Free Mover Erfahrungsbericht Mississippi 1415

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Free Mover Erfahrungsbericht Mississippi 1415
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Erfahrungsbericht Auslandsstudium
Persönliche Angaben
Name, Vorname:
Gehde, Jannik
Studiengang an der FAU:
Amerikanistik / Buchwissenschaft
E-Mail:
Gastuniversität:
[email protected]
Gastland:
Studiengang
an
Gastuniversität:
Aufenthaltszeitraum
(WS, SS oder Jahr):
University of Mississippi
USA
der
English
WS
1. Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung bei der Gasthochschule)
Da ich mich für die University of Mississippi (Ole Miss) und damit für eine Universität
entschieden habe, die nicht im Austauschprogramm der FAU enthalten ist, habe ich
bereits frühzeitig mit der Planung begonnen. Sowohl die Dozenten als auch die
Beratung im RIA waren freundlich und hilfsbereit, letzten Endes ist als Free-Mover
aber doch eine Menge Eigeninitiative gefragt, etwa die rechtzeitige Anmeldung für
einen TOEFL-Test. Möglichst bald mit dem International Office der Gastuniversität
Kontakt aufzunehmen ist aus meiner Sicht dabei das wichtigste. Obwohl die Antwort
zum Teil etwas auf sich warten ließ, waren die Personen stets geduldig jede Frage
zu klären und auszuräumen. So war es letzten Endes auch kein allzu großes
Problem, sich durch den unübersichtlichen Bewerbungsprozess hindurchzufinden.
Insgesamt war der Aufwand deutlich geringer, als ich im Vorfeld angenommen hatte.
2. Anreise / Visum (Flug, Bahn)
Die Antragsstellung für das Visum war ebenfalls etwas unübersichtlich und nimmt
einige Zeit in Anspruch. Mit ausreichender Geduld ist aber auch das zu schaffen. Der
Besuch der Botschaft war dann mit langer Wartezeit verbunden, das Gespräch dafür
kurz und unkompliziert, ebenso wie die Ausstellung des Visums.
Bei der Anreise ist dringend zu beachten, genug Zeit für den Einreiseprozess
einzuplanen. Ich hatte zwei Stunden Umsteigezeit in Atlanta, was für normale
Urlaubsreisende gewöhnlich kein Problem darstellt, für die strengere Visumskontrolle
allerdings schon, so dass ich meinen Anschlussflug nach Memphis verpasste. Ohne
allzu große Probleme wurde ich aber in der nächsten Maschine untergebracht. Die
letzten 70 Meilen nach Oxford, Mississippi wurden dann mit von der Universität
organisierten Bussen bewältigt, wobei diese so lange unterwegs waren, bis wirklich
der letzte um 4 Uhr morgens noch abgeholt werden konnte. Die Ankunft ist also in
keinem Fall ein Problem, sie kann nur eine Menge Zeit in Anspruch nehmen.
3. Unterkunft (Wohnheim, privat)
Ich hatte im Zuge der Bewerbung die Wahl, mich entweder selbst bei einem der
(zahlreich vorhandenen) Wohnheime um einen Platz zu kümmern, oder mich in den
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zentral verwalteten University Trails unterbringen zu lassen (das wohnen direkt auf
dem Campus ist für exchange students nicht möglich). Ich entschied mich für
letzteres und wurde wie der größte Teil der anderen Austausstudenten in einer dreier
WG untergebracht. Etwas schade daran war natürlich, dass kein unmittelbarer
Kontakt mit amerikanischen Studenten bestand, wenngleich andere Teile des
Gebäudekomplexes auch von Einheimischen bewohnt wurde und so nach gewisser
Zeit doch genug Bekanntschaften entstanden. Andererseits enstand so immerhin ein
reger Kontakt und ein Gemeinschaftsgefühl mit den anderen Austauschstudenten
aus aller Welt.
