Ein dapferer Held und Vermesser

Transcription

Ein dapferer Held und Vermesser
„Ein dapferer Held und Vermesser“
Landgraf Moritz der Gelehrte und der Bestand seiner
architektonischen Handzeichnungen in der
Universitätsbibliothek Kassel
2° Ms. Hass. 107
Ulrike Hanschke
Universitätsbibliothek Kassel 2012
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ..............................................................................................................6
Der Bestand ...........................................................................................................8
Provenienz ...................................................................................................................8
Die Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a ......................................................................10
Transkription der Übergabeakte .......................................................................11
Zeichner und Objekte ...............................................................................................14
Landgraf Moritz der Gelehrte .............................................................................16
Tabellarische Kurzbiographie ..................................................................................16
Landgraf Moritz als Zeichner ...................................................................................18
Ausbildung .........................................................................................................18
Themen ...............................................................................................................19
Technik ...............................................................................................................21
Funktion ..............................................................................................................23
Die anderen Zeichner .........................................................................................24
Wilhelm Dilich (1571/72 – 1650) ...............................................................................24
Adam Müller (ca. 1550 – vor 1627) ..........................................................................25
Hans Müller (ca. 1560 – vor 1610) ...........................................................................27
Johann Wi(e)dekindt (ca. 1570 – 1628/1629) ..........................................................28
Katalog .................................................................................................................29
Orte in Hessen ..........................................................................................................30
Abterode .............................................................................................................30
Allendorf .............................................................................................................31
a. Schlossentwürfe ...................................................................................31
b. Amtshof .................................................................................................35
Breitenau ............................................................................................................37
Burghasungen ....................................................................................................55
Butzbach .............................................................................................................57
Cornberg .............................................................................................................61
2
Elgershausen......................................................................................................62
Eppenberg ..........................................................................................................63
Eschwege ...........................................................................................................64
a. Landgrafenschloss ...............................................................................64
b. Augustinerkloster .................................................................................69
c. Diverses .................................................................................................71
Fahre ...................................................................................................................72
Felsberg ..............................................................................................................92
Frankfurt .............................................................................................................95
a. Arnsburger Hof und Kartäuserhof ......................................................95
b. Augsburger Hof.....................................................................................96
c. Junghof ..................................................................................................98
Freienhagen ......................................................................................................100
Friedewald ........................................................................................................101
Germerode ........................................................................................................102
Grebendorf........................................................................................................107
Greifenstein ......................................................................................................108
Gudensberg ......................................................................................................111
Habichtswald ....................................................................................................112
Hasselbach .......................................................................................................113
Hessisch Lichtenau .........................................................................................114
Kassel ...............................................................................................................117
a. Landgrafenschloss .............................................................................117
b. Moritzaue .............................................................................................121
c. Ahnaberger Kloster ............................................................................123
d. Reithaus am Kloster ...........................................................................125
e. Nassauer Hof .......................................................................................126
f. Karten ...................................................................................................133
g. Fasanenhof .........................................................................................134
h. Waldau .................................................................................................136
3
i. Weißenstein ..........................................................................................143
Kaufungen ........................................................................................................146
Kehrenbach ......................................................................................................151
Lich ....................................................................................................................152
Liebenau ...........................................................................................................154
Malsfeld .............................................................................................................155
Melsungen ........................................................................................................156
a. Landgrafenschloss .............................................................................156
b. Kasseler Gasse ...................................................................................164
c. Riedeselsche Vogtei ...........................................................................169
d. Brückenvorstadt .................................................................................175
e. Schützenhaus ......................................................................................178
f. Apotheke und Laboratorium ...............................................................180
g. Diverses ...............................................................................................181
Mittelhof b. Felsberg ........................................................................................182
„Moritzwerder“ .................................................................................................184
Rückerode.........................................................................................................185
Sababurg ..........................................................................................................188
„Sauerbrun“ (?) ................................................................................................190
Schmidtfahrt a. d. Pfieffe .................................................................................191
Schwertzelhof ...................................................................................................195
Sontra ...............................................................................................................196
„Stoltzenberg“ (?) ............................................................................................198
Trendelburg ......................................................................................................199
Vogelsburg b. Eschwege .................................................................................202
Wiesbaden ........................................................................................................204
Züschen ............................................................................................................205
Orte außerhalb Hessens .........................................................................................206
Ansbach ............................................................................................................206
Auburg ..............................................................................................................209
4
Bad Boll ............................................................................................................210
Bad Dürkheim ...................................................................................................212
Bad Ems ............................................................................................................214
Cadolzburg .......................................................................................................217
Coburg ..............................................................................................................219
Düsseldorf ........................................................................................................221
Hardenberg b. Velbert-Neviges .......................................................................222
Heidelberg.........................................................................................................223
Marientraut b. Speyer ......................................................................................224
Plesse ................................................................................................................225
Rohna ................................................................................................................230
Speyer ...............................................................................................................235
Stuttgart ............................................................................................................238
Treffurt ..............................................................................................................239
Wertheim / Main ................................................................................................240
Idealentwürfe ...........................................................................................................242
Unbestimmte Zeichnungen ....................................................................................245
Eigenhändig......................................................................................................245
Nicht eigenhändig ............................................................................................246
Unbestimmte Schriftstücke....................................................................................247
Literatur .............................................................................................................250
Archivalien.........................................................................................................261
5
Einleitung
In der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel wird seit dem 18. Jhdt. ein
umfangreiches Konvolut aufbewahrt, das traditionell als „Die Handzeichnungen des Landgrafen
Moritz“ bezeichnet wird. Es umfasst allerdings neben eigenhändigen Zeichnungen des vielseitig
begabten Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel (1572-1632) auch Blätter von der Hand anderer
Baumeister sowie einige Schriftstücke, die zum überwiegenden Teil Bauprojekte in und außerhalb
Hessens betreffen. In dieser speziellen Zusammensetzung sowie als Dokument der umfangreichen zeichnerischen Tätigkeit eines deutschen Fürsten zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist
dieser Bestand einzigartig.
Die von Prof. Dr. Gunter Schweikhart bereits 1982 angestrebte Tiefenerschließung der kaum bekannten, komplexen Spezialsammlung, deren spezifische Zusammensetzung eine ganz besondere Herausforderung darstellt, erfolgte von 2009 bis 2011 im Rahmen eines Forschungsprojekts
der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Die vorliegende Publikation beruht auf den Texten der Online-Präsentation (www.ub.uni-kassel.de/
landgraf-moritz.html), die Texte wurden von dort übernommen und mit ausgewählten Abbildungen
zu einer strukturierten Publikation zusammengefügt. Hinzugefügt wurden zudem zwei digitale
Aufnahmen von Zeichnungen aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg (Abb. 2 + 75), für deren
Publikationsgenehmigung ich an dieser Stelle herzlich danke.
Vergrößerbare Digitalisate sowie die Grunddaten sämtlicher Blätter des Kasseler Bestandes
können jederzeit im Dokumentenserver der Bibliothek ORKA eingesehen werden (http://
orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/browse/dfgprojektlandgrafmoritzzeichnungen*/-/1/-/-/).
Dank einer umfassenden fachkundigen Restaurierung mit Spendenmitteln konnten die in den
Fotos dokumentierten Schäden an den teilweise sehr fragilen Objekten inzwischen behoben
werden.
6
Für wissenschaftliche Unterstützung sowie konstruktive Hinweise und Anregungen danke ich:
Elmar Brohl, Marburg
Prof. Dr. Hartmut Broszinski, Kassel
Johann Frank, Stadtarchiv Hessisch Lichtenau
Horst Gehringer, Staatsarchiv Coburg
Prof. Dr. Peter Gercke, Kassel
Prof. Dr. Holger Th. Gräf, Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde Marburg
Prof. Dr. G. Ulrich Großmann, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg
Martina Heine, Staatsarchiv Wertheim
Dr. Christiane Heinemann, Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden
Ernst Henn, Sontra
Dr. Britta Hallmann-Preuß, Heimatmuseum der Stadt Bad Dürkheim
Prof. Dr. Stephan Hoppe, Julius-Maximilian-Universität München
Katrin Hopstock, Stadtarchiv Speyer
Dr. Ulrich Klein, Freies Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg
Dr. Karl Kollmann, Eschwege
Markus Kothe, Hessisch Lichtenau
Andrea Lothe, Deutsches Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig
Prof. Dr. Gerhard Menk, Hessisches Staatsarchiv Marburg
Dr. Marcus Popplow, Universität Salzburg
Hans Poth, Felsberg
Klaus Rheinfurth, Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt
Marc Rohrmüller, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Dr. Peter Sandner, Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden
Dr. Hans-Jürgen Sarholz, Museum und Stadtarchiv der Stadt Bad Ems
Dr. Klaus Sippel, Landesamt für Denkmalpflege Marburg
Dr. Brigitte Streich, Stadtmuseum Wiesbaden
Dr. Paul Warmbrunn, Landesarchiv Speyer
Dr. Dieter Wunder, Bad Nauheim
Dr. Dieter Wolf, Museum und Stadtarchiv der Stadt Butzbach
Danken möchte ich aber auch vor allem den Mitarbeitern der Handschriftenabteilung der
Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, allen voran Dr.
Konrad Wiedemann und Dr. Brigitte Pfeil, für ihre Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sowie der
Fotografin Heike Hage für die Umsicht und Sorgfalt bei der Erstellung der hochauflösenden
Digitalisate.
7
Der Bestand
Provenienz
Im Winter 1785/1786 berichtete die Kriegs- und Domänenkammer laut der wiederentdeckten Akte1
über die Übersendung der „Zeichnungen und Risze / welche von / Ihro Hochfürstlichen
Durchlauchth, / dem Herrn Landgraffen Moritz, / mehrentheils selbst verfertigt worden“ (Abb.1) in
die damalige fürstliche Bibliothek, dem Vorläufer der Landesbibliothek.
Abb. 1 Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a, fol. 2 recto (Detail)
Dieses umfangreiche Konvolut (346 Blatt / Schriftstücke) umfasst tatsächlich neben eigenhändigen
Zeichnungen des vielseitig begabten Landgrafen Moritz d. Gelehrten Blätter von anderer Hand
sowie einige Schrift-stücke, die überwiegend in Zusammenhang mit den dargestellten Bauten
stehen. Es handelte sich demnach also zum damaligen Zeitpunkt um ein archivalisches Konvolut,
was die spezielle Mischung von Zeichnungen und Schriftstücken sowie die durch die Aufbewahrung (Faltung) bedingten Schäden erklärt. Eine weitere Zeichnung des Landgrafen Moritz
befindet sich zudem eingebunden in ein alchemistisches Manuskript der Bibliothek2 , und konnte
dem ursprünglichen Bestand jetzt „virtuell“ hinzugefügt werden.
Eigenhändige Zeichnungen des Landgrafen Moritz befinden sich außerdem noch in der Graphischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel3 und im Hessischen Staatsarchiv
Marburg4 (Abb.2). Mit hoher Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass der erhaltene
Bestand nur noch einen Bruchteil der ursprünglich vorhandenen, von Landgraf Moritz eigenhändig
angefertigten Zeichnungen ausmacht. Viele Zeichnungen zu konkreten Bauplanungen sind vermutlich an anderen Stellen der fürstlichen Bauverwaltung aufbewahrt worden und im Laufe der
Jahre verloren gegangen.
1
aufbewahrt unter 2° Ms. Hass. 107a
4° Ms. Chem. 60 [1,2,, fol. 88
3 MHK, Graph. Sammlung , Marb. Dep. 250a: Frankfurt, Arnsburger Hof in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen
2
2004/2005/2007 http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp
4 HStAM, Slg. 7 Nr. d 322: Schloss Rotenburg (Abb. 2) Karten P II 10529: „Landtafel“; sowie ein Blatt eingebunden in
Best. 4b 35: Entwurf für einen Anbau an das Landgrafenschloss in Kassel (Abb. 75)
8
Die lange Zeit tradierte Meinung, dass die vorliegende Sammlung nach dem Tode des Landgrafen
aus seinem „Schreibtisch im Eschweger Schloss“ geborgen wurde, 5 lässt sich aus den Quellen so
nicht belegen. Das erhaltene, sehr genaue Nachlassinventar von 16326 führt die Blätter jedenfalls
nicht namentlich auf. Da einige der Zeichnungen in die Zeit nach der Abdankung datiert sind – die
letzte Datierung fällt in den August 16317 - könnten sich aber möglicherweise in den dort am Ende
aufgeführten, nicht spezifizierten „Packeten“ Teile des heutigen Bestandes befunden haben.
Abb. 2 Landgraf Moritz, Schloss Rotenburg
Hessisches Staatsarchiv Marburg Slg. 7 Nr. d 322:
5
so König 1933, S. 3
HStAM Best. 4a 38/7
7 auf dem Blatt 2° Ms. Hass. 107 [27]
6
9
Die Übergabeakte 2° Ms. Hass. 107a
http://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1352101003614/1/
In der erwähnten Übergabeakte erläutern die zuständigen Hofbeamten am 28. November 1785: „In
dem Cammer Archiv haben sich die, in abschriftlich / angebogener Designation bemerkte – von
des Herrn / Landgrafen Moritz Hochfürstl: Durchlaucht mehrentheils / höchst eigenhändig
verfertigte Risse und Zeichnungen / vorgefunden. // Da wir nun des unterthänigst unzielgebigsten
dafürha„ / ltens sind, daß selbige, entweder in Fürstlichem Hof Archiv / oder auf Fürstlicher
Bibliothec aufzubewahren seÿn / möchten; so ohnermangeln wir hiervon underthänigste An„ //
Anzeige zu thun, und gnädigster Entschliesung, wohin gedachte / Riße und Zeichnungen
abgegeben werden sollen“ (fol. 4 recto u. verso). Die beigefügte „Abschrift“ der „Designation“, dem
damals angefertigten Verzeichnis, verzeichnet die Sammlung in 54 Positionen (Abb. 3+4). Im
neunzehnten Jahrhundert wurden offensichtlich vier weitere Positionen in Graphit ergänzt,
darunter die beiden Darstellungen Wilhelm Dilichs vom Landgrafenschloss „Arx vetus Casselae“
und „Arx nova Casselae“,8 die 1888 aus dem „Hess: Künstler- / album entnommen“ wurden. Im 19.
Jahrhundert wurden vermutlich auch die Nachzeichnungen der Darstellung von Burghasungen
hinzugefügt.
Der Abgleich der teilweise summarischen Übergabeliste („ein Paquet Zeichnung von Breidenau“)
mit dem heutigen Bestand ergibt, dass die darin verzeichnete Sammlung seitdem weitgehend
unverändert bis heute erhalten geblieben ist. Verloren gegangen ist allerdings definitiv das unter
der Nummer 54 aufgeführte Blatt: „Zeichnung von einer runden Gallerie mit 4. Pavillons, / inventirt
den 22ten Sept: 1627. a M:H:L:”. Die anderen Positionen, konnten im Bestand identifiziert werden.
Dabei wird deutlich, dass schon 1785 der ursprüngliche Kontext einiger Zeichnungen nicht mehr
bekannt war, so dass es zu irrtümlichen Zuschreibungen kam, die erst jetzt korrigiert werden
konnten (z.B. „Weinkirchen“, „Pfaffenhauser“, „Lustenau“).
Abb. 3 2° Ms. Hass. 107a fol. 6 recto
8
Abb. 4 2° Ms. Hass. 107a fol.8 verso
es handelt sich um die Blätter 2° Ms. Hass. 107 [198] (Abb. 12) + [199]
10
Transkription der Übergabeakte
Fol. 1 recto
„Die sich im Cammer Archiv vorfindenden und eingesendet / werden sollende[n] Risse und Zeichnungen von
weyl. des Herrn / Landgrafen Moritz hochfürstl. Durchl. betr. / 1785“
Fol. 2 recto (Abb.1)
„Zeichnungen und Risze / welche von / Ihro Hochfürstlichen Durchlauchth, / dem Herrn Landgraffen Moritz, /
mehrentheils selbst verfertigt worden. / N.1. – 54.“
Fol. 4 recto
„Cassel den 28ten Nov: 1785.“ //
„Durchlauchtigster Landgraf, Gnädigster Fürst und Herr.“ //
„Unterthänigster Bericht, / von der Kriegs und Domainen Camer / die im Cammer Archiv sich vorge „/
fundene Riße und Zeichnungen / vom Herrn Landgrafen Moritz betr:“ //
„In dem Cammer Archiv haben sich die, in abschriftlich / angebogener Designation bemerkte – von des
Herrn / Landgrafen Moritz Hochfürstl: Durchlaucht mehrentheils / höchst eigenhändig verfertigte Risse und
Zeichnungen / vorgefunden.
Da wir nun des unterthänigst unzielgebigsten dafürha„ / ltens sind, daß selbige, entweder in Fürstlichem Hof
Archiv / oder auf Fürstlicher Bibliothec aufzubewahren seÿn / möchten; so ohnermangeln wir hiervon
underthänigste An„ //
[verso] „Anzeige zu thun, und gnädigster Entschliesung, wohin gedachte / Riße und Zeichnungen
abgegeben werden sollen, in derjeni„ / gen tiefsten Erniedrigung an heim zu stellen, worin wir lebens„ /
wierig verharren.“//
„Ew Hochfürstlichen Durchlaucht,“//
„unterthänigst„ treugehorsamst„ und pflichtschuldigste“//
„Fleckenbuhl gt. Burgel. Meyer. Rieß. / Lichtensteiger. Schröder. Oeijnhausen. Jasmund / DApell“
Fol. 5 verso
[Von anderer Hand:] „Resol. Cassel den 12tn Dec: 1785 / ad 136) Sollen sämtliche Riße sollen eingesandt
werden.“ //
„Ist besorget“ //
„G. D. C.“ / “136.“ //
„gez: Cassel d. 13. Dec. 1785“
Fol. 6 recto (Abb.3)
„Abschrift.“ //
„Designation“ //
„Verschiedener von Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht dem Herrn Land„ / grafen Moritz mehrentheils höchst
eigenhändig verfertigten Zeich„ / nungen und Rißen von allerhand Gebäuden in und auserhalb Lan„ / des,
welche sich im Fürstlichen Cammer Archiv vorgefunden haben./
1.) Ein Paquet Zeichnung von Breidenau de anno 1622. / wobeij sich ein Project von einer daselbst
anzulegenden Stadt / befindet./
2.) Ein Paquet Abrißen, als /
a) vom Ahnaberger Hof. /
b) von der Bergfreijheit auf dem Habichts Walde. /
c) von Balthasar Marolds und förster Philips Hofstatt zu Elgers,, / haußen. /
d) Von dem Schloß Warda [Waldau] beij Cassel, so jetzt der Jägerhof. /
e)Vom Hof Freijenhagen an der Fulda. /
3.) Abzeichnung vom Embser Baad nebst Extract Bau Rechnung / de 1581. /
4.) Ein Paquet Zeichnungen, als /
a) Abriß von Smi.[Serenissimi] Kriegs Gezelten. /
b) des Obristen Riedesels Feldlager zu Liebenau de 1626. /
c) Das Hauß Sababurg, idem Trendelburg anno 1625 inven / tiert /
d) Das Hauß Trendelburg allein mit aller Zugehör des Rent,, / hofs, Mühlen und der Diemel Brücken. /
e)Verschiedene Riße vom Hauß Pleßa.“
11
Fol. 6 verso
5.) Ein Paquet Risse den Hof Rohna betreffend. /
6.) Abriß einer Falkonerie. /
7.) Verschiedene Zeichnungen und Riße von dem Hof Lustenau [Lichtenau] / nebst einer Zeichnung von
dem Herrn Landgrafen Moritz wie / derselbe hat sollen erbaut werden de anno 1614. /
8.) Eine Zeichnung von Caßel und der herumliegenden Gegend. /
9.) Verschiedene Zeichnungen von der Fahre an der Fulda. /
10.) Ein Band worinnen verschiedene Zeichnungen vom ehemaligen / Obersten Hof zu Caßel, von den
Schlößern zu Milsungen, / Felsberg, Lustenau, Rückerode, Fahre, Mittelhof beij der / Carthauß und dem Stift
Oberkaufungen. de 1627. a. M:L:H: /
11.) Dessin pour fortifier la ville de Gudensberg projetté par / S.A. Sme. Msg. Le Landgrave Moritz de Hesse
le 25. 1630. /
12.) Zeichnung des Schloß zu Lich /
13.) Zeichnung von der Kirche, Schul, und Kirchhof des Haußes / Turckheim vom 6ten Aug: 1630 a Mauritio
Hassiae Land: /
14.) Zeichnungen vom gräfl: Solmischen Hauß Greiffenstein deli,, / neirt den 28ten Aug: 1630 a. M:H.L: /
15.) Zeichnung vom Fürstl: Bischöflich Speijerischen Hauß Mer,, / gentraudt vom 10ten Aug: 1630. a.
M:H.L: /
16.) Zeichnung von einem Theil der Stadt Ffurt [Frankfurt] und zwar von / der allerheiligen Gaße und dem
Barfüßer Kloster. /
Fol. 7 recto
17.) Zeichnung der Vogelsburg beij Reichen Sachsen de 1631 den 15ten / März 1ten April 1631. a. M: L: H:
nebst einem theil des / Schloßes zu Eschwege und Carl Hermann von Hundelshaußen / Hauß Haßelbach.
Vom 14ten April 1631. A M:H:L: /
18.) Zeichnung von dem Schloß zu Burghasungen vom 8ten April / 1631. a M:L:H: /
19.) Grundriß von Nicolaus Landmann Hauß und Hofreide / zu Grebendorf vom 24ten März 1631. a. M: L:
H: /
20.) Zeichnung vom Renthof zu Felsberg und denen daran / stosenden Gebäuden. /
21.) Zeichnung von Moritzwerder. /
22.) – vom Schloß zu Düßeldorf vom 14tenAug: 1629. / a M:L:H: /
23.) Riß vom Lusthäußer Hof. /
24.) – vom Schloß und Kellereij Wisbaden d 30ten / Aug: 1629. a M.L.H:
25.) Riß vom Hauß Hartenberg [Hardenberg]. /
26.) Zeichnung von einem Theil der Stadt Milsungen. /
27.) – vom Schloß zu Sontra vom 26ten October 1630. a M:L:H: /
28.) Grund Riß vom Herrn Landgraf Philips Schloß zu Butzbach. /
Fol. 7 verso
29.) Zeichnung vom Schloß zu Eschwege. /
30.) Zeichnung /
a) vom Schloßhof zu Milsungen. /
b) vom Hauße Cörenbach [Kehrenbach]. /
c)vom Cörnbergischen Hof zu Caßel vom 29ten Sept: / 1630. a M:L:H: /
31.) Zeichnung von einem Theil des Niederfürstenthums. /
32.) – vom Amt Hauß zu Allendorf vom 29ten Aug.: 1631. /
33.) Zeichnung von Friedrich von Baÿneburg Rittmei,, / sters Hauß vom 29ten Oct: 1630. a M: L: H: /
34.) Zeichnung /
a) Vom Schloßhof zu Sontra vom 23t Oct: 1630. a M: / L:H: /
b) Vom Hof des Haußes Cronenberg [Cornberg] vom 25t Oct: / 1630. a M:L:H: /
35.) Zeichnung vom Heßischen Hof zu Treffurt. de 1630. /
36.) – vom Hof zu Malsfeld vom 2t Maÿ 1630. a M:L:H: /
37.) Riß vom Schloß zu Friedewald ex memoria deline,, / irt den 31ten März 1630. a M:L:H: /
38.) Zeichnung vom Fürstl: Schloß zu Caßel. /
39.)– vom Meijsenbugischen Schloß zu Züschen /
12
Fol. 8 recto
40.) Zeichnung vom Augsburgerhof – oder nunmehrigen von / Glauburgischen Hof zu Franckfurth delineirt
den 3ten / Nov: 1629. den 28ten Aug: 1630. a M:H.L: /
41.) Zeichnung vom Pfaffenhauser in das Stift allerheiligen / gehörig. /
42.) Abriß des Eisenhammers und Schmiedwercks auf dem / Schmiedfahrt an der Pfiefe. /
43.) Abriß vom Arnsburger und Carthauser Hof [Frankfurt]. /
44.) – von Graf Friedrich Ludwigs Hof Weinkirchen / den 19ten Oct: 1629. a M:L:H: /
45.) – vom Hof Germerode vom 19ten März 1631. a / M:L:H: /
46.) – vom Bermannshof zu Apterode vom 20ten / März 1631. a M:L:H: /
47.) – vom Jagdhauß zu Kehrenbach vom 26ten Julii / 1628. a M:H:L: /
48.) Zeichnung von Schwerzelshof von 9ten Julii 1629. a / M:H:L: /
49.) – des fürstl: Sachs Coburgischen Schloßes vom / 30t Oct: 1629. /
50.) – des Schloßes zu Cadolzburg in der Burggraf,, / schaft Nürnberg delineirt den 12ten Oct: 1629. a M: /
L:H: /
Fol. 8 verso (Abb. 4)
51.) Zeichnung vom Schloß zu Ansbach. /
52.) Zeichnung von dem Mittelhof beij der Carthauß /
53.) Zeichnung vom Vorhof des Schloßes zu Caßel. /
54.)Zeichnung von einer runden Gallerie mit 4. Pavillons, / inventirt den 22ten Sept: 1627. a M:H:L:” /
[Spätere Ergänzung in Graphit:]
„55) Fasanenhof bei Wolfsanger /
56) Vorl. unbestimmte Zeichnungen und Risse /
57) Arx vetus Casselae, 1420 } /
58) Arx nova „1605 } a.d. Hess: Künstler- / album entnommen 1888“
Fol. 10 recto
„68) G.D.C.“ „Caßel den 11ten Jan: 1786.“ //
„Durchlauchtigster Landgraf, / gnädigster Fürst und Herr! //
Unterthänigster Bericht / von der Kriegs und Domainen Camer. / Die Einsendung der im Fürstlichen
Cammer / Archiv sich vorgefundenen Riße und / Zeichnungen vom Herrn Landgrafen / Moritz Hochfürstl:
Durchlaucht betr:“ //
„In Gemäsheit der per Extractum Geheimen Raths / Protocolli d.d. Caßel den 17 ten December 1785. uns /
gnädigst ertheilten Resolution, ermangeln wir nicht, / die im Fürstlichen Cammer Archiv sich vorgefundenen /
Riße und Zeichnungen des Herrn Landgrafen Moritz / Hoch,, /“
[Von anderer Hand:]“gez: Cassel d. 19. Jan: 1786“
Fol. 10 verso
Hochfürstlichen Durchlaucht hierdurch in derjenigen tiefsten / Erniedrigung unterthänigst einzuschicken,
worin wir lebens,, / lang beharren //
Ew Hochfürstlichen Durchlaucht,“//
„unterthänigst„ treugehorsamst„ und pflichtschuldigste /
Fleckenbuhl gt. Burgel. Meyer. Rieß. Heppe. Lichtensteiger. / Schröder. Schmerfeld. DApell. / Arnoldi.
Doernberg. Fulda. Bose“
13
Zeichner und Objekte
Der größte Teil der eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen Moritz beschäftigt sich mit
Objekten in zahlreichen Orten der Landgrafschaft im heutigen Nordhessen, - neben den Städten
Kassel, Melsungen, Allendorf und Eschwege sowie den säkularisierten Klöstern Breitenau,
Burghasungen und Germerode sind auch einige kleinere Orte wie z.B. Malsfeld, Felsberg oder
Kehrenbach sowie Gutshöfe wie Rückerode oder Vogelsburg vertreten. Einige Blätter wurden
hingegen auf Reisen außerhalb der Landgrafschaft angelegt. Nach seiner Abdankung 1627
besuchte der Fürst von seinem zeitweiligen Standort Frankfurt aus den südhessischen Raum, wie
z.B. Lich, Butzbach und Greifenstein. Mehrfach reiste er aber auch in die angrenzenden Regionen,
so z.B. an den Rhein (Speyer, Bad Dürkheim, Marientraut, Düsseldorf, Hardenberg) und nach
Franken (Ansbach, Wertheim, Coburg, Cadolzburg).
Bei den Zeichnungen von anderer Hand handelt es sich zumeist um Werke bisher wenig dokumentierter landgräflicher Baumeister. Interessant ist hier vor allem eine von Hans Müller signierte
Entwurfszeichnung für das hessische Badehaus in Ems. Einige Zeichnungen konnten dem bekannten Kartographen und Architekten/Ingenieur Wilhelm Dilich zugeschrieben werden (darunter
die unvollendete Vorzeichnung zur einer Landtafel von Auburg, Abb. 5), außerdem sind noch die
Hofbaumeister Adam Müller und Johann Wi(e)dekindt, vertreten, deren Tätigkeit am Kasseler Hof
ebenfalls bislang noch kaum erforscht ist.
Abb. 5 2° Ms. Hass. 107 [32] Wilhelm Dilich (Ausschnitt)
Insgesamt sind nach jetzigem Erkenntnisstand 54 Orte in Deutschland identifizierbar. Zu den
meisten Standorten liegen nur wenige Zeichnungen vor, umfangreichere Konvolute betreffen
neben der Residenzstadt Kassel und ihrer näheren Umgebung vor allem die osthessischen Städte
Melsungen und Eschwege sowie das Kloster Breitenau und die Domäne Fahre an der Fulda, die
den Fürsten in seinen letzten Lebensjahren zu einer stattlichen Anzahl von Entwürfen für ein
Lustschloss anregte.
Die ebenfalls im Bestand erhaltenen Schriftstücke von unterschiedlichen Schreibern beziehen sich
in den meisten Fällen auf die dargestellten Bauten (Bauanweisungen, Vermessungstabellen etc.).
14
Anders sieht es hingegen in denjenigen Fällen aus, wo Landgraf Moritz beliebige Schriftstücke
(z.B. Briefe, Notizen) für seine Zeichnungen benutzte. Vor allem in seinen letzen Lebensjahren
verwendete der abgedankte Fürst das Papier oft sehr sparsam und nutzte den freien Raum auf
den Blättern voll aus (Abb.6).9
Abb. 6 2° Ms. Hass. 107 [112] recto + verso
9
vgl. z.B. die Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [238] (Abb. 9) oder [112](Abb. 6)
15
Landgraf Moritz der Gelehrte
Tabellarische Kurzbiographie
Geboren am 25. Mai 1572 in Kassel
1587
Nach einer umfassenden Ausbildung erfolgreiche Absolvierung einer Prüfung in
mehreren Fächern an der Marburger Universität
1592
Regierungsübernahme nach dem Tode Wilhelms IV.
1593
Heirat mit Agnes von Solms (1578 – 1602), die drei Söhne und eine Tochter zur
Welt brachte
1596
Ritterspiele zur Feier der Taufe der Prinzessin Elisabeth (von Wilhelm Dilich
festgehalten und 1598 im Druck veröffentlicht) / Gründung der ersten Druckerei in
Kassel
1598
Begründung der Hofschule, später „Collegium Mauritianum“
1598/99
Feldzug an den Niederrhein
1600/1601 Reform der Kriegsverfassung durch das „Defensionswerk“ / Stiftung eines
„Mäßigkeitsordens“
1602
Frankreichreise mit Besuch bei König Heinrich IV. / Tod der ersten Frau Agnes
1603
Heirat mit Juliane von Nassau-Dillenburg (1587 – 1643), aus der zweiten Ehe
gingen sieben Söhne und sieben Töchter hervor / Erwähnung des Plans, eine
„Bibliotheca Architectonica“ anzulegen
1604
Nach dem Tode Landgraf Ludwigs IV. Erbschaft der oberhessischen Gebiete um
Marburg
1604-06
Bau des Ottoneum, des ersten festen Theaterbaus in Deutschland
1605
Einführung der „Verbesserungspunkte“ („Zweite Reformation“)
1606
Pläne für die Anlage einer Stadt am ehem. Kloster Breitenau, nach deren
Scheitern Planungen zum Umbau des Klosters in eine ländliche Schlossanlage /
Beginn der Bauarbeiten für Schloss Weißenstein
1609
Beitritt zur evangelischen Union
1612
Aufenthalt zur Kaiserkrönung in Frankfurt
1613
Hochzeit des erstgeborenen Sohnes Otto, aus diesem Anlass Ritterspiele in
Kassel
1614
Teilnahme am Unionstag in Heilbronn
1615/16
Bauarbeiten in Waldau, Pläne für ein Jagdschloss / Umbau des ehem. Klosters
Heydau (bis 1619)
1617
Tod des Sohnes Otto
1618
Reise nach Holland und Metz
1623
(bis 1625) Flucht aus Kassel wegen der Einquartierung der Tillyschen Truppen
1624
in Plesse Entwürfe für eine Befestigung der Burg
16
1627
1628
1629
1630
1631
(17. März) Abdankung / noch kurz vorher Einrichtung der „Rotenburger Quart“ zur
Versorgung der Kinder aus der zweiten Ehe mit einem Viertel der Landgrafschaft / Rückzug nach Melsungen / Pläne zur Nutzung des Ahnaberger Klosters
und zu Umbauarbeiten am Nassauer Hof in Kassel
Pläne für das Lustschloss Fahre / mit dem endgültigen Vertrag zur Quart im
September scheidet Melsungen als Wohnsitz aus
Ausgedehnte Reisen mit seinen Söhnen Moritz und Friedrich u.a. nach Bad Boll,
Stuttgart, Düsseldorf, Wiesbaden, Coburg, Cadolzburg / dazwischen mehrfach
längere Aufenthalte in Frankfurt
Nach längerem Aufenthalt in Frankfurt hauptsächlicher Wohnort Eschwege /
Reisen nach Speyer und Umgebung sowie nach Greifenstein und Butzbach
Von Eschwege aus kleinere Ausflüge in die Region / auf der Reise nach Gotha
und Erfurt im Sommer dauerhafte Fußverletzung
Gestorben am 15. März 1632 in Eschwege
17
Landgraf Moritz als Zeichner
Nach seinem Regierungsantritt 1592 stand für Landgrafen Moritz erwartungsgemäß die Ausgestaltung der Residenzstadt Kassel, geprägt von dem ansehnlichen Vierflügelbau des Landgrafenschlosses, im Mittelpunkt der baulichen Aktivitäten. Neben der Fertigstellung des 1591 noch
von seinem Vater begonnenen Marstallbaues beschäftigte er sich zunächst mit dem Ausbau der
Befestigungsanlagen, die seinerzeit weithin als vorbildlich galten10 . In der Umgebung des
Schlosses ließ er das Ballhaus und die Rennbahn anlegen, den von seinem Vater Wilhelm IV. angelegten Lustgarten in der Aue vergrößern und das Lusthaus renovieren. Mit dem Bau des
Ottoneum, des ersten festen Theaterbaus in Deutschland, prägte er das Aussehen der Stadt bis
heute. Das alte Kloster auf dem Weißenstein (heute Wilhelmshöhe), damals noch außerhalb der
Stadt gelegen, ließ er abbrechen und ab 1606 ein neues Lustschloss mit Gartenanlagen und
Teichen errichten. Erstaunlicherweise schlagen sich diese gestalterischen Aktivitäten jedoch nur in
geringem Maße in den erhaltenen Zeichnungen wieder, da möglicherweise viele der diesbezüglichen Zeichnungen im Laufe der Zeit verloren gegangen sind.
Ausbildung
Sein Vater Wilhelm IV. hatte für eine vielseitige Ausbildung gesorgt, - während er selber den
mathematischen Unterricht übernahm, wurden die Lehrer für die anderen Fächer (u.a. auch
Astronomie, Chemie und Musik) sorgfältig ausgewählt 11. Spezieller Zeichenunterricht wird
allerdings nicht erwähnt. Dieser gehörte aber später explicit zum Programm der von Landgraf
Moritz gegründeten Ritterakademie („Collegium Mauritianum“), das nach dem Ausschreiben von
1618 unter den „Exercitia“ auch „Allerhand Anschlägen / so wohl zum Krieg / als sonsten zu den
Gebewen Abrissen und Malerey dienlich“ enthält. Damit verfolgte der Fürst ein Bildungsziel, das
1528 B. Castiglione in seinem „Libro del Cortegiano“, einem Buch, das die Bildungsideale der
höfischen Gesellschaft der Renaissance bis weit ins 18. Jhdt. nachhaltig beeinflusste, eindrücklich
formulierte. Dort heißt es nämlich, dass das Zeichnen eine Fertigkeit sei „aus der man, außer daß
sie an sich sehr vornehm und würdig ist, großen Nutzen ziehen kann, zumal im Kriege, um Orte,
Landschaften, Flüsse, Brücken, Burgen, Festungen und ähnliche Dinge zu zeichnen, die man
einem anderen nicht zeigen kann“12. Aus diesem Grunde wurde das Zeichnen als besondere
Kulturtechnik mit militärischem Nutzen allgemein in den Kanon der Fürstenerziehung
aufgenommen.
Am Kasseler Hof dürfte Landgraf Moritz schon früh mit Landvermessern und Kartographen in
Kontakt gekommen sein. Bereits 1587 war Arnold Mercator (1537-1587), der Sohn des großen
Gerhard Mercator für Landgraf Wilhelm IV. mit Vermessungsarbeiten für Landtafeln beschäftigt
gewesen – eine Begegnung mit dem damals fünfzehnjährigen jungen Fürsten scheint deshalb
sehr wahrscheinlich, auch wenn sie sich archivalisch nicht belegen lässt. Noch nachhaltiger könnte
aber der Kontakt zu dem außerordentlich begabten Zeichner und Kartograph Wilhelm Dilich
gewesen sein, der ebenfalls schon unter Landgraf Wilhelm IV. am Kasseler Hof tätig war und in
seinen „Landtafeln“ ab 1607 außergewöhnlich präzise Abbilder des hessischen Territoriums
fertigte.
1603 spricht der hessische Fürst in einem Brief an seinen Vetter, den Landgrafen Ludwig von
Hessen-Darmstadt davon, dass dieser ihm „Abrisse“ und Grundrisse für eine „BIBLIOTHECAM
ARCHITECTONICAM“ zusenden möge13 – ein erstes Indiz dafür, dass sein Interesse an
Architektur und ihrer Darstellung geweckt war, - möglicherweise ausgelöst durch seine Reise nach
10
vgl. Schweikhart 1985, S. 18
vgl. Kümmel 1996, S. 15
12 Baldassare Castiglione: Das Buch vom Hofmann, übersetzt und erläutert von Fritz Baumgart, München 1986, S. 89
13 in: HStAM Best. 4a 40/13
11
18
Frankreich im Jahre 1602, die ihn zu vielen Sehenswürdigkeiten u.a. zu den Schlössern Blois,
Chambord, Fontainebleau und St. Germain geführt hatte, wie das von Caspar Widmarckter
niedergeschriebene Reisetagebuch belegt.14 Andere Reisen führten ihn im Laufe der Jahre zu
bedeutenden Bauten der Renaissance, nach Torgau, Heidelberg, Stuttgart, Dresden, Güstrow –
um nur einige Ort zu nennen. Ähnlich wie bei seinem Verwandten Pfalzgraf Johann Casimir von
Zweibrücken15 kann man deshalb davon ausgehen, dass ihm die zeitgenössische Architektur aus
eigener Kenntnis sehr vertraut war. In seiner persönlichen Bibliothek, die nach seinem Tode in
Schloss Eschwege inventarisiert wurde, befanden sich im übrigen Ausgaben der Architekturbücher
von Vitruv und Alberti, - vermutlich nur ein Bruchteil der diesbezüglichen Publikationen, die einst in
der landgräflichen Bibliothek vorhanden waren.
Themen
In den Zeichnungen des Landgrafen Moritz finden sich nicht nur Schlösser, Burgen, und Herrenhäuser aus dem feudalen Umfeld, sondern durchaus auch Stadthäuser, Gutshöfe, Mühlen und
andere Wirtschaftsgebäude. Neben mehr oder minder getreuen Bestandsaufnahmen damals existierender Gebäude stehen Entwürfe für Umbauten und Neubauten, Dokumente der ausgeprägten
zeichnerischen und planerischen Tätigkeit des hessischen Fürsten, die über gelegentliche
Skizzen, wie sie auch von anderen Fürsten überliefert sind,16 weit hinausgeht.
Im Zentrum stehen natürlich die landgräflichen Residenzen, deren Umbau und Erweiterung er
akribisch plante. Für die Residenz in Kassel konzipierte er mehrfach einen Anbau. Nach der Abdankung 1627 war das Landgrafenschloss in Melsungen ein bevorzugtes Objekt des Landgrafen
Moritz, der in seinen Zeichnungen diverse Umgestaltungsideen thematisierte (Abb. 7) .
Abb. 7 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten
In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich zudem intensiv mit dem Schloss in Eschwege,
seinem letzten Wohnsitz. Seine Zeichnungen visualisieren in diesen Fällen Erweiterungsbauten,
die sich an den vorhandenen Bestand anpassen, ihn in bescheidenem Umfang repräsentativ
14
4° Ms. Hass. 66 [1, vgl. Rommel 1839
vgl. Châtelet-Lange 2000
16 vgl. z.B. die Zeichnungen des Pfalzgrafen Johann Casimir, siehe Châtelet-Lange a.a.O.
15
19
modernisieren und erweitern. Einen weitaus größeren Erfindungsreichtum zeigen die Entwürfe für
das nahe bei Kassel gelegene Jagdschloss Waldau und das Lustschloss Fahre an der Fulda. Vor
allem letzteres inspirierte ihn zu einer Vielzahl von Entwurfsvarianten, die verschiedene Ideen für
ein schlichtes Lusthaus innerhalb ausgedehnter Gartenanlagen thematisieren. Weitere
Idealentwürfe belegen seine Vertrautheit mit zeitgenössischen Architekturpublikationen.
Für das säkularisierte Kloster Breitenau plante er bereits seit 1606 eine neue Nutzung. Nachdem
es ihm nicht gelungen war, hier eine neue Stadt anzusiedeln, verfolgte er über viele Jahre den
Plan, einen fürstlichen Wohnsitz in den alten Klostergebäuden bzw. im Vogteihaus herzurichten,
von dessen zumindest teilweiser Umsetzung die erhaltenen Bauanweisungen zeugen (Abb. 8) In
gleicher Weise verfuhr auch mit anderen Klöstern, etwa mit der ehem. Kartause Eppenberg, die
heute nur noch in Rudimenten erhalten ist, während für den noch in situ zu besichtigenden Umbau
des Klosters Heydau (Altmorschen) leider keine eigenhändigen Zeichnungen erhalten sind17 .
Ähnliche Pläne hegte er auch für das Kloster Germerode, das ab 1627 zur Rotenburger Quart
gehörte, dem Viertel der Landgrafschaft, das zur Versorgung der Nachkommen aus der zweiten
Ehe abgetrennt wurde.
Abb.8 Ehem. Kloster Breitenau, 2° Ms. Hass. 107 [58] recto
Mehrere Zeichnungen des Bestandes geben Besitzungen der zweiten Ehefrau des Landgrafen,
Juliane von Nassau (Nassauer Hof in Kassel, Cornberg, Freienhagen, Rückerode, Rohna) wieder,
deren Ausbau und Befestigung ihm in den unruhigen Zeiten nach der Abdankung am Herzen lag.
Die dargestellten Gutshöfe gehören zum einen zum landgräflichen Besitz (Mittelhof), zum anderen
werden aber auch private Besitzungen (Abterode, Hasselbach, Vogelsburg) dargestellt, deren
Lage und Aussehen ihn aus persönlichen Gründen interessierte.
Einige der erhaltenen Zeichnungen visualisieren darüber hinaus auch Höfe und Häuser in
städtischem Zusammenhang, nicht nur in Melsungen und Eschwege, sondern auch in Frankfurt
und Speyer.
Von Interesse waren für den Landgrafen nicht zuletzt aber auch technische Gebäude, wie die
Zeichnungen für die Eisenschneidmühle Schmidtfahrt a.d. Pfieffe belegen, deren effizienter Betrieb
ihm sehr am Herzen lag.
17
vgl. Rohrmüller 2002
20
Technik
Landgraf Moritz benutzte in der Regel für seine „Abrisse“ die Feder, deren Strich nicht korrigierbar
war und ein sehr konzentriertes Vorgehen erforderte. Graphitstifte wurden damals noch sehr selten
und hauptsächlich von ausgebildeten Künstlern verwendet. Einstichpunkte und geritzte Blindlinien
legen nahe, dass er zumindest gelegentlich einen Zirkel und ein Lineal zur Hilfe nahm. Beim Vermessen vor Ort konnten er bzw. sein Personal vermutlich auf Maßketten zurückgreifen. Zur Verfügung standen ihm natürlich auch die Vermessungsinstrumente, die schon sein Vater angeschafft
hatte (u.a. das berühmte „Triangularinstrument“), deren Benutzung sich aber nicht nachweisen
lässt. Diese Art der Zeichnung mit Feder und Tinte auf losen Papierblättern setzt aber zumindest
ein Pult oder einen Tisch voraus, d.h. die wenigsten Blätter können tatsächlich vor Ort „im Augenschein“ entstanden sein. In sehr vielen Fällen wird es sich daher eher um „Rekapitulationen“
handeln, was viele der Ungereimtheiten und Fehler erklären könnte, die immer wieder festzustellen sind.
Ein wesentliches Kennzeichen seiner zeichnerischen Arbeiten ist es, dass er ausgesprochen
sparsam mit dem Papier umging - das durchaus nicht nur aus einheimischen Papiermühlen
stammte, sondern auch auf der Messe in Frankfurt eingekauft wurde - ob es sich nun um große
Blätter oder nur winzige Notizzettel handelte. Oft sind die Blätter vorder- und rückseitig mit
mehreren Zeichnungen gefüllt, manchmal überschneiden sie sich oder es wurden nicht mehr
benötigte Schriftstücke wieder verwendet ( Abb. 9).
Abb.9 2° Ms. Hass. 107 [238] (Auschnitt)
Ungewöhnlich ist vor allem aber die bevorzugte, sehr spezielle Art der Darstellung: neben Grundund einigen wenigen Aufrissen benutzte er überwiegend eine (zumeist axonometrische) Vogelperspektive von einem mittleren Augenpunkt aus, die ähnlich der „Kavalierperspektive“ den Eindruck erweckt, der Zeichner befinde sich auf einer Anhöhe. Diese „abgehobene“ Sicht bietet die
Möglichkeit, Gebäudezusammenhänge und topographische Situationen anschaulich in ihrer räumlichen Ausdehnung darzustellen und sie im topographischen Kontext zu präsentieren, erforderte
aber gleichzeitig vom Zeichner eine besondere Vorstellungskraft und Abstraktionsvermögen (vgl.
Abb. 10, Riedeselsche Vogtei in Melsungen). Damit heben sich diese Darstellungen deutlich von
der klassischen Architektenzeichnung wie auch von den damals zunehmend an Bedeutung gewinnenden Topographien und Kartenwerken ab.
21
Abb. 10 2° Ms. Hass. 107 [245] recto
Vergleichbare Ansichten mit sehr hoch gelegener oder gänzlich fehlender Horizontlinie sind eher
selten zu finden, u.a. auch bei dem bereits erwähnten Kartographen Arnold Mercator, der bei den
Zeichnungen aus dem Lagerbuch der Liegenschaften des Duisburger Gasthauses von 157118 eine
ähnliche Perspektive wählt, was darauf schließen lässt, dass solche Vogelschaudarstellungen zur
Wiedergabe begrenzter räumlicher Situationen im Einzelfall bei besonderen Fragestellungen
benutzt wurden. Wie es für die kartographischen Pläne der Zeit gebräuchlich ist, verknüpft auch
Landgraf Moritz häufig in seinen Darstellungen Bild und Text, indem er ausführliche Beschriftungen
und Maßangaben beifügt, die ein Höchstmaß an Information vermitteln.
Abb. 11 2° Ms. Hass. 107 [190] verso, rechts (Ausschnitt)
18
Katalog Bonn 2011, Kat.Nr. 271
22
Besonders eigen erscheint allerdings die von Landgraf Moritz in mehreren Fällen gewählte
Kombination mit Horizontalschnitten oder Grundrissen, die im Einzelfall zusätzliche informative
Einblicke in die innere Struktur der Gebäude gewähren (vgl. Abb. 11, Burg Greifenstein).
Horizontalschnitte zur Darstellung von Architektur wurden zur damaligen Zeit auch von professionellen Zeichnern noch außerordentlich selten verwendet. Als eines der wenigen Beispiele
kann man hier die Darstellungen aus Jacques Perrets Buch „De Fortifications et artifices.
Architecture et Perspective“ (erschienen 1602 auf deutsch) nennen, das neben isometrischen
Schrägaufsichten und Grundrissen auch präzise Horizontalschnitte präsentiert. Möglicherweise ist
diese spezielle Darstellungsweise in den Zeichnungen des hessischen Fürsten aber auch
beeinflusst durch den Umgang mit hölzernen - häufig auch aufklappbaren – Architekturmodellen,19
die damals weitaus gebräuchlicher waren, als der heutige Bestand vermuten lässt.
Modelle und Modellsammlungen der Renaissance in Deutschland sind nur selten erhalten, lassen
sich aber in vielen Fällen archivalisch nachweisen. Die Baumeister der Renaissance, die häufig
gleichzeitig Schreiner waren, hatten neben „Abrissen“ oft auch Modelle der geplanten Architektur
zur Begutachtung zu liefern. Die leider nicht mehr erhaltene Modellsammlung der Kasseler
Landgrafen war nachweislich so umfangreich, dass zu Beginn des 18. Jahrhunderts sogar ein
eigenes Modellhaus zur Aufbewahrung der dreidimensionalen Objekte errichtet wurde. 20
Funktion
Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz besitzen einen ganz besonderen Charakter, da sie
vielfältige Funktionen zu erfüllen hatten.
Die Zeichnungen dienten primär als ganz besondere Art von Notizen, in denen Architektur erfasst
und vermessen wurde, gleich ob es sich nun um eigene Besitzungen oder auf Reisen besuchte
Bauten handelte. Dabei bewegte den Fürst ein ausgeprägtes intellektuelles Interesse, ein Streben
nach Erkenntnisgewinn, das auch bei seinen Aktivitäten auf anderen Interessensgebieten (Musik,
Theater, Alchemie) spürbar ist - Zudem schuf er sich so von eigener Hand tatsächlich eine
„Biblioteca architectonica“, auf die er nach Bedarf zurückgreifen konnte.
Anhand dieser Blätter war es ihm aber auch möglich, seine Ideen - Bauanweisungen ebenso wie
Visionen - auf besonders anschauliche Weise zu kommunizieren, nicht nur mit dem Baupersonal,
sondern auch mit seinen Briefpartnern, befreundeten Fürsten oder Verwandten.21
Nach der Abdankung schließlich konnte der Fürst in seinen Zeichnungen idealen Visionen von
Schlossbauten Raum geben, - oft auf konkreten Anlässen fußende Phantasien („paper villas“) 22,
die seinem frühabsolutistischen fürstlichen Selbstverständnis entsprachen, aber realiter keine
Aussicht auf Verwirklichung hatten (z.B. die Entwürf für Fahre und Moritzwerder).
Landgraf Moritz war als Zeichner ohne Zweifel ein autodidaktischer Dilettant, ein „amateur“, der mit
großer Sachkenntnis und intensiver Wissbegierde, die auch vor Details nicht halt machte, vorging.
Er begriff sich nicht als dokumentierender Chronist, sondern visualisierte in seinen Darstellungen
sein ganz persönliches Interesse an den architektonischen Objekten. In dieser Art spiegeln die
Zeichnungen seine von wissenschaftlichem Erkenntnisdrang geprägte Persönlichkeit, „generally
knowing in all things & excellent in many“, wie Edward Monings 1596 in England berichtete.23
In ihrer spezifischen Eigenart und der ihnen innewohnenden Ambivalenz von Funktion und
Ästhetik sind sie einzigartige Dokumente aus einer Zeit, in der bildliche Darstellungen der Umwelt
noch sehr rar und kostbar waren und das Zeichnen als eine nur wenigen Personen zugängliche
Kulturtechnik zur Verbildlichung von Sachverhalten einen besonderen Wert besaß.
19
vgl. Hoppe 2006
vgl. Bergmeyer 1999, S. 263-273
21 siehe den im Bestand der Korrespondenz mit seiner Schwester Christine, Herzogin von Sachsen Eisenach, HStAM
Best. 4a 40/15, befindlichen Brief aus dem Jahr 1630, in dem er einen „Abriss“ eines Entwurfs für das Schloss in
Eisenach avisiert, dessen Erhalt die Schwester höflich quittiert.
22 Begriff geprägt von Hoppe 2006
23 zitiert nach Hanschke 1997 S. 271
20
23
Die anderen Zeichner
Wilhelm Dilich (1571/72 – 1650)
Schon zu Zeiten Landgraf Wilhelms IV. war am Kasseler Hof der Kartograph und Kupferstecher,
Architekt/Ingenieur und Historiograph Wilhelm Dilich tätig. Geboren als Wilhelm Scheffer 1571/72
in Wabern, studierte er von 1589 an in Wittenberg und ab 1591 in Marburg, wo er 1591 das Manuskript der „Synopsis descriptionis totius Hassiae…“ mit Federzeichnungen hessischer Landstriche
anfertigte. Daraufhin nahm ihn 1592 der junge Landgraf Moritz als „Abreisser“ (Zeichner) in seine
Dienste. Seine Aufgabe am Kasseler Hof bestand zunächst in der Darstellung von illustrierten
Chroniken und höfischen Festen.24 1605 entstand die „Hessische Chronica“ eine topographische
Beschreibung Hessens, eine Publikation, die bis 1617 mehrere Auflagen erlebte. 1607 begann
Dilich mit der – letztendlich unvollendet gebliebenen - Arbeit an den berühmten „Hessischen Landtafeln“, die in ihrer topographisch genauen Schilderung hessischer Landschaften und rheinischer
Burgen eine außerordentliche Meisterleistung darstellen, wobei Landgraf Moritz persönlich das
Programm entworfen hatte.25 Der überwiegende Teil dieser kolorierten Zeichnungen befindet sich
ebenfalls in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel.26 Überraschenderweise
liegt die 1609 angefertigte, unvollendete Vorzeichnung zu einer Landtafel von Auburg jedoch im
Bestand der Handzeichnungen des Landgrafen Moritz (Abb. 5).
Dilichs sehr sorgfältiges und langwieriges Arbeiten zog ihm immer wieder den Unmut des
hessischen Fürsten zu, da er nach dessen Meinung zu viel Zeit und Geld auf diese Arbeit
verschwendete. Nach tiefgreifenden Differenzen beendeten seine Einkerkerung 1622 und die
Flucht nach Dresden 1625 seine Tätigkeit für den hessischen Landgrafen. Von da an war er als
bestallter Kriegsingenieur, Kartograph, Architekt und Zeichner für den sächsischen Kurfürsten
Johann Georg I. tätig. 1627 bereiste er Kursachsen, um für die Dekoration des Riesensaals im
Dresdener Schloss 17 Stadtansichten anzufertigen. Ab 1632 leitete er die Erweiterung der
Dresdener Festungsanlagen. Bis zu seinem Tod 1650 lebte er in Dresden.
Neben der erwähnten Vorzeichnung für die Landtafel von Auburg befinden sich im vorliegenden
Bestand ein weiterer, mutmaßlich Dilich zuzuschreibender fragmentierter Entwurf für eine Amtskarte von Kassel und Umgebung, sowie zwei beschriftete Zeichnungen des Kasseler Landgrafenschlosses, die eng mit den Darstellungen der „Hessischen Chronica“ zusammenhängen (Abb.12).
Abb.12 Wilhelm Dilich, Landgrafenschloss, 2° Ms. Hass. 107 [198]
24z.B.
der Ritterspiele zur Taufe der Prinzessin Elisabeth 1596, vgl. Nieder 2002
vgl. Dilich 2011
26 2° Ms. Hass. 679
25
24
Adam Müller (ca. 1550 – vor 1627)
Adam Müller gehörte zu einer Kasseler Familie, die unter Landgraf Wilhelm IV. und Landgraf
Moritz mehrere Baumeister zu ihren Mitgliedern zählte. Sein Vater war der Hofmaler Michael
Müller während sein älterer Bruder Christoph Müller zunächst als Hofschreiner und später als
Baumeister am Kasseler Hof tätig war.27 Dessen Sohn wiederum war der mit einem Plan des
Badehauses in Bad Ems ebenfalls im Bestand vertretene Hans Müller.
Der wahrscheinlich noch vor 1550 geborene und zwischen 1622 und 1627 verstorbene Adam
Müller ist nicht identisch mit dem gleichnamigen späteren Vogt von Heydau, der auch als
Vermesser tätig war und als Sohn des Hofschreiners (?) Hieronymus Müller gilt, der vermutlich
ebenfalls dieser handwerklich-künstlerisch begabten Familie entstammte.28
Erstmalig 1581 als Salzschreiber zu Kassel aktenkundig29 erhielt Adam Müller 1593 die Bestallung
als Salzschreiber in Allendorf.30 1596 verlieh ihm Landgraf Moritz aufgrund seiner langjährigen (32
Jahre!) Verdienste ein Grundstück in Erbpacht31 . 1605 wird er als Eigentümer eines Hauses an der
Schlagd in Kassel genannt,32 das auch im Plan 2° Ms. Hass. 107 (57) recto verzeichnet ist. Zu
dieser Zeit fungierte er in den Akten bereits als Baumeister: nachdem er noch 1602 Berichte als
„Salzschreiber“ unterzeichnet hatte,33 wurde er 1603 in einer Bauanweisung zur Aue erstmalig als
„bawmeister bawschreiber und Landmesser“ 34 bezeichnet und signierte fortan als Baumeister.
Abb. 13 Adam Müller, Brunnen für Breitenau, 2° Ms. Hass. 107 [60]
Neben der durch die signierten Zeichnungen belegten Beteiligung an den Bauarbeiten im ehem.
Kloster Breitenau 1607-1611 (Abb. 13, Brunnenentwurf) erscheint er nicht nur in den Kasseler
27
Papritz 1964/65, S. 178
Papritz a.a.O
29 HStAM Best. 40d Rubr. 4 Nr. 130
30 HStAM Best. 40a Rubr. 0490
31 HStAM Best. 17e Kassel 42
32 Holtmeyer 1923, S. 746
33 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168
34 Schriftstück vom 25.7.1603, in: HStAM Best. 53e Paket 60
28
25
Bauakten (u.a Ahnaberger Kloster, 1608), sondern zudem ab 1605 auch bei den Bauten in
Heydau, Rotenburg und Spangenberg. 1609 berichtete er von der Kartause Eppenberg, 1610 von
Schloss Weißenstein.35 Im gleichen Jahr wurde er wegen einer Konsultation in Bausachen nach
Sondershausen zu Graf Anton Heinrich von Schwarzburg geschickt36 . In der Korrespondenz zur
Errichtung der „Neue Müntz unter der Kanzlei“ im Kasseler Renthof erscheint er namentlich 1611
erwähnt,37 1612 unterzeichnete er Bauabrechnungen in Waldau.38
Seine Aufgaben umfassten offenbar einen großen Teil des höfischen Bauwesens. Die häufig in den
Dokumenten vorzufindenden gemeinsamen Unterschriften mit Hans Heinrich Siegerodt und Dr.
Hermann Wolff verweisen darauf, dass er zumindest zwischen 1603 und 1612 eine verantwortliche
Position in der landgräflichen Bauverwaltung innehatte. Vermutlich wurde er um 1615 von Johann
Wiedekindt abgelöst, der nach Rommel39 1619 die Baustube anführte.
