen steigt die
Vorschubkraft graduell mit dem Fasenwinkel, der Fasenbreite oder
Fasenverrundung. Dementsprechend ist die Spanbildung bei scharfen
Werkzeugen am einfachsten und am effektivsten. Gleichwohl kommt es zu
einer Spannungskonzentration bei scharfen Werkzeugen, sodass der
Kerbverschleiß hier höher ist. (Shatla, M., Kerk, C., Atlan, T. 2001)
26
5.2
Mikroprozesse an der Schneidkante
Spannungen
Schneidkantenverrundungen erhöhen die Eigenspannungen in der
Bauteiloberfläche und verlagern das Maximum der hydrostatischen
Druckanteile tiefer in die Werkstückoberfläche, wobei die Dicke der
beeinflussten Zone aber unverändert bleibt. Der Abstand des sogenannten
Stagnationspunkts von der bearbeiteten Oberfläche wächst ebenfalls mit der
Schneidkantverrundung. Infolge der ebenfalls auftretenden Temperaturerhöhungen steigt bei Verrundungen auch das Risiko von
Zugeigenspannungen und ggf. von Phasenumwandlungen. Bei Cr-NiStählen ist deswegen auch das Risiko von Zugeigenspannungen infolge der
geringen Wärmeleitfähigkeit stark erhöht. (Nasr, M.-N.-A., Ng, E.-G.,
Rahman, M., Elbestawi, M.-A. 2006)
5.3
Temperatur
Die Maximaltemperatur der Scheidenspitze ist i. a. unempfindlich
gegenüber Geometrieänderungen der Schneidkante. Demgegenüber steigt
die Spanflächentemperatur nahezu linear mit dem Kantenradius. Ebenso
wachsen die lokalen Umformgrade in der sekundären Scherzone mit dem
Kantenradius, sodass an verrundeten Kanten mehr Energie dissipiert wird,
die allerdings durch die größere Kontaktfläche großflächiger verteilt ist.
Infolge dessen hängt die Temperatur parabolisch vom Kantenradius ab.
(Yen, Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004)
Vergleicht man die Temperaturverteilung von verrundeten, gefasten und
scharfen Werkzeugen, zeigt sich, dass das Temperaturmaximum unabhängig
von der Kantenpräparation stets an der Spanfläche zu finden ist. Die
Temperaturverteilung kann direkt durch die Kantenbearbeitung beeinflusst
werden, d. h. die Lage des Maximums zur Schneidkante ändert sich. Die
höchsten Temperaturen werden bei gefasten Werkzeugen gefolgt von
verrundeten und scharfen Werkzeugen festgestellt. (M’Saoubi, R.,
Chandrasekaran, H. 2004)
5.4
Besonderheiten der Mikrozerspanung
In der konventionellen Zerspanung können die Wirkmechanismen im
wesentlichen auf Schervorgänge zurückgeführt werden. In der
Mikrozerspanung versagen diese Beschreibungsmodelle jedoch vielfach. So
kann das Schermodell beispielsweise nicht das duktile, aber scherspanfreie
Spanbildungsverhalten spröder Materialien (Silikon, Glas) im Bereich der
Mikrozerspanung erschöpfend erklären. Die Formgebung entspricht in
diesem Bereich eher einem Extrusionsmodell, das mit Hilfe der
Molekulardynamik begründbar ist. Darüber hinaus kann in der
S. Holsten
Grundlagen
27
Mikrozerspanung auch der Schneidkanteneffekt (ploughing, size-effect)
nicht vernachlässigt werden. Tatsächlich sind die effektiven Spanwinkel
(unabhängig vom Nennspannwinkel) stets negativ, sobald die Spanungstiefe
kleiner als der Kantenradius ist.
γ max, eff = −
π
2
1
⎛ h⎞
+ cos −1⎜1 − ⎟
2
⎝ R⎠
(1)
Dieser negative Spanwinkel erzeugt einen der Schneidkante im Werkstück
vorlaufenden, nach unten gerichteten hydrostatischen Druckspannungszustand, der die Bruchzähigkeit erhöht und die Spanbildung bei spröden
Werkstoffen erst möglich. Liegt die Spanungstiefe jedoch unterhalb der
sogenannten Stagnationslinie treten nur noch nach unten gerichtete oder
elastische Deformationsfelder auf, d.h. es findet keine Spanbildung mehr
statt. Man spricht von „Pflügen“ (ploughing).
Bei der Mikrozerspanung schert das Material nicht entlang der Scherebene,
sondern wird nach oben extrudiert. Würde Scherung ablaufen, betrüge der
Scherwinkel φ = π 4 − ρ + γ max, eff , wobei ρ den Reibungswinkel
repräsentiert.
Abb. 3.10: Veränderung der Scherung am Schneidkeil
Dieser theoretische Scherwinkel ist in der Mikrozerspanung aber nicht
nachweisbar. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Die Höhe des Stagnationspunktes ist
abhängig von der Kantengeometrie und steigt mit Radius oder Fasenbreite.
(Rech, J. 2006) Verrundungen erzeugen mehr hydrostatische
Druckspannungen als Schutzfasen. (Keong, C., et al. 2006) Bei der
Mikrobearbeitung spröder Werkstoffe läuft die Spanbildung nur unterhalb
einer kritischen Spanungstiefe ab. Durch Ultraschall lässt sich diese Grenze
28
Mikroprozesse an der Schneidkante
nach oben verschieben, was auf eine Reduzierung der Pflügarbeit hindeutet.
(Hagedorn, M. 2006) Bei der Zerspanung spröder Materialien (Glas o.ä.)
existiert ein Übergang von sprödem zu duktilem Spangebungsverhalten,
wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Zum einen muss die Spanungstiefe
kleiner als der Schneidkantenradius sein. Zum anderen muss der
Schneidkantenradius im Nanometerbereich liegen. In diesem Größenbereich
genügt das Stoffverhalten nicht mehr der kontinuummechanischen
Betrachtungsweise der FEM, sodass molekular-dynamische Simulationen
zuverlässiger sind. So erkennt man, dass in diesem Anwendungsfall die
Vorschubkraft stets größer als die Schnittkraft ist. Darüber hinaus bewirkt
eine Vergrößerung der Spanungstiefe eine Reduktion des hydrostatischen
Drucks, wodurch sich die Hemmung der Risseinleitung reduziert.
Vergrößert sich dagegen der Schneidkantenradius, reduziert sich die
Scherspannung im Bereich der Schneidkante, bis ab einem bestimmten
Niveau keine Spanbildung mehr stattfindet und das Material spröde einreißt.
(Bouzakis, K.-D., et al. 2003) Im Bereich der Mikrozerspanung treten
prinzipbedingt nur negative (effektive) Spanwinkel auf. Dies ist
zwangläufig mit einer Steigerung der Pflügarbeit verbunden, sodass die
Spanbildung instabil und unstetig abläuft. Entscheidend ist in diesem
Zusammenhang die kritische Spanungstiefe. Diese hängt maßgeblich von
der Kantengeometrie, d.h. der Werkzeugschärfe und dem Reibkoeffizienten
zwischen Bauteil und Werkzeug ab. Beispielsweise ist die kritische
Spanungstiefe umso niedriger je höher der Reibkoeffizient ist.
Voraussetzungen für duktiles Spanen (spröder Materialien) ist demnach,
dass die Spanungstiefe kleiner als der Kantenradius ist, und dass der
Kantenradius im Nanometerbereich liegt. Der wirksame Reibwert setzt sich
aus einem adhäsiven und einem Pflügreibanteil gleichermaßen zusammen.
Der Pflügreibanteil beschreibt den Widerstand gegen das Eindringen beim
Verformen eines Körpers. Der Gesamtreibwert hängt von der
Werkzeugschärfe und den tribologischen Eigenschaften wie der
Gleitgeschwindigkeit, der Oberflächengüte und dem Kontaktgebiet bzw. der
Temperatur ab. Der Zusammenhang zwischen kritischer Spanungstiefe und
Reibwinkel lautet:
⎛
⎛ π ρμ ⎞⎞
⎟⎟
hkrit ,min = R ⋅ ⎜1 − cos⎜⎜ −
⎜
2 ⎟⎠ ⎟⎠
⎝4
⎝
(2)
wobei (Nasr, M.-N.-A., Ng, E.-G., Rahman, M., Elbestawi, M.-A. 2006)
μ=
FT
= μ adhäsiv + μ plough
FN
(3)
S. Holsten
Grundlagen
29
Duktile Spanungsvorgänge bei ursprünglich spröden Materialien wie Glas
oder Silizium sind das Resultat hydrostatischer Druck- und
Scherspannungszustände in der Deformationszone, durch welche die
Spannungsintensität der Bruchfestigkeit (KI) reduziert wird. Darüber hinaus
kann die Streckgrenze erhöht sein. Bedingungen sind Schneidradien im
Nanometermaßstab sowie Spanungstiefen unterhalb des Kantenradius. Die
kritische Spanungstiefe ergibt sich durch
h krit = R − R 2 − f
2
− 2 f 2Rh − h 2
(4)
wobei f den Vorschub und h die Spanungstiefe repräsentieren. Im duktilen
Schnitt ist die Vorschubkraft größer als die Schnittkraft. (Fang, F.G., Wu,
H., Liu, Y.-C. 2005)
Mikro- und Nanozerspanung zeichnet sich durch eine Reihe von
Besonderheiten wie abweichender Kraftverteilung, Größeneffekte,
Spanform und Oberflächenmorphologie aus. Begründungen deuten auf
nichtlinearen Energieumsatz durch plastische Verformung und
Abstumpfung der Schneide als Ursachen des Größeneffekts.
Werkzeuggeometrie (eff. Spanwinkel) bzw. Schärfe der Schneide legen den
Kraftverbrauch und die minimale Spandicke fest. Ebenso spielt die
Gefügestruktur eine Rolle. Es gibt Hinweise auf Einflüsse durch lokale
Reibkoeffizienten. Alles zusammen deutet auf eine kritische Spanungstiefe
von 0,3 × R hin. FEM Analysen zeigen, die Kaltverfestigung bewirkt höhere
Vergleichsspannungen in der Deformationszone bzw. bearbeiteten
Oberfläche sowie niedrigere Umformgrade in der primären und sekundären
Scherzone. Darüber hinaus wirken die gleichen Verschleißeinflüsse wie bei
der Makrozerspanung. Experimente zeigen, dass die Kringelung des Spans
mit der Spanungstiefe und der Geschwindigkeit steigt. Die Verformungsenergie bleibt bis zu einer Spanungsdicke von 100 nm konstant, um bei
kleinerer Dicke überproportional anzusteigen (Größeneffekt). Es muss
bemerkt werden, dass bei H / R < 1 stets negative eff. Spanwinkel entstehen
⎛r−H ⎞
⎟
⎝ r ⎠
γ = sin −1 ⎜
(5)
Der Scherwinkel wächst mit der Spanungstiefe bis zu etwa 15000 nm, um
danach wieder zu fallen Dabei liegt eine Wechselwirkung mit der
30
Mikroprozesse an der Schneidkante
Schnittgeschwindigkeit
Reibungskoeffizient
μ=
Ft + Fc ⋅ tan(γ )
Fc − Ft ⋅ tan(γ )
vor.
Es
kann
gezeigt
werden,
dass
der
(6)
ebenfalls nicht linear mit der Spanungsdicke ansteigt. (Reibungs-GrößenEffekt). Die Rauhigkeit steigt an, wenn h < R, was auf den Seitwärtsfluss
beim Mikropflügen zurückgeführt werden kann (Fang, N. 2003).
S. Holsten
6
Grundlagen
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34
Bürsten
Präparationsverfahren
Bürsten
Stefan Gerber4, Jochen Wagner5
Abstract:
Die Schneidkantenpräparation mittels Bürsten ist ein bewährtes
Verfahren zur Bearbeitung der Mikrogeometrie von
Schneidkanten. Mit der vorgestellten Bürst-Poliertechnologie
der Firma Gerber lassen sich kostengünstige Mikrogeometrien
mit definierten Radiengrößen von 0,005 bis 0,15 mm fertigen.
Gleichzeitig wird eine Verringerung der Rauhigkeit und
Schartigkeit der Schneide durch den Poliervorgang erzielt. Das
Verfahren eignet sich für alle Seriengrößen und ist bei vielen
Werkzeugherstellern weltweit im Einsatz.
Schlagwörter:
Bürsten, Mikrobearbeitung
1
Prinzip
Lässt man eine Bürste, die mit Poliermittel bestrichen oder aus Borsten
besteht in die das Poliermittel eingearbeitet ist, längere Zeit über ein
scharfkantiges Metallstück gleiten, so stellt man fest, dass die Kanten
verrundet wurden. Dabei hat die Aussenform des Metallstückes rund,
4
5
René Gerber AG, CH-3250 Lyss. E-mail:[email protected]
MAW Werkzeugmaschinen GmbH, D-71069 Sindelfingen. E-mail: [email protected]
S. Gerber, J. Wagner
quadratisch, dreieckig
Arbeitsergebniss.
Präparationsverfahren
oder
gewellt,
keinen
Einfluss
35
auf
das
Eine regelmässige und reproduzierbare Kantenverrundung ist nur mit einer
klar definierten Technik möglich.
Abb. 4.1: Die Gleitbewegung der Bürste auf der Kante erzeugt eine
Verrundung
1.1
Parameter, welche die Größe der Kantenverrundung beeinflussen
Die folgenden Parameter beeinflussen die Grösse der Verrundung:
Bürstendrehzahl, Bürstdauer, Zustelltiefe, Borstentyp, Borstendichte und
das Poliermittel. (vergl. Tabelle 4.1)
36
Bürsten
Tabelle 4.1: Systematischer Versuchsplan Bürstbearbeitung 6
1.2
Parametereinfluss auf die Form der Kantenverrundung
Die Form der Verrundung wird durch die folgenden Parameter beeinflusst:
Zustelltiefe, Winkel zwischen Bürstrichtung und Kante, Bürstendrehzahl,
Bürstzeit und der Borstentyp.
Dabei werden grundsätzlich drei Formen unterschieden: „Wasserfall“,
„exakter Radius“ und „Trompetenform“.
Abb. 4.2: Radienformen (v.l.: Wasserfall, exakter Radius, Trompete);
S = Spanfläche; F = Freifläche
6
Schneidkantenpräparation, Prof. Dr. Tikal, M.Sc. C. Cortes, Universität Kassel 2007
S. Gerber, J. Wagner
1.3
Präparationsverfahren
37
Reproduzierbarkeit der Kantenverrundung
These:
Mit der gleichen Bürste,
den gleichen Maschineneinstellungen
sowie dem gleichen Poliermittel wird man
auf gleichen Werkzeugen
immer auch das gleiche Ergebnis erzielen
Ein Untersuchungsbericht zur definierten Schneidkantenverrundung an
VHM-Spiralbohrern, welcher am Werkzeug-Forschungsinstitut GFE in
Schmalkalden erstellt wurde, bestätigt diese These. Dort haben die
Bürstversuche gezeigt, dass es durch das Verfahren Bürsten möglich ist, in
Abhängigkeit vom geschliffenen Ausgangszustand der Bohrer, eine
definierte Kantenverrundung reproduzierbar herzustellen.7
2
Maschinen
Die GERBER Bürst-Poliertechnologie hat dank ihrer Vorteile Einzug bei
nahezu allen großen und mittleren Werkzeugherstellern gefunden. Die
Vorteile der Technologie liegen in der einfachen Beherrschbarkeit des
Bürstprozesesses mit Genauigkeit im µ-Bereich, den geringen Investitionsund Prozesskosten sowie der Umweltfreundlichkeit. Für das Entgraten, das
Anbringen definierter Schneidkantenverrundungen und das Polieren von
Schneidwerkzeugen hat GERBER unterschiedliche Maschinenkonzepte
realisiert. Allen Lösungen ist gemeinsam, dass eine oben angeodnete
Tellerbürste die Schneidkanten bestreicht.
2.1
Oszillationstisch
Für Werkzeuge bei denen die Schneidkanten in einer Ebene liegen (oder
nahezu in einer Ebene), eignet sich ein Oszillationstisch. Die
7
GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V., Untersuchungsbericht zur definierten Kantenverrundung von VHM-Spiralbohrern, Dipl.-Ing. Petra Preiß, Juli 2006
38
Bürsten
Rotationsbewegung des Werkzeugträgers gewährleistet eine gleichmäßige
Verrundung an der gesamten Außenkontur der Schneide. Die
Oszillationsbewegung des Tisches sorgt dafür, dass sich die Bürste über die
ganze Standzeit plan abnutzt. Durch wechselnde Drehrichtungen der Bürste,
wird ein Verlust der Borstenspannkraft vermieden.
Typische
Anwendungen:
Verrunden von
Wendeschneidplatten,
Schneidstempel und
Matrizen, BohrerStirnschneiden
Abb. 4.3: Oszillationstisch
2.2
Planetenpoliertisch
Der Planetenpoliertisch eignet sich für die gleichen Anwendungsfälle wie
der Oszillationstisch, ist jedoch für größere Stückzahlen konzipiert.
Die Werkzeugträger führen, in Bezug zur Bürste, eine Oszillationsbewegung aus, da Tisch- und Bürstenachse zueinander versetzt sind
Bei dieser Anordnung nutzt sich die Bürste plan ab.
S. Gerber, J. Wagner
Präparationsverfahren
39
Abb. 4.4: Planetenpoliertisch
2.3
Revolvertisch
Für rotationssymmetrische Werkzeuge, welche am Aussendurchmesser
bearbeitet werden sollen, wird ein Revolvertisch eingesetzt. Die Achse des
Revolvertisches lässt sich in Bezug zur Bürstenachse verstellen, so dass das
Werkzeug bezüglich der Bürste leicht oszilliert.
40
Bürsten
Typische Anwendungen für Gewindebohrer,
Bohrer, Schaftfräser
Abb. 4.5: Revolvertisch
2.4
Schwenkspindel
Die Schwenkspindel wird grundsätzlich auf dem Oszillationstisch
aufgebaut. Sie hat im Vergleich zum Revolvertisch zwei Freiheitsgrade
mehr. Sie ist horizontal im Bereich von –90° bis 90° und vertikal von 0° bis
90° schwenkbar.
Typische Anwendungen für Kugelfräser,
Werkzeuge mit großem
Drallwinkel, Einzelwerkzeuge.
Abb. 4.6: Schwenkspindel
S. Gerber, J. Wagner
2.5
Präparationsverfahren
41
Bürst-Poliermaschine „BP-Smart“
Die BP-Smart ist mit dem
Oszillationstisch
(Abb.
4.3)
ausgerüstet. Als Option kann
sie
zusätzlich
mit
der
Schwenkspindel (Abb. 4.6)
bestückt werden.
Die BP-Smart eignet sich auf
Grund
ihrer
Flexibilität
hervorragend für kleine Serien
oder
für
Forschung
und
Entwicklung.
Abb. 4.7: Bürstmaschine BP-Smart
42
2.6
Bürsten
Bürst-Poliermaschine „BP-MX“
Die
BP-MX
ist
modular
aufgebaut und mit einer Vielzahl
und
ständig
erweiterbaren
Optionen erhältlich:
•
•
•
•
•
Abb. 4.8: Bürstmaschine BP-MX
•
•
•
3
Peripherie
3.1
Reinigung
Planetenpoliertisch
(Abb. 4.4)
Revolvertische (Abb.
4.5)
Planeten- und
Revolver-tische in
abgewandelter
Form, z.B.
schwenkbar
luftgekühlter
Arbeitsbereich
flüssigkeitsgekühlter
Arbeitsbereich
automatische
Zustelltiefe
automatische
Pastenzuführung
Tischarretierung für
automatische
Beschickung
Je nachdem, ob mit Bürsten und Polierpasten oder mit Polierkörnern
durchsetzten Bürsten gearbeitet wird, müssen unterschiedliche
Reinigungsverfahren angewendet werden.
Nach der Bearbeitung mit Pasten kommen die Werkstücke leicht fettig aus
der Maschine. Mit einem mehrstufigen Ultraschall-Reinigungsbad und
S. Gerber, J. Wagner
Präparationsverfahren
43
entsprechenden Reinigungszusätzen sind die Pasten und Materialabriebe
problemlos zu entfernen.
Wenn ohne Pasten, d.h. mit Polierkörnern durchsetzten Borsten verrundet
wird, genügt zur Reinigung in der Regel ein wässriges Reinigungsbad.
3.2
Vermessung der Schneidkante
Als Peripherie-Gerät zu den Kantenverrundungsmaschinen hat GERBER
ein Werkstatt taugliches taktiles Präzisionsmessgerät entwickelt. Anhand
der Messergebnisse lassen sich die Parameter der Maschine unmittelbar
anpassen.
Abb. 4.9: Das Konturenmessgerät “Novagraph” tastet die Schneidkante mechanisch ab.
44
Bürsten
Abb. 4.10: Die eingelesene Messkurve wird auf einem Bildschirm
sichtbar gemacht
4
Anwendungen
4.1
Wendeschneidplatten
Für Wendeschneidplatten aus Hartmetall, CBN, PKD und Keramik. kommt
der Oszillationstisch (Abb. 4.3) oder der Planetentisch (Abb. 4.4) zur
Anwendung.
Abb. 4.11: Wendeschneidplatten
S. Gerber, J. Wagner
4.2
Präparationsverfahren
45
Bohrer
Mit dem Verfahren werden primär die Stirnschneiden von VHM-Spiral- und
Einlippen-Tieflochbohrern verrundet sowie die von HSS-Spiralbohrern
entgratet. Diese Aufgabe wird mit dem Gerber Bürstverfahren sehr effizient
gelöst. Die Bohrerspanntrommel (Abb. 4.12) wird dabei auf dem
Oszillationstisch (Abb. 4.3) oder bei größeren Stückzahlen auf dem
Planetenpoliertisch (Abb. 4.4) aufgenommen. Die Schneidecken müssen
beim GERBER Verfahren nicht gesondert geschützt werden.
Abb. 4.12: Bohrerspanntrommel
4.3
VHM-Schaftfräser
VHM-Schaftfräser werden in der Schwenkspindel oder dem Revolvertisch
gespannt. Die Verrundung der Umfangsschneiden lässt sich mit einem
Revolvertisch realisieren.
46
Bürsten
Abb. 4.13: Einsatz der Gerber MB-M Combi zur Bearbeitung von
Schaftfräsern
4.4
Gewindebohrer
Verrunden von VHM- sowie Entgraten von HSS-Gewindebohrern aufgespannt auf einem Revolvertisch
S. Gerber, J. Wagner
Präparationsverfahren
47
Abb. 4.14: Revolvertisch
4.5
Sägezähne
Bei der Bearbeitung von Sägezähnen erfolgt eine Verrundung der Schneidzähne aus HSS, Bimetall oder Vollhartmetall.
4.6
Schneidstempel und Matrizen
Schneidstempel und Matrizen aus Werkzeugstahl und Hartmetall werden
auf dem Oszillationstisch (Abb. 4.3) verrundet
48
Bürsten
Abb. 4.15: HM-Stempel + Matrize
5
Ergebnisse
5.1
Radien
Jüngste Forschungsergebnisse belegen, dass es mit der GERBER Bürsttechnologie möglich ist, eine definierte und reproduzierbare Schneidkantenverrundung an Werkzeugschneiden zu fertigen. Die erzielbare Radiengröße
liegt im Bereich 0,005 < r < 0,15 mm. Abb. 4.16 zeigt die Veränderung der
Schneidkante in Abhängigkeit zur Bürstzeit am Beispiel einer HSS-Matrize.
S. Gerber, J. Wagner
Präparationsverfahren
49
Abb. 4.16: Einfluss der Bürstzeit auf die Radiusänderung8
5.2
Oberflächenverbesserung
Durch den Bürstvorgang wird die von der Bürste bestrichene Fläche poliert
und kann dadurch zu einem verbesserten Spanfluss führen. Wie die nachfolgende Grafik9 zeigt, wird gleichzeitig die Schartigkeit der Schneide Rt reduziert.
8
Manufacturing Tool-Coating-Compatible Stamping and Fine Blanking Tool Surfaces, Prof. Dr.-Ing.
Dr.-Ing. E.h. F. Klocke, Dr.-Ing. C. Zeppenfeld, Dipl.-Ing. P. Mattfeld, Dipl.-Ing. M. Zimmermann,
Laboratory for Machine Tools and Production Engineering, RWTH Aachen University, 2008
9
GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V., Untersuchungsbericht zur definierten Kantenverrundung von VHM-Spiralbohrern, Dipl.-Ing. Petra Preiß, Juli 2006
50
Bürsten
Abb. 4.17: Oberflächenverbesserung durch Bürsten
5.3
Standzeitverbesserung
Bürstversuche an der Universität Kassel belegen, dass durch die Schneidkantenpräparation mit Gerber Bürst-Poliertechnologie eine signifikante
Standzeitverbesserung der Werkzeuge erzielt wird.