Das Wohnheim war grundsätzlich gut ausgerüstet, mit Fitnessraum, Pool, Basketballund Volleyballplatz, vernünftiger Busanbindung etc. Die Zimmer waren geräumig, mit
eigenem Bad und einer gemeinsamen, ebenfalls gut ausgestatteten Küche, sowie
Waschmaschine und Trockner. Leider war die Instandhaltung z.T. Mangelhaft, so
funktionierten etwa Herd und Waschmaschine in meinem Appartment zunächst nicht.
Auf E-Mails an die uns mitgeteilte Adresse für Beschwerden wurde nicht reagiert, so
dass wir schließlich die Hausmeister direkt angesprochen haben. Diese waren
wiederum nett und i.d.R. auch sehr schnell vor Ort, um etwaige Probleme zu
beheben.
Die Sauberkeit der Wohnung ließ ebenfalls etwas zu wünschen übrig. Der
Gemeinschaftsraum wurde zwar etwa jede Woche einmal grob gereinigt, die
einzelnen Zimmer scheinen aber auch in der Zeit, in welcher das Appartment
leerstand nicht geputzt worden zu sein. In dem feuchtwarmen Spätsommer von
Mississippi hatte man außerdem mit einer Menge Kakerlaken, Tausendfüßlern und
Moskitos zu kämpfen, die immer wieder in die Wohnung eindrangen.
4. Studium (Lehrveranstaltungen / Stundenplan) sowie Sprachkurse (kostenlos,
kostenpflichtig) an der Gastuniversität
Das amerikanische System unterscheidet sich recht stark von den deutschen
Universitäten. Der Stundenplan ist dort näher an der Schule ausgerichtet, die
Lehrveranstaltungen finden 2-3mal wöchentlich für jeweils entweder 45 oder 60
Minuten. Das Angebot an Lehrveranstaltungen war meinem Empfinden nach recht
groß, die Themen dabei nicht unähnlich denen, die in Seminaren in meinem
Fachbereich an der FAU angeboten werden. In den Veranstaltungen selbst zeigen
sich dann aber Unterschiede. Während in Deutschland in literaturwissenschaftlichen
Studiengängen recht abstrakt gearbeitet wird, findet in den USA deutlich mehr Arbeit
direkt am Text statt. So waren für die Hausarbeiten etwa selten Sekundärquellen
erforderlich.
Der Arbeitsaufwand während des Semesters selbst ist deutlich höher. Für meine vier
Kurse musste ich innerhalb der vier Monate insgesamt 40 Bücher lesen, zusätzlich
gab es in jedem Fach mindestens eine längere Hausarbeit während des Semesters,
die aufgrund der späten Themenvergabe häufig in nicht mehr als zwei Wochen
angefertigt werden musste. Dazu kamen noch Referate, Kurztests, etc., sowie
natürlich die Abschlussklausuren. Positiv fällt aber gerade im Hinblick auf letztere
auf, dass man bei aufmerksamer Mitarbeit in der Kursen nicht wirklich zu lernen
braucht: abgefragt werden die wirklich zentralen Kursthemen. Zudem lässt sich durch
die vielen unterschiedlichen Aufgaben die Endnote leicht beeinflussen und hängt
nicht nur von einer einzigen Klausur ab.
5. Betreuung an der Gastuniversität (International Office und Fachbereich)
Das International Office der Universität hat mir, wie erwähnt, bereits im Vorfeld sehr
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geholfen. Auch wenn ich während meines Aufenthalts Fragen oder Probleme hatte,
war man immer bemüht, mir zu helfen. Die Einführungsveranstaltungen waren
informativ und haben bereits die meisten Unklarheiten beseitigt, so dass ich mich
eher selten an das International Office wenden musste. Allerdings scheint dies nicht
allen so gegangen zu sein, weswegen zumindest anfangs wohl ein großer Andrang
bestand, der von dem doch eher spärlich besetzten Büro wohl nur nach und nach
bewältigt werden konnte.
Die vom International Office organisierten Veranstaltungen waren vielfältig,
wahrgenommen habe ich vor allem die Ausflugsangebote. Die Organisatoren waren
dabei sichtlich bemüht, allen etwas zu bieten und insbessondere etwas von der
amerikanischen Lebensweise zu vermitteln. Wie man sich vorstellen kann, sind bei
der Ausgangslage aus meiner Sicht gewisse Dinge zu kurz gekommen, während
andere überflüssig waren, so etwa ein (sehr) ausgedehnter Mall-Besuch in Memphis,
statt die Beale Street oder Graceland zu besichten. Bei einer derart großen Anzahl
an Austauschstudenten mit unterschiedlichen Interessen ist dies aber verständlich.