Sein genaues Todesdatum ist unbekannt. Am 5. Januar 1622 taucht sein Name in einer Aktennotiz
zu Kaufungen auf, wo er eine Taxation vornehmen sollte.40 Im Plan des Nassauer Hofes und
seiner Umgebung von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [207]) ist sein Haus mit der Beischrift "Adam Müller
s. / witwe" versehen. Er dürfte demnach also zwischen Januar 1622 und 1627 verstorben sein.
Die erhaltenen Zeichnungen und Dokumente zeigen ihn als vielgefragten Praktiker, der wie viele
seiner Kollegen seine Karriere am Kasseler Hof als Schreiber und Landvermesser begann.
35
HStAM Best. 53e Pak. 61
HStAM Best. 4f Schwarzburg 51
37 s. Anm. 33
38 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168
39 Rommel 1837, S. 413
40 HStAM Best. 22a 11 Kaufungen Pak. 7
36
26
Hans Müller (ca. 1560 – vor 1610)
Hans Müller gehörte zu einer Kasseler Familie, deren Mitglieder mit ihrer künstlerischhandwerklichen Begabung über einen längeren Zeitraum für die Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz
tätig waren.
Geboren wurde er vermutlich um 1560 als Sohn von Christoph Müller, der zunächst als Hofschreiner, ab 1579 als Baumeister am Kasseler Hof beschäftigt war. Dessen Bruder war der ebenfalls in gleicher Funktion tätige Adam Müller. Während dieser aber vor allem an Bauten in der
Region (Waldau, Breitenau, Heydau) beteiligt war, scheint sein Neffe eher mit Bauprojekten in der
Residenz beschäftigt gewesen zu sein.
In den Akten erscheint Hans Müller erstmalig im Zusammenhang mit dem Neubau des Hessischen
Badehauses in Ems, für den er 1580 den im Bestand vorhandenen Entwurf lieferte (Abb. 14 +
131). Beteiligt an den Bauarbeiten in Ems waren aber auch sein Vater Christoph Müller und Hans
Wetzel.41 Weitere Zeichnungen von seiner Hand beschäftigten sich mit der Kanzlei im Renthof
(1580)42 und dem Neuen Tor (1583) 43 in Kassel. Wiederum zusammen mit seinem Vater soll er
auch an der Ausgestaltung der Wilhelmsburg in Schmalkalden beteiligt gewesen sein.44
1591 wird er als „Baumeister“ auf die Sababurg zur Überprüfung von Bauarbeiten gesandt45 .
Gemeinsam mit Hieronymus Müller, über dessen genaue verwandtschaftliche Beziehung (evtl.
sein Bruder) bislang nichts bekannt ist, arbeitete er an der Errichtung des Marstalls 1591-93, für
den er ebenfalls Zeichnungen lieferte46.
1593 wurde er kurzfristig zu Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg gesandt, um Gebäude zu
begutachten. 47
1598 wird er noch einmal wegen einer Schlägerei in Eisenach erwähnt48 - danach verliert sich
seine Spur im Archiv. Nach Holtmeyer war er noch 1605 Eigentümer eines Wohnhauses in Kassel,
das 1610 bereits Christof Jobst gehörte,49 weshalb er in diesem Zeitraum verstorben sein dürfte.
Aufgrund seiner offensichtlichen zeichnerischen Begabung waren vor allem seine „Abrisse“ begehrt, während die anderen Mitglieder der Familie anscheinend eher für die praktischen Belange
des Bauens zuständig waren.
Abb.14 Hans Müller, Badehaus in Ems (Detail), 2° Ms. Hass. 107 [96]
41
vgl. die Akten in: HStAW Abt. 171 Nr. E 549, HStAM Best. 4a 25/28
HStAM Karte P II 4303
43 HStAM Karte P II 3605
44 Müller 2004, S. 125
45 HStAM Best. 53e Pak. 61
46 vgl. die Akten in: HStAM Best. 53e Pak. 61
47 Brief von Landgraf Moritz vom 30.09.1593, in: HStAM Best. 4f Pfalz 916, 1124
48 HStAM Best. 4f Sachsen-Eisenach 48
49 Holtmeyer 1910, S. 659
42
27
Johann Wi(e)dekindt (ca. 1570 – 1628/1629)
Der aufgrund fehlender Nachweise nur schwer fassbare Baumeister wird 1593 mit seiner
Bestallungsurkunde als Wallmeister in Kassel erstmalig erwähnt50. Seit 1610 soll er als Baumeister
tätig gewesen sein,51 in dieses Jahr war auch eine Steinkartusche in der Kasseler Martinskirche
datiert. 52 Ab 1612/1613 leitete er vermutlich die Bauarbeiten im ehem. Kloster Breitenau.
1615 wird er im Zusammenhang mit der Mühle in Trendelburg erwähnt53, im gleichen Jahr war er
vermutlich auch in Waldau tätig.
1619 leitete laut Rommel „Hans Widekind“ die landgräfliche Baustube54, als Vizebaumeister wird
hier Georg Widekind genannt (sein Bruder), der auch als Baumeister in Ziegenhain und Marburg in
den Akten erscheint.
Bei den Befestigungsarbeiten in Marburg war er 1620 ebenso beteiligt wie Wilhelm Dilich und
Benjamin Bramer.55
1622 erstellte er zusammen mit seinem Bruder Georg eine „Taxation“ in Kaufungen.56
Von einer Einfriedung für Schloss Weißenstein bei Kassel berichtete „Jwiedekindt“ am
26.10.1625.57 Vermutlich zeichnete er auch den kürzlich identifizierten, diesbezüglichen Plan.58
Bei dem großen „Abriß des Hauses Hohenenglis“ aus dem Jahre 162659 handelt es sich um die
einzige von ihm eindeutig signierte und datierte Zeichnung. Noch 1627 ist er in einem Grundriss
des Ahnaberger Klosters fassbar 60 (Abb. 14), soll aber vor März 1629 verstorben sein.61
Während in den wenigen, ihm zugeschriebenen Zeichnungen ein um feinlinige Präzision bemühter
Zeichner deutlich wird, der möglicherweise bei Wilhelm Dilich gelernt hat, lässt sich über seine
Fähigkeiten als Baumeister aufgrund fehlender Dokumente bislang nichts Genaues sagen.
Abb.14 Johann Wiedekindt, Ahnaberger Kloster, 2° Ms. Hass. 107 [25]
50
HStAM Best. 40a 04138
Papritz 1964/65, S. 178
52 Holtmeyer 1923, S. 176
53 HStAM Best. 53e Paket 61
54 Rommel 1837, S. 413
55 Brohl 2009, S. 53, HStAM Best. 4h 51/3
56 HStAM Best. 22a 11 Kaufungen Pak. 7
57 HStAM Best. 17e Weißenstein 3
58 HStAM Karten P II 4342
59 HStAM Karten P II 11425
60 Stengel 1927, Anm. 177
61 Papritz 1964/65, S. 179
51
28
Katalog
29
Orte in Hessen
Abterode
„Bermanns“ Hof, 1631
2° Ms. Hass. 107 [20] (Abb. 16)
Bei dem neun Kilometer von Eschwege entfernt gelegenen Ort Abterode handelt es sich um eine
ehemalige Bergarbeitersiedlung.
Der Ursprung des Ortes geht wahrscheinlich auf den Abt Ruthard von Fulda zurück, der um 1076
im Meißnervorland eine Abtei "Abbetesrode" gründete. Um diese Kirche herum entwickelte sich im
Laufe der Zeit eine ringförmige Ansiedlung. Von wirtschaftlicher Bedeutung für die Bewohner
Abterodes war seit alters her der Kupferschiefer- und später der Schwerspatbergbau im Bilsteiner
Revier.62
Landgraf Moritz datierte seine Zeichnung von „Bermanns Hof“ auf den 20. März 1631. In der
Vogelschau zeigt er einen rechtwinkligen Fachwerkhof am Schnittpunkt der Straße nach der
„Beilsteiner Hütte“ (Bergwerk) und Allendorf sowie derjenigen nach Eschwege.
Die mutmaßliche Bestandsaufnahme entstand wahrscheinlich im Laufe einer kleinen Rundreise im
Amt Eschwege, die ihn nach Ausweis anderer datierter Zeichnungen von Schloß Eschwege am
15. März zum Hof Vogelsburg (2° Ms. Hass. 107 [322], Abb. 126), danach über Germerode am 19.
März (2° Ms. Hass. 107 [178], Abb. 64) nach Abterode und am 24. März nach Grebendorf (2° Ms.
Hass. 107 [187], Abb. 67) führte.
Abb.16 2° Ms. Hass. 107 [20]
62
vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 244ff.
30
Allendorf
Noch vor 1218 gründeten die Landgrafen von Thüringen die Stadt Allendorf am rechten Werraufer.
Bei den ertragreichen Salinen am gegenüber liegenden Flussufer lag die alte Siedlung „in den
Soden“, 1264 kamen beide Orte endgültig an Hessen.
Das Waldistor im Nordwesten und das Steintor im Südosten bildeten den Zugang zu der befestigten Stadt, während das Brückentor den Übergang nach Sooden sicherte. Bereits 1386 wurde
die steinerne Werrabrücke erwähnt. 1637 äscherten die kaiserlichen Truppen die Stadt im Dreißigjährigen Krieg weitgehend ein. Die doppelte Stadtmauer ist in weiten Teilen bis heute erhalten.63
Die Zeichnungen des Landgrafen beschäftigen sich vor allem mit Entwürfen für eine umfangreiche
Schlossanlage. Einige Darstellungen zeigen zudem den landgräflichen Amtshof, dessen Erweiterung der Fürst plante. Mit den konzipierten Änderungen verknüpfen sich auf diesen Blättern
historisch interessante Bestandsaufnahmen der alten Stadt.
a. Schlossentwürfe
Die Entwürfe des Landgrafen Moritz präsentieren ein fürstliches Schloss an unterschiedlichen
Orten in der Stadt. Einige zeigen eine geschlossene Anlage an der Nikolaikirche, deren Ruine
noch bis 1823 stand.64 Eine weitere Variante platziert einen repräsentativen Bau vor der Stadt am
Waldistor. In der dritten Version liegt das Schloss auf der Insel zwischen der Stadtbrücke und der
Mittelbrücke direkt am Fluss.
Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Osten, 1627
2° Ms. Hass. 107 [112] recto, oben (Abb. 6)
Die früher unter Eschwege eingeordneten Blätter mit Entwürfen zu einem an einer Kirche
gelegenen Schlossbau65 konnten 1997 eindeutig in der Umgebung der Nikolaikirche in Allendorf
verortet werden.66
Die "Invention wie auß dem / alten Rahthauß ein f. Hauß / mit Anhengung der obersten Kirche / zu
verrichten were. M. H. L. / Anno 1627. den 5 Sept." zeigt das Areal neben dem "Eschwehisch[er]
Burgsitz" direkt an der Stadtmauer von Osten im Kontext der umgebenden Bebauung. Die
städtischen Bürgerhäuser sind mit ihrer Fachwerkgliederung summarisch wiedergegeben,
während der zentrale Baukomplex an der Kirche detaillierter geschildert wird. Im rechten Winkel zu
der durch die Kreuzblumen an den Giebeln, den Dachreiter und die Apsis als solche zu identifizierenden Kirche erstrecken sich auf beiden Seiten dreigeschossige Steinbauten mit Zwerchgiebeln bis zur Stadtmauer. Auf diese Weise entsteht ein großzügiger, auf drei Seiten bebauter
Hof.
Die erstmals im 14. Jhdt. erwähnte Nikolauskirche, vermutlich eine Tochterkirche von St. Crucis
und häufig als „obere Kirche“ bezeichnet,67 wurde nach der Reformation vermutlich nicht mehr
benutzt. Da sie bereits 1637 abbrannte, besitzen die Zeichnungen des Landgrafen Moritz
besondere Aussagekraft.
Das in der Beischrift erwähnte alte Rathaus ist im Stadtplan von 1745/46 nördlich der Nikolaikirche
eingetragen. Es handelt sich um das ehemalige Haus des Hans von Bischoffshausen, das dieser
im 15. Jahrhundert an die Stadt veräußerte, welche es als Rathaus nutzte bis der Neubau am
Markt fertig war.68 Da das Gebäude 1627 nicht mehr benötigt wurde, konnte Landgraf Moritz das
Areal in seine Planungen mit einbeziehen.
63
vgl. Reccius 1930
vgl. Nickel 1997
65 dazu gehören noch 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben + [110] + [111]
66 vgl. Nickel 1997
67 Reccius 1930, S. 29
68 Nickel 1997, Abb. 8, vgl. Reccius 1930, S. 22
64
31
Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Norden, 1627
2° Ms. Hass. 107 [112] recto, unten (Abb. 6)
Die „andere invention“ des Landgrafen Moritz, zusammen mit der Ansicht von Osten auf der
Rückseite eines Schriftstücks platziert, zeigt die Situation neben dem "Eschweher Burg / sitz." von
Norden, wobei „die pfarkirche" im Vordergrund im Grundriss dargestellt wird und die Umgebungsbebauung im Plan nur angedeutet ist. Ein regelmäßiger dreigeschossiger Steinbau mit Doppelbahnenfenstern umschliesst hier den Hof hinter der Kirche auf allen drei Seiten, endend jeweils an
der Nordwand der Kirche. Dekorative Schweifgiebel an den beiden Stirnseiten neben der Kirche
geben der stadtseitigen Ansicht einen repräsentativen Charakter. Der Zugang zum Schlosshof
erfolgt über ein halb verdecktes Portal neben der Apsis.
Der Grundriss der Kirche dürfte weitgehend der damaligen Realität entsprechen, die Position des
Turmes, der Umriss von Kirche und Apsis sowie die Anzahl der Fensteröffnungen entsprechen den
Darstellungen in 2° Ms. Hass. 107 [111] und [28] recto, oben (Abb.18).
Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Westen
2° Ms. Hass. 107 [110] (Abb.17)
Das Blatt präsentiert einen weiteren Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, gesehen von
Westen, wobei auch hier die städtische Umgebung nur als Plan angedeutet ist. Bemerkenswert ist
hier die überwiegend in italienischer Sprache verfasste Beschriftung. Der Eschweger Burgsitz im
Hintergrund wird bezeichnet als: "Nobile palazzo / da quelli d'Esvegia", daher vermutlich die bisherige irrtümliche Zuweisung an Eschwege. Neben der "chiesa", deren Westturm hier abweichend
von den anderen Zeichnungen auf der Nordseite steht, befindet sich auf der Westseite die dreigeschossige „galeria“, die direkt an den durch geschweifte Stirngiebel und einen Mittelrisalit
hervorgehobenen „palazo“ vor der Stadtmauer angrenzt. An der Ostseite schließt sich hieran ein
„Stalla“ an, der über eine schlichte „porta“ wiederum mit dem „choro“ der Kirche verbunden wird.
Es handelt sich also auch hier um eine vierseitig geschlossene Anlage, die die Kirche quasi als
Flügelbau integriert. Die Nebenbauten sind dabei dem „palazo“ untergeordnet.
Die rückseitige Nummer „30“ bezieht sich auf die „Designation“ (2° Ms. Hass. 107a), dort wird
diese aber fälschlich Melsungen zugeordnet.
Abb. 17 2° Ms. Hass. 107 [110] (Ausschnitt)
32
Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, Ansicht von Südwesten
2° Ms. Hass. 107 [111]
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [110] entwirft Landgraf Moritz auf diesem Blatt einen vierseitig
geschlossenen Schlossbau, der die Nicolaikirche integriert. Drei gleichartige Flügelbauten, im
Norden und Osten durch Mittelrisalite akzentuiert, bilden eine weitgehend regelmäßige Anlage um
einen gepflasterten Innenhof. Auffällig ist hier der zum Kirchturm an der Südwestecke führende
Treppenaufgang, der auch im Grundriss in 2° Ms. Hass. 107 [112] recto, unten (Abb. 6) eingezeichnet ist. Dieses Detail fußt möglicherweise auf der genauen Ortskenntnis des Landgrafen.
Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche
2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben (Abb. 18)
Die querformatige Zeichnung, die von einem ausführlichen Erläuterungstext ergänzt wird, schildert,
wie das „schloß bei die ober kirche in Allendorf / solte gebauet werden“. In Erweiterung der
anderen Entwürfe wird hier nicht nur die Nikolaikirche, sondern auch der Burgsitz der Herren von
Eschwege in die Planung einbezogen. Dadurch wird ein weiterer „Stallhof“ im Anschluß an das
bereits in den anderen Zeichnungen konzipierte Schlossgeviert möglich, "und ein grosser / garten
dahinder". Neben dem Marstall an der Stadtmauer soll dieser zweite Hof auch eine "Cantz ley" und
ein "lusthaus" an der Stelle des Eschweger Burgsitzes enthalten. Die detaillierte Planung mit zahlreichen Maßangaben in der leider teilweise verstümmelten Erläuterung dokumentiert die Kenntnisse des Landgrafen, der hier mit großer Geste einen Plan entwirft, der vermutlich zu keiner Zeit
ernsthaft zur Diskussion stand.
Abb. 18 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, oben
Entwurf für ein Schloss neben dem Heiliggeisthospital
2° Ms. Hass. 107 [112] verso, unten (Abb. 6)
Auf der Rückseite der beiden 1627 datierten Entwürfe für eine Schloss an der Nikolaikirche
befindet sich unter einem auf den 4.09.1627 datierten Schriftstück von anderer Hand eine
Zeichnung, in der der Landgraf eine Schlossanlage vor den Toren der Stadt am Hospital konzipiert.
Das dem Heiligen Geist gewidmete Hospital, das 1363 erstmalig erwähnt wurde, lag vor dem
Waldis-Tor im Norden der Stadt.69
69
Reccius 1930, S. 34, Schütt 1998, S.5f.
33
Die beachtliche Anlage, bestehend aus den eingefriedeten Höfen von "Anticour", "Cour", und
"Jardin" erstreckt sich zwischen dem Hospital links außerhalb des Bildes und der nordwestlichen
Ecke der Stadt in der Mitte. Die rechts anschließende städtische Bebauung wird allerdings nur
summarisch wiedergeben. Der quadratische, dreigeschossige Schlossbau mit Innenhof wird durch
angelegte Eckpavillons und Zwerchgiebel repräsentativ ausgestattet.
Davor erstreckt sich an der Werra "une vigne a plaisance", der bis zu der großen Mühle mit vier
Rädern reicht, die noch im 18. Jahrhundert erwähnt wird.70
Die französische Beschriftung markiert in diesem Fall die fiktiven Elemente der Vogelschauansicht,
die eine Idealvorstellung eines feudalen Schlosses mit der konkreten Situation vor den Toren der
Stadt Allendorf verknüpft.
L. Lucanus, Brief an Landgraf Moritz aus Allendorf, 1627
2° Ms. Hass. 107 [112] verso, oben (Abb. 6)
Der an den Fürsten gerichtete Brief ist unterzeichnet: „Actum Allendorf / den 4 Sept.: 1627. / Efg.
undterth. gehohrsahmer / L. Lucanus“. Hierbei handelt es sich vermutlich um den Rat Dr.
Laurentius Lucanus.71 Wie so oft, hat Landgraf Moritz auch hier ein ihm gerade zur Verfügung
stehendes Schriftstück für seine Zeichnungen weiter verwendet. Die am linken oberen Blattrand
auf dem Kopf stehenden handschriftlichen Notizen des Landgrafen mit Maßangaben konnten
allerdings nicht unmittelbar mit den auf Vorder- und Rückseite hinzugefügten Darstellungen in
Verbindung gebracht werden.
Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke
2° Ms. Hass. 107 [28] recto, unten
Die dritte Variante der Schlossentwürfe für Allendorf beschäftigt sich mit einer Anlage auf der
Flussinsel zwischen der mittleren Brücke und der Stadtbrücke. Die querrechteckige Zeichnung, auf
einem Blatt vereint mit einem Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche, gibt eine Vogelschau
werraabwärts, wobei links die Schlossanlage zwischen den beiden Brücken und rechts die Stadt
mit dem Brückentor und der Stadtmauer angegeben ist.
Das dreigeschossige Schloss im Vordergrund besitzt drei Zwerchgiebel auf der einen und zwei
Türme auf der hofseitigen Langseite. Auf der anderen Seite des Hofes liegt der schlichte
zweigeschossige „Marstall“. Querrechteckige Tortürme ("port-hauß") sichern die Zugänge zu den
beiden Brücken. Neben dem Stadtturm am rechten Bildrand befindet sich direkt an der Mauer das
landgräfliche „Ambtshaus“ mit dem "Ambtshof".
Im Gegensatz zu den anderen Entwürfen des Landgrafen Moritz für am Fluß gelegene Schlösser
(Fahre, Moritzwerder) ist diese Anlage nicht auf den Fluß ausgerichtet, präsentiert sich vielmehr
als in sich geschlossener, funktionaler Herrensitz, der allerdings durch die Lage zwischen den
Brücken besonders hervorgehoben wird.
Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke
2° Ms. Hass. 107 [26] recto (Abb. 19)
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [28] recto, unten zeigt auch diese Vogelschau flussabwärts einen
ausgedehnten Schlossentwurf auf dem Gelände zwischen "stad brücke" und "Mittel brücke". Das
Schloss ist hier als geschlossene Vierflügelanlage mit einem kleinen Turm auf dem nördlichen
Flügel konzipiert. Davor liegt ein großer Vorhof mit Marstall, dahinter der "lustgarten hinder dem /
schlosse". Am rechten Ufer der Werra ist die Altstadt angedeutet mit dem hohen Brückentor, der
anschließenden "stad gasse" sowie dem "Ambtshauß".
70
71
Schütt 1998, S. 6
vgl. Rommel 1837, S. 621
34
Entwurf für ein Schloss an der Werrabrücke
2° Ms. Hass. 107 [26] verso (Abb. 19)
Wie auf der rückseitigen Darstellung ist auch hier eine Schlossanlage an der Werrabrücke
dargestellt, im Mittelpunkt steht aber diesmal die Stadtbrücke, die über eine breite Rampe
zunächst den „Anger“ quert, bevor das Tor zum "ledig platz zwischen / beyden brücken Item dem /
Schlosse und Marstall" erreicht wird. Der Schlossbau ist am oberen Rand nur angedeutet,
während der "stal hoff" als vierseitig geschlossene Anlage die Gestaltungsidee auf der Vorderseite
des Blattes aufnimmt.
Abb. 19 2° Ms. Hass. 107 [26] recto u. verso
b. Amtshof
In der Landesbeschreibung von Landgraf Hermann von 1641 heißt es zu Allendorf: „und hat es
diesen ortes kein fürstl. Schloß sondern ein Ambthauß gehabt, welches alles aber in dem
oftgedachten leidigen brandt im Jahr 1637. miteinander, daß hier nichts stehen blieben,
eingeäschert worden“.72 Dieser Amtshof am Brückentor genügte offensichtlich nicht den Ansprüchen des Landgrafen Moritz, denn noch 1631 zeichnete er Entwürfe zum Ausbau der vorhandenen Gebäude.
Amtshof mit Entwurf für ein Herrenhaus
2° Ms. Hass. 107 [28] verso, oben rechts (Abb. 20)
Auf demselben Blatt, das auf der Vorderseite einen Entwurf für ein Schloss an der Nikolaikirche mit
einem Entwurf für eine gleichartige Anlage an der Werrabrücke kombiniert, befinden sich rückseitig
zwei Zeichnungen, die das Areal zwischen dem Amtshof und der St. Crucis Kirche zeigen.
Die obere Darstellung gibt einen Einblick in den Hof am alten „ambtshauß" neben dem Brückentor,
wobei die Bürgerhäuser im Vordergrund nur im Plan gegeben sind. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [28]
recto, unten begleitet eine Galerie die östliche Seite des Hofes, bezeichnet als „Neue Galerie zur
verblendung der bürger hause“. Darin schließt links ein „Neuer herren baw" an, ein langgestreckter
dreigeschossiger Bau mit zwei Zwerchgiebeln, offensichtlich ein Entwurf des Landgrafen. Der
"Marstall uff 36 pferde" an der „Stadtmauer“ gehört vermutlich ebenso in den Zusammenhang
dieses Ausbauprojektes.
72
vorhanden als Nachschrift in: 2° Ms. Hass. 636
35
Kirchgasse vor St. Crucis
2° Ms. Hass. 107 [28] verso, unten rechts (Abb. 20)
Die zweite Zeichnung auf der Rückseite von 2° Ms. Hass. 107 [28] präsentiert in Fortsetzung der
oberen Darstellung (Amtshof am rechten Rand angedeutet) die Bebauung vor dem „kirchhof“ von
St. Crucis.73 Neben der Kirche befand sich offenbar die Schule mitsamt der "Rectors Wohnung"
und dem "schul garten". Im Anschluss daran zeigt Landgraf Moritz an der „gasse“ einen stattlichen
Hof mit großen Stallungen. Ob es sich hierbei um eine Bestandsaufnahme oder ein Entwurf
handelt, ist aufgrund der spärlichen Quellenlage nicht mehr zu klären.
Abb. 20 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, rechts
Amtshof, 1631
2° Ms. Hass. 107 [27]
Die eigenhändige Beschriftung "Hof im Ambtshauß zu / Allendorf . 1631. / den 29. Augusti / wie
derselbe zu erweitern und ferners zue bawen sein möch / te." markiert dieses kleine Blatt als die
letzte datierte Zeichnung von der Hand des Landgrafen, der im Frühjahr des folgenden Jahres
verstarb. Er war zu diesem Zeitpunkt schon so kränklich, dass er sich per Schiff nach Allendorf
bringen lassen musste.74
Der rechteckige Hof ist hier von Süden gesehen. Linker Hand befindet sich die Stadtmauer, den
hinteren Abschluss bildet das alte Amtshaus am Brückentor, während im Vordergrund - wie schon
in 2° Ms. Hass. 107 [28] verso, oben rechts - ein zweigeschossiges Gebäude mit zentralem Turm
an der Hofseite eine komfortable Ergänzung des Bestandes darstellt.
73
74
vgl. Schütt 1998, S. 11
siehe die Briefe v. 31. Aug./21. Sept. in: HStAM Best. 4a 40,17; vgl. Löwenstein 1989, S. 106
36
Breitenau
1113 wurde das Benediktinerkloster in der „breiten Aue“, im Mündungsgebiet der Eder in die Fulda,
von Graf Werner von Grüningen und seiner Gemahlin Gisela gestiftet. Bereits 1123, nach dem
Tode der Stifter, wurde es an das Erzbistum Mainz übertragen.75
Nach der Auflösung des Klosters 1527 im Zuge der Reformation setzte Landgraf Philipp von
Hessen einen Vogt zur Verwaltung ein. Unter Landgraf Wilhelm IV. wurde die Kirche 1579 in einen
Fruchtspeicher und Pferdestall umgewandelt,76 wobei die Seitenschiffe abgebrochen wurden.
Nachdem schon 1309 Landgraf Johann die Gründung einer Stadt an diesem Ort geplant hatte,77
beschloss Landgraf Moritz 1606 ebenfalls, auf dem Gebiet des ehemaligen Klosters eine "Colonia
Hessorum" anzulegen - aufgrund mangelnden Interesses der zur Ansiedlung aufgeforderten
Kölner Kaufleute wurde der Plan aber nicht weiter verfolgt.78 1607 begann der hessische Fürst
stattdessen mit der Planung des Umbaus zu einer ländlichen Schlossanlage. Der mit insgesamt 47
Einzelzeichnungen sowie fünf teilweise mehrseitigen Schriftstücken vergleichsweise umfangreiche
Bestand dokumentiert die intensive Beschäftigung des Landgrafen mit diversen Ausbauprojekten.
Die Zeichnungen, von denen etwa ein Drittel nicht von seiner eigenen Hand stammen, visualisieren die geplanten Veränderungen, z.B. eine Umnutzung der Kirche und der ehemaligen
Klausur, Neubauten eines Herrenhauses sowie von Ställen und Wirtschaftsgebäuden. Die Bauarbeiten leitete zunächst Adam Müller79, der vermutlich später von Johann Wiedekindt abgelöst
wurde. Von beiden Kasseler Baumeistern liegen Zeichnungen zu Breitenau vor.
Nach dem Abbruch mehrerer Gebäude, der vor allem kleinere Nebenbauten und die alte Propstei
betraf,80 wurden demnach die übrigen Anlagen zunächst in großen Teilen umfunktioniert und im
Vogteibau westlich der Kirche Räume für den Landgrafen eingerichtet. Zudem wurden die beiden
Tore, das westliche Eder bzw. Grifter Tor und das östliche Fulda bzw. Guxhagener Tor erneuert.
Der mit den häufigen Besuchen des Landgrafen einhergehende erhöhte Bedarf an Wirtschaftsgebäuden hatte einen längeren diesbezüglichen Planungsprozess zur Folge. Vor allem die Anlage
eines neuen Marstalls bereitete offensichtlich lange Zeit Kopfzerbrechen. 1608 verlangt Landgraf
Moritz deswegen die Einrichtung weiterer Pferdeställe im Brauhaus, im Stall am Viehhaus und im
Schafstall „damit wir jederzeit mit ein dreißig Pferden bis zur anrichtung eines neuen Mahrstalles
untergebracht werden mögen“. 81 Offensichtlich verging jedoch noch längere Zeit bis ein neuer
Marstallbau errichtet wurde. 1609 wurden die beiden Brunnen erneuert und Ställe beidseits des
Schweinestalls neben dem nunmehrigen Herrenhaus bis zum Eder Tor geplant und, wie Dilichs
Aufnahme von 161582 belegt, auch errichtet. 1611/12 beschäftigen sich die Planungen intensiv mit
diversen Varianten für den fürstlichen Pferdestall. Mehrere Zeichnungen zeigen Entwürfe für Ställe
in den noch bestehenden Klausurflügeln, wobei auch schon die Idee eines abschließenden
westlichen Flügelbaus auftaucht. 1613 wird neben dem Vorschlag eines größeren Gebäudes östlich anschließend an das Grifter Tor auch eine weitergehende Lösung mit einem Winkelhakenbau
bis zur Zehntscheune diskutiert, wobei dafür Steine vom Abbruch der Klausur verwendet werden
sollten. Noch 1615 ist allerdings laut Dilichs Darstellung keine Lösung gefunden. Seine Landtafel
präsentiert den nördlichen Klausurflügel ohne Dach und keine neuen Bauten zwischen Grifter Tor
und Zehntscheune. Die im gleichen Jahr datierte Zeichnung des Landgrafen zeigt allerdings einen
vollständigen Klausurbereich neben der Kirche, was nahelegt, dass in diesem Punkt eine Entscheidung getroffen war. Weitere Darstellungen dokumentieren damit einhergehend Pläne für
einen Ausbau des Herrenhauses, da nun die Vogtei in den neuen Klausurflügel verlegt werden
75
vgl. Unglaube 1995
Landau 1842, S. 81
77 Hootz 1952, S. 13/14
78 Landau 1842, S. 82
79 vgl. die „Instruction“ von 1607 2° Ms. Hass. 107 [78]
80 vgl. die betreffenden Akten in: HStAM Best. 17 e Breitenau 32 sowie Best. 53 e Pak. 61
81 „Memorial“, fol. 3, in: HStAM Best. 17e Breitenau 32
82 Landtafeln hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8
76
37
konnte. Leider existieren keine dementsprechenden Akten aus dieser Zeit, allerdings zeigt der
„Abriß des fstl: Haußes Breittenau ad 1622“ (2° Ms. Hass. 107 [41]) eine komplett geschlossene
Klausur. In den alten Klausurflügeln wurden demnach die Stallungen untergebracht und in dem
ergänzenden Neubau die Vogtei aus dem Herrenhaus ausgelagert. Ein Bericht über anberaumte
Bauarbeiten aus dem Jahre 1627 belegt, dass sich Landgraf Moritz auch nach seiner Abdankung
weiterhin noch in Breitenau aufhalten wollte. Da der Besitz aber nicht zur Rotenburger Quart
gehörte, stand ihm dort auch keine Entscheidungsgewalt mehr zu.
Bereits 1626 und noch verheerender 1640 sind teilweise erhebliche Zerstörungen am Klosterbezirk überliefert, so dass man die tatsächlich vorgenommenen Veränderungen nicht mehr
verifizieren kann. Die in der Graphischen Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel
erhaltenen Zeichnungen83 lassen darauf schließen, dass um 1800 neben der heute noch
existierenden ehem. Klosterkirche, der Zehntscheune und dem Grifter Tor noch einige Teile der
Klausur sowie die Nikolaikirche und das Pfarrhaus vorhanden waren. Heute sind vor Ort neben der
Klosterkirche nur noch die Zehntscheune und das Grifter Tor erhalten. An die neuzeitliche
Geschichte des Komplexes als Arbeitsanstalt (ab 1874), Konzentrationslager (ab 1933) und
Mädchenerziehungsheim (1952-1973) erinnert seit 1984 die Gedenkstätte Breitenau in einem der
Nebengebäude.
Idealplan einer Stadtanlage auf dem Gebiet des ehem. Klosters, 1606
2° Ms. Hass. 107 [34] (Abb. 21)
Auf diesem Blatt, verso beschriftet: "Ao 1606. Mense Augusto. / Abriß wie Breidenau in eine /
rechte form einer Stadt / moge gebracht werden" präsentiert Landgraf Moritz die von ihm geplante
Stadt als rechteckigen Bezirk mit streng regelmäßiger axialer Unterteilung, einzig die Klosterkirche
mit ihrem charakteristischen Grundriss fügt sich nicht in das schematische Linienraster. Einige der
rechteckigen Wohnblöcke, die zum Teil um Innenhöfe angeordnet zu sein scheinen, sind bereits
parzelliert und mit Buchstaben bzw. alchemistischen Zeichen gekennzeichnet. Die Beischrift "A /
diversorium publicum" in einem der Blocks bezeichnet eine öffentliche Herberge.
In seiner Regelmäßigkeit und dem abstrakten Schematismus erinnert dieser Plan deutlich an zeitgenössische Idealstadtentwürfe, vor allem Heinrich Schickhardts Plan von Freudenstadt 1599. 84
Abb. 21 2° Ms. Hass. 107 [34]
83 MHK, Graph. Sammlung, Marb. Dep. II, 163, GS 6039, Marb.Dep. II, 269, in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen
2004/2005/2007. http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp
84 Landesarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart, Inv.-Nr.: N 220 A 21 02
38
Idealplan einer Stadtanlage auf dem Gebiet des ehem. Klosters
2° Ms. Hass. 107 [35]
Diese Stadtplan-Variante in Ovalform umfasst das ehem. Kloster mit der Zehntscheune und einem
weiteren Gebäude - möglicherweise der in 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb.22) unter „E“
eingezeichnete Stall. Das deutlich sichtbare Netz von geritzten Hilfslinien gibt eine Vorstellung von
der geplanten regelmäßigen Aufteilung der Siedlung, die der Idealform des Ovals eingeschrieben
ist.
Unbekannter Zeichner, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb.22)
Wie schon Hootz bemerkte,85 handelt es sich hier um einen genauen, maßstabsgerechten Plan
eines Landvermessers (vermutlich Adam Müller) mit Rötelkorrekturen von der Hand des
Landgrafen Moritz. Diese bezeichnen die niedergelegten Gebäude, sowie das Gelände für
„Schaffgarten“, „garten“, „graßgarten“ und „Pfarhauß“. Die Verteilung der Bauten entspricht
weitgehend Dilichs Landtafel von 161586, dort fehlen aber die Gebäude „A“, „B“, „G“, „H“, „K“, „L“,
„M“ und „S“, die hier bereits ausgestrichen sind, während das Pfarrhaus (die alte Propstei) sowie
der nördliche Klausurflügel bei Dilich ohne Dach als Ruinen gegeben sind. In Rötel sind zudem die
geplante Wegführung und der Standort des Brunnens eingezeichnet, wie er auch in dem Plan von
1607 (2° Ms. Hass. 107 [64]) erscheint.
Abb.22 2° Ms. Hass. 107 [33]
Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof mit „Herrenhaus“ und neuem Marstall, Lageplan,
1607
2° Ms. Hass. 107 [64]
Der vermutlich von Adam Müller gezeichnete Lageplan konzentriert sich auf das „Herrenhaus“, das
auch die Vogtei enthält, und den Marstall neben dem Grifter Tor. Er steht wahrscheinlich in
direktem Zusammenhang mit der ausführlichen "Instruction, was unser Vogt zur Breijden / Aw, mitt
zu thun und unsers Baumeisters / Adam Müller, noch diß Instehenden / Jars verfertigen soll
Signatum am / 16 t[en] Junij Anno 1607“ (2° Ms. Hass. 107 [78]). Dementsprechend werden hier
85
86
Hootz 1952, S. 15
Landtafeln hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8
39
die Wirtschaftsgebäude umfunktioniert und das Herrenhaus in zwei getrennte Bereiche für den
Vogt und die fürstliche Herrschaft unterteilt.
Adam Müller(?), Herrenhaus, Grundriss von Erdgeschoss und Obergeschoss, 1607
2° Ms. Hass. 107 [69]
Das mit der Beischrift: "Abriß der Theilung uffs hauß Breijdenaw Anno 1607 ./." betitelte Blatt zeigt
recto den Grundriss des Obergeschosses und verso den des Erdgeschosses des als Herrenhaus
vorgesehenen Gebäudes. Die Innenraumdisposition belegt die geplante Aufteilung des Gebäudes
in Vogtei (kleiner Bereich) und Fürstenwohnung (großer Bereich) wie in 2° Ms. Hass.107 [64].
Auch hier besteht ein direkter Zusammenhang mit der in 2° Ms. Hass. 107 [78] festgehaltenen
Instruktion aus demselben Jahr.
Unbekannter Zeichner, Herrenhaus, Obergeschossgrundriss
2° Ms. Hass. 107 [68]
Es handelt sich hier vermutlich um einen Vorschlag zur Änderung der Raumdisposition im oberen
Geschoss des Herrenhauses. Hier sollten Vorratsräume angelegt werden („Käse Cammer“, „Speck
Cammer“, „Öpfell Cammer“). Die Beschriftung erwähnt zudem eine Umgestaltung der Treppenführung: „Ist auch bewilliget dß diese treppen abgeschafft / undt der Schnecke gantz durch
geführet werde." wie sie auch in 2° Ms. Hass. 107 [64] + [69] dargestellt ist. Mutmaßlich steht
diese Zeichnung ebenfalls im Zusammenhang mit der Instruktion von 1607 (2° Ms. Hass. 107
[78]).
Instruktion für den Vogt und den Baumeister Müller wegen Umbauarbeiten, 1607
2° Ms. Hass. 107 [78]
Die detaillierte "Instruction, was unser Vogt zur Breijden / Aw, mitt zu thun unsers Baumeisters /
Adam Müller, noch diß Instehenden / Jars verfertigen soll Signatum am / 16 t[en] Junij Anno 1607“
beschreibt einige der in den Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [64] + [68] + [69] visualisierten Veränderungen. Es geht um eine Verlegung des Marstalls in das Brauhaus: „Soll er aldar das Brauhauß gestanden, / Auß dem Jezigen Marstall, Krippen / und Rauffen Transferieren“, während „der
gewesene Marstall, zu einem Viehstall angericht werden“ solle. Dazu kommen noch verschiedene
Umbaumaßnahmen im Herrenhaus, die im Zusammenhang mit der Umstrukturierung des bisherigen Vogteigebäudes stehen, da dort auch Räume für die Herrschaft eingerichtet werden
sollten.
Unbekannter Zeichner, „Hofmanns Haus“, 1608
2° Ms. Hass. 107 [70]
Der "hoffmanns baw zu Breidenaw" präsentiert sich als ein kleines, fast quadratisches Gebäude
mit massiven Mauern, unterteilt durch einen zentralen Flur. Das Fehlen von Fenstern und die
Einzeichnung eines Kreuzgewölbes in einem der vier Räume legen nahe, dass es sich hier um
einen Kellergrundriss handelt. Die genaue Lage dieses Hauses im Klosterbezirk bleibt unklar,
möglicherweise handelt es sich um das Gebäude „B“ im Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb. 22).
Adam Müller(?),"Herrenhof", Lageplan, 1609
2° Ms. Hass. 107 [59] (Abb. 23)
Der Lageplan vom „Innere herren hoiff / Sampt der Miststadt“ zeigt die durch eine Einfriedung
ausgegrenzte Bebauung zwischen Kirche und Grifter Tor. Eingezeichnet ist hier auch ein Brunnen,
wobei es sich vermutlich um denjenigen handelt, mit dessen Entwurf sich Adam Müller 1609
beschäftigte (2° Ms. Hass. 107 [60], Abb. 13). Gegenüber dem Lageplan von 1606/07 2° Ms. Hass.
107 [33] (Abb. 22) zeigen sich einige Veränderungen: das dort mit „O“ beschriftete Haus und die
anliegenden Bauten an der inneren Mauer entfallen, wie es in einem Memorial von 1608 gefordert
40
wird, wo es heißt, dass diese „den prospect aus unserm Wohnhaus hindern“87. Dafür sind
zwischen dem Grifter Tor und dem großen Stall weitere kleine Bauten an der Außenmauer geplant.
Abb. 23 2° Ms. Hass. 107 [59] (Ausschnitt)
Adam Müller, Entwurf für den Brunnen im nordwestlichen Vorhof, 1609
2° Ms. Hass. 107 [60] (Abb. 13)
Der Entwurf Adam Müllers, der spätestens seit 1607 als leitender Baumeister in Breitenau tätig
war, beschäftigt sich „uff 3 Manir“ mit dem Entwurf einer neuen Brunnenfassung wie in einem 1609
vom Landgrafen persönlich abgezeichneten, nach einer Besichtigung verfassten Bericht gefordert.88 In ähnlicher Form erscheint dieser Brunnen in einer Zeichnung des Landgrafen von 1613
(2° Ms. Hass. 107 [55]) (Abb. 28).
Adam Müller, Vermessungsplan der "neuen Wiese", 1609
2° Ms. Hass. 10 [72]
Der mit der Beischrift "Die neue wisen zu Breidenau an der Fulda gemessen 29 t Aprilis Anno
1609“ versehene Vermessungsplan von Adam Müller zeigt vermutlich das in einer Akte erwähnte
Gelände, 89 das nördlich an das ehem. Kloster anschloss und in Dilichs Landtafel als "Nauwiese"
bezeichnet wird.90 Das Blatt gehört zu dem einen Tag später datierten kleineren Plan 2° Ms. Hass.
107 [73].
Adam Müller, Vermessungsplan der "neuen Wiese", 1609
2° Ms. Hass. 107 [73]
Die "Messung der Wisen / zu Breidenaw, / wie dieselbe, uttera / getheilt werden könne. / Sig: 30 t
[en] Aprilis / Anno 1609" – so die rückseitige Beschriftung - gehört zu dem am vorherigen Tag
angefertigten Vermessungsplan von Adam Müller 2° Ms. Hass. 107 [72]. Der Landvermesser und
für Breitenau zuständige Baumeister gibt hier in verkleinertem Maßstab ein weiteres Mal das zu
teilende Gelände mit den betreffenden Maßangaben wieder.
87
HStAM Best. 17 e Breitenau 32
HStAM Best. 17 e Breitenau 32
89 HStAM Best. 17 e Breitenau 21
90 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8
88
41
Adam Müller(?), Pfarrhaus, Lageplan und Aufriss der Schmalseite, 1611
2° Ms. Hass. 107 [65]
Das Pfarrhaus, das im Plan 2° Ms. Hass. 107 [33] (Abb. 22) noch neben der Nikolaikirche verortet
ist, wurde vermutlich wenig später an die südliche Mauer neben dem Tor verlegt (Gebäude „X“ im
Lageplan). Der kleine, seitlich versetzte Anbau sollte offensichtlich nach Maßgabe des punktierten
Umrisses in die Flucht des Gebäudes verlegt werden. Dadurch erhöhte sich die Grundfläche des
Wohngebäudes, wie der entsprechende Grundriss (2° Ms. Hass. 107 [66]) zeigt.
Unbekannter Zeichner, Pfarrhaus, Grundrisse
2° Ms. Hass. 107 [66]
Vermutlich im Zusammenhang mit der 1611 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [65], entstand
der "Abriss des Neuen pfarhaußes zu Breidenaw.“, der die Grundrisse des an der Mauer
gelegenen Pfarrhauses präsentiert. Die wahrscheinlich von Adam Müller angefertigte detaillierte
Zeichnung zeigt die Aufteilung der Räume in den drei Geschossen. Im Zentrum des
Erdgeschosses steht die Küche mit den üblichen Nebenräumen. Die „Mittel Wanderung“ enthält
die Räume des Pfarrers und eine „gesindt stube“, während in der „obrist Wanderung“ noch zwei
Zimmer für die Kanzlei vorgesehen sind. Abschließend wird vermerkt: „das dach bleibt ein lediger
boden zu schüttung frisch maltz hopfen undt anderer notturft."
Klausurgebäude, Kellergrundriss (?), 1611
2° Ms. Hass. 107 [51]
In dem "Abriß des grundts zu Breidenaw / Zur Stallung Im Creutzgang / Ao 1611" ist ein Grundriss
der Klausur wiedergegeben, der vermutlich Veränderungen in diesem Bereich thematisiert. Aus
der Einzeichnung von Kreuzgewölben lässt sich folgern, dass es sich möglicherweise um das
Kellergeschoß handelt. Die Küche in der nordwestlichen Ecke ist allerdings mit ihrem zentralen
Rauchabzug eingezeichnet. Neben der Kirche ist an der Westseite ein Bau mit punktiertem Umriss
angegeben, der die bislang offene westliche Seite des Klausurbezirks schließen sollte.
Klausurgebäude mit Entwurf für einen Stall, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [44]
Ebenso wie der 1611 datierte Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [51] beschäftigt sich auch dieser
"Grundtriß wie die beide baw / im Creutzgang zur Breidenaw / zur Stallung undt gemachen ahn zu
legen" mit den Gebäuden der Klausur. Die beiden vorhandenen Flügel im Norden und Osten sind
mit ihren Mauern wiedergegeben, ohne dass die Funktion der Räume erkennbar wird. In dieser Art
diente das Blatt vermutlich als Vorlage für die in gleichem Maßstab wiedergegebene Grundrisszeichnung 2° Ms. Hass. 107 [47], die die geplante Nutzung der Räume in Erd- und Obergeschoss
zum Thema hat.
Klausurgebäude, Grundrisse von Erdgeschoss und Obergeschoss
2° Ms. Hass. 107 [47]
Der möglicherweise in den Grundzügen von 2° Ms. Hass. 107 [44] kopierte Entwurf (identischer
Maßstab, Zirkelspuren) zur Umwidmung der Klausurgebäude präsentiert neben dem Erdgeschoss
auch gleichzeitig die oberen Fachwerkgeschosse. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [51] + [44] ist
ein vierter Flügel auch hier nur angedeutet. Neben dem Marstall im Ostflügel, der auch im
anschließenden Querhaus der Kirche eingezeichnet ist, liegt hier im Nordflügel die damit aus dem
separaten Gebäude ausgelagerte Vogtei, an deren westlichem Ende die quadratische Küche mit
ihrem zentralen Schornstein anschließt. Die handschriftlichen Notizen des Landgrafen "dieses
bawes theilung muß ettwas anders außgesonnen werden" (mittig oben) und "diese stall und
gemach theilung ist uns gefällig" (rechts oben) dokumentieren den Planungscharakter der
Zeichnung.
42
Klausurgebäude, Umbauentwürfe
2° Ms. Hass. 107 [42] (Abb. 24)
In diesem skizzenhaften Grundriss erscheinen mehrere Varianten zur Umgestaltung des
nördlichen Kreuzgangflügels. Das "displicet" kennzeichnet dabei offensichtlich verworfene Ideen.
Der Flügel, dessen westliches Ende die Küche bildet, sollte demnach vor allem für Gesinderäume
genutzt werden. Die rechte Skizze ergänzt dazu noch den abschließenden Flügel an der
Westseite, der seit 1611/12 immer wieder in den Zeichnungen thematisiert wird, aber vermutlich
erst zwischen 1615 und 1620 errichtet wurde.
Abb. 24 2° Ms. Hass. 107 [42]
Adam Müller(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Lageplan, 1612
2° Ms. Hass. 107 [45]
Der wahrscheinlich von Adam Müller angefertigte einfache Umrissplan der Klausur, rückwärtig
bezeichnet: „Die Gründe so / zu Pferdtstallung angericht werden solle Anno d [1]612 ./.",
verzeichnet ebenso wie zwei weitere Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [46] + [50], Abb. 25) eine
durch einen westlichen Flügelbau geschlossene Klausur neben der Kirche. Dabei besteht ein
enger Zusammenhang mit dem exakt übereinstimmenden und mit denselben Maßangaben
versehenen Plan 2° Ms. Hass. 107 [46].
Adam Müller(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [46]
Exakt übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [45] gibt dieser Umrissplan den durch einen neuen
Westflügel geschlossenen Klausurhof neben der ehemaligen Klosterkirche wieder, gekennzeichnet
als "Area Habitationis / Breidenavie."
Johann Wi(e)dekindt(?), Klausur mit zusätzlichem Flügel, überarbeiteter Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [50] (Abb. 25)
Bei diesem interessanten Blatt handelt es sich um die Zeichnung eines Baumeisters - vermutlich
Johann Wi(e)dekindt - zum Umbau der Klausurflügel, die mit Korrekturen und Notizen von der
Hand des Landgrafen Moritz versehen wurde. Der gleiche Maßstab verbindet die Zeichnung mit 2°
43
Ms. Hass. 107 [49] (Abb. 26), mutmaßlich die von Wi(e)dekindt angefertigte Reinzeichnung. Die
hier grob einskizzierten Änderungen sind in dieser weitgehend umgesetzt.
Abb. 25 2° Ms. Hass. 107 [50]
Johann Wi(e)dekindt(?), Klausur mit zusätzlichem Westflügel, Grundrisse von EG und
OG
2° Ms. Hass. 107 [49] (Abb. 26)
In diesem Blatt liegt vermutlich die Reinzeichnung von 2° Ms. Hass. 107 [50] (Abb. 25) vor, die
über der Zeichnung eines Baumeisters mit handschriftlichen Einträgen des Landgrafen ergänzt
worden war. Zeichenstil und Handschrift der beiden sorgfältig angelegten Grundrisse von Erd-geschoss und Obergeschoss legen nahe, dass es sich bei dem Zeichner um den Baumeister Johann
Wi(e)dekindt handelt, der 1622 den Marstall in Breitenau fertiggestellt haben soll.91 Die Raumdisposition innerhalb der Klausurgebäude entspricht weitgehend der Anordnung in 2° Ms. Hass.
107 [47], wobei jetzt hier aber ein dritter Flügel fest eingeplant ist, der die Vogtei aufnimmt, wie die
beigefügte Legende deutlich macht. Dadurch wird der Nordflügel frei für einen „Küe Stall“.
Abb. 26 2° Ms. Hass. 107 [49] (Ausschnitt)
91
Hootz 1952, S. 30
44
Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof, Lageplan, 1612
2° Ms. Hass. 107 [61]
Bei dem "Abriß eines stücks / des hoiff platz zu / Breidenaw Ao 1612" handelt es sich um einen
Vermessungsplan der Hoffläche zwischen Grifter Tor, Zehntscheune und Klausur, wobei die Vogtei
im Umriss nur angedeutet ist. Im Zusammenhang mit der Verlegung der Vogtei in den durch einen
dritten Flügel geschlossenen Klausurbereich wurde offensichtlich auch ein Abbruch des alten
Gebäudes erwogen.
Idealentwurf eines Schlosses an der Kirche
2° Ms. Hass. 107 [39] (Abb. 27)
In diesem von Westen gesehenen Idealentwurf konzipiert Landgraf Moritz ein Schloss mit zwei
achsensymmetrisch beidseitig der Kirche angelegten Höfen. Zur Vervollkommnung der Ansicht ist
in diesem Fall der fehlende zweite Kirchturm ergänzt. „Damit ist hier eine in der Idee ähnlich
großartige Anlage von Moritz geplant worden, wie sie 100 Jahre später für Kloster Weingarten
vorgesehen wurde und in Einsiedeln auch ausgeführt wurde“ 92. Im Vordergrund sind das „Eder
thor“, die Zehntscheune und der von Adam Müller geplante Brunnen (siehe 2° Ms. Hass. 107 [60],
Abb.- 13) zu sehen.
Auf der Rückseite der Zeichnung befindet sich eine zweispaltige Auflistung der Gebäude, die mit
der "Vogtey“ beginnt und diverse Versorgungsgebäude, darunter fünf verschiedene Ställe,
auflistet.
Abb. 27 2° Ms. Hass. 107 [39] (Ausshnitt)
Südwestlicher Vorhof mit Entwurf für einen neuen Stall
2° Ms. Hass. 107 [52]
Die von Osten genommene Vogelschauansicht des südwestlichen Vorhofes zeigt im Zentrum die
Zehntscheune am "Weg nach dem guxhagener Thor", flankiert vom "grosse Birnen garten" und
einem “Weinberg” neben der Kirche. Entlang der Mauer im Hintergrund erstreckt sich ein extrem
langgestrecktes (Stall-)Gebäude mit mehreren Eingängen. Der erhaltene Kostenvoranschlag 2°
Ms. Hass. 107 [76] präzisiert diese Planung für einen Marstall, der vom Grifter Tor bis zum
"schafhaus" reichen sollte. Vermutlich 1613 wurde dieses Projekt durch den Vorschlag eines
„Winkelhakenbaus“ ersetzt (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [62] + [77]).
92
Hootz 1952, S. 30
45
Unbekannter Zeichner, Entwurf eines Pferdestalls an der Mauer, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [67]
Auf einem schmalen Papierstreifen wird hier der Grundriss eines extrem langgestreckten Stalls
präsentiert, wie er ähnlich in 2° Ms. Hass. 107 [52] mit dem Entwurf für einen Stall entlang der
westlichen Klostermauer zwischen dem Grifter Tor und dem Schafhaus vorliegt. Erkennbar wird die
innere Aufteilung des Gebäudes, das unter einem Dach vier Ställe für jeweils 23 Pferde mit den
zugehörigen Räumen beherbergen sollte.
Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall
2° Ms. Hass. 107 [76]
Der "Ohngevehrlich Ahnschlag wie d[es] Marstals zu Breiden Auw / solte vom Wachthauß am
Grifterthor biß ahn d[as] schaffm: / hauß Erbawtt werd[en]“ ermittelt die Kosten eines Gebäudes
analog zur Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [52]. Da das Gebäude direkt an die vorhandenen
Gebäude anschließen sollte, „ist also nicht mehr alß eine lange Maur 370ß lang […] uff zu führen“.
Weiter heißt es: „In diese Maur muß wegen d[er]underschiedenen stalle und stallstuben / gehawen
und gesetzt werden 16 thür“. Es folgt eine detaillierte Auflistung der benötigten Materialien und
Handwerker mitsamt der veranschlagten Kosten in Höhe von „1624 fl 24 alb 10 2/5 h”.
Der vermutlich von des Landgrafen eigener Hand hinzugefügte „Ander Vorschlag, wie das Closter
gantzlich zu Marstall genommen undt außgebaut werden / sollte“ thematisiert wiederum die
Nutzung der alten Klausurgebäude, wie sie etwa in der Zeichnung von Johann Wi[e]dekindt (2°
Ms. Hass. 107 [49], Abb. 26) vorliegt und kommt auf die deutlich geringere Summe von „1265 - 22
– 7“.
Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall, Kopie
2° Ms. Hass. 107 [79]
In fast wortwörtlicher Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [76] listet dieses Schriftstück
gleichfalls die Kosten für einen neuen Marstall in Breitenau auf, wobei auch hier die Variante „Wan
das Closter genzlich zu Fertstal ge / nommen und aus gebauwet werden sollte“ aufgeführt wird. Es
handelt sich vermutlich um eine Abschrift von der Hand desjenigen Kanzleischreibers, der auch
den dritten Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [77] nach den Notizen des Landgrafen in eine
geordnete Fassung kopierte.
Adam Müller(?), Nordwestlicher Vorhof mit neuem Marstall, Lageplan, 1613
2° Ms. Hass. 107 [62]
Der möglicherweise von Adam Müller angelegte "Krundt riß des Marstalls zu Breidenau / wie
derselbig an die grosse scheuren in / form eines Winckel haarken zu beschliessung / des
Vorhoffes daselbst zu erbawen / Ao 1613. 28 t[en] Januarij" verzeichnet neben der „steinscheuer“
im Vorhof ein direkt anschließendes, neues Gebäude, das bis zur Klostermauer und von dort in
annähernd rechtem Winkel bis zum "Griffter Thor" geht. Diese Planung für einen Marstall in
„Winkelhakenform“ wird auch in Kostenvoranschlägen präzisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [63], Abb.
29 + [77]). Die nur einen Tag später datierte Zeichnung des Landgrafen Moritz 2° Ms. Hass. 107
[55] (Abb. 28) gibt einen anschaulichen Eindruck dieses Projektes.
Vorhof mit Entwurf für einen Stall (recto), tabellarischer Anschlag der Baukosten (verso),
1613
2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28)
Das Doppelblatt Folio ist mit der Beischrift versehen: "Unser g[n] f[n] undt herrn anschlag uber
den / vor stehenden Marstalß baw, wie derselbig / zwische[n] der grossen scheuren scheid recht /
nach der mauren neben dem Grifter thor / und von dannen biß an daß Grifter thor / in einen
Winckel haarken zu beschliessung / des Vorhoffs zu breidenau zu erbawen / Anno 1613. 29 t[en]
Januarij" und beschäftigt sich in Text und Bild mit dem Projekt des geplanten Winkelhakenbaus im
Vorhof zwischen Zehntscheuer und Tor, wobei Teile des ehemaligen Kreuzganges abgebrochen
46
werden sollten. Die Zeichnung visualisiert die Vorstellungen des Landgrafen in der bekannten
Vogelschau von Norden. Von der nordwestlichen Ecke der Klausur steht nur noch der Küchenbau
unweit des Herrenhauses, dessen Hof von einer Mauer mit dem integrierten Brunnenhaus zum
„Misthof“ abgegrenzt wird. An die Zehntscheuer im Hintergrund schließt bruchlos das Stallgebäude
an, das an der Klostermauer entlang durch ein kleineres Gebäude rechtwinklig zum Tor hin
ergänzt wird. Akribisch vermerkt Landgraf Moritz die möglichen Wege, die über den Vorhof zu den
Gebäuden und Toren hin verlaufen könnten. In dieser Art zeigt sich der Zusammenhang mit dem
einen Tag vorher datierten Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [62].
Unterhalb der Zeichnung sind in der "Ausrechnung des alten gemeuers / Am Creutzgang“ die
Mauern im Kreuzgang aufgelistet, die abgebrochen werden könnten, sowie die Verwendung des
Materials in den neuen Gebäuden. Dementsprechend enthält die Rückseite die Aufstellung: "Uff
vor gemeldte Ausrechnung folgen / diese anschlag bau kosten“, die Summe beträgt in diesem Fall
„1523 fl. 16. 10 1/5."
Abb. 28 2° Ms. Hass. 107 [55]
Vorhof mit Entwurf für einen Stall
2° Ms. Hass. 107 [53]
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) wird in dieser Zeichnung die Vorhofsituation vor der
Klosterkirche in einer Vogelschau von Norden geschildert, wobei hier die Klausurgebäude aber
beibehalten sind und durch einen abschließenden Flügelbau ergänzt werden. Es fehlt dagegen der
Stall an der Mauer neben dem Vogteihaus. Der Winkelhakenbau zwischen dem Tor und der
Zehntscheuer verfügt in dieser Variante als massiver Steinbau durchgängig über zwei Geschosse
und ein hohes, nutzbares Dach.