S. Gerber, J. Wagner
Präparationsverfahren
51
Diagramm 4.1: Verschleißtest10
6
Grenzen
Mit der GERBER Bürst-Poliertechnologie lassen sich generell alle zugänglichen Schneidkanten verrunden. Auf Grund der Prozesskinematik liegen
die Einsatzgrenzen beim Verrunden von Stufenbohrern bei den unteren
Stufen oder beim Polieren der Spiralnut von Bohrwerkzeugen.
10
Cutting-Edge Preparation with the BP-Smart Machine, Prof. Dr. Tikal, M.Sc. C. Cortes, Universität
Kassel, Jan. 2008
52
7
Bürsten
Literatur
Mattfeld, P.; Zimmermann, M. (2008) Laboratory for Machine Tools and
Production Engineering, RWTH Aachen University
W. Thiel
Präparationsverfahren
53
Päparationsverfahren
Magnetfinishing
Dr.rer.nat. Wolfgang Thiel11
Abstract:
Mit dem Magnetfinish-Verfahren ist es möglich, die
Schneidkanten von Werkzeugen gezielt und reproduzierbar zu
bearbeiten. Ebenso gelingt es durch Polierung der Span- und
Freiflächen, die Reibung und die Adhäsion zwischen Werkzeug
und Werkstoff wirksam zu vermindern. Das erschließt
Potentiale für Standwegverlängerungen bzw. leistungsfähigere
Schnittparameter. Das Verfahren kann sowohl als Vorbereitung
einer Beschichtung, als auch zur Nachbehandlung eingesetzt
werden.
Die
industriellen
Anwendungen
des
Magnetfinishverfahrens zeichnen sich durch kürzeste
Prozesszeiten und komplette Automatisierung aus.
Schlagwörter:
Magnetfinish, Kantenverrundung, Schneidkantenpräparation,
Polieren, Reproduzierbarkeit, Automatisierung
11
Dr.rer.nat. Wolfgang Thiel Magnetfinish GmbH, CH 6370 Oberdorf NW, [email protected]
54
1
Magnetfinishing
Verfahrensprinzip
Das Magnetfinishverfahren zeichnet sich durch seine Universalität aus.
Neben der Schneidkantenverrundung ist eine vorgängige Feinentgratung
und eine nachgängige Politur der Span- und Freiflächen möglich. Letzteres
sowohl vor, als auch nach dem Beschichten. Diese Vielseitigkeit liegt im
Verfahrensprinzip begründet, das hier näher vorgestellt werden soll.
Abb. 5.1: Arbeitsprinzip für Schaftwerkzeuge
Das Magnetfinishverfahren arbeitet mit zwei speziellen Komponenten:
a) einem rotierenden Magnetfelderzeuger und
b) einem mitbewegtem magnetabrasiven Pulver
Der Magnetfelderzeuger ist rotationssymetrisch aus einem Array von Permantmagneten aufgebaut. Das Korn des magnetabrasiven Pulvers besteht
aus einem Gitter mit abrasiven und magnetischen Bestandteilen, welche fest
miteinander verbunden sind. Die magnetischen Bestandteile haben die
Funktion, das Pulverkorn im Magnetfeld zu halten, während die abrasiven
W. Thiel
Präparationsverfahren
55
Komponenten die Schneidfunktion bei der Relativbewegung zwischen dem
Pulverkorn und der zu behandelnden Oberfläche übernehmen.
Zur Bearbeitung von Schneidwerkzeugen wird der Magnetfelderzeuger als
zylindrischer Körper (Magnetkopf) ausgeführt. Die Außenflächen des Zylinders sind durch einen Mantel aus einem unmagnetischen Stoff z.B. Aluminium umgeben, so dass die magnetischen Feldlinien nur an der inneren
Flachseite des Zylinders austreten. Auf dieser Fläche haftet das permantmagnetische Pulver in einer Schichtdicke von 5-7mm. Zu dieser Fläche wird
die zu bearbeitende Werkzeugoberfläche in einen definierten Abstand gebracht, so dass der Spalt zwischen Magnetfläche und Werkzeugoberfläche
vollständig mit magnetabrasivem Pulver gefüllt ist.
Bei Rotation des Magnetkopfes entsteht eine Relativbewegung des Pulvers
zur Werkstückoberfläche. Diese ermöglicht die gewünschte abrasive Bearbeitung. Durch den Einsatz von Permanentmagneten wird eine besonders
intensive Pulverhaftung erzielt, die einen hohen Arbeitsdruck des Pulvers
auf die zu bearbeitende Oberfläche ermöglicht. Die magnetische Haftung
des Pulvers erlaubt zudem eine extrem hohe Bahngeschwindigkeit der
Pulverkörner relativ zur behandelten Oberfläche, die um den Faktor 5 größer ist als z.B. beim Schleppschleifen. So werden Prozesszeiten im einstelligen Sekundenbereich erzielt.
2
Technische Realisierung
2.1
Kinematische Abläufe
Nur einer der beiden Magnetköpfe, der s.g. Arbeitskopf (in Abb. 5.1 der
obere), leistet die Polierarbeit. Der zweite, schwächere Magnetkopf dient
der Verteilung des magnetabrasiven Pulvers. Er wird deshalb nur mit 10%
der Drehzahl des Arbeitskopfes angetrieben. Das zu bearbeitende Schaftwerkzeug wird symmetrisch zwischen den beiden Magnetköpfen positioniert. Seine Drehung dient lediglich der gleichmäßigen Bearbeitung des
Werkzeugumfanges und leistet keinen eigenen Beitrag zur Polierarbeit.
Das magnetabrasive Pulver wird über die gesamte Länge des Werkzeuges
gleichmäßig auf dessen Oberflächen gepresst (Abb. 5.2). So wird im Gegensatz zu allen Verfahren mit abrasivem Schüttgut eine konstante Bearbeitungsqualität von der Spitze des Werkzeuges bis zum Schaft erzielt.
56
Magnetfinishing
Abb. 5.2: Gleichmäßiger Bearbeitungsdruck über die Länge des
Werkzeuges
Durch die Steuerbarkeit der Eintauchposition des Werkzeuges gelingt mit
dem Magnetfinishverfahren eine nahezu vollständige Separierung der zwei
Aufgabenklassen:
a) Spannutpolierung und
b) Kantenpräparation.
Abb. 5.3: Selektive Auswahl der Bearbeitung
W. Thiel
Präparationsverfahren
57
Abb. 5.3 zeigt für die jeweilige Aufgabe die Einstellung der zwei kinematischen Prozessparameter, Drehrichtung des Arbeitskopfes und Eintauchposition. In der Variante links läuft das magnetabrasive Pulver durch die Spannut. In der Variante rechts gegen die Schneidkante.
Eine besondere Bedeutung kommt der Spannutpolierung bei Tieflochbohrern zu. Diese müssen auf ihrer gesamten Spannutlänge die entstehenden
Späne schnell und reibungsarm abtransportieren. Adhäsion zwischen Span
und Spannut kann schnell zum Versiegen des Spantransportes und in der
Folge zum Bruch des Tieflochbohrers führen. Insbesondere beim Bohren
von Stoffen großer Zähigkeit wie Aluminium und Titan ist eine Spannutpolierung für den High Speed Cutting Einsatz des Tieflochbohrers unabdingbar. Die über die Länge gleichmäßige Politur der Spannut von Tieflochbohrern ist eine besondere Herausforderung. Das Gleiche gilt für die Schneidkantenverrundung von Schaftfräsern, wenn deren axiale Erstreckung größer
als der Radius der Magnetköpfe ist und der Verrundungsradius konstant
über die gesamte Funktionslänge anzubringen ist. Das Magnetfinish Verfahren ist in der Lage, derartigen Herausforderungen mit einer speziellen Kinematik zu begegnen.
Abb. 5.4: Arbeitsprinzip für Tieflochbohrer
58
Magnetfinishing
Dabei wird das Werkzeug kontinuierlich zwischen den beiden Magnetköpfen hindurchgezogen. Die Vorschubgeschwindigkeit dieser linearen Bewegung wird von der gewünschten Intensität der Bearbeitung gesteuert. Ein
Limit für die Länge des zu bearbeitenden Werkzeuges existiert bei dieser
Methode nicht. In der Praxis wurden Werkzeuge bis 30xD erfolgreich bearbeitet.
Die hier beschriebenen kinematischen Abläufe prädestinieren das Magnetfinish Verfahren für die Bearbeitung unterschiedlichster schneidender Werkzeuge. Im folgenden Kapitel wird die maschinentechnische Realisierung
gezeigt.
2.2
Maschineller Aufbau
Abb. 5.5 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Magnetfinish-Prozessmoduls.
Die beiden Magnetköpfe 1 und 2 werden von Getriebemotoren angetrieben.
Beide Einheiten sind auf den Schlitten einer Doppelführung montiert. Über
diese wird der Abstand der Magnetköpfe an den Werkzeugdurchmesser
adaptiert. Der Arbeitskopf und das ihm anhaftende Prozesspulver werden
ständig mit einer Flüssigkeit gespült. Das befreit das Prozesspulver von den
abgetragenen Materialbestandteilen (Mikrospänen) und steigert seine Standzeit. Gleichzeitig verhindert die Spülung eine Erwärmung der Werkzeuge.
Abb. 5.5: Magnetfinish-Prozessmodul
W. Thiel
Präparationsverfahren
59
Dieses Prozessmodul ist die Basis für den Aufbau verschiedener anwendungsspezifischer Maschinenkonstruktionen nach dem Baukastenprizip.
Abb. 4.6 zeigt als Beispiel den Aufbau einer Magnetfinish-Maschine zur
Bearbeitung von Kreissägeblättern.
Abb. 5.6: Vielfalt der Anwendungen durch das Baukastenprinzip
Pos. Nr.
Benennung
Beschreibung
1
Sub-Modul 1
Station zur Bearbeitung von Zahnflanken
2
Sub-Modul 2
Station zur Kantenverrundung
3
Sub-Modul 3
Sägeblattantriebsstation
4
Spülsystem
5
Pulvernachfüllgerät (automatisch)
6
Pulververteiler
(automatisch)
Tabelle 5.1: Bezeichnung des Baukastenprinzips
60
Magnetfinishing
Die Intensität der Bearbeitung der Zahnflanken wird durch die Achsverstellung am Sub-Modul 1 in Richtung y eingestellt. Bei der Kantenverrundung
wird die Bearbeitungsintensität durch die x-Achse des Sub-Modul 2 eingestellt. Die Adaption an unterschiedliche Durchmesser erfolgt im Zusammenwirken der x-Achse des Sub-Moduls°1 mit der x-Achse des SubModuls°2.
2.3
Prozesssteuerung
Die Reproduzierbarkeit der Bearbeitungsergebnisse hängt wie bei jedem
abrasiven Prozess von den Langzeiteigenschaften des Abrasivmediums ab.
Beim Magnetfinish Verfahren gibt es zwei ständig wirkende Teilprozesse
mit denen diese Abrasivwirkung konstant gehalten wird:
a) Pulvernachdosierung
Das Korn des Prozesspulver verschleißt durch Kontakt mit dem zu
bearbeitenden Material, aber auch durch Reibung mit seinen Nachbarn. Wird eine bestimmte geometrische Korngröße unterschritten,
wird das Korn nicht mehr im Magnetfeld gehalten und durch das
ständig fließende Spülmittel abtransportiert. Dieser Verlust wird automatisch gemessen und durch eine Dosiereinrichtung mit frischem
Prozesspulver ausgeglichen. Durch diesen permanent wirkenden
Kompensationsmechanismus bleibt die Verteilung zwischen älterem
und neuerem Prozesspulver zeitlich konstant und so auch dessen
Abrasivwirkung.
b) Pulververteilung
Die Pulverschicht weist plastische Eigenschaften auf. Das zu bearbeitende Werkzeug hinterlässt deshalb im Prozesspulver Bearbeitungsspuren. Damit jedes neue zu bearbeitende Werkzeug die gleichen Bedingungen vorfindet, wird zwischen zwei Bearbeitungen automatisch eine Neuverteilung des Prozesspulvers vorgenommen. Dazu fahren die beiden Magnetköpfe für eine kurzen Moment auf eine
Distanz, in welcher die beiden Magnetfelder sich überlagern. Durch
unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten findet ein Austausch
von Prozesspulver zwischen den Magnetköpfen statt. Außerdem
wird das Prozesspulver auf jedem der Magnetköpfe gleichmäßig verteilt.
Die konstant gehaltene Abrasivität des Prozesspulvers ist die Voraussetzung
dafür, dass mit den gleichen kinematischen Parametern und der gleichen
angewandten Bearbeitungszeit auch stets die gleichen Ergebnisse erzielt
W. Thiel
Präparationsverfahren
61
werden. Kinematische Parameter und Bearbeitungszeit werden unter einer
frei wählbaren Werkzeugbezeichnung in einer Datenbank hinterlegt.
Abb. 5.7: Datenbank mit Werkzeugdaten und Prozessdaten
Jeder Werkzeugtyp wird über einen Datensatz definiert. Er besteht aus den
das Werkzeug beschreibenden Daten und den Prozessparametern. Bei Neuanlage eines Werkzeugtyps werden die Daten im Editiermodus eingegeben.
Automatisch wird ein Vorschlag für die drei Prozessparameter, Pulversorte,
Eintauchposition und Prozesszeit, erzeugt. Im Produktionsmodus müssen
lediglich die Datensätze über ihre Namen bzw. Artikelnummern identifiziert
und in die CNC-Steuerung geladen werden.
2.4
Automatisierung
Aufgrund des kompakten Aufbaues der Komponenten und der konstanten
Abrasivwirkung des Prozesspulvers bietet das Magnetfinish Verfahren beste
Voraussetzungen zur Automatisierung. Prinzipiell zu unterscheiden sind
Maschinen, welche die Werkzeuge mit NC-Achsen führen und solche, die
62
Magnetfinishing
hierfür einen Roboter einsetzen. Beiden gemeinsam ist das Greifen der
Werkzeuge an ihrem Schaft mittels 3-Backengreifer aus einem Werkzeugmagazin und das Führen in den eigentlichen Prozessraum zwischen die
beiden rotierenden Magnetköpfe. Zwischen den Magnetköpfen können
verschiedene vorprogrammierte Positionen eingenommen werden, um die
gewünschten Wirkungen zu erzielen.
Im Allgemeinen wird nur 1 Werkzeug in den Prozessraum eingeführt. Aufgrund der kurzen Bearbeitungszeiten (im Mittel 10-20s) sind dennoch hohe
Durchsätze zu erzielen. Durch die Einzelbearbeitung ist es aber möglich, die
Prozessparameter exakt an Geometrie und Bearbeitungsziel jedes Werkzeugtyps anzupassen und somit ein stets optimales und reproduzierbares
Ergebnis zu erhalten. Im mannlosen Betrieb gelingt damit die vollautomatische Bearbeitung unterschiedlichster Aufgaben, von der Polierung eines
beschichteten 30xD-Tieflochbohrers bis zur Kantenverrundung eines 12mm
Schaftfräsers in einem Durchgang. Dieser automatische Mischbetrieb prädestiniert das Verfahren vor allem für die effiziente Bearbeitung kleiner
Losgrößen bis herunter zu n=1.
Abb. 5.8 zeigt eine Magnetfinish Maschine für die automatische Bearbeitung von 120 Werkzeugen im Mischbetrieb. Die Maschine arbeitet mit zwei
voneinander unabhängigen Werkzeugmagazinen. Das ermöglicht Be- und
Entladung des einen Magazins, während die Werkzeuge des anderen Magazins bearbeitet werden. Nebenzeiten für das Be- und Entladen der Werkzeuge entfallen somit. Optional kann die Maschine so programmiert werden,
dass die Werkzeuge nach ihrer Bearbeitung noch in ihrer Einspannung
entmagnetisiert und im Ultraschallbad gereinigt werden.
W. Thiel
Präparationsverfahren
63
Abb. 5.8: Automatische Magnetfinishmaschine mit Roboterführung
des Werkzeuges
Der geringe Raumbedarf und die Automatisierung der Abläufe ermöglichen
auch die Integration des Magnetfinish Verfahrens in bestehende oder angepasste Bearbeitungsmaschinen.
64
Magnetfinishing
Abb. 5.9: Implementierung des Verfahrens in eine Werkzeugschleifmaschine
Abb. 5.9 zeigt die Einbindung des Magnetfinish Verfahrens in eine Werkzeugschleifmaschine. Dabei kommt eine den räumlichen Gegebenheiten
angepasste Bearbeitungseinheit, bestehend aus zwei angetriebenen Magnetköpfen, zum Einsatz. Diese Einheit wird im Wechselmagazin für Schleifscheiben gelagert. Nach der Geometrieerstellung des Werkzeugs mittels
herkömmlicher Schleifscheiben wird diese Einheit automatisch eingewechselt, um die Schneidkanten zu präparieren. Das zu behandelnde Werkzeug
verbleibt dabei in seiner Einspannung.
3
Anwendungen und Ergebnisse
3.1
Feinstentgratung
Grate an den Schneidkanten, hervorgerufen vom Schleifprozess, müssen
beseitigt werden. Gratbehaftete Schneidkanten neigen beim Ersteinsatz des
Werkzeuges zu Kantenausbrüchen und in der Folge zu beschädigten Oberflächen bzw. vorzeitigem Werkzeugausfall. Das Magnetfinishverfahren ist
geeignet, derartige Schleifgrate zu entfernen, weil es bei Wahl der entsprechenden Prozessparameter die an der Schneidkante überstehenden Grate
abbricht, ohne dabei die Frei- und Spanfläche zu stark in Mitleidenschaft zu
ziehen.
W. Thiel
Präparationsverfahren
65
Abb. 5.10: HSS-Gewindebohrer M6, 2. Zahn; 80-fach vergrößert
nach Schleifen: schartig u. grat- 15s Magnetfinishing: Schartigkeit
haltig
u. Grat beseitigt, Politur der
Schleifriefen
Abb. 5.10 zeigt das Ergebnis einer Entgratung, bei der gleichzeitig die
Schartigkeit, die ebenfalls vom Schleifprozess herrührte, deutlich reduziert
werden konnte. Die Feinstentgratung von Schneidkanten mit dem Magnetfinishverfahren geht bei länger gewählter Prozesszeit in eine Verrundung der
Schneidkante im einstelligen Mikrometerbereich über.
3.2
Schneidkantenverrundung
Neuere Forschungsergebnisse (Denkena, Kramer, et al., 2007) zeigen, dass
durch eine anwendungsorientierte Kantenpräparation relevante Standwegerhöhungen bis zum Faktor vier und darüber hinaus realisierbar sind. Mit dem
Magnetfinishverfahren ist es möglich, auch die Schneidkanten von Mikrowerkzeugen gezielt zu präparieren. Abb. 5.11 zeigt die umlaufende gleichmäßige Verrundung der Schneidkante eines 1mm Kugelfräsers. Neben der
Schneidkantenverundung wurde auch eine Politur der Span- und Freiflächen
erzielt, was die Oberflächenrauhigkeit und damit das Eindrehmoment wesentlich verbesserte.
66
Magnetfinishing
Abb. 5.11: VHM-Kugelfräser D = 1,0 mm; 60-fach vergrößert
Vor MF-Bearbeitung:
Kanten
scharfe Nach 20s Bearbeitung: gleichmäßige
Kantenverrundung,
R=5 µm
Bei der Schneidkantenverrundung kommt dem Magnetfinishverfahren die
Feinkörnigkeit seines Prozesspulvers zu Gute (wählbar zwischen 40 und
250 µm). Dadurch wird neben der erzielten Verrundung auch die Schartigkeit der Schneidkante eliminiert. Dieser Effekt stabilisiert die Schneidkante
und minimiert Mikroausbrüche beim Ersteinsatz des Werkzeuges. Bei einer
nachfolgenden Beschichtung werden durch Kantenpräparation Eigenspannungen der Beschichtung besser verteilt und dadurch die Schichthaftung
erhöht (Morstein 2008).
Die erreichbaren Standwegverlängerungen differieren mit dem zu spanenden Material. Oftmals erbringt eine auf den Einsatzfall zugeschnittene Kantenpräparation kombiniert mit einer Standardbeschichtung eine größere
Leistungssteigerung als die Wahl einer aufwändigeren Beschichtung ohne
vorherige Kantenpräparation. /Diagramm 5.1/ zeigt die Standmengenzunahme mit TiN-beschichteten HSS-Bohrern. Links ohne Kantenpräparation
und rechts mit (Exemplarstreuungen spiegeln unterschiedliche Einsatzbedingungen).
W. Thiel
Präparationsverfahren
67
Diagramm 5.1: Einfluss der Kantenpräparation an HSS Bohrern
(Reich, et al., 2007)
3.3
Polieren von Oberflächen
Ein weiteres Anwendungsgebiet für das Magnetfinish-Verfahren ist das
Polieren der Frei- und Spanflächen. Bei Auswahl der entsprechenden Prozessparameter durchströmt das magnetabrasive Pulver die Spannut. Die
Glättung der Spannut führt beim Werkzeugeinsatz zu geringeren Bearbeitungskräften, sowie reduziertem Adhäsionsrisiko. Diese Vorteile kommen
besonders beim Bohren von Werkstoffen wie Titan und Aluminium zum
Tragen. Die Elastizität des Prozesspulvers gestatten den Einsatz des Verfahrens sowohl vor, als auch nach dem Beschichten. Bei der Schichtnachbehandlung werden auch die Droplets entfernt.
68
Magnetfinishing
Abb. 5.12: TiN-beschichteter M8 Gewindebohrer
Nach Beschichtung: Droplets
Nach MF-Bearbeitung: Droplet
entfernt und Rauhigkeit reduziert
Besonders vorteilhaft sind Schichtnachbehandlungen bei Tieflochbohrern.
Hier können kombiniert mit einer vorausgegangenen Präparation der
Schneidkanten große Performancesprünge erzielt werden.
Abb. 5.13: Rauhigkeitsprofil eines beschichteten Tieflochbohrers vor
und nach Magnetfinish
Abb. 5.13 zeigt das gemessene Rauhigkeitsprofil in der Spannut eines
VHM-Tieflochbohrers vor und nach dem Polieren. Speziell bei Anwendungen, in denen Materialien zum Verschweißen mit dem Werkzeug neigen,
wird eine Nachbehandlung der Beschichtung erst den sicheren Werkzeugeinsatz ermöglichen. Das Magnetfinish Verfahren zeichnet sich bei der
W. Thiel
Präparationsverfahren
69
Senkung der Oberflächenrauhigkeit im Vergleich mit anderen Behandlungsverfahren durch besonders hohe Poduktivität aus (Michalke 2007).
4
Zusammenfassung und Ausblick
Das Magnetfinish Verfahren ist universell für verschiedenste Schneidwerkzeuge einsetzbar. Seine reproduzierbaren Wirkungen können in automatischen Abläufen gesteuert werden und reichen von der Feinstentgratung,
über die Kantenverrundung bis zur Senkung der Oberflächenrauhigkeit.
Damit kommt diesem Verfahren ein hohes Potential für die Steigerung der
Leistungsfähigkeit von Schneidwerkzeugen zu (Denkena, Breidenstein, et
al., 2007).
Das heute eingesetzte Prozesspulver erlaubt die Bearbeitung von HSS,
Hartmetall und allen gängigen Beschichtungen. Neueste Untersuchungen
zeigen die prinzipielle Anwendbarkeit auch für CBN- und PKDSchneidstoffe (Patz 2008). Die Weiterentwicklung des Prozesspulvers lässt
künftig auch für diese superharten Schneidstoffe einen wirtschaftlichen
Einsatz des Magnetfinish Verfahrens erwarten.
70
5
Magnetfinishing
Literatur
Denkena B, Kramer N, Siegel F, Kästner J (2007) Leistungsoptimierung an der
Schneidkante. VDI-Z Special Werkzeuge II/2007:24-26, Springer VDI-Verlag
Morstein M (2008) Siliziumhaltige Nanokomposit-Schichten für anspruchsvolle
Zerspanungsaufgaben. 18. Tagung IAK Diamant Werkzeuge, Frauenhofer
Institut IST Braunschweig
Reich S, Möller S (2007) Untersuchungen zur spanenden Bearbeitung rostfreier
Stähle.
Berichte
aus
dem
Institut
für Werkzeugtechnik
und
Qualitätsmanagement, Schmalkalden Dez. 2007
Denkena B, Breidenstein B, Köhler J, Kramer N (2007) Performance Enhancement
of Coated Tungsten Carbide Drills by Pre- and Post-Coating Surface
Preparation. Proc. 6th International Conference "THE Coatings 2007", October
25 - 26, Institute of Production Engineering and Machine Tools, Hannover S.