Der Kontakt mit meinem Fachbereich verlief problemlos, bei der Kursanmeldung gab
es keinerlei Probleme, was in anderen Fachbereichen wohl eher der Fall war. Sowohl
die Lehrstuhlinhaber als auch die jeweiligen Dozenten waren sehr freundlich und
nach meinem Eindruck froh darüber, ein paar ausländische Studenten in ihren
Seminaren begrüßen zu dürfen.
6. Ausstattung der Gastuniversität (Bibliothek, Computerräume, etc.)
Dass die amerikanischen Universitäten über satte Studiengebühren finanziert werden
zeigt sich deutlich. Die Bibliothek war, was meinen Fachbereich angeht, gut
ausgestattet, Computerräume gab es mehr als genug. Darüberhinaus gibt es mit ein
riesiges, für Studenten kostenloses, Athletic Center, inklusive Schwimmbad, mehrere
Mensen, sowie allerlei Beratungs- und Dienststellen für Studierende.
7. Alltag & Freizeit (Sehenswertes, Kulinarisches, Geld-Abheben, Handy, Jobs)
Oxford ist ein eher beschauliches Städtchen mit etwa 20.000 Einwohnern und
ebensovielen Studierenden. Der Einfluss der Universität macht sich deutlich
bemerkbar, das Stadtzentrum hat eine recht hohe Dichte an Clubs, Kneipen und
Restaurants. Die Stadt selbst ist sehr hübsch, wenn auch eher unspektakulär. Die
einzige wirkliche Sehenswürdigkeit (außer dem wirklich tollen Campus) stellt wohl
Rowan Oak dar, dass Haus, in dem William Faulkner gelebt hat und das von
Studenten kostenlos besichtigt werden kann.
Das Leben auf dem Campus ist angenehm und entspannt. Gegessen habe ich im
Regelfall in der sehr guten Mensa, die nach dem All-You-Can-Eat-Prinzip funktioniert
und in der an verschiedenen Stationen (Pizza, Pasta, Salatbar, Grill, Einheimisches,
Sushi, Asiatisch, Kuchen/Kekse) das Essen direkt vor den Augen der Studierenden
frisch zubereitet wird. Die bereits erwähnten Restaurants im Stadtzentrum sind
ebenfalls empfehlenswert. Selbstverständlich findet man an der Hauptverkehrsstraße
auch eine ganze Reihe der üblichen Fast-Food-Läden. Den besten Eindruck in die
Küche der Südstaaten bekommt man aber wohl auf Reisen an den Golf, nach New
Orleans oder Memphis.
Das Highlight in Oxford stellen die Heimspieltage der unieigenen Footballmanschaft
dar. Das zugehörige Stadion fast etwas mehr als 60.000 Zuschauer, es reisen jedoch
pro Spiel mindestens 100.000 Leute an, die in der „Grove“, der zentralen
Rasenfläche des Campus, Zelte aufstellen um dort zusammen zu grillen, zu trinken,
zu feiern und das Spiel auf Leinwänden oder Fernsehern zu verfolgen. Dort lernt
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man recht schnell die Gepflogenheiten, etwa das gemeinsame Singen des „Hotty
Toddy“, vergleichbar mit einer Vereinshymne. Selbst wer sich nicht für Football
interessiert, sollte auf jeden Fall die Grove besuchen und auch über den Kauf einer
Dauerkarte nachdenken; diese sind für Studenten zum Teil günstiger zu haben als
Einzeltickets und zumindest einmal sollte man das Spektakel gesehen haben, das
selbstverständlich auch eine Marching Band und Cheerleader umfasst. Nicht nur,
aber vor allem an den Spieltagen kann man auch die Art von Gemeinschaftsgefühl
erleben, die amerikanische Unis ausmacht und die man meiner Meinung nach nur
schwer in Deutschland finden wird.