Plan des westlichen Vorhofes mit neuem Stallgebäude
2° Ms. Hass. 107 [63] (Abb. 29)
Auf einem Doppelblatt Folio entwirft Landgraf Moritz hier einen ausführlichen Grundrissplan:
"dritter Vorschlag wie der Neue Marstall / solle von dem grifter thor an biß wieder schafmeister
Wohnung + scheurenbau in ei / ner Winkelung / biß hinder der / grossen scheuer+ / gebaut
47
werden“ mit einer Auflistung der Baukosten wie im Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [77].
Interessanterweise wird hier im Titel noch das Projekt für einen Stall an der Mauer erwähnt, das
aber dann durch den Winkelhakenbau ersetzt wurde, ein Hinweis auf die zeitliche Abfolge der
Planungen. Der Winkelhaken-Gebäudekomplex auf der südlichen Seite des Grifter Tores reicht bis
zur Zehntscheune, deren Aufteilung in den Blindlinien angedeutet ist. Während der größere Baukörper neben der Scheune Stallungen aufnimmt, sind in dem kleineren Bau neben dem Tor Wohnräume vorgesehen.
Das deutlich erkennbare, ins Papier geritzte Netz von Hilfslinien, die der Federzeichnung zugrunde
liegen, lässt in diesem Fall die Vorgehensweise des Zeichners sichtbar werden.
Abb. 29 2° Ms. Hass. 107 [63]
Kostenvoranschlag für einen neuen Marstall
2° Ms. Hass. 107 [77]
Der Kostenanschlag listet übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [63] (Abb. 29) von 1613 noch
einmal genau die Aufwendungen für den „dritten Vorschlagk“ auf, wobei der Schreiber die Angaben
des Landgrafen sehr getreu wiedergibt. Es handelt sich demnach vermutlich um eine Reinschrift
des Kanzleischreibers, der auch die Abschrift der Kostenaufstellung für den Marstall entlang der
Klostermauer (2° Ms. Hass. 107 [79]) anfertigte.
Westliche Vorhöfe mit den Gartenanlagen, 1615
2° Ms. Hass. 107 [58] (Abb. 8)
In dieser, rückseitig auf den 24.6.1615 datierten, sehr anschaulichen Vogelschau zeigt Landgraf
Moritz das Areal westlich der Klosterkirche rund um den "Vorhoff zur Breidenaw", der hier als
gepflasterte Fläche dargestellt ist. Die Kirchenfassade wird hier aus Symmetriegründen mit einem
zweiten Turmhelm vervollständigt. Der leider nicht vollständig dargestellte Klausurbereich
erscheint komplett geschlossen, wobei die alten Gebäude zweigeschossig ausgebaut sind. Im
"Vogteyhof" liegt das auch als Herrenhaus bezeichnete Fachwerkgebäude mit dem markanten
Brunnen, der wie in 2° Ms. Hass. 107 [55] (Abb. 28) in den Zaun integriert ist, der den Hof unterteilt. Südlich der Kirche erstreckt sich ein „Weinberg“, während hinter der Zehntscheuer der
„grosse lustgarten“ angesiedelt ist. Weitere Gärten ("kleiner lustgarten", „hopfen garten“, „Lein
garten“) erstrecken sich außerhalb der Mauern vor dem Grifter Tor. Wie ein „Memorial“ von 1616
belegt, in dem genaue Vorschläge für eine „Gartten Erweiterung“ enthalten sind, 93 kümmerte sich
93 HStAM
48
Best. 53 e Pak. 61
Landgraf Moritz auch bis ins Detail um die Anlage der Gärten (vgl. den Pflanzplan 2° Ms. Hass.
107 [74]).
Diese detailreiche Darstellung stimmt weitgehend überein mit dem in Dilichs Landtafel94 wiedergegebenen Bestand. Landgraf Moritz zeigt allerdings einen vollständigen Klausurbereich neben
der Kirche, was nahe legt, dass er nach der Diskussion mehrerer Varianten für die Errichtung eines
Marstalls jetzt den Ausbau der Klostergebäude präferierte. Darüber hinaus unternimmt seine
detaillierte, anschauliche Darstellung den Versuch, den vorhandenen Baukomplex im Sinne einer
idealen ländlichen Schlossanlage mit Gärten zu vervollständigen.
Kirche und Klausur von Norden
2° Ms. Hass. 107 [38] recto (Abb. 30)
Die Vogelschauansicht der Kirche und des nördlichen Hofes präsentiert die Klausurgebäude im
Horizontalschnitt über dem zweiten Geschoss, wobei der markante Küchenbau mit seinem
Schornstein an der Nordwestecke das „Scharnier“ bildet zu dem neuen Westflügel, der die Lücke
bis zum nordwestlichen Turmstumpf schließt. Diverse Mauern und Zäune markieren die
Gliederung des umgebenden Geländes. Am oberen Blattrand erscheint angeschnitten das
Gebäude der Nikolauskapelle.
Abb. 30 2° Ms. Hass. 107 [38] recto u. verso
Westliche Vorhöfe von Norden
2° Ms. Hass. 107 [38] verso (Abb. 30)
In Fortführung der umseitigen Ansicht zeigt diese Vogelschauansicht die westlich der Kirche
gelegenen Gebäude und Höfe von Norden. Der Hof hinter dem Herrenhaus wird in diesem Fall
bezeichnet als: "schloß hoff zu Breidenauw". Im Hintergrund liegt die Zehntscheune mit ihrem
markanten Stufengiebel, dahinter erstrecken sich "küchengarten" und "hopfengarten". Neben dem
Weinberg im Vordergrund ist ein "hüttengarten" mit hölzernen Laubengängen eingezeichnet, ein
charakteristisches Element höfischer Gartenkunst.
94 Landtafeln
hessischer Ämter, 2° Ms. Hass. 679, Taf. 8
49
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [53] (Abb. 29) fehlt das Stallgebäude neben dem Herrenhaus, das
vermutlich durch die Verlegung in die Klausur überflüssig werden sollte.
Plan eines "Küchengartens"
2° Ms. Hass. 107 [74]
Der Plan für den Küchengarten hinter der Zehntscheune (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [38] verso, Abb.
30) listet namentlich die Bepflanzung der unterschiedlich großen Felder auf, beginnend mit "N.1.2.
Rot und weiß mangoldt." und diversen Kohlsorten, endend mit "N.10. Aniß.", "N.11 Hirsen." und "N.
12. Türkisch korn."
Kirche mit Klausurgeviert von Westen
2° Ms. Hass. 107 [36] verso, unten (Abb. 31)
Auf dem Blatt mit mehreren Ansichten des ehemaligen Klosters fällt die von Westen gesehene
Ansicht von Kirche und Klausur ins Auge, die als Abschluss des Klausurhofes einen zweistöckigen
Flügel im Westen vorsieht. Die Küche an der nordwestlichen Ecke erscheint in dieser Variante
nicht mehr als Bauteil hervorgehoben, sondern so integriert, dass eine einheitliche Fassade mit
einer durchgehenden Fenstergliederung entsteht.
Abb. 31 2° Ms. Hass. 107 [36] verso
Nordwestlicher Vorhof
2° Ms. Hass. 107 [36] verso, oben (Abb. 31)
Die kleine Ansicht des „vogtes hoff“ und „hinderhof“ von Osten zeigt im Vordergrund den Klosterhof
umgeben von niedrigen Arkadengängen, die an der Nordwestecke vom Küchenbau mit seinem
hohen Schornstein unterbrochen werden. Das Herrenhaus mit zwei Fachwerkgeschossen im
Hintergrund wird an der Seite zum „lustgarten“ von denjenigen Stallgebäuden begleitet, die auch in
anderen Zeichnungen (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [55], Abb. 28) als alter Bestand wiedergegeben
sind.
50
Klausur und Herrenhaus im nordwestlichen Vorhof
2° Ms. Hass. 107 [36] recto
Die ganzseitige Darstellung auf der Vorderseite des Blattes visualisiert - ähnlich wie die kleine
Darstellung auf der Rückseite oben - die Umgestaltungsideen des Landgrafen für die Klausur und
das unmittelbar davor gelegene Herrenhaus (die ehemalige Vogtei), wobei die Klausur um den
„Inner hoff der vogteij“ im Grundriss gegeben ist, während das Herrenhaus in perspektivischer
Ansicht zu sehen ist. Das zweigeschossige Fachwerkgebäude wird durch vier regelmäßig verteilte
rechteckige Risalite (für Aborte?) ergänzt, eine Umbauidee, die auch in anderen Zeichnungen
thematisiert wird (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [37], Abb. 32).
Klausur und Herrenhaus von Norden
2° Ms. Hass. 107 [37] (Abb. 32)
Die sehr sorgfältig angelegte Vogelschauansicht von Norden präsentiert die Kirche mit der ausgebauten und durch einen neuen Flügel komplettierten Klausur und westlich davon die ehemalige
Vogtei im Vorhof. Während die Klausurgebäude wie in 2° Ms. Hass. 107 [36] verso, unten (Abb.
31) als vereinheitlichte Baukörper den Hof einschließen, weist das nun als Herrenhaus vorgesehene Fachwerkhaus wie in 2° Ms. Hass. 107 [36]) recto vier kleine Risalit-Anbauten auf.
Abb. 32 2° Ms. Hass. 107 [37]
Kirche mit Klausurgebäuden, 1622
2° Ms. Hass. 107 [41]
In diesem Umrissplan, beschriftet als "Abriß des fstl: Haußes Breittenau ad 1622" (verbessert aus
"1623"), wird noch einmal die Lage der um einen Flügel ergänzten Klausurgebäude samt dem
anschließenden Vorhof mit dem "hernhauß" festgehalten.
Grundriss der Kirche als Pferdestall
2° Ms. Hass. 107 [43]
Die Skizze der Klosterkirche enthält einen Vorschlag zur Einrichtung von weiteren Pferdeboxen in
der Kirche, die ja schon unter Landgraf Wilhelm als Fruchtscheuer und Stall eingerichtet worden
war.95 Anscheinend sollte in diesem Fall das gesamte Kirchenschiff einbezogen werden: als
Quartier für die „Summa 76 pferdt“.
95
Landau 1842, S. 81
51
Kostenvoranschlag für eine neue Vogtei
2° Ms. Hass. 107 [80]
Die "Aus rechnunge Mauerwercks so ahn dem neuen Vogkteij baw / zu breidenaw gemacht
werden muß“ liefert einen genauen Kostenvoranschlag für den Bau der Vogtei, die der
Beschreibung nach in dem geplanten neuen Westflügel der Klausur vorgesehen ist ("Ein gibbel
gegen der fulda Ahn die grose küche… Ein stück Mauer so von dem gefangnüs biß ahn der Vogk /
teij lange zu beschliessung der obersten gibbel wandt uff / gefürtt werden muß"). Der Text stimmt
exakt überein mit 2° Ms. Hass. 107 [81]. Das Wasserzeichen legt eine Datierung in die Jahre 1625
bis 1627 nahe.
Kostenvoranschlag für einen neuen Vogteibau
2° Ms. Hass. 107 [81]
In genauer Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [80] gibt dieses Schriftstück den Text des
Kostenvoranschlags für die Einrichtung eines neuen Vogteibaus im Westflügel der Klausur wieder.
Möglicherweise handelte es sich hier um eine Reinschrift des genannten Blattes, die offensichtlich
von demselben Schreiber angelegt wurde.
Klausur und Herrenhaus
2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33)
Der großformatige, aus drei Teilen zusammengeklebte Plan umfasst die Kirche mit der Klausur und
dem Herrenhaus, wobei die Verteilung der Erdgeschossräume im neuen Westflügel und dem
Herrenhaus detailliert wiedergegeben ist. Die Kirche wird hier als "Marstall" bezeichnet, wobei im
nördlichen Turmstumpf - wie schon in anderen Blättern - das Gefängnis eingerichtet ist (vgl. 2° Ms.
Hass. 107 [63], Abb. 29). An der N/W-Ecke des Kreuzganges sollte weiterhin die Küche liegen. Der
wie im Kostenvoranschlag (2° Ms. Hass. 107 [80]) zwischen Kirche und Küche angelegte Vogteibau wird in der rechten Hälfte durch eine breite Einfahrt unterbrochen, die zu den Ställen in den
anderen Klausurflügeln führte. Das Herrenhaus mit den beiden innenliegenden Wendeltreppen
enthält im Erdgeschoss die Wirtschaftsräume. Unklar bleibt die Funktion der vier kleinen Anbauten,
die möglicherweise in den Obergeschossen Aborte enthielten.
Möglicherweise handelt es sich hier um eine Bestandsaufnahme der im genannten Kostenvoranschlag dokumentierten Umbauarbeiten.
Abb. 33 2° Ms. Hass. 107 [40] (Ausschnitt)
52
Entwurf für den westlichen Klausurflügel, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [71]
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33) thematisiert die kleine Zeichnung auf einem
Doppelblatt die Raumplanung im westlichen Flügel, in diesem Fall vermutlich für das
Obergeschoss des als Vogtei genutzten Baukörpers.
Vorhof mit Herrenhaus
2° Ms. Hass. 107 [56] verso, unten (Abb. 34)
Die Zeichnung auf der Rückseite eines Blattes mit Darstellungen Kasseler Bauten (Nassauer Hof,
Salzhaus) gibt eine Vogelschauansicht der Bauten an „hern hoff“ und „hinderhof“ des ehemaligen
Klosters Breitenau. Im Zentrum steht das Herrenhaus. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [40] (Abb. 33)
befinden sich an der östlichen Fassade vier kleinen Anbauten, die möglicherweise Aborte
enthielten. Der westliche Hof ist hier dahingehend vereinheitlicht, dass das alte Stallgebäude durch
kleinere, einheitlich an die Mauer angelehnte Fachwerkgebäude ersetzt wird, ein Vorschlag der
mehrfach thematisiert wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [57] verso). Der westliche Klausurflügel ist am
unteren Blattrand im Grundriss zu erkennen.
Abb. 34 2° Ms. Hass. 107 [56] verso, unten
Westliche Vorhöfe mit Gärten
2° Ms. Hass. 107 [57] verso, oben rechts
In diesem Lageplan visualisiert Landgraf Moritz noch einmal die Situation der westlichen Vorhöfe
anschließend an den neugebauten Westflügel der Klausur, hier als „neue Vogtey“ bezeichnet.
Neben dem Herrenhaus mit den vier kleinen Anbauten liegt das „alte Viehauß“, dessen Abbruch
mehrfach erwogen wurde. Ein weiteres „viehauß“ ergänzt zudem die alte Zehntscheuer vor dem
„küchengarten“.
Vorhof am Grifter Tor
2° Ms. Hass. 107 [57] verso, unten rechts
Ebenso wie die Darstellung auf der oberen Hälfte dieses Blattes thematisiert auch diese
Vogelschau der westlichen Vorhöfe ein Stallgebäude am „küchen garten“, das in diesem Fall von
der Zehntscheuer bis an die Mauer reicht, wie es ähnlich in der Variante für einen Winkelhakenbau
an dieser Stelle (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [63], Abb. 29) vorgeschlagen, aber vermutlich nicht
umgesetzt wurde.
53
Bericht über Bauprobleme, 1627
2° Ms. Hass. 107 [75]
In dem von unbekannter Hand verfassten "Bericht uff Ifgn. gn. bevehl wegen etzlicher /
Baupuncten alhier zur Breidenaw“ werden Bauarbeiten in der Vogtei („Den Abraumb in der Neuen
Vogtey im Kreutzgang belangt“) und im Herrenhaus („Die Verweiderung der küche im H[errn]
hauß, kan nicht wohl geschehen / Eß seij den daß IFgn. Ihro Cammer hiertzu nehme undt
gebrauche“) dokumentiert. Der weitgehend unleserliche Kommentar des Landgrafen Moritz am
linken Rand ist signiert: "Breidenaw den 11. Junij. 1627." Seine Bemühungen, Breitenau auch nach
seiner Abdankung weiter zu nutzen und umzugestalten, waren jedoch zum Scheitern verurteilt,
endet doch der Bericht des unbekannten Beamten „Wirdt Efgn. auch underthenigk gefragt, wo
man zu diesem / vorbeschriebenen Baupuncten undt gebrechen den notwendigen / verlagk
hernehmen soll, undt wer denselben verlegen wirdt".
Die Übereinstimmung des Wasserzeichens verbindet diesen Bericht mit der Zeichnung 2° Ms.
Hass. 107 [48].
Grundriss der Klausurflügel
2° Ms. Hass. 107 [48]
Dieser detaillierte Grundriss erfasst die komplette Klausur, die in diesem Fall neben der Küche und
der Backstube diverse Appartements enthält, die ohne Korridor nebeneinander angeordnet sind.
Die bislang im östlichen Flügel verorteten Ställe entfallen auf diese Weise. Die Einfahrt in den Hof
liegt hier direkt neben der Küche in der Nordwestecke des Gebäudekomplexes. Aufgrund des
identischen Wasserzeichens kann man das Blatt mit dem Schriftstück 2° Ms. Hass. 107 [75] in
Verbindung bringen.
Westliche Klausur und Herrenhaus
2° Ms. Hass. 107 [234] recto, unten
Der Lageplan auf der Rückseite einer Zeichnung von Melsungen, die später mit weiteren
Melsunger Zeichnungen zusammengeklebt wurde, zeigt den westlichen Klausurbereich mit dem
Herrenhaus bis zum Grifter Tor. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [48] liegt die Einfahrt in den
Klausurhof auch hier direkt neben der Küche, wodurch mehr Raum für Appartements zur
Verfügung steht. Die Raumdisposition im Herrenhaus entspricht derjenigen von 2° Ms. Hass. 107
[40] (Abb. 33), es fehlen allerdings die vier kleinen Risalite an der Seite zum „hinderhof“.
54
Burghasungen
Das im 11. Jahrhundert begründete Benediktinerkloster über dem Grab des Heiligen Heimerad auf
dem Hasunger Berg oberhalb des Dorfes wurde 1527 säkularisiert, danach diente es den Landgrafen von Hessen als Jagdlager und als Sitz der Vogtei des Amtes Ahna. Wegen Baufälligkeit
wurden Kirche und Kreuzgang bereits 1617 abgebrochen, wie ein Bericht des Vogtes bestätigt, in
dem es heißt, er habe angeordnet, die „alte kirche sambt den kreuzgengen (außgenohmen den
Thurm undt die Capelle, so noch in esto) biß uff daß Fundamendt„ abzubrechen“.96 Einzig der
Turm der Klosterkirche blieb bis ins 19. Jhdt. erhalten. Nach einem Blitzeinschlag konnte auch
dieser nicht mehr gesichert werden, so dass heute vor Ort nur noch Reste des Mauerwerks sichtbar sind.97
Der Hintergrund der Entstehung der 1631 datierten und sorgfältig mit Maßangaben und Beschriftung versehenen Zeichnung des Landgrafen Moritz ist unklar. 1625 soll er laut Rommel98 überlegt
haben, die Ritterschule wegen der Seuchen in Kassel hierher zur verlegen. Nach seiner Abdankung 1627 fiel dieser Besitz aber eigentlich nicht mehr in seine Zuständigkeit.
Im 19. Jahrhundert wurde seine Zeichnung mehrfach sorgfältig nachgezeichnet und vermutlich für
Publikationen überarbeitet, wie die drei Blätter nahelegen, die dem originalen Bestand nachträglich
hinzugefügt wurden.
Abb. 35 2° Ms. Hass. 107 [82]
Umbauentwurf mit Bastion, 1631
2° Ms. Hass. 107 [82] (Abb. 35)
Die Zeichnung des Landgrafen, datiert und signiert "Burghasung der schloß hof / den 8 Aprilis.
1631. M.H.L." zeigt eine am Hang gelegene, im Halbkreis angeordnete Anlage aus mehreren zwei96
Brief vom 17.10.1617, in: HStAM Best. 53e Pak. 61
vgl. Sippel 2009
98 Rommel 1837, S. 443, Anm. 199
97
55
stöckigen Gebäuden, die den an der Hofmauer gelegenen „sechseckicht thurn“ und „die Capelle“,
die Überreste der in den alten Beschreibungen genannten Klosterkirche, einfassen. Davor erstrecken sich zwei „Lustgärten“ sowie eine Wehranlage mit „Bolwerg Saturnus“ und „Bolwerg
Diana“. Die Erläuterung unten links vermerkt zusätzlich zu der Legende: "Von k biß an n; den thurn
müssen / die keller neu bauet werden, verderben / sonst[en] alles. / Der baw o. und die Mauer p. /
müssen in die lineare k et n versetzt / werden; / Die fortification, weil sie nicht aus / gebauet word
[en], stehet in des jetzig[en] / possessoris willen, was er darmit mach[en] will."
Über das tatsächliche Aussehen des ehemaligen Klosters zu diesem Zeitpunkt ist nur wenig
bekannt. Bei Merian heißt es in dem Text, der auf Landgraf Hermanns Landesbeschreibung von
1641 beruht: "Das Closter an sich selbst ist dabevor von eitel quaderstücken sehr köstlich und
wunderbar erbawet gewesen namblich drey absonderliche Kirchen dem Berg nach über oder
aneinander neben einem hohen gantz von quaderstücken auffgeführten Thurm. […] Die underste /
und zwar die kleinste Kirche / stehet noch / unnd wird zum täglichen Gottesdienste / der daran
gelegenen Dorffschafft gebraucht. Die andre Clostergebäw seynd auch alle gar Alt-Väterisch /
unnd sehr verfallen / doch noch bewohnt“.99 Erwähnt werden auch die beiden Brunnen und der
„selbst erwachsen stehende Teich“, die in der Zeichnung deutlich erkennbar sind.
Es ist anzunehmen, dass die Vogelschauansicht des Landgrafen auf der damals noch vorhandenen Bebauung beruht, die von ihm umfunktioniert und ergänzt wird, um den Bedürfnissen eines
fürstlichen Landsitzes zu genügen. Ein Bericht über die „Baugebrechen uffm Hauß Hasungen“ von
1628 belegt, dass dort zumindest einige Räumlichkeiten für den landgräflichen Hof eingerichtet
waren.100 Ein weiterer Ausbau hätte allerdings in der Zuständigkeit seines Sohnes, Landgraf
Wilhelm V., gelegen, worauf sich auch der letzte Satz in der der Zeichnung beigefügten Erläuterung bezieht („stehet in des jetzig[en] / possessoris willen, was er darmit machen will.").
Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz
2° Ms. Hass. 107 [83]
Es handelt sich hier um eine verkleinerte Nachzeichnung der von Landgraf Moritz 1631
angefertigten Vogelschauansicht. Die Rahmung und die Beschriftung analog der Moritz-Zeichnung
lassen vermuten, dass es sich hier um die Vorlage für eine Publikation handelt. Das Blatt wurde
dem Bestand im 19. Jahrhundert hinzugefügt.
Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz
2° Ms. Hass. 107 [84]
Das Blatt zeigt eine maßstabsgetreue Nachzeichnung der von Landgraf Moritz 1631 angefertigten
Vogelschauansicht. Das Wasserzeichen ermöglicht die Datierung in das zweite Viertel des 19.
Jahrhunderts. Vermutlich entstand die Zeichnung im Zusammenhang mit einer geplanten
Publikation.101
Unbekannter Zeichner, Nachzeichnung der Handzeichnung des Landgrafen Moritz
2° Ms. Hass. 107 [346]
Eine weitere Nachzeichnung der Vogelschauansicht des Landgrafen Moritz wurde 1893 angefertigt. Der Zeichner L(?) Rabe orientierte sich sehr genau an der Vorlage, die er aber vergrößerte,
und übernimmt weitgehend die Legende, die er zu entziffern versuchte. Der beigefügte Text erläutert die Geschichte in Anlehnung an Landaus ausführliche Beschreibung102 und steht möglicherweise im Zusammenhang mit einem kleinen, unsignierten Artikel zu Burghasungen, der 1896
erschienen ist.103
99
Matthäus Merian, Topographia Hassiae, Frankfurt 1655, S.28
HStAM Best. 40 a Rubr. 10 Nr. 48
101 vgl. z.B. Schlereth 1843 und Stock 1858
102 Landau 1842/2, S. 213-215
103 Touristische Mitteilungen 1896
100
56
Butzbach
1609/10 zog der nachgeborene Darmstädter Landgrafensohn Philipp III. von Hessen-Darmstadt in
seine im sogen. „Brüdervergleich“ festgelegte Residenz Butzbach ein. Der ebenso wie sein
Kasseler Verwandter vielseitig interessierte und gebildete Landgraf baute das Butzbacher Schloss,
das auf einer älteren Burganlage der Falkensteiner und Eppsteiner Herren beruhte und 1603 durch
einen Brand stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, 1609-22 in größerem Umfang um und
ließ u.a. eine Sternwarte (1617/18) und einen Lustgarten (ab 1611) anlegen.104
Landgraf Moritz ist nachweislich mehrfach in Butzbach zu Besuch gewesen. Neben seinem Vetter
Philipp III., der ein beachtenswerte Sammlung von Architekturmodellen besaß,105 residierte dort bis
1622 in unmittelbarer Nachbarschaft Graf Philipp Reinhard I. von Solms-Hohensolms, mit dem er
über seine erste Frau Agnes von Solms-Laubach gleichfalls verwandt war. Landgraf Philipp III.
vermittelte zudem 1629/30 nach der Abdankung des Kasseler Fürsten zwischen diesem und
dessen nunmehr regierenden Sohn Wilhelm V., wie die rege Korrespondenz beweist.106 Die
eigenhändigen Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [85], [86] und [238], Abb. 9) sind wahrscheinlich
aus Anlass eines Besuches des Landgrafen im September 1630 angefertigt worden, während die
Graphitzeichnung von unbekannter Hand (2° Ms. Hass. 107 [87]), schon um 1620 entstanden sein
dürfte.
Unbekannter Zeichner, Landgrafenschloss mit Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [87]
Diese Graphitzeichnung stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Moritz selbst, da weder die
Handschrift noch die Technik und die einheitliche Perspektive, die auf einen versierten Zeichner
schließen lassen, den von ihm sicher überlieferten Zeichnungen entsprechen. Die mit Feder
nachgezogenen Teile der Zeichnung lassen zudem vermuten, dass die gesamte Darstellung derart
ausgearbeitet werden sollte.
Die detaillierte Darstellung zeigt in übersichtlicher Vogelschau von Norden die südöstliche Ecke
von Butzbach mit dem landgräflichen Schloss, den sich rechts anschließenden Gebäuden des
Solms-Hohensolmser Hofes und dem davor befindlichen Solms-Braunfelsischen Hof. Bei dem
Gebäudekomplex links im Vordergrund handelt es sich um den auch in den Zeichnungen des
Landgrafen dargestellten, dem landgräflichen Schloss nördlich vorgelagerten Wirtschaftshof.
Der recht genau geschilderte Solms-Hohensolmser Besitz ist bis heute noch in seinem 1481 an
die Stadtmauer angebauten Hauptgebäude erhalten. Graf Philipp Reinhard von Solms musste
allerdings 1622 den Hof zwangsweise an Darmstadt abtreten. Ebenso wie das für 1621 nachgewiesene Wasserzeichen im verwendeten Papier legt diese Tatsache eine Datierung der Zeichnung vor 1622, aber nach Errichtung der hier verzeichneten Sternwarte auf dem Treppenturm
1617/18 nahe.107
Landgrafenschloss mit Umgebung, Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [86] recto (Abb. 36)
Vom Lustgarten (Osten) aus gesehen schildert Landgraf Moritz den gesamten Komplex an der
südöstlichen Ecke der Stadt mit der landgräflichen Residenz und den anliegenden SolmsBraunfelser und Solms-Hohensolmser Höfen, wobei der Schlossbau im Vordergrund im Grundriss
und der Hohensolmser Bau im Horizontalschnitt wiedergegeben sind. An vier Stellen führen
Brücken über den Graben an der das Gelände an zwei Seiten einfassenden Stadtmauer in die
diversen Gärten. Detailliert ist hier auch der Hinterhof des Schlosses geschildert (vgl. 2° Ms. Hass.
107 [85] recto, rechts), der neben verschiedenen Ställen auch ein offenes Wagenhaus an der
Grenze zum „Hohen Solmischen Hof“ enthält. Dahinter befindet sich der kleine „gärtners hof“.
104
vgl. Wolf 2006
Wolf 2006, S. 155 f.
106 HStAM Best. 4a 41/25
107 Wolf 2006, S. 179
105
57
Genau vermerkt werden der Verlauf der trennenden Mauern sowie die verschiedenen Brunnen
und die Pferdeschwemme.
Die relativ genaue Schilderung sowie der Einsatz von Grundrissen bzw. Schnitten, legt die Frage
nahe, ob der Landgraf seine Zeichnung möglicherweise anhand der in Butzbach nachweislich
damals vorhandenen Modelle anfertigte.
Abb. 36 2° Ms. Hass. 107 [86] recto
Landgrafenschloss mit Hinterhof, Ansicht von Norden,1630
2° Ms. Hass. 107 [85] recto, rechts
Die eigenhändig signiert und datierte Vogelperspektive zeigt einen Blick von Norden über den im
Grundriss wiedergegebenen Neuen Schlossbau auf "L. philippi hinderhof“. Den hinteren Abschluss
bildet die Stadtmauer mit Wehrgang und Schwibbögen, an die mehrere Fachwerkbauten
angelehnt sind. In der Mitte befindet sich ein Durchgang in den zweiten, äußeren Hinterhof (vgl. 2°
Ms. Hass. 107 [86] recto), von dessen Bauten man rechts einen Schornstein und ein höheres
Haus mit Satteldach erkennen kann. Am rechten Bildrand zieht sich die eingeschossige Remise,
das höhere Gebäude dahinter gehört schon zum Solms-Hohensolmser Hof.
Bereits am 3. Sept. 1629 hatte Landgraf Moritz, der sich seinerzeit dauerhaft in Frankfurt aufhielt,
nach Ausweis der Akten ein „Verzeichnis Aller derjeniger Chur und Fürsten Graven und Hern so
auß Francfort in einem Tag in dero residenzen besucht werden können“ anlegen lassen, in dem
u.a. auch Butzbach namentlich aufgeführt ist.108 Eine vom 28.8.1630 datierte Zeichnung von
Frankfurt (2° Ms. Hass. 107 [165]) - vier Tage vor dem datierten Butzbacher Blatt - belegt, dass er
tatsächlich direkt von Frankfurt aus nach Butzbach gereist ist.
108
58
in: HStAM Best. 4a 38 19
Landgrafenschloss mit Vorhöfen von Norden
2° Ms. Hass. 107 [85] verso, links (Abb. 37)
Diese Ansicht von Norden konzentriert sich auf die zweiflügelige landgräfliche Schlossanlage mit
dem vorgelegten Wirtschaftshof. Der Hofseite der beiden dreigeschossigen Flügel sind jeweils
markante Treppentürme vorgelegt. Der rechteckige Turm mit Balustradenabschluss vor dem
Hauptbau, dem „Neuen Bau“, beherbergt eine zweiläufige Treppe, während der sechseckige
„Schnecken“-Turm auf der linken Seite mit seiner geschweiften Haube das Schloss weithin
überragt. Ein langgestrecktes, schmales Gebäude schließt den Schlosshof zum „Braunfelsischen
kellerey hoff“ hin ab. Im Vordergrund befindet sich der rechteckige „Viehhof“ aus Fachwerkbauten
mit anschließendem „holtzhöflein“. Das Portal des Schlosshofes öffnet sich auf die „schloßgasse“,
von der aus die „gasse nach der kirche“ abgeht.
Der Vergleich mit der Ansicht auf dem Titel des 1630 erschienenen Gedächtnisbuchs für die 1629
verstorbene Landgräfin Anna Margareta, das den Gebäudekomplex aus einer ähnlichen Perspektive - möglicherweise vom Dachboden der Markuskirche aus – zeigt,109 ergibt mehrere Diskrepanzen. Am „Neuen Bau“ fehlen in der vorliegenden Zeichnung des Landgrafen die überlieferten
Zwerchgiebel sowie das kaum zu übersehende Observatorium auf dem Dach, das Landgraf
Philipp dem zweimal in Butzbach zu Besuch weilenden Johannes Kepler zur Verfügung stellen
konnte. Der langgestreckte Bau an der Grenze zum Solms-Braunfelsischen Hof, vermutlich eine
Galerie, wie in 2° Ms. Hass. 107 [86] verso, rechts dargestellt, ist nachweislich eine eigenmächtige
Zutat des Landgrafen. Möglicherweise handelt es sich hier um seinen Vorschlag für einen Neubau
an dieser Stelle.
Die Datierung auf der Vorderseite auf den 2. Sept. 1630 legt nahe, die Entstehung der rückseitigen
Zeichnung in engem zeitlichem Zusammenhang zu vermuten.
Abb.37 2° Ms. Hass. 107 [85] verso, links
109
Wolff 2006, Abb. 17
59
Landgrafenschloss mit Vorhöfen, Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [86] verso, rechts
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [85] verso ist das Schloss mit dem Vorhof dargestellt, hier allerdings von der Gegenseite (Süden) gesehen, mit dem von Moritz vorgeschlagenen langgestreckten Galeriebau auf der linken Seite. Das Schlossgebäude ist im vereinfachten Grundriss wiedergegeben, während die Wirtschaftshöfe mit den verschiedenen Ställen und Scheunen detailliert geschildert sind. Das Hauptaugenmerk des Landgrafen lag vermutlich auf der Darstellung des neuen
Gebäudes an der Grenze zum „Brauhof“.
Quader mit Flächenberechnung, (kombiniert mit mehreren Ansichten von Melsungen,
dem Hof Stoltzenberg und der Mühle Schmidtfahrt)
2° Ms. Hass. 107 [238] (Abb. 9)
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [85] recto, rechts ist diese kleine, später mit anderen Darstellungen
„aufgefüllte“ Zeichnung eines Quaders mit der Flächenberechnung der "grosse[n] fläche zu
Butzbach“ auf den 02.09.1630 datiert. Vermutlich bezieht sich die etwas rätselhafte Darstellung auf
den großen, freien Hof vor dem Schloss.
Abb. 38 2° Ms. Hass. 107 [313] verso, unten rechts
60
Cornberg
Das ehem. Benediktinerinnenkloster Cornberg an der Straße von Bebra nach Sontra, das seit dem
13. Jahrhundert bestand, wurde nach der Reformation 1527 aufgelöst. 1580 übergab Landgraf
Wilhelm IV. seinem unehelichen Sohn Philipp Wilhelm von Cornberg die ihm gehörende Hälfte, der
Anteil des Stiftes Hersfeld kam 1584 hinzu. 1598 erwarb Landgraf Moritz das ehemalige Kloster für
10.000 Reichstaler und schenkte es seiner zweiten Frau Juliane von Nassau, die den an der
Straße von Hersfeld nach Eschwege gelegenen Besitz als landgräfliche Vogtei verwalten ließ.
1627 gelangte Cornberg somit in die sog. „Rotenburger Quart“, den Erbteil der hessischen Nebenlinie, die 1834 erlosch. 110 Zwischen 1958 und 1974 wurden die bis dato erhaltenen Wirtschaftsgebäude und das Herrenhaus abgerissen. Der Klosterbezirk wurde 1990 bis 1994 renoviert und
dient heute als Bürger- und Kulturzentrum.
Die beiden auf einem Blatt mit Darstellungen von Sontra und Melsungen vereinten Zeichnungen
des Landgrafen sind in der oberen Zeichnung auf den 25.10.1630 datiert. Zu dieser Zeit hielt er
sich mit seinen beiden Söhnen Moritz und Friedrich vorwiegend in Eschwege auf. Die Vogelschauansichten geben eine anschauliche Bestandsaufnahme des ehemaligen Klosters, das zur
damaligen Zeit als gelegentliches Quartier für die landgräfliche Familie diente.
2° Ms. Hass. 107 [313] verso, oben rechts
Kloster und Herrenhaus von Norden,1630
Die Ansicht präsentiert die nördliche Hälfte des von einer Mauer umgebenen Klosterbezirks mit
dem dort angrenzenden Wirtschaftshof, der von der Landstraße gequert wird. Moritz verzeichnet
sorgfältig alle Gebäude, einschließlich des "Wirdtshauß", das 1615 von Landgräfin Juliane verkauft
worden war.111 Im Jahre 1617 sind Baukosten in Cornberg belegt.112
Die Klosterkirche wurde wie in Breitenau als „Marstall" genutzt, daran schließt in der Zeichnung
links „das hauß“ an, die ehemalige Propstei, die als herrschaftliches Wohnhaus diente. Ausgedehnte Gartenareale, u.a. ein „Lustgarten“, ein „Baumgarten“ und ein „Birngarten“ komplettieren
diesen Bereich des Geländes.
Kloster und Herrenhaus von Süden
2° Ms. Hass. 107 [313] verso, unten rechts (Abb. 38)
Der südliche Teil des Klosters "wie man es vom berge her ansiehet“ enthielt im ehemaligen
Kreuzgang den "viehhof" mit "Rinder stal", "Marstall" und "kuhen stall". Das östlich neben der
Kirche gelegene zweigeschossige „hern hauß”, die ehemalige Propstei, zeigt sich hier als repräsentativer Renaissancebau mit zentralem Zwerchgiebel, Doppelbahnenfenstern und zwei Flankentürmen mit geschweiften Hauben. Neben dem “hernn hauß gärtlein“ liegt - ebenso wie in der
anderen Darstellung - ein separater, parzellierter „Lustgarten“. Der rundum eingefriedete Klosterbezirk bot somit eine ideale Grundlage für die kurzzeitige Beherbergung höfischer Gesellschaften.
110
vgl. Seib 1989, Moch 1996
Moch 1996, S. 24
112 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152
111
61
Elgershausen
Der 1123 erstmals erwähnte Ortsteil von Schauenburg liegt am Fuße des Habichtswalds. Die
beiden Zeichnungen zu Landgütern aus dem Jahre 1614 stammen nicht von Moritz eigener Hand,
sondern sind einem seiner Bediensteten, vermutlich einem Landvermesser, zuzuschreiben.
Unbekannter Zeichner, "Baltzer Marolts" Hof, 1614
2° Ms. Hass. 107 [94]
Die 1614 datierte Grundrißzeichnung zeigt jenes landgräfliche 3 Hufen-Landgut, das Landgraf
Moritz 1596 dem Bergschreiber Balthasar Marold, dem Sohn des Dr. Ortolph Marold, als Erbleihe
im Tausch gegen dessen Bibliothek überschrieb.113 Dieser Vertrag führte jedoch zu anhaltendem
Streit zwischen dem bisherigen Nutzer, dem Greben Siebert, der auf seine alten Rechte pochte,
dem Landgrafen und Marold. Nachdem dieser in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, erhielt er
bereits 1607 die Erlaubnis zum Verkauf des Lehngutes.114 Zum Zeitpunkt der Aufnahme des
Grundrisses, der vermutlich von einem Landvermesser des Landgrafen Moritz gezeichnet wurde,
befand sich das Gut also schon nicht mehr in Marolds Besitz.
Dieser Hof mit seinen zu beiden Seiten angeordneten Gebäudekomplexen und dem großen
Garten dahinter, der „mitten im Dorf bei der Kirche“ gelegen war, befand sich wahrscheinlich an
der Stelle der heutigen Korbacher Straße 78.115
Unbekannter Zeichner, "Förster Lips" Hof, 1614
2° Ms. Hass. 107 [95]
Der am selben Tag und von derselben Hand wie 2° Ms. Hass. 107 [94] gezeichnete Plan zeigt den
Hof des „Förster Lips“, bestehend aus einem eingefriedeten halbrunden Hof mit rechteckigen
Wohnhaus sowie zwei kleinen Nebengebäuden („M“, „N“) und Brunnen („K“, „E“). Ein
„bäumgarten“ schließt sich rückseitig an. Von Landgraf Philipp als befestigter Jagdhof erbaut116
diente dieser den hessischen Fürsten seitdem während der Jagd als Unterkunft, wie aus einem
Brief des Landgrafen Wilhelm IV. hervorgeht: „weil wir solche Behausung zu Jagdzeiten, wenn wir
daselbten zu liegen pflegen zu unseres Hoflagerß notturfet gemeinlich geprauchen“.117 Daneben
fungierte der Hof aber zudem als Wohnstätte für den Förster Philipp („Lips“) Becker und seinen
gleichnamigen Sohn, der ihm im Amte nachfolgte. Das an der Vorderseite gerundete Grundstück
läßt sich im Ortsplan von 1754 am Kreuzungspunkt der drei Hauptstraßen wiederfinden.118
113
HStAM Best. 17e Elgershausen 9, vgl. Hartmut Broszinski: Spuren klösterlicher Alchemie in Kasseler Handschriften
des 15. und 16. Jahrhunderts. in: Nova de veteribus. Mittel- und neulateinische Studien für Paul Gerhard Schmidt.
München/Leipzig 2004, S. 834
114 HStAM Best. 17e Elgershausen 10
115 Hellwig 1995, S. 79
116 Holtmeyer 1910, S. 60
117 vgl. Hellwig 1995, S. 85ff.
118 Hellwig 1995, S. 91
62
Eppenberg
Südöstlicher Bereich, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [10]
Die ehemalige Kartause Eppenberg befand sich am Fuße des Heiligenbergs bei Felsberg, unweit der alten Fernstraße „Sälzerweg“. Spätestens 1219 war hier eine Filiale des Augustinerinnenklosters Ahnaberg errichtet worden. Landgraf Ludwig I. erwirkte 1438-40 die Umwandlung des Klosters in die mit Erfurter Mönchen besetzte Kartause St. Johannis. 1527 mussten die
Mönche der Reformation weichen, die Konventsgebäude wurden als landgräfliches Jagdhaus
genutzt. Ende des 16. Jhdt. gehörten zur Kartause drei Höfe, der Oberhof, d.h. das ehemalige
Kloster, der Mittelhof und der Unterhof, d.h. der alte Hof Wimmenhausen. 1608/09 wurde die
Kartause auf Anweisung von Landgraf Moritz durch seinen Baumeister Adam Müller umgebaut
und erweitert. 119 Bei Merian heißt es, dass das Kloster von Landgraf Moritz „sehr artig ernewert /
und mit vielen stattlichen Gemächern dreymal ubereinander versehen worden. Hat auch seine
nottürftige Stallungen/ und Schewren / alle von Stein auffgeführet / daß man mit der gantzen
Fürstlichen Hoffhaltung wol daselbst accomodiert seyn können.“120 Noch 1615/16 ist in den Bauanschlägen vom Bau einer neuen Vogtei die Rede. 121 Bereits im Dreißigjährigen Krieg wurde die
Anlage zerstört und danach als Vorwerk der Domäne Mittelhof eingerichtet. Nach einem Feuer
1957 verfielen die Gebäude zunehmend. Heute ist im ehemaligen Torhaus ein Bienenkundemuseum eingerichtet, vom Kloster sind allerdings vor allem nur noch Überreste der Kirche
erhalten. Das Gebiet um die Kartause und die Ruinen wurden 1988 unter Naturschutz gestellt.
Die bisher bei den unbestimmten Blättern eingeordnete Zeichnung konnte aufgrund der eigenhändigen Bezeichnungen der Tore ("Melsunger Thor” und "Velsberger Thor") als Darstellung
des zwischen Melsungen und Felsberg gelegenen landgräflichen Besitzes identifiziert werden.
Eine Bauanweisung von 1609 erwähnt diese beiden Tore ebenfalls namentlich.122
Vermutlich ist die Zeichnung unvollständig, die eine Hälfte des Blattes scheint leider abgetrennt
worden zu sein. Die Darstellung beschränkt sich deshalb auf einen Plan der verschiedenen
Gärten im Südosten der Anlage mit der „Einfahrt zum hause“, dem „fisch behälter", und den
beiden Toren. Am Felsberger Tor liegt auch die „Cantzley", während dem Melsunger Tor Wirtschaftsgebäude angegliedert sind.
119
vgl. Heimerich 1979, S. 209ff., Akten im HStAM Best. 17e Kartause 1 und Kartause 4
Merian 1646, S.46
121 HStAM Best. 53e Pak. 61
122 Brief vom 15.05.1609, in: HStAM Best. 53e Pak. 61
120
63
Eschwege
Erstmals erwähnt wird Eschwege 974 als sächsischer Königshof, der als Verwaltungssitz die
Werrafurt bewachte. Die sich im Anschluss an den königlichen Wirtschaftshof entwickelnde
Siedlung erhielt vermutlich im 12. Jahrhundert die Stadtrechte. Nach der Errichtung des
Kanonissenstiftes St. Cyriakus am Ende des 11. Jahrhunderts erfolgte 1278 die Niederlassung des
Augustinerordens, damals noch außerhalb der Stadt, die wenig später nach Süden erweitert
wurde.123
Nach häufigem Besitzerwechsel zwischen Hessen und Thüringen kam Eschwege 1433 endgültig
zu Hessen. Im 1627 zwischen Landgraf Moritz und seiner Ehefrau Juliane von Nassau
geschlossenen Vertrag wurden Stadt und Amt Eschwege der sog. Rotenburger Quart zugeteilt,
dem Teil Hessens, der zur Versorgung der Söhne aus zweiter Ehe dienen sollte und fiel erst 1834
an Hessen-Kassel zurück.
Im Dreißigjährigen Krieg kam es 1637 zu weitreichenden Zerstörungen in der Altstadt, von denen
aber das Schloss verschont blieb.
a. Landgrafenschloss
Das Eschweger Schloss am nordwestlichen Rand der Altstadt geht zurück auf eine Ende des 14.
Jahrhunderts errichtete Burg der Thüringer Landgrafen. Nach einer vermutlich grundlegenden
Erneuerung des Nordflügels 1552124 ließ Landgraf Wilhelm IV. 1581 diesen wie auch den im Kern
ebenfalls mittelalterlichen Westflügel umgestalten und mit Treppentürmen versehen. 1582 legte er
zudem einen großen Lustgarten hinter dem Schloss an.125
Landgraf Moritz veranlasste zunächst nur kleinere Umbauten und ließ um 1600 seine Gemächer
mit einem umfangreichen Bildprogramm ausmalen.126 An der Südostecke der Anlage wurde 1615
ein nahezu quadratischer Pavillon errichtet, der durch Arkadengänge mit den älteren Bauten
verbunden ist. In diesem Jahr werden jedenfalls in den erhaltenen Bauanschlägen die „beiden
Gallerijen und der viereckichte Turm“ erwähnt, die bis auf den Ausbau und das Dach fertig seien,
das „Bronnenwerk“ ist hingegen noch in Arbeit.127 Ein Brunnen im Lustgarten, den der Bildhauer
und Architekt Wilhelm Vernukken anfertigen soll, wird allerdings auch schon 1605 erwähnt.128 Von
1617 bis 1626 war Eschwege Witwensitz der Gemahlin des 1617 verstorbenen Landgrafensohns
Otto, Agnes Magdalena von Anhalt-Dessau. Ab 1630 diente das Schloss dem abgedankten
Landgrafen mit Unterbrechungen als Wohnsitz.129 Am 15. März 1632 ist er hier verstorben.
Die Zeichnungen, die die Schlossanlage von mehreren Seiten zeigen, betreffen vor allem die
Gestaltung der Außenanlagen des Schlosses. Neben Entwürfen für die Gestaltung eines Vorhofs
an der Stadtseite, wo der Fürst zudem eine neue Kanzlei plante, finden sich Pläne für die Anlage
einer Rennbahn mit Turnierhaus und eines größeren Lustgartens an der Werra. Zu datieren sind
diese Darstellungen vermutlich sämtlich in die letzten Lebensjahre des Fürsten 1630/31.
Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39)
Die auf einem Blatt mit einer Zeichnung von Treffurt vereinte Vogelschauansicht präsentiert die
Stadtfront des Schlosses mitsamt dem 1615 errichteten "paviglion" mit Laternenaufsatz, dem
„durchsichtig türmlein“ - wie Georg Fabricius es beschreibt130 - an der Südwestecke. Daran
123
vgl. Geschichte der Stadt Eschwege 1993
Großmann 2010, S. 97
125 Denkmaltopographie 1992, S. 176
126 vgl. Borggrefe/Fusenig/Kümmel 2000
127 Bericht von Georg Fabricius vom 26.12.1615, in: HStAM Best. 53e Pak. 61
128 Brief von Rentmeister Muldener vom 30.06.1605, in: HStAM Best. 53e Pak. 60
129 Löwenstein 1989, S. 105
130 siehe Anm. 127
124
64
schließen sich jene, den Pavillon mit den älteren Gebäuden im Norden und Westen verbindenden
„gallereijen“ mit Balustraden an, deren Fertigstellung mit „Eijsengijtter oder Sprengwerk“ Fabricius
in seinem Bericht von 1615 in Aussicht stellte. Vor der Stirnseite des Nordflügels liegt ein kleines
„gärtlein“, das durch ein als Pendant zu dem „porthauß“ neben dem Portal eingezeichnetes
„garthauß“ vervollständigt wird.
Die städtische Bebauung im Vordergrund ist im Plan angedeutet, wobei die eingezeichnete "ledige
Baustädte zur Cantzley" den Plan des Landgrafen offenbart, an dieser Stelle in der unmittelbaren
Umgebung des Schlosses, ähnlich wie in Melsungen, einen neuen Kanzleibau zu errichten.
Aufgrund der Datierung der auf demselben Blatt angebrachten Zeichnung von Treffurt auf den
21.04.1630 kann man von einem engen zeitlichen Zusammenhang der Darstellungen ausgehen.
Landgraf Moritz reiste seinerzeit von Treffurt direkt nach Eschwege, um dort mit seinem Gefolge
das Schloss zu beziehen.131
Abb. 39 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten
Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [102] recto
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39) zeigt diese sorgfältig gezeichnete
Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt das Schloss von Osten, wobei die umgebende
Bebauung nur angedeutet und teilweise im Plan angegeben ist. Erkennbar wird die nahezu
quadratische Anlage der Gebäude mit den Arkadengängen. Neben den „hinder hof zwischen dem
Schloß und garten“, der an das „hohner thor“ angrenzt, zeichnet Landgraf Moritz in diesem Fall
auch einen „Vorhof“ ein, der den kleinen Garten an der Vorderseite des Schlosses bis zum Portal
neben dem Pavillon rechteckig ergänzt. Das tiefer gelegene „klein gärtlein“ wird über ein Treppenpodest an der Stelle des in der oben genannten Darstellung eingezeichneten Gartenhauses
zugänglich. Die Stirnseite des Nordflügels erhält anstatt des Erkers hier einen zentralen
Mittelrisalit, - auch das eine Gestaltungsidee des Fürsten zur Verschönerung des Baues, die nicht
umgesetzt wurde. Die „ledige baustädte“ im Vordergrund bezeichnet wieder den Platz, den der
Fürst für den Neubau einer Kanzlei in Aussicht genommen hatte.
Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [106]
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [102] recto präsentiert auch diese Ansicht von Osten die Schlossanlage und die nähere Umgebung mit Honer Tor und Landvogtei, wobei der Schwerpunkt auf dem
131
Löwenstein 1989, S. 105
65
Platz vor dem Schlosseingang liegt, dessen freie Fläche genau vermessen ist. Möglicherweise
wurden diese Maße benötigt, um hier ein Straßenpflaster anzulegen. Auch in diesem Fall befinden
sich beidseits des Schlossportals zwei eingefriedete Gärten („Pörtners garte“, „Caningarte“), wobei
der Caningarten wie in 2° Ms. Hass. 107 [107] recto, unten (Abb. 39) ein Gartenhaus als Pendant
zum Pförtnerhaus aufweist. Eine massive Mauer mit zwei Portalen („herrn thor“, „neben thor“)
separiert diesen Bereich von der Umgebung. Diese sorgfältige Einfriedung scheint ein wesentliches Anliegen des Kasseler Landgrafen gewesen zu sein.
Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [105] (Abb. 40)
In dieser Vogelschauansicht, die eine weitere Gestaltungsvariante für das Areal östlich vor dem
Schloss zeigt, präzisiert Landgraf Moritz seine mehrfach formulierte Entwurfsideen durch die
Einzeichnung des „neuen“ Baus, eines langgestreckten Gebäudes mit vier Zwerchgiebeln
gegenüber dem von ihm geplanten Vorhof, der den "platz vor der Apoteken. / zum Spielplatz zu
gebrauchen" und den „Canin garte“ umfasst.
Die Rasterung des freien Platzes und der Straße an der Vogtei, die sorgfältig vermessen sind,
steht möglicherweise in Zusammenhang mit einer geplanten Aufpflasterung der Strassen in der
Schlossumgebung, die in 2° Ms. Hass. 107 [102] recto noch in der üblichen Weise von Abwasserrinnen durchzogen sind.
Der eingefriedete Vorhof und die Pflasterung dienten dem Ziel, das Aussehen des fürstlichen
Wohnsitzes in diesem Bereich zu verbessern und Unrat fern zu halten.
Abb. 40 2° Ms. Hass. 107 [105]
Rennbahn und Entwurf für eine "Neue Galerie“
2° Ms. Hass. 107 [104]
Der nordwestlich hinter dem Schloss gelegene "blatz zwischen dem schlosse / und Lustgarten“
war nach Ansicht des Landgrafen „Zum bereit und Rhennen platz zu ge brauchen“, wie in dieser
Vogelschauansicht aus Richtung des Honer Tores dokumentiert ist. Entlang des Westflügels
erstreckt sich ein 227 Fuß langer und 72 Fuß breiter Platz, der im Norden durch die "Neue galerie
ahn dem schlosse", einen eingeschossig überbauten Arkadengang, abgeschlossen wird. Ein
„bereithauß“ an der vorderen Mauer vervollständigt die intendierte Funktion eines höfischen Reitund Turnierplatzes.
Die handschriftliche Anmerkung des Landgrafen: „NB. dieser abriß ist falsch der thurm stehe /
besser zur seite, die garten linie läuft herein und / nicht hinderß, die linea vondem schlosse her ist /
303 schue lg, die garten linie 330. Also / wehre Linea adaequirte 316 1/2 schue." korrigiert die
66
eingetragenen Maße und belegt die intensive Auseinandersetzung des Landgrafen mit der Ausgestaltung in diesem Bereich.
Rennbahn mit Entwurf für eine Galerie
2° Ms. Hass. 107 [103] recto (Abb. 41)
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [104] zeigt auch dieses kleine Blatt das für eine Rennbahn
vorgesehene Gelände am Schloss nebst einer Galerie von Süden. An der linken Seite schließt der
„lust garte“ an. Der im Vordergrund eingezeichnete Bau des Honer Tores erhält in diesem Fall
einen Dachaufbau mit Laterne, der der Haube des Pavillons angeglichen ist, vermutlich ein Einfall
des Landgrafen, der nicht der Realität entsprach. In diesem Turm befand sich jene von Landgraf
Moritz eingerichtete Wasserkunst, die durch eine Pumpe bei der Mühle an der Werra gespeist
wurde und das Wasser in die Springbrunnen des Gartens und in die fürstliche Küche verteilte.132
Abb. 41 2° Ms. Hass. 107 [103] recto
Abrechnungsliste über Nahrungsmittel der Hofküche
2° Ms. Hass. 107 [103] verso
Die auf der Rückseite der Zeichnung des Entwurfs einer Galerie an der Rennbahn befindliche
Abrechnungsliste der Hofküche listet diverse Lebensmittel (u.a. "Kälber", "Lämmer", "Wild",
„Caphaunen“, "Karpfen", "Stockfisch" etc.) mit den zugehörigen Kosten auf und steht somit nicht in
inhaltlichem Zusammenhang mit der Zeichnung.
Schloss mit Rennbahn und Lustgarten von Norden
2° Ms. Hass. 107 [102] verso, rechts
Die sorgfältig konzipierte Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt präsentiert das hinter dem
Schloss gelegene Areal von der Werra aus, wobei am oberen Bildrand das Honer Tor mit der Wegkreuzung "Weg von Reichensachsen" / "Weg nach Nieder hohne“ zu sehen ist. Hinter dem Westflügel des Schlosses befindet sich der langgestreckte, mit Maßangaben versehene "renneplatz",
der hier durch ein halbrundes, durch Arkaden-Substruktionen erhöhtes "provisto drauß dem
Rennen zu zu sehen“, d.h. eine Zuschauerplattform, abgeschlossen wird. Der rechts anschließende Lustgarten ist in diesem Fall in vier nach Planeten ("Sol", "Mars", "Jupiter" und
"Saturnus") benannte Kompartimente unterteilt. Diese Bezeichnung der Felder hängt eng
zusammen mit den bekannten alchemistisch-naturwissenschaftlichen Interessen des Landgrafen.
132
Hochhuth 1826, S. 56
67
Das 1625 erschienene Buch des mit Moritz in brieflichem Austausch stehenden Coburger
Gelehrten Johann Popp „Kräuter Buch: Darinnen die Kräuter des Teutschen Landes, aus dem
Licht der Natur, Nach rechter Art der Signaturen der Himmlischen Einfliessung [...] beschrieben“
beschäftigte sich z.B. explicit mit dem positiven Einfluß der Himmelskörper auf die Pflanzen, insbesondere die Arzneipflanzen. Bekannt ist, dass in Mantua seinerzeit ein Heilpflanzengarten existierte, der nach der Stellung der Planeten eingerichtet war.133 Ob ein solcher „Planetengarten“ in
Eschwege tatsächlich verwirklicht wurde, erscheint zweifelhaft.
Im Vordergrund befindet sich unweit der am linken Bildrand gelegenen Mühle an der Werra ein
kleiner sechseckiger Fachwerkbau mit Kranausleger, bez. „Der Gran“, der zur anschließenden
„schlacht“ gehörte, der Umladestation für die Frachtschiffe. Landgraf Moritz hatte sich in
Eschwege, wie in vielen anderen Orten auch, für die Schiffbarmachung des Flusses engagiert und
die Schlagd anlegen lassen. 134
Ansicht von Westen mit Planetengarten
2° Ms. Hass. 107 [108] recto unten (Abb. 42)
Die Vogelschauansicht von Westen zeigt ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [102] verso einen großen,
rechteckigen Rennplatz hinter dem Schloss, an den der ebenso mit Planetennamen bezeichnete
Lustgarten anschließt. Es fehlt hier aber die Zuschauertribüne bzw. die in anderen Darstellungen
thematisierte Galerie am Rennplatz. Augenfällig wird hier besonders die Übereinstimmung der
Dachformen von Pavillon und Stadtturm, die auch in 2° Ms. Hass. [103] recto (Abb. 41) erkennbar
ist, eine Gestaltungsidee des Landgrafen zur Vereinheitlichung der Außenwirkung der Schlossanlage.
Abb. 42 2° Ms. Hass. 107 [108] recto,unten
133
134
68
Tomasi 1993, S.78
Schmincke 1922, S. 218
Ansicht von Norden
2° Ms. Hass. 107 [108] recto oben
In dieser kleinen, vermutlich ergänzend am oberen Rand der anderen Zeichnung auf diesem Blatt
eingefügten Ansicht des Schlosses von Norden wird das abschüssige Terrain zwischen dem
Nordflügel und der Schlagd wiedergegeben, das als „holtzblatz“ bezeichnet wird. Ebenso wie in 2°
Ms. Hass. 107 [102] verso trennt eine Mauer an der nordwestlichen Ecke des Flügels diesen
Bereich vom anschließenden „Rennplatz“.