247-255
Michalke T, Jungblut F, Mumme F (2007) Mechanical Pre- and Post-Treatment of
PVD-coated Cutting Tools. Proc. ICMCTF 2007, San Diego USA
Patz M (2008) Zonenübergänge prozesssicher zerspanen. ATZ produktion
1/2008/4: 40-45
T. Guter
Präparationsverfahren
71
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten – der
Schlüssel zu leistungsstarker Zerspanung
Tim Guter, Kennametal Technologies GmbH12
Abstract:
Die Abhandlung stammt aus dem Gebiet der zerspanenden
Fertigungstechnik
und
stellt
die
Bedeutung
der
Schneidkantenpräparation an Wendeschneidplatten dar. Es wird
gezeigt, welche Kantenarchitekturen es gibt und wie diese
messtechnisch charakterisiert werden. Verschiedene Verfahren,
die Schneidkanten verrunden, werden vorgestellt und
miteinander verglichen. Abschließend wird auf die Messtechnik
und auf den Mikroprozess Spanbildung an der Schneide
eingegangen.
Schlagwörter: Kantenpräparation, Kantenverrundung, Sinterhaut, Feinschleifen, Gleitschleifen, Bürsten, Nass- und Trockenstrahlen,
Spanbildung
12
Dipl. Ing. (BA) Tim Guter, Kennametal Technologies GmbH, Wehlauer Straße 73, 90766 Fürth,
[email protected]
72
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
1
Wichtigkeit der mikrogeometrischen Bearbeitung der
Schneidkante
Die Leistung von Zerspanwerkzeugen
Komponenten bestimmt:
•
Substrat des Grundkörpers
•
Makrogeometrie
•
Mikrogeometrie an der Schneide
•
Beschichtung
wird
von
folgenden
vier
Diese vier Komponenten sind auf den Bearbeitungsfall abgestimmt, das
heißt von der Geometrie des Werkstücks und vom zu zerspanenden
Werkstoff. Die Schneidkantenpräparation wird als mikrogeometrische
Bearbeitung der Schneidkante bezeichnet.
Ziel der Schneidkantenpräparation ist es zum einen, fertigungstechnisch
entstandene Pressgrate und leichte Kantenbeschädigungen, die durch die
nachgeschaltete Schleifbearbeitung auftreten können, zu entfernen. Zum
anderen wird an die Schneidkante eine kontrollierte Form angebracht. Das
kontrollierte präparien der Schneidkanten des Schneidkörpers hat den
Zweck, vorschnellen Verschleiß zu vermeiden und vor übermäßiger
Kantenbelastung zu schützen (Adolf Bösl, März 2007). Die Gefahr von
Mikroausbrüchen wird hierdurch ebenfalls gesenkt und die Stabilität der
Kante erhöht, was zum Beispiel im Einsatz bei unterbrochenem Schnitt sehr
wichtig ist. Die Standzeit und die Wirtschaftlichkeit des Werkzeuges
werden dadurch optimiert. Es ist auch zu erkennen, dass die
Oberflächenqualität des Werkstücks verbessert wird.
Ein positiver Nebeneffekt der Verrundungsverfahren ist das Entfernen der
Sinterhaut an der Schneide, welche gesinterte Hartmetallschneidstoffe charakteristischerweise besitzen.
Die Sinterhaut ist zwischen 1 µm und 10 µm dick und gewöhnlich als
inhomogen in Form und Struktur einzustufen.
Für eine Vielzahl von Anwendungsfällen ist jedoch eine glatte Oberfläche
und eine geometrisch sehr genau bestimmte Form erforderlich. Deshalb
wird ein Großteil der gesinterten Rohhartmetallteile einer Weiterbearbeitung
unterzogen.
T. Guter
Präparationsverfahren
73
Diese Bearbeitung erfolgt durch:
•
abrasive Bearbeitung (Schleifen, Läppen, Polieren, Honen, Bürsten,
Strahlen)
•
funkenerosive Bearbeitung (Fadenerodieren, Senkerodieren)
•
spanende Bearbeitung (Drehen und Bohren Co-reicher HM-Sorten)
•
elektrochemische Bearbeitung (elektrochem. Schleifen, Elysieren)
Mit Hilfe dieser Verfahren werden Oberflächenqualitäten erreicht, die den
bestehenden Anforderungen an die Rautiefe gerecht werden. Gängige Verfahren die zum Kantenverrunden von Wendeschneidplatten genutzt werden
können sind:
•
Feinschleifen
•
Gleitschleifen
•
Bürsten
•
Strahlen
und werden im Folgenden näher erläutert. Einige dieser Verfahren können
sowohl Kantenverrunden als auch Oberflächenqualitäten erhöhen.
2
Schneidkanten werden über ihre Geometrie definiert
2.1
Typen von Schneidkantenarchitekturen
Die Form der Schneidkante ist in der Norm folgendermaßen unterteilt:
74
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
©Kennametal
Abb. 6.1: Genormte Kantenformen
Eine scharfe Schneide, wie sie Typ F beschreibt und wie man sie von Reibahlen kennt, ist bei Wendeschneidplatten nicht üblich. Auf die Schneidplatte
wird eine Schutzfase geschliffen. Die Kanten der Schutzfase werden dann in
einem anderen Arbeitsgang verrundet.
Das Schaubild zeigt, dass die Kantenpräparationen in die Grundoperationen
Fasen und Verrunden eingeteilt werden können. Die Möglichkeit, eine
Schneidplatte nur durch Sintern ohne Nachbehandlungen herzustellen, ist
bei Schruppplatten mit großer Kantenverrundung möglich.
2.2
Definition der Verrundung
Für eine präzise Herstellung der Mikrogeometrie auf der Schneidkante wird
eine eindeutige Charakterisierung benötigt. Besitzt die Schneidkante eine
Schutzfase, kann die Breite und die Lage zu Frei- bzw. Spanfläche gemessen werden. Die genaue Charakterisierung einer Verrundung gestaltet sich
hingegen schwieriger, denn nicht nur die Größe der Verrundung ist für die
Zerspanleistung maßgebend sondern auch die Form.
Eine Möglichkeit besteht durch die Verwendung des kappa-Faktors Κ. Er
beschreibt den Quotienten aus den Verlängerungen von Span- und Freifläche zur spitzen Kante. Der Wert ∆r drückt den Abstand der nicht mehr
vorhandenen spitzen Schneide zum höchsten Punkt der abgerundeten
Schneide aus.
Zur Verdeutlichung dienen folgende Beispiele:
T. Guter
Präparationsverfahren
75
Abb. 6.2: Verschiedene Kantengeometrien (B. Denkena, März 2005)
Das heißt:
K=
S
γ
S
α
K<1 Verrundung neigt sich zur Spanfläche
K=1 bisher optimaler Fall, Mittelpunkt des Kreisradius liegt auf
Winkelhalbierender des Keilwinkels
K>1 Verrundung neigt sich zur Freifläche
In der zerspanenden Werkzeugbranche sind Schneidkantenradien mit K < 1
als Wasserfallgeometrien bekannt. Bei konstanten Sγ und Sα sagt Δr aus, ob
die Schneide eher scharfkantig ist (Δr niedrig) oder der Radius vom Aussehen eher einer Fase gleicht (Δr hoch).
Mit diesem Modell kann man die Schneide für wissenschaftliche Untersuchungen ausreichend beschreiben, jedoch fehlt unter anderem eine
Winkelangabe von ∆r zu einer Bezugsfläche, um die Geometrie absolut zu
bestimmen.
76
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
3
Übersicht von gängigen Fertigungsverfahren zum Kantenverrunden
3.1
Feinschleifen
Als Feinschleifen wird das Spanen mit vielschneidigem Werkzeug aus
gebundenen, hochharten Schleifmitteln bezeichnet. Werkzeug und Werkstück berühren sich während des kompletten Bearbeitungsprozesses. Dadurch wird hohe Genauigkeit in Maß und Form erreicht.
Motordrehzahl, Anpressdruck, Feinschleifdauer sowie Art und Beschaffenheit der Schleifscheibe bestimmen das Ergebnis des Feinschleifprozesses.
Die Schleifscheibe weist in diesem Fertigungsverfahren eine besondere
Beschaffenheit auf. Abrasiv-Körner sind in eine flexible Bindung eingebettet. Bei hohem Anpressdruck legt sich die flexible Bindung um die Wendeschneidplatte und erzeugt „Wasserfallgeometrien“ mit K < 1 bis hin zu
fasenähnlichen Kantenpräparationen.
Abb. 6.3: Mit Wendeschneidplatten bestückte Feinschleifanlage
T. Guter
Präparationsverfahren
77
Der Vorteil dieser Bearbeitung liegt darin, dass mehrere Schneiden einer
Wendeschneidplatte gleichzeitig bearbeitet werden können (wie in Abb. 6.3
dargestellt).
Abhängig vom Schneidkörper werden Schneidecke und Nebenschneide
nicht immer verrundet und müssen separat verrundet werden. Da mit dem
Feinschleifverfahren nicht alle Seiten bearbeitet werden können, kann die
Sinterhaut nicht vollständig entfernt werden.
3.2
Gleitschleifen
Gleitschleifen gehört zu den trennenden Herstellungsverfahren und dient zur
Oberflächenbearbeitung bzw. Kantenverrundung von Hartmetallwerkzeugen
Bei diesem Verfahren werden die Werkzeuge in eine Vorrichtung gespannt
und in eine Trommel getaucht. In dieser Trommel befindet sich Schüttgut,
das aus Schleifkörpern und meist aus einer wässrigen Lösung besteht. Die
Vollhartmetallwerkzeuge werden in der Vorrichtung durch die Trommel
geführt. Durch die Reibung des Werkzeugs mit dem Schüttgut wird Material
abgetragen (Tim Guter, 2008). Das Schüttgut besteht wie viele Schleifmedien z.B. aus SiC, das mit Kühlschmierstoff vermengt ist. Durch Vibrieren
der Trommel verstärkt sich der Schleifprozess. Dieses Verfahren wird als
rationelles Verfahren in der Massenproduktion angesehen. Der Einsatz
umfasst das Entgraten, Reinigen, Entfetten, Entzundern, Entrosten, Konservieren, Kugelpolieren und Druckentgraten und kann auch zum Verrunden
von Wendeschneidplatten verwendet werden.
Die Sinterhaut wird bei diesem Verfahren völlig entfernt. Ein weiterer
Vorteil ist, dass man große Stückzahlen gleichzeitig bearbeiten kann. Als
Folge fallen die Bearbeitungskosten auf das einzelne Werkzeug bezogen
relativ niedrig aus. Gleitgeschliffene Wendeschneidplatten besitzen eine
sehr gute Oberfläche.
Durch die fehlende Flexibilität des Prozesses können keine K-Werte ungleich 1 erzeugt werden. Mit dem Gleitschleifprozess werden Verrundungen
bis 20 µm erzielt. Kantenverrundungen über diesem Wert würden die Prozesszeit sehr stark erhöhen und die Schneidecke zu stark verrunden.
78
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
Abb. 6.4: Gleitschleifanlage
Die Abb. 6.4 zeigt Wendeschneidplatten, die auf eine Vorrichtung aufgesteckt sind und in das Schüttgut eintauchen.
3.3
Bürstprozess
In der mechanischen Fertigung oder in der Bearbeitung von Werkstoffen ist
Bürsten eine weit verbreitete Fertigungsart.
Beim Bürstverrunden wird das Vollhartmetallwerkzeug durch eine rotierende Bürste geführt und die Schneide verrundet.
Die Bürste besteht aus Nylonfäden, die mit Korund (Al2O3) oder Diamant
belegt sind. Beim Bürsten besteht die Gefahr, dass sich Nylonreste an der
Schneidkante ablagern. Diese müssen zwingend durch nachgeschaltete
Reinigungsverfahren entfernt werden, da sie sich negativ auf die Schichthaf-
T. Guter
Präparationsverfahren
79
tung von PVD- und CVD-Hartstoffschichten auswirken. Dadurch kann
keine konstante Standzeit gewährleistet werden.
Um den Nylonabrieb der Bürste so klein wie möglich zu halten und eine
möglichst glatte Oberfläche zu erzielen, werden viele Bürstprozesse nass
durchgeführt, was gekapselte Maschinen voraussetzt. Das Kühlmedium legt
sich um die Bürstfilamente, wodurch die Bürste weniger abrasiv arbeitet
und die Werkzeugoberflächen glatter werden als beim Trockenbürsten.
Unabhängig vom Material braucht die Bürste eine Einlaufzeit, damit die
Enden der Filamente abgerundet werden und weniger aggressiv verrunden.
Beim Verrunden der Wendeschneidplatten muss der Verschleiß der Bürste
im NC-Programm der Maschine berücksichtigt werden.
Die Stärke der Verrundung hängt ab von der Körnung und Drehzahl der
Bürste und der Bürstzeit. Durch die flexible Werkstückführung durch die
Bürste können unterschiedliche K-Werte erzeugt werden.
Die Bürstriefen entfernen die Sinterhaut nicht komplett und erzeugen eine
schlechte Oberfläche auf dem Werkstück, wie man bei der Aufnahme durch
das Rasterelektronenmikroskop (Abb. 6.5) deutlich erkennt.
3.4
Trocken- bzw. Nassstrahlen
Die variablen Einstellgrößen beim Trockenstrahlen sind Abstand und Winkel der Düsen sowie Strahldruck und –zeit. Die Wendeschneidplatten werden in diesem Verfahren auf eine Vorrichtung aufgesteckt, die von mehreren Düsen mit Strahlgut bestrahlt werden, welche per Absperrventil wegoder zugeschaltet werden können. Über das Venturi-Prinzip wird das
Strahlgut angesaugt und mit ca. 2,5 bis 4 bar auf den Schneidkörper geblasen. Die Größe der Verrundung richtet sich nach der Größe des Strahlkorns,
das während der Bearbeitung verschleißt und an Volumen verliert. Das für
das Trockenstrahlen zu kleine Strahlgut wird über einen Zyklon getrennt.
Der Nassstrahlprozess erfolgt in vielerlei Hinsicht analog zum Trockenstrahlprozess. Das Strahlgut wird beim Nassstrahlen mit einer Flüssigkeit
vermischt.
Vorteile des Strahlens sind die kurze Prozesszeit und die Möglichkeit, den
Κ-Faktor zu verändern. Der konstante Prozess ermöglicht die Entfernung
der kompletten Sinterhaut. Beim Strahlen entsteht eine gleichmäßig raue
Oberfläche, die optisch einen matten Eindruck vermittelt. Diese wirkt sich
vorteilhaft auf manche Beschichtungstypen aus, da die Schicht an der offenporigen Struktur besser haftet.
80
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
Als nachteilig erweist sich die bei Strahlprozessen übliche Passivstrahlung.
Streuungen des Düsenstrahls verrunden Kanten, welche im jeweiligen NCSatz nicht vorgesehen sind. Leichte Bearbeitungsriefen sind auch beim
Strahlen auf dem Werkzeug zu sehen.
Die verschiedenen Verrundungsverfahren haben Vor- und Nachteile. Durch
Kombination der Fertigungsverfahren lassen sich manche Vorteile verbinden.
4
Wahl der Fertigungsverfahren
Die Soll-Oberfläche der behandelten Werkzeuge ist maßgebend für die
Herstellung.
Folgende Abb. 6.5 zeigt die Verrundungen auf Vollhartmetallbohrern. Der
Keilwinkel der Bohrer ist größer und weist eine reine Verrundung auf.
Nassstrahlen
Gleitschleifen
Bürsten –
Al2 O 3 -Bürste
Bürsten Diamantbürste
©Kennametal
Abb. 6.5: REM-Aufnahme von verschieden bearbeiteten Schneidkanten auf Bohrwerkzeugen
Ansonsten erfolgt das Verrundungsverfahren der Wendeschneidplatten
analog zu den Verrundungsverfahren der Vollhartmetallbohrer. Die Werkzeuge wurden mit einem Rasterelektronenmikroskop untersucht und
T. Guter
Präparationsverfahren
81
700fach vergrößert. Folgendes Diagramm stellt die Rauheit der Oberflächen in unterschiedlichen Fertigungsverfahren dar:
4
3,5
Rauigkeit in µm
3
2,5
Ra
2
Rz
1,5
1
0,5
0
Strahlen
Gleitschleifen
Bürsten
Feinschleifen
©Kennametal
Diagramm 6.1: Vergleich der Verfahren auf Oberflächenrauheit
Die Wahl der Verrundungsverfahren hängt vom Produkt und vom Bearbeitungsfall ab. Jedoch können bestimmte Verrundungsverfahren nicht generell
dem Einsatzgebiet Drehen oder Fräsen zugeordnet werden.
Abhängig von dem verwendeten Substrat als Grundkörper fallen einige
Verrundungsverfahren weg. Strahlprozesse sind wegen der spröden Beschaffenheit nicht für Keramik geeignet. Die Kante würde Mikroausbrüche
aufweisen und hätte eine zu hohe Schartigkeit. Aus diesem Grund kann
auch CBN und PKD nicht gestrahlt werden. PKD und Keramik werden
gebürstet. CBN wird gebürstet und feingeschliffen. Cermets werden wie
Hartmetall bearbeitet; es kommen also alle Verrundungsverfahren in Frage.
Die in dieser Abhandlung erwähnten Verrundungsverfahren haben keinen
Einfluss darauf, ob das Werkzeug nachgeschliffen werden kann oder nicht.
5
Messtechnik zur Erfassung der verrundeten Kante
Für die Messung der Schneidkante werden taktile und optische Messgeräte
verwendet. In der Werkzeugindustrie ist beim Messen der Schneidkante ein
Wandel zu optischen Messsystemen zu beobachten. Die Gründe sind folgende:
82
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
Mit Genauigkeiten unter 1µm und einer hohen Reproduzierbarkeit ist optisches Messen um ein Vielfaches genauer als taktile Messsysteme. Messfehler, die durch zerstörte Tasternadeln oder den Radius an der Nadelspitze
entstehen, gibt es bei optischen Verfahren nicht. Eventuelle Zerstörungen an
den Werkstücken sind ausgeschlossen.
Optische Messgeräte verwenden unterschiedliche Funktionsweisen; hier
einige als Beispiel. Streifenlichtprojektionsmethode (SLP); dort werden
Lichtstreifen auf die Schneidkante projiziert und deren Verzerrung über eine
CCD-Kamera gemessen. Das folgende Bild zeigt 100 Lichtstreifen. Die
Markierungen kennzeichnen die Grenzen der Messstrecke.
Abb. 6.6: Radienlehre, gemessen mit dem Messprogramm ODSCAD
Tiefenschärfemessung; durch vertikales Scannen werden topografische und
geometrische Informationen über die Veränderung des Fokus gemessen.
Optische Messgeräte benötigen bei der Messung der Kantenverrundung
keine aufwändige Ausrichtung der Probe verglichen mit taktilen Systemen.
Freifläche und Spanfläche sind allerdings so auszurichten, dass sie von der
Kamera des optischen Messgerätes erfasst werden können. Theoretisch
besteht die Gefahr, dass manche Beschichtungen wegen einer matten Oberfläche das Licht zu stark streuen oder wegen einer glatten Oberfläche zu
stark glänzen und somit die Kamera die Flächen und die Verrundung nicht
erkennen kann. Es wurde experimentell festgestellt, dass die üblichen Beschichtungen der zerspanenden Werkzeuge solche Effekte nicht aufweisen.
Mit diesen optischen Messmethodiken werden mehrere Punkte auf der
Haupt- und Nebenschneide sowie der Schneidecke gemessen.
Durch Messvorrichtungen, z.B. Anschläge oder Messprismen, kann die
Messdauer herabgesetzt werden.
Um eine hohe Reproduzierbarkeit zu erreichen, ist ein vollautomatisierter
Messablauf von Vorteil. Um die größtmögliche Genauigkeit des Messgerätes zu nutzen, muss der manuelle Einfluss des Bedieners auf ein Minimum
beschränkt und ein allgemeiner Messablauf generiert werden.
T. Guter
6
Präparationsverfahren
83
Leistungsvergleich der verschiedenen Formen
Die Prozesskräfte und das Zerspanverhalten beim Orthogonaleinstechdrehen
wurden empirisch ermittelt. Mit Erhöhung von Sα , Sγ und ∆r steigen die
Schnittkraft Fc und die Vorschubkraft Ff an. Die Vorschubkraft Ff steigt
tendenziell stärker als die Schnittkraft Fc. Im Gegensatz dazu weisen die
Prozesskräfte keine deutliche Variation bei der Erhöhung von K auf (B.
Denkena, März 2005). Versuche an mehreren Werkstoffen bewiesen, dass
die Prozesskräfte werkstoffunabhängig sind.
Der Formfaktor K hat größeren Einfluss auf das Standzeitverhalten. Die
Schneidkanten mit Sα < 20 µm und K = 1,8 weisen die höchsten Standzeiten auf. Im Gegensatz dazu werden die niedrigsten Standzeiten bei den
Schneidkanten mit Sα > 70 µm und K=0,5 beobachtet. Eine Verringerung
der Standzeit ist darüber hinaus bei K = 1,0 und Sα < 35 µm zu beobachten.
Die Ursache für eine solche Verringerung liegt an der niedrigeren Stabilität
der Schneidkante bei einer gleichzeitigen Verringerung beider Schneidenabschnitte Sα und Sγ (B. Denkena, März 2005).
Ein K-Faktor von 1,8 erweist sich bei Sα < 20µm als sehr langlebig. Liegt
Sα darunter, hat dies einen starken Abfall der Standzeit zur Folge. Schon
geringe Abweichungen und Toleranzen in der Fertigung bringen eine starke
Schwankung der Standzeit mit sich. Generell niedrigere Standzeiten sind bei
K = 0,5 zu erkennen. Schneiden mit K = 1 zeigen konstante Ergebnisse im
Standzeitverhalten und sind somit unabhängig von Fertigungsschwankungen. Ähnliches Verhalten ist beim Außenlängsdrehen zu beobachten.
7
Einfluss der Kantenverrundung auf die Spanbildung
Die Größe der Verrundung wirkt sich auf die Spanbildung aus. Dies lässt
sich am Beispiel der Hartbeartung erläutern. Die Abb. 6.7 zeigt die Bildung
eines Sägezahnspanes während der Zerspanung eines gehärteten Werkstoffes. Die Werkstofftrennung beginnt mit einem Riss in der Werkstückoberfläche, dieser setzt sich unter dem Winkel der größten Schubspannung fort.
Der dabei entstandene Werkstoffpartikel wird so weit aufgeschoben, bis
ansteigende Druckspannungen wieder zur Rissentstehung führen und der
Spanbildungsmechanismus erneut beginnt. Dieser Mechanismus geschieht
bei Spanungsdicken, die über dem Wert der Kantenverrundung liegen. Bei
Spanungsdicken, die kleiner sind als der Wert der Kantenverrundung, entsteht ein Fließspan.
Die Kantenverrundung muss ausreichend groß sein, damit die Biege- und
Schubspannungen auf den Keil in Druckspannungen umgewandelt werden.
Ist die Kantenverrundung sehr klein gewählt, geschieht die Spanumformung
auf der spitzen Kante. Die Folgen sind ein sehr hoher Druck und Tempera-
84
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
turbelastung der Schneide. Es kommt zum schnellen Verschleiß und niedriger Standzeit. Bei zu großer Auslegung der Kantenverrundung dagegen sind
diese Kräfte auf den Schneidkeil zu groß, was zum Ausbrechen der
Schneidkanten führen kann. Die Leistung der Wendeplatte hängt also von
der Kantenverrundung ab.
Abb. 6.7: Spanbildung (W. König, 1997)
Verändert man die Kantenverrundung und lässt den Vorschub konstant,
ändert sich der Spanwinkel. Der Spanwinkel wird bei einer großen Kantenverrundung negativ und es herrscht nicht nur Fließspanbildung sondern die
Prozesskräfte steigen proportional an. Wie folgende Abbildung zeigt, steigen bzw. fallen Ff, Fp und Fc unterschiedlich stark. Pro Zunahme bzw. Abnahme des resultierenden Spanwinkels steigt die Vorschubskraft um 5%, die
Schnittkraft um 1,5 % und die Passivkraft um 4 %. Dies gilt sowohl für
weiche als auch für harte Werkstoffe, da die starke Wärmeentwicklung in
der Umformzone den Werkstoff duktiler werden lässt als bei Umgebungstemperatur.
T. Guter
Präparationsverfahren
1,5%
/
5%
4%
/
°
85
F
FC
°
/ °
Ff
FP
- Spanwinkel +
Abb. 6.8: Prozesskräfte in Abhängigkeit des Spanwinkels (Schumann, 2007)
Die Kantenverrundung ist ein sehr wichtiger Fertigungsschritt in der Produktion eines Vollhartmetallwerkzeuges. Die Beschaffenheit, Form und
Größe der Verrundung wirkt sich direkt auf die Standzeit und somit die
Wirtschaftlichkeit eines Werkzeuges aus. Um die Wirtschaftlichkeit zu
steigern, ist es unerlässlich, die Kantenverrundung weiter zu erforschen,
aber auch weiterhin nach Fertigungsverfahren zu suchen, die die Schneidkante noch präziser in optimierter Form präparieren.