In der (nach amerikanischen Maßstäben) näheren Umgebung von Oxford sind die
Großstädte Memphis, Nashville und New Orleans zu empfehlen. Alle weisen eine
Reihe von Sehenswürdigkeiten auf und besitzen jeweils ihr ganz eigenes Flair.
Besonders wer Livemusik zu schätzen weiß, wird dabei auf seine Kosten kommen,
da fast alle Nachtclubs zum Teil wirklich herausragende Bands zu bieten haben.
Dabei findet man in Memphis vorwiegend Blues, in Nashville Country und in New
Orleans Jazz. Vor allem in New Orleans muss man jedoch ein wenig gesunden
Menschenverstand mitbringen, um nicht in einer der typischen Touristenfallen zu
landen; wenn man sich ein wenig umsieht, findet man auch Bars in umfunktinierten
Wohnzimmern, selbstverständlich inklusive Jazzband. Nötig ist auch das
Mindestalter von 21. Wer keinen Ausweis dabei hat, muss nicht nur auf Alkohol
verzichten, sondern darf im Regelfall nicht einmal eine Bar oder einen Club betreten.
Ab von den größeren Städten sollte man unbedingt an die Golfküste fahren. Gerade
der Abschnitt in Mississippi ist unglaublich schön und bei weitem nicht so überlaufen
wie etwa in Florida. Ebenso sollte man sich den Fluss Mississippi unbedingt einmal
angesehen haben, am Besten sowohl das obere Delta mit den noch immer im
Überfluss vorhandenen Baumwollfeldern und die sumpfigen Gebiete in Louisiana.
8. Finanzielles (Lebenshaltungskosten, Stipendien)
Die Lebenshaltungskosten sind grob mit Deutschland vergleichbar. Als Free-Mover
muss man sich selbstverständlich darauf einstellen, die Studiengebühren von etwa
8.000$ zu zahlen, oder sich früh genug um ein Stipendium kümmern. Davon ab ist
das Leben in den USA wenn überhaupt etwas billiger. Gerade wer vorhat, sich
Kleidung zu kaufen, wird bekannte Marken dort etwas günstiger finden, vor allem in
den zahlreich vorhandenen Outlet-Centern. Die Preise für Speisen und Getränke
liegen absolut im Rahmen, gerade im örtlichen Wal-Mart Supercenter, wo sich nicht
nur Ramsch sondern auch Qualität finden lässt. Gleiches gilt für die Getränkepreise
in den meisten Kneipen.
9. Fazit (beste und schlechteste Erfahrung)
Mein Semester in Oxford hat unheimlich viel Spaß gemacht und von schlechten
Erfahrungen habe ich kaum zu berichten. Selbstverständlich gab es kleinere Punkte
zu kritisieren und gerade die ersten Wochen in einem völlig fremden Umfeld können
schwierig sein. Insgesamt überwogen die positiven Aspekte aber so deutlich, dass
sie letzteres völlig vergessen machten. Ich habe eine Menge tolle Leute
kennengelernt, sowohl Einheimische als auch andere Auslanänder, Studenten und
zum Teil wildfremde Leute. Ich bin seitdem völlig verrückt nach Football und BBQ,
habe mehrere T-Shirts mit dem Logo „meiner“ Ole Miss, die ich mit großem Stolz
auch hier trage und habe eine ganze Menge von der entspannten Lebensart der
Südstaatler übernommen, von denen übrigens die wenigsten auch nur annähernd
solche stockkonservativen Hinterwäldler sind, wie sie hier und auch in anderen
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Teilen der USA gerne dargestellt werden. In jedem Fall kann ich JEDEM einen
Auslandsaufenthalt nur wärmstens empfehlen, egal wo. Ganz besonders aber an der
University of Mississippi.
10. Wichtige Ansprechpartner und Links
www.olemiss.edu
http://outreach.olemiss.edu/exchange/index.html
http://outreach.olemiss.edu/exchange/how_to_apply.html
Molly Fryman, International Student Advisor: [email protected]
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