Schloss mit Gartenanlage von Norden
2° Ms. Hass. 107 [101]
Die Zeichnung zeigt die hinter dem Schloss gelegenen Gartenbereiche, wobei der Westflügel am
linken Bildrand nur angeschnitten erscheint. Unterhalb des an den „Renne-platz“ angrenzenden
Lustgartens, ist das Terrain an der Werra zum Teil dreifach terrassiert, was vor allem durch die
sorgfältig abgestufte Mauer zur Schlagd hin deutlich wird. Ein zwei Ebenen überspannender,
abgegrenzter Bereich in der Mitte ist durch die regelmäßige Parzellierung als Lustgarten ausgewiesen („hinder gärtlein“) und umfasst ein kleines Gartenhaus. Dieses Haus erscheint auch
noch in späteren Plänen.135 Daneben erstreckt sich ein „Baumgärtlein“ bis zur Mauer. Das am
rechten Blattrand nur angedeutete Gebäude am Werraufer unterhalb des äußeren Torgebäudes
kann man als eines der zwei Rondelle identifizieren, die Landgraf Moritz am Ende des Gartens
errichten ließ und von denen eines noch heute erhalten ist. Dilich schreibt in seiner „Hessischen
Chronik“, der Fürst habe das Eschweger Schloss „anno 1595 mit einem liblichen schönen
lustgarten / einer mawren mit zweyen artigen rundelen erweitern“ lassen. 136
Vermutlich handelt es sich hier um einen Umgestaltungsentwurf, der das terrassierte Gelände an
der Werra betrifft.
Maßtabelle zu einem Zaun am Schlossgarten
2° Ms. Hass. 107 [15]
Das bisher nicht zugeordnete kleine Schriftstück "Data des langen gartten Zauns an / der werra
von den Rundehlen an / biß an die schlacht“ gehört eindeutig zu den Zeichnungen vom Eschweger
Schlossgarten. Die Verortung von „Rundehlen“ und „schlacht“ an der Werra stellt einen Zusammenhang mit der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [101] her, wo der Garten in diesem Bereich dargestellt ist. Die genaue Maßtabelle erfasst den Umfang der verschiedenen Gärten zwischen Lustgarten und Werra.
Lageplan mit Vermessungstabelle von Grundstücken hinter dem Lustgarten
2° Ms. Hass. 107 [18]
Der Grundstücksplan mit den "Data hinderm hindersten gartten / Thor” verzeichnet die Gärten und
Äcker die an die hinterste Grenze des Lustgartens mit den beiden Rondellen angrenzen. Text und
Darstellung stehen vermutlich in engem Zusammenhang mit der offensichtlich von gleicher Hand
angefertigten Maßtabelle zu einem Zaun am Schlossgarten 2° Ms. Hass. 107 [15].
b. Augustinerkloster
Das 1278 im südwestlichen Teil der Stadt errichtete Augustiner-Eremitenkloster wurde 1527 säkularisiert.137 Ein Teil der Anlage (Kirche mit Kreuzgang) wurde dem St. Elisabeth-Hospital übereignet, das dort bis 1968 bestand. Der übrige Teil des Klosters diente als landgräflicher Renthof
und Marstall. Vom Kloster sind heute noch die um 1484 errichtete Hospitalkapelle (Hospitalplatz 5)
138 sowie das ehemalige Konventsgebäude mit einer historischen Inschrift von 1501 (Kloster135
Plan von 1745, vgl. Denkmaltopographie 1992, S. 177
Dilich 1605, S. 137
137 Seib 1993, S. 371
138 Denkmaltopographie 1992, S. 114
136
69
straße 1)139 erhalten. 1875 übernahm eine Brauerei das Gelände und ließ dort neue Gebäude
errichten.
Die beiden zusammengehörigen Zeichnungen des Landgrafen vom Hospital und Renthof im
ehemaligen Augustinerkloster stehen im Zusammenhang mit seinen Bestrebungen, den Renthof
zur Unterbringung von Pferde und Materialien im Zusammenhang mit dem dauerhaften Einzug im
Schloss 1630 zu benutzen, wie erhaltene Schriftstücke belegen.140 Wie aus den Akten weiter
hervorgeht, gab es damals Schwierigkeiten, das gesamte Hofpersonal unterzubringen. Neben dem
Schloss, der Landvogtei und dem Renthof wurden noch weitere Quartiere in der Stadt gesucht.141
Augustinerkloster, Hospital und Renthof
2° Ms. Hass. 107 [113] (Abb. 43)
Aus fünf Teilen setzt sich das Blatt zusammen, auf dem Landgraf Moritz in einer breit gelagerten
Vogelschauansicht von Westen das ehemalige Augustinerkloster mit dem damals dort beheimateten Spital und Renthof mit der angrenzenden städtischen Bebauung visualisiert. Die
"Spitals gasse" auf der linken, „Walgasse“ (Wallgasse) und „der Böneburgische hof" auf der
rechten Seite, sowie „der Weg an der Stadtmauer“ im Vordergrund lokalisieren das Areal. Der
„spitals hof“ mit der Kirche, deren Kapelle noch heute erhalten ist,142 nahm den hinteren, nordöstlichen Teil der Anlage ein. Vom sehr detailliert, bis hin zum Storchennest auf dem First, geschilderten „dormitorium“ ist heute noch der Keller erhalten.143 Die beiden vorderen Höfe sind
unterteilt in „Rendthofs garte“, der auch einen „Würtzgarten“ und ein „küch[en] gärtlein“ enthält,
und den „Augustiner / Rendthof. Zum theil / die mistädte“ vor dem Dormitorium, der eingerahmt
wird von diversen Wirtschaftgebäuden.
Die städtische Bebauung an der Spitalsgasse mit den zahlreichen Fachwerkhäusern und der
Wallgasse mit dem „Böneburgisch hof“ ist nur ansatzweise wiedergegeben.
Abb.43 2° Ms. Hass. 107 [113]
139
Denkmaltopographie 1992, S. 121
vgl. die Anweisungen vom 5./6. Mai 1630, in: HStAM Best. 4a 38/20
141 vgl. die Anweisung vom 5.10.1630, in: HStAM Best. 4a 38/26
142 Denkmaltopographie 1992, S. 114
143 Denkmaltopographie 1992, S. 118
140
70
Augustinerkloster, Renthof
2° Ms. Hass. 107 [114]
Die großformatige Zeichnung präsentiert die Wirtschaftsgebäude des Renthofes im ehemaligen
Augustinerkloster in einer detaillierten Vogelschauansicht von Osten, wobei die alten Klostergebäude im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben sind. Die sorgfältige Schilderung der den
Hof mit der „Mistädte“ und dem Pflasterweg umgebenden Fachwerkgebäude dokumentiert das
besondere Interesse des Landgrafen an dieser Anlage. Nach den im Staatsarchiv Marburg erhaltenen Quellen war er bestrebt, nach seiner Ankunft in Eschwege im Mai 1630 den Renthof zum
Logis für „Pferde, Kutschen od Wagen“, d.h. zum Marstall zu erhalten.144 Die Übereinstimmung
des Wasserzeichens im benutzten Papier mit dem bei 2° Ms. Hass. 107 [113] verwendeten belegt,
dass beide Zeichnungen in engem zeitlichem Zusammenhang entstanden sind.
c. Diverses
Boyneburgischer Hof (?)
2° Ms. Hass. 107 [109]
Die Zeichnung von "Friedrich von Böneburgs Ritmeisters / rathes[?] Böneburgisches hauß,
deliniiert / den 29. Octobris. 1630. M.H.L." gibt in der Vogelschau ein städtisches Gebäudeensemble wieder, das zwischen „Marktblatz“, "gässlein nach der Stadtmauer" und "scheidtmauer
vom Augustiner Closter" angesiedelt ist. Im Zentrum stehen drei eng aneinandergedrängte Fachwerkgebäude, bezeichnet als "pferdt stall", "Won hauß" und "Sommer / hauß“. Während im Vordergrund eine Wirtschaftshof liegt, dessen Mauerverlauf mehrfach korrigiert ist, erstreckt sich links
hinten zwischen den Gebäuden „Ein garten“, der durch gleichmäßige Kompartimente gekennzeichnet ist.
Traditionell Eschwege zugeordnet, zeigen sich jedoch im Detail deutliche Diskrepanzen zu der in
2° Ms. Hass. 107 [113] geschilderten Situation, die eine Verortung in Eschwege schwierig machen.
Die zeitliche Nähe zu den Zeichnungen von Sontra (2° Ms. Hass. 107 [312] + [313]) legte eine
Recherche in diesem Ortszusammenhang nahe, auch dort konnte aber dieser Hof so nicht verortet
werden.
Vermessungstabelle zur Stadtbefestigung
2° Ms. Hass. 107 [17]
Der kleine, bisher nicht zugeordnete Notizzettel kann aufgrund der hier genannten, bestimmbare
Lokalitäten („Düntzebacher Thor”, „Boineburger Thor“) nach Eschwege verortet werden. Der
erwähnte runde Turm am Dünzebacher Tor wurde nach der Zerstörung 1637 wieder aufgebaut und
ist noch heute erhalten.
144
Anweisung vom 5. Mai 1630, in: HStAM Best. 4a 38/20
71
Fahre
Der unweit von Melsungen gelegene herrschaftliche Gutshof Fahre diente einstmals als Herberge
bei der Fuldafähre an der alten Landstraße „Durch die langen Hessen“ nach Thüringen und gehörte ursprünglich zum nahegelegenen Schwertzelhof. Aufgrund des regen Verkehrs befand sich
neben dem landgräflichen Gasthaus auf dem Ostufer auch ein weiter südlich gelegener Riedeselscher Hof am Westufer der Fulda.145 Nach der Abdankung des Landgrafen Moritz 1627 gehörte
diese Gehöftgruppe zu den wenigen ihm verbliebenen Besitzungen. Später diente die Anlage als
hessische Staatsdomäne 146 und befindet sich heute im Besitz der Fa. B. Braun Melsungen. Reste
der alten Gebäude und der Einfriedungsmauer sind an einigen Stellen vor Ort noch vorhanden.
Das sanft ansteigende Terrain direkt am Fluss bot aufgrund seiner besonderen Lage, die die von
Landgraf Moritz sehr geschätzte Erreichbarkeit auf dem Wasserweg gewährleistete, offensichtlich
ideale Bedingungen für die Konzeption einer ländlichen Schlossanlage mit Gärten. Die in einigen
Fällen anzutreffende eigenhändige Bezeichnung als „Herrenhaus“ oder „Sommerhaus“ spiegelt die
Überlegungen zu einem mehr privaten, zeitweilig genutzten Wohnsitz.
Wie die zahlreichen Varianten (insgesamt 56 Einzelzeichnungen und 5 Schriftstücke) zeigen,
kreisen die Entwürfe des hessischen Fürsten um die Idee eines einflügeligen Lustschlosses als
relativ schlichtem längsrechteckigen Bau, wahlweise dekoriert mit Zwerchhäusern sowie Anbauten
in Form von Risaliten, Pavillons oder Türmen, eingebettet in einen geschlossenen Hof mit anschließender vielfältiger Gartenlandschaft. Sie stehen in der Tradition der ländlichen, von Flüssen
und Kanälen begleiteten Lustschlösser der Renaissance, wie sie in J.A. Du Cerceaus meisterhaften architektonischen Stichwerken147 beispielhaft dargestellt sind. Die unterschiedlichen Versionen setzen das Lustschloss, das in der Größe zwischen zwei und drei Geschossen und fünf bis
neun Fensterachsen differiert, in der Regel in einen eingefriedeten Hof, der mit Vorliebe durch Eckpavillons akzentuiert ist, wobei eine Aufböschung die Hanglage ausgleicht. Die in vielen Beispielen
visualisierte Position des Gebäudes an der Südseite, d.h. bezogen auf die Landstraße und den
Wirtschaftshof, wird in einigen Fällen zugunsten einer Verknüpfung mit dem Lustgarten und dem
Fluss auf die Ost- bzw. Westseite verlagert. Andere Varianten sehen das Schloss als Fachwerkgebäude bzw. mit einer bastionären Plattform, die wehrtechnisch eigentlich keine Bedeutung
besitzt.
Der auf der anderen Straßenseite gelegene, ausgedehnte Wirtschaftshof an der alten Herberge
wird als separate Versorgungseinheit ebenfalls in die Planung mit einbezogen, ähnlich wie es auch
für die „villeggiatura“ der italienischen Renaissance kennzeichnend ist. Weiträumige Lagepläne
und die erhaltenen ausführlichen Anweisungen zur Bepflanzung der Gärten und Felder weisen
darauf hin, dass der Landgraf stets auch die wirtschaftliche Nutzung des Geländes im Auge hatte.
Die häufig eingetragenen Maßzahlen belegen die recht konkreten Vorüberlegungen des Landgrafen, die aber aufgrund der finanziellen Probleme nicht realisierbar waren. Die in den beiliegenden Schriftstücken aus dem Jahre 1628 erwähnten Bauarbeiten betreffen vor allem die Ummauerung des Hofes (einschließlich von „Erkern“, d.h. Pavillons), die Wirtschaftsgebäude und das
Gartengelände.
Entwurf für ein Lustschloss "Moritzheim" bei der Herberge, Lage- und Pflanzplan, 1628
2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44)
Der große, aus zwei Blättern zusammengefügte Plan umfasst das gesamte bewirtschaftete Terrain
an der Fulda, wobei die rechts unten eingefügte Datierung: "1628 15. Martij / Melosung[?]"
vermutlich nicht von der Hand des Landgrafen stammt. Während die alte Scheuer an der Straße
bereits als abgerissen gekennzeichnet wird („plätzlein da die scheuer / bestanden“), besteht das
„hauß Moritzheim an der fahre“ hier noch aus dem alten, bei Dilich verzeichneten Bau - eine
Erweiterung des Gebäudes wird aber bereits skizziert. Die Aufteilung des Wirtschaftshofs an der
145
vgl. die Landtafeln von Dilich, 2° Ms. Hass. 679 Taf. 6b und 9
Historisches Ortslexikon <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/ol/id/4885> (Stand: 4.11.2010)
147 vgl. vor allem die Darstellungen im „Livre d’architecture“ von 1582
146
72
Herberge entspricht bis auf die offensichtlich neue Scheuer an der kleinen Schmiede ebenfalls
Dilichs Landtafel. Neu ist die Einfriedung des Hofes um das Herrenhaus durch eine Mauer mit Eckpavillons, wobei der Zugang über eine Rampe von der Landstraße her erfolgt. Neben verschiedenen Gärten vermerkt die Zeichnung auch die Bepflanzung der einzelnen, sorgfältig abgegrenzten Äckerflächen.
Nach den erhaltenen, nur wenige Tage später (auf den 21., 28. und 30.3.1628) datierten Schriftstücken (2° Ms. Hass. 107 [155], [156] + [152]) ist zumindest die Abräumung des alten „Reisestalls“ und die Einfriedung des Hofes am Herrenhaus in Angriff genommen worden. In der Kostenaufstellung für Zäune und Mauern ist zudem namentlich die Rede von „Schloshoff“ und vier
„Erkern“, womit vermutlich die Eckpavillons in der Mauer gemeint sind.
Die gründliche Planung des großen Gartengebiets entspricht ebenfalls im Wesentlichen den
Anweisungen in den Schriftstücken. Der Lustgarten nahm dabei nur einen kleinen Raum ein,
wichtiger waren Küchen- und Arznei- bzw. Apothekengarten.
Abb. 44 2° Ms. Hass. 107 [149]
Abbruchanweisung für den "Reisestall"
2° Ms. Hass. 107 [155]
Die von einem Schreiber verfasste und vom Landgrafen abgezeichnete Anweisung beginnt: "Heut
dato den 21 t Martij Ao 1628. Ist mit M: Hans Kolben, Bürge auß Milsungen, gehandelt worden, d
[aß] derselbe den Alten / Reijse Stall zur Fahre abbrechen soll“ und vermerkt, dass dieser nicht nur
die Ziegel und das Holz abräumen soll, sondern zudem „den hoff, wie solcher / abgestickt, nach
der wagen hübsch zu vergleichen, damit derselbe / fein gleich vergleichen werde, undt in eine
gleichheitt kommen möge
Ziegelbestellung
2° Ms. Hass. 107 [156]
Im Zusammenhang mit den Planungen für eine Umgestaltung des Hofes Fahre erfolgte am
28.03.1628 eine Bestellung an den „Ziegeler von d[er] Carthauß“ der „so baldt / als Immermöglich”
Steine liefern solle. Die Rede ist nicht nur von „Backen Steine[n]“, sondern auch von „Garten
scherben“ und „Baumscherben“, die vermutlich zur Gliederung der in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb.
44) eingetragenen Gartenareale eingesetzt werden sollten.
73
Kostenaufstellung für Zäune und Mauern
2° Ms. Hass. 107 [152]
Die auf den 30.03.1628 datierte „Ausrechnung des gantzen Mauerwergks, wo fern an Stat des /
frasenwalls die Area des Schloshoffs zur fahre, biß an die / vergleichung des platzes oder fußs
solte von Mauerwergk gemacht, / und die Erde darhinder verstürtzt werden“ veranschlagt die Ausmaße und Unkosten einer Aufböschung und soliden Einfriedung des Hofes um das geplante Lustschloß in Fahre, wie sie in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) vorgestellt wird. Dabei werden zwei
Varianten der Anfertigung verglichen. Das „Mauerwerck von Steinen“ erscheint teurer als die
„Haar-wandt“ (eine Fachwerkkonstruktion), „es ist aber solche haarwandt bei weitem nicht / so
bestendig, und vorm insteigen so sicher, / alß das mauerwerck von Maursteinen."
Vermessungstabelle zu Gartenarealen
2° Ms. Hass. 107 [153]
Die vorliegende Tabelle gibt die Maße der verschiedenen Gärten und Äcker am geplanten Lusthaus (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [149], Abb. 44) die bebaut werden sollen. Ergänzend sind zudem die
Kosten für die Samen aufgeführt (Erbsen, Bohnen, Reis Hirse), die ausgesät werden sollen. Des
Weiteren wird festgelegt, dass „wenigstens 3 Acker Brach zu kraudt, / Rüben, Wurtzel, pastinaken
und dergleichen küchen sachen“ vorgehalten werden sollen. Diese Aufstellung steht vermutlich im
Zusammenhang mit der Aussaatanweisung 2° Ms. Hass. 107 [154].
Aussaatliste für den Küchengarten
2° Ms. Hass. 107 [154]
Die Aufstellung "Zu besahmung unsers gemeinen feldt oder küchen gartens zur Fahre / seindt
vonnöten noch folgende Sahmen, so theils jetzo also baldt theils / hinkünftig in [...] verschaft
werden sollen.” verzeichnet die geplanten Sämereien (u.a. Petersilie, Senf, Bohnen) im Küchengarten. Die von anderer Hand angefügte „Taxa“ notiert zudem die darauf anfallenden Kosten.
Entwurf für ein "Lusthaus" bei der Herberge, Lageplan, 1628
2° Ms. Hass. 107 [145]
Der Lageplan, bezeichnet: "das f. lusthauß / zur Fahre an der fulde. / Inventiert den 2 Aprilis .
1628. / M.H.L.", stimmt in der Aufteilung des Areals weitgehend mit 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb.
44) überein, wobei hier zudem das Gelände des Wirtschaftshofes komplett angegeben ist. Auf
Details und die Einzeichnung des Herrenhausgrundrisses wurde verzichtet, da hier der
Interessenschwerpunkt auf dem Verlauf der Mauern und Abgrenzungen liegt - möglicherweise im
Zusammenhang mit dem erhaltenen Schriftstück vom 30.03.1628 (2° Ms. Hass. 107 [152]) in dem
es um eine Kosten-aufstellung für Zäune und Mauern geht.
Entwurf für eine Gartenanlage hinter dem Lustschloss, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [150]
Die schon in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) dargestellten großen Gartenareale und bepflanzten
Felder hinter dem geplanten Herrenhaus werden in diesem Entwurf durch einen botanischen
Garten im Anschluss an das "stück so mit haver gesehet" ergänzt. Die Beschriftung der einzelnen
Felder: "Area Aromaticorum", "Area Bulbosarum", "Area ternifoliens.", "Hortus sylvestrium", "Area
florigenarum", "Area Tuberosarum" und "Area pilosarum" spiegelt eine Bepflanzung nach
botanischen Interessen. Ein halbkreisförmiger Abschluß zur Straße hin und kleine, runde Lauben
an den drei äußersten Punkten geben der durch ein doppeltes Wegekreuz unterteilten Anlage
darüber hinaus ein repräsentatives Aussehen.
Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 45)
Dieser ausführlich mit Maßangeben versehene Lageplan entspricht vor allem in der Anlage der
Herberge mit den anliegenden Wirtschaftsgebäuden der in 2° Ms. Hass. 107 [145] gegebenen An-
74
ordnung. Sehr ähnlich ist auch die Anlage des Schlosshofs mit durch rechteckige Mauervorsprüngen betonten Ecken, aber ohne Pavillons. Das eher schlichte Herrenhaus erscheint als eine
Weiterentwicklung der in 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) angedeuteten hälftigen Erweiterung des
vorhandenen Gebäudes. Der auffällige Horizontalschnitt des geplanten Herrenhofes ermöglicht
dem Landgrafen, das nach der Fulda hin abschüssige Gelände zu demonstrieren, dessen Ausgleich eine massive Substruktion (Futtermauer mit Rundbögen) am unteren Ende des Terrains
erforderte.
Die am oberen Rand ansetzende, bis in die Zeichnung reichende Materialliste bezieht sich auf
Holzbalken, die möglicherweise für ein neues Wirtschaftsgebäude benötigt wurden.
Abb. 45 2° Ms. Hass. 107 [143]
Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge, Lageplan, 1628
2° Ms. Hass. 107 [144]
Der Plan in der unteren Hälfte des Blattes wird durch die beigefügte ausführliche Maßtabelle ergänzt, die die geplanten Baumaßnahmen am Wirtschaftshof erläutert. Danach sollte die Herberge
verkleinert werden: „die Abseite daran soll abgelegt und uff / eine andere städte versetztet werd
[en] -16 schue.“ (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [143], Abb. 44). Dafür könnte der Misthof ver-größert
werden: „Alßo kan der Misthoff hinder der scheuer noch / verlengert werde - 100 schue."
Der fürstliche Hof mit dem schlichten Gebäude des Herrenhauses, bezeichnet als „das hauß / zur
Fahre an der Fulda“ verfügt in dieser Variante über quadratische Eckpavillons in der Einfassungsmauer. Die einzelnen Gartenareale werden durch Baumreihen abgegrenzt, wobei der
schon in 2° Ms. Hass. 107 [143] eingezeichnete Teich hier direkt unterhalb der Hofanlage platziert
ist.
Entwurf für ein Herrenhaus bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [123] recto
Das ausgesprochen kleine Blatt zeigt eine Skizze vom "hof des / hauses zur / Fahre". Der Hof mit
dem schlichten, im Umriss wiedergegebenen Herrenhaus, gelegen an der "Straße von Spangenberg uff Homberg", wird ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [144] von einer mit Eckpavillons aufgewerteten Mauer eingefasst und von Gärten und Teichen, untergliedert von Baumreihen, begleitet.
75
Entwurf für ein Lustschloss mit großem Garten, 1628
2° Ms. Hass. 107 [120] recto
Der 1628 datierte Entwurf konzentriert sich wie 2° Ms. Hass. 107 [149] (Abb. 44) auf die
Gestaltung des Terrains, das sich unterhalb und neben dem Hof erstreckt, gestaltet als großzügige
Gartenanlage mit geometrischen Kompartimenten. Von den dort eingezeichneten landwirtschaftlich genutzten Flächen sind hier nur "Wiese und Baumgarte“ und "gense Anger" am Fluß
übrig geblieben.
Die Anlage von Hof und Herberge entspricht den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 44)+
[144].
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Südwesten
2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46)
Der in Vogelschauansicht von Westen gegebene Entwurf ist wirkungsvoll so ins Bild gesetzt, dass
sämtliche Begrenzungslinien und Wege diagonal verlaufen. Das zweigeschossige „Schloß Fahre“
besitzt einen Mittelrisalit an beiden Langseiten und eine von quadratischen Eckpavillons überragte
Hofmauer. Der südöstliche Pavillon erhält dabei zusätzlich ein Fachwerkobergeschoß. An diesem
Pavillon liegt auch der "deich", der in den Entwürfen des Landgrafen mehrfach die Position
wechselt.
Der Eingang zum Schlosshof liegt an der "Strasse nach Schwertzels hoff" (s.a. Schwerzelhof), die
an der „herberge" vorbei zur Fulda führt. Rechtwinklig dazu geht oberhalb des Hofes der "Weg
nach Beysefurht" (Beiseförth) ab.
Abb. 46 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts
76
Entwurf für eine Gartenanlage am Lustschloss
2° Ms. Hass. 107 [115] verso, rechts
Auf der Rückseite des Entwurfs für das „Schloß Fahre“ befindet sich ein kleines Schema für einen
geometrisch gegliederten Ziergarten von quadratischem Umfang. Ausgehend von einem runden
Feld in der Mitte durchschneiden vier radiale Wege die unterschiedlichen rechteckigen Beetkompartimente, endend in teilweise nur angedeuteten runden bzw. halbrunden Feldern. In dieser
geometrisierenden Gestaltung ähnelt der Entwurf den Beetgestaltungen, die Charles Estienne in
seinem Buch vom Landbau "Maison rustique" 148, das auch im Nachlassinventar des Landgrafen
verzeichnet ist, 149 in vielen Varianten vorführt.
Möglicherweise handelt es sich hier um einen Entwurf für den quadratischen „Blumengarten“ auf
der Vorderseite des Blattes.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [151]
Die anschauliche Vogelperspektive zeigt eine ähnliche Geländeaufteilung mit Gärten und Feldern
wie 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46). Die geometrische Aufteilung des Gartenbereichs unterhalb des Schlosses sowie die spezielle Einzäunung reflektieren die Planung eines
repräsentativen Lustgartens an dieser Stelle.
Das zweigeschossige Lustschloss wird in dieser Variante mit breiten, zweiachsigen Zwerchgiebeln
an den Langseiten aufgewertet, die mit der Form der Stirngiebel korrespondieren. Die quadratischen Eckpavillons sind mit kleinen Laternenaufsätzen auf dem Zeltdach dekoriert.
Entwurf für ein Lustschloss in Fachwerkkonstruktion
2° Ms. Hass. 107 [137] verso
Das kleine Blatt präsentiert eine Entwurfsvariante, die die geplante Anlage vor dem "Weg nach
Beysefurt" auf gxanz eigene Art als komplette Fachwerkkonstruktion auf dreieckiger Grundfläche
zeigt. Dadurch verengt sich der Hofraum derart, dass das Hauptgebäude nur unzureichend
dargestellt werden konnte. Die Eckpavillons werden mit Dachbalustraden und Laternen- bzw.
Belvedere-Aufbauten besonders hervorgehoben. Mit ähnlichen Elementen wie in 2° Ms. Hass. 107
[151] werden ein eingezäunter Lustgarten und „küchengarten“ -Bereiche angefügt.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [124]
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [115] recto, rechts (Abb. 46) und [151] ist die gesamte Anlage
systematisch in verschiedene Funktionsbereiche untergliedert. Neben den sorgfältig unterteilten
Gärten und Feldern ist in dieser Variante noch ein kleiner „Spielplatz“ am „Weg nach Beisefuhrt"
eingezeichnet. Das zweigeschossige Gebäude entlang der östlichen Seite im „Schloßhoff“ verfügt
über einen zentralen Wendeltreppenturm mit Haubendach.
Die Herberge auf der anderen Seite der Landstraße wird durch zwei identische Gebäude auf der
Rückseite erweitert. Eine solche Planung erscheint ein zweites Mal in 2° Ms. Hass. 107 [118] und
wurde vermutlich nicht verwirklicht.
Entwurf für ein „Lusthaus“ in Fachwerkkonstruktion
2° Ms. Hass. 107 [136] recto, oben (Abb. 48)
Der obere Entwurf auf einem Blatt mit zwei Varianten des Lusthauses in Fahre auf der Basis einer
Fachwerkkonstruktion, zeigt das Gelände in der aus anderen Plänen bekannten Aufteilung von
Süden, wobei auch hier ein „Spielplatz“ nördlich an den „herren hof“ angrenzt. Ins Auge fällt der
durch einen Aufsatz aufgewertete, den Dachfirst deutlich überragende zentrale (Treppen)Turm an
der Front des Gebäudes, dem ein Risalit an der Rückseite entspricht. Während das Lustschloss
148
149
vgl. etwa die Ausgabe London 1616, S. 274 +275
HStAM Best. 4a 38/7
77
vom Sockel an komplett in Fachwerkbauweise entworfen ist, sind die Eckpavillons der Umwehrung
weiterhin in Massivbau vorgesehen.
Die Wirtschaftsgebäude an der Straße sind in diesem Fall um einen „Reisestall“ ergänzt, der
außerhalb der Schranken liegt,150 die in Höhe der beiden vorderen Eckpavillons die Straße absperren.
Abb. 47 2° Ms. Hass. 107 [136] recto
Entwurf für ein „Lusthaus“ in Fachwerkkonstruktion, 1628
2° Ms. Hass. 107 [136] recto, unten (Abb. 47)
Die auf den 8. Mai 1628 datierte Zeichnung „Der Hof des Lusthauses zur fahre an der fulda“ zeigt
ebenso wie die auf dem gleichen Blatt befindliche Variante einen Entwurf des Lustschlosses als
Fachwerkbau, der sich an der ländlichen Umgebung orientiert. Im Zentrum des von Westen her
gesehenen Geländes liegt der vom oberhalb gelegenen Spielplatz zugängliche Schlosshof,
dessen Einfriedung mit den Eckpavillons zum Hang hin abgeböscht ist. Das herrschaftliche Lusthaus in schlichtem Fachwerk wird durch einen zentralen, steinernen Wendeltreppenturm mit
Haube und bekrönender Wetterfahne ergänzt. Der Ziergarten wird auch hier wie in anderen Beispielen durch eine geometrische Beeteinteilung gekennzeichnet.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [127]
Eine eigenwillige Kombination von Vogelschau (Wirtschaftshof und Garten) und Horizontalschnitt
(Schlosshof) prägt diesen Entwurf, der auf diese Weise einen Einblick in das Innere des herrschaftlichen Wohnhauses ermöglicht. Das Erdgeschoss sollte demnach, wie damals allgemein
üblich, die Versorgungsräume enthalten. Da kein separater Treppenturm vorgesehen ist, sind an
150
78
ein Schlagbaum existierte schon im 15. Jahrhundert, vgl. Wolf 2003, Bd. 1, S. 28
zwei Stellen einfache Treppen zur Erschließung der verschiedenen Ebenen eingezeichnet. Ähnlich
wie bereits in 2° Ms. Hass. 107 [143] (Abb. 44) wird in diesem Fall die Mauer einzig durch Mauervorsprünge anstatt der Eckpavillons vervollständigt. Vom Schlosshof aus gelangt man über eine
zentrale Pforte direkt in den „Blumen garten“ dessen variantenreiche geometrische Beetgliederung
die Bepflanzung eines Zier-Parterres versinnbildlicht.
Im Bereich der Bebauung ist die Landstraße, wie schon in 2° Ms. Hass. 107 [136] recto, oben
(Abb. 47) mit Schlagbäumen zur Erhebung von Wegezoll versehen, ein für den Fürsten nicht
unwichtiges Detail.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [148]
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [127] präsentiert auch dieser Plan einen Entwurf für das Lusthaus
Fahre in einem Hof mit schlichter Mauer, wobei die Planung sich auf den Schlosshof und die direkt
anschließenden Gelände von Spielplatz und Ziergarten beschränkt. Der Grundriss des fürstlichen
Wohngebäudes, das neben einem rechteckigen Treppenturm auf der Vorderseite auch einen
ausladenden Mittelrisalit auf der Rückseite aufweist, zeigt in diesem Fall in seiner Raumdisposition
mit zwei Appartements - bestehend aus Vorgemach, Kammer und Stube - und einem zentralen
„Sahl“ das obere Geschoß.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48)
Die Darstellung, die sich auf das fürstliche Herrenhaus und seine Verortung im Hof konzentriert,
gibt eine relativ nahsichtige schräge Vogelschauansicht von Süden. Das zweigeschossige Gebäude mit seinen charakteristischen Doppelbahnenfenstern, einem Erker für die Aborte („Secret.“)
auf der Rückseite, einem Turm mit „Laterne“ auf der Vorderseite, sowie weiteren Risalitvorbauten
an den Stirnseiten ist hier direkt in die Hofmauer integriert. Wie in anderen Varianten markieren
auch hier quadratische Pavillons die Ecken der Anlage, wobei die Angabe der Funktionen ("die
küche", "die Silber Cammer", "Bütteley", "Backerey“) den kleinen Gebäuden wirtschaftliche
Zwecke zuordnet.
Bemerkenswert ist der Eingang zur Straße hin mittels eines kleinen runden Pavillons ("hinab tridt").
Eine weitere Maueröffnung führt auf der rechten Seite in den ummauerten Vorhof, der den in
anderen Zeichnungen hier verorteten Spielplatz an dieser Stelle ablöst.
Rechts oben auf der Straße ist deutlich die kleine Brücke zu erkennen, die in der rückseitigen
Darstellung separat und detailliert gezeigt wird.
Abb. 48 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten
79
Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben, 1628
2° Ms. Hass. 107 [134] verso, oben
In einer separaten Zeichnung thematisiert Landgraf Moritz den Bau der kleinen Brücke über den
Flutgraben am Kreuzungspunkt der Landstraße und der Straße nach Malsfeld, der auch auf der
Vorderseite des Blattes eingezeichnet ist. Die steinerne Konstruktion trägt auf der Balustrade die
Inschrift "1.6.2.8. / M.M.M. / M.L.Z.H.". Weitere Darstellungen (2° Ms. Hass. 107 [135] + [142])
belegen konkrete Planungen für diesen Zweckbau.
Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [342] verso, unten rechts
In ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) integriert diese kleine
Zeichnung auf einem Blatt mit unterschiedlichen Darstellungen das Herrenhaus in die Hofmauer,
wobei die beiden Eckpavillons direkt an das Gebäude rücken. Allerdings liegt das Gebäude hier an
der Ostseite des Hofes wie in 2° Ms. Hass. 107 [117] (Abb. 51) + [126] und ist somit zur Fulda hin
ausgerichtet.
Wirtschaftsgebäude neben der Herberge, Umbauentwurf
2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49)
Wie eine Ergänzung der in 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) gezeigten Ansicht
erscheint diese Zeichnung, die den Blick vom Schlosshof über die Straße mit dem Graben auf die
Herberge und den Wirtschaftshof wiedergibt. Die beiden Eckpavillons im Vordergrund ("grande
vessellerie:", "Cusineries:") sowie die die kleine Wendeltreppe zur Landstraße ("Eschelles:") sind
im Horizontalschnitt gegeben, ebenso auch die "Scheuer" und der "Marstall" im Hintergrund,
während die Fachwerkgebäude von "herbirge" und "gast stall" in gemäßigter Vogelschau dargestellt sind. Dabei wird deutlich, dass das Stallgebäude im vorderen Bereich mittels eines Dachausbaus mit der Scheuer verbunden werden soll. Dieses Vorhaben wird auch in weiteren Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [218] mittig und [139] recto, oben) thematisiert.
Die Adresse auf der Rückseite und die Spuren der ursprünglichen Faltung verraten, dass der
Landgraf hier einen benutzten Briefumschlag weiter verwendete.
Abb. 49 2° Ms. Hass. 107 [140] recto
80
Wirtschaftshof, Entwurf für einen Dachausbau am Stall
2° Ms. Hass. 107 [218] mittig
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [139] + [140] beschäftigt sich Landgraf Moritz auch in dieser
Zeichnung mit dem Entwurf für einen „Sattel“, eine Querverbindung im Dach zwischen dem großen
Kuhstall und der Scheuer entlang der Landstraße, wobei in diesem Fall der Übergang „geduppelt“,
d.h. in der Dachlinie abgestuft ist.
Entwurf für einen Eckpavillon
2° Ms. Hass. 107 [218] unten
Unterhalb des Entwurfes für eine Dachweiterung am Stallgebäude in Fahre befindet sich ein als
"Muster Wie die thürmlein sollen gedeckt werden" betitelter Entwurf, der sich mit der Bedachung
der als Wirtschaftsgebäude vorgesehenen Eckpavillons am Schlosshof beschäftigt. Ähnlich wie in
2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links (Abb. 50) wird die Balkenkonstruktion sehr sorgfältig
geschildert, so dass sie möglicherweise als Anweisung an die Dachdecker benutzt werden konnte.
Konstruktionszeichnung für das Dachwerk eines Eckpavillons
2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links (Abb. 50)
Die Konstruktionszeichnung zeigt ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [218] unten die Balkenlagen des
Daches auf einem der Eckpavillons am Schlosshof. Aus dem eigenhändigen Titel: "Dachung der
zwey uffgeführten steinern / Erkern zur Fahre an der fulda", läßt sich schließen, dass zwei der
schon in der Kostenaufstellung 2° Ms. Hass. 107 [152] erwähnten, als Erker bezeichneten
Pavillons tatsächlich errichtet worden sind.
Abb. 50 2° Ms. Hass. 107 [306] recto, unten links
Wirtschaftshof, Umbauentwurf für den Stall
2° Ms. Hass. 107 [139] recto, oben
In perspektivischer Ansicht zeigt der hessische Fürst in dieser Zeichnung den "kuen[?] stall mit
dem rechten Sattel geg[en] der scheuren" wie in 2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49) + [218] mit
einer Quer-verbindung im Dachstuhl zur Scheuer hin.
Wirtschaftshof neben der Herberge mit Umbauentwurf für den Stall
2° Ms. Hass. 107 [139] recto, unten
Die Vogelschauansicht gibt einen Einblick von Norden, d.h. von der Landstraße aus, in den an der
Herberge gelegenen Wirtschaftshof mit seinen Gebäuden, wobei das Gasthaus im Horizontalschnitt auf unterster Ebene gegeben ist. Entlang des durchgehenden "Ehrn" liegen Wirtschaftsräume sowie eine „große“ und eine „kleine Stube“. Über den rückwärtigen Ausgang erreicht man
den „Misthof“, um den sich diverse Ställe sowie der durch Schornsteine gekennzeichnete bifunktionale Bau von „Brau hauß"/„Backhauß" gruppieren. Der langgestreckte Stallbau, der den Hof
auf der rechten Seite abschließt, wird auch in diesem Fall wie in der oberen Zeichnung 2° Ms.
Hass. 107 [139] recto, oben durch einen Dachausbau mit dem rechts anschließenden Gebäude
verbunden.
81
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Westen
2° Ms. Hass. 107 [117] recto (Abb. 51)
Auf diesem Blatt entwirft Landgraf Moritz eine sehr anschauliche Ansicht des geplanten Lustschlosses Fahre und seiner Umgebung von Westen. Die Bezeichnung am oberen Bildrand: "Auttre
façon du chasteau des paques" wie auch die gesamte übrige Beschriftung ist in französischer
Sprache verfasst.
Die Schlossanlage liegt an der in west-östlicher Richtung verlaufenden "Strade / venant
d'Homberg & / allant vers Spangenberg". Mehrere Gartenareale ("herberie“, „jardins“ und
"Pomier") begleiten ähnlich wie in den anderen Entwürfen den Schlosshof, wobei diesmal der
Teich ("estoin") auf der westlichen Seite der Einfriedung angeordnet ist. Neu ist im herrschaftlichen
„Cour“ die Position des dreigeschossigen, mit risalitartigem, rechteckigem Treppenturm ergänzten
„chasteau" an der Ostseite (Ausrichtung zum Fluß hin) und die Vervollständigung durch ein
rechtwinklig dazu angelegtes Nebengebäude ("les services"), das die zu ähnlichen Zwecken
genutzten Eckpavillons überflüssig macht. In dieser Art erinnert die Anlage deutlich an den ebenfalls dreigeschossigen Schlossbau in Melsungen mit dem rechtwinklig dazu angeordneten Burggrafenhaus (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben, Abb. 95). Vier runde Ecktürme in der mit
kleinen Schießscharten versehenen Mauer komplettieren das Bild eines komfortablen, ländlichen
Lustschlosses.
Im Vordergrund zieht sich "La riviere de la fuld." mit der Bootsanlegestelle, markiert durch ein
Fährboot ("la paque" = „bac“ in heutigem Französisch) mit zwei dekorativ am Ufer abgelegten gekreuzten Rudern. Am westlichen Flußufer liegt neben der Riedeselschen Herberge ("hostellerie.")
noch eine „tuillerie“ (Ziegelhütte). Beide Anlagen sind auch in Dilichs Landtafeln151 eingezeichnet,
allerdings in deutlich größerem räumlichem Abstand.
Abb. 51 2° Ms. Hass. 107 [117] recto u. verso
151
82
2° Ms. Hass. 679, Taf. 6b und 9
Entwurf für ein Lustschloss auf bastionärer Plattform
2° Ms. Hass. 107 [117] verso, oben (Abb. 51)
Die Ansicht von Norden präsentiert das, ähnlich wie in der Darstellung der Vorderseite des Blattes
an die Ostseite des Hofes gesetzte, fürstliche „herrnhauß“ nebst den „services“ auf einem
bastionären Podest mit umlaufendem Graben. In dieser Form korrespondiert der Entwurf mit Idealentwürfen für Schloß Melsungen, die ähnliche befestigte Plattformen zeigen (vgl. 2° Ms. Hass. 107
[244] recto, rechts). Das dreigeschossige Hauptgebäude ist mit einem Mittelrisalit an der Vorderseite und vier an den Ecken angesetzten, quadratischen Ecktürmen repräsentativ aus-gestattet.
An der "strasse von - Spangenberg / - Leiptzig nach - Homberg. / - Frankfurdt" liegen im Vordergrund die Wirtschaftsgebäude mit der “herbirge zur fahre".
Entwurf für ein Lustschloss auf bastionärer Plattform.
2° Ms. Hass. 107 [117] verso, unten (Abb. 51)
Die zweite Variante auf der Rückseite des Blattes gibt das Lustschloss in einer Ansicht von
Westen, bezeichnet im Hof als "das Castell zu Fahre". Die schon in der oberen Darstellung beschriebene, bastionäre Plattform wird hier nur hälftig präsentiert, wobei ein Teil des Nebengebäudes im Horizontalschnitt gezeigt ist. Dem großen Teich im "grasgarten", liegen auf der anderen
Straßenseite "die herberge", "Stal" und "Küch[en]garte" gegenüber. Im Vordergrund ist wieder die
Fulda mit dem Fährboot wiedergegeben.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [126]
Das schmale Blatt gibt die Bebauung beidseits der „strasse nach Spangenberg" wieder. Das wiederum an der Ostseite des Hofes angesiedelte dreigeschossige Schlossgebäude präsentiert sich
als langgestreckter Bau mit markantem rückseitigen Treppenturm und polygonalen Ecktürmen.
Statt der üblichen Eckpavillons wird die Mauer nur an der Westseite durch einen sechseckigen
Pavillon unterbrochen, der den Übergang zum tiefer gelegenen Terrain mit dem Teich ermöglicht.
Herberge mit Wirtschaftshof, darüber drei Detailzeichnungen
2° Ms. Hass. 107 [129] recto, oben
Die Zeichnung auf der oberen Hälfte des Blattes gibt in der Vogelschau einen Einblick in den
Wirtschaftshof an der Herberge von Norden. Das Gasthaus wird in diesem Fall wie in 2° Ms. Hass.
107 [139] im Horizontalschnitt gezeigt, wobei der Schnitt hier entlang der Geschoßdecke über dem
Erdgeschoß verläuft. Deutlich wird, dass die Raumanordnung grundsätzlich übereinstimmt, auch
wenn die Funktionalitäten anders verteilt sind. Man kann deshalb davon ausgehen, dass es sich
hier um eine Bestandsaufnahme handelt. Die rückwärtig anschließenden Gebäude ("Sau stall",
"Kühe Stall", "pferdt stall", "Brau hauß", "herrn Pferde stall") erscheinen ebenso in der genannten
Darstellung.
Der inhaltliche Zusammenhang mit den drei Detailzeichnungen am oberen Bildrand ("scala
lapidea" = steinerne Treppe, "Necessarium" = Abortstuhl, Abseite „stultificium“ = dumme Sache)
bleibt unklar. Bei der Darstellung der gewendelten Treppe mit zehn Stufen könnte es sich um eine
Version der in 2° Ms. Hass. 107 [140] recto (Abb. 49) dargestellten kleinen Treppe an der Pforte
zur Landstraße handeln.
Zwei Entwurfsvarianten für ein Lustschloss mit Garten
2° Ms. Hass. 107 [129] recto unten (Abb. 52)
Die Darstellung auf der unteren Hälfte des Blattes vereint zwei nicht deutlich voneinander getrennte Entwurfsvarianten des Lustschlosses, wobei die Schnittline ungefähr in der Diagonale verläuft. In beiden Versionen sitzt der Schlosshof auf einem Podest, das die Hanglage ausgleicht.
Die obere, vom Bildrand angeschnittene Version deutet eine sechseckige Grundform des Hofes
an. Das Gebäude wird ausgesprochen dekorativ in Szene gesetzt, mit zentralem Treppenturm, be-
83
krönt von einem Belvedere, sowie an der Traufe ansetzenden Dachtürmchen und Runderkern an
den Stirnseiten.
In der unteren Variante, die von Osten aus gesehen ist, wird der Schlossbau an der Südseite des
Hofes durch ein zurückgesetztes drittes Geschoß und Mittelrisalite an den Langseiten geprägt.
Beide Entwürfe zeigen im Anschluss an den Hof unterschiedlich gestaltete Ziergartenareale.
Abb. 52 2° Ms. Hass. 107 [129] recto unten
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, darunter Lohnliste ("Quartalszettel")
2° Ms. Hass. 107 [118]
In dieser Vogelschauansicht von Norden konzentriert sich Landgraf Moritz auf die Darstellung von
„Herren hof“ und Wirtschaftsgebäuden am Kreuzungspunkt der Straßen, wobei er die verschiedenen Zufahrtswege ergänzt. Die Einfahrt zum Schlosshof erfolgt in diesem Fall über die an
der Kreuzung gelegen Ecke des Vorhofs und ein Öffnung in der östlichen Mauer, die mit Eckpavillons versehen ist. Ein kleines Tor mit zweiläufiger Freitreppe ermöglicht den Zugang für Fußgänger von der Landstraße aus. Das an der Südseite positionierte, zweigeschossige Lustschloss
verfügt über einen zentralen polygonalen Treppenturm der wie in 2° Ms. Hass. 107 [129] recto,
unten (Abb. 52) von einem Belvedere-Aufsatz mit Balustrade bekrönt wird.
Für den Wirtschaftshof sind auch in diesem Entwurf Erweiterungen vorgesehen. Neben den schon
in 2° Ms. Hass. 107 [124] visualisierten Anbauten an die Herberge verzeichnet der Landgraf östlich
anschließend zwei kleinere Gebäude an dem „stück / könte zu einem viehof / genommen werden“.
Eine nähere Erläuterung dieser Planung liegt vermutlich in 2° Ms. Hass. 107 [147] vor.
Der im unteren Drittel des Blattes notierte „Quartalszettel geg[en] / den 1. Julij“ steht in keinem
inhaltlichen Zusammenhang mit der Zeichnung.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [147]
Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [118] visualisiert dieser Plan Schlosshof, Vorhof und den
Wirtschaftshof an der "Landtstrasse nach der Fähre". Die eingetragenen Funktionen der Wirtschaftsgebäude erläutern, dass die beiden neuen Gebäude neben dem „Stall“ für "Char", d.h.
Karren, vorgesehen sind, ergänzt um die mit großen Einfahrten versehenen „denne[n]“.
Entwurf für ein Lustschloss ("Sommerhaus"), 1629
2° Ms. Hass. 107 [132] (Abb. 53)
Der Entwurf für ein "Sommerhaus zur Fahre", über dem Portal mit der Jahreszahl 1629 versehen,
präsentiert das geplante Lustschloss als eindrucksvollen dreigeschossigen Bau mit vier sechs84
eckigen (?) Ecktürmen im Kontext des mit Mauer und Eckpavillons eingefassten Hofes. Die Art der
Darstellung korrespondiert in diesem Fall deutlich mit einem Idealentwurf des Landgrafen für ein
Lusthaus am Fluß (2° Ms. Hass. 107 [272], Abb. 149), das ähnliche Ecktürme und eine vergleichbare Fassadengestaltung mit Zwillingsfenstern und Gesimsen aufweist.
Die handschriftliche Erläuterung "Sommerhauß zur Fahre. lang 80 sch. Breidt / 36 schue hoch biß
an das tach 42 schue. die vier / Eckthürmlein gehen weidt an Diameter 16 schue." gibt eine recht
konkrete Vorstellung von den Maßen des Baues (ca. 26m lang, 12m breit, 14m hoch), der wie ein
Modell auf ein Podest gesetzt ist.
Die Schriftproben und Rechenoperationen auf der Rückseite stehen vermutlich nicht im Zusammenhang mit der Zeichnung.
Abb. 53 2° Ms. Hass. 107 [132]
Entwurf für ein Lustschloss
2° Ms. Hass. 107 [133]
In ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [132] (Abb. 53) zeigt auch diese Entwurfsvariante an der
Südseite des Hofes einen relativ kleinen Bau ohne Treppenturm, aber mit vier quadratischen
Ecktürmen, die an den Schmalseiten eine Fassade mit dekorativen geschweiften Stirngiebeln
rahmen. Die Maßangaben stimmen überein mit den in dem gleichartigen Entwurf 2° Ms. Hass. 107
[128] gegebenen Zahlen.
Entwurf für ein Lustschloss mit Garten
2° Ms. Hass. 107 [128]
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [133] wird der Schlossbau auch in dieser Variante geprägt von den
(diesmal runden) Ecktürmen und den geschweiften Giebeln, die hier auch den dominanten
Zwerchgiebel am der Langseite schmücken. Die eingetragenen Maße der Schmalseite stimmen in
diesem Fall mit denen in der genannten Zeichnung überein, allerdings erhält der Bau durch ein
drittes Geschoss eine andere Höhendimension. Vergleichbar erscheint auch die Bewehrung der
Mauer mit Eckpavillons, die an der Westseite zweigeschossig ausgebildet sind und zu den tiefer
gelegenen Gartenbereichen überleiten. Dekorative Zäune und kleine, offene Pavillons akzenuieren die Unterteilung der verschiedenen Areale.
Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge, Ansicht und Grundrisse
2° Ms. Hass. 107 [122] recto, links
Die linke Darstellung auf der Vorderseite eines mit mehreren Entwurfszeichnungen zum Lustschloss Fahre gefüllten Blattes präsentiert in der Mitte die perspektivische Ansicht des zwei85
geschossigen Hauptgebäudes mit einem turmartigen Treppenanbau an der Langseite. Das Fehlen
des Daches und der Schnitt durch die Schmalseite des Treppenturms gewähren wie in einem
hölzernen Modell Einblicke in das Gebäudeinnere.
Die kleinen Grundrisse darüber zeigen links einen der Eckpavillons an der Mauer, der Küchenräume enthält und rechts daneben eine weitere Darstellung des Lusthauses im Hof als schlichten
Rechteckbau mit sechseckigem Treppenturmanbau an der Front.
Eine weitere Zeichnung am unteren Blattrand thematisiert eine dreieckige Befestigung, deren
Zusammenhang mit den anderen Skizzen unklar bleibt.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Osten
2° Ms. Hass. 107 [122] recto rechts
Die Vogelschauansicht auf der rechten Seite des mit Zeichnungen gefüllten Blattes visualisiert den
geplanten Schlosshof sowie den Wirtschaftshof von Osten, wobei wie in 2° Ms. Hass. 107 [118]
und [147] besonderer Wert auf die Wegeführung zum Schloss über die vorhandene Straßenkreuzung gelegt wird. Die Zufahrt erfolgt in diesem Fall über die in gleicher Achse liegenden Tore
an der Ostseite von Vorhof und Schlosshof.
Der Schlossbau wird durch zwei Risalite an den beiden Langseiten sowie einen Turm bzw. Risalit
an der Stirnseite gegliedert. Die Herberge und der daran liegende Wirtschaftshof werden wie in
den genannten Zeichnungen mit neuen Fachwerkgebäuden neben dem Stall an der Straße
ergänzt.
Zwei Entwurfsvarianten für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [122] verso (Abb. 54)
Weitgehend übergangslos werden wie auf der Vorderseite des Blattes zwei bzw. drei(?) verschiedene Entwurfsskizzen präsentiert, die unterschiedliche Vorüberlegungen des Landgrafen
illustrieren. Die dominierende Zeichnung beinhaltet eine von Norden gesehene perspektivische
Ansicht des dreigeschossigen Schlossbaus mit Risaliten an Front und Stirnseite. Die Eckpavillons
in der Hofmauer sind im Horizontalschnitt gegeben.
Die zweite Variante in der rechten unteren Blatthälfte präsentiert die Anlage von der Gegenseite,
wobei in diesem Fall an der Front ein Turm mit Belvedere-Plattform vorgesehen zu sein scheint.
Die links unten eingefügte Darstellung von Wirtschaftsgebäuden mit Öfen passt inhaltlich zu
keinem der beiden Entwürfe, möglicherweise handelt es sich um eine Darstellung der auch in
Dilichs Landtafeln152 verzeichneten, am anderen Fuldaufer gelegenen Gebäude von Ziegelhütte/
Kalkofen.
Abb. 54 2° Ms. Hass. 107 [122] verso
152
86
2° Ms. Hass. 679, Taf. 6b und 9
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [146]
Der große Lageplan verzeichnet das gesamte Terrain des Lustschlosses mit allen Gärten und dem
nach Osten hin erweiterte Wirtschaftshof. Das „Lusthaus“ wird wiederum an allen Seiten durch
Mittelrisalite, bzw. einen Treppenturmvorbau erweitert. Den Eckpavillons des Hofes sind wie schon
in 2° Ms. Hass. 107 [134] recto, unten (Abb. 48) wirtschaftliche Funktionen zugewiesen.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht des Geländes von Westen
2° Ms. Hass. 107 [116] recto
Die sehr anschauliche Vogelschauansicht von Westen präsentiert Schloss, Gärten und
Wirtschaftsgebäude auf dem sanft ansteigenden Gelände an der Fulda.
In der schon von anderen Zeichnungen (z.B. 2° Ms. Hass. 107 [146]) bekannten Anordnung
gliedern verschiedene Gärten, Ackerfelder und ein Teich das Terrain vor dem Schlosshof. Sowohl
"der schloßhof” wie auch "der Vorhof" sind direkt von der „strasse nach Spangenberg" aus durch
Tore zugänglich. In der äußerlichen Gestaltung der Eckpavillons und des Schlossgebäudes greift
Landgraf Moritz auf eine Idee zurück, die er u.a. auch in 2° Ms. Hass. 107 [136] recto (Abb. 46)
thematisierte: die Konstruktion der Obergeschosse in Fachwerkbauweise, die die Bauten mit den
alten Gebäuden des Wirtschaftshofs verbindet.
Entwurf für ein Lustschloss, Grundriss des Schlosshofes
2° Ms. Hass. 107 [116] verso, unten rechts
Der "Hoff des Hauses zur fahre.", umgeben von einer Mauer mit Eckpavillons, die in diesem Fall
Appartements enthalten, wird durch eine Treppe von der Landstraße her sowie durch ein Tor vom
„vorplatz“ aus zugänglich. Das rechteckige Schlossgebäude, erschlossen durch den halbrunden,
mit Arkaden (?) versehenen Treppenturm, enthält neben einem großen Appartement, bestehend
aus "Vorgemach" "Stube", und zwei „kammer[n]“, auf der rechten Seite eine Küche mit "Speis
Kammer", "Back Kammer".
Die in den anderen Entwürfen vorgesehene Raumdisposition, die die Wirtschaftsräume in den
Pavillons verortete und das Haus allein für Wohnzwecke reservierte (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [146])
wird in diesem Entwurf abgelöst durch eine Variante, die auch in den Pavillons Wohnräume vorsieht.
Wirtschaftshof an der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [138]
Die vom „herrenhof“ in Richtung des Wirtschaftshofes genommene Vogelschauansicht zeigt das
Gasthaus und die daran anschließenden Scheuern und Ställe längs der Landstraße.
Der im Horizontalschnitt gegebene Schlosshof ist nur über den Vorhof vom "Weg uff Malsfeldt" her
zugänglich. In den beiden vorderen Eckpavillons sind "Herren küche" und "Silber kammer"
verortet. Das „herren hauß" wird in diesem Fall durch den zentralen, rechteckigen
„Schnecken“ (Treppenturm) mit entsprechend geradläufigen Treppen mit Podesten erschlossen.
Entwurf für ein Lustschloss mit Gartenplan
2° Ms. Hass. 107 [125] recto unten
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [138] ist in dieser Ansicht von Westen der "Herrn hof" mitsamt den
vier Eckpavillons im Horizontalschnitt gegeben. Das Schloss mit seiner symmetrischen Unterteilung verfügt in diesem Fall über einen sechseckigen Wendeltreppenturm auf der Vorderseite
und einen rückseitigen Aborterker. Der „Lustgarten“ wie auch der schmale angrenzende "küch[en]
garten" im Vordergrund sind mit einer regelmäßigen Beeteinteilung versehen, deren lateinische
Beschriftung einen (idealen) Bepflanzungsplan in alphabetischer Reihenfolge erkennen lässt.
Die Abfolge der Wirtschaftsgebäude auf der linken Seite entspricht derjenigen in dem genannten Blatt, wenn auch die in der Beschriftung angegebenen Funktionen teilweise vertauscht
wurden.
87
Entwurf für ein Lustschloss an der Herberge, Ansicht von Norden
2° Ms. Hass. 107 [125] verso
In dieser von Norden gesehenen Ansicht erscheint das wie ein Modell auf ein Podest gesetzte
Schloss mit vier runden Ecktürmen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [128] recto) im Zentrum des Hofs
gegenüber den anderen Gebäuden deutlich disproportioniert. Der Schwerpunkt der Darstellung
liegt auf dem mit Maßangaben versehenen Wirtschaftshof im Vordergrund und die Anordnung der
Gebäude rund um den „Misthof“.
2° Ms. Hass. 107 [141]
Wirtschaftshof an der Herberge
Eine weitere Variante zur räumlichen Gestaltung der Wirtschaftsgebäude zeigt die kleine
Zeichnung, die ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [125] verso mehrere kleine Gebäude um den hinteren
“Mist hoff" anordnet. Der Vergleich mit dem Plan vom 02.04.1628 (2° Ms. Hass. 107 [145]) verrät,
dass Landgraf Moritz eine Vergrößerung des Wirtschaftshofes plante.
Entwurf für ein Lustschloss, Horizontalschnitt
2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten (Abb. 55)
In diesem Entwurf widmet sich Landgraf Moritz in ähnlicher Weise wie in 2° Ms. Hass. 107 [125]
recto unten anhand eines Horizontalschnitts der Gestaltung des Kernbereichs der geplanten
Anlage, bestehend aus Vorhof, Schlosshof und Lustgarten. Das Schloss mit sechseckigem
Wendeltreppenturm auf der Vorderseite und einem rückseitigen Aborterker wird durch das zentrale
„vorgemach“ unterteilt, dem sich beidseits Appartements, bestehend aus Stube und Kammer,
anschließen.
Die Zufahrt von der Straße ist über zwei Toröffnungen im Osten des Vorhofs möglich, wobei ein Tor
direkt an der Straßenkreuzung liegt. In diesem Bereich befindet sich auf der Straße auch der
Übergang über den Flutgraben, dessen fachgerechte Überbrückung in mehreren Zeichnungen
thematisiert wird (2° Ms. Hass. 107 [134] verso, [135], [142])
Abb. 55 2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [121] recto oben
Der Blick von Süden auf das Gelände von Lustschloss und Herberge zeigt den „Schloss hoff" in
der bekannten Weise mit vier Eckpavillons zwischen dem Vorhof und dem Lustgarten. Der
zweigeschossige Schlossbau mit hervorgehobenem Treppenturm auf der Vorderseite und
rückseitigem Mittelrisalit variiert die von den anderen Entwürfen bekannten Gestaltungselemente.