86
8
Kantenpräparation an Wendeschneidplatten
Literatur
Bösl, Adolf Kantenverrundung an Wendeschneidkörpern, Evaluierung
unterschiedlicher Kantenverrundungsverfahren für tangential angeordnete
Frässchneidkörper;
Fachhochschule
Amberg-Weiden,
Kennametal
Technologies GmbH; März 2007
Guter, T., Ermittlung einer geeigneten messtechnischen Möglichkeit zur exakten
Bestimmung sowie Untersuchungen von Verfahren zur Herstellung von
Schneidkantengeometrien
an
Vollhartmetallbohrern;
Diplomarbeit
Berufsakademie Mosbach, Kennametal Technologies GmbH; September 2008
Denkena, B. Lasertechnologie für die Generierung und Messung der
Mikrogeometrie an Zerspanwerkzeugen; Ergebnisbericht des BMBF
Verbundprojektes GEOSPAN; Projektzeitraum 01.01.2002 – 31.03.2005
Schumann, W. Das Bearbeiten harter Eisenwerkstoffe mit geometrisch bestimmter
Schneide; IDR 41 III/2007
G. Gölz
Präparationsverfahren
87
Thermisches Entgraten - TEM
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
Günter Gölz13
Abstract:
Der Grat als solcher ist ein lästiges von keinem gewolltes
Nebenprodukt, das bei vielen Bearbeitungsprozessen entsteht.
In der heutigen Technik ist das prozesssichere Entgraten ein
äußerst wichtiger Teil in der Herstellungskette der Werkstücke.
Ein sicher entgratetes Werkstück ist sehr oft von äußerst
wichtiger Bedeutung für die Funktion von Baugruppen oder
Systemen. ( Hydraulik, Pneumatik, Dieseleinspritztechnik etc. )
Was entgraten bedeutet ist letztendlich nicht eindeutig
beschrieben, entgraten sagt lediglich aus, dass fest am
Werkstück anhaftendende Materialrückstände zu entfernen sind.
Es wird nichts über den Ausgangszustand wie Gratdicke und
Gratlänge noch über den Endzustand ausgesagt. Es gibt eine
Vielzahl von Entgratverfahren für unterschiedlichste
Entgrataufgaben.
Ihr
Einsatz
hängt
von
der
Werkstückgeometrie, dem Werkstoff, der Funktion des
Werkstückes und der Lage der Grate, ob innen- oder
außenliegend ab. Welches Entgratverfahren letztendlich
sinnvollerweise zur Anwendung kommt, erfordert einen hohen
Kenntnisstand über Werkstoffe, Bearbeitungsverfahren,
Bauteilfunktion,
Wärmebehandlung
und
die
Oberflächenveredelung.
Schlagwörter:
thermisches Entgraten
13
Günter Gölz, Benseler Entgratungen GmbH, 71672 Marbach/N., Tel.: 07144/903-21, Mobil:
0171/3645929, e-mail.: [email protected]
88
1
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
Der Grat
Innenliegende Gratsituationen und Bohrungsverschneidungen
Abb. 7.1: Innenliegender Grat, Bohrkappe
Abb. 7.2: Durchgangsbohrung mit Bohrkappe
G. Gölz
1.1
Präparationsverfahren
89
Gratdefinition
Grat ist ein auf einer Werkstückoberfläche bei der Herstellung eines Werkstücks entstandener Körper, der über die angestrebte und tatsächlich vorhandene Werkstückoberfläche hinausragt und im Vergleich zum Werkstück
meist ein geringes Volumen hat.
Die Gratsituation beeinflusst die Qualität der Entgratung!
Abb. 7.3: Werkstück mit Grat; Gratwurzel + Gratfahne = Grat
2
TEM
2.1
Thermische Entgratmethode
Die Thermisch-chemisch wirkende Entgratmethode zählt zu den abtragenden Verfahren. ( DIN 8590 )
90
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
Abb. 7.4: Thermisches Abtragen in der Fertigungstechnik
Verfahrensvarianten:
•
Ätzabtragen
•
Thermisch-chemisches Entgraten
Sie zählt zu den ungezielt wirkenden Entgratverfahren.
Der Grat selbst wird sicher entfernt, sei es an einer innen liegenden Bohrungskreuzung oder an sonst einer Bauteilstelle, sei sie auch noch so unzugänglich im Werkstück versteckt (Ringeinstich mit radialer Verschneidung).
An der Werkstückoberfläche selbst findet kein Abtrag statt.
2.2
Verfahren
In einem Druckbehälter (Brennkammer) wird Brenngas (CH4) mit Sauerstoff (O2) verbrannt.
Dabei werden die am Werkstück anhaftenden Grate der in der Kammer
befindlichen Bauteile verbrannt.
Der Verbrennungsvorgang dauert nur wenige Millisekunden, so, dass das
Werkstück nicht die Zeit hat sich wesentlich zu erwärmen.
Durch den schlagartigen Temperaturanstieg (bis zu 3000 °C) werden die
Gratfahnen, welche eine große Oberfläche, aber ein kleines Volumen aufweisen, überhitzt, d.h. die Grate können die Wärme nicht aufnehmen, fan-
G. Gölz
Präparationsverfahren
91
gen an zu glühen und verbrennen schließlich durch das Vorhandensein von
freiem Sauerstoff. (Abb. 7.5)
Abb. 7.5: Entgratverfahren
2.3
Vorteile des Verfahrens
•
Entgratung! Unter hydraulischen und pneumatischen Bedingungen
•
kann sich nichts mehr lösen.
•
Prozesssicherheit! Es kann kein Grat “vergessen” werden.
•
Kein Sekundärgrat! Die Kante wird versiegelt.
•
Gleichbleibender Prozess! Es ist immer ein “scharfes Werkzeug” im
Einsatz
92
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
2.4
Entgratqualität
Die Entgratqualität hängt von verschiedenen Faktoren ab:
2.5
•
Größe und Lage des Grates
•
Verhältnis Gratvolumen zu Gratoberfläche
•
Zünd- und Schmelztemperatur sowie Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes
•
Werkstückgeometrie: Kantenausbildung, stumpfwinklig bis spitzwinklig
•
Werkstückvolumen zu Gasvolumen.
•
Gasfülldruck und Mischungsverhältnis der beiden Gase
•
Vorrichtungstechnik
Kantenverrunden
Bei Eisenwerkstoffen und Guss lassen sich leichte Radien im hundertstel
Millimeter Bereich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erzielen.
Bei Austeniten ist in der Regel ein Verrunden nicht möglich (Ni-Anteil,
hochwarmbeständig).
Der Werkstoff Aluminium lässt sich ebenfalls nicht verrunden, sondern
auch nur scharfkantig gratfrei entgraten.
Die Gründe hierfür sind die natürliche Oxidhaut mit einem ca. dreimal so
hohen Schmelzwert wie der Grundwerkstoff und die sehr gute Wärmeleitfähigkeit des Aluminiums.
2.6
Anlagentechnik
Die Entgratkammer (Abb. 7.6) ist an einem pressenähnlichen Gestell befestigt. Zum Verschließen der Entgratkammer sind auf einem Rundtakttisch 6
sogenannte Schließteller angeordnet. Diese werden hydraulisch mit der
Entgratkammer druckdicht verschlossen.
Zum befüllen der Kammer sind in der Maschine je ein Gas- und ein Sauerstoffdosierzylinder angeordnet.
Über die Steuerung wird das Mischungsverhältnis und das Gasvolumen
vorgegeben. Wenn die Zylinder mit der entsprechenden Menge an Gas bzw.
Sauerstoff gefüllt sind, werden die beiden Gase hydraulisch über einen
Mischblock in die Entgratkammer gepresst.
G. Gölz
Präparationsverfahren
93
Nach verschließen der Ventile wird über einen Zündfunken das Gemisch
gezündet.
Abb. 7.6: Entgratkammer
2.7
Vor- und Nachbehandlung
Die zu entgratenden Werkstücke müssen frei von losen Spänen und Spänenestern sein, ebenso sollten die Bauteile gereinigt sein.
Da nach dem Verbrennungsvorgang die Bauteile mit Oxiden behaftet sind,
werden diese anschließend gereinigt, dies kann durch Beizen (ohne Werkstoffabtrag) oder mittels bestimmter neutraler Reiniger mit Ultraschallunterstützung geschehen.
94
2.8
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
Entgratbeispiele TEM
Abb. 7.7: Al-Steuerblöcke
G. Gölz
Präparationsverfahren
95
Abb. 7.8: Pneumatikbauteil vor TEM - nach TEM
Abb. 7.9: Stahldrehteil vor TEM - nach TEM
3
Vorrichtungstechnik
Da beim Thermischen Entgraten außer den heißen Verbrennungsgasen auch
ein recht hoher Druck entsteht, ist es notwendig die Bauteile durch einen
Formschluss zwischen Werkstück und Vorrichtung an der eingebrachten
Stelle zu halten.
Für rotationsförmige Teile kann man sich vorstellen, dass die Teile auf
einen Bolzen aufgefädelt, oder in einer Bohrung versenkt werden.
96
3.1
Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau
Beispiele Vorrichtungstechnik
Abb. 7.10: Kurzes Drehteil
Abb. 7.11: Gehäusebauteil
Abb. 7.12: Hydraulikschieber
4
Schlusswort
Das Thema “Entgraten” und der Einsatz von maschinellen Entgratverfahren
gewinnen auch in der Zukunft weiter an Bedeutung. Diverse Entwicklungstendenzen belegen dies:
Im Vergleich zum wachsenden internationalen Wettbewerb bewegen sich
die Lohnkosten immer noch auf einem hohen Niveau.
G. Gölz
Präparationsverfahren
97
Die manuelle Entgratung ist ein monotoner Arbeitsgang, darüberhinaus
häufig mit Gefahren für die Gesundheit verbunden.
Die Entwicklung der Produkte geht zu immer höheren Leistungen bei geringerem Gewicht. Dies erfordert festere und dadurch schwerer zerspanbare
Werkstoffe, sowie geometrisch kompliziertere Konstruktionen. Resultate
hieraus sind eine stärkere Gratbildung und ein höherer Entgrataufwand.
Ebenfalls eine verstärkte Gratbildung bewirkt die Entwicklung neuer
Schneidstoffe zu höheren Leistungen und Standzeiten, wenn nicht im Sinne
der Gratminimierung verfahren wird.
5
Literatur
Thilow, A.P. Entgrattechnik – Entwicklungsstand und Problemlösungen, expert
verlag, 2005
98
Gleitschleppschleifen
Präparationsverfahren
Gleitschleppschleifen
Helmut Gegenheimer 14
Abstract:
Ein Verfahren zur Oberflächen- und Kantenpräparation stellt
das Schleppschleifen
dar. Aufgrund
verschiedenster
Einflussfaktoren, kann dieser Prozess so ausgerichtet werden,
um ein weites Spektrum von Anwendungen abzudecken. In
diesem Text erfolgt eine kurze Beschreibung der Parameter und
deren
Einfluss
speziell
auf
die
Gebiete
Schneidkantenverrundung und Polieren von Zerspanwerkzeugen.
Schlagwörter:
Gleitschleppschleifen, Oberflächen- und Kantenpräparation
1
Schleppschleifverfahren, ein modernes Verfahren zu
Entgratung und Kantenverrundung von Werkzeugen.
In der idustrieellen Fertigung kommt das Schleppschleifverfahren immer
häufiger zur Anwendung. Sein Einsatzspektrum reicht vom Polieren
künstlicher Kniegelenke über das Glätten von Zahnflanken bei
Getriebezahnrädern in der Formel 1, bis hin zur Bearbeitung von
Schneidwerkzeugen. Das Schleppschleifen kommt immer dann zum
Einsatz, wenn hochwertige Oberflächen, hohe Traganteile oder definierte
Kantenverrundung gefragt sind. Die Arbeitsergebnisse sind prozesssicher
und reproduzierbar.
14
Dipl.-Ing. (FH) Helmut Gegenheimer, OTEC Präzisionsfinish GmbH, Dieselstr. 8-12, D-75334
Straubenhardt-Feldrennach, Tel. +49 (0) 7082 / 491110, e-mail: [email protected]
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
99
Der Aufbau von Schleppschleifmaschinen ist relativ einfach. Sie benötigen
wenig Aufstellraum und der Invest ist überschaubar. Das Verfahren ist
umweltfreundlich und bietet neben einer breiten Auswahl an Schleifmittel
die Möglichkeit, eine Vielzahl von Parametern zu beeinflussen, um so den
gestiegenen Anforderungen an Werkstoffe und Geometrie Rechnung zu
tragen
Abb. 8.1: Schleppschleifmaschine
100
2
Gleitschleppschleifen
Funktion der Maschine
Verfahrensbeding wird beim Schleppschleifen, wie die Abb. 8.2 zeigt, eine
Vielzahl von Werkstücken in vertikal angeordnete Spannzangen (siehe Abb.
8.3 -Abb. 8.5) aufgenommen. Für die Bearbeitung taucht das Werkzeug in
ein ruhendes Schleif- oder Poliermedium ein. Es rotiert dabei um die eigene
Achse und bewegt sich gleichzeitig auf einer Planetenbahn.
Abb. 8.2: Prinzipskizze Gleitschleppschleifen
Durch das Halten der Werkstücke in Spannzangen wird ein gegenseitiges
Beschädigen der Werkzeuge untereinander verhindert.
Jedes der hier aufgeführten Spannsysteme hat Vor- und Nachteile und ist für
einen bestimmten Einsatzbereich konzipiert.
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
101
Das Spannen der Werkzeuge über die Kunststoffbuchsen (Abb. 8.3) ist
besonders geeignet für Losgrößen unter 100 Stück. Es überzeugt durch seine
preiswerten Spannzangen, die in verschiedenen Ausfertigungen, passend für
unterschiedliche Durchmesser, einfach und mit geringem Aufwand
wechselbar sind.
Zusätzlich gibt es noch eine Reihe unterschiedlicher Sonderaufnahmen, die
z.B. für Aufnahme von Wendeschneidplatten (Abb. 8.4) geeignet sind.
Bei den Schnellspannaufnahmen (Abb. 8.5) werden die Werkzeuge über
Federkraft gehalten und können mittels eines Hebels einfach und schnell
gelöst und ausgetauscht werden. Dieses System eignet sich besonders für
Losgrößen über 100 Stück, da der Spannbuchsenwechsel minimal
aufwendiger ist.
Abb. 8.3: Aufnahme
für Schaftwerkzeuge (angetriebener
Halter)
Abb. 8.4: Sonderaufnahme für
Wendeschneidplatten (angetriebener Halter)
Abb. 8.5: Angetriebener Halter mit
Schnellspannaufnahmen für Schaftwerkzeuge
Im Schleppschleifprozess umströmt das Schleifmedium gleichmäßig das
Werkstück. Durch den entstehenden Anpressdruck und die
Relativgeschwindigkeit werden die Werkstücke bearbeitet. Je nach
Maschinenausführung können bei einem Durchmesser von maximal 65 mm
bis zu 60 Werkstücke auf einmal bearbeitet werden. Typische
Bearbeitungszeiten für das Kantenverrunden von Hartmetallwerkzeuge sind
2-10 Minuten. Für das Polieren von Kniegelenken werden bis zu 2 Stunden
benötigt.
102
3
Gleitschleppschleifen
Einflussparameter
Aufgrund des Wirkprinzips des Schleppschleifens, ergeben sich folgende
Einflussparameter, welche auf die Ergebnisse einen wesentlichen Einfluss
haben.
3.1
Schleifmedia
Durch die Auswahl der entsprechenden Schleifmedia, kann die Bearbeitung
wesentlich beeinflusst werden. Die zur Geltung kommende Faktoren sind
die Korngröße, die Härte und die Dichte der Media.
In diesem Bericht sollen nur die gebräuchlichsten Media für die Bearbeitung
von Zerspanungswerkzeugen betrachtet werden. In anderen Anwendungsgebieten können auch Media, beispielsweise aus Keramik-KunststoffFormkörpern eingesetzt werden.
Speziell bei den Walnusschalengranulaten (
Abb. 8.6) können Schleif- oder Polierzusätze (wie z.B. Polierpaste P 17)
zugegeben werden. Dabei dient das Granulat selbst, in diesem speziellen
Fall, nur als Trägermaterial für die Pasten. Diese bestehen im Wesentlichen
aus einem Schleif- oder Polierpulver und einem Haftöl. Die Pasten sind
verantwortlich für die Abtragsleistung, sowie die Beschaffenheit der Kanten
und Flächen der Werkstücke . Bei den anderen Media wie HSC, SIX, QZ
wird Öl zur Unterdrückung der Staubbildung zugegeben.
Auch hier gilt, dass verschiedene Mediagruppen auf entsprechende
Anforderungen abgestimmt sind.
H. Gegenheimer
Walnussschalengranulat
Abb. 8.6: Walnussschalengranulat
Korngrößen:
H1/50= 3-5 mm
H1/200=1,3-1,7 mm
H1/400=0,4-0,8 mm
HSC-Granulat
Abb. 8.7: HSC-Granulat
Präparationsverfahren
103
• Zur Bearbeitung von HSS-Werkzeugen
z.B. mit H 1/400
• Zum Polieren, geringem Entgraten und
Verrunden der Kanten
• Abtragsleistung, je nach Schleif- oder
Polierzusatz: gering
• Empfehlung: Mischung aus H 1/100
(70%) und (ca. 30%) H 1/400
• Zusatz Polierpaste: P 17
• Erzielbare Rauhigkeiten: bis zu 0,02 µm
(bei entsprechender Vorarbeit)
• Schüttdichte Media: 0,9-1,1 kg/Liter
H1/100= 1,6-2,5 mm
H1/300=0,8-1,4 mm
H1/500= 0,2-0,4 mm
• Bearbeitung von HSS- und Hartmetallwerkzeugen
• Entgraten und Kantenverrunden von
HSS-Werkzeugen
• Glätten beschichteter Werkzeuge, Entfernen von Droplets
• Glätten und polieren von HartmetallWerkzeugen
• Kantenverrunden von Hartmetall bis max.
10µm
• Entfernung von Lot-Rückständen
• Abtragsleistung (je nach Körnung): mittel
bis stark
• Erzeugt sehr hohe Oberflächengüte, z.B.
Rz.0,5 (vorher Rz 2,5)
• Empfehlung: Mischung aus SiC und Walnussgranulat,
• z.B. HSC 1/300 (Mischung aus SiC 70
und H 1/300)
104
Gleitschleppschleifen
Korngrößen:
H1/50= 3-5 mm
H1/200=1,3-1,7 mm
H1/400=0,4-0,8 mm
Schüttdichten:
SIC 70 ca. 2 kg/Liter
HSC 1/300: 1,32 kg/Liter
SiC 70 = 212 µm
H1/100= 1,6-2,5 mm
H1/300=0,8-1,4 mm
H1/500= 0,2-0,4 mm
SIX-Granulat
• Bearbeitung von Hartmetallwerkzeugen,
Glätten und Kantenverrunden von
Zerspanwerkzeugen bis max. 30 µm
• Entgraten und Kantenverrunden von Gewindebohrern
• Bearbeitung von Wendeschneideplatten
• Abtragsleistung: stark
• Erzeugt hohe Oberflächengüte
• Empfehlung: Mischung aus SiC und keramischen Granulat z.B. SIX 70/16 (Mischung aus SIX 70 und KXMA 16)
• Schüttdichte SiX 70/16: 2,0 kg/Liter
Abb. 8.8: SIX-Granulat,
z.B. SIX 70/16
QZ 1-3
Abb. 8.9: QZ 1-3-Granulat
H1/… ca. 0,9-1,1 kg/Liter
• sehr starke Kantenverrundung ab etwa 30
µm
• Abtragsleistung etwa doppelt so stark wie
SIX
• Bisher größte Kantenverrundung von 0,11
mm nach 35 Minuten erreicht
• Edelkorund mit einer Größe von 1-3 mm
• QZ1-3 verursacht besonders bei kleineren
Kantenradien unter 30µm eine rauere
• Oberfläche als SIX und HSC Granulat.
• Schüttdichte: 2,1 kg/Liter
Die Standzeit der Media schwankt zwischen 200 (Walnussgranulate) und
400 Betriebsstunden (SIX Granulate). In dieser Zeit nimmt die Polier- und
Schleifwirkung um ca. 20% ab. Die Verringerung wird im Wesentlichen
durch die Verrundung der Schleifkörner verursacht. Allerdings spielen auch
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
105
der Abtrag des Medias und der Werkstücke eine große Rolle. Um dies zu
überwachen, sind die Schleppschleifmaschinen mit einem integrierten Betriebsstundenzähler, der die Standzeit erfasst, ausgestattet.
Diagramm 8.1: Kantenverrundung beim Einsatz verschiedener Granulate
Aus dem Diagramm ist das unterschiedliche Verrundungsvermögen der
einzelnen Media bei Hartmetall deutlich zu erkennen. Das HSC Granulat
verrundet etwa bis zu einem Grenzwert von 15 µm. Dadurch ist eine
gleichmäßige Verrundung auch bei komplexeren Strukturen, zu erzielen.
Bei HSS Werkstoffen liegt der Grenzwert bei ca. 25 µm.
Es ist noch anzumerken, dass die stärker verrundeten Medias, wie z. B.: QZ
1-3 bei geringen Verrundungen (15 µm) eine deutliche höhere Schartigkeit
auf der Schneidkante erzeugen wie z.B. ein HSC 1/300. Deshalb ist es
ratsam die geforderte Verrundung dem Schleifmittel anzupassen. Z.B. 15
µm Verrundung = HSC 1/300, 50 µm Verrundung: QZ 1-3.
3.2
Drehrichtung
Mit der richtigen Drehrichtung kann die Bearbeitung gezielt gesteuert werden.
Um eine starke Schneidkantenverrundung zu erzeugen, eignet sich die
Drehrichtung Rechtslauf (Abb. 8.10) gegen die Schneide, also im Uhrzeigersinn (von oben auf den Schaft gesehen). Bei Anforderung, beste Oberflächenqualität und geringste Schneidkantenverrundung, kommt der Linkslauf,
106
Gleitschleppschleifen
also die Drehrichtung mit der Schneide gegen den Uhrzeigersinn, zum
Einsatz.
Abb. 8.10: Rechtslauf
o Gute Bearbeitung der Spannut
o Kantenverrundung an Haupt und
Nebenschneiden
Abb. 8.11: Linkslauf
o Hauptbearbeitung im Schneidkantenrücken
o Gute Bearbeitung der Spannut
o Kaum Kantenverrundung an
Haupt- und Nebenschneiden
Abb. 8.12: Schneidkante Fräser
HM, Linkslauf, nach
10min, r = 22 µm
(Six 70/16)
Abb. 8.13: Schneidkante Fräser
HM, Rechtslauf, nach
10min,r = 33 µm
(Six 70/16)
Will man einen möglichst gleichmäßigen Kantenradius erzielen, ist ein
Rechts-/Linkslauf zu je 50% einzustellen. Diese gleichmäßige Kantenverrundung maximiert lt. Kundenaussagen die Standzeiten bei HM-Bohrern am
effektivsten.
H. Gegenheimer
3.3
Präparationsverfahren
107
Drehzahl
Die bei der Bearbeitung einzustellende Drehzahl, ist mit verantwortlich für
den Bearbeitungsdruck. Zusammen mit Dichte, Korngrösse und Härte der
eingesetzten Media ist die Drehzahl bestimmend für die Abtragsleistung.
Eine zu hoch gewählte Drehzahl führt zu einem unvollständigem Umspülen
des Werkzeugs mit dem entsprechendem Media.
Dadurch erfolgt eine ungleichmäßige und unzureichende Bearbeitung in der
Spannut. Dabei können die auftretenden Kräfte, gerade bei dünnen und
langen Werkstücken, zum Bruch des Werkzeugs führen.
Die Otec Maschinen ermöglichen eine stufenlose Einstellung der Rotor und
der Sonnenraddrehzahl innerhalb gewisser Grenzen.
Die Drehzahlen des Rotors (Z1) sind z. B. bei einer DF 4 tools von 15-45
1/min frei wählbar. Das entspricht einer absoluten Geschwindigkeit von
0,25 bis 0,75 m/sec. Die Drehzahl des Planetenrades des Eigenrotationshalters (Z2) ist von 46 bis 140 1/min stufenlos regelbar. Das entspricht einer
absoluten Geschwindigkeit von 0,3 bis 0,9 m/sec. Die Drehzahl des Werkstückes um die eigene Achse (Z4) ist maximal 500 1/min. Dies entspricht
bei einem Werkstückdurchmesser von 10 mm 0,26 m/sec.
Abb. 8.14: Maschinenkinematik Gleitschleppschleifen
Praktische Tests haben ergeben, dass mit höherer Drehzahl (auch bei höherer Eigenrotation), die Gleichmäßigkeit der Kantenverrundung leidet. So
werden bei Gewindebohrern und HM Fräsern die Spitzen und Ecken ungleich stärker verrundet werden.
108
Gleitschleppschleifen
Diagramm 8.2: Einfluss der Drehzahl auf Ecken- und Schneidkantenverrundung bei HM Fräsern
Um eine gleichmäßige Kantenverrundung von Werkzeugen zu erzielen
haben sich folgende Einstellungen als günstig erwiesen:
Rotordrehzahl (Z1): 15-25 1/min, Eigenrotationshalter (Z2) möglichste
geringe Drehzahl und langsame Rotation des Werkstückes (Z4). Dies wird
durch die Verwendung von 2-motorigen Antrieb und Halter mit langsamer
Eigenrotation erreicht. Mit 2-motorigen Antrieben kann die Übersetzung
zwischen Z1 und Z2 stufenlos eingestellt werden.
Diagramm 8.3: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die Größe der
Verrundung
H. Gegenheimer
3.4
Präparationsverfahren
109
Bearbeitungszeit
Über die Länge der Bearbeitungszeit kann der Prozess gezielt gesteuert
werden.
Die Bearbeitungszeit hängt von den Eingangsgrößen und der Zielsetzung
ab. Für die Dropletentfernung beträgt die Bearbeitungszeit nur wenige
Sekunden, zum Kantenverrunden dagegen werden mehrere Minuten benötigt. Bei den Media ist zu beachten, dass ein grobes Media stärker (bei
gleicher Zeiteinheit) abträgt, als ein feines. Bei Maschinenparametern wie
beispielsweise der Drehzahl gilt, je höher die Drehzahl, desto höher der
Abtrag.
Festzuhalten ist, dass die Verrundung/Zeiteinheit mit der Dauer der Bearbeitungszeit abnimmt. Das heißt die Verrundung geht zunächst schnell vonstatten und wird dann immer langsamer, bis sie einen Grenzwert erreicht.
Die anfänglich hohe Schartigkeit verringert sich kontinuierlich mit der
Erhöhung der Bearbeitungszeit. Bei der Bearbeitung von Hartmetall lassen
sich Schartigkeiten von unter 1,0 µm erzielt.
Diagramm 8.4: Schartigkeit eines HM-Fräsers
3.5
Werkstückgröße
Der Einfluss der Eigenrotation auf das Ergebnis der Schneidkantenverrundung ist zu vernachlässigen, da dieser minimal ist. Entsprechend geringe
Einflüsse auf das Bearbeitungsergebnis zeigen der Werkstückdurchmesser
und die Länge der Werkzeuge.
110
3.6
Gleitschleppschleifen
Eintauchtiefe
Die Eintauchtiefe ist ein wichtiger Parameter. Aufgrund des statischen
Druckes, steigt der Anpressdruck des Medias mit der Eintauchtiefe. Im
Allgemeinen kann man sagen, dass pro 100 mm Eintauchtiefe die Verrundungsgröße um bis zu 30% variiert.
Diagramm 8.5: Eintauchtiefe mit schnellem Halter
Diagramm 8.6: Eintauchtiefe mit langsamem Halter
Zusammenfassend ist erkennbar, dass die unterschiedlichen Arbeitsergebnisse zum einen von der Dichte der verwendeten Media abhängen und zum
anderen von der Wahl einer geeigneten Drehzahl, da sich bei zu geringen
Drehzahlen nur geringe Fortschritte erzielen lassen.
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
111
Bei den DF Tool Maschinen kann die Eintauchtiefe an der Steuerung
vorgegeben werden. Beim Eintauchen der Werkstücke in der Media, wird
die Werkstücklänge über einen Laser gemessen, wodurch eine genaue Positionierung gegeben ist und sich daraus eine hohe Prozesssicherheit ergibt.
4
Bearbeitungsbeispiele
4.1
Entgraten von Zerpanwerkzeugen
Die Gratbildung, während des Herstellungsprozesses von Werkzeugen, ist
besonders bei HSS Werkzeugen ein Problem.
Werkstück:
Meist Gewindebohrer
Werkstoff:
Vorwiegend aus HSS
Bearbeitungsziel:
Entfernen des Schleifgrates, Verrunden der Schneidkanten
(i. A. 10-15 µm bei Gewindebohrern M10)
Media:
Vorzugsweise SIX Granulate
Drehrichtung:
50% Rechts- 50% Linkslauf
Bearbeitungszeit:
6 – 8 Minuten je nach Stärke des Grates und der
Gratwurzel
Abb. 8.15: HSS-Gewindebohrer vor
Bearbeitung; starker Grat
sichtbar
8.16: HSS-Gewindebohrer
nach Bearbeitung gratfrei
und Kanten verrundet
112
Gleitschleppschleifen
Vorteile:
Schnelle und effektive Entfernung des Grates bei gleichzeitiger Glättung der Spannut.
Im selben Zuge wird eine Kantenverrundung erzeugt.
Nachteile:
Der Übergang von Gratentfernung hin zu einsetzender Kantenverrundung ist sehr gering.
Die Ausgangsqualität der Werkstücke sollte sehr gleichmäßig sein. Darum
muss ein sehr starker Gart vorher entfernt werden (z.B. mit einer Bürste).
5
Verrunden von Schneidkanten
Werkstücke:
Zerspanwerkzeuge aller Art mit einer geforderten
Kantenverrundung.
Werkstoff:
Alle eingesetzten Schneidstoffe, vorwiegend Hartmetall
Bearbeitungsziel:
Verrundung von Haupt- und Nebenschneiden zum
direkten Einsatz oder vor dem Beschichten
Media:
HSC-Granulate bei geforderter Kantenverrundung bis
15 µm
SIX-Granulate bei geforderter Kantenverrundung bis
30 µm
QZ 1-3 bei geforderter Kantenverrundung von mehr
als 30 µm
Drehrichtung:
100% Rechtslauf
Bearbeitungszeit:
1 – 20 Minuten, je nach gewünschter Kantenverrundung
Abb. 8.17: Fräswerkzeug
H. Gegenheimer
Abb. 8.18: REMAufnahme, Schneidkante unbearbeitet
Präparationsverfahren
Abb. 8.19: REMAufnahme, Schneidkante bearbeitet
113
Abb. 8.20: REMAufnahme
Vorteile:
•
Sehr genaue und gleichmäßige Verrundung der Schneiden
bei gleichzeitiger Glättung der Spannuten.
•
Optische Aufwertung des Werkzeuges
•
Sehr hohe Reproduzierbarkeit
•
Kein anderes Verfahren auf dem Markt verrundet und glättet
bei einer gleichzeitig derartig hohen Genauigkeit, Gleichmäßigkeit
und
einfachen
Handhabung,
wie
das
Gleitschleppschleif- Verfahren.
•
Optimale Anwendbarkeit, da Geometrie und Größe der
Werkzeuge für das Verfahren genutzt werden.
•
Gute Hafteigenschaften bei anschließender Beschichtung und
Erhöhung der Laufruhe im Einsatz.
114
Gleitschleppschleifen
Abb. 8.21: Auswertung Messmaschine: Schneidkante Bohrer 10 mm
unbearbeitet
Diagramm 8.7: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm unbearbeitet
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
115
Abb. 8.22: Auswertung Messmaschine: Bohrer 10mm bearbeitet
Diagramm 8.8: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm bearbeitet
116
6
Gleitschleppschleifen
Polieren von beschichteten und unbeschichteten
Zerspanwerkzeugen
Werkstücke:
Zerspanwerkzeuge aller Art
Werkstoff:
HSS und Hartmetall
Bearbeitungsziel:
Glätten der Spannuten vor und nach dem Beschichten.
Entfernen der durch die Beschichtung entstandenen
Droplets.
Media:
HSC Granulate
Drehrichtung:
20% Rechts- und 80% Linkslauf bei gewendelten
Werkzeugen.
50% Rechts- und 50% Linkslauf bei nicht gewendelten Werkzeugen und Wendeschneidplatten.
80% Rechts- und 20% Linkslauf bei gleichzeitig geforderter Kantenverrundung.
Bearbeitungszeit:
Beschichtete Werkzeuge: Max. 3 Minuten davon max.
30 sec. Rechtslauf. Bei längerem Rechtslauf kann die
Beschichtung der Haupt- und Nebenschneiden beschädigt werden.
Droplets werden in 1-2 Minuten entfernt
Unbeschichtete Werkzeuge: Je nach Bearbeitungsfortschritt und geforderter Oberfläche 5 bis 20 Minuten.
H. Gegenheimer
Präparationsverfahren
117
HM- Fräser
Drehzahl 20 min-1; Rechtslauf
Bearbeitungszeit [min]
Rauhigkeit Ra [µm]
0
0,8
5
0,6
10
0,4
15
0,4
20
0,3
Tabelle 8.1: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die erreichte
Rauhigkeit
Vorteile:
•
Schnelle und einfache Glättung der Spannuten mit oder ohne Verrundung der Schneidkanten.
•
Sichere und schnelle Entfernung von Droplets nach dem Beschichten.
•
Resultat sind gute Hafteigenschaften bei anschließender Beschichtung, sowie eine optische Aufwertung des Werkzeuges durch die
gleichmäßige Politur.
•
Eine Verringerung der Aufbauschneidenbildung durch glatte Spannuten, sowie eine Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit um bis zu
100% und eine Reduzierung der Arbeitstemperatur.
•
Diese Vorteile führen zu einer Erhöhung der Werkzeugstandzeiten.
118
Gleitschleppschleifen
Abb. 8.23: Droplets vor Bearbeitung; 2000x vergrößert
Abb. 8.24: Droplets nach Bearbeitung; 2000x vergrößert
M. Weigand
Präparationsverfahren
119
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten von Zerspanwerkzeugen
Am Beispiel eines HSS-Wälzfräsers
Manfred Weigand 15
Abstract:
Die Beschichtung ist ein wesentlicher Bestandteil in der
Aufbereitungskette von Zerspanwerkzeugen. Doch im Vorfeld
müssen diese Werkzeuge (Bohrer, Fräser, Gewindebohrer,
Wälzfräser etc.) nach dem (Nach-) Schleifen mit speziellen
Verfahren beschichtungs- und somit anwendungstauglich
gemacht werden. Insbesondere die Kantenverrundung spielt
hier eine wesentliche Rolle. Diese Art der Vorbereitung
wiederum würde auch einem unbeschichteten Werkzeug eine
deutlich verbesserte Performancesteigerung bringen.
Schlagwörter:
Beschichten
1
Eingangskontrolle / Entschichtung
Bei der Eingangskontrolle sollten bei einem Beschichtungsunternehmen
folgende Merk-male eines Werkzeuges kontrolliert werden:
15
•
(Nach-) geschliffene Oberfläche – insbesondere in Bezug auf
Schleifbrand (HSS)
•
Schneiden – Restverschleiß sowie Grate
Dipl.-Ing. Manfred Weigand, CemeCon AG, Adenauerstrasse 20A4, 52146 Würselen, Tel.:02405
4470 135, Mobil:0171 9700746, e-mail:[email protected]
120
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten
Um diese Kontrolle möglichst effizient vornehmen zu können, wird das
Werkzeug (HSS & HM) vor der Kontrolle entschichtet.
Abb. 9.1: Grate
2
Entgraten
HSS Werkzeuge müssen vor der eigentlichen Schneidkantenpräparation
entgratet werden, da ein überbeschichteter Grat im Einsatz sofort brechen
würde und somit die Schneidkante frei läge. Dies würde einen direkten
Angriff für Verschleiß bedeuten.
Die Schneidkante selber ist nach dem Entgratprozess relativ inhomogen, da
der Grat immer unterschiedlich bricht. Im folgenden Schritt (Schneidkantenverrundung) muss die Schartigkeit der Schneidkante egalisiert werden.
M. Weigand
Präparationsverfahren
121
Abb. 9.2: Inhomogene Schneidkante nach dem Entgraten
3
Kantenverrundung
HSS: Nun muss die Schneidkantenverrundung an das Werkzeug sowie die
Bearbeitung angepasst werden. Wichtig ist hierbei, die verschieden großen
Spandicken (Kopf-Flanke-Fuß), die der Zahn „sieht“ in der Präparation zu
berücksichtigen. Somit muß der Kopf eine andere Schneidkantenverrundung
aufweisen als die Flanke oder der Zahnfuß.
Abb. 9.3: Schneidkante (Fuß) nach dem Verrunden
122
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten
Abb. 9.4: Schneidkante (Kopf) nach dem Verrunden
Abb. 9.5: Messprotokoll der Schneidkantenverrundung
VHM: Hartmetallwerkzeuge werden wie HSS-Werkzeuge mit einem
Strahlverfahren präpariert. Aufgrund der deutlich höheren Härte des
Hartmetalls ist es jedoch deutlich schwieriger, eine genau definierte
Schneidkantenverrundung auf dem Werkzeug aufzubringen. Eine einfache
M. Weigand
Präparationsverfahren
123
Erhöhung des Strahldruckes oder der Strahldauer kann hier ggfs. sogar
negative Einflüsse haben. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass die
Schneidkante nach der Vorbehandlung auch die gewünschte Geometrie
aufweist. So sind folgende Geometrien realisierbar:
•
Wasserfall
•
Trompetenform
•
Viertelkreis
Ein Beispiel für solch eine Kantenverrundung mit Viertelkreischarakter ist
in Abb. 9.5 zu erkennen.
Die entscheidende Rolle bei dem gewählten Naßstrahlverfahren (Mischung
von Edelkorund und Wasser) sind die
•
Wirtschaftlichkeit,
•
Reproduzierbarkeit
•
und Prozesssicherheit.
Der Aufwand für die Vorbehandlung sollte im Allgemeinen so gering sein,
dass der Maschinenbediener die Anlage quasi nebenbei bedienen kann.
Somit sind nur automatisierte Lösungen ggfs. auf Mehrspindelanlagen für
eine hohe Wirtschaftlichkeit, gepaart mit höchster Qualität, möglich.
Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt bei der Wirtschaftlichkeit und
Reproduzierbarkeit ist die Aufbereitung des Stahlmittels. Separatoren
trennen das verbrauchte Material vom noch verwendbaren und speisen das
„Gute“ wieder in den Kreislauf ein.
Solche Separatoren rechnen sich meistens schon nach wenigen Monaten
Betriebsdauer.
Idealerweise werden sämtliche Prozesse, wie sie oben beschrieben wurden
und im Weiteren noch unten aufgeführt werden, aus einer Hand geliefert
und installiert. Nur so ist eine optimale Abstimmung aller Parameter
gewährleistet.
Nicht selten haben „zusammengewürfelte“ Lösungen trotz bester
Technologien eine deutliche schlechtere Performance als aufeinander
abgestimmte.
Diese sogenannten TurnKey-Solutions haben außerdem den Vorteil, nur
einen einzigen Ansprechpartner für eine komplette Fertigungslinie zu haben.
Diese Art der Vorbehandlung hat jedoch auch noch andere Eigenschaften.
124
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten
Das Naßstrahlverfahren ist zum Einen aufgrund seines schonenden
„Abtrages“ sowohl für HSS als auch Hartmetall einsetzbar, zum Anderen
aber auch hervorragend als Reparaturmaßnahme bei
•
Co-Leaching (Cobald-Auswaschungen)
•
Co-Smearing (Cobald-Aufschmierungen)
sowie zum Reinigen stark verschmutzter Oberfächen geeignet.
4
Beschichtung
Die Beschichtung bildet sozusagen die Kür des gesamten Prozesses.
Man unterscheidet zwischen mehreren Beschichtungsverfahren, im
Folgenden sind die zwei am weitesten verbreiteten Technologien
aufgeführt:
Abb. 9.6: Beschichtungstechnologie ARC
M. Weigand
Präparationsverfahren
Abb. 9.7: Beschichtungstechnologie Sputtern
Abb. 9.8: Oberflächenstruktur ARC-Beschichtung
125
126
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten
Abb. 9.9: Oberflächenstruktur Sputter-Beschichtung
Der am häufigsten eingesetzte Schichtwerkstoff ist AlTiN (AluminiumTitan-Nitrid), wobei der Aluminium-Anteil deutlich größer als der TitanAnteil ist. Hintergrund ist die gewollte Bildung von Al2O3 (Aluminiumoxid), da diese chemische Zusammensetzung die Vorteile der hohen Härte
kombiniert mit einer hervorragenden Wärmeisolierung. Die Aufgabe der
Beschichtung besteht zum einen natürlich in einem hohen Verschleißwiderstand, zum anderen aber auch in einer thermischen Isolierung des Substrates
– z.B. Vermeidung von Kolk bei HSS-Wälzfräsern! Die im Prozess entstehende Wärme soll nach Möglichkeit über den Span abgeführt werden und
nicht in das Substrat gelangen.
Abb. 9.10: Thermische Isolierung des Substrates
M. Weigand
Präparationsverfahren
127
Abb. 9.11: Querschliff AlTiN-Beschichtung (Nanocomposite)
5
Ausgangskontrolle
Die folgende Ausgangskontrolle wird standardmäßig bei jeder
Beschichtungscharge durchgeführt. Hierbei wird mittels einer rotierenden
Kugel, die in einer Diamantsuspension läuft, ein Krater, die so genannte
Kalotte, durch die Beschichtung hindurch in das Substrat geschliffen.
Abb. 9.12: Kalottenschliff unter der Mikroskop
128
Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten
Mittels eines Schichtdickenmeßprogramms kann nun nach einer einfachen
mathematischen Formel die Schichtdicke bestimmt werden. Des Weiteren
wird das Interface (Übergang der Beschichtung zum Substrat) beurteilt.
Dies gibt Aufschluss über die Schichthaftung, da die rotierende Kugel bei
einer schlechten Schichthaftung das Interface schädigen würde.
Abb. 9.13: Rockwelleindruck
6
Zusammenfassung
Wie aus den oben aufgezeigten Arbeitschritten deutlich wird, hat heutzutage
ein Beschichtungsunternehmen deutlich mehr zu leisten als lediglich eine
Standardbeschichtung auf das Werkzeug aufzubringen. Die fachgerechte
Konstruktion einer Beschichtung im Allgemeinen, für Wälzfräser im
Besonderen, ist heutzutage die Aufgabe von Experten, die unter anderem
auch fundiertes Wissen über die Zerspanung, die Werkzeuge sowie die des
Schleifens besitzen müssen.
Und zu eben dieser Konstruktion gehört auch die fachgerechte Präparation
von Zerspanungswerkzeugen
M. Weigand
Präparationsverfahren
Abb. 9.14: Überblick Beschichtungsfabrik
129
130
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Präparationsverfahren
Schneidkantenpräparation für zu beschichtende
Zerspanwerkzeuge
Tibor Cselle16
Abstract:
Langsam ist es allgemein akzeptiert, dass die eben hochqualitativ geschliffenen Schneiden von Zerspanwerkzeugen vor dem
Beschichten präpariert werden müssen. Warum? Damit sie richtig stabil werden und damit das Potential der Schichten zur
Leistungssteigerung noch mehr ausgenutzt wird.
Wie man die Schneiden optimal vorbereiten soll, hängt von vielen Parametern ab, in erster Linie:
-
von der Art des Werkzeuges (Schlicht- oder Schruppwerkzeug)
vom zu bearbeitenden Werkstoff und
von den Schnittparametern.
Der Beitrag versucht die wichtigsten Einflüsse mit Hilfe von Industriebeispielen aufzuzeigen, um den Schleifern und Beschichtern praktische Hilfestellungen zur optimalen Schneidkantenpräparation zu geben.
Schlagwörter:
16
Schneidenstabilität, praktische Empfehlungen zum Behandeln
von Zerspanwerkzeugen vor und nach dem Beschichten,
Hochleistungsschichten
Dr. – Ing. Tibor Cselle, PLATIT AG, Moosstrasse 68, CH-2540 Grenchen, e-mail:
[email protected]
T.Cselle
Präparationsverfahren
131
Abb. 10.1: Schartigkeit
Jedem Fräser-Lehrling wurde schon vor 50 Jahren beigebracht, wie er die
scharfgeschliffene Werkzeugschneide mit Diamantfeile abziehen soll. Warum? Um die Schneide zu entgraten, die “Haiverzahnung“, die Ausbröckelungen zu eleminieren, also um die Schneide zu stabilisieren. Für die heutigen Hochleistungswerkzeuge sind die Ziele die gleichen, wobei die gute
Beschichtbarkeit der Schneide noch als wichtiges Kriterium bzw. Zielsetzung für die Schneidkantepräparation dazu kam.
Alles geschieht um die Zerspanungsleistung zu erhöhen. Der Beitrag zeigt
den Einfluss der Schneidkantenpräparation mit Hilfe von praktischen Beispielen
•
für verschiedene beschichtete Werkzeuge (bzw. Zerspanverfahren)
•
durchgeführt mit den gängigsten Verfahren
•
in Abhängigkeit der erzielten Formen, Oberflächengüten und
Schneidstoffe (Abb. 10.2).
132
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Abb. 10.2: Die Schwerpunkte des Beitrages
Durch die Auswertung der zahlreichen Anwendungen versuchten wir
allgemeingültige Aussagen für den Einfluss der Schneidkantenpräparation
von beschichteten Werkzeugen abzuleiten.
1
Schneidkantenpräparation von VHM-Bohrern
Das Beispiel der Abb. 10.3 zeigt, dass sowohl das entsprechende Schleifen
(Eckenfreiwinkel), als auch die optimierte Verrundung der Schneidkante
(durch Bürsten) die Standzeit des Bohrers massgeblich beeinflußt.
T.Cselle
Präparationsverfahren
Schneide geschliffen
verru ndet R=15 µm
ohne Eckenfreiw in kel
m it Eckenfreiwinkel
oh ne Verrun dung
133
m it Eckenfreiwinkel
un d Verrundung
R=15 µm
600
Eckverschleiss VB; [um]
500
400
300
200
100
0
-100
0
10
20
30
40
50
60
Bohrweg [m]
geschliffen R = 3 µm
R1 = 11 µm
R2 = 15 µm
R3 = 21 µm
Abb. 10.3: Einfluss der Schneidkantenpräparation beim Bohren mit
beschichteten Vollhartmetallbohrern
Verfahren
Grundlochbohren
Werkstoff
Kaltarbeitsstahl - 1.2379 - X155CrVMo12-1
Härte
HRC = 22
Werkzeug
nACo-beschichtet
Durchmesser
d = 5 mm
Kühlung
trockene Luft
Vorschub
fz = 0.3 mm
Zustellung
ap=15 mm
Schnittgeschwindigkeit
vc = 75 mm/min
Der optimale Schneidkantenradius hängt in erster Linie vom zu bohrenden
Werkstoff und vom Werkzeugdurchmesser ab (Abb. 10.4).
134
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Abb. 10.4: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe in
Abhängigkeit des Bohrerdurchmessers
2
Schneidkantenpräparation von VHM-Schaftfräsern
Fräser mit verschiedensten Schichten erzeugten starkes Rattern und
erzielten ähnliche Leistungen (Abb. 10.5). Die Schwingungen wurden von
den zu scharfen Ecken hervorgerufen, was auch zu dem häufigen Ausbruch
der Fräserecken führte.
T.Cselle
Präparationsverfahren
135
Abb. 10.5: Rattern beim Fräsen, verursacht durch zu scharfe Ecken
Verfahren
Gleichlauffräsen
Werkstoff
1.2312 - 40CrMnMoS8-6
Festigkeit
Rm = 1000 N/mm2
Härte
HRC = 32
Werkzeug
VHM – TiN beschichtet
Durchmesser
d = 12 mm
Zähnezahl
z=4
Kühlung
trockene Luft 6 bar
Vorschub
fz = 0.1 mm/z;
Zustellung
ae = ap = 6 mm
Schnittgeschwindigkeit
vc = 200 mm/min
Das Rattern konnte durch Stabilisierung der Fräserecken massgeblich
reduziert und die beste Schicht gefunden werden (Abb. 10.6).
136
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Abb. 10.6: Verschleißverlauf beim Fräsen mit und ohne
Schneideckenpräparation (Daten siehe Abb. 10.5)
Die gleichen Fräser zeigen ein interessantes Verschleissverhalten, wenn die
Rundfasen mit unterschiedlichen Schneidkantenverrundungen versehen
werden (Abb. 10.7).
T.Cselle
Präparationsverfahren
(keine) Verrundung = 0 µm
Verrundung = 10 µm
Verrundung = 20 µm
Verrundung = 30 µm
137
Verrundung = 15 µm
Verrundung = 40 µm
Abb. 10.7: Verschleissbilder der Rundfase nach Lf=60m Fräsweg
nach Schneidkantenpräparationen mit verschiedenen Radien
Werkstoff
1.7225 – 42CrMo4 – 4140H
Werkzeug
AlTiN-beschichtet
Durchmesser
d = 10mm
Zähnezahl
z=4
Kühlung
trockene Luft
Vorschub
fz = 0.1 mm/z
Zustellung
ae = 1 mm; ap = d
Schnittgeschwindigkeit vc = 140 m/min
Im Vergütungsstahl zeigen die Rundfasen mit größeren Radien ein immer
besser werdendes Verschleissverhalten. Nach dem optimalen R=30 µm
bricht des Leistungsverhalten aber ein (Abb. 10.8).
138
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Diagramm 10.1: Verschleißverlauf beim Fräsen bei verschiedenen
Radien der Schneidkantenpräparation im Vergütungsstahl (Daten
siehe Abb. 10.7)
Dieser abrupte Leistungsabfall kann nach dem Überschreiten des optimalen
Abzuges auch bei anderen Werkstoffmaterialien festgestellt werden (Abb.