88
Der anschließende Lustgarten ist wiederum sorgfältig parzelliert. Die Gebäudeanordnung am
„Misthoff“ entspricht mit der direkt an den Stall anschließenden Scheune dem in 2° Ms. Hass. 107
[138] vorliegenden Entwurf.
Entwurf für ein Lustschloss, Horizontalschnitt
2° Ms. Hass. 107 [121] recto unten links
Die kleine Zeichnung mit einem Horizontalschnitt des Schlosshofes präsentiert das Gebäude mit
halbrundem Treppenvorbau an der Front sowie weiteren Treppenanbauten an den Schmalseiten.
Der große zentrale Raum des Erdgeschosses dient in diesem Fall als Küche, während beidseits
Appartements anschließen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [116] verso).
Entwürfe für ein Lustschloss bei der Herberge
2° Ms. Hass. 107 [121] recto unten rechts
Die kleine Vogelschau-Skizze von Wirtschaftshof und Vorhof ergänzt ähnlich wie in 2° Ms. Hass.
107 [125] recto östlich des Stalls die beiden Gebäude von "hanfscheuer" und "frucht / scheuer".
Hinzu kommt in der linken unteren Ecke die auffällige perspektivische Ansicht eines Schlosses mit
einem halbrunden Wendeltreppenturm, der durch eine Belvedere-Plattform hervorgehoben ist.
Dabei handelt es sich vermutlich um eine weitere Variante des Lustschlosses, die auf dem
Horizontalschnitt auf der linken Seite des genannten Blattes basiert.
Entwurf für ein Lustschloss mit Garten
2° Ms. Hass. 107 [131] recto oben (Abb. 56)
Die obere Zeichnung von zwei auf einem Blatt vereinten Darstellungen eines vermutlich
zusammenhängenden Entwurfs zum Lustschloss zeigt den Hof im Zentrum der Anlage im
Horizontalschnitt. Das Gebäude an der Südseite des Hoffs wird gekennzeichnet durch die
halbrunden Vorbauten an allen vier Seiten, wobei derjenige an der Vorderfront wie in 2° Ms. Hass.
107 [121] recto unten links die Treppe aufnimmt. Die räumliche Teilung erfolgt einheitlich quer
zwischen den Fensterachsen.
Die Einfahrt erfolgt einzig östlich vom Vorhof her. Der an der Westseite anschließende Lustgarten
wird in diesem Fall durch ein ganz besonderes, aufwendiges Muster gegliedert, wobei sich
konzentrische und radiale Wege in regelmäßiger Abfolge kreuzen.
Abb. 56 2° Ms. Hass. 107 [131] recto oben
89
Entwurf für ein Lustschloss, perspektivische Ansicht
2° Ms. Hass. 107 [131] recto unten
Die perspektivische Ansicht des Lustschlosses auf der unteren Blatthälfte zeigt das Schloss
übereinstimmend mit der oberen Darstellung als zweigeschossigen Bau über einem niedrigen
Sockelgeschoss mit halbrunden Mittelrisalit bzw. Treppenturm. Die Darstellung des Treppenturms
erscheint dabei perspektivisch deutlich verzeichnet (Versuch einer zentralperspektivischen
Darstellung). Mit großer Sorgfalt sind größere und kleinere Details dargestellt: die geschweiften
Giebel, die Turmhaube mit dem abschließenden Knauf, die Portale ("hauß thür." und "keller thür.")
mit ihrer Umrandung, die umlaufenden Gesimse und die charakteristischen Doppelbahnenfenster
Entwurf für ein Lustschloss, perspektivische Ansicht
2° Ms. Hass. 107 [131] verso oben (Abb. 57)
In gleichem Maßstab wie die perspektivische Ansicht auf der Vorderseite des Blattes gibt diese
Zeichnung eine weitere Variante des Lustschlosses, die der anderen Darstellung in vielen wesentlichen Elementen so sehr ähnelt, dass es sich möglicherweise um ein eine Ansicht der Rückseite
desselben Baus handeln könnte. Im Zentrum der Front steht hier ein Mittelrisalit, der in der Bedachung das Turmmotiv der anderen Zeichnung aufgreift. In ähnlicher Wiese ist auch der Risalit
der Schmalseite mit einer halben geschweiften Haube versehen.
Die im Vordergrund eingezeichnete Einfriedung zwischen den Pavillons wird durch ein offensichtlich später eingefügtes kleines Portal mit doppelläufiger Freitreppe durchbrochen. Diese Art
des Zugangs wird auch in anderen Entwürfen als Zugang zur Straße thematisiert (vgl. 2° Ms.
Hass. 107 [118]), erscheint aber hier in deutlich verkleinertem Maßstab und - im Falle einer rückwärtigen Ansicht – an falscher Stelle.
Abb. 57 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, oben
Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben
2° Ms. Hass. 107 [135]
Die durchgängig mit einer Beschriftung in Latein versehene Vogelschau konzentriert sich auf die
Darstellung des "Pro aulium inter Arcem / & diversorium.", des Straßenbereichs zwischen Schloss
und Herberge. Ähnlich wie in der 1628 datierten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [134] verso ist hier
im Bereich der Kreuzung von „via publica“ und „via Malsfeldiana“ eine kleine Brücke über den hier
verlaufenden Graben vorgesehen. Die Zufahrt zum Schlosshof („aula arcis“) erfolgt ebenso wie in
2° Ms. Hass. 107 [130] recto, unten (Abb. 55) über zwei Tore im Vorhof („vestibulum“).
Auf die Herberge „Diversorium" folgen auf der linken Seite der Misthof ("Fimarium") sowie der
Pferdestall ("Equile"), eine Scheuer („horreum“) und eine Schmiede („fabrile“).
90
Entwurf für eine Brücke über den Flutgraben mit erläuterndem Text
2° Ms. Hass. 107 [142]
Das bereits zu einem frühen Zeitpunkt beschnittene Blatt enthält neben zwei kleine Entwürfen der
Brücke über den längs der Landstraße verlaufenden Wassergraben mehrere Texte, wobei die
Aufzählung der Bauarbeiten unterhalb der linken Skizze ganz konkret die Ausführung der „brücke
über den Wasserguß zu Fahre.“ betrifft. Der eingegrenzte Text in der linken oberen Ecke bezieht
sich hingegen vermutlich auf Bauarbeiten in Melsungen.
Entwurf für ein Lustschloss bei der Herberge, 1630
2° Ms. Hass. 107 [119] recto oben (Abb. 58)
Die auf einem Blatt mit einem Plan der neuen Kanzlei in Melsungen kombinierte Zeichnung ist von
Landgraf Moritz eigenhändig auf den 20(?). September 1630 datiert worden. Sie präsentiert noch
einmal eine sehr anschauliche Vogelschauansicht der geplanten Anlage von Osten.
Die von den anderen Entwürfen hinlänglich bekannten Elemente (Vorhof, Schlosshof mit Pavillons,
Gärten) sind auch hier wieder in ähnlicher Weise aneinandergefügt - allerdings wird das Schloss
an der Westseite des Hofes positioniert, wodurch es sich mit der einen Front zu den beiden zentral
gelegenen Portalen in den Einfriedungsmauern, mit der Rückseite aber zum Fluss hin orientiert.
Die Verbindung zur Landstraße und zum Wirtschaftshof an der Herberge ist damit sekundär
geworden. Das "fürstlich lusthauß", erhält mit neun Fensterachsen und drei Geschossen eine
beachtliche Dimension und wird mit drei Zwerchgiebeln an der Vorderfront und einem Treppenturm
an der Rückfront repräsentativ aufgewertet. Während die Schlossanlage somit deutlich als
Idealentwurf zu interpretieren ist, kann man in der mit zahlreichen anderen Zeichnungen übereinstimmenden Darstellung der Wirtschaftsgebäude am "Wirtshaußhof." eine Wiedergabe der realen
Gegebenheiten vermuten.
Abb. 58 2° Ms. Hass. 107 [119] recto, oben
91
Felsberg
Die den Ort weithin überragende Burg Felsberg war ursprünglich der Stammsitz der Grafen von
Felsberg. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren Ort und Burg im Besitz der Landgrafen von Hessen. Landgraf Philipp richtete 1544 in der Kapelle auf der Burg ein Pulvermagazin
ein, das bis Ende des 18. Jahrhunderts bestand. Die übrigen Gebäude wurden wahrscheinlich
schon seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr genutzt.153
Die Siedlung unterhalb des Burgbergs entwickelte sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts, 1286
wurde sie erstmalig als Stadt bezeichnet.154 Zwischen dem Obertor und dem Untertor erstreckte
sich die Bebauung entlang mehrerer Längsachsen in Terrassen am Hang. Neben dem landgräflichen Renthof am Obertor, zu dem auch der außerhalb des Tores gelegene Schafhof gehörte,
lag die Kommende des Deutschen Ordens in Marburg, der bis zur Reformation das Patronatsrecht
über die Stadtkirche innehatte. Von hier aus verwaltete ein Komtur den Grundbesitz der Umgebung.155
Landgraf Moritz hielt in Felsberg im November und Dezember 1626 seinen letzten Landtag ab. Die
vermutlich alle im Zusammenhang mit Besuchen im Sommer 1627 entstandenen Zeichnungen des
Landgrafen zeigen neben einem Plan der Burganlage Ansichten und Entwürfe zum landgräflichen
Renthof und zum zugehörigen Schafhof. - Im Dreißigjährigen Krieg wurde die an der Straße von
Kassel nach Frankfurt gelegene Stadt durch Brand in weiten Teilen zerstört.156
Burg und Stadt von Süden
2° Ms. Hass. 107 [164] recto, rechts
Die schon zu einem frühen Zeitpunkt, eventuell vom Landgrafen Moritz selbst, mit einer Darstellung vom Hof Rückerode zusammengeklebte Zeichnung präsentiert eine skizzenhafte
Stadtansicht mit der auf dem Berg gelegenen Höhenburg und ihrem charakteristischen, hohen
„Butterfaß“-Turm. Die Stadt ist in Vogelschau gezeigt, deutlich erkennbar sind der Kirchturm sowie
der Gebäudekomplex von Renthof / Deutschordenshof links daneben, wobei es sich bei dem
massiven Steingebäude im Hintergrund vermutlich um eine Ergänzung des Landgrafen handelt.
Burg, Grundriss, 1627
2° Ms. Hass. 107 [163] recto, rechts
Der Grundriss der Burg „Schloß platz des hauses / Felsberg abgerissen / den 11. Aug: 1627.
M.H.L“, überliefert die langgestreckte Anlage rund um den „grossen thurm“, den aus dem 14.
Jahrhundert stammenden, noch heute vorhandenen Bergfried. An der Nordseite erstreckt sich
nach Osten hin der spätgotische Zwinger.
Vom „Vorzwinger“ im Westen aus führt eine vielstufige Treppe in die innere Burg. Vor der Nordmauer liegt der „alte pulver schopfen“, vermutlich in Fachwerk angelegt, und im Südosten hinter
dem Turm ein Bau mit L-förmigem Grundriss anstelle der heutigen Gebäude (Pulverhaus und
Burgkeller). Die nach Westen und Nordosten auslaufenden Mauern sind Teil der Stadt-befestigung
und zum Teil noch heute erhalten.
Renthof, Lageplan und Grundriss, 1627
2° Ms. Hass. 107 [162] verso, rechts
Der Lageplan, vom Landgrafen signiert und datiert "Forderhof des Rendt / hofes zu felsberg /
1627. den 22 Julij. M.H.L.", gibt im Grundriss den gesamten Baukomplex des Renthofes mit
anschließendem Deutschordenshof an der Stadtmauer neben dem „Casselthor“ (Obertor) wieder.
Der "Forderhof“ wird gerahmt von den alten Wirtschaftsgebäuden an der linken Seite, ergänzt vom
153
vgl. Langenbrinck 2008
vgl. Hess 1966, S. 158f.
155 Schaal 1996, S. 286-291
156 vgl. Grotefend 1891, Brauns 1986
154
92
"Neue baw so anzuleg[en]" neben dem Küchenbau am Hinterhof und einem weiteren Neubau
neben dem Portal, angrenzend an den "Landtcomptour / hof."
Renthof von Osten, 1627
2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links (Abb. 58)
Die Ansicht des "Rendhof zu Felsberg wie er / auß des Landt komm thur hause anzuseh[en]“ zeigt
die Situation des auf der Rückseite des Blattes im Grundriss wiedergegebenen Hofes, datiert
„1627. den 6 Aug: M.H.L. zu Breidenawe". Diese Zeichnung ist also nicht vor Ort entstanden und
datiert wenige Tage nach der anderen Darstellung. Im Unterschied zum Grundriss wird hier auch
der Bau neben dem „fruchthauß“ als "Neuer hernbaw" bezeichnet, an den ein später eingefügter
Treppenturm anschließt. Das bedeutet, dass möglicherweise in diesem Bereich des Hofes Umbauarbeiten geplant waren.
Die Bebauung rund um das Stadttor entspricht dem auf dem rückseitigen Plan angegebenen
Bestand.
Abb. 59 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben links
Renthof und Deutschordenshof
2° Ms. Hass. 107 [163] verso, oben rechts
Die auf der Rückseite des auf den 11.08.1627 datierten Burggrundrisses angelegte detailreiche
Darstellung präsentiert Renthof und Deutschordenshof von der „haubtgasse“ her. Die Anlage der
generell mit Fachwerkobergeschossen versehenen Gebäude entspricht dem Grundriss 2° Ms.
Hass. 107 [162] verso. Hinter dem in ähnlicher Form auch in 2° Ms. Hass. 107 [162] recto, oben
links (Abb. 59) geschilderten Küchengebäude neben dem Tor erstreckt sich der Hof mit einer
Galerie an der Seite zur Kommende hin. Das Gebäude im Hintergrund, im Grundriss als "Neuer
Bau“ bezeichnet, wird auch hier wie in der Darstellung vom 6.08. (2° Ms. Hass. 107 [162] recto,
oben links) von einem angedeuteten Treppenturm ergänzt, der so nicht im Grundriss vorkommt –
ein Hinweis auf den Entwurfscharakter der Zeichnungen an dieser Stelle.
Renthof, Entwurf für einen Neubau
2° Ms. Hass. 107 [161] recto, unten (Abb. 60)
Die sehr akkurat, mit Hilfe eines Lineals angelegte Zeichnung schildert den Renthof neben dem
Stadttor in der Vogelperspektive als geschlossenen, regelmäßig gegliederten Hof mit zwei
93
stattlichen Steingebäuden an drei Seiten und einem Säulenportal im zweigeschossigen Torbau.
Die Stirnseiten der beiden dreigeschossigen Hofgebäude verfügen über doppelbahnige Fenster in
den durch Gesimse untergliederten Geschossen und große durchfensterte Giebel (Fruchtboden).
Das direkt anschließende Deutschordenshaus ist der Übersichtlichkeit halber im Grundriss
gegeben.
Die sehr sorgfältige Darstellung, die durch präzise Angaben der räumlichen Verhältnisse und
Schattenschraffuren eine gewisse Dreidimensionalität anstrebt, gibt dieser Zeichnung einen beispielhaften Charakter, die sie deutlich von den anderen Zeichnungen des Renthofes abhebt.
Abb. 60 2° Ms. Hass. 107 [161] recto, unten
Schafhof am Obertor
2° Ms. Hass. 107 [162] recto, unten links
Der vor dem Obertor gelegene landgräfliche Schafhof bestand aus einer dreiseitig bebauten
quadratischen Hofanlage und dem angrenzenden Schafgarten an der „Strasse von Cassel an
Felsberg“. Die vermutlich in engem zeitlichen Zusammenhang mit der auf der oberen Blatthälfte
angelegten, auf den 6.08.1627 datierten Zeichnung entstandene Vogelschauansicht des Landgrafen gibt die Bebauungssituation vor dem Obertor bis zu diesem Wirtschaftshof wieder, wobei
die Notiz an den Gebäuden direkt am Tor: "Alßo solten die heuser gestelt / werden" darauf
schließen lässt, dass die damals vorhandene Häuserzeile tatsächlich anders aussah. Wie so oft,
konnte der Landgraf anscheinend auch hier nicht umhin, ihn störende Unregelmäßigkeiten umgehend in seinen Handzeichnungen zu korrigieren.
Schafhof am Obertor
2° Ms. Hass. 107 [163] verso, unten rechts
Die zweite Ansicht des Schafhofes auf der Rückseite des Burgrundrisses vom 11.08.1627 gibt den
einfachen Fachwerkhof in ähnlicher Form wie 2° Ms. Hass. 107 [162] recto unten links, versehen
mit Maßangaben.
Vorstadt am Untertor
2° Ms. Hass. 107 [161] verso, rechts
Die Bebauungssituation vor dem Untertor in Felsberg zwischen "Weg nach Niedenstein" und dem
"under Weg nach Fritzlar" wird in dieser Zeichnung in Vogelperspektive geschildert. Im Zentrum
steht der „schwemm deich“, der direkt an der Stadtmauer liegt. Daneben erstreckt sich rechts die
Stadtmauer in die Tiefe, während links der "Spitahlsgart[en]" liegt.
94
Frankfurt
Landgraf Moritz hielt sich regelmäßig zu den Messezeiten in Frankfurt auf. Nach seiner Abdankung
1627 und dem Zerwürfnis mit seiner zweiten Frau Juliane von Nassau verbrachte er mehrere Male
längere Zeit in der Reichsstadt, was aber wegen der hohen Mietkosten auf Dauer zu aufwendig
wurde.157
Die in diese Zeit, 1629/30, zu datierenden Zeichnungen des Landgrafen beschäftigen sich mit dem
Junghof am Rossmarkt, dem Augsburger Hof und Karthäuserhof zwischen Schnurgasse und
Töngesgasse sowie dem Arnsburger Hof unweit der Fahrgasse.158 Die Darstellungen stehen vermutlich alle im Zusammenhang mit den von ihm bewohnten Logis in der Reichsstadt. Die ebenfalls
im Bestand vorgefundenen Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [19] + [172] verso + [175] belegen
ebenso wie die im Staatsarchiv Marburg vorliegende diesbezügliche Korrespondenz die Bemühungen um eine adäquate und bezahlbare Unterkunft in Frankfurt.
a. Arnsburger Hof und Kartäuserhof
Der alte Stadthof des Zisterzienserklosters Arnsburg, nach der Reformation eine katholische
Enklave in der Stadt Frankfurt, lag unweit der Fahrgasse, zwischen Predigergasse und Brückhofstrasse. Der gesamte Hofkomplex bestand aus einer Reihe von Häusern, Höfen und Gärten, die
über ein großes Tor (Arnsburger Bogen) von der Predigergasse („Pfaffengasse“) her zugänglich
waren. Der Kartäuserhof bildete den Abschluß an der Schmalseite des langgestreckten Platzes,
während dem eigentlichen Arnsburger Hof an der östlichen Langseite mit den anschließenden
Vikarienhäusern vom Fronhof des Bartholomäusstifts westlich das Hinterhaus des Haus zum
Ochsen und weitere Privathäuser gegenüberlagen.159 Die Zeichnungen des Landgrafen stehen im
Zusammenhang mit seinem Quartier in „Frau Flagelettis haus“ 1629/30, das in der Korrespondenz
erwähnt wird. Dabei handelte es sich um das rechtwinklig an den Karthäuserhof anschließende
Haus neben dem „Ochsen“, wie die Zeichnung in der MHK160 belegt.
Abb. 61 2° Ms. Hass. 107 [169]
157
vgl. Löwenstein 1989, S. 105
Bei der Identifizierung der Höfe war mir dankenswerterweise Klaus Rheinfurth vom Institut für Stadtgeschichte in
Frankfurt behilflich.
159 vgl. Battonn 1864, S. 113 ff., Wolff 1914, S. 442 – 459
160 Museumslandschaft Hessen Kassel, Graph. Sammlung, Marb. Dep. 250a, vgl. Onlinekatalog Architekturzeichnungen
2004/2005/2007
158
95
Arnsburger Hof und Umgebung, 1629
2° Ms. Hass. 107 [169] (Abb. 61)
Die auf den 3.11.1629 datierte Zeichnung zeigt den Gebäudekomplex um den Arnsburger Hof von
Westen, wobei die Gebäude im Vordergrund (zur Fahrgasse hin) im Grundriss wiedergegeben
sind, während der eigentliche Arnsburger Hof nebst den anschließenden Häusern mit der Einfahrt
zum kleine Hinterhof in Vogelschau dargestellt ist. Die Bebauung rund um den im Titel erwähnten
„Ochsen“ ist detailliert wiedergegeben. Neben „D. Gersons Cantzlers zu Meintz hause darin / jetzo
D. Heidenreich[?] wohnet.“ liegt in der Mitte "her Brauer hof und hauß", an den rechts laut der
oben genannten Zeichnung in der MHK der mehrfach erwähnte Hof der Frau Flageletti anschließt.
Kartäuserhof und Arnsburger Hof
2° Ms. Hass. 107 [167] recto
Die beiden skizzenhaften Darstellungen beschäftigen sich mit der Bebauung rund um den Arnsburger Hof. Der Grundriss/Lageplan verzeichnet mit Maßangaben die Gebäude zwischen "Abtes
zu Arnsburg hof" und "Carthauser hoff jetzo schopfen hauser" mit den Wirtschaftsgebäuden rund
um den kleinen Hinterhof. Die kleine Zeichnung darunter gibt eine Ansicht der westlichen Häuserfront am Arnsburger Hof, wie sie auch in der Zeichnung der MHK (s.o.) zu sehen ist. Links vom
Hinterhaus des „Ochsen“ mit seinem markanten Zwerchhaus befand sich das von Landgraf Moritz
bewohnte Haus der Frau Flageletti (vgl. 2° Ms. Hass. [169], Abb. 61 + [170]). Rechts neben dem
Torgebäude ist die anschließende Bebauung an der Predigergasse angedeutet.
Alchemistische Herdstellen und Geräte
2° Ms. Hass. 107 [167] verso
Auf der Rückseite der Zeichnungen vom Arnsburger Hof in Frankfurt befindet sich die gerahmte
Darstellung zweier alchemistischer Herdstellen "zum schmeltzen, probiren abtreiben; calciniren
und reverberiren" und diverser diesbezüglicher Geräte. Eine thematisch ähnliche Darstellung findet
sich auch auf dem Blatt der MHK (s.o.), weshalb sich die Frage erhebt, ob dem Landgrafen
möglicherweise in Frankfurt ein Laboratorium für seine alchemistischen Versuche zur Verfügung
stand.
Hof der Frau Flageletti am Kartäuserhof
2° Ms. Hass. 107 [170]
Quasi in Ergänzung der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [167] recto gibt dieser Grundriss, der in der
„Designation“ von 1786 unter der Nr. „41.“ fälschlich als „Zeichnung vom Pfaffenhausen in das Stift
allerheiligen gehörig“ bezeichnet wird, die Bebauung zwischen „Carthauser hof“ und "fahrgasse",
wieder, wobei der Schwerpunkt auf dem Gebäude liegt, das man als das Haus der „Frau Flageletti“
identifizieren kann. Ein "Quartierszettel“ vom 7.9.1629 im Staatsarchiv Marburg dokumentiert die
Nutzung durch den Landgrafen und sein Gefolge. 161 Nachdem dieser die Wohnung im Frühjahr
1630 aufgeben musste, kam es im August wegen der Bezahlung zu Auseinandersetzungen mit der
„flagelattisch wittib“, die wegen ausstehender Zahlungen die „Pagage“ zurückhielt.162
b. Augsburger Hof
Der Augsburger Hof, ursprünglich ein Patrizierhof in Frankfurt, zwischen Schnurgasse und Töngesasse (Antoniusgasse) gelegen, war um 1600 im Besitz der Familie von Glauburg.163 Wenig später
wurde er als Augsburger Hof bezeichnet, vermutlich, da dort die Augsburger Kaufleute abstiegen.164 Die von Norden und Süden zugängliche, langgestreckte Hofanlage verfügte an der
161
in: HStAM Best. 4a 38/19
in: HStAM Best. 4a 38/20
163 vgl. Wolff 1914, S. 404-407
164 vgl. Batton Bd. 3, 1864, S. 69-71
162
96
einen Schmalseite über ein stattliches, massives Gebäude mit einem hochaufragenden Turm,
dessen spitzer Helm die umgebende Bebauung überragt.165
Nach den Querelen mit der Wirtin Frau Flageletti (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [170]) scheint das Gefolge
des Landgrafen im August/September 1630 Unterkunft in diesem Hof gefunden zu haben. Am
17.9. erkundigte sich jedenfalls Johann Ludwig von Glauburg wegen Besorgungen für Moritz und
die „Jung herrn Söhne“ mit der Begründung „sofern ihre fürst: Gn: belieben wirdt, ferner beij mir
das losament zu behalten“166.
Augsburger Hof, 1630
2° Ms. Hass. 107 [165] (Abb. 62)
Die detaillierte Darstellung des Augsburger Hofes kombiniert in der für den Landgrafen Moritz
charakteristischen Weise der Übersichtlichkeit halber eine Vogelschauansicht mit einem Grundriss
der Gebäude links im Vordergrund. Die Beschriftung "der Augsburger hoff in Frankfordt. Jetzo
Bürgermeister hans Ludwig von Glauburg zustandig Anno 1630. den 28 Augusti deliniiert à M.H.L."
identifiziert den Gebäudekomplex, der auch in Merians großem Stadtplan von 1628 nachweisbar
ist. Die „schnurgasse" im Vordergrund und das „gässlein in die S. Anthoniygasse“ im Hintergrund
verorten den Hof im Stadtgefüge. Das „kleine gässlein in die schnurgasse“ führt zum Hoftor,
gerahmt von einfachen Bürgerhäusern, deren Nutzung sorgfältig vermerkt ist. Die Hofanlage im
Hintergrund wird bestimmt von dem charakteristischen dreistöckigen Gebäude mit dem angelegten
spitzbehelmten Turm und der anschließenden nördlichen Tordurchfahrt. Beidseits des davor gelegenen Platzes gibt Landgraf Moritz weitere massive Steinbauten wieder, die aber Merians Stadtplan und der Ansicht in 2° Ms. Hass. 107 [166] recto, rechts widersprechen. Offensichtlich handelt
es sich hierbei um einen eigenen Entwurf für eine regularisierte Veränderung der vorhandenen
Situation.
Abb. 62 2° Ms. Hass. 107 [165]
165
166
vgl. die Ansicht in Merians großem Stadtplan von 1628
HStAM Best. 4a 38/20
97
Augsburger Hof von Norden
2° Ms. Hass. 107 [166] recto, rechts
Die Zeichnung auf der rechten Hälfte eines auf der linken Seite beschnittenen Blattes zeigt den
Augsburger Hof von Norden, quasi die Gegenansicht zu 2° Ms. Hass. 107 [165] (Abb. 62), wobei
auch hier das Gebäude im Vordergrund im Grundriss gegeben ist. Die Bebauung auf der Ost- und
Westseite des Hofes besteht aus mehreren unregelmäßig großen Häusern, ein Umstand, der den
Landgrafen, wie das andere Blatt zeigt, zum Entwurf einer regelmäßigeren Anlage herausforderte.
c. Junghof
Der Junghof, westlich am Rossmarkt gelegen, befand sich längere Zeit im Besitz der Familie von
Glauburg, weshalb er auch als „Glauburger Hof“ bezeichnet wurde.167 Südlich grenzte der Stosshof an, nördlich der „Rothe Hof“, wobei alle drei von einem gemeinsamen Platz aus zu erreichen
waren.168 Die Anlage des Hofes mit dem zentralen Brunnen und den unterschiedlichen Gebäuden
erinnerte in seiner Weiträumigkeit an einen ländlichen Gutshof, wie Merians großer Stadtplan von
1628 zeigt.169
Die Zeichnungen und Schriftstücke des Bestandes dokumentieren die Bemühungen um ein
Quartier im Junghof im September/Oktober 1629, als Landgraf Moritz im Haus der „Frau Flageletti“
am Arnsburger Hof logierte, wie der „Quartierszettel“ vom 7. 9.1629 belegt.170
Junghof und Stosshof, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [174]
Der Grundriss verzeichnet den östlichen Teil des Junghofs mit dem Stosshof und der
Eingangssituation zum Rossmarkt auf der rechten Seite. Von Interesse waren für den Landgrafen offensichtlich die Wohngebäude auf der nördlichen Seite des Junghofs, da er hier die
Raumaufteilung genau erfasst. Vermutlich hat er diese Räume genau inspiziert und auf ihre
möglich Nutzung geprüft, wie auch die beiden anderen Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107 [172] +
[173] nahelegen.
Junghof, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [173]
In Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [174] sind hier die Gebäude im östlichen Bereich von
Junghof und Stosshof wiedergegeben, wobei auch die die „gemeine gasse“ flankierenden Areale
von "hans hector zum Jung hof.", „Glauburg[er] scheuer“ und "Junker heintzes berg" eingezeichnet
sind. Anschließend an die Überlegungen zu einer Nutzung der Gebäude hat Landgraf Moritz über
der „stallung uff 20 pferdt“ die „zweite wanderung“ ergänzt, die als Wohnung für Bedienstete
genutzt werden sollte, wie die Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [19] + [172] verso + [175] belegen.
Junghof, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [172] recto
Ebenso wie die beiden anderen Zeichnungen zum Junghof dokumentiert auch dieses Blatt, das
auf der Rückseite auf den 16. September 1629 datierte Anweisungen an den Quartiermeister
enthält, die Bestrebungen des Landgrafen, in Frankfurt ein adäquates Logis für sich und sein
Personal zu erhalten. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [173] skizziert der Fürst auch in diesem
Grundriss die Lage der Gebäude im Junghof und Stosshof, die er für sich und sein Gefolge
anmieten wollte.
167
vgl. Battonn 1871, S. 283 f.
Wolff 1914, S. 420
169 Wolff 1914, Fig. 301
170 in: HStAM Best. 4a 38/19
168
98
Anweisung für ein Logis im Junghof
2° Ms. Hass. 107 [172] verso
Die auf den 16. Sept. 1629 datierte Anweisung an "Monsieur Truchses“,171 die sich auf der
Rückseite einer Grundrisszeichnung des Junghofs befindet, enthält detaillierte Vorschläge, die
dieser dem Herrn von Dam (Julius von Damm) wegen eines Logis in diesem Hof unterbreiten soll:
„hat den von Dam anzuschlagen, wo ich / nach der Messe wieder zu Ime in sein losier mich
begeben solte / müste er uff folgende conditiones wissen“. In fünf Punkten erläutert Landgraf
Moritz anschließend die genauen Konditionen. Zu mieten wünscht er neben dem Wohnhaus auch
die „Cantzley“ und einen Stall für 24 Pferde, die eventuell im Stosshof untergebracht werden
sollten. Bereits am 30.4.1629 hatte Julius von Damm dem Landgrafen ein Angebot wegen einer
Wohnung übermittelt.172 Zu dieser Zeit hatte dieser sich nach Ausweis der erhaltenen
Korrespondenz 173 ebenfalls bereits in Frankfurt aufgehalten.
Anweisung für ein Logis im Junghof mit Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [175]
Der kleine Notizzettel vom 25.9.1629 enthält Überlegungen: "studium wie das losamen / In
monsieur Damms hause auszurichten“, in die eine kleine Grundrisskizze des Hauses integriert ist.
Landgraf Moritz plante demnach im Detail die Unterteilung des Gebäudes im Junghof und die
Nutzung der Räume in den Geschossen, einschließlich von Dach und Keller. Desweiteren forderte
er auch die Nutzung des „höltzern Cantzley baw.“, der in den drei Zeichnungen 2° Ms. Hass. 107
[172] + [173] + [174] dargestellt ist: „Wird begehrt das mir derselbe zu losirung / etlicher diener,
nicht allein oben in der [...] / Cantzley, sondern auch unden in der understen wande / rung müste
gantz eingegeben werden“. Zur Unterbringung von 22 Pferden schlägt er den Stall im
angrenzenden Stosshof oder die Scheuer im Garten vor, die umgebaut werden müsste. „Weil nun
die Zeit kurtz” solle “monsieur Truchses” endlich mit den Verhandlungen beginnen.
Johann Hermann Truchseß von Rheinfelden, Brief an Landgraf Moritz wegen Logis
2° Ms. Hass. 107 107 [19]
Am 26. September 1629 berichtete wiederum der Kammerjunker „Jh. Truchseß" aus Frankfurt vom
Ergebnis der Verhandlungen mit Julius von Damm wegen eines „logement“ und erklärte dessen
Zustimmung, sofern „E.F.G. die wande / rung und gebeu in ihren Costen werden machen lassen“.
Die verlangte Stallung sollte im Stosshof eingerichtet werden und auch bezüglich des Dachbodens
über der Kanzlei und eines Kellers (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [175]) wurden Erkundigungen eingeholt.
Aus der erhaltenen Korrespondenz wird allerdings nicht ersichtlich, ob Landgraf Moritz dann
tatsächlich in diesem Hof abgestiegen ist. Noch zu Beginn des Jahres 1630 war er nachweislich in
Frankfurt ansässig, musste aber dann wegen finanzieller Probleme die Stadt verlassen. 174
171
Johann Hermann Truchseß von Rheinfelden, seinerzeit Kammerjunker des Landgrafen, der in der Korrespondenz
des Jahres 1629 im HStAM Best. 4a 38/19 mehrfach genannt wird
172 siehe Anm. 170
173 HStAM Best. 4a 41/25
174 vgl. Löwenstein 1994, S. 105 + Anm. 17
99
Freienhagen
Unbekannter Zeichner, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [176]
Der auf der linken Fuldaseite gegenüber von Bergshausen gelegene Gutshof Freienhagen, der im
Mittelalter zusammen mit den umliegenden Dörfern der Familie von Hund gehörte, kam im 14.
Jahrhundert in landgräflichen Besitz. 1619 schenkte Landgraf Moritz das Gut seiner zweiten
Ehefrau Juliane von Nassau,175 die es später an ihren Sohn Landgraf Friedrich von HessenEschwege weitergab. Von diesem erwarb es 1651 dessen Hofmeister, der Obristleutnant Hans
Heinrich Hund.176 Nach einem erneuten Besitzerwechsel kaufte Landgraf Karl 1702 den Hof, um
dort ein Sommerschloss mit einem terrassierten Garten anzulegen.177 Einige Gebäude und Reste
der Gartenanlage sind noch heute erhalten.
Der aufgrund des Wasserzeichens auf 1617/18 zu datierende Lageplan zeigt einen quadratischen,
eingezäunten Hof mit Gebäuden an zwei Seiten und einem zentralen Brunnen. Möglicherweise
entstand die Zeichnung eines unbekannten Vermessers im Zusammenhang mit der Schenkung
von 1619.
Abb. 63 2° Ms. Hass. 107 [177] (Ausschnitt)
175
HStAM Best. 17e Freienhagen 3
vgl. Holtmeyer 1910, S. 66-69
177 vgl. G. Fenner in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, 3.31 Freienhagen
176
100
Friedewald
Lageplan, 1630
2° Ms. Hass. 107 [177] (Abb. 63)
Die Burg in Friedewald wurde im 13. Jahrhundert als „Straßenburg“ errichtet, um die wichtige
Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig zu schützen. Seinerzeit war sie im Besitz des Klosters
Hersfeld. Nachdem sie in den alleinigen Besitz der hessischen Landgrafen übergegangen war, ließ
Landgraf Heinrich III. die alte Anlage niederlegen und ab 1476 von seinem Festungsbaumeister
Hans Jacob von Ettlingen eine neue Wasserburg bauen, die als Verwaltungssitz und für Jagdaufenthalte genutzt wurde. Es entstand eine nahezu quadratische Anlage mit vier mächtigen
Rundtürmen an den Ecken (Kastellburg): „Ist ein altes steinernes / mit dicken Rundelen / vnd
ziemblichen Wassergräben / versehenes Jagdhauß / in dessen Vorhof ein herrlicher Kumpff / vnd
Springbrunnen / auch von so grossen Steinen / wie die Säulen zu Hirschfeld gehauen / stehet“
notierte Merian.178 Die Vorburg, ein weiträumiger Wirtschaftshof, war vermutlich ab 1580 hinzugefügt worden.179 Landgraf Wilhelm IV. ließ 1582-84 einen Marstall errichten.180 Akten aus den
Jahren 1601-1609 vermelden eine rege Bautätigkeit unter Landgraf Moritz.181 In dieser Zeit entstanden weitere zum Teil noch heute erhaltene Wirtschaftsgebäude (u.a. neuer Marstall, Jägerhaus, Meierei) und der Dreischalenbrunnnen182 . Die Kernburg wurde während des siebenjährigen
Krieges im Jahr 1762 weitgehend zerstört.
Der mit Maßangaben versehene Grundriss/Lageplan von Kastellburg und Vorwerk, von Landgraf
Moritz ausdrücklich „ex memoria“, d.h. aus dem Gedächtnis, angelegt, ist auf den 31.3.1630
datiert. Der Grundriss der Burg gibt die Raumdisposition im Erdgeschoß der vier Flügel wieder,
wobei hier neben dem großen Saal im Nordflügel vor allem Küchenräume und Kammern eingezeichnet sind. Die Aufnahme der Gebäude des Wirtschaftshofes mit Marstall, Schafscheuer und
Viehställen zeigt wahrscheinlich den damaligen Bestand, während es sich bei den Gebäuden im
Süden neben dem "Viehauß" (Viehstall, Schuppen) um Entwürfe handelt. Die seitlich und oben angeklebten Blätter belegen eine sukzessive Erweiterung des Planes im Rahmen weiterer Überlegungen.
Der Beweggrund für diese Planungen des Landgrafen Moritz liegt vermutlich in seinem für das
Frühjahr 1630 dokumentierten Ansinnen, Friedewald von seinem Sohn Landgraf Wilhelm V. als
Residenz zugesprochen zu bekommen, 183 was ihm aber nicht bewilligt wurde. 1631 erhielt dagegen Landgräfin Juliane die Erlaubnis, das Schloss zu bewohnen,184 wohin sie mit den bei ihr
lebenden Kindern aus Rotenburg anreiste, bevor sie sich doch aus Gründen der Sicherheit in den
Nassauer Hof nach Kassel zurückzog.185
178
Merian 1646, S. 54
vgl. Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005
180 HStAM Rechn. II Friedewald Nr. 17
181 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 157, Best. 53e Pak. 61
182 vgl. Altwasser 1994
183 diesbezügliche Briefe im HStAM Best. 4a 41/10
184 HStAM Best. 4c Hessen-Rheinfels und -Rotenburg Nr. 1144
185 Lemberg 1994, S. 272
179
101
Germerode
Das Kloster der Prämonstratenserinnen in Germerode, 1145/46 ursprünglich als Doppelstift für
Chorherren und Chorfrauen von den Grafen von Bilstein gegründet, wurde ebenso wie alle
anderen hessischen Klöster 1527 säkularisiert und zunächst verpfändet. 1571 wurde die
Klosteranlage durch Landgraf Wilhelm IV. wieder eingelöst und seitdem als landgräfliche Vogtei
genutzt. Ab 1627 bis 1834 gehörte sie zum Territorium der Rotenburger Quart, dem Besitz der
Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz.
Die Baurechnungen aus der Zeit des Landgrafen Moritz belegen einige kleinere Renovierungsarbeiten sowie eine größere Summe im Jahre 1616, über deren genaue Verwendung aber leider
nichts bekannt ist. 186 Nach Ausweis der Zeichnungen plante Landgraf Moritz offensichtlich, ähnlich
wie in Breitenau und Heydau (Haydau-Altmorschen), einen Umbau zu einem Herrenhaus mitsamt
Lustgarten für die landgräfliche Familie, wobei die Position der dafür vorgesehenen Neu- und Umbauten mehrfach variiert.187 Da die Zeichnungen sehr spät zu datieren sind - zwei davon tragen die
Jahreszahl 1631 - dürften diese Pläne aber reine Phantasieprojekte gewesen sein. Die sechs
Blätter mit insgesamt neun Einzelzeichnungen des Landgrafen sowie das zugehörige Schriftstück
mit Maßangaben geben allerdings ein anschauliches Bild des damaligen Baubestands, der sich
zum Teil bis zum Ende des 19. Jhdt. erhalten hat.188
Abb. 64 2° Ms. Hass. 107 [178] (Ausschnitt)
"Abriß" von Nordosten, 1631
2° Ms. Hass. 107 [178] (Abb.64)
Die mit der ausführlichen Beschriftung "des Hauses Germerode perspectivische Abriß / wie man
es von der Freiheit her à Septendrione / an zu sehen, wan die zwey neue bau daran uffgerich / tet
wehren. 1631. den 19. Martij M.H.L." versehene Ansicht des Klosterkomplexes von Nordosten
186
Kollmann 1994, S. 106
vgl. Seib 1994
188 siehe die Zeichnung der Domäne von C. Arend, abgebildet in Schilling 1994, Abb. S. 193
187
102
schildert das Kloster mit der näheren Umgebung sehr detailliert. Der Klosterkomplex mit seinen
beiden Höfen ist auf einer Aufböschung gelegen. Die Kirche erscheint hier als weitgehend intakte
Anlage mit Doppelturmfassade. An die Türme schließt der Nonnenbau an, auf der anderen Seite
des „Oberhoff“ liegt das abgeknickt verlaufende sog. „Zinsbodengebäude“. Der „underste hoff“ mit
der „Mistädte“ wird nach Osten und Süden von einer Fachwerkbebauung abgeschlossen, wobei
der südliche Teil mit dem Tor und einer winkelförmigen Bebauung bis an die südliche Chorpartie
noch heute in ähnlicher Form erhalten ist. Der nördliche Abschluss mit den beiden vom Landgrafen
geplanten Massivbauten erhebt sich mit drei Vollgeschossen und doppelbahnigen Fensterreihen
hoch über der abgeschrägten Böschungsmauer. Der Um- bzw. Neubau an dieser Stelle ist auch in
den anderen Zeichnungen in unterschiedlicher Weise visualisiert.
Nordwestlich von Kirche und Klausur schließt sich ein "lustgarten" an. Südlich des "Weg vom
hause nach der Freyheit" befinden sich kleinere Parzellen mit dem Pfarrhof und separierten
Wirtschaftsgebäuden.
Die Datierung auf den 19.3.1631 stellt einen Zusammenhang her mit der am 20.3. datierten Zeichnung von Abterode (3km entfernt, 2° Ms. Hass. 107 [20], Abb. 16), sowie einer weiteren von
Grebendorf vom 24.3. (8km entfernt, 2° Ms. Hass. 107 [187], Abb. 67). Der Landgraf hatte damals
seinen Wohnsitz im Schloss Eschwege, brach aber immer wieder zu kleineren und größeren
Reisen auf.
Unterer Vorhof von Süden, 1631
2° Ms. Hass. 107 [180] recto, rechts
Die im „Alt herren hauß“ über dem Portal 1631 datierte Vogelschau des unteren Klosterhofs von
Süden zeigt vermutlich weitgehend den damals vorhandenen Bestand, ergänzt um zwei neue,
beidseits an dieses Haus anschließende Gebäude. Der eine Bau verläuft entlang des „ober hof“,
während der an der anderen Seite rechtwinklig angrenzende Bau bis zur „vogtey“ und den daran
anschließenden Wirtschaftsgebäuden an der Ostseite des „Under hof“ reicht. Im Vordergrund liegt
der alte Eingang mit dem "porthauß" und dem Lindenbaum auf dem Anger davor. Ein einfacher
Winkelbau, bezeichnet als "Pferde ställe uff / 20 pf." führt entlang von "pförtners garte" und "layen /
kirchof" zu den Kirchenapsiden. Der nördlich an die Kirche angrenzende Bau wird hier als
"fruchthauß" bezeichnet.
Der schmale, parzellierte Garten auf der Böschung an der Straße erscheint ein weiteres Mal in der
Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [182] recto. Der hier querende Abwasserkanal wird auch in 2° Ms.
Hass. 107 [178] (Abb. 64) detailliert geschildert.
Oberer Hof von Osten
2° Ms. Hass. 107 [180] verso links (Abb. 65)
Der „Oberhof zu Germerode“ ist hier von Osten gesehen, wobei die Kirchenapsis, der Ostflügel der
ehemaligen Klausur ("künftiger Marstall oben Fruchthaus") und das angrenzende Gebäude im
Vordergrund im Grundriss dargestellt sind. Das Langhaus der Kirche mit den beiden Türmen ist bis
hin zur Turmuhr - über deren Existenz nichts bekannt ist - detailliert geschildert, dahinter erstreckt
sich der „layen kirchoff“ neben dem „lustgarten“. Das nordwestlich an die Kirche anschließende
ehemalige Nonnenhaus wird als "neuer herren bauw" bezeichnet, ebenso wie der langgestreckte
zweigeschossige Steinbau, der den Oberhof nach Norden abschließt. Während das Nonnenhaus
nur umgebaut werden sollte, handelt es sich hier um einen Entwurf für einen Neubau, der in einer
anderen Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [182] recto) auch als „galerie“ bezeichnet wird.
Ansicht von Westen mit Lustgarten
2° Ms. Hass. 107 [180] verso rechts (Abb.65)
Die Ansicht von Westen präsentiert im Vordergrund einen quadratischen Lustgarten, vierfach
unterteilt in: "Hortus Coronalis, Hortus Medicinalis, Hortus Culinaris, Hortus Sylvestris", gruppiert
um eine zentrale Brunnenschale. Dahinter sieht man das umgebaute Nonnenhaus neben der
Westfassade der Kirche sowie den geplanten Neubau auf der Nordseite des oberen Hofes (vgl. 2°
Ms. Hass. 107 [180] verso, links).
103
Einen gestalteten Garten an dieser Stelle zeigt auch 2° Ms. Hass. 107 [182] verso (Abb. 66).
Abb. 65 2° Ms. Hass. 107 [180] verso
Unterer Vorhof, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [179]
Der Grundriss präsentiert den gesamten unteren Hof einschließlich der Kirche mit ihren Anbauten.
Neben dem südlichen Eingang, der ungefähr an der heutigen Stelle liegt, besitzt diese einen
weiteren Zugang am Nordturm, in dessen Verlängerung der „kälberstall" und die „holtzkammer“
angelegt sind. Dabei bleibt unklar, ob es sich hier um das nördliche Seitenschiff oder einen Anbau
handelt. Neben der „Einfahrt“ schließt "der stall. / oben frucht hauß" an, der ohne die in den
anderen Zeichnungen feststellbare charakteristische Abknickung gezeigt wird. Detailliert sind die
Räumlichkeiten des nördlichen Querflügels wiedergegeben, Durchstreichungen und die Notiz
"fellige Risse" verweisen an dieser Stelle aber auf Korrekturen, die möglicherweise im Grundriss 2°
Ms. Hass. 107 [181] umgesetzt wurden. Die Ostbebauung ist wenig differenziert als Abfolge von
fünf Häusern wiedergegeben, während die Darstellung des südlichen Eingangsbezirks der
Schilderung in 2° Ms. Hass. 107 [180] recto, rechts entspricht.
Unterer Vorhof, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [181]
Bei diesem Grundriss des Klosterkomplexes handelt es sich möglicherweise um eine korrigierte
Version von 2° Ms. Hass. 107 [179]. Die dort etwas unklar gebliebene Situation im Bereich des
nördlichen Kirchenschiffes ist hier so gelöst, dass das Seitenschiff als "Kälber und Rinderstall"
dient und eine "Butter Cammer" in der Apsis vorgesehen ist. Sowohl die Bebauung an der Westals auch die an der Ostseite weisen eine deutliche Abknickung auf. Die südliche Eingangssituation
entspricht weitgehend der in 2° Ms. Hass. 107 [179] geschilderten Anlage mit den anschließenden
Pferdeställen. Der nördliche Abschluss des Oberhofs ist hier summarisch als "Newer baw, zur hern
wonung" angegeben.
104
Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [182] recto
Der weiträumige Vogelschauplan verzeichnet das Kloster mit seinen Höfen im Grundriss sowie die
nähere Umgebung mit Häusern und Straßen, Äckern und Gärten aus der Vogelschau. Die Darstellung der Umgebungsbebauung stimmt weitgehend mit der Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [178]
(Abb. 64) überein. Das neue Gebäude im nördlichen Abschluss des Oberhofs wird hier als
"Galerie" bezeichnet. Das nördliche Kirchenschiff erscheint wie in 2° Ms. Hass. 107 [181] separiert
und damit für neue Funktionen nutzbar. Die Bebauung des Unterhofs entspricht mit kleinen
Modifikationen dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [181].
"Ictum et Scenographia" , Ansicht von Süden mit Horizontalschnitt
2° Ms. Hass. 107 [182 ] verso (Abb. 66)
Die Ansicht von Süden gibt die Klostergebäude im Horizontalschnitt über dem Erdgeschoss mit der
Beischrift: "Ictum et Scenographia domus Germerodensis". Der projektierte Neubau an der
Nordseite des Oberhofs - auf der Vorderseite des Blattes als „Galerie“ bezeichnet - fällt hier durch
einen vorgelegten Arkadengang auf. Dahinter befindet sich der „gang zum garten“, der am linken
Bildrand als sauber parzellierter Garten mit alphabetisch sortierten lateinischen Pflanzennamen
wiedergegeben ist. Die Kirche enthält auch hier ein deutlich abgetrenntes nördliches Seitenschiff,
an das der „Marstall“ wie auf der Darstellung der Vorderseite direkt anschließt. Die Fläche des
Unterhofs, dessen östliche Bebauung nicht dargestellt wird, erscheint ebenso wie der Oberhof
gepflastert - auch das ein Mittel, der eher ländlichen Hofanlage ein herrschaftliches Gepräge zu
geben.
An der südlichen Grenze des Kirchhofs ist hier der Fachwerkbau der „Schule“ eingezeichnet, die
sich an dieser Stelle bis ins 19. Jhdt. befunden hat.189
Abb. 66 2° Ms. Hass. 107 [182 ] verso
189
Seib 1994, S. 203
105
Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [183]
Der Komplex des Klosters mit den beiden Höfen ist in dieser Zeichnung von Süden gesehen,
wobei die Kirche und der die beiden Höfe trennende Stallflügel vermutlich aus Gründen der
Übersichtlichkeit im Horizontalschnitt gezeigt sind. Die Abfolge der Gebäude entlang von
„Oberhoff“ und „Unterhof“ entspricht am ehesten der Anordnung der 1631 datierten Zeichnung 2°
Ms. Hass. 107 [180] recto rechts, wobei die östliche Gebäudeabfolge hier abweichend untergliedert erscheint. Möglicherweise schilderte Moritz hier die vorhandene Bebauung, die in dem
anderen Blatt im Zuge der Veränderungen vereinheitlicht wiedergegeben ist.
Schafhof neben dem ehem. Kloster
2° Ms. Hass. 107 [184]
Das kleine Blatt zeigt den außerhalb des Klosterkomplexes, auf der anderen Seite der Straße
gelegene Schafhof mit großer Scheuer und den zugehörigen Grundstücken nordwestlich des
Klosterbereichs, der auch in 2° Ms. Hass. 107 [178] + [182] recto dargestellt ist.
Vermessungstabelle
2° Ms. Hass. 107 [185]
Das Schriftstück "Data uber die gebeu Germerode“ enthält eine Aufstellung von Gebäudeabmessungen, die allerdings so nicht in den von Moritz mit Maßangaben versehenen Zeichnungen
wieder zu finden sind. Erwähnt wird auch zweimal ein abgebranntes Gebäude („abgebrande
Bawstätte“, “abgebranden Waschaus“) dessen Standort in den Zeichnungen nicht kenntlich ist. Es
wird deshalb nicht deutlich, ob ein direkter Zusammenhang mit den vorliegenden Zeichnungen
besteht.
106
Grebendorf
Landmanns Hof, Lageplan, 1631
2° Ms. Hass. 107 [187] (Abb. 67)
Die Gemeinde Grebendorf im Werratal, erstmalig erwähnt 1262, kam nach der Säkularisierung
des Klosters Heydau (Haydau-Altmorschen) zur Landgrafschaft Hessen. 1596 vergab Landgraf
Moritz den Ort an Bernhard von Keudel, der dort 1610 ein Herrenhaus errichtete.190 Ebenso wie
der Hof Vogelsburg, das ehemalige Kloster Germerode und Abterode, die am 15., 19. und 20.3.
sowie am 1.4.1631 von Moritz gezeichnet wurden, gehörte Grebendorf zum Amt Eschwege, das
später an die Rotenburger Quart fiel. Die zeitlich nahe Abfolge der erwähnten Zeichnungen lässt
vermuten, dass Moritz von seinem Alterssitz Eschwege aus kleine Reisen bzw. Ausflüge unternahm, wobei ihn wahrscheinlich seine damals bei ihm lebenden Söhne Moritz und Friedrich
begleiteten.
Der schlichte Plan eines Hofs auf nahezu quadratischem Gelände ist signiert und datiert:
"Niclaus Landt / mans hauß und hofreide zu Greben / dorf. 1631. den 24. Martij / M.H.L.". Die an
der linken unteren Ecke des Geländes situierte Hofreite besteht aus dem Wohnhaus neben der
Einfahrt, einem Backhaus, Ställen, einer Scheuer und dem „schopfen“ (Schuppen). Die "gasse
nach / der kirche" und die "gasse nach / Keudels Burgsitz" (Keudelsches Schloß) lokalisieren
den Standort, der heute ungefähr im Gebiet Kirchstraße / Am Dorfanger zu vermuten ist.
Ein im Staatsarchiv Marburg erhaltener Briefwechsel erhellt das spezielle Interesse des Landgrafen Moritz an diesem Hof.191 Am 26.3.1631 wünscht Moritz den Hof zu kaufen, der zu diesem
Zeitpunkt von den Vormündern des jungen „Niclausen Landtman“ verwaltet wird, da diese
„gedachten Ihrem blöden [sic!] Pflegling zum besten solche hoiff zu verkauffen undt Wir auch
geneigt wehren denßelben unßern Junge Herrschafft zum besten [...] zu erkauffen“. Mit „junger
Herrschaft“ sind in diesem Fall die Söhne Moritz und Friedrich gemeint. Bereits am 27.3.
antwortet aber „Clauß Landt Von grebendorff“ eigenhändig, „daß ich meinen lieben Eltern uff
deren todt bett habe zu geloben und verflichten mußen solche behausung zeitt meines lebens
nicht zu verkauffen“. Die Randnotiz des Landgrafen vermerkt dann auch: „Er behalte sein hauß
in gottes nahm / so behalten wir unser geld.“
Abb. 67 2° Ms. Hass. 107 [187] (Aussschnitt)
190
191
vgl. Simon 1991, Reuter 1997, S. 31-37
HStAM Best. 4a 38/21
107
Greifenstein
Am Ostrand des Westerwaldes befindet sich noch heute die mit ihrer Doppelturmfassade weithin
sichtbare Ruine der befestigten Höhenburg Greifenstein. Von ihrem Ursprung ist nichts überliefert,
im 13. Jahrhundert wurde Greifenstein als Sitz des Rudolf II. von Beilstein erwähnt.192 Die beiden
markanten Türme und die Reste der Kernburg stammen vom Ende des 14. / Anfang des 15.
Jahrhunderts. Die 1432 in den alleinigen Besitz der Grafen von Solms-Braunfels gelangte
Burganlage kam 1602 an den mehrfach als Festungsbaumeister in Erscheinung getretenen Grafen
Wilhelm I. (1570-1832), der Burg und Stadt ab 1606 mit einer Wallanlage zu einer Festung
ausbaute, in welche die alten Befestigungsanlagen integriert waren.193 In einer zweiten Phase ließ
er zusätzlich ab 1620 die Südostseite der Burg sichern. Dabei entstand das massive Rondell
(„Rossmühle“), das eine Mauerstärke von fünf Meter aufweist.
Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die auf zwei Blättern mit einem übereinstimmenden
Wasserzeichen angelegt sind, wobei eine Ansicht auf den 28.8.1630 datiert ist, könnten anlässlich
eines Besuches entstanden sein, den der Fürst von seinem damaligen Quartier in Frankfurt aus
unternahm. Greifenstein gehörte nach Meinung des Landgrafen ebenso wie Butzbach und Lich zu
den Residenzen „derjenigen […] Fürsten Graven und hern so auß Francfort in einem Tag […]
besucht werden können“, wie es in einem Verzeichnis vom 3.9.1629 heißt.194 Wilhelm I. von
Solms-Braunfels zu Greifenstein war 1620-22 Generalleutnant des hessischen Heeres gewesen,
danach stand er in kaiserlichen Diensten, aus denen er 1629 ausgeschieden war. Ein Besuch des
Landgrafen bei diesem alten Bekannten erscheint also plausibel, allerdings lassen die
Diskrepanzen der Darstellung zum Baubestand zweifelhaft erscheinen, ob die Zeichnungen
tatsächlich vor Ort entstanden sind.
Eine weitere Darstellung, die in Feder über einer Graphitvorzeichnung angelegt wurde, stammt
vermutlich von einem fachkundigen Zeichner, einem Architekten oder Landvermesser.
Kernburg mit äußerem Burghof und Zwinger, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [189]
Der ausführlich beschriftete Plan der Kernburg mit den umgebenden Höfen zeigt die am höchsten
gelegenen Teile der Anlage im Grundriss, während die tiefer gelegenen Bereiche im Horizontalschnitt gegeben sind. Direkt an die beiden Rundtürme, den sog. Nassauer Turm und den Bruderturm, schloss sich die „herrn / küche“ mit großer Feuerstelle an, an die östlich das Torgebäude am
unteren Zwinger, dem zweiten Verteidigungsring, angrenzt. Die beiden südlich anschließenden
Flügel enthalten im Erdgeschoß ebenfalls Wirtschaftsräume und werden durch Wendeltreppen an
den Fassaden vertikal erschlossen. Der alte Palas aus dem 13. Jahrhundert mit seinen massiven
Mauern schließt den inneren Burghof nach Süden hin ab. Direkt im Anschluss daran verzeichnet
Landgraf Moritz hier einen „Cantzley bau" am "Cantzley hof", vermutlich eine von ihm entwickelte
Idee, ein Verwaltungsgebäude im Kernbereich der Burg anzusiedeln.
Innenhof der Kernburg von Süden
2° Ms. Hass. 107 [190] verso, rechts (Abb. 11)
Die von Süden gesehene Vogelschauansicht gibt den „Innerste[n] Schloßhof“ in weitgehender
Übereinstimmung mit dem Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [189] wieder. Um einen ungehinderten
Einblick in den Hof zu ermöglichen, ist der große Saal im Vordergrund im Horizontalschnitt des
Erdgeschosses gezeigt, wodurch die beiden angrenzenden dreigeschossigen Flügel im Querschnitt präsentiert werden können – eine eigentümliche Darstellungsweise, die Landgraf Moritz
mehrfach angewendet hat.195
192
vgl. Knappe 1995, S. 287f.
vgl. Brohl 2009, S. 48-50
194 in: HStAM Best. 4a 38/19
195 vgl. z.B. die Zeichnung der Cadolzburg 2° Ms. Hass. 107 [88] (Abb. 132)
193
108
Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [190] recto, oben rechts (Abb. 68)
Die Vogelschauansicht mit der Beischrift "das grävlich Solmische hauß Greiffenstein. / wie man
das vom westerfeldt her zu sichern / deliniiert den 28. Augusti 1630. M. H. L." befindet sich auf
einem Doppelblatt mit mehreren Zeichnungen von Greifenstein. Sie zeigt die südliche Seite der
Anlage mitsamt des Vorhofes und der Kapelle. Wie in der rückseitigen Ansicht imaginiert Landgraf
Moritz vermutlich auch hier eine Ergänzung der vorhandenen Gebäude im inneren Vorhof. In
diesem Fall zeichnet er parallel zum ebenfalls erneuerten Palas ein zweigeschossiges Gebäude
anstelle der Mauer zum "Vor hoff da die streichen / stehen". Dadurch wird die Anlage stärker
regularisiert. Der Rundturm an der südöstlichen Ecke entspricht in seiner Größe zudem nicht dem
dort 1620 angelegten Rondell („Rossmühle“), so dass sich die Frage erhebt, ob die Zeichnung
möglicherweise aus der Erinnerung angelegt wurde.