10.2)
T.Cselle
Präparationsverfahren
139
120
Standzeit
Poly. (Standzeit)
100
Standzeit ; [%]
80
60
40
20
0
0.00
10.00
20.00
30.00
40.00
50.00
60.00
Verrundung; R [um]
Diagramm 10.2: Verschleißverlauf beim Fräsen mit verschiedenen
Radien der Schneidkantenpräparation im Kaltarbeitsstahl
Werkstoff
1.2379 - X155CrVMo12-1
Werkzeug
nACRo-beschichtet
Durchmesser
d = 10 mm
Zähnezahl
z=4
Vorschub
fz = 0.05 mm/z
Zustellung
ae = 0,25 x d; ap = 1,5 x d
Schnittgeschwindigkeit vc = 150 m/min
Speziell bei der Bearbeitung höher legierter und gehärteter Werkstoffe ist
die Wahl von optimalen Schneidkantenradien von entscheidender
Bedeutung. Bei zu „scharfen“ Schneiden beträgt die Standzeit nur 20%
gegenüber der Standzeit von optimal verrundeten Schneiden. Bei einer zu
großen Kantenverrundung, die einem vorweggenommenen Verschleiß
entspricht, sinkt die Standzeit ebenfalls drastisch ab (Diagramm 10.2)
Optimale experimentell
(Diagramm 10.3).
ermittelte
Schneidkantenverrundungen
zeigt
140
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Diagramm 10.3: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe
in Abhängigkeit des Fräserdurchmessers
3
Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern
Die Schneidkantenpräparation (Entgraten, Verrunden und Abziehen der
Schneiden muss auf dem Zahngrund, auf der Zahnflanke und auf dem
Zahnkopf gleichmässig sein. Ansonsten treten ungleichmässige Verschleisse
auf (Abb. 10.8).
Abb. 10.8: Wichtigste Verschleißarten eines Abwälzfräserzahnes
T.Cselle
Präparationsverfahren
141
Das zur Schneidenpräparation von Abwälzfräsern meistens verwendete
nasse Mikrostrahlen gleicht die Unregelmässigkeiten hervorragend aus
(Abb. 10.9).
Nach Schleifen
(scharf)
nassgestrahlt
Standmenge; Anzahl Werkstücke
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0
5
10
15
20
25
30
35
Verrundung; R [µm]
Abb. 10.9: Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern durch nasses Mikrostrahlen
Werkstoff
27MnCr5 (270HB)
Werkzeug
S290, AlTiN-beschichtet
Schnittgeschwindigkeit vc = 140 m/min
Spanungsdicke
hmax = 0,3
Kühlung
trocken
Standzeitkriterium
VBmax = 0,1 mm
Modul = 2
Wie auch bei anderen Zerspanverfahren festzustellen ist, führt eine zu starke
Verrundung der Schneide, zu einer Verringerung der Standzeit.
4
Charakterisierung der Schichtgüte und ihre Abhängigkeit von der Schneidkantenpräparation
Direkt an der Schneide bleibt keine Schicht sehr lange erhalten. Die Güte
der Schicht kann dadurch charakterisiert werden, wie lange die Abstände
CPoR und CPoC klein gehalten werden können (Abb. 10.10).
142
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Schneidkeil
1.
Direkt an der scharfen Schneide weist die PVD-Schicht eine enorm
hohe interne Spannung auf.
2.
Wegen dieser hohen internen Spannung platzt die Schicht direkt
an der Schneide nach wenigen Schnitten ab.
3.
Die Güte der Schicht kann durch ihre Fähigkeit charakterisiert
werden wie lange und wie klein
die Abstände CPoR and CPOC
durch die Schicht gehalten werden können.
CPoR
CPo R : coating's peeling off an der Spanfläche
CPo C : coating's peeling off an der Freifläche
CPoC
4.
Die Ziele der Schneidkantenpräparation sind;
- der Schicht zu helfen die Abstände CPoR und CPoC
lange klein zu halten und dafür
- die Schneide zu “entschärfen“
- einen weichen Übergang für die Schicht zwischen Span- und
Freifläche zu schaffen
- dadurch die interne Spannung der Schicht zu reduzieren
- aber dabei das Werkzeug nicht stumpf zu machen
Abb. 10.10: Charakterisierung der Schichtgüte an der Schneide
Die Schneidkantenpräparation beeinflusst die Güte der Schicht massgeblich
(Abb. 10.11).
Abb. 10.11: Beeinflussung des Schichtverhaltens durch unterschiedliche Schneidkantenpräparationen
T.Cselle
5
Präparationsverfahren
143
Schneidkantenpräparation nach dem Beschichten
Wenn die Schicht direkt an der Schneide schnell abplatzt, kann eine
Schneidkantenbehandlung nach dem Beschichten, das grossflächige
Abplatzen der Schicht verlangsamen und weitere Vorteile bringen. Diese
Nachbehandlung beinhaltet aber auch wichtige Nachteile (Abb. 10.12).
NACHTEILE:
- Unterbrechung der Schichtstruktur
an einer langen Linie
- Direkter Kontakt von HM und Werkstoff
- Schlechtere chemische und
Wärmeisolierung
- Niedrige Schichtdicke in der Nähe
der Schneide
- Schnellerer Werkzeugverschleiss
Schneide
nach Beschichten
- Eindruck einer schlechten Beschichtung
VORTEILE:
- Schneidkantenverrundung &
Dropletentfernung in einem Schritt
- Vermeidung von grossen zusammenhängenden Ausbrüchen von HM+Schicht
- Ausgleich des Antenneneffektes (z.T.)
Schneide “freigesetzt“
nach dem Beschichten
Abb. 10.12: Vor- und Nachteile der Schneidkantenpäparation nach
dem Beschichten
6
Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation
Zur Durchführung der Schneidkantenpräparation stehen verschiedene
Methoden und Geräte zur Verfügung. Sei es hier dem Verfasser gestattet,
die wichtigsten Verfahren nach seiner Erfahrung zu vergleichen (Abb.
10.13).
144
Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge
Abb. 10.13: Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation
und ihre wichtigsten Merkmale
7
Zusammenfassung
Aus den Versuchen beim
•
Bohren, Fräsen, Gewinden und Abwälzfräsen mit Vollwerkzeugen
•
Drehen mit Wendeschneidplatten und
•
mit vollen und gelöteten Sägewerkzeugen
bei denen die Schneiden durch die Verfahren
•
Schleifen, Bürsten, Mikrostrahlen, Schleppschleifen und Magnetfinish
vorbehandelt wurden, lassen sich die folgenden Aussagen ableiten:
Eine optimale Schneidkantenpräparation ist bei Hochleistungswerkzeugen enorm wichtig und kann bedeutsame Leistungssteigerungen
erreichen.
Die optimalen Parameter der Schneidkantenpräparation hängen stark
von den zu bearbeitenden Materialien, von den Schnittparametern
und von den Werkzeugabmessungen ab.
Die Schneidkantenpräparation ist sehr “empfindlich“, falls die optimalen Werte der Schneidkantenpräparation überschritten werden,
fällt die Zerspanleistung rapide ab.
Deswegen ist die Schneidkantenpräparation ein enorm wichtiger Bestandteil aller Beschichtungssysteme für die zerspanende Industrie
(Abb. 10.14).
T.Cselle
Präparationsverfahren
145
Abb. 10.14: Die Schneidkantenpräparation ist ein integrierter Bestandteil moderner Beschichtungssysteme
8
Literatur
Cselle, T.: Influence of Edge Preparation on the Performance of Coated Cutting
Tools
Invited talk on the International Conference on Metallurgical Coatings and Thin
Films, San Diego, April/2007 – Download: www.platit.com
Cselle, T.: Einfluss der Schneidkanten-Präparation auf die Leistung von
beschichteten
HPC-Zerspanwerkzeugen - High Performance Cutting (HPC), Aachen,
29./30.04.2008
Preiß, P.; Cselle, T.: Einfluss der Schneidkantenpräparation und Beschichtung auf
das Leistungsvermögen von Präzisionszerspanungswerkzeugen
Tagungsband zur 8. Schmalkalder Werkzeugtagung, Schmalkalden, 05./06.11.2008
Cselle, T. Büchel, C. Coddet, O. Lümkemann, A. Morstein, M. Prochazka, J.:
Die
Bedeutung
der
Schneiden-Mikrogeometrie
für
beschichtete
Hochleistungswerkzeuge
Swissmem – 8. Zerspanungsseminar, Zürich, Olten, Yverdon, Jan/2009
146
Optische Messung von Schneidkanten
Messtechnik
Optische Messung von Schneidkanten
R. Hainich17
Abstract:
Optische Verfahren zur Schneidkantenmessung bieten
gegenüber taktilen Lösungen den Vorteil der schnellen
Erfassung und automatischen Ausrichtung einer großen Anzahl
von Radien, geringer Folgekosten und einfacher Handhabung,
darüber hinaus die Möglichkeit der schnellen Messung weiterer
Parameter. Im folgenden stellen wir die wesentlichen optischen
Messverfahren, ihre Prinzipien, spezifischen Eigenschaften und
ihre praktische Anwendung vor.
Schlagwörter:
Optische
Messtechnik,
Streifenprojektion, Infinite-Focus,
Radiennormal
1
Schneidkantenmessung,
Konfokales Mikroskop,
Optische Schneidkantenmessung - Grundlagen
Wesentliche optische Verfahren für die Schneidkantenmessung sind zur Zeit
die Streifenprojektion sowie Fokus-basierte Mikroskopieverfahren. Weitere
Verfahren wie Interferometrie, Triangulationsverfahren u.a. spielen in diesem Applikationsbereich nur eine untergeordnete Rolle. Im Folgenden
17
[email protected]
R. Hainich
Messtechnik
147
werden daher schwerpunktmäßig die genannten wichtigeren Verfahren und
ihre Anwendung erläutert.
Diese sind in der Lage, die Schneidkante flächenhaft zu erfassen und damit
wesentlich mehr Informationen zu liefern als taktile Verfahren, z.B. über
Scharten, Rauhigkeit usw.. Kantenradien werden durch Einfügen von
Schnittlinien im fertiggemessenen 3D-Datensatz bestimmt (Abb. 11.1).
Diese Schnittlinien liefern nicht nur einen Überblick über ein ganzes Segment einer Schneide, sie werden auch automatisch quer zur Schneide ausgerichtet.
Abb. 11.1: Automatisch gelegte Schnittlinien, Schartigkeit (ODSCAD
Software)
1.1
Musterprojektions-Verfahren
Wir betrachten im Folgenden die Streifenprojektion. Diese ist generell
gesehen, ein Spezialfall der allgemeinen Musterprojektion (structured light
projection). Andere Projektionsmuster haben sich jedoch als wenig vorteilhaft erwiesen, abgesehen von Spezialanwendungen, so dass Streifenprojektion und ‚structured light’ oft synonym verwendet werden.
Das Streifenprojektionsverfahren lässt sich am einfachsten ausgehend vom
Lichtschnittverfahren erklären. Trifft ein schmaler Lichtstreifen auf ein
Objekt, „schneidet“ er es quasi in zwei Hälften, und die Schnittlinie, von der
148
Optische Messung von Schneidkanten
Seite betrachtet, gibt Auskunft über die Form des Objekts. Die subjektiv von
einer beliebigen Position aus gesehene Form der Schnittlinie lässt sich
geometrisch punktweise auswerten, wie eine einfache Triangulation.
Für eine vollständige Vermessung einer Oberfläche könnte man viele solcher Schnittlinien aneinander reihen. Unter der Voraussetzung, dass sowohl
vom Projektor als auch von der Kamera aus alle Teile der zu messenden
Objektoberflächen zu sehen sind, kann so die Form vollständig vermessen
werden. Ist dies nicht der Fall, müssen mehrere Messungen von verschiedenen Positionen aus kombiniert werden. Die Projektion einzelner Lichtschnitte nacheinander erfordert jedoch eine erhebliche Zeit. Daher erfand man die
Streifenprojektion, bei der quasi viele parallele Lichtschnitte gleichzeitig
projiziert und ebenso gleichzeitig von einer Kamera aufgenommen werden.
Die Streifenprojektion bietet jedoch wesentlich mehr als lediglich eine
beschleunigte Messung. Sie kann wesentlich genauer sein als das einfache
Lichtschnittverfahren. Dazu wird nicht einfach der Ort eines Lichtstreifens
ermittelt, sondern es werden außerdem die Intensitäten eines kontinuierlichen Helligkeitsverlaufs zwischen den hellen und dunklen Streifenpartien
ausgewertet.
Abb. 11.2: Streifenprojektion mit Phasenauswertung
Sind die Helligkeitsverläufe des emittierten Lichtmusters bekannt (und
ebenso eventuelle Grauwertverläufe der gemessenen Oberfläche), so lassen
sich auf diese Weise die Streifenpositionen und somit die gemessenen Hö-
R. Hainich
Messtechnik
149
henwerte um ein vielfaches genauer bestimmen, in der Praxis um das 10- bis
50-fache.
Dabei werden verschiedene physikalische Tatsachen genutzt: zum einen
sind projizierte Streifen von natur aus nicht vollständig scharf. Zum anderen
gleicht die Positionsbestimmung von Streifen innerhalb eines regelmäßigen
Musters einer Phasenmessung. Damit können Rechenverfahren zum Einsatz
kommen, wie sie z.B. in der Interferometrie üblich sind. Konkret ist z.B. die
Auswertung per Fourieranalyse möglich, die im komplexen Fall nicht nur
die Frequenzen, sondern auch die Phasen verschiedener Spektralanteile
eines Wellenmusters auswirft. Durch die Spektrale Separation kann zudem
die hier ausschließlich interessierende Grundwelle des Musters herausgefiltert werden. Von besonderem Vorteil ist dabei, dass für die Fourieranalyse
ein hocheffizientes und schnelles Rechenverfahren, die so genannte FastFourier-Transformaton (FFT) zur Verfügung steht.
Betrachtet man die Vorgänge im Einzelnen so zeigt sich, dass eine genaue
‚Triangulation’ auf Basis dieses Verfahrens bereits mit relativ breiten, projizierten Streifen möglich ist, die aber annähernd sinusförmig moduliert sein
sollten. Weiters sind zur einwandfreien Bestimmung aller Flächenpunkte
aus der Signalphase mindestens 3 phasenverschobene Streifenmuster erforderlich (Abb. 11.2), da nur dann stets eine verwertbare Streifenflanke F auf
jeden Objektpunkt liegt.
Genauer betrachtet, ist in der Praxis der Intensitätsverlauf eigentlich ein
Stufenmuster, denn er wird i.d.R. mittels eines aus einzelnen Bildpunkten
aufgebauten Displays erzeugt. Praktisch liegen jedoch die Stufen an der
Auflösungsgrenze der Abbildungsoptik und verschwimmen somit, dazu
kommt eine gewisse Unschärfe da ja der Projektor 3-dimensionale Objekte
beleuchtet und somit ein erheblicher Schärfentiefen-bereich genutzt wird,
und drittens werden die durch die Stufen bedingten, höheren Bildfrequenzen
letztlich bei der Analyse herausgefiltert.
Wichtig ist neben der Messgenauigkeit die eindeutige Zuordnung der gesehenen Streifen. Im Falle stetiger Oberflächen ohne verdeckte Teile kann
dies noch einfach durch Abzählen erreicht werden. Andernfalls werden
beispielsweise mehrere Muster aus sukzessive breiter werdenden schwarzen
und weißen Streifen projiziert. Die Codierung kann so gewählt werden, dass
die hell/dunkel- Folgen der aufeinander folgenden projizierten Bilder für
jeden der schmalsten Streifen eine individuelle binäre Zahl ergeben, die die
beleuchteten Objektpunkte eindeutig zuordnet und zudem hohe Fehlersicherheit bietet (Graycodes).
Bei hinreichend intakten Schneidkanten kann allerdings hierauf verzichtet
werden, da hier nicht mit verdeckten Streifen zu rechnen ist. Somit ist diese
150
Optische Messung von Schneidkanten
Anwendung bereits mit 3-4 Phasenbildern hervorragend bedient, was eine
Aufnahme des gesamten Tiefenbereichs bereits im Bruchteil einer Sekunde
ermöglicht.
Zu beachten ist, dass generell bei der Streifenprojektion quer zu den Streifen
liegende Objektstrukturen etwas besser aufgelöst werden als parallele, so
dass für spezielle Messprobleme durchaus auch andere Mustertypen in
Frage kommen könnten. Praktisch erwiesen sich solche Ansätze jedoch nie
als insgesamt vorteilhaft. Insbesondere bei der Schneidkantenmessung spielt
dieser Aspekt grundsätzlich keine Rolle, da die Schneidkante prinzipiell
immer quer zu den Streifen ausgerichtet wird und somit das Verfahren in
jedem Fall optimal funktioniert.
Da bei der Streifenprojektion Intensitätsvariationen entscheidend für die
Genauigkeit der Messung sind, werden die Linearität und Gleichmäßigkeit,
sowie die zeitliche Konstanz der verwendeten Projektionsdisplays erhöhte
Anforderungen gestellt. Linearitäten besser als 1%, wie sie hier gefordert
werden, sind z.B. mit den in Videoprojektoren meist üblichen Flüssigkristall-Displays (LCD) kaum zu erreichen, hinzu kommen Temperatureinflüsse, die bei längeren Messzeiten die Kalibrierung der Geräte beeinträchtigen
können.
Vorteile bieten hier die Mikrospiegel-Displays wie sie Texas Instruments,
noch als einziger Anbieter, seit mehr als 10 Jahren fertigt. Diese Displays
basieren auf winzigen Kippspiegeln, die zu Millionen aus einem einzigen
Silizium-Wafer in bis zu 43 Prozessschritten herausgeätzt werden, zusammen mit der ebenfalls im Wafer untergebrachten Steuerschaltung. Elektrostatische Kräfte lenken die nur 13 Mikrometer kleinen Spiegel bis zu mehreren 10.000 mal pro Sekunde aus. Dabei profitiert die Technologie vom
Effekt der so genannten Hyperelastizität des hoch reinen Silizium-Materials,
d.h. die dünnen Federstreifen, an denen die Spiegel aufgehängt sind, ermüden auch bei jahrzehntelangem Dauerbetrieb nicht. Grauwerte, und dies
prädestiniert die DLP-Displays besonders für das hier besprochenen Messverfahren, werden durch digitale Zeitsteuerung, d. h. Änderung der ‚An’und ‚Aus’-Zeiten der einzelnen Spiegel erzeugt. Dabei ermöglicht die hohe
Kippgeschwindigkeit die Modulation innerhalb der typischen Zeit eines
einzelnen Videobildes, d.h. <20ms, bereits auf weniger als 1/1000 genau.
Neben der Grauwert-Linearität spielt die räumliche und zeitliche Konstanz
der Reflektionsparameter eine Rolle. Diese ist bei DLP-Displays unübertroffen da ja nur Spiegel eine Rolle spielen, hier eine Aluminium-Beschichtung,
deren Reflektionsgrad sich praktisch nicht ändert. Dies bedingt auch eine
hervorragende Temperaturkonstanz, wichtig für die Messtechnik, da sonst
die Kalibrierung bis zur Messung bereits wieder obsolet sein könnte.
R. Hainich
Messtechnik
151
Somit bietet die Streifenprojektion insbesondere mit DLP, bei der 3DFormmessung und somit auch für die Schneidkantenmessung hervorragende
Voraussetzungen. Zusammenfassend zeichnet sich die Streifenprojektionstechnik durch eine relativ schnelle Arbeitsweise (Erfassung des gesamten
Höhenbereichs mit einer kurzen Bildsequenz) und eine sehr gute Höhenauflösung aus. Ein in der Praxis relevanter Vorteil dürfte auch der große Arbeitsabstand von typisch 5cm sein. Die große Tiefenschärfe und Skalierungstoleranz der Streifenmuster erlaubt darüber hinaus die Realisierung
von Geräten mit Zoom-Optik für eine Messfeldvariation von typisch 3:1.
1.2
Fokusbasierte Verfahren
Im Bereich der Mikrokonturerfassung gibt es neben der Streifenprojektion
verschiedene Verfahren, die auf der Interferenz oder auf der Fokussierung
von Licht beruhen.
1.2.1
Konfokale Mikroskopie
Abb. 11.3: Konfokales Mikroskop, Prinzip
Bei der konfokalen Mikroskopie wird das Licht eines Lasers oder einer
punktförmigen Lichtquelle über eine Mikroskopoptik auf einen Punkt des zu
messenden Volumens fokussiert und durch die gleiche Optik wird über
einen Strahlteiler das von diesem Punkt zurückgeworfene Licht auf einen
ebenfalls punktförmigen Fotodetektor geleitet. Ist im Fokus des Messstrahl
kein reflektierendes Objekt vorhanden, geht durch die Verteilung des Lichts
auf eine größere Objektfläche hierbei sehr viel an Intensität verloren. Die
gemessene Intensität hängt also - unter anderem - stark vom Fokus und
152
Optische Messung von Schneidkanten
somit vom Objektabstand ab. Durch Variation dieses Abstandes unter Verfolgung der Intensitätsänderung lässt sich so die Objektposition ermitteln.
Der Höhenbereich muss also bei fokusbasierten Verfahren entweder durch
Variation des Objektabstandes bei Aufnahme entsprechend vieler Gesamtbilder abgetastet werden, oder es wird (unter Voraussetzung einer gewissen
Stetigkeit der Objektoberfläche) der Objektabstand oder die Fokuslänge
während eines lateralen Scanvorganges variiert, wobei je Objektpunkt immer noch mehrere Belichtungen nötig sind. Daher benötigen fokusbasierten
Verfahren gegenüber der Streifenprojektion vom Prinzip her längere Messzeiten.
Die konfokale Mikroskopie erfasst im Prinzip einzelne Punkte pro Aufnahme. Um eine Flächenabtastung bei gleichzeitig (notwendigem) hohen Kontrast der Punktlichtquelle zu ermöglichen, wird die Punkt-Sequentielle
Abtastung (Scanning) z.B. mittels einer Nipkow-Scheibe erreicht. Ebenso
möglich ist der Einsatz von Displays als Lichtquelle (wobei einzelne Bildpunkte sequentiell angesteuert werden), oder eines Laserscanners. Anstelle
eines einzelnen Lichtdetektors kommt auch ein Kamerachip in Frage. So
lassen sich im Prinzip Objektpunkte relativ schnell abscannen.
Eine weitere Möglichkeit stellt die Erzeugung mehrerer Lichtpunkte gleichzeitig dar. Bei geeigneten Objektstrukturen und hinreichenden Abständen
beeinflussen sich diese gegenseitig nur unwesentlich, was aber nicht allgemein vorausgesetzt werden kann. Eine Verbesserung kann hier durch Variation der Helligkeit der Lichtpunkte entsprechend der lokalen Reflektivität
des Messobjekts erreicht werden.
1.2.2
Das Infinite-Focus-Verfahren
Beim Infinite-Focus-Verfahren wird statt weniger Punkte ein komplettes
Bild aufgenommen und es werden lokal Kontrastwerte aus Gruppen benachbarter Bildpunkte ausgewertet. Rückschlüsse auf die Höhe einzelner
Pixel sind hier in gewissen Genauigkeitsgrenzen möglich. Allerdings verringert diese Methode auch die Lateralauflösung des Höhenbildes.
Bei Mikrostrukturen kann im Gegensatz zu makroskopischen Objekten
meist mit genügend Detailrauhigkeit gerechnet werden um diese Art der
Auswertung zuzulassen (glatte Strukturen würden keine Kontraste liefern,
aber diese entsprächen in Bereichen nahe der Lichtwellenlänge einem Spiegel, der optische Verfahren ohnehin vor Problemen stellen würde). Aus dem
gleichen Grund funktioniert auch eine optische Maus auf nahezu jeder
Oberfläche.
Durch sequentielle Aufnahme einer größeren Zahl von Bildern bei kontinuierlicher Variation der Objektdistanz wird dann das Höhenbild erstellt.
R. Hainich
Messtechnik
153
Bei Fokusbasierten Verfahren ist die Höhenauflösung allgemein insofern
problematisch, als sie auf einem mehr oder weniger breiten Maximum der
fokusabhängigen Lichtausbeute beruht (Abb. 11.3), also nicht wie die Streifenprojektion auf die relativ fein auflösende Auswertung von Flanken der
Intensitätskurven zurückgreifen kann. Beim Infinite-Focus-Verfahren ist das
Kontrastmaximum prinzipbedingt noch breiter [Scherer, 2006], mithin
weniger eindeutig lokalisierbar.
Eine weitere Einschränkung fokusbasierter Verfahren kann in den benötigten kurzen Abständen zwischen Messobjekt und Mikroskopobjektiv liegen,
was vor allem die Handhabung betrifft. Die erreichbare Höhenauflösung bei
fokusbasierten Verfahren hängt von der Konvergenz des Lichtbündels ab,
somit liegen die Messabstände in der Größenordnung des Objektivdurchmessers, mithin wenige Millimeter.
1.2.3
Interferometrische Verfahren
Abschließend sei noch die Interferometrie (z.B. auch Weisslichtinterferometrie) erwähnt. Der Aufbau ist ähnlich dem Konfokalmikroskop, dem vom
Objekt reflektierten Licht wird zum Sensor hin jedoch zusätzlich ein Teil
des direkten Lichtes der Lichtquelle überlagert, so dass Interferenz, also
partielle Auslöschung oder Verstärkung durch die Wellenüberlagerung
auftritt. Der Höhenmessbereich ist ebenso wie die - hier sehr gute - Höhenauflösung durch die Lichtwellenlänge bedingt und konstruktive Interferenz
tritt nur in einem extrem kleinen Bereich auf. Der Höhenbereich muss hier
in sehr vielen Schritten von weniger als einem Mikrometer sequentiell
abgetastet werden, was zu erheblicher Langsamkeit führt.
2
Optische Schneidkantenmessung - Durchführung
Anhand des Streifenmessverfahrens betrachten wir den prinzipiellen Ablauf
einer optischen Schneidkantenmessung (Abb. 11.4).
Die Schneidkante wird zunächst von ihrer Form her als einfacher Keil aufgefasst. Zu messen ist vorwiegend der Kantenradius, gelegentlich sind
Öffnungswinkel gefragt sowie weitere Parameter wie Schartigkeit und
Rauheit, oder die Formerfassung von Krümmung, Ausbrüchen, Flächenkrümmung etc.
Einige dieser Parameter sind offensichtlich nur der optischen Messung mit
vertretbarem Aufwand zugänglich.
Bei der Messung wird die Kante quer zu dem Messstreifen ausgerichtet, um
eine optimale Erfassung ihrer Form zu gewährleisten, insbesondere auch um
sicherzustellen, dass alle Teile der Form im Blickwinkel sowohl der Kamera
als auch des Projektors liegen.
154
Optische Messung von Schneidkanten
Die Kamera wird auf die Schneidkante fokussiert, bei gekrümmten Kanten
wird ein mittlerer Wert verwendet. Der Projektor wird nie fokussiert, seine
Streifen können bzw. sollen ja sogar Unschärfen aufweisen, da nur Grauwertgradienten interessieren.
Abb. 11.4: Schneidkantenmessung an einer Wendeschneidplatte mit dem Streifenprojektions-Verfahren
Messzeit ca. 2 Sekunden
Es folgt eine ganz normale Erfassung der kompletten 3D-Form. Dabei wird
die gemessene Fläche in einem Volumen abgetastet, das z.B. bei der Streifenprojektion eine Höhe von ca. ¼ der Messfeldlänge haben kann. Typische
Messfeldlängen liegen dabei zwischen 0,8 mm und 4 mm, je nach Messobjekt und zu messendem Kantenradius. Bei einer Kamera-Auflösung von z.B.
1600x1200 Bildpunkten ist dabei eine Lateralauflösung bis 0,5 Mikrometer
möglich. Vertikalauflösungen können bedingt durch die beschriebenen
Eigenschaften des Streifenmessverfahrens sogar bei einem Bruchteil davon
liegen.
Somit lassen sich Kantenradien bis zu wenigen Mikrometern sinnvoll
bestimmen (zur Bestimmung eines Radius sind offensichtlich mehrere
Bildpunkte brauchbarer Genauigkeit innerhalb des Kantenbereichs nötig).
Beim optischen Verfahren wird eine Schnittlinie quer zur Schneidkante erst
nach der Messung bestimmt und automatisch ausgerichtet. Die zweidimensionalen Querschnittsdaten werden dann aus dem dreidimensionalen Daten-
R. Hainich
Messtechnik
155
satz entnommen. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Möglichkeit,
gleich mehrere Schnittlinien zu bestimmen, und dies sogar bei gekrümmten
Schneidkanten in optimaler Weise, indem die Linien jeweils quer zur Kante
ausgerichtet werden (Abb. 11.5).
Abb. 11.5: Konturverfolgung an einer Ecke einer Wendeschneidplatte
Wird nun für jede einzelne Schnittlinie der Kantenradius (durch Einpassen
eines Kreissegments) ermittelt, so lassen sich nicht nur Radien sondern auch
deren Streuung, Kantenrauheit und -Schartigkeit sehr schnell ermitteln.
Insbesondere muss auch eine gekrümmte Kante nur einmal justiert werden,
und dies nicht einmal genau. Zusätzlich lassen sich zuverlässige Mittelwerte
für den Radius ermitteln, unter Eliminierung einzelner Ausreißer, was eine
zuverlässige Basis für die Optimierung von Verrundungsverfahren darstellt.
Neben den einfachen Parametern lässt sich bei optischen Verfahren die
gesamte Schneidkante mit allen Merkmalen dreidimensional darstellen, z.B.
können Ausbrüche genau erfasst und vermessen werden, und es sind somit
jederzeit detaillierte Schlussfolgerungen über die Effekte verschiedener
Verrundungsradien, Materialien, Schnittgeschwindigkeiten etc. möglich.
156
3
Optische Messung von Schneidkanten
Vorteile optischer 3D- Messverfahren
Schneidkanten zeichnen sich im allgemeinen dadurch aus, dass die Geometrieelemente sehr klein sind und sich oft in Bereichen mit starker Oberflächenkrümmung (z.B. Ecke einer Wendeschneidplatte) befinden. Rauheit
und Bearbeitungsfehler führen zu Schwankungen der Geometrie über der
Länge, die bei der optischen Messung problemlos mitberücksichtigt werden.
Ein besonderer Vorteil optischer Meßmethoden liegt darin, dass die Querausrichtung der Schneide relativ unproblematisch ist. Beim taktilen Messen
ergeben sich bei Winkelfehlern in der Justage des Prüflings auch Radiusfehler, da die Messnadel sich dann schräg über die Kante bewegt.
3.1
Auflösungsgrenze taktiler Systeme
Abb. 11.6: Auflösungsgrenzen durch Taster-Abmessungen
Beim Messen mit taktilen Messgeräten kann zudem nur die Bewegungslinie
des Mittelpunktes der Tastkugel verfolgt werden. Die anschließende Rekonstruktion des Profilverlaufes setzt eine genaue Kenntnis der Geometrie des
Tasters voraus. Dies kann nur mittels relativ großer Tastkugeln realisiert
werden. Die Folgen sind limitierte Auflösung und systematische Messfehler
bei Verschleiß des Tasters.
R. Hainich
Messtechnik
157
Abb. 11.7: Einfluss von Messfehlern auf die gut/schlecht-Selektion
Abb. 11.7 zeigt, in welchem Maße Messfehler die Verteilung gemessener
Radien vergrößern. Während weniger als 0,5% der Teile tatsächlich außerhalb des Toleranzbereiches liegen, führen systematische Messfehler von 2
µm und eine etwas erhöhte Streuung des taktilen Messgerätes bereits dazu,
dass sich 10% der Messwerte außerhalb des Toleranzbereiches befinden.
Ebenso ist es möglich, dass ein Messfehler die gemessene Abweichung vom
Sollwert reduziert und dadurch ein schlechtes Teil nicht zurückgewiesen
wird. Um dies zu verhindern, müssen Streuung und systematische Fehler
ermittelt und der Akzeptanzbereich entsprechend verringert werden. Bei der
Verwendung des taktilen Messgerätes müssten deshalb z.B. 30% aller Teile
zurückgewiesen werden.
Eine sinnvolle Lösung ist der Einsatz eines besseren Messgerätes. Optische
Messgeräte liefern durch die Auswertung vieler Einzelradien und durch die
unproblematische Handhabung sehr genaue Ergebnisse. Der gesamte Messvorgang ist sehr schnell und es entstehen praktisch keine laufenden Materialkosten (Tastspitzen). Diese Investition kann sich also sehr schnell amortisieren.
158
Optische Messung von Schneidkanten
Zusammengefasst ergeben sich mit optischen Meßsystemen u.a. folgende Vorteile:
3.2
•
Das Objekt kann mittels Kamerabild positioniert werden
•
Eine Aufspannung ist nicht notwendig, da keine Kräfte während der
Messung auf das Messobjekt übertragen werden
•
Die Schneidkante wird per Software dreidimensional ausgerichtet
und Radiusfehler durch Verkippung werden damit vermieden
•
Die Messzeit beträgt nur einige Sekunden
•
Die Auflösung wird nicht durch die Tastspitze eingeschränkt
•
Umfangreiche Datenerfassung (komplette 3D-Formmessung)
•
Frei von Verschleißteilen und damit verbundenen Folgekosten
•
Es werden mehrere hundert Schnittlinien gleichzeitig erfasst und
bewertet
•
Die statistische Bewertung minimiert den sonst deutlichen Einfluss
der Oberflächenrauheit bzw. der Materialkörnung
•
Zusätzliche Bewertungsmöglichkeiten (Ausbrüche, Rauheit, Chipping)
Auflösung optischer Verfahren
Da die optische Messungen naturgemäß auf Licht im sichtbaren Bereich
basieren, ist die Grenze der Messauflösung eine Funktion der Lichtwellenlänge, die für rotes Licht bei 600 nm und für blaues Licht bei 400 nm liegt.
Bei Auswertung der Phase oder interferometrischen Verfahren werden in
Einzelfällen 20 nm Höhenauflösung genannt. Die Lateralauflösung selbst
guter Lasermikroskope liegt jedoch kaum unter 200 nm.
Bei der Schneidkantemessung, die im optischen Fall eine komplette Formerfassung beinhaltet, ist zunächst die Lateralauflösung der verwendeten Kameras eine Begrenzung, bei 0,8 mm Messfeld und 1600 Pixeln über der
Sensorlänge z.B. 500 Nanometer. Die Höhenauflösung ist je nach Verfahren
deutlich besser, bei Messung eines Verrundungsradius bietet dies jedoch
keine wesentlichen Vorteile mehr.
Insgesamt ist die Auflösung optischer Verfahren also mit einigen 100 nm
anzusetzen. Im Vergleich mit taktilen Verfahren, bei denen der Radius der
verwendeten Messtaster sowie mechanische Toleranzen eine Rolle spielen,
ist das allerdings sehr gut. Einschränkungen ergeben sich nur bei Messob-
R. Hainich
Messtechnik
159
jekten mit extremen optischen Eigenschaften. So können transparente Objekte (Diamantwerkzeuge) nur mit speziellen Verfahren gemessen werden.
Die meisten Schneidwerkzeuge sind für die meisten optischen Messverfahren geeignet.
3.3
Nachweis der absoluten Messgenauigkeit
Zum Nachweis der absoluten Messgenauigkeit wurden z.B. Radiennormale
entwickelt, deren Radius, Winkel und Abweichungen von einer Idealgeometrie vom Schweizer Bundesamt für Metrologie Metas zertifiziert werden.
Durch schrittweise Verbesserung des Herstellungsverfahrens wurde die
Unsicherheit auf weniger als 1 µm reduziert. Die Überprüfung aller Messgeräte mit diesen Normalen stellt sicher, dass weder unzulässige Streuung der
Messwerte noch unzulässige systematischen Abweichungen auftreten.
Abb. 11.8: Messgeräteprüfung an einem Schneidkantennormal
(Streifenprojektion)
Die Standardabweichung beträgt bei 19 µm Radius nur 0,1 µm
4
Software zur 3D-Bewertung von Schneidkanten
Für den praktischen Einsatz eines Messgerätes ist neben der Datenerfassung
eine Software notwendig, welche die Bewertung der Daten ermöglicht.
Dabei kommt es insbesondere auf die vollständige Verfügbarkeit aller relevanten Bewertungsfunktionen, intuitive Bedienbarkeit, und weitgehende
Automatisierung der Bewertungsabläufe an, um auch große Messreihen und
Routineaufgaben effizient zu realisieren.
Die Vielzahl der mit optischen Verfahren erfassten Daten stellt dabei wesentlich größere Anforderungen, ermöglicht aber auch weit umfangreichere
Auswertungen als bei taktilen Verfahren.
160
Optische Messung von Schneidkanten
Als Beispiel sei hier das Softwarepaket ODSCAD betrachtet. Dieses ermöglicht zum Beispiel:
•
•
•
•
•
•
•
•
Erstellung automatischer Mess- und Bewertungsabläufe
Automatische 3D-Ausrichtung, Konturverfolgung und senkrechte
Schnittselektion mehrerer hundert Einzelschnitte
Radienmessung mit statistischer Auswertung
Visualisierung von 3D-Daten und Einzelschnitten entlang des Kantenverlaufes
Bewertung asymmetrischer Kanten
Bewertung von Chipping / Ausbrüchen
Vergleich mit vordefinierter Idealgeometrie
Umfangreicher geometrischen Auswertungen, Bemaßung etc.
Abb. 11.9: Streifenprojektions-Sensor mit blauer LED-Lichtquelle,
Schneidkantensoftware
R. Hainich
4.1
Messtechnik
161
Beispiel einer automatischen Schneidkantenmessung
Abb. 11.10: Automatisch erstelltes Messprotokoll einer stark gekrümmten, benutzten Schneidkante an der Ecke einer Wendeschneidplatte (Streifenmessverfahren).
Innerhalb weniger Sekunden sind 50 Querradien bestimmt. Die in der praktischen Anwendung oft sehr komplexe Aufgabe der Radienbestimmung an
nicht idealen Formen übernimmt ein speziell hierfür entwickelter Algorithmus.
162
5
Optische Messung von Schneidkanten
Ausblick
Optische Messverfahren werden zur Zeit ständig weiterentwickelt. Zum
einen steht die Handhabung im Vordergrund, was vor allem die Gerätekonstruktion betrifft. Der schnellen Messung muss eine schnelle Positionierung
der Prüflinge entsprechen.
Halbleiter-Lichtquellen (LED) reichen dank hohem Wirkungsgrad und
effizienter Lichtführung bereits an die Leistung mittlerer Halogenlampen
heran. Damit werden die Geräte kompakter und leichter, und die Lebensdauer der Lichtquelle kann mit z.B. 50.000 spezifizierten Betriebsstunden
als praktisch unbegrenzt angesehen werden. Für die Schneidkantenanwendung ergeben sich z.B. bei Einsatz blauer Leuchtdioden Vorteile. Deren
kürzere Lichtwellenlänge und schmalere spektrale Bandbreite (einfachere
Korrektur der Kameraobjektive) ermöglichen eine deutliche Verbesserung
der maximalen Messauflösung.
Bei der Software gab es in letzter Zeit stetige Fortschritte unter anderem bei
den Auswertungsalgorithmen, die ebenso wie die neuen Lichtquellen vor
allem der präzisen Messung auch kleinster Schneidkantenradien zugute
kommen.
In der Werkzeugtechnik gewinnt die optische Präzisionsmesstechnik neben
der Schneidkantenverrundung zunehmend Bedeutung für die KomplettVermessung und -Digitalisierung von Wendeschneidplatten und Kleinwerkzeugen.
6
Literatur
Frankowski, G., Chen, M., Huth, T.: Real-time 3D Shape Measurement with
Digital Stripe Projection by Texas Instruments Micromirror Devices (DMD)
Proc. Of SPIE-Vol. 3958(2000), pp. 90 - 106
Liedmann
M.:
Mikrostreifen-Projektion
zur
fertigungsnahen
Qualitätsüberwachung, in: Workshop „Messtechnik in der Mikro- und
Präzisionsfertigung“ in der Reihe „Praxis der Mikrofertigung“, 08./09.März
2006
Scherer, S.: Fokusvariation zur Messung von Mikrostrukturen im Mikro- und
Nanometerbereich, in: Workshop „Messtechnik in der Mikro- und
Präzisionsfertigung“ in der Reihe „Praxis der Mikrofertigung“, 08./09.März
2006
Morstein, M,: Siliziumhaltige Nanokomposit-Schichten für anspruchsvolle
Zerspanungsaufgaben. Industrie-Arbeitskreis CVD-Diamant-Werkzeuge, 18.
Treffen, 28.2.2008
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
163
Optische 3D Messung der Schneidkantenverrundung
Geometrie und Verschleißmessung von
Schneidkantenverrundungen mit Fokus-Variation
Dr. Manfred Prantl, Dr. Reinhard Danzl, Franz Helmli, Alicona Imaging GmbH18
Abstrakt:
18
Um die Qualität von Schneidwerkzeugen wie Bohrer, Gewindeschneidwerkzeuge oder Wendeschneidplatten beurteilen zu
können, ist es notwendig deren genaue Geometrie im Besonderen auch an der Schneidkante zu messen. Zusätzlich soll auch
der Verschleiß nach ihrem Gebrauch in der industriellen Fertigung erfasst werden. Dadurch können Maßnahmen gesetzt werden, um sowohl die Qualität und Lebensdauer der Werkzeuge
als auch die Geschwindigkeit des Fertigungsprozesses zu erhöhen. Im Folgenden wird ein optisches 3D Messgerät basierend
auf Fokus-Variation vorgestellt, das hochauflösende Messungen
ermöglicht. Aufgrund der speziellen Technologie werden auch
extrem steile Flanken gemessen und neben der 3D Information
ein perfekt registriertes Echtfarbbild des Werkstücks gewonnen.
Anhand verschiedener Applikationen soll demonstriert werden,
dass auch extrem kleine Bauteile, wie Bohrer mit Durchmessern
von wenigen hundert Mikrometern oder Kantenradien von
Wendeschneidplatten mit bis zu 3µm, gemessen werden kön-
Dr. Manfred Prantl, [email protected]
Dr. Reinhard Danzl, [email protected]
Franz Helmli, [email protected]
Alicona Imaging GmbH, Teslastraße 8, A-8074 Grambach, Österreich, www.alicona.com
164
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
nen. Durch spezielle Registrierungsalgorithmen wird es möglich, die dreidimensionale Struktur von Werkzeugen sowohl mit
dem CAD Modell zu vergleichen als auch einen Vergleich der
Werkzeuge vor und nach dem Gebrauch durchzuführen. Damit
wird z.B. der Abtrag und die Menge des verschlissenen Volumens ermittelt.
Schlagwörter:
1
Schneidkantenverrundung, Verschleißmessung, optische 3D
Messung, Fokus-Variation, InfiniteFocus, Real3D
Einleitung
Die dreidimensionale Messung von Bohrern, Fräsern und Wendeschneidplatten ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle in der industriellen Fertigung, da die Form und der Verschleiß der Schneidkanten erheblichen Einfluss auf die Qualität der gefertigten Teile haben. Unter anderem
beeinflusst die Werkzeuggeometrie die mögliche Geschwindigkeit in der
Fertigung sowie die Lebensdauer der Werkzeuge. Da diese Werkzeuge oft
eine sehr komplizierte Geometrie mit steilen Flanken und Hinterschneidungen aufweisen, ist deren dreidimensionale Messung eine große Herausforderung für optische Oberflächenmessgeräte.
Traditionellerweise werden Schneid- und Fräswerkzeuge entweder mit
taktilen Messgeräten oder durch Auswertung von 2D Bildern analysiert, die
ein Profil der Schneidkante zeigen. Die Nachteile von taktilen Messgeräten
sind, dass sie einerseits sehr lange für die Messung eines Werkzeugs benötigen und dass andererseits die Geometrie des Messtasters das Messresultat
beeinflussen kann. Außerdem sind einige Messungen an den Schneidkanten
aufgrund der Härte des Werkzeugmaterials und des damit verbundenen
Verschleißes an den Messtastern nicht sehr wirtschaftlich. Die Auswertung
von 2D Bildern ist für einfache Messungen in denen keine Verdeckungen
auftreten möglich. Es eignet sich aber nicht für die meisten Messungen bei
denen echte 3D Informationen benötigt werden. Dazu zählen z.B. konkave
Regionen oder komplexe Bauteile wie Bohrer oder Fräswerkzeuge.
In den letzten Jahren haben sich optische 3D Messmethoden in unterschiedlichsten Bereichen mehr und mehr durchgesetzt (JIANG 2007). Die 3D Messung von Bohrern und Wendeschneidplatten ist aufgrund der steilen Flanken
und der komplizierten Geometrie allerdings oft mit optischen Messgeräten
nur schwer möglich. Weißlichtinterferometer z.B. erlauben meist nur eine
Messung von Flankenwinkeln bis zu 30°, was für die Messung von Schneidkantenradien in der Regel nicht ausreicht.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
165
Eine optische Oberflächenmesstechnologie, die auch für die Messung von
sehr steilen Flankenwinkeln geeignet ist, ist Fokus-Variation (ISO 25178-6).
In diesem Beitrag soll demonstriert werden, wie ein Messgerät, das auf der
Fokus-Variation basiert, für die dreidimensionale Messung von Bohrern und
Wendeschneidplatten verwendet werden kann. Dieses Messgerät erfüllt
einerseits die Anforderung, steile Flanken hochauflösend zu messen, andererseits erlaubt es Messungen über relativ große Bereiche mit sehr hohen
Auflösungen. Zudem bietet ein als „Real3D“ bezeichneter Messmodus auch
noch die Möglichkeit die komplette 3D Geometrie von Schneidwerkzeugen
inklusive von z.B. Hinterschnitten zu erfassen.
Nach Beschreibung des 3D Messgerätes und seiner Messmöglichkeiten in
Abschnitt 2 werden in Abschnitt 3 Geometrie- und Verschleißmessungen an
verschiedenen Werkzeugen demonstriert.
2
3D Messung und Analyse von Werkzeugen
Ein Messgerät, das auf der Technologie der Fokus-Variation basiert und für
die Untersuchungen in diesem Beitrag verwendet wird, ist das hochauflösende optische Messsystem InfiniteFocus des Unternehmens Alicona Imaging GmbH (Abb. 12.1).
Um eine Messung durchzuführen, wird das zu analysierende Werkstück
vom Sensor vertikal gescannt, während kontinuierlich Daten aufgenommen
werden. Da das System eine limitierte Tiefenschärfe aufweist und daher je
nach Oberflächengeometrie nur bestimmte Bereiche gleichzeitig scharf
abgebildet werden, wird ein 3D Datensatz berechnet, indem die Variation
der Schärfe während des vertikalen Scanvorgangs für jeden einzelnen Messpunkt analysiert wird (SCHERER 2007). (Abb. 12.2) illustriert an einem
Zahnrad das Messprinzip.
166
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
Abb. 12.1: Hochauflösendes 3D Oberflächenmesssystem InfiniteFocus zur optischen Schneidkantengeometriemessung und Verschleißanalyse
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
167
Abb. 12.2: Messprinzip der Fokus-Variation:
Durch Veränderung der Fokusebene relativ zum Objekt (1. Zeile, Bild
1 und 2) und der Bestimmung des optimalen Fokuswertes für jeden
Messpunkt (1.Zeile, Bild 3) wird ein 3D Datensatz der Probe ermittelt,
der nicht nur Tiefeninformation sondern auch Echtfarbinformation
enthält.
Zusätzlich zu den 3D Daten liefert das Messgerät für jeden Messpunkt auch
Echtfarbinformation, die perfekt zu den Höhendaten registriert ist. Diese
Farbinformation erlaubt dem Benutzer sehr oft eine Klassifizierung in Regionen, die unbenutzt sind und Regionen, in denen Verschleiß aufgetreten ist.
Zusätzlich wird für jeden Messwert ein Maß für seine Wiederholbarkeit
analytisch ermittelt. Diese Wiederholbarkeit ist dabei eine Abschätzung der
Standardabweichung der z-Koordinate des Messpunktes wie sie bei wiederholter Messung auftreten würde. Dieses Wiederholbarkeitsmaß kann für
168
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
verschiedene Untersuchungen verwendet werden, unter anderem zur Abschätzung der Qualität einzelner Messpunkte, der Filterung von Messpunkten mit schlechter Wiederholbarkeit, der Detektion von Vibrationen während der Messung oder anderer noch nicht bekannter äußerer Einflüsse.
Um die Geometrie und den Verschleiß der Werkzeuge zu quantifizieren,
stehen dem Benutzer eine Vielzahl an unterschiedlichen Analysemöglichkeiten zur Verfügung. Um zum Beispiel die Geometrie einer Schneidkante
zu messen, werden Höhenprofile automatisch senkrecht zur Schneidkante
extrahiert und nach unterschiedlichen Gesichtspunkten analysiert. Dazu
zählt unter anderem die Einpassung von Kreisen in den obersten Bereich der
Kante, um das Ausmaß der Schneidkantenverrundung zu quantifizieren.
Ebenso werden Längen- und Winkelinformation über Stütz- oder Negativfasen an den Schneidkanten ermittelt. Bei nicht kreisförmig sondern verlaufend verrundeten Schneidkanten (Korbbögen) kann auch ein Vergleich mit
einem optimal eingepassten Korbbogen mit Toleranzband gerechnet werden. Abb. 12.3, Abb. 12.4 und Abb. 12.5 illustrieren einige der möglichen
Auswertungen an den extrahierten Querschnittsprofilen.