Abb. 68 2° Ms. Hass. 107 [190] recto
Ansicht von Norden
2° Ms. Hass. 107 [190] recto, unten rechts (Abb. 68)
Die zweite Vogelschauansicht auf der Vorderseite des Doppelblattes zeigt die Burganlage mit
Viehhof und Wassergraben von Norden. Der Viehhof beherbergt mehrere langgestreckte Gebäude
entlang der Mauer am Burggraben sowie einen Flügelbau in T-Form in der Mitte des Hofes. An
109
dieser Stelle können mehrere Bauten nachgewiesen werden, deren genaue Lage und Aussehen
aber nicht überliefert sind. Die Gestaltung des „Mittel Zwinger“ mit zwei Eckgebäuden sowie einem
zentralen erkerartigen Gebäude auf der Mauer entspringt vermutlich wieder der gestalterischen
Phantasie des Landgrafen, der an dieser Stelle die beiden heute noch vorhandenen Bollwerke
außer Acht lässt. Das Aussehen der Kernburg entspricht weitgehend der in dem Grundriss/
Horizontalschnitt 2° Ms. Hass. 107 [189] gezeigten Anlage.
Unbekannter Zeichner, Burganlage von Südwesten
2° Ms. Hass. 107 [188]
Die über einer Graphitvorzeichnung von versierter Hand angelegte, vermutlich unvollendete
Zeichnung zeigt die Burganlage ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [190] recto, oben rechts (Abb.
68) von Südwesten. Sehr präzise vermerkt der Zeichner die genaue Position der unterschiedlichen Höfe und Gebäude sowie die architektonischen Details nebst den Schießscharten
in der äußeren Mauer mit den hier positionierten Kanonen. Im Gegensatz zu den Handzeichnungen des Landgrafen herrscht hier das Bemühen vor, ein getreues Abbild der Anlage zu
geben.
Bei dem unbekannten Baumeister oder Vermesser, der die Zeichnung anfertigte, könnte es sich
möglicherweise um August Rumpf handeln, der für Graf Wilhelm I. zunächst in Ungarn tätig war
und 1627 Baumeister in Greifenstein wurde. 196
196
Brohl 2009, S. 63
110
Gudensberg
Entwurf zur Befestigung der Stadt
2° Ms. Hass. 107 [186] (Abb. 69)
Die nordöstlich von Fritzlar gelegene kleine Stadt Gudensberg erstreckt sich am Fuße zweier
Gipfel, die einst von Burgen bestanden waren, der Obernburg und der als Vorwerk dienenden
Wenigenburg. Von der höhergelegenen Obernburg sind noch Ruinen erhalten, während die Reste
der schon 1387 zerstörten Wenigenburg später verbaut wurden. 197
Die "Invention pour fortifier la ville de Gudesberg on la basse Hassie, ou le Chasteau peut servir a
commander pour tou / tes six rebords de la ditte ville; projetée le 24 Juin, 1630 M.H.L." zeigt in
Vogelschauansicht den nur angedeuteten Ort Gudensberg hinter den beiden markanten Burgbergen, eingeschlossen von einer Festung mit sechs Bastionen. Deutlich erkennbar ist das
„Chasteau“ der Obernburg mit dem viereckigen Bergfried und den beiden zweigeschossigen Gebäuden. Von der Wenigenburg sieht man nur den auch in Dilichs Stadtansicht von 1605 deutlich
erkennbaren Rundturm mit spitzem Helm.
Die von Landgraf Moritz erdachte Befestigung mit Bastionen und Graben hätte die alte Stadtmauer, die schon im 16. Jhdt. in schlechtem Zustand war, wirkungsvoll ergänzt. Eine Namensliste
der Bastionen ist unten links eingefügt: "Noms des Rebords." // "Vitriol." // "Nitre." // "Alume[n]." //
"Sal armoriac.", "Sal commun[e]" // "Tartre.", wobei letztere auf der Ansicht vermutlich von der
Obernburg verdeckt ist. Die Namen wie auch die beigefügten Symbole kennzeichnen Stoffe der
von dem hessischen Fürsten zeitlebens mit Eifer betriebenen Alchemie.
Nach Rommel198 gehörte die Befestigung der Stadt Gudensberg zu den unausgeführten Plänen
des Landgrafen. 1640 wurde die Stadt weitgehend eingeäschert.
Abb. 69 2° Ms. Hass. 107 [186]
197
198
vgl. Drach 1909, S. 161 ff., Brunner 1922
Rommel 1837, S. 417
111
Habichtswald
Unbekannter Zeichner, Lageplan einer Bergarbeitersiedlung
2° Ms. Hass. 107 [191]
Bereits unter Landgraf Wilhelm IV. wurden im Habichtswald Bergwerke zum Abbau von
Braunkohle errichtet.199 Landgraf Moritz hatte 1615 mit dem „Bergwerkscollegium“ eine zentrale
Behörde für Bergwerksangelegenheiten begründet. Es ist zu vermuten, dass die vorliegende
Zeichnung, ein einfacher Lageplan verschiedener Wohnhäuser in durch Schraffuren angedeutetem
hügeligem Gelände, in diesem Zusammenhang von einem der Amtmänner des Landgrafen
angefertigt wurde
199
vgl. Waitz von Eschen 2005, betr. Akten im HStAM Best. 55a Nr. 1462
112
Hasselbach
Gutshof der Herren von Hundelshausen, Lageplan, 1631
2° Ms. Hass. 107 [194] (Abb. 70)
Der südöstlich von Hessisch Lichtenau gelegene, kleine Ort Hasselbach wurde im 13. Jahrhundert
erstmals schriftlich erwähnt. Im 15. Jahrhundert gehörte das Dorf zur einen Hälfte den Landgrafen
von Hessen, zur anderen den Herren von Hundelshausen, im 16. Jahrhundert erhielten die von
Hundelshausen das gesamte Dorf zum Lehen.200 Das stattliche Gut, im Norden des Dorfes an
Wehre/Hasselbach gelegen, bestimmt noch heute das Ortsbild.201
Der skizzenhafte Grundriss des Landgrafen Moritz ist mittig bezeichnet: „Junker Kurt herman / von
Hundels Hausen Haus Haselbach. / Ibidem den 14. April: 1631 / M.H.L.“ Das an zwei Seiten von
einem „Wassergraben“ umgebene Areal beinhaltet eine nahezu quadratische Hofanlage, bestehend aus diversen Wirtschaftsgebäuden sowie einem „Alten“ und einem „Neuen“ Wohnhaus.
Die Datierung belegt, dass Landgraf Moritz den Ort von seinem damaligen Wohnsitz Eschwege
aus besuchte.
Abb. 70 2° Ms. Hass. 107 [194]
200
vgl. „Hasselbach, Gemeinde Waldkappel“, in: Historisches Ortslexikon <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/
sn/ol/id/5920> (Stand: 27.7.2010)
201 vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 495 ff.
113
Hessisch Lichtenau
Die im späten 13. Jahrhundert planmäßig angelegte Stadt Lichtenau (seit 1889 Hessisch
Lichtenau) besaß eine annähernd querovale Form, durchzogen in der Längsachse von drei Hauptstraßen, die jeweils in die beiden Stadttore, das Obertor im Süden und das Untertor im Norden,
mündeten. Östlich des Obertors befand sich vermutlich die landgräfliche Burg, die später vom
Renthof abgelöst wurde.202 1637 wurden weite Teile der Altstadt durch kroatische Truppen zerstört.
Der Mauerring mit dem Obertor blieb allerdings weitgehend erhalten.
Bei den diesbezüglichen Blättern im Bestand handelt es sich um zwei Grundrisse des Renthofes
von unbekannter Hand aus dem Jahre 1614 sowie sechs eigenhändige Zeichnungen des Landgrafen, die mutmaßlich alle erst nach 1627 entstanden sind. Sie spiegeln eine intensive Auseinandersetzung mit der Innenraumdisposition im Renthof wieder, deren Beweggrund sich leider nicht
mehr eruieren lässt.
Unbekannter Zeichner, Renthof, Grundrisse, 1614
2° Ms. Hass. 107 [227]
Die rückseitig mit dem Titel “wie das hern hauß Im / Renthoff zur lichtenaw Jetzo ligt. / Ao 1614. 19
Maij" versehene Zeichnung zeigt einen Umrissplan der drei Etagen mit Bezeichnung der Zimmer.
Der Grundriss des Erdgeschosses auf der rechten Seite des Blattes wird durch Maßangaben und
Einzeichnung der Türen, die durch eine Legende erläutert werden, ergänzt. Neben Küche, Backstube und Speisekammer befand sich hier in der vorderen linken Hälfte des Hauses der "Hauß
Ern" und neben dem Eingang die Treppe in die „Zweite Wanderung“. Diese ist links oben auf dem
Blatt dargestellt und enthält neben dem "Hauß ehrn gehet / durch biß under die dritte / wanderung"
die "Rentmeisters Stube" und diverse Kammern. Eine kleine Treppe führt wiederum ins zweite
Obergeschoß, das neben kleinen Kammer auch die große "durch gehende Cammer darin Vor zeit
[en] daß / frawn Zimmer geleg[en], liegt jetzo frucht darauff" beherbergt. Der unbekannte Zeichner,
vermutlich ein Baumeister oder Vermesser in Diensten des Landgrafen, hat auf diesem Blatt
sorgfältig den Zustand notiert, den er seinerzeit vorgefunden hat. Die einen Tag später datierte
zweite Zeichnung von derselben Hand 2° Ms. Hass. 107 [228] unterbreitet demgegenüber einen
Vorschlag zur Veränderung des Baubestands.
Unbekannter Zeichner, Renthof, Umbauentwurf, Grundrisse, 1614
2° Ms. Hass. 107 [228]
Die im rückseitigen Titel als: "un vorgreifflicher vorschlag / wie daß hern hauß Im / Renthoff zur
lichtenaw zu / gemach in fürstenlagern zu zurichten. / Anno 1614. 20. Maij" betitelte Zeichnung
präsentiert ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [227] den Grundriss aller drei Geschosse des Renthofes,
der offensichtlich umgestaltet werden sollte. Vorgeschlagen wird eine Vereinheitlichung der Raumdisposition mit einem zentralen Flur in allen Etagen. Zugeordnet sind diesem beidseits jeweils
symmetrisch angelegte, gleich große Räume. Im Erdgeschoss (links unten) sind neben Küche und
Speisekammer auch Räume für das Gesinde und den Rentschreiber vorgesehen. Die "Zweite
wanderung" (links oben) ist mit "frawen zimmers Stub" und "Herrn Stub" sowie zwei zugeordneten
Kammern für Wohnzwecke reserviert, während die "dritte wanderung" nicht näher spezifizierte
Kammern und Stuben enthält.
Renthof, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [226]
Die großformatige eigenhändige Grundrisszeichnung des Landgrafen gibt das Gebäude mit allen
Details (Türen, Fenster, Kamine) sehr sorgfältig wieder. Im Gegensatz zu dem Entwurf des unbekannten Zeichners von 1614 (2° Ms. Hass. 107 [228]) wird das Gebäude durch einen quer verlaufenden Flur organisiert, der links von der Mittelachse liegt und vom Vordereingang zum
202
vgl. Hessischer Städteatlas 2006, S. 16
114
Hintereingang mit dem außen an das Gebäude angelegten Treppenhaus führt. Die Küche mit dem
großen Herd rückt dadurch auf die rechte Seite des Hauses.
Der rückseitig von anderer Hand hinzugefügte Titel "Wie der Rendthoiff zu Lichtenaw sol erbawet
werden / Anno 1614 von Illi. selbst Inventirt" suggeriert einen Zusammenhang mit den beiden in
dieses Jahr datierten Zeichnungen (2° Ms. Hass. 107 [227] und [228]), das Wasserzeichen
verbindet das Blatt aber mit anderen Objekten des Bestandes (2° Ms. Hass. 107 [80] + [299]), die
in die späten Lebensjahre des Landgrafen datiert sind. Es muss deshalb offen bleiben, ob diese
Zeichnung tatsächlich bereits 1614 oder erst 1625-30 entstanden ist.
Renthof am Obertor, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [224]
In den Situationsplan des Renthofs neben dem Obertor an der Stadtmauer integriert Landgraf
Moritz einen Grundriss des Erdgeschosses, der eine weitere Variante der Raumdisposition darlegt.
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [226] liegen Eingang und "haußehrn" links von der Mitte, die
Küche erscheint aber, wie in den 1614 datierten Zeichnungen von unbekannter Hand, direkt
dahinter an der Rückseite des Hauses. Daran schließt sich an der rechten Seite die "gesinde
stube" an, während die Treppe rechts von der Mittelachse neben dem Flur situiert ist. Die
zahlreichen Maßangaben suggerieren eine konkrete Planung, differieren aber von denen in den
anderen Darstellungen des Bestandes.
Renthof am Obertor, 1630
2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71)
Die Vogelschauansicht zeigt den Renthof im Bebauungszusammenhang von der Rückseite her,
eingefasst auf der linken Seite und im Vordergrund von der Stadtmauer, sowie von der „haubt
gasse“ (hinten) und der „Rendthofs gasse“ (rechts).
Das Hauptaugenmerk liegt auf den Hofgebäuden, dem Marstall und der Scheuer auf der rechten
und den beiden Viehställen auf der linken Seite. Mittig im Hof ist die Zeichnung signiert und datiert:
"der Rendthof zur Lichtenau / den 13. Novemb: 1630 M.H.L.". Dieses Datum trägt auch eine
weitere Darstellung des Renthofs (2° Ms. Hass. 107 [225]), ein Grundriss, der den Hinterhof in
gleicher Anordnung wiedergibt. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Blättern um Bestandsaufnahmen.
Abb. 71 2° Ms. Hass. 107 [223]
115
Renthof, Grundriss, 1630
2° Ms. Hass. 107 [225]
Der auf dasselbe Datum wie 2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71) datierte Grundriss zeigt ebenso wie
diese Vogelschauansicht die Gebäudesituation des Renthofes am Obertor mit den zugehörigen
Wirtschaftsgebäuden. Der Grundriss des Erdgeschosses gibt eine Raumdisposition, die keiner der
anderen Varianten entspricht. Einzig die Position der Küche an der linken Rückseite und der danebenliegenden Gesindestube entspricht der Anordnung in 2° Ms. Hass. 107 [224]. Der „Ehrn“ verläuft hier in Längsrichtung an der Vorderseite des Hauses und enthält auf der rechten Seite die
Treppe. Genaue Angaben der Details von Türen und Kaminen sowie die Maßangaben suggerieren
auch hier einen gewissen Wahrheitsgehalt – aufgrund der offensichtlichen Diskrepanzen lässt sich
aber nicht mit Sicherheit sagen, ob hier eine Bestandsaufnahme oder ein Umbauentwurf vorliegt.
Renthof am Obertor und Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [237]
Wie in 2° Ms. Hass. 107 [223] (Abb. 71) und [225] ist hier die bauliche Situation des Renthofs am
Obertor geschildert, wobei der Renthof im Vordergrund im Grundriss gezeigt wird, während die
Bebauung dahinter (Obertor, Meisenbuger Hof) in Vogelperspektive erscheint. Die rechte Seite der
Zeichnung erscheint unvollendet.
Die Wiedergabe des Renthofsgebäudes wirkt allerdings in diesem Fall in den Proportionen
deutlich verändert, weshalb es sich möglicherweise um eine Skizze aus der Erinnerung handeln
könnte.
Renthof am Obertor und Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [222] (Abb. 72)
Das Blatt enthält eine ausführliche Darstellung der Bebauungssituation am Obertor, gesehen vom
Meisenbuger Hof im Westen, dessen großer Baumgarten den Vordergrund bestimmt. Die Stadthäuser auf der linken Seite sind sehr sorgfältig mit Angabe des Fachwerks wiedergegeben, das jedoch mehrheitlich schematisiert erscheint. Ebenso detailliert ist das Stadttor auf der rechten Seite
geschildert, wobei allerdings der Turm mit seinem spitzen Helm deutlich überhöht dargestellt ist.
Der Renthof wird hier im Horizontalschnitt des Erdgeschosses präsentiert, die Raumorganisation
entspricht aber wiederum keiner der anderen Zeichnungen. Wie auch in 2° Ms. Hass. 107 [225]
liegt die Küche an der Rückseite, die Speisekammer links davon, Kammer und Schreibstube an
der rechten Seite. Hinter der zentralen Haustür befindet sich ein „Vorgemach“, von dem aus die
neben der Küche liegende Treppe erreichbar ist. Der weitgehende Verzicht auf Innentüren und
Fenster lässt diese Wiedergabe trotz der Maßangaben als weitere Studie zur Umgestaltung der
Räume erscheinen.
Abb. 72 2° Ms. Hass. 107 [222]
116
Kassel
Die Residenzstadt Kassel, geprägt von dem alten Schloss der Landgrafen stand zunächst
primär im Mittelpunkt der architektonischen Bestrebungen des Landgrafen Moritz nach seinem
Regierungsantritt 1592. Neben der Fertigstellung des 1591 begonnenen Marstallbaues beschäftigte er sich zunächst mit dem Ausbau der Befestigungsanlagen, die weithin als vorbildlich
galten. Im Außenbereich des Schlosses ließ er das Ballhaus und die Rennbahn anlegen. Der
von seinem Vater Wilhelm IV. angelegte Lustgarten in der Aue wurde vergrößert und das Lusthaus ausgebaut und für vielerlei Zwecke genutzt. Mit dem Bau des Ottoneum, des ersten festen
Theaterbaus in Deutschland, prägte er das Aussehen der Stadt bis heute. Das alte Kloster auf
dem Weißenstein (heute Wilhelmshöhe), damals noch außerhalb der Stadt gelegen, ließ er abbrechen und ab 1606 ein neues Lustschloss mit Gartenanlagen und Teichen errichten.
Erstaunlicherweise schlagen sich diese, das Aussehen der Stadt wesentlich prägenden baulichen Aktivitäten nur in geringem Maße in dem Kasseler Konvolut wieder. Abgesehen von
einigen wenigen Zeichnungen vom Landgrafenschloss, der Moritzaue und Schloss Weißenstein
beschäftigen sich die übrigen Darstellungen vor allem mit dem säkularisierten Ahnaberger
Kloster, dem Nassauer Hof, Eigentum der Landgräfin Juliane, dem Fasanenhof vor dem Ahnaberger Tor und dem damals noch weit außerhalb der Stadt gelegenen Jägerhof bei der alten
Burg in Waldau.
a. Landgrafenschloss
Hoch über dem nordwestlichen Steilufer der Fulda lag seit alters her die Burg der Landgrafen von
Hessen, die über einer älteren Bebauung angelegt wurde. Landgraf Ludwig II. hatte 1466 als Teil
umfangreicher Umbaumaßnahmen ein neues Herrenhaus errichten lassen, das wenig später nach
einer Pulverexplosion erneuert werden musste. Landgraf Philipp der Großmütige begann 1557 die
umfassende Erneuerung und Erweiterung der landgräflichen Burg unter Einbeziehung vorhandener Bausubstanz. Auf den Neubau des Küchenbaues mit der zentralen Einfahrt im Südwesten folgten 1560 die Arbeiten am anschließenden stadtseitigen Backhausbau, während der zur
Brüderkirche hin gelegene Frauenzimmerbau 1560-62 ausgebaut wurde. Landgraf Wilhelm IV. ließ
schließlich 1570-74 den alten gotischen Wilhelmsbau an der Fulda, der nun als ‚Rotenstein‘ bezeichnet wird, renovieren. Landgraf Moritz ergänzte die Umgestaltung mit dem Umbau der Kapelle
zwischen diesem Flügel und dem Frauenzimmerbau. Das Schloss präsentierte sich jetzt als nicht
ganz regelmäßige Vierflügelanlage mit polygonalen Wendeltreppentürmen in den Hofecken und
einem hohen Dach mit zahlreichen Zwerchgiebeln. Diese repräsentative Residenz überdauerte
mehrere Jahrhunderte, obschon es immer wieder Pläne für eine Umgestaltung gab. Nach dem
großen Brand von 1811 unter König Jérôme von Westphalen begann Kurfürst Wilhelm I. 1813 mit
den Planungen für einen wesentlich größeren Neubau am alten Platz, die Chattenburg. Bereits
1821 kamen die Bauarbeiten mit seinem Tod allerdings zum Erliegen. Heute steht an der Stelle
des Landgrafenschlosses das in den fünfziger Jahren errichtete Regierungspräsidium. 203
Die beiden Zeichnungen von der Hand Wilhelm Dilichs (2° Ms. Hass. 107 [198], Abb. 12 + [199])
gehörten nicht zum ursprünglichen Konvolut, sondern wurden erst 1888 hinzugefügt, wie aus dem
ergänzenden Eintrag in der "Designation" (2° Ms. Hass. 107a, fol. 8 verso, Abb.4) hervorgeht.
Ebenso wie in der "Hessischen Chronica" von 1605 zeigen sie Ansichten des Landgrafenschlosses im Zustand von 1490 und 1605.
Die insgesamt vier erhaltenen Zeichnungen des Landgrafen Moritz - zwei davon befinden sich
nicht im Bestand sondern sind in ein Manuskript eingebunden - beschäftigen sich hingegen vor
allem mit der Idee der Ergänzung eines neuen Flügels im Süden der Anlage, zur Rennbahn hin,
ein Projekt, das auch in einer im HStAM in anderem Zusammenhang aufgefundenen Zeichnung204
thematisiert wird.
203
204
vgl. Heppe 1995, Hanschke 2009
in HStAM Best. 4b 35, eingebunden in Hofrechnungen (Abb. 75)
117
Wilhelm Dilich, "Arx vetus Cassellae 1490"
2° Ms. Hass. 107 [199]
Die Zeichnung Wilhelm Dilichs wurde zusammen mit dem zugehörigen Blatt 2° Ms. Hass. 107
[198] (Abb. 12) erst 1888 im Landesmuseum dem alten Bestand hinzugefügt.205 Die beiden kleinformatigen Darstellungen geben genauso wie in der "Hessischen Chronica" von 1605 Ansichten
des Landgrafenschlosses im Zustand von 1490 und 1605.
"Arx vetus Cassellae 1490", das alte Schloss, ist von der Stadtseite wiedergegeben, mit seiner
Befestigung und dem angrenzenden Brüderkloster. Unter der mit einer Doppellinie gerahmten
Darstellung ist ein erläuternder Text beigefügt, der leider nicht mehr vollständig erhalten ist: "das
alde schloß zue Cassel In der gestaldt, welche due alhier siehst abe gemaldt, / sampt dem Brüder
Closter undt Kirchen auch, wies da zue mahl Ist gewesen im gebrauche / als man hat schrieben
1490 Jahr, von stein undt Holtz gebawet wahr / das Castehl [...]". Es handelt sich hierbei nicht um
den Text der „Hessischen Chronica“, der das Schloss ähnlich schildert als: „ein grossen baw am
schloß gegen der stadt / darauf er oben ein hölzern stockwerck / mit thürnen und spitzen gezieret /
setzen lassen“.206 Nach alten Berichten war aber das Fachwerk zu diesem Zeitpunkt bereits durch
einen Steinbau ersetzt worden.207 Offen bleibt, welche Bildquelle Dilich für seine Zeichnung
benutzt hat. Die originale Nummerierung „.15.“ lässt vermuten, dass die Zeichnung ebenso wie
das zweite Blatt ursprünglich in einen größeren Zusammenhang gehörte.
Wilhelm Dilich, "Arx nova Cassellae 1605"
2° Ms. Hass. 107 [198] (Abb. 12)
Die wie in 2° Ms. Hass. 107 [199] gerahmte Ansicht "Arx nova Cassellae 1605" zeigt das Schloss
zur Zeit des Landgrafen Moritz von Norden. Die hochaufragende, von Wällen geschützte Anlage
mit den charakteristischen Zwerchgiebeln ist durch das schräg im Wall sitzende alte Tor zugänglich, das 1615 durch einen südlicheren Neubau ersetzt wurde. Die Darstellung entspricht bis ins
Detail der Darstellung in der „Hessischen Chronica“. Der beigefügte Text lautet in diesem Fall: "das
neue schloß undt Casteel, ein schöne vestunge ohn allen Fehl, / Ins geviert gebawet worden Ist,
Im 1605 Jahr wie man list, / durch moritz Landgraven zue Hessen, welcher Ist ein dapferer Held
und vermesser / Welcher das gantze wergk in eine ordnung hat gebracht, undt alles aufwendig
gemacht". Die Zeichnung dokumentiert also die durch den Landgrafen vorgenommenen Um- und
Ausbauarbeiten am Schloss, wobei der Text und die auch hier eingetragene Nummerierung darauf
hindeuten, dass sie Bestandteil einer Blattfolge war, die Dilich vermutlich Landgraf Moritz
persönlich gewidmet hat.
Ansicht von der Fulda her
2° Ms. Hass. 107 [200] recto (Abb. 73)
Die eigenhändige Zeichnung des Fürsten präsentiert das Schloss mit seinen Befestigungen von
der Fulda aus, wobei im Vordergrund der Vogelschau noch eine Ecke des „Ravelin“ auf der
Aueinsel an der „kleinen fulda“, sowie die “grosse fulda“ mit dem gegenüberliegenden Ufer zu
sehen sind.
Detailliert ist die Vierflügelanlage mit den charakteristischen Zwerchgiebeln, Türmen, Erkern und
den beiden turmartigen Anbauten mit Altan dargestellt. Die Fassade des Fuldaflügels weist die
Abfolge von Backhausbau, deutlich abgesetztem Rotenstein mit großem Mittelgiebel und zwei
kleineren Zwerchgiebeln und dem Frauenzimmerbau mit integrierter Kapelle auf, so wie sie sich
nach den letzten Umbauten unter Landgraf Moritz präsentierte. In derselben Weise ist sie auch
noch auf einem Fassadenaufriß aus dem 18. Jhdt zu sehen.208 Der Innenhof ist in der
205
der Eintrag im Übergabeverzeichnis 2° Ms. Hass. 107 a, fol. 8 verso lautet: „a.d. Hess: Künstleralbum entnommen
1888“
206 Dilich 1650, S.158
207 Heppe 1995, S. 17
208 Museumslandschaft Hessen Kassel, Graphische Sammlung, GS 1599, vgl. Onlinekatalog Architekturzeichnungen
2004/2005/2007
118
Schrägaufsicht sehr verkürzt dargestellt, wobei die Darstellung des Frauenzimmerbaus mit der
Galerie perspektivisch missglückt erscheint.
Hinter dem „Rondel“ auf der rechten Seite befindet sich der auch bei Dilich dargestellte überdeckte
Verbindungsgang zum Renthof, der hier zweistöckig wiedergegeben ist. Der Wassergraben dahinter reicht bis zur nördlichen Ecke des Walls, ab dort verläuft er trocken. Den stadtseitigen Wall
hatte Landgraf Moritz ab 1594 errichten lassen. Als „stern“ wird an dieser Seite der alte Torbau
bezeichnet, eine Bezeichnung, die auch in den Akten benutzt wird.209 Der neue "Portengang" mit
dem "wachthauß", 1615 errichtet, befindet sich links daneben. Dieses neue Tor ermöglichte das
Passieren des Walles direkt in den Vorhof hinein. So ist es auch auf dem Plan von Wessel 1673
eingezeichnet.210
Abb. 73 2° Ms. Hass. 107 [200] recto
Vermessungstabelle zum Landgrafenschloss
2° Ms. Hass. 107 [200] verso, oben
Die zu der Darstellung des Landgrafenschlosse auf der anderen Seite des Blattes gehörige
Maßtabelle wird durch eine Doppellinie von einer Darstellung von Kasseler Tor und Kasseler
Straße in Melsungen abgetrennt. Sie ergänzt die Zeichnung durch die detaillierte Auflistung von
Länge und Breite der gesamten Schlossanlage einschließlich der Gräben und Wälle.
Das identifizierbare Wasserzeichen im Papier legt eine Datierung in die Zeit nach der Abdankung
des Landgrafen 1628/29 nahe.
209
210
vgl. Heppe 1995, S. 121
Heppe a.a.O., Abb. 15
119
Entwurf für einen Anbau
2° Ms. Hass. 107 [201] (Abb. 74)
In dieser Zeichnung entwirft Landgraf Moritz einen neuen Flügel im Südosten des Schlosses, der
direkt an den turmartigen Eckrisalit mit Altan anschließt. Mit einem geschweiften Stirngiebel und
zwei Zwerchhäusern sollte sich dieser neue Flügel optisch an den alten Bau anpassen. Zwei
niedrigere, durch Gesimse unterteilte Geschosse und zwei Vollgeschosse gleichen die Höhe des
Gebäudes dem alten Bau an. Neben dem Tordurchgang an der linken Seite des Gebäude sind
noch ein Tor zur „hinabfahrt nach dem Ravelino“ (d.h. zur Aue), sowie eines zur „fahrt uff den
Wahl“ rechts zwischen dem Gebäude und dem „Linden bergk" markiert. Diese Planung steht
möglicherweise im Zusammenhang mit dem Neubau des Walltors 1615, das den direkten Zugang
zum „vorhoff" und dem neuen Flügel gewährt hätte. Weitere Details zu diesem Projekt zeigen zwei
eigenhändige Zeichnungen, die in ein alchemistisches Manuskript des Landgrafen eingebunden
wurden, sowie eine in anderem Zusammenhang aufgefundene Zeichnung im HStAM (Abb. 75) 211
Abb. 74 2° Ms. Hass. 107 [201]
Entwurf für einen südöstlichen Anbau, Horizontalschnitt
4° Ms. Chem. 60 [1,2, fol. 88 recto
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [201] (Abb. 74) zeigt auch dieser Entwurf einen Anbau im Südosten
des Landgrafenschlosses, der hier aber nicht direkt an den im Anschnitt dargestellten turmartigen
Vorbau mit Altan anschließt, sondern durch ein kleines Portal, das den Zugang zum Wall hinter
dem Schloss ermöglicht, separiert ist. Dadurch entfällt gegenüber dem anderen Entwurf eine
Fensterachse des Gebäudes, das auch hier zum Hof hin an zentraler Stelle einen in die Fassade
eingelassenen Brunnen aufweist. Der Horizontalschnitt in Höhe des Gesimse über den beiden
unteren Geschossen ermöglicht den Einblick in die Raumdisposition der oberen Etage mit einem
zentralen Saal, einer Stube, zwei Kammern und einem Vorgemach, das vermutlich von der Treppe
in der linken hinteren Ecke aus zugänglich sein sollte.
Entwurf für einen südöstlichen Anbau mit Laboratorium, Horizontalschnitt
4° Ms. Chem. 60 [1,2, fol. 88 verso
Ebenso wie die Studie auf der Vorderseite präsentiert auch dieser Entwurf einen Horizontalschnitt
durch den geplanten neuen Flügelbau im Südosten des Schlosses. Im Grundriss wiedergegeben
und lateinisch beschriftet ist hier hinter der Fassade der beiden unteren Geschosse allerdings das
untere Geschoß, in dessen Zentrum ein Laboratorium mit zwei Herdstellen stehen sollte. Neben
dem „vestibolum“ mit der Treppe auf der linken Seite, befindet sich ein als „Museu“ bezeichneter
Raum, der möglicherweise Kunstgegenstände aufnehmen sollte,212 während „Cubile“ (d.h. Schlaf211
212
ein Blatt eingebunden in: HStAM Best. 4b 35
Kümmel 1996, S. 164
120
lager) und „Conclave“ (d.h. Gemach) auf der rechten Seite zur Unterbringung von Materialien und
Personal vorgesehen gewesen sein könnten.213 Damit hätte dem Landgrafen neben dem im Lusthaus in der Aue vermuteten Laboratorium in unmittelbarer Nähe des Schlosses weitere großzügige
Räume für seine alchemistischen Experimente zur Verfügung gestanden.
Abb. 75 Hessisches Staatsarchiv Marburg in: Best. 4b 35
b. Moritzaue
Da am befestigten Schloss in Kassel nicht genügend Platz vorhanden war, wählten die Landgrafen
das zu seinen Füßen gelegene, von Großer und Kleiner Fulda umgebene Gelände der Aue für
einen herrschaftlichen Lustgarten. Ab 1568 ließ Landgraf Wilhelm IV. auf dem direkt unterhalb des
Schlosses gelegenen Teil der Fuldainsel einen Garten anlegen, dessen botanische Vielfalt
berühmt war.214 1570/71 wurde zudem ein Lusthaus erbaut „mit vier aus dem Fundament zum
Tach hinauslaufenden, weiten runden Erkern“215 , das vermutlich auch ein Laboratorium
beherbergte.216 Landgraf Moritz erweiterte den Garten ab 1604, nachdem er das gesamte Gelände
in seinen Besitz gebracht hatte und nannte den Garten fortan „Moritzaue“ und das ebenfalls
umgestaltete Lustschloss „Mauritianum“.217 Die fürstliche Familie nutzte das Gebäude gelegentlich
zu Wohnzwecken - u.a. auch wenn Seuchen in Kassel grassierten.218
Nach seiner Abdankung im März 1627 hatte sich Landgraf Moritz zunächst hierhin zurückgezogen,
bis er in den ihm vorläufig zugebilligten Wohnsitz Melsungen zog.219 1697 wurde das inzwischen
baufällige Lusthaus abgerissen. Später wurde die gesamte Aueinsel unter Landgraf Karl in die
weitläufig barocke Anlage umgewandelt, die heute noch in Grundzügen erhalten ist.
An den alten Lustgarten schloss sich südwestlich ein „stattliches Vorwerck und Meyerey“220 an,
eine umfangreiche Anlage, die u.a. Stallungen und Gesinderäume enthielt und vermutlich die
Funktion des damals umfunktionierten Renthofs am Landgrafenschloss übernahm.
Neben zwei Zeichnungen des Lusthauses und seiner Nebengebäude des Landgrafen Moritz enthält der Bestand einen Plan des vor dem Garten gelegenen Geländes von der Hand eines Landvermessers.
213
Heiner Borggrefe in: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 362
vgl. Hanschke 1991
215 Merian 1646, S. 33, vgl. Perst 1964/65
216 vgl. Borggrefe 2000
217 vgl. Holtmeyer 1923, S. 326 f.
218 Lemberg 2000, S. 180
219 betr. Akten in: HStAM Best. 4a 41/12
220 Merian 1646, S. 33
214
121
Unbekannter Zeichner, Vermessungsplan des Geländes
2° Ms. Hass. 107 [275]
Der Geländeplan von der Hand eines unbekannten Landvermessers überliefert den südwestlichen
Teil der Aue, bestehend aus „Ober Aw“ und „nieder Aw“, d.h. das Gebiet vor dem landgräflichen
Lustgarten. In der Mitte der Fuldainsel ist ein „Gewesener baumgart“, eingezeichnet, an der Spitze
der „Entenfang“, der auch bei Merian erwähnt wird: „oben am ende da sich der Strom theilet ligt
ein sehr lustiger und nutzbarer Antenfang“ 221. Die Zeichnung steht möglicherweise im Zusammenhang mit den Erweiterungsplänen des Landgrafen Moritz für den Lustgarten.
Lusthaus mit Nebengebäuden, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [273] (Abb. 76)
Der Lageplan des Landgrafen zeigt das Lusthaus mit seinen Nebengebäuden zwischen „Bleckenteich“ und „Schlagenteich“ an der Großen Fulda. Ähnlich wie es auch in Merians Stadtansicht von
1646 zu sehen ist, befinden sich am Fuldaufer Nebengebäude, deren Aufteilung und Funktion im
Plan präzisiert wird. Eine "altaune“, d.h. ein Altan (eine erhöhte Plattform) ver-bindet das Waschhaus am „Wassergraben“ mit dem „Bakhaus“. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um die „Zweij
Heußer beij dem Lusthaus“, deren Fertigstellung der Hofgärtner Joachim Gille im Jahre 1602
vermeldete.222 Dahinter liegt ein langgestreckter "spielblatz". Eine Portalanlage führt vom Schlossplatz auf den „dam“ und zum „gang vom lusthause in den gart[en]“. Den Damm zur Sicherung des
Lustgartens vor Überschwemmungen hatte schon Landgraf Wilhelm IV. anlegen lassen, 223 diesbezügliche Ausbesserungsarbeiten werden in den Bauakten mehrfach erwähnt.224 Der Grundriss
des Lusthauses gibt die Raumdisposition des längsrechteckigen Baues mit vier polygonalen (achteckigen?) Ecktürmen und zwei (?) Mittelrisaliten mit flankierenden Altanen (ähnlich der Idealansicht 2° Ms. Hass. 107 [272], Abb. 149). In den Türmen sind im Erdgeschoss demnach eine
Wendeltreppe, eine „Cammer“, eine Speisekammer neben der Küche sowie das Badebecken der
„Badtstube“ untergebracht.225 Im Zentrum des Gebäudes lag die „herrn stube“ mit einem
„vorgemach“.
Abb. 76 2° Ms. Hass. 107 [273]
221
Merian a.a.O., S. 34
in: HStAM Best. 17 e 41
223 Holtmeyer 1923, S. 325
224 z.B. im Jahre 1605, in: HStAM Best. 53 e Pak. 60
225 vgl. Borggrefe 2000, S. 233 ff.
222
122
Lusthaus mit Wirtschaftshof, mit Vermessungstabelle
2° Ms. Hass. 107 [274] (Abb. 77)
Die links oben ansetzende Vermessungstabelle erfasst das Terrain des Lustgartens bis an das
„Ravelin“, die kleine Befestigung an der Brücke über die Kleine Fulda.
Die unten und am rechten Rand darum herum angelegte Vogelschauansicht präsentiert unten das
Lustschloss mit dem Baumgarten zwischen „Schlagenteich“ und „Bleckenteich“, sowie rechts oben
den „Welsche hüner garte“ am „Vorwerk“, dem Wirtschaftshof mit seinen Fachwerkgebäuden. Das
„fischerhauß“ neben dem „Behälter“ (Teich), das 1602 errichtet wurde,226 erscheint noch im 18.
Jahrhundert am gleichen Ort in einer Zeichnung von Giovanni Ghezzi in der MHK.227 Bei dem
großen Stallgebäude mit zentralem Zwerchgiebel auf der rechten Seite handelt es sich möglicherweise um jenen „Stall vor zwolff oder vierzehn Pferde mit Stube, Cammer, futter und heuboden“,
den Landgraf Moritz 1603 zu erbauen anwies.228
Die Zeichnung des Landgrafen diente somit zur näheren Erläuterung der Tabelle und zeigt vermutlich den damaligen Baubestand.
Abb. 77 2° Ms. Hass. 107 [274]
c. Ahnaberger Kloster
Das spätere Augustiner-Chorfrauenstift auf dem Ahnaberg, ursprünglich außerhalb der Altstadt
Kassels im Mündungsgebiet der Ahne in die Fulda gelegen (heute ungefähr auf dem Terrain der
Max-Eyth-Schule am sog. Katzensprung), wurde in den vierziger Jahren des 12. Jahrhunderts als
Prämonstratenser-Doppelstift begründet.229 Über Aussehen und Umfang der ersten Klosteranlage
ist nichts bekannt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden die Konventsgebäude erneuert.230
Nach der Säkularisierung 1527 ließ Landgraf Wilhelm IV. 1567 in der alten Anlage ein Fruchthaus
einrichten. Landgraf Hermann zu Hessen-Rotenburg beschrieb die bauliche Situation 1641: "ein
226
Bericht des Gärtners Joachim Gille vom 27.9.1602, in: HStAM Best. 17 e 41
Museumslandschaft Hessen Kassel, Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, Marb. Dep. 254,6
228 Anweisung vom 25.7.1603, in: HStAM Best. 53 e Pak. 60
229 vgl. Heimerich 1979, S. 23 ff.
230 vgl. Holtmeyer 1923, S. 139ff.
227
123
sehr kostbares steinernes Gebäu, inwendig mit einem lang, viereckten Hofe. Weil aber allbereit
fürstliche Pallatia genug, ist dieses durch und durch mit vielen stattlichen Böden durchbauet und
zum Provianthaus verordnet." 231
Bis 1763 wurde der Gebäudekomplex weiterhin als Pferdestall und Fruchtmagazin genutzt und
war Teil der Kasseler Festungswerke. 1763 erfolgte der Umbau zur ersten Kaserne der Garde du
Corps und der Artillerie.232
Die Zeichnungen des Bestandes stammen überwiegend nicht von Landgraf Moritz selbst und
dokumentieren Pläne zu einer neuen Nutzung des ehem. Klosters sowie einem Umbau des
nahegelegenen Reithauses. Vermutlich stehen diese Pläne im Zusammenhang mit den
Verhandlungen des Landgrafen nach seiner Abdankung 1627 bezüglich eines Wohnsitzes in
Kassel, in denen mehrfach der „Annaberger Hof“ erwähnt wird.233
Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621
2° Ms. Hass. 107 [21]
Der von einem unbekannten Zeichner angefertigte "Grundtriß deß Ahnberger Klosters / zue Cassel
Anno 1621." präsentiert eine sorgfältige Aufnahme der Umrisse der Klostergebäude, versehen mit
einem bezifferten Maßstab. Dabei entspricht die Anordnung der Gebäude nebst dem angrenzenden "Zimmerblatz“ und dem "Fstl. Zeughaus" der noch in Wessels detailliertem Stadtplan
von 1673234 wiedergegebenen Disposition.
Es handelt sich vermutlich um eine Bestandsaufnahme, wobei die eingefügten Beschriftungen die
Funktionen der Bauten (vorwiegend Ställe) erläutern. "Ihre fstl. Gn. / L.W. Kutschen / pferdt stall"
bezieht sich offensichtlich auf die bereits von Landgraf Wilhelm IV. vorgenommene Umnutzung der
Gebäude.
Johann Wi(e)dekindt(?), Entwurf zum Umbau, 1627
2° Ms. Hass. 107 [25] (Abb. 15)
Diese sehr präzise Grundrisszeichnung, die man einem der landgräflichen Baumeister, vermutlich
Johann Wi(e)dekindt zuweisen kann,235 ist betitelt "Ungefehrer abriss und Vor= / schlag wie das
Anneberger Closter / zur fl Wohnung anzurichten / 4 ter Aprilis / Anno 1627." Auf Vorder- und
Rückseite enthält das Blatt die Grundrisse zweier Geschosse der ehemaligen Klosteranlage. Wie
der Vergleich mit dem Plan von 1621 (2° Ms. Hass. 107 [21]) zeigt, umfassen die geplanten
Veränderungen vor allem Umnutzungen der einzelnen Gebäude.
Weitgehend unverändert bleibt vor allem der "Marstal uff / 32 Pferde" auf der linken Seite im
Erdgeschoß. Die im alten Plan angrenzende Durchfahrt an der Vorderseite ist hier verschlossen
und durch ein Treppenhaus ersetzt, an das eine „Stalstube“ und der große „Gesinde Sahl“ anschließen. Der rückseitig anschließende Bau, der durch ein gemeinsames Treppenhaus im linken
Flügel erschlossen wird, enthält vor allem Vorratsräume wie die "Lichtkammer" und die "Silberkammer". Die kleineren Gebäude auf der rechten Seite sind im Erdgeschoß deutlich separiert, sie
beherbergen neben den vermutlich als Wachtstube zu interpretierenden Räumen neben der
Einfahrt im hinteren Bereich die Küche mit den zugehörigen Räumlichkeiten.
Im Obergeschoß sind in den großen Flügelbauten Wohnräume vorgesehen, die einheitlich durch
einen Korridor an der Hofseite erschlossen werden. Über dem Gesindesaal und der Einfahrt
erstreckt sich ein großer „Herren Sahl“, der von einem offenen Kamin und einem Ofen beheizt
wird. Eine kleine Tür auf der rechten Seite erlaubt die Kommunikation mit den über eine kleine
Treppe zu erreichenden Küchenräumen im Erdgeschoß.
Die neue, vereinheitlichende Raumdisposition im Obergeschoß mit hofseitigen Korridoren zur
Erschließung der Räume und die sorgfältig eingezeichneten Kamine und Öfen (und Aborte)
231
zitiert nach Perst 1964/65, S. 215
vgl. Gerd Fenner, in: Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007, 1.34.1.1. Klosterkaserne
233 in: HStAM Best. 4a 41/12
234 HStAM Karten R II 46
235 Stengel 1927, Anm. 177
232
124
reflektieren das Bemühen, die alten Räumlichkeiten in einen komfortablen Wohnsitz zu verwandeln. Vermutlich steht das Umbauprojekt im Zusammenhang mit den Bestrebungen des
Landgrafen, nach seiner am 17. März 1627 erfolgten Abdankung einen adäquaten Wohnsitz in
Kassel zu behalten.236 Dieser Plan ist aber nicht zur Ausführung gekommen, die Anlage wurde
vielmehr unverändert vorwiegend als Stallung genutzt.
Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben (Abb. 78)
Die eigenhändige Zeichnung von Moritz auf der Rückseite eines fragmentierten Schriftstücks,
zusammengeklebt mit Zeichnungen vom Nassauer Hof und Breitenau, zeigt eine Vogelschauansicht der Klosteranlage von Süden mit Tür- und Fensterverteilung wie in der Zeichnung von
1621 (2° Ms. Hass. 107 [21]). Die dreigeschossige Vorderfront des massiven Steinbaus wird von
zwei dreigeschossigen Stirngiebeln im Dachbereich gerahmt.
Übereinstimmend mit den bekannten Stadtplänen (Merian 1646, Wessel 1673) schildert der
Landgraf die Gebäudesituation vor und neben dem ehemaligen Kloster zwischen "weisse gasse"
und “Wall”. Rechts unten schließt die "Jud[en] gasse" an, deren anschließende Bebauung in 2°
Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts dargestellt ist. Die Anlage des Reithauses auf der rechten Seite
präsentiert die in den diesbezüglichen Entwürfen (2° Ms. Hass. 107 [22] entlang der [24])
vorbereitete Bebauung.
Abb.78 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben
d. Reithaus am Kloster
Neben dem Kloster Ahnaberg lagen in der Ecke vor dem Ahnaberger Tor ursprünglich weitere
zugehörige Wirtschaftsgebäude.237 Landgraf Moritz ließ hier neben der alten Zehntscheuer neue
Gebäude planen, die zunächst ein Wagenhaus (1608), später auch einen Pferdestall bzw. ein
Reithaus (1617) aufnehmen sollten. Als „Altes Reidhaus“ ist der Hof 1673 in Wessels Plan eingezeichnet.238 Im 18. Jhdt. stand hier das „von Uffelnsche Haus“, das in der Zeit des „Königreich
Westphalen“ von Karl Anton Henschel als Gießerei genutzt wurde.
236
vgl. die Korrespondenz in HStAM Best. 4 a 41/12, in der mehrfach der „Annaberger Hof“ erwähnt wird
vgl. Holtmeyer 1923, S. 749
238 Holtmeyer 1923,Taf. 86, 2
237
125
Adam Müller(?), Entwurf für ein Frucht- und Wagenhaus neben dem Kloster, Lageplan
und Grundriss, 1608
2° Ms. Hass. 107 [23]
Der "Abriß der ledigen Bau / statt bey der Annaberger / Scheuer, Actum am 1 ten / Februarij Anno
1608" zeigt einen Lageplan mit einem Grundriss der geplanten Gebäude neben dem Kloster, den
man aufgrund des Schriftvergleichs dem damaligen Kasseler Baumeister Adam Müller zuschreiben kann. Die nahezu rechtwinklig aneinanderstoßenden Gebäude sind wie in der eigenhändigen Zeichnung des Landgrafen 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben (Abb. 78) vom Platz vor
dem Kloster aus durch eine Einfahrt zugänglich und grenzen rückseitig an die Mauer vor dem Wall.
Die beigefügte Beschriftung "Neu frucht und Wagen hauß an der Zehendt Scheuer vor dem
Annabergk“ erläutert die geplante Funktion der Bauten, deren räumliche Ausmaße durch den
beigefügten bezifferten Maßstab verdeutlicht werden.
Adam Müller(?), Entwurf für einen Pferdestall am Kloster, Lageplan und Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [24]
Der in dieser Zeichnung wiedergegebene Grundriss der Gebäude zwischen „Zehendtscheuer",
“Wall“ und „Gassen nach dem Fulda Thore” gibt eine gegenüber dem Plan von 1608 (2° Ms. Hass.
107 [23]) modifizierte Gebäudeanlage wieder. Die beiden Bauten, die den Hof zur Stadt hin
abschließen, sind komplett als Pferdestall für insgesamt 46 bzw. 48 Pferde eingerichtet. Hinzu
kommt neben der Durchfahrt an der Grenze zur Zehntscheuer eine "Fuhrknechte Stuben" hinter
dem "Pfortstüblein". Punktierte Linien markieren vermutlich eine ehemals vorhandene Bebauung.
Das identifizierbare Wasserzeichen und der Zusammenhang mit der 1617 datierten Zeichnung 2°
Ms. Hass. 107 [22] geben Anhaltspunkte für eine Datierung in diesen Zeitraum zwischen 1614 und
1617. Der rückseitige notierte Titel "Grundt-Riß des Annaberger Plans alda das Acker haus
gestanden" legt nahe, dass der 1608 projektierte Plan für ein Wagenhaus (2° Ms. Hass. 107 [23])
zu diesem Zeitpunkt noch nicht umgesetzt war.
Unbekannter Zeichner, Reithaus am Kloster, Lageplan und perspektivische Ansicht des
Fachwerkgerüstes (recto), Lageplan (verso), 1617
2° Ms. Hass. 107 [22]
Der "Abriss des Reithauses / uff dem acker hauß platz vor / dem Anaberg in eil uff: / zu richten Ao
1617." enthält zwei Umrisspläne auf der Vorder- und Rückseite des Blattes, die den aus 2° Ms.
Hass. 107 [23] und 2° Ms. Hass. 107 [24] bekannten Platz zwischen Kloster und Wall für die genannte Funktion gestaltet. Die Variante auf recto legt das Reithaus auf die Vorderseite des Hofes,
dahinter liegt der "hin der hoff so auch uff den notfall / zum bereiten zu gebrauchen". Die
Zeichnung auf verso platziert hingegen das Reithaus an die Rückseite: "Reid hauß gegen den
Wall". Auf der Vorderseite befindet sich zudem eine vermutlich von Landgraf Moritz ergänzte
Skizze einer Fachwerkkonstruktion, erläutert "Wan es mit lauter solchen strebbügen zu / machen
were, sparte man viel holtzes und / könte schleunig gehoben werden". Wie die vom Landgrafen
später angelegte Vogelschauansicht der topographischen Situation (2° Ms. Hass. 107 [56] recto
oben, Abb. 78) nahelegt, wurde das Reithaus tatsächlich in Fachwerk errichtet und zwar in der in
den anderen Entwürfen propagierten Form zweier nahezu rechtwinklig aneinanderstoßender
Flügel - der vorhandenen Strassen. In dieser Form zeigt ihn noch der Stadtplan von Wessel
1673.239
e. Nassauer Hof
Der seinerzeit nach der zweiten Ehefrau des Landgrafen Juliane von Nassau benannte Hof lag an
der Stelle des hier vermuteten alten Fronhofs an der "Schlagd", dem Umladeplatz der Schiffe an
der Fulda unweit des Ahnaberger Klosters und der Einmündung der von Nordwesten kommenden
239
HStAM Karten R II 46, Holtmeyer 1923,Taf. 86, 2
126
Ahna.240 Landgraf Hermann von Hessen-Rotenburg beschrieb 1641 diesen Hof als ein “fürstlich in
die Längde fast vierecktes zugebautes, doch nicht ganz steinernes Haus […], sehr lustig an der
Fulda ahn dem Ort, wo die Schiffe ausgeladen werden, und ist mit ziemlichen Sälen und
notwendigen Gemächern versehen“.241 Als „Oberstenhof“ war er 1573 von Landgraf Wilhelm IV.
angekauft worden und diente zunächst als Sitz des Kasseler Stadtkommandanten.
Während der Regierungszeit Landgraf Moritz d. Gelehrten wurde er von Mitgliedern der fürstlichen
Familie bewohnt, so etwa 1612/13 von Otto, dem ältesten Sohn. 1617 wurde er Juliane von
Nassau (in den Zeichnungen als „Illustrissima“ bezeichnet) überschrieben, wobei in der Schenkungsurkunde242 vermerkt ist, dass es sich um eine umfangreiche Anlage mit mehreren Nebengebäuden handelte. Nach der Abdankung des Landgrafen 1627 sollte er der Landgräfin und ihren
unmündigen Kindern nach dem Wunsche von Wilhelm V. als Unterkunft dienen - aufgrund der beengten Verhältnisse wurde dies aber zunächst aufgeschoben.243 Erst nach dem Tode ihres Ehemanns 1632 konnte die hessische Fürstin dort dauerhaft einziehen, mit ihrem Erbe gelangte der
Besitz 1643 an die Rotenburger Linie des Landgrafenhauses.244 Später befanden sich hier der
„neue Collegienhof“ und im 18. Jahrhundert der „Packhof“.245
Landgraf Moritz hat die ansehnliche, sich zum Wall hin verjüngende Hofanlage nach seiner
Abdankung mehrfach gezeichnet. Hauptthema der Zeichnungen war eine Erweiterung und Homogenisierung der Bauten sowie die Konzeption eines repräsentativen Hauptgebäudes. Wie schon
Holtmeyer bemerkte, stimmen die Zeichnungen weder in Zahl noch in Größe der angegebenen
Gebäude überein. Das könnte möglicherweise damit zusammenhängen, dass einige der Zeichnungen nicht vor Ort entstanden sind und der hessische Fürst geschätzte Maße angab.
Inwieweit die vorgeschlagenen Veränderungen, die vermutlich mit dem geplanten Umzug der
Landgräfin nach der Abdankung 1627 zusammenhängen, tatsächlich in diesem Ausmaß umgesetzt wurden, bleibt zweifelhaft. Der in dem Stadtplan von Wessel 1673246 eingezeichnete
Grundriss zeigt nach wie vor eine relativ unregelmäßige Anlage. Die geplante Verlegung des
Flußlaufs der Ahne unter den Nassauer Hof ist allerdings tatsächlich erfolgt.247
Ansicht von Westen
2° Ms. Hass. 107 [57] recto, links
Die langgestreckte Ansicht des Hofes auf der Rückseite einer Darstellung des ehemaligen Klosters
Breitenau geht vom Hauptgebäude an der Südseite des Komplexes aus und zeigt die
anschließenden Bauten bis zum Wall. Vermutlich aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit sind
die Häuser im Vordergrund im Grundriss wiedergegeben. Hier befinden sich außerhalb des Hofs
neben dem "Saltz haus" auf der rechten Seite auch die Wohnungen des "Cantzley knechts" und
von "Heinrich der Kutscher“ neben "der alten Baumeisterin Müllers / Hofstädte" 248. Der „große
sahl" neben dem Hoftor an der "schlacht gasse" (heute "Vor der Schlagd") ist ver-bunden mit dem
an der linken Ecke anschließenden quadratischen "vorsahl", der in den Hofraum hineinragt und an
"Georg Königs hofstädte" angrenzt. Die weiteren, in Vogelschau wiedergegebenen Hofgebäude
weisen einheitlich Fachwerkkonstruktionen in den Oberge-schossen auf, so wie es auch von
Schmincke 1767 beschrieben wird: „ist ganz von Holz und nur mit einem steinernen Fusse
versehen“249. Bei dem langgestreckten Bauwerk auf der linken Seite handelt es sich vermutlich um
ein Stallgebäude, während rechts auf das alte Herrenhaus am Fuldaufer nach Norden hin ein
deutlich zurück gesetztes Nebengebäude und eine überbaute Galerie folgen. Den Abschluss an
240
vgl. Holtmeyer 1923, S. 429 ff.
zitiert nach Perst 1964/65, S. 216
242 HStAM Best. 4a 42 Nr.15
243 Lemberg 1994, S. 345f.
244 vgl. Lemberg a.a.O., S. 387ff.
245 Holtmeyer 1923, S. 437
246 HStAM Karten R II 46
247 Holtmeyer 1923, S. 435
248 nach Holtmeyer 1923, S. 746 besaß Baumeister Adam Müller 1605 das Haus „Vor der Schlagd Nr. 5“
249 Schmincke 1767, S. 236
241
127
der Schmalseite zum „Wall“ hin bildet ein schmaler Verbindungsbau. Auf der rechten Seite, am
Flussufer, erstreckt sich ein kleines Gartenareal mit einem Teich, das auch in anderen Zeichnungen wiedergegeben ist (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [202], [204], [208]). Links im Hintergrund ist
die angrenzende Bebauung an der „fliegengase“ und "Jud[en]gasse“ neben dem Wall teilweise nur
angedeutet.
Grundriss der südwestlichen Gebäude mit Erweiterungsentwurf
2° Ms. Hass. 107 [206] (Abb. 79)
Der Grundriss der südwestlichen Gebäude des Nassauer Hofes entspricht in der gezeigten
Gebäudedisposition weitgehend dem in 2° Ms. Hass. 107 [57] dargestellten Zustand, wobei hier
einige Details präzisiert werden. "Georg Könings Hofstädte" in der Ecke zwischen "Illa.
[IIlustrissima] Sahl“ und "Neuer baw." wird hälftig unterteilt, wobei ein Teil beschriftet ist "dieses
gebe ein / stall 70 sch lang / 24 schu breidt", der andere "dieses bliebe ein / höflein." Die
Erweiterung durch den Besitz von Georg König250 wird in 2° Ms. Hass. 107 [204] verso expressis
verbis erwähnt, kam aber vermutlich nicht zustande, wie der Plan von Wessel aus dem Jahre
1673251 nahelegt. Das kleine quadratische Gebäude in der inneren Hofecke enthält neben der
Treppe auch eine "Silber Cammer". Das angrenzende Gebäude umfasst Kammern und Stuben,
die von einem durchlaufenden Gang erschlossen werden.
Abb. 79 2° Ms. Hass. 107 [206]
Grundriss der südwestlichen Gebäude
2° Ms. Hass. 107 [205]
Die sorgfältig mit Hilfe eines Lineals angelegte Zeichnung, die vermutlich zu einem späteren
Zeitpunkt beschnitten wurde, präzisiert die Planung für den südwestlichen Teil des Nassauer Hofs,
wie er in 2° Ms. Hass. 107 [206] (Abb. 79) vorliegt. Der neu zu errichtende Anbau an den Saal ist
hier aufgeteilt in einen "Stall uff 26 pferde." mit kleiner "Stalstube" und "Vorgemach". Ein "höflein"
in der Ecke zum “Vohrsälein” erlaubte den Durchgang vom Stall zum Vorgemach und der
Stallstube. Das anschließende Gebäude an der Ahna konnte nur über den Innenhof erreicht
werden.
Ansicht von Westen
2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten links
Die kleine Vogelschauansicht auf der Rückseite einer Zeichnung des ehemaligen Klosters
Breitenau zeigt den Nassauer Hof in einem ähnlichen räumlichen Zusammenhang wie 2° Ms.
Hass. [57], allerdings in diesem Fall von der „hinder Ahne gasse” im Westen aus gesehen. Ebenso
250
251
hierbei handelt es sich vermutlich um den Zeugmeister gleichen Namens, vgl. die Akte im HStAM Best. 4d Nr. 247
HStAM Karten R II 46, Holtmeyer 1923, Taf. 19,1
128
wie dort begleitet den Lauf der Ahne ein langgestrecktes Wirtschaftsgebäude bis zum Wall hin. An
der gegenüberliegenden Langseite im Hintergrund zieht sich auch hier eine überbaute Galerie, die
bis zum alten Herrenhaus am rechten Bildrand reicht. Saal und Vorsaal neben dem Eingang
erscheinen angeschnitten. Die Bürgerhäuser im Vordergrund sind nur angedeutet, während das
Fachwerkhaus zwischen Fliegengasse und Judengasse genau dargestellt ist, - im Gegensatz zu
der Darstellung in der genannten Zeichnung aber ohne einen Steinsockel.
Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [207]
Der skizzenhafte Grundriss präsentiert die Gebäudesituation ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [57]
recto, links mitsamt der südlich anschließenden Bebauung. Besonderes Augenmerk legt die
Darstellung auf die Einzeichnung von Stallungen in dem zur Erweiterung vorgesehenen Gelände
und den Ausbau des nördlich am Wall gelegenen Gebäudes.
Ansicht von Norden mit Erweiterungsentwurf , 1627
2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80)
Die eigenhändig signierte Darstellung: "Illa [IIlustrissima] hof wie derselbe könte / durch erkaufung
George Königs hauß / erweitert werd[en]. / inventiert in d[er] Moritzaw, den / 29. Aprilis 1627" greift
den auch in anderen Zeichnungen verdeutlichten Vorschlag auf, den Hof an der Südseite nach
Westen hin zu erweitern. An dieser Stelle präsentiert der Entwurf ein Fachwerkgebäude, das
neben dem steinernen Hauptgebäude ein Stück weit zurückspringt, wobei der dort bisher eingezeichnete quadratische „Vorsaal“ entfällt (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [207]). Ein langgestrecktes Gebäude mit Fachwerkobergeschoß begleitet den Lauf der Ahne, die im Vordergrund unter dem Wall
verschwindet. An dieser Stelle schließt der Hof mit einem „Misthöflein“ hinter dem nördlichen
Hofabschluss, einem einfachen Gebäude, das laut Beschriftung einen „kuhstall“ und ein „Bakhaus“
beherbergen soll. An der Fuldaseite zieht sich neben dem Garten eine überbaute Galerie, die hier
bruchlos in das deutlich erweiterte Herrenhaus übergeht. Auf diese Weise erreicht Landgraf Moritz
eine Vereinheitlichung der Hofanlage, die mit der fast durchgängigen Verwendung von Fachwerk
einen ländlichen Charakter erhält.
Abb. 80 2° Ms. Hass. 107 [204] verso
129
Ansicht von Norden
2° Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts
Die ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80) von Norden genommene Vogelschauansicht wird in ähnlicher Weise erläutert als "der Oberst hoff. erweitert / durch erkauffung geörge
Königs hauß“. An der betreffenden Stelle neben dem Saalbau steht wiederum ein Fachwerkgebäude, das an das langgestreckte Gebäude an der Ahne grenzt, einen schmalen eingeschossigen Steinbau. Auch hier mündet das Gelände in den Misthof am Wall hinter dem
nördlichen Hofgebäude. Die Kanalisierung der Ahne unter dem Wall ist deutlich erkennbar.
Detailliert schildert die Zeichnung auch die die angrenzenden Bebauung an "Newe Ahne gasse",
"flieg[en]gasse" und „Juden gasse“, überwiegend eng zusammenstehende Fach-werkbauten. Hier
schloss nördlich das Reithaus am Ahnaberger Kloster an (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [56] recto oben,
Abb. 78). Die Bezeichnung “Fuldathumer gasse“ bezieht sich auf den sogen. Fuldaturm252 in der
Mauer am Fluß.
Ansicht von Nordwesten
2° Ms. Hass. 107 [234] recto, oben
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [204] verso (Abb. 80) und [253] zeigt auch diese Vogelschau, die
sich auf den südwestlichen Teil des Nassauer Hofes beschränkt, einen Fachwerkanbau an das
große Saalgebäude, der in diesem Fall in L-Form ausgebildet ist und in Höhe der kleinen Ahnebrücke an das langgestreckte Stallgebäude anschließt, das hier nur auf Grundriss reduziert ist. Die
Einzeichnung von "Schulbau", "grosse stall" und "klein stall" auf der Hoffläche dokumentiert
weitere Überlegungen zur Erweiterung der von der landgräflichen Familie genutzten Gebäude,
wobei die Schule für die damals noch unmündigen neun Kinder aus der zweiten Ehe vorgesehen
sein dürfte.
Ansicht von Norden
2° Ms. Hass. 107 [203] recto
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [234] recto, oben konzentriert sich die Darstellung auf den
südwestlichen Teil von "Illa [Illustrissima] hof", wobei die angrenzende Bebauung im Grundriss nur
angedeutet ist. Der Saalbau wird in diesem Fall von einem rechtwinklig(?) anschließenden Gebäude ergänzt, bei dem es möglicherweise um den in der genannten Zeichnung einskizzierten
„Schulbau“ handelt.
Besoldungsliste des Hofes der Landgräfin Juliane
2° Ms. Hass. 107 [203] verso
Die Rückseite der kleinen Zeichnung vom Nassauer Hof enthält eine ausführliche Auflistung der
Kosten des Hofes der Landgräfin und der Familie. Nach der Abdankung des Landgrafen Moritz
wünschte Wilhelm V. ihren Umzug in den Nassauer Hof, der aber aufgrund der Vielzahl des
Personals nicht so einfach zu bewerkstelligen war.253
Ansicht von Norden, 1627
2° Ms. Hass. 107 [202] (Abb. 81)
Die sorgfältige, unter Zuhilfenahme eines Lineals ausgeführte Zeichnung ist beschriftet: "der f.
[ürstliche] hof Illa. [Illustrissima] 1627 6 Maij M.H.L.". Die Ansicht von Norden zeigt die zum Wall
hin sich verjüngende Hofanlage, deren Umgebung links außerhalb durch „die schlacht" (Schlagd),
vorne durch "die möhl" (Mühle) und rechterhand durch die „hinder ahn gasse“ und den „ahn fluß“
definiert ist. Der Eingang erfolgt über das „furder thor“, das neben dem im Hintergrund
angedeuteten Salzhaus (s.u. 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten rechts) liegt. Ein regelmäßiger
dreistöckiger Steinbau mit Mittelrisalit, bezeichnet als "der Sahlsbaw", „die schule“ und "der neue
bau", ersetzt die alten Gebäude im Süden. Die rechte Langseite des Hofes besteht aus einem
252
253
Brunner 1913, S. 80
Lemberg 1994, S. 345
130
schmalen steinernen Verbindungsbau entlang der Ahne. An der linken Langseite befindet sich das
„herrnhauß“, begleitet von zwei Gärten, dem „würtzgärtlein“ und dem „Biebergarten“, der von einer
„Galerie“ zum Hof hin abgeschlossen wird. Der abschließende Bau im Vordergrund wird als „Der
Neue bauw uber dem keller“ bezeichnet, rechts daneben liegt das „wall thor“. Bis auf das alte
Herrenhaus sind sämtliche Gebäude als regelmäßige Steinbauten konzipiert, die dem Hof ein
herrschaftliches Gepräge geben, eine Idealvorstellung des gerade abgedankten Landgrafen, der
zu diesem Zeitpunkt vermutlich noch von einem gemeinsamen Aufenthaltsort der fürstlichen
Familie ausging.
Abb. 81 2° Ms. Hass. 107 [202]
2° Ms. Hass. 107 [204] recto, oben
Ansicht von Norden
In weitgehender Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [202] (Abb. 81) schildert auch diese
Zeichnung die gesamte Hofanlage von Norden als Abfolge von regelmäßig gegliederten
Steinbauten. Der nördliche Abschluß zieht sich aber hier nicht bis zur Schlagd, sondern integriert
das an dieser Stelle vorhandene alte Fachwerkgebäude, das in 2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten
links als „Wagenhaus“ bezeichnet wird.
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [253] verso, rechts ist auch hier die städtische Bebauung von
"hinder Ahngasse", "fliegen gasse" und „Jud[en] gasse“ wiedergegeben, allerdings mit deutlichen
Abweichungen, die auf eine eher summarische Aufnahme dieser Gebäude schließen lassen.
2° Ms. Hass. 107 [204] recto, unten
Grundriss
Der Grundriss von "Illa [IIlustrissima] erweiterter hof" auf einem Blatt, das auf Vorder- und
Rückseite weitere Varianten zum Umbau des Nassauer Hofes präsentiert, verzeichnet eine relativ
regelmäßige Anlage des Hofes mit einem durch den "Neue[n] bau uff / george königs bawstädte"
erweiterten Hauptgebäude, einer offenen Galerie an der Ahneseite und einem breiten Querriegel
"neuer baw mit Abschaffung / des Wag[en] hauses" am Wall. In ähnlicher Form ist der Baukomplex
auch in der 1627 datierten Vogelschauansicht 2° Ms. Hass. 107 [202] geschildert.
131
Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [209]
Der sorgfältig ausgeführte, unbeschriftete Grundriss wiederholt sehr getreu die in 2° Ms. Hass. 107
[204] recto, unten vorgegebene Gliederung. Kennzeichnend ist die regularisierte Anlage der
Bauten um den Innenhof, der durch Arkadengänge repräsentativ aufgewertet wird.
Idealentwurf, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [208] (Abb. 82)
Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [209] präsentiert auch dieser Grundriss einen recht
detaillierten Entwurf für eine durchdachte Homogenisierung und Erweiterung der Hofanlage. Das
Hauptgebäude "Illa [Illustrissima] Sahl" wird durch den "Neu baw / von george / könig erkauft. /
darin etzliche ge / mach zu erbauen." ergänzt, wobei wie in der Ansicht 2° Ms. Hass. 107 [202]
(Abb. 81) ein mittig vorgelegter Risalit beide Bauten verbindet und zugleich die Treppe und die
"Silber / stub[e]." aufnimmt. Das alte Herrenhaus an der Seite zur Schlagd hin sollte gemäß der
eingezeichneten Raumdisposition als Versorgungsgebäude mit "Küche", "Speiskammer" und
"backstube" dienen, während auf der gegenüberliegenden Seite eine "Stallung uff 25. pfe" die
"Stallung uff 20 pfe." am Wall zu einem fürstlichen Marstall ergänzt. Die beiden Galerien zwischen
den Gebäuden vereinheitlichen den Hofraum und werten ihn repräsentativ auf. Im Anschluß an
das Stallgebäude am Wall sind hier ein „keller“ und ein „Mühle“ eingezeichnet. Die vorgeschlagenen Veränderungen zielen in der Gesamtheit auf die Möglichkeit der Unterbringung einer
großen fürstlichen Entourage.
Ergänzt wird die Darstellung durch die Angabe der Bebauung an der „saltz oder schlacht gasse",
die ähnlich auch in 2° Ms. Hass. 107 [57] recto, links und [207] angeben ist. Die sorgfältige
Aufnahme des Salzhauses korrespondiert mit der separaten Ansicht des Gebäudes 2° Ms. Hass.
107 [56] recto, unten rechts.
Abb. 82 2° Ms. Hass. 107 [208]
2° Ms. Hass. 107 [56] recto, unten rechts
Salzhaus am Nassauer Hof
Das „Saltzhaus“, ein stattlicher zweiflügeliger Bau vor dem Nassauer Hof an der Schlagdgasse,
war von Landgraf Wilhelm IV. zwischen 1570 und 1580 erbaut worden Es diente vermutlich in
erster Linie zur Aufnahme des Salzes, das in Sooden bei Allendorf gewonnen wurde. In seiner
Grundgestalt war es noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhalten. 254 Landgraf Moritz zeigt den
Bau in Übereinstimmung mit dem Grundriss in 2° Ms. Hass. 107 [208] (Abb. 82) mit seinen im
rechten Winkel aufeinander treffenden dreigeschossigen Flügeln, die durch den Wendeltreppen254
vgl. Holtmeyer 1923, S. 598f.
132
turm in der Hofecke erschlossen werden. Rechts anschließend liegt der „Commiß / hof", der
seinerzeit zur Verpflegung des Hofpersonals diente. 1615 hatte Landgraf Moritz das unweit gelegene Rüsthaus gegen diesen zwischen dem Salzhaus und dem „Neuen Bau“ gelegenen Hof
getauscht.255 Auf dem Stadtplan von Wessel 1673 ist er an derselben Stelle eingezeichnet.256 1618
war das ehemals landgräfliche Rüsthaus an der Schlagdgasse an Hans Fahr verkauft worden,
unter dessem Namen erscheint es auch auf dieser Zeichnung links unten neben dem Haus von
Bürgermeister Didamar.257 Geschildert wird das stattliche Eckgebäude als Fachwerkkonstruktion
über zwei Steingeschossen, ergänzt durch einen Erker an der Schlagdgasse. Vermutlich handelt
es sich bei dieser Vogelschauansicht um eine Bestandsaufnahme der Bebauungssituation vor dem
Nassauer Hof.
Bericht über Bauarbeiten am Nassauer Hof
2° Ms. Hass. 107 [211]
Der undatierte Bericht über „Die Gedingte Arbeijten ahn hießigem E. f.g. Naßau,, / ischen hoiff“,
betrifft die Bezahlung der Arbeiter „daß alß selbiger Arbejtter einer wochentlich / uff seine
Verköstigung zue 42. auch zue 36 alb. bekomen thutt“ und die Beschaffung von Material und
Fachkräften zum Verputzen „Wan E.F.G. mir auch in gn. befohlen etzliche Kleibe / wie auch Kalck
zue verbinde[en] So balt Möglich zue / wege zue bring“. Ein konkreter Bezug zu den Zeichnungen
lässt sich nicht erkennen.
Hof am Steinweg (?)
2° Ms. Hass. 107 [219] verso, unten rechts
Die kleine Ansicht mit der Beischrift „Illi. Hof zu den Linden am stein weg [?] Zu Cassel 1630 den
29. Septemb. M.H.L.“, war bisher bei den Zeichnungen des Nassauer Hofes abgelegt worden. Die
Beschriftung verortet diesen Hof jedoch eindeutig in der direkten Umgebung des Landgrafenschlosses am Steinweg. „Schloßwall“, „Schloßgraben“, und "Brüder Pfarrhaus" verorten die Gebäude ungefähr im Bereich des Renthofes. Der im Horizontalschnitt angedeutete "Cörenbergisch
hoff" - gemeint ist vermutlich der Cornberger Hof - lag aber eigentlich am Graben, an der Ecke zur
Druselgasse.258 Aufgrund dieser Widersprüche ist eine genaue Lokalisierung des Hofes in Kassel
derzeit nicht möglich.
f. Karten
Neben dem wahrscheinlich Wilhelm Dilich zuzuschreibenden unvollendeten Fragment einer Amtskarte von Kassel und Umgebung enthält der Bestand zwei Zeichnungen des Landgrafen Moritz,
die möglicherweise im Zusammenhang mit den Landtafeln Wilhelm Dilichs stehen.
Wilhelm Dilich (?), Entwurf für eine Amtskarte
2° Ms. Hass. 107 [197] (Abb. 12)
Die aus fünf Einzelteilen zusammengesetzte Karte, deren ungewöhnliches Format auf eine spätere Reduzierung schließen lässt, erweist sich als unvollendetes Fragment einer von einem Landvermesser mit Hilfsinstrumenten angelegte Karte des Amtes Kassel, wobei im Zentrum die
Festung Kassel steht. Die deutliche erkennbaren geritzten Blindlinien, das an einer Stelle vorhandene Linienraster und die Graphitkorrekturen im Kernbereich lassen die Vorgehensweise des
Zeichners erkennen.
Die ausführliche Beschriftung, die auch heute noch in Kassel vertraute Namen verwendet (z.B.
"Müncheberg", "Auefeldt", "Burgfeldt"), stimmt überein mit dem von Wilhelm Dilich in seinen Land-
255
vgl. Holtmeyer 1923, S. 423ff.
Abb. in Holtmeyer 1923, Taf. 19, 1
257 Holtmeyer 1923, S. 422
258 Holtmeyer 1923, S. 672
256
133
tafeln verwendeten Schema, wobei die Gleichartigkeit des Schriftbildes seine Autorschaft auch in
diesem Fall sehr wahrscheinlich macht.
Die Anlage der Festung entspricht weitgehend dem in Stockholm aufbewahrten Plan 259, der
zwischen 1618 und 1623 datiert wird, wie auch dem von Holtmeyer um 1620 datierten Festungsplan.260 Da Dilich bis 1618 mit der Arbeit an dem groß angelegten Projekt der Landtafeln für Landgraf Moritz beschäftigt war, das auch eine Karte des Amtes Kassel beinhalten sollte,261 dürfte die
Zeichnung spätestens 1618 entstanden sein.
Landtafeln von Nordhessen, Skizze
2° Ms. Hass. 107 [212] recto
Die skizzenhafte Zeichnung auf diesem später mit der Nummer „31“ versehenen Blatt lässt sich
bei näherer Betrachtung in zwei nicht eindeutig getrennte, schematische Landtafeln des „Niederfürstenthums“ 262 differenzieren. Der obere Plan zeigt das Gebiet um Ziegenhain, wobei der Norden
(„septentrio“) links liegt, der untere präsentiert Kassel mit Umgebung in ähnlicher Ausrichtung. In
diesen Zusammenhang gehört vermutlich auch die Tabelle auf der Rückseite des Blattes, die
hessische Städte auflistet. Eine im Marburger Staatsarchiv befindliche "Landtafell uber die Stede
Im niderfürstenthumb“ von der Hand des Landgrafen Moritz263 präsentiert die Landgrafschaft in
ähnlicher, sehr vereinfachter Weise, wobei nur die ungefähre Ortslage im Gesamtzusammenhang
des Hoheitsgebietes von Interesse ist. Da das Blatt aufgrund des Wasserzeichens relativ früh zu
datieren ist (1607-1615), könnte die Zeichnung im Zusammenhang mit den Landtafeln Dilichs
entstanden sein.
Idealplan von Stadt und Festung
2° Ms. Hass. 107 [212] verso
Der schematische Idealentwurf für die Stadt Kassel bringt die Grundform der Stadt und Festung
Kassel in die Gestalt zweier halbkreisförmiger Befestigungen mit rasterförmigem Straßennetz zu
beiden Seiten des Flusses. Auf diesem ist eine elegante, von zwei Personen mit langen Rudern
bewegte Gondel eingezeichnet, beschriftet "Giovanni eccelio in gondola", eine humorvolle Anspielung auf den landgräflichen Sekretär Johann Eckel, der dem Landgrafen viele Jahre treu
diente.264 Der Entwurf orientiert sich mit seinem regelmäßigen Bastionärssystem an zeitgenössischen Entwürfen für moderne Befestigungen, wie sie etwa Daniel Specklin in seinen Büchern zur
Festungsbaukunst zeigte.265 Der Ausbau der Befestigungsanlagen in Kassel war lange Jahre ein
wesentliches Anliegen des Landgrafen Moritz gewesen.
Das ebenfalls auf dieser Blattseite befindliche siebenspaltige Verzeichnis von Ortsnamen bezieht
sich vermutlich auf die rückseitigen skizzenartigen Landtafeln.
g. Fasanenhof
Fasanengärten, die seit dem 17. Jahrhundert im höfischen Umfeld angelegt wurden, waren relative
großzügige Gehege, in denen Fasanen gehalten wurden, die seinerzeit auch häufig der Mittelpunkt großer Festessen waren. Es ist anzunehmen, dass in diesen speziellen Anlagen auch
anderes Geflügel gezogen wurde.
Der vor dem Ahnaberger Tor bei Wolfsanger gelegene landgräfliche Fasanenhof wird 1607
erstmalig in den Akten erwähnt. 1640 schenkte ihn Landgräfin Amalie dem Hofprediger, dessen
259
Riksarkivet Stockholm 0406:25:038:001, vgl. Papritz 1964/65
Holtmeyer 1923, Taf. 64
261 vgl. Stengel 1959
262 in der Übergabeliste von 1786: „31. Zeichnung von einem Theil des Niederfürstenthums Nordhessen“, 2° Ms.Hass.
107a, fol. 7 verso
263 HStAM Karten P II 10529
264 vgl. Broszinski 2011, S. XXII
265 z.B. Fischer 1996, Abb. 70
260
134
Witwe ihn aber wieder an die landgräfliche Familie veräußerte, 1702 wurde er neu angelegt.266
1766 kam das Gut an die Kriegs- und Domänenkammmer, die dort neue Wirtschaftsgebäude
errichten ließ. 267 1920 wurde die Domäne von der Stadt Kassel angekauft und 1926 mit dem Stadtteil „Fasanenhof“ eingemeindet. Der ehemalige Standort ist heute an der Fuldatalstraße, ungefähr
an der Stelle des Altenwohnheims zu verorten.
Die Zeichnungen des Landgrafen mit leicht unterschiedlichen Entwürfen zur Anlage von Gebäuden
im Fasanengarten werden ergänzt durch ein Schriftstück mit einer Maßtabelle zu einem neu gekauften Grundstück. In den Bauanschlägen für 1615 wird der Bau eines „fasanen hauß“ in Kassel
erwähnt und mit „factum“ auch als umgesetzt gekennzeichnet. 268
Fasanengarten, 1615
2° Ms. Hass. 107 [157] (Abb. 83)
Die Vogelschauansicht der gesamten Anlage zeigt einen L-förmigen Fachwerkkomplex, bestehend
aus einem langgestreckten Fasanengehege mit abgeschrägter Wand und einer mit feinem Geflecht geschlossenen Dachöffnung und einem kleinen zweistöckigen Haus, dem rechtwinklig dazu
ein kleineres einstöckiges Gebäude beigesellt ist. Feste Holzzäune schließen den vorderen Hof
ein, dem ein weiteres umzäuntes Gelände mit einem großen Teich angeschlossen ist. Ein einzelner Vogel auf dem Teich belebt die schlichte Umgebung und deutet die Funktion an.
Die Beschriftung "Neuer fasangarten nicht weit von Wolfes anger. 1615. 26. Julij. inventiert / Im
Obersten hoff zu Cassel." verortet die Anlage und gibt einen Hinweis darauf, dass es sich um
einen Entwurf handelt, den Moritz im „Obersten hof“, dem vormals so genannten Nassauer Hof in
Kassel anfertigte. Nach Ausweis der Akten war 1615 tatsächlich ein Fasanenhaus errichtet
worden.
Abb.83 2° Ms. Hass. 107 [157]
Ansicht und Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [158]
Die Zeichnung präsentiert in Grundriss und Vogelschau untereinander eine ähnliche Anlage wie in
2° Ms. Hass. 107 [157] (Abb. 83), bei der allerdings das Gebäude am Kopf des Fasanenhauses
266
Holtmeyer 1910, S. 65
vgl. die Zeichnung in der Graph. Sammlung der Museumslandschaft Hessen Kassel, Marb. Dep. 254,34, in:
Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007
268 in: HStAM Best. 53e Pak. 61
267
135
quer gestellt ist. Die Graphiteinzeichnung im Bereich des Grundrisses ist vermutlich späteren
Datums.
Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [159]
Der Lageplan zeigt die gesamte Anlage sowie das sie umgebende Areal an der "Strasse nach
Wolffes anger". Am Kopfende des Fasanenhauses stehen hier aber im Gegensatz zu 2° Ms. Hass.
107 [157] (Abb. 83) und [158] zwei kleinere Gebäude, eine "fasanstube" und ein "fasan warmes
hauß." Baumaßnahmen bezüglich eines Fasanenhauses sind für 1615 belegt, es bleibt aber
unklar, welche Variante umgesetzt wurde.
Maßtabelle eines gekauften Grundstücks
2° Ms. Hass. 107 [160]
Die "Außmessung des gekauften gartens“ liefert die Zahlen für ein insgesamt 11 Acker umfassendes Stück Land, das vermutlich dem Fasanenhof hinzugefügt werden sollte.
h. Waldau
In dem im Südosten der Stadt Kassel gelegenen heutigen Ortsteil Waldau, ehemals auch Walda
oder Walde genannt, lag nördlich der Kirche eine befestigte Burg, die im 15. Jhdt. als landgräfliche
"Kemenate" bezeichnet wurde. 1486 ließen die Landgrafen diese erneuern.269 Nach Aussage der
in diesem Bestand vorliegenden Pläne, die nicht alle vom Landgrafen selbst gezeichnet wurden,
handelte es sich um einen rechteckigen Bau in einer quadratischen Umwehrung mit vier Ecktürmen und einem umlaufenden Wassergraben.
Landgraf Moritz plante an dieser Stelle die Anlage eines neuen Jagdschlosses mit dem Namen
„Moritzheim“. Dafür erwarb er zunächst weitere Gebäude und Gelände. Wie die Lagepläne belegen, war auch eine zumindest partielle Auffüllung der Gräben vorgesehen. 1615 werden in den
Baurechnungen Hundeställe erwähnt,270 ebenso noch mehrfach 1616. 271 Mehrere Zeichnungen
und Bauanweisungen belegen konkrete Arbeitsmaßnahmen im Hof des „Hetzmeisters“. Die
darüber hinaus angestrebten Pläne, ein neues Jagdschloss zu errichten, konnten allerdings nicht
verwirklicht werden. 272
Eine Nutzung als Jagd und Falknereihof ist noch im 18. Jahrhundert belegt. Reste der alten
Ringmauer und zweier Türme sind heute noch vor Ort im Unterbau des Fachwerkhauses (ehem.
Försterhaus) aus dem 17. Jhdt. vorhanden.
Adam Müller(?), Wasserburg, Lageplan, um 1600
2° Ms. Hass. 107 [333] (Abb. 84)
Der auf einem Doppelblatt Folio mit einem um 1600 zu datierenden Wasserzeichen angelegte
Lageplan, verso beschriftet: "Abriß des hauses zur / Wahl bei Cassell", zeigt die von einem breiten
Graben umgebene, quadratische Anlage mit zwei hölzernen Brücken, die den Zugang über die
Tore in der Ringmauer ermöglichen. Im inneren Geviert liegt der massive Steinbau, ein kompaktes
„festes Haus“ mit vorgelegtem Wendeltreppenturm, ein kleineres Gebäude fügt sich in die linke
untere (südöstliche) Mauerecke. Die Beischriften vermerken oben die „Area des Gartten“ sowie
unten links die Maße der Mauern. Die vermutlich nachträglich eingezeichneten Füllungen in
Fenstern und Türen verweisen auf Baumaßnahmen, die in dem Lageplan von 1610 (2° Ms. Hass.
107 [329]) verwirklicht sind.
269
vgl. Holtmeyer 1910, S. 208ff.
„Aufhebung der Englisch hundtställ zu Walda“, Bericht von H. Wolff, HStAM Best. 4a 39/54
271 in: HStAM Best. 53e Pak. 61
272 Rommel 1837, S. 417
270
136
1601/2 vermerkt ein Register Ausgaben „am fürstlichen Baw zur Walda, so Itzo der Falckner
bewohnet“.273 Dabei handelte es sich aber vor allem um Arbeiten am Innenausbau. Holtmeyer berichtet allerdings von einem teilweisen Abbruch des Hauses, wobei das Material beim Bau von
Schloss Weißenstein (1606ff.) verwendet worden sein soll.274
Die Zeichnung stammt vermutlich vom Kasseler Baumeister Adam Müller, wie der Schriftvergleich
nahelegt.
Abb. 84 2° Ms. Hass. 107 [333]
Plan der Wasserburg
2° Ms. Hass. 107 [329]
Der möglicherweise nicht von Moritz eigener Hand stammende Plan, bezeichnet verso in
Kanzleischrift: "Däß Schloß zur / Wale Grundt / riß / 1610", präsentiert einen Grundriss der alten
Burganlage, wobei die in 2° Ms. Hass. 107 [333] (Abb. 84) eingefügten Veränderungen weitgehend
umgesetzt sind. Der Wohnbau enthält nur noch eine Türöffnung und erscheint deshalb im Erdgeschoss nicht mehr für Wohnzwecke geeignet. Möglicherweise befanden sich hier die mehrfach
erwähnten Hundeställe. Bemerkenswert sind auch die eingezeichneten Auffüllungen der Ecktürme
sowie der Wegfall des Turmes an der südlichen Seite am Nebengebäude.
Lageplan der Wasserburg
2° Ms. Hass. 107 [332]
Der "Grundtriß des Alten baues zur Walda" wiederholt die in 2° Ms. Hass. 107 [329] gezeigte
grundsätzliche Disposition der Gebäude innerhalb der Ringmauer. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [333]
(Abb. 84) sind hier allerdings drei Tore in der Mauer eingezeichnet sowie ein Abort in einem der
runden Ecktürme.
273
274
in: HStAM 40 a Rubr. 10 Nr. 90
Holtmeyer 1910, S. 209
137
Johann Wi(e)dekindt(?), alte Burg und Falknerei, Lageplan, 1615
2° Ms. Hass. 107 [338]
Die im Laufe der Jahre in mehrere Teile zerfallene und jetzt wieder zusammengefügte, große
Zeichnung ist auf einem aus fünf Teilen zusammengeklebten Blatt angelegt worden. Die rückwärtige Beschriftung lautet: "Gründt Risß des alten Schlosses zür / Walda sampt dem falcken
hauß, hundts stellen / undt Garten, den 11. Decemb[er] Anno 1615".
Es handelt sich hier um einen vermutlich vom Baumeister Johann Wiedekindt angefertigten Lageplan des Areals der alten Burganlage mitsamt den angrenzenden Gärten und den Gebäuden des
Falknereihofes am „Waldabach“. Hieraus wird ersichtlich, dass der Wassergraben zum Teil aufgeschüttet werden sollte. Das „feste Haus“ ist wiederum als massiver Bau ohne Fenster geschildert, umgeben von einer Wehrmauer mit runden Ecktürmen, deren einer wie in 2° Ms. Hass.
107 [332] einen Abort enthält. Eine Holzbrücke macht die Burg von Norden her zugänglich. Die
zum Bach und Weg ausgerichteten Gebäude des Falknereihofes sind mit ihren Funktionen detailliert geschildert, wobei neben "falckners / won haus" auch "Oppermans haus" aufgeführt wird.
Die kräftigen Markierungen/Ausstreichungen und die Beischriften in der rechten unteren Ecke
gehen vermutlich auf Landgraf Moritz zurück (siehe das vergleichbare Beispiel 2° Ms. Hass. 107
[50], Abb. 25).
Unbekannter Zeichner, Hof des Hetzmeisters mit den Hundestallungen, 1615
2° Ms. Hass. 107 [339]
Der "Abriss des Hauses / Hundtställ, falcken undt / Jäger Wohnung Item der / Garten zur Walda /
1615" ist nahezu identisch mit dem Lageplan 2° Ms. Hass. 107 [338], wobei auch hier Korrekturen
eingetragen wurden. Neben dem Falknereihof ist in diesem Fall noch ein "Künfftiger neuer /
Jaghundtstall" mit punktierter Umrißlinie skizziert worden. Auf diesen, von Hofbeamten sorgfältig
aufgenommenen Lageplänen bauen die Entwürfe des Landgrafen zur Umgestaltung des
„Jägerhofes“ auf (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [336]).
Jagdhof an der ehemaligen Wasserburg
2° Ms. Hass. 107 [336]
Die von Landgraf Moritz eigenhändig angefertigte "Ohngefehrliche Inlineatio / des hauß, hoff undt /
garten zur Walda" fußt auf den von seinen fachkundigen Vermessern angefertigten Plänen 2° Ms.
Hass. 107 [338] + [339]. In vereinfachter Darstellung skizziert er die von ihm vorgesehenen
Veränderungen. Neben dem "opfermans heuslein" notiert er "Alhier bey A / werden die hundestell /
gesetzt". Einen weiteren "Neu Jachthund Stall" zeichnet er neben dem Falknereihof ein. Zudem
ergänzt er an zwei Seiten der Burgmauer aneinandergereihte, kleine Stallungen, die vermutlich
ebenfalls für Hunde vorgesehen waren.
Hof des Hetzmeisters, Plan, 1616
2° Ms. Hass. 107 [331]
Der "Abriß wie des hetzmeisters / hoff bey der Waldau selbander / beschlossen und außgebauet /
werden soll. 13 Maij 1616." konzentriert sich auf die Darstellung des 1615 als Falknereihof
bezeichneten Areals (2° Ms. Hass. 107 [338]) östlich der alten Burg. Das Wohnhaus des Hetzmeisters 275 wird hier durch zwei senkrecht dazu stehende, gleichartige Stallgebäude ergänzt,
deren eines als Stall, das andere aber als Back- und Waschhaus dienen sollte. Ein vergleichbares
Gebäude, das alle genannten Funktionen in sich vereint, ist auch in den älteren Plänen eingezeichnet. Die Anmerkung des Landgrafen „Wirdt besser sein diese beyde bau / in einen zu bring
[en] und etwas breiter zu / machen“ lässt darauf schließen, dass die Planung zu diesem Zeit-punkt
noch nicht abgeschlossen war. Die erhaltenen Akten belegen, dass seit 1615 Verände-rungen an
den Hundeställen geplant waren,276 die vermutlich 1616/17 auch umgesetzt wurden, wie aus der
diesbezüglichen Bauanweisung des Landgrafen (2° Ms. Hass. 107 [337]) hervorgeht.
275
276
seinerzeit Burkard von Stockheim, vgl. 2° Ms. Hass. 107 [4]
siehe den Bericht von Hermann Wolff vom 22.10.1615, in: HStAM 4a 39/54
138
Hof des Hetzmeisters, Plan mit Bauanweisung
2° Ms. Hass. 107 [337]
In einer Kombination von Planskizze und Anweisung gibt Landgraf Moritz auf diesem Blatt genaue
Instruktionen zu den Bauvorhaben im Hof des „Hetzmeisters“, dem für die Jagdhunde zuständigen
Aufseher. Aus dem Plan wird deutlich, dass das Areal zwischen „Windtstallung“ und dem
geplanten Gebäude mit der Beischrift "Allhiehr wirdt künftig / zum / Jaghunden gebauw / werden"
durch ein rechtwinklig zum Wohnhaus stehendes Gebäude ergänzt werden soll, das alle der in
den älteren Plänen genannten Funktionen übernimmt. In der detaillierten Anweisung heißt es
hierzu: "Es soll […] zu beschliessung des Hatzmeisters hoff […] ein bewlein von 60 ß lang / 18
schue breidt undt / 18 schue hoch zu Zweijen wanderung […] gefertiget, hierzu die abseite an dem
hunde / Jung losament genohmen undt mehr gehöltz dazu gegeben werden und / wan es fertig uff
die seite nach der Burg Wiesen zu in die lange von hauß / hinab nach dem dorff zu gesetzt undt
auß gefertiget werden, darin der hetzmeister sein / pfe. undt Rindtviehe stellen, auch sein back
undt wasch / hauß haben; undt oben ettwa ein kemmerlein oder zwen gebrauchen unter / dem
dach aber futterung behalten könne". Eine genaue Abschrift dieser Anweisung mitsamt dem Plan
findet sich in 2° Ms. Hass. 107 [334] und ebenso in den Bauanschlägen von 1616 unter dem Titel
“Bauw zum Wasch, Back undt hüner hauß Item zur vihstallung vor dem Hetzmeister zur Walda“.277
Unbekannter Zeichner, Hof des Hetzmeisters, Lageplan mit Bauanweisung
2° Ms. Hass. 107 [334]
Bei diesem Blatt handelt es sich offensichtlich um eine Abschrift/Nachzeichnung der handschriftlichen Anweisung des Landgrafen Moritz (2° Ms. Hass. 107 [337]) die ein weiteres Mal in den Bauanschlägen von 1616 unter dem Titel “Bauw zum Wasch, Back undt hüner hauß Item zur
vihstallung vor dem Hetzmeister zur Walda“ (s.o.) vorliegt. Die Anweisung des Landgrafen wurde
offensichtlich zur Information der am Bau Beteiligten mehrfach vervielfältigt.
Hof des Hetzmeisters mit den Hundestallungen, 1616
2° Ms. Hass. 107 [330] recto, oben
Die Zeichnung „A“ auf einem Blatt mit zwei Ansichten von Waldau, rückseitig beschriftet "Abrisse
uber den Jäg[er] hoff / zur Waldau den 13 und 15 / Maij ao 1616 gemach" präsentiert den Hof des
Hetzmeisters mit den Stallungen in einer Vogelschauansicht von Nordosten. Wie in 2° Ms. Hass.
107 [331] liegt links neben dem Wohnhaus der "windt hundstall“, an den das "hunde Jung[en]
hauß" anschließt, das in den Plänen von 1615 (2° Ms. Hass. 107 [339]) noch als „oppermanns
hauß“ bezeichnet wird. Weitere unterschiedliche Hundeställe („hetzhunde“, „Pirschhunde“,
„Englische hunde“) schließen sich an. Stallungen für „Leid und bludhunde“ befinden sich auf der
rechten Seite des Hofes, dahinter liegt der "grosse Jegerhunde / garten". Die alte Burg mit ihren
Befestigungen und dem breiten Graben ist im Hintergrund nur angedeutet. Die in den älteren
Plänen neben dem Hof des Hetzmeisters positionierten Gebäude der Falknerei sind hier auf die
andere Seite des Baches und der „Strasse nach Milsungen“ im Vordergrund verlagert.
Die durch eine kleine Kartusche eingerahmten arithmetischen Berechnungen links unten am Rand
stehen möglicherweise im Zusammenhang mit den Maßangaben in der Zeichnung.
Entwurf für ein Jagdschloss
2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten (Abb. 85)
Die zweite Zeichnung „B“ auf dem Blatt mit Ansichten von Waldau präsentiert auf dem Gelände der
alten Wasserburg zwischen der Kirche und dem Hetzmeisterhof einen regelmäßigen, quadratischen Schlossbau, bestehend aus einem Hauptbau mit zwei Zwerchgiebeln und drei den Innenhof umrahmenden schmalen Flügelbauten, bestehend aus zweigeschossigen Arkaden. Wie in der
oberen Zeichnung liegen neben dem Hof des Hetzmeisters an der Straße mehrere Stallungen für
unterschiedliche Hundearten sowie hinter dem Schloss noch ein „Jegerhunde / garten" und ein
„küchengarten".
277
HStAM Best. 53 e Pak. 61, fol. 34 verso
139
Abb. 85 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten
Georg Burkhard von Stockheim, Schriftstück zum Jagdhaus in Waldau (?), dazu Text
von Landgraf Moritz
2° Ms. Hass. 107 [4]
Das in drei verschiedenen Handschriften verfasste Schriftstücke enthält neben einer Anfrage von
"Jörge Borgkard von Stöckem" vom 24. Mai 1616 wegen einer "Mäus Kammer" einen spanischen
Text von der Hand des Landgrafen Moritz, der einen Raum für die Mauser der Falken ("camera por
deplumacion de los falcones") erwähnt, sowie eine Randnotiz, in der von Hundeställen die Rede
ist.
Burkard von Stockheim wurde 1598 in Waldau in Zusammenhang mit der Falknerei erwähnt.278
1613 fungiert er als "Hetzmeister" am Kasseler Hof.279 Das Schriftstück steht deshalb mutmaßlich
im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen in Waldau 1616.
Entwurf für ein Jagdschloss
2° Ms. Hass. 107 [326] (Abb. 86)
In diesem sorgfältig angelegten Grundriss des „baues zur Wahl / genandt Moritzheim“ visualisiert
Landgraf Moritz seine Vorstellung eines Jagdschlosses auf dem quadratischen Gelände der alten
Wasserburg in Waldau. Dem mauerumwehrten Hof, in dessen vier Ecken kleine quadratische
Wirtschaftsgebäude eingefügt sind, ist ein zentrales quadratisches Gebäude eingeschrieben, das
durch vier vorspringende Annexe kreuzförmig erweitert wird. Auf diese Art entsteht ein absolut
symmetrisch gegliedertes, regelmäßiges System auf der Basis des Quadrats, wie sich auch in den
Ansichten 2° Ms. Hass. 107 [327] (Abb. 87) + [328] zeigt.
Ähnlich wie in den Entwürfen für Fahre und Weißenstein sind die Wirtschaftsräume vom
Hauptgebäude abgetrennt und subordiniert. Küche und Bäckerei (beide mit drei Kaminen
versehen), sowie Silberkammer und „Boteleij” (Schenke) in den Ecken des Hofes dienen der
Versorgung der Hofgesellschaft im großen Saal, der mit „Musikstand“ und „schencken standt“ in
den Vorbauten für Festlichkeiten gerüstet ist. Die Treppe im vorderen Annexbau wird als Wendeltreppe („schnecken“) bezeichnet, allerdings handelt es sich hier um gerade Treppenläufe mit
quadratischem Mittelpfeiler und Podesten in den Ecken, eine Weiterentwicklung der in Schloß
278
279
„Falckener new Wohnhaus zur Walda darin itzo der von Stöckheim wohnet“, zitiert nach Holtmeyer 1910. S. 208
Rommel 1837, S. 391, Anm. 112
140
Melsungen eingebauten Wendeltreppe in einem rechteckigen Gehäuse. In den oberen Geschossen waren vermutlich die Wohnappartements vorgesehen.
Abb. 86 2° Ms. Hass. 107 [326]
Entwurf für ein Jagdschloss
2° Ms. Hass. 107 [328]
Die isometrische Vogelschauansicht des in 2° Ms. Hass. 107 [326] (Abb. 86) im Plan vorliegenden
Schlossentwurfs, verso bezeichnet: "Verzeichnuß des hauses / zur Wale bei Cassell", wird –
analog zum Grundriss - bestimmt von einem System kubischer Baukörper. Die kleinen, zweigeschossigen Eckpavillons ordnen sich dem dreigeschossigen Hauptbau mit den pavillonartigen
Annexen unter. Zeltdächer mit Laternen und begehbaren Umgängen, die das Zusehen bei der
Jagd ermöglichen sollten, bilden eine Dachlandschaft, die an die dekorative Dachgestaltung
französischer Lustschlösser erinnert. Die mit Schießscharten und Zinnen versehene Mauer hat in
diesem Zusammenhang nur eine symbolische Funktion. 280
Unvollendeter Entwurf für ein Jagdschloss
2° Ms. Hass. 107 [327] (Abb. 87)
In dieser sorgfältig angelegten, aber unvollendeten Zeichnung versuchte Landgraf Moritz in einer
ungewöhnlichen Kombination von Aufriss und Dachaufsicht die wesentlichen Elemente der
dekorativen Ausgestaltung des Jagdschlosses im Detail festzuhalten. Die Anordnung und
Gliederung der Baukörper folgt dabei dem in 2° Ms. Hass. 107 [326] + [328] entworfenen System.
Bemerkenswert erscheint die aufwendige Aedikularahmung der Fenster und Portale, ein Detail,
das an keiner anderen Stelle in den Entwürfen des Landgrafen Moritz auftaucht und ebenso wie
die Bandrustika an den Pavillons und dem Hauptportal eine Reminiszenz an italienische
Renaissancearchitektur darstellt. Die Dachlandschaft mit den Laternen und den Umgängen mit
den ornamental gestalteten Gittern erinnert allerdings eher an französische Schlossbauten, von
denen der hessische Fürst einige bedeutende Beispiele (z.B. Madrid, St. Germain-en-Laye und
Fontainebleau) auf seiner Frankreichreise 1602 persönlich kennengelernt hatte.
280
vgl. Hoppe 2003, S. 89f.
141
Die Füllung der Fenster- und Türöffnungen mit Schraffuren geht zurück auf die Darstellungsweisen
zeitgenössischer Architekturpublikationen, wie z.B. das Stichwerk „Des fortifications et artifices.
Architecture et perspective“ des hugenottischen Architekten und Ingenieurs Jaques Perret, das
1601 erstmalig erschien und 1602 bereits in deutscher Sprache verlegt wurde. Die Kenntnis
solcher Architekturbücher scheint für eine derart konsequent durchgestaltete ideale Vision eines
Jagdschlosses eine wesentliche Voraussetzung.
Abb. 87 2° Ms. Hass. 107 [327](Aussschnitt)
Entwurf für ein Jagdschloss
2° Ms. Hass. 107 [219] verso, oben rechts
Die Vogelschauansicht auf einem Blatt mit mehreren in das Jahr 1630 datierten Zeichnungen
präsentiert einen weiteren Entwurf für ein Schloss an der Stelle der Wasserburg, wobei wie in der
Wassergraben erhalten bleibt. Der Schlossbau besteht hier aus vier gleichartigen Flügeln um
einen Innenhof, wobei die runden Ecktürme noch an die alte Anlage erinnern. Dem Eingang
vorgelagert ist ein in Kompartimente unterteilter Kräutergarten, dessen Bepflanzung exemplarisch
angegeben ist. Dort lag in der älteren Zeichnung „hetzmeisters küchgarten“. An der Stelle des
ehemals „ledigen“ Platzes auf der Rückseite des Schlosses befindet sich hingegen in diesem Fall
ein Vorhof mit Ställen.
Die Umgebung des Schlosses und ihre Bebauung werden ebenfalls detailliert geschildert. Der
ehemalige Hof des Hetzmeisters (hier: „leyfers hof“) ist auch hier mit Nebengebäude und
angrenzenden Ställen und Gärten eingezeichnet. Der auf der anderen Set des Baches gelegene
Hof mit der Scheuer wird jetzt als „Vogtes hof“ bezeichnet. In der genannten Zeichnung war dieser
für den Falkner vorgesehen.
Unbekannter Zeichner, Jagdhof und Falknerei mit Gärten, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [335]
Der mit der Beischrift „Abriß falcknereij“ versehene Lageplan von den Bauten und Grundstücken
an der alten Burg in Waldau wird von einem erläuternden Text begleitet. Darin geht es um die
142
westlich angrenzenden Grundstücke, die von Landgraf Moritz dem Falknereihof zugefügt wurden
(„Alß aber L: Moritzen fg, daß falkenhauß gebawt, hatt Ifg: / die platze ABC. nicht allein beij daß
Falckenhauß geortnet, undt / dem damahligen Falckener eingethan, Sondern auch noch von dem
Burgkfeldtt der Hoffwiesen, Daß Stück D. auch dem falckenhauß zugelegt, und dem falckener
eingethan“). Später seien diese Länder dann „Hans Widdekindts deß Baumeisters S: Wittibe […]
ein,, / geraumett worden". Da der Kasseler Baumeister Johann Wiedekindt noch 1626 den großen
„Abris des Hausses Engel Sües“ 281 angefertigt hat, ist davon auszugehen, dass die vorliegende
Zeichnung später, d.h. vermutlich in den letzten Lebensjahren des Landgrafen entstanden ist.
Der Umriss der Burg im Graben wird hier noch wie in den Zeichnungen von 1616 angegeben,
allerdings fehlt das fürstliche Haus, möglicherweise ein Hinweis auf einen inzwischen erfolgten
Abbruch. Von den Gebäuden des Jagdhofes sind nur „Falckners / hauß“, „Brauhauß“ und „Hundt /
stall“ eingezeichnet. Das „Vogts hauß“ liegt wie in 2° Ms. Hass. 107 [219] verso, oben rechts auf
der anderen Seite des "Weg nach Cassell".
Die Aussagekraft der Zeichnung wird dadurch eingeschränkt, dass sich der Zeichner offensichtlich
auf die Angabe der im Text erwähnten Grundstücke konzentriert hat und die Bauwerke nur als
topographische Anhaltspunkte benutzt. Aus dem Fehlen einiger in den anderen Zeichnungen vorhandener Gebäude kann man deshalb in diesem Fall keine eindeutigen Rückschlüsse ziehen.
i. Weißenstein
Das 1143 erstmalig genannte Augustinerkloster Weißenstein auf einem Bergplateau nahe der
Stadt Kassel, wurde nach der Säkularisierung von den Kasseler Landgrafen Philipp und Wilhelm
IV. als Sommerwohnsitz und Jagdhaus genutzt. Landgraf Moritz errichtete an dieser Stelle ab 1606
ein Lustschloss, wie Schminke berichtet: "Landgraf Moritz erbaute daselbst das Schloß nebst dem
schönen Lustgarten, pflegte sich auch an diesem Orte, welchen er Mauritiolum Leucopetraeum,
villam Mauritianam, Moritzheim benannte, öfters aufzuhalten."282 Als Baumaterial wurden u.a.
Steine vom Abbruch der Burg in Waldau verwendet.283 Noch 1612 werden Bauarbeiten am
„Herrenbau“ erwähnt,284 im gleichen Jahr konnte hier bereits ein Fürstenlager abgehalten
werden.285 1615-16 sind noch Arbeiten an der Grotte und den Teichen im Gange. Nach den
wenigen erhaltenen Zeugnissen handelte es sich um eine dreiflügelige Anlage aus schlichten
Gebäuden mit einem Ehrenhof nach Westen und rechteckigen Ecktürmen an den Außenfronten.
„Der Lage nach ist dasselbe ungemein lustig, und von dreyen Seiten zu gebauet; die vierte Seite
aber nach dem Walde und Cascaden zu offen. In dem mittleren Bau befinden sich die fürstlichen
Gemächer […]. Die zwey Seitengebäude aber dienen zum Marstall und Logis für das fürstliche
Gefolge.“ 286 Diesen ersten Dreiflügelbau in Deutschland, der von der Talseite den Eindruck eines
kastellartigen Vierflügelbaus erweckte,287 überliefert auch eine jetzt identifizierte Zeichnung im
Staatsarchiv Marburg. 288 Diese zeigt einen Plan der Anlage mitsamt einer weiträumigen
Einfriedungsmauer, die auch die Teiche vor dem Ehrenhof umschließt und steht möglicherweise im
Zusammenhang mit einem Bericht des Baumeisters Johann Wiedekindt vom 26. Oktober 1625,
der erklärt, „daß nunmehr die Beschliessung des Fürstlichen haußes Weißenstein Gantz fertig
ist“.289 Vom Ersatz des eingefallenen Zaunes zu Weißenstein im Jahre 1625 berichtet auch
Heidelbach, der die diesbezüglichen Akten genau untersucht hat.290
281
HStAM Karten P II 11425
Schminke 1767, S.416
283 Holtmeyer 1910, S. 24
284 HStAM Best. 53 e Pak. 61, fol. 15
285 HStAM Best. 4b Nr. 85
286 Schminke 1767, S.416
287 vgl. Großmann 2010, S. 85
288 HStAM Karten P II 4342
289 HStAM Best. 17e Weißenstein 3
290 vgl. Heidelbach 1909, S. 12-28
282
143
Unter Landgraf Friedrich II. wurde das Schloss 1766 bis 1769 umgebaut und das Corps de Logis
aufgestockt. Wilhelm IX. ließ schließlich alle noch vorhandenen Teile abbrechen und zwischen
1786 und 1801 das von Simon Louis Du Ry und Heinrich Christoph Jussow geplante Schloss
Wilhelmshöhe errichten.
Die skizzenhaften, ineinander verschachtelten Zeichnungen des Landgrafen auf einem Blatt, das
auf der Rückseite zudem Darstellungen von Melsungen, Mittelhof und Fahre enthält, thematisieren
die Positionierung der Wirtschaftsgebäude in separierten Höfen, wodurch eine weiträumige Anlage
entsteht, wie sie Landgraf Moritz ähnlich auch in seinem Idealentwurf einer Schlossanlage (2° Ms.
Hass. 107 [244] verso, rechts, Abb. 147) konzipierte. Die strikte räumliche Trennung von herrschaftlichem Haus und Wirtschaftsgebäuden, die der hessische Fürst in seinen Schlossentwürfen
bevorzugt, ist in der deutschen Architektur seiner Zeit durchaus unüblich 291 und geht möglicherweise auf Eindrücke zurück, die dieser auf seiner Reise nach Frankreich 1602 empfangen
hatte.292
Abb. 88 2° Ms. Hass. 107 [342] recto
291
292
Hoppe 2003, S. 89
vgl. Hanschke 1998, S. 268
144
Entwürfe für einen separierten Wirtschaftshof
2° Ms. Hass. 107 [342] recto, oben (Abb. 88)
Die obere Zeichnung wird im Zentrum dominiert von einem Horizontalschnitt der Anlage auf einer
Hangterrasse. Gezeigt wird eine rechteckige, symmetrische Schlossanlage aus drei gleich großen
Höfen, wobei der mittlere im Ganzen den Schlosshof bildet, während die beiden seitlichen jeweils
durch ein schmales Stallgebäude in Garten und Wirtschaftshof unterteilt sind. Das Hauptgebäude
liegt an der mit Eckhäusern betonten Schlossmauer auf der abfallenden Seite des Hügels, auf der
anderen Seite des Hofs bildet der Marstall dazu das Pendant. Das Innere dieses Gebäudes wird
dreifach unterteilt in einen mittleren Saal sowie zwei flankierende Raumkomplexe, vermutlich
Appartements zu Wohnzwecken.
Ein polygonaler Treppenturm, der eine besondere Erdaufschüttung erfordert, sowie vier
quadratische Türme geben der Anlage an der Hangseite zur Stadt hin repräsentativen Charakter.
An der Bergseite sind zwei große Fischteiche in der Fluchtung der Schlossmauern eingezeichnet,
weitere Teiche ziehen sich am Fuß des Abhangs.
Die eigentlich von der Stadtseite her aufgenommene Ansicht des Geländes wurde in diesem Fall
vom Zeichner zur Beschriftung um 180° gedreht. Die Anlage dieser Zeichnung erforderte zudem
die Vervollständigung des beschädigten Blattes durch ein angeklebtes Papier, wobei sich bei
näherer Untersuchung erweist, dass die rückwärtige Zeichnung zu diesem Zeitpunkt bereits
angelegt war.
Dieselbe räumliche Disposition zeigt auch der kleinere, unten rechts später eingefügte Grundriss,
der lateinisch beschriftet ist. Unterschiede zeigen sich vor allem darin, dass hier das Schloss mit
zwei zentralen Vorbauten und vier Ecktürmen versehen ist, wie es ähnlich auch für Fahre geplant
war. Neu ist auch die Positionierung der Wirtschaftsgebäude an der Mauer auf der Bergseite.
Der lateinische Sinnspruch in der Mitte des Blattes: „Si tua res crescit, crescit labor & tibi Cura /
Cura tibi seges est, messis & ipsa, Labor” steht nicht in inhaltlichem Zusammenhang mit den
Darstellungen.
Entwürfe für einen separierten Wirtschaftshof
2° Ms. Hass. 107 [342] recto, unten (Abb. 88)
Die durch eine doppelte Trennlinie von der oberen Darstellung abgetrennte Zeichnung bietet eine
perspektivische Ansicht der Anlage vom Berg her, wobei auch hier die Grunddisposition von drei
nebeneinander angeordneten Höfen beibehalten ist. Das dreigeschossige Schloss ist ebenso wie
auf der anderen Ansicht als rechteckiger Bau mit Treppenturm und Ecktürmen an der Talseite
gestaltet. Die vier Wirtschaftsgebäude sind hier jedoch rechtwinklig zum Schloss entlang der
Vorhöfe aufgereiht. Ein Lattenzaun grenzt einen breiten Weg rings um die Schlossanlage ab und
schafft eine Verbindung zu dem Garten auf der linken Seite. Ein kleines Portal führt im
Vordergrund zu den genau definierten Fischteichen („Carpen deich“, „Hechte“, „forellen“), die
ebenso in dem Marburger Plan (s.o.) aufgeführt sind - weitere Teiche liegen rechts unten am Fuße
des Berges. Nach Heidelbach gehörten zu Weißenstein insgesamt 13 Fischteiche, die exklusiv zur
Versorgung des Hofes vorgesehen waren.293
Die kleine Plan-Skizze in der oberen Mitte entspricht ungefähr dem Grundriss der oberen
Zeichnung, und ist gleichfalls mit lateinischen Erläuterungen versehen.
Direkt über der Schloßansicht befindet sich die nur schwer entzifferbare Beischrift: "Haec primo est
[?] Inventio ex schedulae [?] / Leuco petreae, quae deinde anno 1604 mutila est". Demnach
scheint sich die Zeichnung ebenso wie die anderen Varianten auf erste, später verworfene
(„mutila“) Entwürfe zu Weissenstein („Leucopetreae“) aus dem Jahre 1604 zu beziehen. Die
zeichnerische Rekapitulation dieser frühen Pläne entstand möglicherweise in Zusammenhang mit
den Plänen des Landgrafen für das Lustschloß in Fahre, die nach seiner Abdankung 1627
entstanden.
293
Heidelbach 1909, S. 22
145
Kaufungen
1017 gründete Kaiserin Kunigunde das Benediktinerinnenkloster Kaufungen, in das sie nach dem
Tode Heinrichs II. als Nonne eintrat.294 Bereits 1025 konnte die Kirche geweiht werden. Der
ursprünglich reichsunmittelbare Besitz gelangte 1086 an die Bischöfe von Speyer und unterstand
ihnen bis 1226. Spätestens 1132 wurde das Kloster in ein Kanonissenstift umgewandelt. 1509
erfolgte eine Reform des Klosterlebens gemäß den Regeln der „Bursfelder Kongregation“. Nach
der Säkularisierung 1527 aufgelöst wurde der Besitz 1532 zusammen mit dem Kloster Wetter der
hessischen Ritterschaft zur Ausstattung ihrer Töchter überwiesen, „Vnd stehet dieses Closter der
Ritterschafft deß Nider-Fürstenthumbs Hessen zu / darauß jegliche Adeliche Jungfraw / so
verheuratet wird / ein hundert Goldgülden / zum Brautschatz / fallen hat“295. Während die erwirtschafteten Einkünfte zunächst nur für die Ausstattung adliger Töchter verwendet wurden, ging
man im Jahre 1735 dazu über, auch andere Bedürftige zu unterstützen.296 Noch heute widmet sich
das „Ritterschaftliche Stift Kaufungen“ gemeinnützigen Zwecken.
Die Zeichnungen des Landgrafen zeigen den Klosterbezirk rings um die Hallenkirche mit spätgotischem Chor, dem ehemaligen Kreuzgang und den sie umgebenden Höfen bis zur „Freyheit“
und dem „Lindenplatz“ in Ansichten aus verschiedenen Richtungen. Besonderes Augenmerk liegt
dabei auf dem südöstlichen Vorhof mit dem Haus des Vogtes Anton Becker, der mehrfach namentlich genannt wird. Wie aus den erhaltenen Akten hervorgeht, versuchte der Landgraf 1621/22
dessen „hofreite undt zugehör ahn das Kloister stoßend“ - auch als „Hüttenhof“ bezeichnet - zu
kaufen, um „eine eigene possession daselbst in od[er] bey unserem dorf kauffungen“ zu erhalten.
Das Vorhaben scheiterte aber u.a. aufgrund des Widerstands der Vorsteher der Ritterschaft,
„sintemalen die behaußung uffs Stifts grundt undt bodten undt In deßen Ringkmauer stünde“, - der
Landgraf versuchte stattdessen den außerhalb gelegenen „Diegelschen Hüttenhoiff bey
Kauffungen“ zu erwerben.297 Die sämtlich nicht datierten Ansichten dürften folglich in diesem
Zusammenhang entstanden sein.298
Die beiden Doppelfolioblätter (2° Ms. Hass. 107 [215] + [216]) waren ursprünglich zusammengeheftet (übereinstimmende Nadelspuren im Falz), so dass sich daraus eine Art Notizkladde
ergab, - es lässt sich aber nicht mehr eindeutig klären, ob diese Bindung schon durch den
Landgrafen oder erst später in der Plankammer erfolgte.