Abb. 12.3: Schneidkante mit Verrundung und die von der Analysesoftware ermittelten Werte, a, b, h, r und K.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
169
Abb. 12.4: Schneidkante mit Negativfase und die von der Analysesoftware ermittelten Werte:
Np1, Np2 ( projizierte Fasenlänge ), Nt ( wahre Fasenlänge ), r
( Schneidkantenradius ), Winkel 1 ( Spanwinkel ), Winkel 2 ( Winkel
Negativfase ), Winkel 3 ( Freiwinkel )
Abb. 12.5: Beispiel für die Einpassung eines Korbbogens inklusive
Toleranzband zur Beurteilung von verlaufenden Verrundungen.
Die Sollform des Korbbogens ist frei definierbar.
Ein anderer wichtiger Parameter für die Beschreibung der Qualität des
Werkzeugs ist die Rauheit der Oberfläche. Diese kann gemäß dem aktuellsten Entwurf der ISO Norm 25178 (ISO 25178-2) zur flächenhaften Analyse
170
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
von Oberflächen oder gemäß profilbasierter ISO Normen (ISO 4287) (ISO
4288) berechnet werden. Die Kenntnis der Oberflächenrauheit hat einen
entscheidenden Einfluss auf die Fertigung, da sie unter anderem beeinflusst,
wie gut das Material abgespant werden kann. Zur Ermittlung dieser Kenngrößen wird automatisch auf dem Datensatz der Schneidkante ein Tiefenprofil extrahiert und dieses Profil normgerecht ausgewertet.
Abb. 12.6: Bestimmung von Rauheitskennwerten entlang der
Schneidkante.
Ein weiterer wichtiger Parameter ist das Volumen des während der Fertigung verschlissenen Werkzeug-Materials. Um das Volumen zu messen,
kann folgendermaßen vorgegangen werden:
•
3D Messung des Werkstücks vor Gebrauch in der industriellen Fertigung.
•
3D Messung des Werkstücks nach Gebrauch.
•
Automatische Ausrichtung der beiden 3D Datensätze zueinander.
•
Berechnung der Differenz der beiden 3D Datensätze.
•
Berechnung des Volumens des Differenzmodells.
Die automatische Ausrichtung der beiden 3D Datensätze ist notwendig, um
zu gewährleisten, dass die Differenz korrekt von zueinander korrespondierenden Punkten berechnet wird. Eine detaillierte Beschreibung dieses Vorgangs ist z.B. in (DANZL 2006) zu finden. Abb. 12.7 illustriert diesen Vorgang graphisch.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
171
Abb. 12.7: Automatische Bestimmung des verschlissenen Materials
durch Differenzanalyse.
3
Resultate
Im Folgenden werden Geometrie- und Verschleißmessungen an Bohrern
beschrieben, die mit dem InfiniteFocus System durchgeführt worden sind.
Einerseits sind dies Verschleißmessungen an einer Ecke sowie Messungen
an einer Kante des Bohrers. Ein mit InfiniteFocus gemessener 3D Datensatz
des Bohrers ist in Abb. 12.8 dargestellt. Die Bereiche, die für die Verschleißmessung herangezogen wurden, sind durch Kreise markiert.
4
Verschleißmessung an Kanten
Um die Geometrie und den Verschleiß einer Bohrerkante zu bestimmen,
wurde zunächst ein 3D Datensatz der Bohrerkante mit InfiniteFocus erstellt
(Abb. 12.9a). Die 3D Darstellung zeigt den Verlauf der leicht abgerundeten
Kante sowie schräge Strukturen an der Flanke des Werkzeugs. Anschließend wurde der Bohrer in der Fertigung eingesetzt und die Kante ein weiteres Mal mit InfiniteFocus gemessen (Abb. 12.9b). Der resultierende 3D
Datensatz der verschlissenen Kante zeigt eine deutlich größere Kantenver-
172
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
rundung. Außerdem ist das Ausmaß der Verrundung bei der verschlissenen
Kante inhomogener als bei der originalen.
Um das Ausmaß des Verschleißes zu messen wurden 10 Höhenprofile in
äquidistanten Abständen normal zur Kante extrahiert und anschließend
analysiert. Das exemplarische Höhenprofile für den originalen und den
gebrauchten Fräser sind in Abb. 17.10a und Abb. 17.10b dargestellt. In
dieses Profil wurden einerseits 2 Linien entlang der Flanken eingepasst; um
den Flankenwinkel der Flächen zu messen und andererseits Kreise in den
obersten Bereich, um das Ausmaß der Kantenverrundung zu quantifizieren.
Beide Profile in Abb. 17.10 besitzen sehr ähnliche Achsenskalierungen und
zeigen, wie stark die Verrundung der Kante durch den industriellen Einsatz
des Fräsers zugenommen hat.
Abb. 12.8: Ein Fräser zur Verschleißmessung.
Der im Detail untersuchte Bereich ist durch einen Kreise markiert.
In Tabelle 12.1 sind die gemessenen Radien für die 10 horizontalen Profile
für beide Bauteile aufgelistet. Zudem werden statistische Auswertungen der
Messungen wie Mittelwert und Standardabweichung angegeben. Aus diesen
Daten geht hervor, dass das originale Bauteil einen sehr kleinen mittleren
Radius von ca. 4.7µm aufweist, während das verschlissene Bauteil einen
etwa doppelt so großen mittleren Radius zeigt. Interessant ist auch die Zunahme der Standardabweichung auf das Dreifache, was auf einen relativ
ungleichmäßigen Verschleiß der Kante schließen lässt.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
#
1
2
3
4
Org. 3,55 3,95 5,77 4,66
Messtechnik
5
5,4
6
7
8
173
9
10
Mitw. Std.
3,59 3,61 7,33 4,49 5,22
4,76 1,23
Verw 11,1 8,18 16,6 6,01 10,08 4,96 8,02 7,23 16,2 8,46
9,68 3,95
Tabelle 12.1: Kantenradien (µm) für 10 extrahierte Höhenprofile,
sowie Mittelwert (Mitw.) und Standardabweichung (Std.) vor und
nach Gebrauch des Bohrers.
Die Standardabweichung beim originalen Bohrer beinhaltet die Variation des Bohrers, die Standardabweichung beim gebrauchten Bauteil beinhaltet die Variation des Fräsers inklusive evtl. entstandener
Ausbrüche.
5
Verschleißmessung an Ecken
Weiters wurde eine Messung des Verschleißes an einer Bohrerecke durchgeführt. Dazu wurde der Bohrer vor und nach dem Gebrauch in der Fertigung gemessen. Anschließend wurde die Differenz der beiden 3D Datensätze berechnet, sodass ein 3D Datensatz des verschlissenen Materials erzeugt
werden konnte. Um diese Differenz zu berechnen, wurden beide 3D Modelle zueinander ausgerichtet, um zu vermeiden, dass unterschiedliche Bereiche voneinander abgezogen werden.
In Abb. 12.11a ist ein mit InfiniteFocus gemessenes 3D Modell der originalen Bohrerecke dargestellt, während Abb. 12.11b ein 3D Modell des gebrauchten Werkzeugs zeigt. Beide 3D Modelle wurden mit dem von InfiniteFocus gemessenen Echtfarbbild überlagert. Dieses ermöglicht eine sehr
schnelle und einfache Klassifizierung in originale (dunkel) und verschlissene Bereiche (hell).
Nach der Ausrichtung der zwei 3D Modelle zueinander wurde ein Differenzhöhenmodell berechnet (Abb. 12.12a), das eine Quantifizierung des
verschlissenen Volumens ermöglicht (~601400µm³).
Eine weitere Möglichkeit, die Menge des verschlissenen Materials zu messen, ist die Extraktion von Höhenprofilen des originalen und verschlissenen
Bohrers, die überlagert werden (Abb. 12.12b). Diese Darstellung erlaubt
eine gute Visualisierung jener Regionen, die sehr stark abgetragen sind und
jener Bereiche, die kaum von Verschleißerscheinung betroffen sind.
174
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
Abb. 12.9: 3D Datensatz der Kante
(a) vor und (b) nach Gebrauch in der Fertigung.
Abb. 17.10: Senkrecht zur Schneidkante extrahiertes Höhenprofil
(a) vor Gebrauch und (b) nach Gebrauch in der Fertigung. Der Radius der Kantenverrundung steigt ungefähr auf das doppelte.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
175
Abb. 12.11: 3D Datensatz der Bohrerecke
(a) vor und (b) nach dem Einsatz in der Fertigung. Die hellen Bereiche in Abb. (b) erlauben die Klassifizierung der verschlissenen Regionen.
Abb. 12.12: Volumenverschleiß an der Bohrerecke
(a) 3D Datensatz des verschlissenen Volumens an der Bohrerecke.
(b) Überlagerung eines Höhenprofils, das vom originalen Bohrer und
eines, das vom verschlissenen Bohrer extrahiert wurde. Die Profile
zeigen die Menge und die Regionen des Materialverschleißes.
6
Real3D – 360° Geometriemessung an Schneidwerkzeugen
Gerade bei der Geometriemessung von kleinen Bohrern, Fräsern oder Gewindeschneidwerkzeugen stößt die taktile Messtechnik schnell an ihre
Grenzen. Aber auch optische Verfahren, die 3D Daten nur aus einer Blickrichtung aufnehmen können, sind nicht in der Lage die komplexe Geometrie
solcher Bauteile inklusive Hinterschliffen oder konkaven Strukturen zu
erfassen. Eine Lösung für diese Probleme stellt die „Real3D“ Technologieerweiterung für das InfiniteFocus Messsystem dar. Hierbei wird das zu
176
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
messende Bauteil mittels einer hochpräzisen Dreh- und Schwenkeinheit
(Abb. 12.13) so manipuliert, dass automatisch Messungen aus unterschiedlichen Sichtrichtungen aufgenommen werden. Diese werden anschließend
zueinander registriert und in einen kompletten 3D Datensatz des Werkzeugs
verschmolzen, welche mit diversen Analysewerkzeugen (z.B. Schnittprofilanalyse, Einpassen von Regelgeometrien, Differenzanalyse zu CAD Modell
oder Meisterbauteil, etc) ausgewertet werden (Abb. 12.14, Abb. 12.15).
Abb. 12.13: Motorische Dreh- und Schwenkeinheit zur Messung von
Schaftwerkzeugen für die Real3D Messung.
Die Einheit wird auf den Probentisch des InfiniteFocus Geräts aufgebaut.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
177
Abb. 12.14: 3D-Messung eines Fräsers
(a) Eine 360° 3D Messung eines Fräsers (Radius ~ 570 µm) mit
eingepasstem Zylinder. (b) Die Schnittebene wurde automatisch
normal zur Achse des Fräsers eingepasst. (c) Die zur Schnittebene
gehörende Schnittkurve wird durch das Einpassen von Formelementen (z.B. Kreise) ausgewertet.
178
Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung
Abb. 12.15: 3D-Messung eines Gewindebohrers
(a) Eine 360° 3D Messung eines Gewindebohrers. (b) Analyse des
Querschnittsprofils mit Hilfe des umschreibenden Kreises (Durchmesser ~ 4.5mm). (c) Eine Einzelmessungen zur Erzeugung des
gesamten 3D Datensatzes von (a).
7
Zusammenfassung
Es wurde eine Methode vorgestellt, mit der es möglich ist, Bohrer, Gewindeschneidwerkzeuge oder Wendeschneidplatten mittels eines hochauflösenden optischen Messgerätes dreidimensional zu messen. Im Unterschied zu
vielen anderen optischen 3D Messsystemen ist InfiniteFocus in der Lage
auch sehr steile Flanken zu messen. Außerdem liefert das Gerät nicht nur
3D Daten sondern auch perfekt registrierte Echtfarbinformation.
Anhand verschiedener Analyse-Methoden wurde aufgezeigt, wie das Gerät
verwendet wird, um die Verrundung von Schneidkanten oder das Volumen
des verschlissenen Materials zu messen. Außerdem wurde demonstriert,
dass mit dem Gerät einerseits sehr große Bereiche (ganze Bohrer) als auch
sehr kleine Bereiche (Kantenradien mit bis zu 2µm Radius) gemessen werden. Die Verwendung der Real3D Technologie erlaubt es auch Geometrien
mit Verdeckungen komplett zu erfassen.
M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi
Messtechnik
179
Diese Kombination aus hochgenauer 3D Messung über große Bereiche auch
an steilen Kanten, der Erfassung von komplexen Geometrien, sowie robuster Analyse-Funktionen machen InfiniteFocus ideal für die Messung unterschiedlichster Bohr-, Fräs- und Schneidwerkzeuge.
8
Literatur
R. Danzl, S. Scherer & O. Kolednik (2006): Automatic Registration of
corresponding fracture surfaces,Proc. 12th Int. Metallographie-Tagung, Leoben.
S. 127-134
ISO 25178-2: Geometrical product specifications (GPS) -- Surface texture: Areal -Part 2: Terms, definitions and surface texture parameters, Entwurf
ISO 25178-6: Geometrical product specifications (GPS) -- Surface texture: Areal -Part 6: Classification of methods for measuring surface texture, Entwurf
ISO
4287
(1997):
Geometrische
Produktspezifikationen
(GPS)
Oberflächenbeschaffenheit: Tastschnittverfahren - Benennungen, Definitionen
und Kenngrößen der Oberflächenbeschaffenheit
ISO
4288
(1998):
Geometrische
Produktspezifikation
(GPS)
Oberflächenbeschaffenheit: Tastschnittverfahren - Regeln und Verfahren für die
Beurteilung der Oberflächenbeschaffenheit, Deutsche Fassung EN ISO
4288:1997
X. Jiang, P.J. Scott, D.J. Whitehouse & L. Blunt (2007): Paradigm shifts in surface
metrology. Part II. The current shift, Proc. of the Royal Society, Vol. 463, Nr.
2085, S. 2071-2099
S. Scherer (2007): Fokus-Variation zur optischen 3-D-Messung im Mikro- und
Nanobereich,
In
„Handbuch
zur
Industriellen
Bildverarbeitung:
Qualitätssicherung in der Praxis“, Fraunhofer IRB Verlag, 513 Seiten, ISBN
978-3-8167-7386
180
Schlagwortverzeichnis
Schlagwortverzeichnis
Schlagwörter
Seite
A
Asymmetrische Kantenprofile
15
Automatisierung
61, 63, 159
B
Beschichten
54, 67, 112, 116, 119, 143, 143
Bürsten
16, 17, 18, 20, 34, 37, 42, 50, 73,
78 – 81, 132, 144
Bürstmaschine
41, 42
C
Charakterisierung der Schneidkante
13, 14
Co-Leaching
124
Co-Smearing
124
D
Doppelfase
4, 6
E
Entgraten, thermisch
95
Entgratverfahren
87, 90, 91, 96
F
Fase
4, 6, 15, 75
Fasenbreite
6, 25, 27
181
Fasenwinkel
25
Feinschleifen
73, 76, 81
Focus, infinite
152, 153, 165, 171 – 173, 175,
176, 178, 179
G
Gewindebohrer
46, 65, 68, 107, 111, 119, 178
Gleitschleifen
13, 18, 21, 24, 73, 77, 80, 81
Gleitschleppschleifen
98, 100, 107
Grundlagen
12, 146
Granulat
102, 104
Grat
3, 9, 14, 64, 87 – 92, 111, 112,
119, 120
H
Hochleistungsschichten
130
HSC-Granulat
103, 105, 112, 116
I
Ideale Schneidkante
14
K
K-Faktormodell
15, 21, 22
Kantenfestigkeit
7
Kantenform
74
Kantenpräparationskosten
10
M
Magnetfinish
18, 53, 54, 56, 58 – 69
182
Schlagwortverzeichnis
Makrogeometrie
1, 9, 72
Mehrkosten
10
Messtechnik
21, 81, 150, 175
Messtechnik, optisch
162
Messtechnik, optisch 3D
147, 151, 156, 159, 163 – 167,
170 – 179
Mikroskop
158
Mikroskop, konfokal
151 – 153
Mikrobearbeitung
27
Mikrodefekte
3
Mikrostruktur
7 – 9, 152
Mikrozerspanung
26 – 28
O
Oberflächenpräparation
98
Oberflächenverbesserung
49, 50
Oszillationstisch
37 – 41, 44, 45, 47
P
Planetenpoliertisch
38, 42, 45
Polieren
37, 51, 67, 68, 73, 98, 101, 103,
116
Präparationsverfahren
16, 17, 24, 34, 98, 130
Präparationsverfahren, chemisch
17, 73
Präparationsverfahren, thermisch
16, 17
Präparationsverfahren, mechanisch
17
Präzisionswerkzeuge
1, 3, 7
Pulvernachdosierung
60
Pulververteilung
60
183
Q
QZ Granulat
102, 104, 105, 112
R
Radienform
36
Radiennormal
159
Radius
21, 23, 24, 27, 36, 36, 57, 75, 82,
154, 155, 158, 159, 172, 177, 178
Real 3D
165, 175, 176, 178
Reproduzierbarkeit
37, 60, 82, 113, 123
Revolvertisch
39, 40, 42, 45, 46
S
Schartigkeit
2 – 4, 7 – 9, 13, 14, 17, 22, 34,
49, 65, 81, 105, 109, 120, 131,
147, 153, 155
Schichtgüte
141, 142
Schleifmedia
102
Schleppschleifen
20, 55, 98, 100, 102, 144
Schneidenstabilität
13, 72, 83
Schneidkantenarchitektur
3, 4, 12 – 14, 17, 25, 71, 73
Schneidkantengeometrie
6, 14, 15, 23, 24, 27, 28, 75
Schneidkantenmessung
22, 146, 150, 151, 153, 154, 161
Schneidkantenpräparation
1, 3 – 11, 12, 13, 14, 16, 18, 24 –
26, 34, 50, 56, 65 – 67, 71, 72,
74, 76, 98, 120 130 – 134, 137 –
140, 141 – 145
Schneidkantenradius
15, 17, 21, 23, 24, 26 – 29, 106,
133, 153 – 155
Schneidkantenverrundung
6, 8, 13, 15, 16, 18, 20, 21, 23,
184
Schlagwortverzeichnis
25, 26, 35 – 37, 54, 57, 59, 62,
65, 66, 69, 74, 77, 82 – 85, 98,
104 – 108, 112, 116, 119, 121 –
123, 136, 139, 143, 162, 163,
168, 172, 174
Schutzfase
12, 25, 27, 74
Schwenkeinheit
176
Schwenkspindel
40, 40, 45
Sinterhaut
72, 77, 79
SIX-Granulat
102, 104, 106, 111, 112
Spanbildung
2, 7, 25 – 27, 71, 83, 84
Standzeit
1, 2, 4, 7, 10, 13, 14, 24, 38, 50,
72, 79, 83 – 85, 97, 104, 106,
117, 132, 139, 139, 141
Strahlen
16 – 19, 24, 73, 79 – 81, 144
Strahlen, nass
79, 80, 141
Strahlen, trocken
79
Streifenlichtprojektion
21, 21, 82
Streifenprojektion
146 – 151, 154, 159, 160
T
Trompetenform
36, 36, 123
V
Verschleiß
3, 12, 14, 15, 20, 21, 22 – 25, 51,
72, 79, 84, 120, 136, 138 – 140,
156, 163, 164, 167, 168, 171 –
173, 175
Verschleißarten
140
Verschleißmessung
163, 165, 171 – 173
185
W
Wasserfall
23, 36, 36, 75, 76, 123
Walnussschalengranulat
103
Wirtschaftlichkeit der Schneidkanten- 10, 85
präparation
186
Autorenverzeichnis
Bienemann, Dipl. – Ing. R.
Institut für Produktionstechnik und Logistik
Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen
Universität Kassel
Kurt-Wolters-Straße 3
D-34127 Kassel
E-mail: [email protected]
Cortes Rodriguez, Carlos J., Dr.-Ing.
Institut für Produktionstechnik und Logistik
Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen
Universität Kassel
und
Department of Mechanical Engineering and Mechatronics
National University of Colombia
E-mail: [email protected]
Cselle, Dr. – Ing. T.
PLATIT AG
Moosstrasse 68
CH-2540 Grenchen
E-mail: [email protected]
Danzl, Dr. R.
Alicona Imaging GmbH
Teslastraße 8
A-8074 Grambach
E-mail: [email protected]
Autorenverzeichnis
187
Gegenheimer, Dipl. – Ing. (FH) H.
OTEC Präzisionsfinish GmbH
Dieselstr. 8-12
D-75334 Straubenhardt-Feldrennach
E-mail: [email protected]
Gerber, S.
René Gerber AG
Werkstrasse 35
CH-3250 Lyss
E-mail: [email protected]
Gölz, G.
Benseler Entgratungen GmbH
Max-Eyth-Straße 6
D-71672 Marbach a. N.
E-mail: [email protected]
Guter, Dipl. – Ing. (BA) T.
Kennametal Technologies GmbH
Wehlauer Straße 73
D-90766 Fürth
E-mail: [email protected]
Hainich, Rolf
GFMesstechnik GmbH (GFM)
Warthestraße 21
D-14513 Teltow / Berlin
E-mail: [email protected]
188
Heckmann, Dipl. – Ing. L.
Institut für Produktionstechnik und Logistik
Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen
Universität Kassel
Kurt-Wolters-Straße 3
D-34127 Kassel
E-mail: [email protected]
Helmi, F.
Alicona Imaging GmbH
Teslastraße 8
A-8074 Grambach
E-mail: [email protected]
Holsten, Dr. – Ing. S.
Institut für Produktionstechnik und Logistik
Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen
Universität Kassel
Kurt-Wolters-Straße 3
D-34127 Kassel
[email protected]
Prantl, Dr. M.
Alicona Imaging GmbH
Teslastraße 8
A-8074 Grambach
E-mail: [email protected]
Autorenverzeichnis
189
Thiel, Dr.rer.nat. W.
Magnetfinish GmbH
Dallenwilerstrasse 20
CH-6370 Oberdorf
E-mail: [email protected]
Tikal, Prof. Dr. – Ing. F.
Institut für Produktionstechnik und Logistik
Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen
Universität Kassel
Kurt-Wolters-Straße 3
D-34127 Kassel
E-mail: [email protected]
Wagner, J.
MAW Werkzeugmaschinen GmbH
Industriestraße 6
D-71069 Sindelfingen
E-mail: [email protected]
Weigand, Dipl. – Ing. M.
CemeCon AG
Denauerstrasse 20A4
D-52146 Würselen
E-mail: [email protected]
190
Firmenverzeichnis
Firmenverzeichnis
Alicona Imaging GmbH
Teslastrasse 8
A-8074 Grambach
Tel: +43 (0) 316 4000 700
Fax: +43 (0) 316 4000 711
E-mail: [email protected]
Web: http://www.alicona.com
Benseler Holding GmbH & Co. KG
Zeppelinstraße 28
D-71706 Markgröningen
Tel: +49 (0) 7145 999 0
Fax: +49 (0) 7145 999 299
E-mail: [email protected]
Web: http://www.benseler.de
CemeCon GmbH
Incorporating Coating Technology
Adenauerstraße 20 A4
D-52146 Würselen
Tel: +49 (0) 2405 4470 100
Fax: +49 (0) 2405 4470 399
E-mail: [email protected]
Web: http://www.cemecon.de
191
René Gerber AG Maschinenbau
Werkstrasse 35
CH-3250 Lyss
Tel: +41 (0) 32 384 1487
Fax: +41 (0) 32 384 3285
E-mail: [email protected]
Web: http://www.gerber-maschinen.ch
GFMesstechnik GmbH (GFM)
Warthestraße 21
D-14513 Teltow / Berlin
Tel: +49 (0) 3328 9360 0
Fax: +49 (0) 3328 305188
E-mail: [email protected]
Web: http://www.gfmesstechnik.de
IPL, Universität Kassel
Kurt-Wolters-Straße 3
D- 34125 Kassel
Tel: +49 (0) 561 804 - 3236
Fax: +49 (0) 561 804 - 2045
E-mail: [email protected]
Kennametal GmbH & Co. KG
Werkzeuge + Hartstoffe
Wehlauer Str. 73
D-90766 Fürth
Tel: +49 (0) 911 9735 219
Fax: +49 (0) 911 9735 514
E-mail: [email protected]
Web: http://www.kennametal.com
192
Firmenverzeichnis
Magnetfinish GmbH
Dallenwilerstrasse 20
CH-6370 Oberdorf
Tel: +41 (0) 41 618 07 10
Fax: +41 (0) 41 618 07 19
E-mail: [email protected]
Web: http://www.magnetfinish.com
MAW Werkzeugmaschinen
GmbH
Industriestraße 6
D 71069 Sindelfingen
Tel: +49 (0) 7031 7376 0
Fax: +49 (0) 7031 382005
E-Mail: [email protected]
Web: http://www.maw-gmbh.de
OTEC Präzisionsfinish GmbH
Dieselstraße 8-12
D-75334 Straubenhardt-Feldrennach
Tel: + 49 (0) 7082 4911 20
Fax:+ 49 (0) 7082 4911 29
E-mail: [email protected]
Web: http://www.otec.de
193
Platit AG
Advanced Coating Systems
Moosstrasse 68
CH-2540 Grenchen
Tel: +41 (0) 32 654 26 00
Fax: +41 (0) 32 654 26 83
E-mail: [email protected]
Web: http://www.platit.com