Stiftsbezirk
2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89)
Die Vogelschauansicht von Südwesten auf dem beidseitig genutzten Doppelfolioblatt präsentiert
den gesamten Bezirk des ehemaligen Klosters mit seinen Höfen in anschaulicher Weise übereck
ins Bild gesetzt. Die kreuzförmige Kirche besitzt einen rechteckigen Westturm an den nördlich der
sechseckige „Archivturm“ angrenzt. Während auf der Nordseite der „kirch hoff“ und der „garten
hinder der kirchen“ liegen, gruppieren sich auf der anderen Seite um den „Creutz ganges
garten“ (die alte Klausur) der „Chloster hof“ im Westen sowie „Antonij Beker hof“, d.h. der Hof des
Vogtes im Osten. An der Südseite des Klausurgebäudes befindet sich ein kleiner Garten ("Elias
Bekers s. / garten."), der durch eine Mauer vom „grossen lindenplatz“ entlang der südlichen Mauer
des Geländes abgegrenzt wird. Sehr detailliert ist die Bebauung am „Chloster hof“ mit der darin
liegenden Pferdeschwemme geschildert, die auch in 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten eingezeichnet ist. Neben der Westfront der Kirche erhebt sich das neue Gebäude der 1606 – 1608
errichteten Renterei,299 ein stattlicher Fachwerkbau mit zwei Zwerchgiebeln über dem steinernen
294
vgl. Broedner 1997
Merian 1646, S. 97
296 vgl. Wroz 1985
297 in: HStAM Best. 22a 11 Kaufungen/Wetter Pak. 7, für den freundl. Hinweis auf diese Akte danke ich Herrn Dr. D.
Wunder
298 vgl. Hanschke 2011
299 siehe dazu die Akten im HStAM Best. 304 A 1 Rechnungen
295
146
Erdgeschoss. Die Wiedergabe des Gebäudes mit den beiden rundbogigen Portalen entspricht
allerdings nur annähernd dem heute noch vorhandenen Bestand, so dass die Vermutung nahe
liegt, dass Landgraf Moritz die Zeichnung aus der Erinnerung anfertigte.
Abb. 89 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts
"Prelaten hof" von Westen
2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten
In dieser mit Maßangaben versehenen Vogelschau von Westen schildert Landgraf Moritz den hier
als „Prelaten hof“ bezeichneten Klosterhof in ähnlicher Gebäudeanordnung wie in 2° Ms. Hass.
107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89). Einfache Fachwerkgebäude verschiedener Größe umgeben den Hofplatz mit der Pferdeschwemme. Die Westfront der Kirche und die Renterei, die hier
korrekt mit einem zentralen Rundbogenportal versehen ist, sind im Hintergrund nur angeschnitten
wiedergegeben. Diverse Wege gehen vom Torgebäude des Hofes aus: der "Weg nach der thor [?]
hütten" sowie derjenige „nach volmars hausen" verlaufen parallel in nördliche Richtung, während
der "Weg nach dem Bilchen [?]" (gemeint ist wahrscheinlich der Belchen bzw. Belger Kopf) durch
die „freyheit“ hindurch nach Westen geht.
Stiftsbezirk von Westen
2° Ms. Hass. 107 [215] recto, oben rechts
Das zweite Doppelfolioblatt beinhaltet auf der Vorderseite eine Ansicht des gesamten
Klosterkomplexes von Westen. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [216] recto, unten rechts (Abb. 89)
umfasst die Darstellung sämtliche Höfe innerhalb der Einfriedungsmauer, wobei unten in der Mitte
die Einfahrt zum Klosterhof liegt. Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, unten verfügt
die Renterei auch hier über einen zentralen Eingang und über zwei Zwerchgiebel, die allerdings im
heutigen Zustand deutlich größer angelegt sind.
147
Südöstlicher Hof von Westen
2° Ms. Hass. 107 [216] verso, rechts (Abb. 90)
Auf der Rückseite der Darstellung des Klosterkomplexes von Südwesten befindet sich diese
sorgfältige, mit Hilfe von Zirkel und Lineal angelegte Zeichnung, die den südöstlichen Hof mit dem
Vogtshaus von Westen zeigt. Die Gebäude der ehemaligen Klausur ("das hinder gebeu am
Chloster", "Dormitorium") sind dabei nur im Grundriss angedeutet, um die ungehinderte Einsicht in
den Hof zu ermöglichen.
Direkt an die Klausur schließt sich links der "Sud Chor an der Kirchen" an, wobei das Gebäude im
Gegensatz zu der Darstellung in 2° Ms. Hass. 107 [215] recto direkt an die westliche Wand des
Kreuzarmes angrenzt. Die Mauer entlang des Gartens führt bis zu "Anthonij Beker Vogtes zu
Kaufung[en] / hauß", einem Fachwerkgebäude, dessen steinernes Sockelgeschoss überraschenderweise die charakteristische Gliederung der Renterei mit dem zentralen Portal unter zwei Oberlichtern zwischen Zwillingsfenstern aufweist - auch dies wieder ein Hinweis darauf, dass der
Landgraf hier vermutlich aus der Erinnerung zeichnete. Rechts neben dem Tor befindet sich hier
wie in anderen Zeichnungen "Elias Be / kers s. hauß".
Interessant ist der Einblick in das Innere des „Brauhauß“ mit eigentümlichen Rundbogenöffnungen
auf der rechten Seite, das direkt an das Dormitorium anschließt. Es handelt sich hierbei um die
ehemalige Georgskapelle, die nach der Reformation profanen Zwecken diente und noch heute
vorhanden ist.
Abb. 90 2° Ms. Hass. 107 [216] verso, rechts (Ausschnitt)
Südöstlicher Vorhof, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [215] verso, oben rechts
Auf der Rückseite des zweiten Doppelfolioblattes mit einer Ansicht des Klosterkomplexes von
Westen befinden sich zwei weitere Darstellungen des südöstlichen Hofes mit dem Haus des
Vogtes Anton Becker. Die obere Zeichnung präsentiert einen skizzenhaften Lageplan der Gebäudegruppe, wie sie auch in der unteren Darstellung in der Vogelschau zu sehen ist. Interessant
ist hierbei die Erweiterung des Vogtshauses durch den Anbau eines „Bakauß" und die Erläuterung
eines durch gestrichelte Linien angedeuteten Areals im Hof "hier soll die / vogtliche Stallung
stehen" – möglicherweise ein Hinweis auf geplante Veränderungen.
148
Südöstlicher Vorhof von Osten
2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts (Abb. 91)
Ebenso wie die obere Darstellung zeigt auch diese Zeichnung auf der rechten unteren Hälfte
eines Doppelfolioblattes den südöstlichen Hof an der Stiftskirche, der hier als "Prior hoff"
bezeichnet wird, allerdings in der Vogelschau von Osten, wobei die beiden Gebäude an der
Südmauer ("Elias s. hauß", "Anthonij Beker hauß") hier im Horizontalschnitt gegeben sind, der
einen Einblick in die Raumdisposition des Erdgeschosses ermöglicht. Die Maßangaben stimmen dabei mit denen des Lageplans überein, so dass der inhaltliche Bezug von oberer und
unterer Darstellung auf diesem Blatt evident ist.
Im Schnitt wird deutlich, dass die beiden Gebäude auf der Südseite neben dem Tor auch direkt
vom „lindenplatz“ her zugänglich waren, ein durchgehender „Ehrn“ bestimmt jeweils die räumliche Organisation, die im Falle des Vogthauses neben einer Stube auf der linken Seite Küche
und Speisekammer sowie den Backhausanbau auf der anderen Seite umfasst.
Auch hier ist das "Brau hauß" in der ehemaligen Georgskapelle links neben dem „Closter“
untergebracht, die durch die halbkreisförmige Apsis und die Rundbogenfenster in ihrer ursprünglichen Funktion kenntlich wird.
Abb. 91 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts
Südöstlicher Vorhof von Osten
2° Ms. Hass. 107 [214] recto, oben
Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [215] verso, unten rechts gibt die Zeichnung eine
Vogelschau des südöstlichen Vorhofes von Osten, wobei im Vordergrund der abgeböschte
„linden platz“ liegt. Die eingetragenen Maßangaben differieren allerdings an einigen Stellen. Das
ehemalige Klausurgebäude grenzt auch hier an die Westseite des südlichen Kreuzarmes. Am
linken und unteren Rand der Zeichnung verunklären vermutlich später hinzugefügte
arithmetische Berechnungen (links) sowie eine detaillierte Aufstellung der Unterhaltskosten der
fürstlichen Verpflegung ("hern tisch", "officium tisch", "gemeine tisch"), die Darstellung. Der
senkrecht an der Anlage entlang verlaufende „weg nach der freiheit“ wird begleitet durch den
„Weg vom Schwartzenberge“ und den „Weg aus dem dorffe her“.
149
Südöstlicher Vorhof (Hüttenhof) von Osten
2° Ms. Hass. 107 [213] recto
Eine weitere Variante des sog. Hüttenhofes von Osten präsentiert diese Darstellung, deren uneinheitliche Perspektive erhebliche Brüche und Versprünge im räumlichen Zusammenhang verursacht. Auf diese Weise kommt der irritierende Sachverhalt zustande, dass das östliche Klausurgebäude auf der einen Seite an die Georgskapelle anstößt, an der anderen Seite aber fälschlicherweise am Westturm der Kirche endet.
Stiftskirche von Osten
2° Ms. Hass. 107 [213] verso, links
Die kleine Vogelschauansicht auf der linken Blatthälfte beschränkt sich auf die Wiedergabe der
östlichen Kirchenpartie mitsamt der Einfriedung und der davor gelegenen abgeböschten Terrasse.
Die in diesem Fall ergänzte kleine Futtermauer zur Substruktion der Schräge illustriert
möglicherweise einen Vorschlag des Landgrafen zur besseren Sicherung der Anlage an dieser
Stelle. Die am unteren Rand querverlaufende tabellarische Kostenaufstellung (u.a. „Bier“, „Wein“)
bezieht sich ebenso wie die Liste in 2° Ms. Hass. 107 [214] recto, oben auf Unterhaltskosten des
fürstlichen Hofes, die wie die unter der Zeichnung noch teilweise lesbare Adressierung in einen
anderen Zusammenhang gehören.
Südöstlicher Vorhof von Osten
2° Ms. Hass. 107 [213] verso, rechts
Die auf der rechten Blatthälfte angelegte Vogelschauansicht präsentiert den Hüttenhof am „Kloster
Kaufung[en]“ noch einmal von Osten, wobei hier die in der linken Darstellung separat wiedergegebene Kirche nicht dargestellt wird. Der Blick konzentriert sich vielmehr auf die Abfolge der
Wohn- und Wirtschaftsgebäude bis hin zum „Brau hauß“ in der ehemaligen Georgskapelle.
"Anthonii Beker hauß", ein zweigeschossiger Fachwerkbau über massivem Erdgeschoss, wird
durch einen zentralen Zwerchgiebel an Vorder- und Rückfront deutlich hervorgehoben und auch in
der Größe deutlich von den anderen Gebäuden abgesetzt. Das "Neben wohn hauß" wird in den
anderen Zeichnungen übereinstimmend als Wohnhaus von Elias Becker bezeichnet. Besonderes
Augenmerk legt Landgraf Moritz auf die „Terrace“ im Vordergrund, die ähnlich wie in der linken
Darstellung mit einer Mauer gestützt und mit einem Geländer versehen ist. Hier sah der Fürst wohl
Handlungsbedarf zur Sicherung der Anlage.
Abb. 92 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts
150
Kehrenbach
Der kleine Ort im Riedforst, ca. 8 km nordöstlich von Melsungen im Tal des Kehrenbachs gelegen,
wurde 1209 erstmals urkundlich erwähnt. Dort verlief ein Fußpfad zwischen Spangenberg und
Kassel. 1469/70 errichtete Landgraf Ludwig II. nördlich oberhalb des Ortes ein Jagdhaus als
„festes Haus“ in einem Fischweiher, der durch Stauung des Baches angelegt wurde.300 Dieses
kleine Schlösschen wurde von den hessischen Landgrafen und ihrem Gefolge rege genutzt und
musste unter Landgraf Wilhelm IV. 1585 ausgebessert werden.301
Die drei Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die sämtlich nach seiner Abdankung entstanden
sind, zeigen ein einfaches dreigeschossiges Gebäude auf einer Weiherinsel, charakterisiert durch
ein steinernes Erdgeschoß und zwei Fachwerkobergeschosse unter einem steilen Walmdach. Eine
Holzbrücke (Zugbrücke) führt zum Weg und dem am Hang des Arnsbergs gelegenen Wirtschaftshof, der aus zwei gegenüberliegenden Fachwerkhäusern mit verbindenden Hofmauern
besteht. Ob die Wirtschaftsgebäude in dieser Form tatsächlich existiert haben, ist unklar. Die in
den Zeichnungen festgehaltenen Überlegungen des Landgrafen Moritz beziehen sich vor allem auf
diesen Vorhof.
1639 wurde das Schloss von durchziehenden Truppen geplündert und danach nicht mehr instandgehalten. Das Gebäude verfiel, während der Forellenteich noch längere Zeit genutzt wurde. Heute
ist das Gelände modern überbaut.
Landgräfliches Jagdhaus
2° Ms. Hass. 107 [218] oben
Die kleine Darstellung auf einem Blatt mit Zeichnungen zu Fahre, beschriftet "Domus Ve,, / natico /
Cörenba / chensis. / delineavit / 26. Julii / 1628. / M.H.L.", gibt nebeneinander das dreigeschossige
Fachwerkhaus mitsamt den Grundrissen der einzelnen Geschosse („contignatio“ = Stockwerk)
wieder. Das kleine, quadratische Gebäude bot in dieser Form nur wenig Platz und machte eine
Unterbringung der Jagdgesellschaft andernorts notwendig.
Landgräfliches Jagdhaus mit Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [217]
Die anschauliche Vogelschauansicht präsentiert den Weiher mit dem kleinen Jagdschloss,
eingebettet in die hügelige Landschaft des Riedforstes. Im Vordergrund erstreckt sich ein nahezu
quadratischer „Stalhoff“ mit zwei einander gegenüberliegenden Gebäuden, vermutlich wie in 2°
Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts ein Entwurf des Landgrafen, der dem Mangel an Räumen
für Personal und Pferde abhelfen sollte.
Landgräfliches Jagdhaus mit Wirtschaftshof
2° Ms. Hass. 107 [219] recto, oben rechts (Abb. 92)
Wie in 2° Ms. Hass. 107 [217] zeigt die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Zeichnungen von Melsungen, Waldau und Kassel das Weiherschloss mit einem Vorhof auf der anderen
Seite des Weges. Doppelstöckig terrassierte Substruktionen am Hang sollten in diesem Fall
vermutlich die räumliche Situation an dieser Engstelle verbessern helfen.
300
301
vgl. Baeumerth 1985
HStAM Best. 17 I Nr. 321, vgl. Wolf 2003, S. 589-591, Blumenstein 2009
151
Lich
Das Schloss der Grafen von Solms-Hohensolms-Lich, die mit den Landgrafen von Hessen-Kassel
verwandtschaftlich verbunden waren (u.a. über Moritz erste Frau Agnes von Solms), bestand zu
Landgraf Moritz Zeiten noch aus der von den Falkensteinern im 13. Jahrhundert errichteten quadratischen Wasserburg mit Ecktürmen. „Der mittelalterliche Bau bildete ein Viereck, das sich um
einen Binnenhof legte. Er war mit Erkern und Giebelaufbauten reichlich versehen, wie die alten
Stadtbilder von Döring, Meißner und Merian erkennen lassen. An den vier Ecken standen
Rundtürme mit spitzen Kegeldächern“. 302 Anfang des 16. Jahrhundert ließ Festungsbaumeister
Reinhard von Solms in Lich eine neue Stadtbefestigung anlegen. Möglicherweise in diesem Zusammenhang entstand auch die weitere Befestigung der alten Burg mit einer in den Wassergraben
vorgeschobenen Plattform mit auffälligen rechteckigen Ausbauten in den Mitten und an zwei Ecken
sowie zwei Rundtürmen im Nordwesten und Südosten. Der Nordwestturm des Schlosses musste
1617 abgerissen werden und wurde nicht wieder aufgebaut. 1673-82 wurde diese Anlage zu
einem repräsentativen Schloss umgebaut, wobei die alten Ecktürme im Kern aber erhalten
blieben. Nachdem 1764-66 der südliche Flügel gänzlich niedergelegt worden war, wurde 1836
durch Georg Moller ein Querflügel im Ehrenhof errichtet, und schließlich 1911/12 an der Nordostecke ein zweigeschossiger Bau angefügt.303
Während der diesbezügliche Lageplan eines Vermessers aufgrund der Darstellung des nordwestlichen Schlossturms vor 1617 zu datieren ist, muss die vermutlich aus der Erinnerung entstandene
Ansicht des Landgrafen Moritz aufgrund der rückseitig überlieferten Adresse, die auf die Zweitverwendung eines Schriftstücks schließen lässt, nach 1610 entstanden sein.
Unbekannter Zeichner, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [220]
Die „Ichnographia oder grundt / riß des Schloßes zue / Licha" verzeichnet in einer sorgfältig in
Feder über Graphit angelegten Zeichnung das Areal des von einem Graben umgebenen
Schlosses. Die sehr regelmäßige quadratische Anlage des Schlossbaues um den „Inwendige
Schloßplatz“ („A“) wird geprägt von den vier „rundeel od[er] ercker“ („D“) an den Ecken, wovon
einer eine Wendeltreppe enthält. Weitere „Schnecken“ (“C“) befinden sich in zwei der inneren Hofecken. Die Grundform des Schlosses wird in der Einfassungsmauer wiederholt, wobei hier Rondelle mit eckigen Vorbauten abwechseln. Der Marstall liegt auf dem Schlossplatz außerhalb des
„Schloßgrab[en]“ („K“)
Das Aussehen der Anlage entspricht genau dem bei Walbe304 rekonstruierten Zustand mitsamt
dem nordwestlichen Schlossturm, der 1617 abgerissen wurde. Deutlich sichtbar ist die Verbindung
des Nordostturms, der eine Wendeltreppe beherbergte, mit dem äußeren Turmbau („G thor
zwischen dem haus und großen thurm“), durch eine Bogenbrücke im Obergeschoß.305 Weitere
Treppentürme befanden sich an der Innenseite des Südflügels. Die Schlosskapelle („F“) ist am
Ostflügel neben dem Eckturm eingezeichnet.
Die sorgfältige Darstellung über einer Graphitvorzeichnung und die Legende sprechen für die
Urheberschaft eines professionellen Vermessers oder Bauverwalters, der den Plan vermutlich
zwischen 1600 und 1617 angelegt hat.
302
Walbe 1933, S. 284
vgl. Walbe 1933, S. 284ff., Schnorr 1993, S. 23, Denkmaltopographie 2008, S. 440
304 Walbe 1933, Abb. 219, 220
305 Walbe 1933, S. 286
303
152
Ansicht
2° Ms. Hass. 107 [221] (Abb. 93)
Die Vogelschauansicht des Landgrafen Moritz zeigt die alte Burganlage vermutlich von Osten,
wobei allerdings der "Vorhoff." auf der rechten Seite, der sich eigentlich auf der Westseite befindet,
falsch positioniert ist.306
Im Vordergrund befindet sich links das untere Stadtor mit der "lange gasse von dem undern thor
an das Westtor". Direkt neben dem Tor führt ein Portal zu dem "Lange baw" entlang der Stadtmauer, der auch im Plan 2° Ms. Hass. 107 [220] eingezeichnet ist. Die von Wassergräben umfangene Plattform mit dem Schlossbau weist in diesem Fall kleine Nutzbauten in den rechteckigen
Ausbuchtungen auf. Der Vorhof mit der Kanzlei und dem Marstall ist über eine Brücke mit dem
Schloss verbunden, befand sich aber nachweislich nicht auf dieser Seite der Anlage. Diese deutliche Abweichung von der Realität lässt sich nur damit erklären, dass der Landgraf diese
Zeichnung, wie in anderen Fällen auch, aus der Erinnerung angefertigt hat.
Rückseitig enthält das Blatt eine Adresse: "Der hochgeborenen fürstin unserer freundtliche liebe
Basen, / dochter undt gevatterin, frawe Anna Geborene landgrävin / zu Hessen dermahlen graven
zu Solms wittibe", gemeint ist die Schwägerin des hessischen Fürsten Landgräfin Anna von
Hessen-Darmstadt, die Witwe des 1610 verstorbenen Albrecht Otto von Solms. Aus der Sekundärverwendung dieses Schriftstücks lässt sich eine Datierung zwischen 1610 und 1630 schlussfolgern, auch wenn Vorder- und Rückseite nicht zwingend in ursächlichem Zusammenhang stehen
müssen.
Abb. 93 2° Ms. Hass. 107 [221]
306
vgl. Walbe 1933, Abb. 219
153
Liebenau
Feldlager des Oberst Riedesel, Plan
2° Ms. Hass. 107 [229]
Im Jahr 1471 trat das Bistum Paderborn nach der Hessen-Paderbornischen Fehde das im Jahre
1293 erstmals urkundlich erwähnte Liebenau, gelegen zwischen Warburg und Hofgeismar, an die
Landgrafen von Hessen ab.307 Im Dreißigjährigen Krieg waren hier mehrfach Truppen des General
Tilly einquartiert. Im Zusammenhang mit den Kriegshandlungen entstand vermutlich auch die
Zeichnung des Landgrafen, die mehrfach als „des Obristen Riedteßels feldtlager zu Liebenaw
Anno 1626“ bezeichnet wird.308 Die Zeichnung mit teilweise französischer Beschriftung zeigt ein
verschanztes Lager am „diemel strom“. Rechteckige Parzellen illustrieren die Verteilung der
einzelnen Kompanien zwischen den Versammlungsplätzen ("place d'alarme”) mit den Namen ihrer
Befehlshaber. Auch hier wird Oberst Riedesel namentlich genannt. Volprecht Riedesel stand lange
Jahre im Dienste des Landgrafen und wurde 1625 zum Hof- und Obermarschall sowie Obristen
der Festung Kassel ernannt.309 Ebenso wie in dem im Staatsarchiv Marburg erhaltenen Plan von
unbekannter Hand für eine Erweiterung der Festungswerke von 1623310 wird die militärische
Zielsetzung dieser Zeichnung mit der Notierung von Schusslinien verdeutlicht.
Abb. 94 2° Ms. Hass. 107 [267] recto, unten links
307
Thaetner 1993
Beschriftung in Graphit auf der Rückseite und auf dem als Umschlag dienenden Blatt 2° Ms. Hass. 107 [7] verso,
ebenso in der "Designation" von 1786 unter Nr. 4b
309 Rommel 1837, S. 620
310 HStAM Karten P II 10031
308
154
Malsfeld
Die südlich von Melsungen und Fahre gelegene Gemeinde Malsfeld wurde 1196 erstmals
namentlich erwähnt. 1521 gelangte eine Hälfte des Ortes als ehemaliges hessisches Lehen an die
Herren von Scholley, 1581 auch die andere Hälfte und blieb so bis ins 19. Jhdt. im Besitz der
Familie. Vom nahegelegenen, ebenfalls im Besitz der Familie befindlichen Beiseförth aus wurde
traditionell die ertragreiche Fulda-Schiffahrt nach Kassel und Hersfeld betrieben.
Die auf den 2. Mai 1630 datierte eigenhändige Zeichnung des Landgrafen entstand während
seines Besuches bei der Familie des zeitweiligen landgräflichen Kammerdirektors Philipp von
Scholley, wie nicht nur erhaltene Briefe311 belegen, sondern sogar ein lateinisches Dankesgedicht
vom gleichen Tag, das Landgraf Moritz diesem zueignete.312
Gutshof der Herren von Scholley, 1630
2° Ms. Hass. 107 [267] recto, unten links
Die als "hauß hoff zu Malsfeldt ao 1630 den 2.Maijo M.H.L." betitelte Vogelschauansicht auf der
Rückseite eines Berichtes des Kammerdieners Heintzmann zeigt einen großen, zweigeteilten Hof
im angedeuteten Ortszusammenhang. Während auf der linken Seite im ummauerten Bereich ein
langgestrecktes steinernes Herrenhaus positioniert ist, befinden sich rechts im „viehof“ die
Wirtschaftsgebäude. Das steinerne Gebäude mit der großen Tordurchfahrt an der Rückseite der
Anlage verbindet beide Höfe, die durch eine Mauer getrennt sind. In Wilhelm Dilichs Landtafel des
Amtes Malsfeld von 1615313 wird ein vergleichbarer zweigeteilter Gutshof neben der Gerichtslinde
im Zentrum des Ortes dargestellt. Die von Moritz im Vordergrund eingezeichnete Böschung wäre
dann als Abhang zur Fulda hin zu interpretieren. Es scheint sich also um eine Bestandsaufnahme
dieses Gutshofes zu handeln, wobei das Gebäude des Herrenhauses möglicherweise als eine
„invention“ des Landgrafen anzusehen ist – eine nette Geste gegenüber seinem Gastgeber, dem
er am gleichen Tag auch ein lobendes Dankesgedicht widmete.
Christoph Heintzenman (Heintzmann), Brief an Landgraf Moritz aus Malsfeld, 1630
2° Ms. Hass. 107 [267] verso
Der auf der Rückseite der Zeichnung des Landgrafen von Malsfeld erhaltene Brief des Kammerdieners Heintzmann vom 2. Mai 1630 berichtet über ihm aufgetragene Erkundigungen bei
Schiffern bezüglich des Zustandes der fürstlichen Schiffe („1. das eine Reinische Schiffe, 2. das
lust Schiffe 3. das grosse Last Schiff zu Cassel“), die nach Kassel verlegt worden seien und die
Fähre in Fahre („Die fehrdte zur Fahre belangent, ist solche noch vorhanden“).
Die Datierung des Briefes auf denselben Tag wie die Zeichnung legt einen Zusammenhang mit der
Darstellung des Malsfelder Hofes nahe. Wie ein in der Bibliothek erhaltener Brief an Philipp von
Scholley belegt, hatte der Landgraf im Zusammenhang des Ausbaus der Schifffahrt auf der Fulda
im Jahre 1612 die Unterstützung der von Scholleyschen Untertanen in Malsfeld und Beiseförth
angefordert.314 Man kann daher vermuten, dass der nach seiner Abdankung nunmehr hauptsächlich mit Reisen beschäftigte Fürst seinerzeit wegen der Schiffe in Malsfeld weilte und dabei
die Hilfe seines langjährigen Bediensteten von Scholley in Anspruch nahm. Wie das durch
Casparson überlieferte Dankesgedicht (s.o.) zeigt, wusste er dessen Unterstützung sehr zu
schätzen.
311
in: HStAM Best. 4a 38/20
„Exaratum inter coenandum dominica vocem jucunditatis, quae erat 2. D. Maji anno 1630. In aedibus tuis.“, zitiert
nach Casparson, Zu der feyerlichen Einführung des von S.H.D. Friedrich dem Zweyten […] ernannten Prorectors des
Collegii illlustris Carolini, Cassel 1783, S. 23 f.
313 2° Ms. Hass. 679, Taf. 9
314 2° Ms. Hass. 239, fol. 13
312
155
Melsungen
Die planmäßige Gründung der gut zwanzig Kilometer südlich von Kassel, am Übergang der sog.
Sälzer Straße über die Fulda gelegenen Stadt erfolgte am Ende des 12. Jahrhunderts durch die
Landgrafen von Thüringen. Noch heute kann man in der gut erhaltenen Fachwerkstadt die Grundform des Stadtgrundrisses mit zwei sich kreuzenden Hauptachsen und gleichmäßiger Blockaufteilung erkennen.315
Die nach 1263 von den hessischen Landgrafen errichtete Burg lag am Nordrand der Altstadt,
wahrscheinlich im Bereich des späteren Renthofs.316 Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war diese so
verwahrlost, dass Landgraf Philipp Gartengelände nordwestlich vor der Stadtmauer erwarb, um
dort ein neues Schloss zu errichten. Sein Sohn Landgraf Wilhelm IV. leitete die durch
Bauinschriften von 1554 bis 1556 datierten Bauarbeiten. Das vermutlich gleichzeitig entstandene
Burggrafenhaus (später Küchenbau) und der 1577 datierte Marstall vervollständigen die Anlage.317
Diese als Nebenresidenz und Verwaltungssitz fungierende Schlossanlage diente Landgraf Moritz
nach der Abdankung 1627 zunächst als ständiger Wohnsitz - als Melsungen aber 1628 im endgültigen Vertrag von der Quart ausgenommen wurde, stand ihm diese nicht mehr uneingeschränkt
zur Verfügung.318 Neben den Entwürfen zum nahegelegenen Lustschloss Fahre bilden die Zeichnungen von Melsungen zahlenmäßig das größte Konvolut (69 Einzelzeichnungen und zwei Schriftstücke) im Gesamtbestand. Außer Entwurfszeichnungen zur Schlosserweiterung, die auch groß
angelegte Idealentwürfe beinhalten, zeigen die Blätter vielfach zudem dessen nähere Umgebung,
vor allem das Kasseler Tor mit der Kasseler Gasse im Zusammenhang mit einer geplanten
Kanzlei, sowie den Bezirk um den Riedeseler Hof und den ungenutzten Berlepschen Burgsitz, an
dessen Stelle der Fürst ebenfalls neue Gebäude plante. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt
liegt auf der Brückenvorstadt mit der neuen Scheuer an der 1596 errichteten Fuldabrücke.
a. Landgrafenschloss
In Merians Topographie wird das landgräfliche Schloß wie folgt beschrieben: „ist solches zimblich
alt / doch gantz von Steinen / vier Wanderungen hoch auffgeführet / darinnen 4. Grosse Säle vber
einander / […]. Ostenwerts gegen der Fulda ist der Hof mit einer geringen Mauer geschlossen / die
andere beyde seyten aber gegen der Statt / vnnd Baumgarten / sind (wiewol in keiner gewissen
Formb) mit einem Marstal / Renthofe / vnd andern Gebäuen / zugemacht / vnd der Hof ist
langlecht / vnnd nicht gantz geschlossen / sondern hat daselbst eine Durchfahrt / auß dem
Schloß / gleich nach dem Garten / vnnd der Landstrasse von der Statt / massen das Schloß auff
der Ringmauren ligt.“319
Das längsrechteckige Hauptgebäude wird an der Stadtseite durch einen rechteckigen Mittelrisalit
gegliedert, der eine Wendeltreppe sowie Nebenräume beinhaltet. Weitere Risalitvorbauten beinden sich auch an den Stirnseiten, während rückseitig zwei Aborterker das Gliederungsmotiv aufgreifen. An der Westseite schließt sich in rechtem Winkel das Haus des Burggrafen an. Südlich
erstrecken sich entlang des kleineren Vorhofs die Gebäude von Zehntscheuer und Marstall. An
den Hinterhof des Schlosse grenzt westlich der Schlossgarten an. Dieser Komplex ist noch heute
im Wesentlichen unverändert erhalten.
Die Zeichnungen beinhalten vor allem Entwürfe für einen neuen Flügel im Vorhof sowie die (heute
noch vorhandene) Verbindungsgalerie zwischen Schloss und Burggrafenhaus, die nach Maßgabe
der beiliegenden Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265]) zu diesem Zeitpunkt
verändert wurde. Mehrere Idealentwürfe belegen die intensive Beschäftigung des Landgrafen mit
seinem designierten Alterswohnsitz, den er offensichtlich gerne in eine „moderne“, symmetrische
315
vgl. Fenner 1987, Wolf 2003
Wolf 2003, S. 80ff.
317 vgl. Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005, Großmann 2010, S. 98f.
318 Armbrust 1921, S. 41
319 Topographia Hassiae, 1656, S. 108
316
156
Anlage ausgebaut hätte.320 Von ganz besonderem Interesse sind die dem Bestand beiliegenden,
1624 datierten schriftlichen "Anweisungen" an die "Tapecari" zur Ausstattung der Räume im Obergeschoss mit Wandteppichen, die Ansichten von Städten, Burgen und Schlössern der Landgrafschaft Hessen-Kassel zeigen sollten.
Anweisung für die Raumausstattung im Obergeschoss, 1624
2° Ms. Hass. 107 [264]
Das Schriftstück beginnt auf der linken Seite in einer unbekannten Handschrift: "Verordnung derer
Tapecari In Illust. gemach zur Melsunge / sollen 9 stück von den 9 stätten des nieder fürsten
thumbs, Hessen / Rijnischen quartirs, in nachfolgender ordtnung verfertigt werden“ und listet
diverse Räume und ihre Dekoration auf („In Illustrissimi Vorsahll“, „In dem kleinen gemach nach
dem / Marstall zue.“, „Im Kleinen gemach nach der bürge garten zu“). Die rechte Spalte, die Moritz‘
eigene Handschrift trägt, resümiert "Summa dieser Tapezerey uff der zweiten Wanderung / im
grossen herrnbaw zu Milsungen“ und veranschlagt die Kosten. Darunter folgen noch weitere Ausstattungspläne für die Privaträume: „Verzeichnis der Schlösser so zu die Cammern / zu machen
sein“, wobei aufgezählt werden: „in Illi. schlafkammer.“, „In die Cammer des klein gemachs nach
den schlos / hof.“, „In der jung herrn schlaf Cammer“, sowie „In Illi. ruhe Cammer“. Die Auflistung
der Ortsnamen, die zum überwiegenden Teil auch in der im Staatsarchiv Marburg erhaltenen
eigenhändigen Landtafel des Landgrafen321 eingetragen sind, dokumentiert eine umfassende bildliche Darstellung des hessischen Herrschaftsgebietes in den Räumen des Schlosses. Dabei sind
die Darstellungen der Städte in den Gemächern regional gruppiert, während in den mit Schlossansichten dekorierten Kammern offensichtlich spezielle Vorlieben zum Tragen kamen. In „Ill
[ustrissim]i Schlafkammer“ waren demnach acht Wandteppiche vorgesehen: neben Kassel,
Weißenstein und Burghasungen auch die „Moritzburg vor Wolfhagen“ 322 sowie die „Hermansburg“
bei Grebenstein, Sababurg, Trendelburg und die Gieselwerder „Schantze“.
In dieser Form dokumentiert das Schriftstück ein umfangreiches Ausstattungsprogramm, das in
der Aufzählung der Städte und Schlösser der Landgrafschaft Hessen-Kassel eine eindrucksvolle
Dokumentation des fürstlichen Herrschaftsgebietes darstellt. Eine inhaltlich entsprechende Wanddekoration mit Vogelschauansichten der königlichen Schlösser - allerdings als Wandmalerei,
konnte Landgraf Moritz auf seiner Reise nach Frankreich 1602 in der „galerie des cerfs“ im
Schloss Fontainebleau besichtigen.323 Gemalte Landtafeln bildeten auch das Dekorationsprogramm
im Festsaal des Stuttgarter Lusthauses.324 Zeitgenössische Nachweise für topographische Darstellungen in Wandteppichen fehlen allerdings gänzlich, insofern handelt es sich um ein wirklich
einzigartiges Programm des Landgrafen Moritz, das eindrucksvoll seine persönlichen Interessen
illustriert, - dessen konkrete Umsetzung allerdings nicht belegt werden kann.
Landgrafenschloss mit Kasseler Tor
2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben (Abb. 95)
Die obere Zeichnung auf der Vorderseite eines Blattes mit mehreren Zeichnungen von Melsungen
zeigt das Schloss und seine nähere Umgebung in der Vogelschau von Südosten, aus Richtung der
Kasseler Straße. Die Fachwerkbauten am vorderen rechten Bildrand markieren den Beginn der
Bürgerstadt. Der langestreckte Marstall auf der linken Seite neben dem Kasseler Tor gehört zum
landgräflichen Wirtschaftshof, dem sogen. Stallhof. Der große Schlosshof wird beherrscht von dem
sehr detailliert geschilderten Landgrafenschloss, einem schlichten, dreigeschossigen Bau mit
zentralem Treppenturmrisalit an der Hoffront. Ihm zur Seite steht auf der Westseite das Burg320
vgl. Helm 1967, S. 15 f.
HStAM Karten P II 10.529
322 nach Merian „hat Herr LandGraff Moritz an dieser Statt einen ansehnlichen Schloßbaw angefangen; ist aber wegen
deß eingefalnen Kriegswesens verblieben“, Merian, Topographia Hassiae 1655, S. 146, Rommel zählt sie zu den unausgeführten Projekten des Landgrafen, vgl. Rommel 1937, S. 417
323 Rommel 1839, S. 453f.
324 vgl. Weber-Karge 1989, S. 88 f.
321
157
grafenhaus, dessen ebenfalls zentral vorspringender Risalit auf der Rückseite mit einem zierlichen
Turm korrespondiert. Ein Torbogen, der in diesem Fall noch nicht durch die später hier vorhandene
Galerie überbrückt wird, führt in den Hinterhof mit dem kleinen Gebäude am Eckturm, das in 2°
Ms. Hass. 107 [233] recto, unten als „Backhaus“ bezeichnet wird. Die gegenüberliegende Ecke
des Hinterhofs markiert ein Rundturm mit Fachwerkobergeschoss und welscher Haube.
Bei dieser sehr detaillierten Zeichnung mit Maßangaben handelt es sich vermutlich um eine weitgehend getreue Aufnahme des damals vorhandenen Baubestandes im Schlosshof, allerdings
entspricht die Gestaltung des Kasseler Tores mit den beiden geschweiften Stirngiebeln vermutlich
nicht dem damaligen Zustand.
Abb. 95 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben
Aufrisse der Stirnseiten
2° Ms. Hass. 107 [258]
Das leider auf der linken Seite stark beschädigte Blatt, das möglicherweise nicht von Landgraf
Moritz, sondern von einem Baubeamten angelegt wurde, liefert detaillierte Aufrisse der beiden
Stirnseiten des Melsunger Schlosses, versehen mit diversen Maßzahlen.
Die nordöstliche Seite wird geprägt von der Abfolge von Treppenrisalit, Hauptbau mit Stirnrisalit
und rückseitigem Aborterker, wobei Risalite und Erker gleichermaßen über geschweifte Giebelaufsätze verfügen, die von Fachwerkbalken durchzogen sind. In dem komplett erhaltenen südwestlichen Aufriss ist detailliert der obere Abschluss des hofseitigen Treppenrisalits eingezeichnet,
mitsamt den seitlichen Zwerchhäusern, wie sie auch in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben (Abb.
95) zu sehen sind. Deutlich erkennbar sind an dieser Stelle die Vorhangbögen im Fachwerkgerüst,
die noch ein altertümliches Relikt gotischer Formen darstellen,325 und die spezielle Ausformung der
geschweiften „Landgrafengiebel“, die heute nicht mehr vorhanden sind. Sehr genau werden auch
die rückseitigen Mansarden und die Position und Form der Fenster und Türen samt ihrer Maße
vermerkt.
Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Bestandsaufnahme, die unter Berücksichtigung des
Wasserzeichens bereits 1620 entstanden sein könnte.
325
vgl. Großmann 2010, S. 98f.
158
Schlosshof und Marstall
2° Ms. Hass. 107 [300] verso, links
Die mittig mit der Bezeichnung "der schloßhof zu Melsungen" versehene Darstellung auf einem
Blatt, das auf der Rückseite eine 1627 datierte Zeichnung von Rückerode enthält, präsentiert das
Schloss mit dem Stallhof im Grundriss bzw. Horizontalschnitt, während die Mauer mit dem Rundturm und das Kasseler Tor im Hintergrund in der gewohnten schrägen Vogelperspektive zu sehen
sind. Der Horizontalschnitt des Schlossgebäudes, der vermutlich oberhalb des Erdgeschosses
gelegt ist, zeigt die Risalite auf Vorder- und Schmalseite als Gehäuse für Wendeltreppen, während
der rückwärtige Erker zwei Aborte beherbergt. Eine Säulenreihe unterteilt mittig den die gesamten
Fläche einnehmenden „gesinde sahl“. Während der Grundriss des Marstalls auf der anderen Seite
des Hofes durch beidseitig angeordnete Stallboxen gekennzeichnet ist, werden die Räume des
daran rechtwinklig anschließenden Verbindungsflügels zum Kasseler Tor als Viehstall und
Wohnung für den Pförtner gekennzeichnet. Eine kleine Tordurchfahrt ermöglicht, wie auch in den
anderen Zeichnungen, den direkten Zugang zur „Cassel gasse“.
Die arithmetischen Berechnungen im unteren Drittel des Blattes könnten sich möglicherweise auf
die Berechnung von Mauerwerk beziehen.
Landgrafenschloss von Nordwesten
2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96)
Die in ähnlicher Form wie die Ansicht des geplanten Lustschlosses Fahre (2° Ms. Hass. 107 [117]
recto) mit einer französischen Beschriftung versehene kleine Vogelschau zeigt das Schloss mit
Vorhof und Garten zwischen Kasseler Tor und Eulenturm von Norden. Die Anordnung von „Cour
du Chasteau“, „Cour dÈtable“ und „Jardin du chasteau“ suggeriert das Bild einer absolut
regelmäßigen, geschlossenen Anlage - die sie ja tatsächlich nie war.
Abb. 96 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links
Zwei kleinere Anbauten mit hohem Schornstein auf der Rückseite des Burggrafenhauses markieren die Position der Küchenräume an dieser Stelle. Die Rückfront des Schlossbaues wird in
Abwandlung des Baubestandes durch zwei durchgehende Risalite an der Stelle der Aborterker
gegliedert, eine Umgestaltungsidee des Landgrafen, die auch in einer weiteren Zeichnung (2° Ms.
Hass. 107 [137] recto) thematisiert wird, aber offensichtlich nicht realisiert wurde. In Ergänzung der
in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben gegebenen Disposition der verschiedenen Haupt- und
Nebengebäude überbrückt in diesem Fall ein Torbogen mit darüber gelegener Galerie den Abstand
zwischen Schloss und Burggrafenhaus. Diese Verbindungsgalerie wird auf der Vorderseite des
Blattes wie auch in weiteren Zeichnungen ausführlich thematisiert.
159
Das außerhalb des Schloßgeländes neben dem „tour des hulotts" - dem Eulenturm, dessen Name
später auf den südwestlichen Turm überging326 - gelegene Terrain ist beschriftet als "plan
appartenent aux gentils / hommes de Riedesel. longue / 230 pieds et large autant que le / grenier
du chasteau“. Dieses Gelände interessierte den Landgrafen besonders im Zusammenhang mit der
Errichtung eines neuen Renthofs (vgl. Melsungen, Riedeseler Hof).
Landgrafenschloss und Kasseler Tor von Norden
2° Ms. Hass. 107 [239] recto, rechts
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96) präsentiert die kleine Ansicht von Norden
die Rückseite des Schlosses mit zwei Risaliten an der Stelle der hier vorhandenen Aborterker.
Verändert erscheint allerdings das Kasseler Tor, das ebenso wie in weiteren Zeichnungen im
Zusammenhang mit den Planungen für eine neue Kanzlei (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [236], Abb.
100) durch ein zweites Geschoss erhöht wird.
Umbauentwurf für die hintere Fassade
2° Ms. Hass. 107 [137] recto
Das kleine Blatt, das auf der Rückseite einen Entwurf für das Lustschloss Fahre trägt, zeigt auf der
Vorderseite den Ausschnitt einer dreigeschossigen Front mit zwei Risaliten hinter einem "Zwing
[er]". Die schwer lesbare Notiz in der Zeichnung lautet: "nach Stutgarder schlosse [?] gemachen
sollen die / hinder [...] vorbauwe werden". Es handelt sich höchstwahrscheinlich um einen Entwurf
für die auch in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links (Abb. 96) + [239] recto, rechts eingezeichnete
Erweiterung der rückseitigen Aborterker durch entsprechende Anbauten im Erd-geschoss, auch
wenn die Anzahl der Fensterachsen zwischen den Vorbauten nicht der Realität entspricht. Die
Dreigeschossigkeit der Fassade mit Doppelbahnenfenstern sowie die Fachwerk-aufbauten auf den
Risaliten verweisen jedoch eindeutig auf das Melsunger Schloss.
Interessanterweise erhält auch die Mauer mit dem hier eingezeichneten kleinen Anbau im Horizontalschnitt, beschriftet "Alhier könte noch / dies kämmerlein gemacht werden", einen Umbauvorschlag.
Landgraf Moritz fertigte vermutlich auch diese Zeichnung, wie so viele andere, aus der Erinnerung.
Umbauentwurf
2° Ms. Hass. 107 [232] verso, oben rechts
Auf einem Blatt mit mehreren Darstellungen aus dem Stadtgebiet von Melsungen befindet sich
auch diese Ansicht des Schlosses von Osten in der Vogelschau. Relativ detailliert sind die
einzelnen Bauten geschildert, deren grundsätzliche Position den in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto,
oben (Abb. 95) gezeigten Gegebenheiten entspricht. Auffallend verändert erscheint hier allerdings
der zentrale Treppenrisalit am Schloss, der turmartig aufgestockt ist und über dem Dachfirst ein
ab-schließendes (offenes?) Belvedere-Geschoß aus Fachwerk erhält. Auf diese Weise setzt sich
der Hauptbau markant von den Nebengebäuden ab und erhält ein besonderes Würdemotiv.
Landgrafenschloss mit Entwurf für einen neuen Flügel
2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten (Abb. 7)
Die Darstellung auf einem Blatt mit diversen Ansichten der Riedeselschen Vogtei in Melsungen
präsentiert das Schloss mit seinen Nebengebäuden von der Stadt her, wobei die Gebäude des
Vorhofes sowie die Bürgerhäuser an der Kasseler Gasse im Grundriss gezeigt sind. Der
"vornembste schloß baw" wird in diesem Fall symmetrisch flankiert vom „küchen / baw“ auf der
linken, sowie von "Neuer / schloßbaw" mit „Capelle“ auf der rechten Seite, einem langgestreckten
Gebäude, das in Größe und Ausgestaltung das gegenüberliegende Burggrafenhaus nachahmt.
Tordurchgänge mit darüber gelegenen Galerien verbinden die drei Gebäude untereinander. In
dieser Form entsteht eine betont regelmäßige Schlossanlage, wie sie Landgraf Moritz als Idealbild
vorschwebte.
326
vgl. Helm 1967, S.22
160
Idealentwurf
2° Ms. Hass. 107 [235] recto (Abb. 97)
In diesem Ideal-Entwurf thematisiert der hessische Fürst den hypothetischen Ausbau des Melsunger Schlosses, dessen Haupt- und Nebengebäude im Vordergrund eindeutig zu identifizieren
sind, zu einer symmetrisch angelegten, von einem befestigten Graben umgebenen, repräsentativen Schlossanlage. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten wiederholt ein zweiter
Flügel auf der Stadtseite die Anlage des Burggrafenhauses. Der Stallhof wird zum „Rendthof“ und
durch den spiegelbildlich angelegten neuen „Stallhof“ mit weiteren Gebäuden ergänzt. Rundtürme
sitzen auf den Ecken der Befestigungsmauer, die von einem breiten Wassergraben umzogen ist.
Kongenial ist die Anlage der Stadt, die sich im Halbkreis um die Schlossanlage anlegt und von
radialen Strassen durchzogen wird. Ganz offensichtlich handelte es sich hier um eine Gedankenspielerei des Landgrafen, der Schloss und Stadt nach „modernen“ Gesichtspunkten gestalten
wollte. Die Anlage einer idealen Stadt hatte ihn ja schon um 1606 im Zusammenhang mit der
ehemaligen Klosteranlage Breitenau beschäftigt (2° Ms. Hass. 107 [34], Abb. 21 + [35]).
Abb. 97 2° Ms. Hass. 107 [235] recto
Idealentwurf
2° Ms. Hass. 107 [235] verso
Die Vogelschauansicht auf der Rückseite des Idealentwurfs für Schloss und Stadt Melsungen
verbildlicht die Gegenansicht zu der Darstellung auf der Vorderseite, den Blick von der Stadt her
auf die Schlossanlage „nach Melsungischer art Inventirt". Ebenso wie dort sind die vorhandenen
Gebäude zu einer symmetrischen Anlage mit umlaufendem Wassergraben ergänzt und erinnern in
ihrer konsequenten Regelmäßigkeit an die Modelle, die Jacques Androuet Du Cerceau in
seinem ,Livre d’Architecture‘ von 1582 in vielen Varianten vorstellte.327
327
vgl. Chatenet 2010
161
Landgrafenschloss mit Entwurf für eine Galerie
2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben
Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [233] recto, unten visualisiert Landgraf Moritz in dieser Zeichnung
einen Entwurf für einen ergänzenden Flügel, der den Schlosshof zur Kasseler Strasse hin abschließt und durch einen überbauten Torbogen mit dem Hauptgebäude verbunden wird. In diesem
Fall ist er aber als zum Hof hin offene, mit einem Geschoss überbaute Galerie ausgestaltet, ein
südländisch anmutender Kontrapunkt zu den beiden massiven Steingebäuden mit ihren regional
verwurzelten Fachwerkdetails.
Die Gebäude des Vorhofs sind auch hier in Grundrissplänen zweitrangig behandelt.
Hinterhof mit Verbindungsgalerie und Lustgarten
2° Ms. Hass. 107 [261] recto, oben rechts (Abb. 98)
Die Vogelschauansicht präsentiert den westlichen Hinterhof des Schlosses mit der Verbindungsgalerie zwischen fürstlichem Wohnsitz und Burggrafenhaus/Küchenbau nebst einem Pflanzplan für
den angrenzenden Lustgarten. Das Bemühen des Landgrafen, die Galerie mit ihren beiden Bögen
und der Balustrade unverkürzt darzustellen, führt allerdings in diesem Fall zu einer fehlerhaften,
missverständlichen Darstellung der beiden Gebäude, die nicht im korrekten rechten Winkel angeordnet sind.
Die Anreicherung der Beete des Lustgartens mit lateinischen Pflanzennamen von „Anis“ bis
„Zucca“ entspricht eher der Zurschaustellung enzyklopädischen Wissens als einem tatsächlich
gestalterisch wirksamen Pflanzplan.
Abb. 98 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, oben rechts
Lustgarten am Schloss
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben mittig (Abb. 9)
Die extrem kleine Skizze auf dem mit diversen Zeichnungen gefüllten Blatt präsentiert das mit
einer Mauer eingefriedete Terrain des "lustgarten zu Milsung[en]", der im Westen an Schloss und
Burggrafenhaus anschließt und vom Hinterhof aus zugänglich war. Im Hintergrund erkennt man
das westliche Eckgebäude des Hinterhofes mit dem runden Turm und die Küchenanbauten am
Landgrafenhaus, während an der rechten Seite der Eulenturm die Grenze zur Stadt hin markiert.
162
Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [259] recto
Die Detailzeichnung gibt die Verbindungsgalerie zwischen Wohngebäude und Burggrafenhaus im
"hinderhof des schlosses Milsungen" von Westen wieder, wobei wie in 2° Ms. Hass. 107 [261]
recto, oben rechts (Abb. 98) die perspektivischen Regeln zugunsten der genauen Darstellung der
Torbögen mit der darüber positionierten umlaufenden Balustrade außer Acht gelassen sind. An
dieser mehrfach dargestellten Verbindungsgalerie wurden 1627 tatsächlich Veränderungen vorgenommen, wie die dem Bestand beiliegenden Melsunger Bauanweisungen von 1627 (2° Ms.
Hass. 107 [265]) nahelegen, wo von einer „Versetzung des gehawenen Thores undt / ganges
Zwischen dem Gn undt Küche[n] Baw“ die Rede ist.
Ein bemerkenswertes Detail stellt die Darstellung der „Abzucht“ dar, eines Abzugskanal hinter der
Küche, der Landgraf Moritz‘ Sinn für jedes noch so kleine Detail bezeugt.328
Hinterhof mit Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [260]
Der Hinterhof des Schlosses mit der Verbindungsgalerie und dem Eckgebäude am runden Turm ist
das Thema einer weiteren, sorgfältig mit Lineal und Blindlinien angelegten Zeichnung des
Landgrafen. Die in diesem Fall perspektivisch korrekt geschilderte Lage der Gebäude gibt den
räumlichen Zusammenhang der Gebäude anschaulich wieder. Die Galerie mit ihrer steinernen
Balustrade wird allerdings in diesem Fall von Konsolen getragen, die in den anderen Zeichnungen
und im heutigen Baubestand durch massive Pfeiler ersetzt sind.
Der Horizontalschnitt/Grundriss des in der Ecke der Einfriedungsmauer gelegenen Gebäudes gibt
eine Nutzung als Wohnung mit einer im Rundturm platzierten Küche an.
Hinterhof mit Entwurf für eine Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [261] verso, mittig rechts
Ähnlich wie die Darstellung auf der Vorderseite des Blattes thematisiert auch diese Zeichnung, die
von weiteren Detailskizzen begleitet wird, die Verbindungsgalerie zwischen fürstlichem Wohnsitz
und Burggrafenhaus in eigenwilliger perspektivischer Ansicht, die wahrscheinlich dem Bemühen
geschuldet ist, das Bauwerk im Winkel mit allen wesentlichen Details zu zeigen. Deutlich wird,
dass die Galerie von der ersten Fensterachse des Burggrafenhauses bis zum Risalit an der
westlichen Stirnseite des Schlosses reichen sollte und von zwei massiven Pfeilern an den
Gebäudeecken getragen wird - so wie sie sich auch heute noch dem Betrachter präsentiert.
Entwurf zur Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [261] verso, oben rechts
Die kleine Detailzeichnung, beschriftet "Muster vom gestu[…] uff die galerie" zeigt die Konstruktion
von hölzernen Aufbauten auf der Balustrade der Galerie, die vermutlich zum Aufbau eine
Überdachung, wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] verso, unten rechts geschildert, dienen sollten.
Entwurf für eine Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [261] verso, unten rechts
In dieser Detailansicht schildert Landgraf Moritz ein weiteres Mal die Verbindungsgalerie am
Schloss, die in diesem Fall mit einer hölzernen Überdachung geschützt ist. In ähnlicher Form ist
sie auch heute rekonstruiert.
Entwurf für das Lehrgerüst der Verbindungsgalerie
2° Ms. Hass. 107 [262]
Die Zeichnung, beschriftet "Muster des bogens zu der galerie hinden am schlosse / zu Milsung[en],
da die galerie uffkömmet.", präsentiert das Holzgerüst (Lehrgerüst) für die Konstruktion des
Bogens unter der Galerie, die an die westliche Stirnseite des Schlosses angelehnt ist.
328
vgl. Helm 1967, S. 24
163
b. Kasseler Gasse
Besonders intensiv hat sich Landgraf Moritz in mehreren Zeichnungen mit der städtebaulichen
Situation am Kasseler Tor und der anschließenden Kasseler Gasse, die als Hauptverkehrsstraße
entlang des Marstalls in die Stadt führt, auseinander gesetzt,329 wobei ihn unterschiedliche Projekte beschäftigten. Mehrere Varianten zeigen ein erhöhtes bzw. gänzlich neu gestaltetes Stadttor.
Die dem Marstall gegenüberliegende städtische Bebauung ist in der Regel im Plan mit Angabe der
Bewohner/Besitzer aufgenommen und wird schließlich in diversen Entwürfen teilweise durch die
„Neue Kanzlei“ ersetzt. Bereits 1612 findet sich in den Akten der Hinweis auf das noch verschobene Vorhaben des Baus einer Neuen Kanzlei,330 deren Errichtung den Landgrafen offensichtlich
auch noch später im Zusammenhang mit der Wahl Melsungens als Alterswohnsitz zu Entwürfen
anregte. - Überraschenderweise beschäftigte ihn das Thema noch einmal im Herbst 1630 in
mehreren Zeichnungen.
Marstallhof und Kasseler Gasse
2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben
In dieser kleinen, im unteren Teil leider beschädigten Ansicht auf einem Blatt mit Ansichten von
Mittelhof, Fahre und Weißenstein erscheint das Schloss nur angeschnitten im Hintergrund, da der
Schwerpunkt der Darstellung auf dem Stallhof zwischen „Riedesels hoff“ und „Cassel gasse“ liegt.
Die in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso links (Abb. 96) summarisch skizzierten Bürgerhäuser sind in
diesem Fall im Grundriss gezeigt, wobei die Namen der Besitzer eingetragen sind.
Das Kasseler Tor an der vorderen Ecke des Schlosshofs erscheint hier als längsrechteckiger Bau
mit geschweiftem Stirngiebel. Der Landgraf bevorzugte offensichtlich eine Gestaltung mit geschweiften Stirngiebeln, während es sich höchstwahrscheinlich realiter um einen kleinen rechteckigen Turm mit Walmdach handelte, wie etwa Dilichs Landtafel von 1615 belegt. 331
Die auf dem später angeklebten, unteren Blattteil angegebene Nummer „52.“ bezieht sich auf das
Übergabeverzeichnis von 1786 (2° Ms. Hass. 107a).
Vorhof des Schlosses mit Kasseler Gasse, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [243]
Der sorgfältig mit Zirkel und Lineal angefertigte Plan gibt die Situation an der Kasseler Gasse mitsamt dem Stadttor und den angrenzenden Gebäuden einschließlich des Marstallhofes wieder. Wie
in 2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben sind die Bürgerhäuser mit den Namen ihrer Bewohner
gekennzeichnet, wobei u.a. Förster „ötzel“ (auch Oetzel) und Rentmeister „lautze“ (Johann Lauze)
archivalisch in Melsungen tatsächlich nachgewiesen werden können.332 Die detaillierte Schilderung der Raumaufteilung in den fürstlichen Gebäuden neben dem Stadttor lässt vermuten, dass
Landgraf Moritz auch in diesem Bereich über Umnutzungen/Erweiterungen nachdachte.
Kasseler Gasse und Kasseler Tor, dazu zwei Details des Schloßturms
2° Ms. Hass. 107 [242] recto, rechts
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [342], verso, oben zeigt Landgraf Moritz hier die städtebauliche
Situation am Kasseler Tor, wo dem Marstall Bürgerhäuser gegenüberliegen, die auch hier
summarisch im Plan angegeben sind. Das Torgebäude besitzt ein Satteldach mit Stirngiebel,
allerdings in diesem Fall traufseitig zur Straße gestellt - eine weitere Gestaltungsvariante.
Zwischen dem Tor und dem Landsknechthaus liegt ein unbebautes Grundstück, das in anderen
Zeichnungen durch einen Neubau ersetzt wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten (Abb. 99)
+ [313] recto, links (Abb. 102).
329
vgl. Helm 1967, S. 17 ff.
HStAM, Best. 53e Pak. 61, Bauanschläge von 1612
331 2° Ms. Hass. 679, Bl. 6, vgl. Wolf 2003, S. 68
332 vgl. Helm 1967, S. 18
330
164
Die beiden Detailzeichnungen am unteren Blattrand beschäftigen sich mit dem Rundturm an der
nordöstlichen Ecke der Schlossmauer, der u.a. auch in 2° Ms. Hass. 107 [230] recto, oben dargestellt ist. Ebenso wie der Turm an der gegenüberliegenden Seite des Hinterhofs sollte dieser
offensichtlich auch zu Wohnzwecken genutzt werden.
Kasseler Gasse, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [234] verso, unten
Der kleine Lageplan der Kasseler Gasse mit den angrenzenden Bürgerhäusern gibt in ähnlicher
Form wie 2° Ms. Hass. 107 [243] recto, rechts die Situation an Kasseler Gasse und Kasseler Tor
wieder. Besonderes Augenmerk legte Landgraf Moritz auf den Verlauf der Abwasserkanäle, deren
Regulierung ihm in Melsungen sehr am Herzen lag. 333
Kasseler Tor und Kasseler Gasse
2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten (Abb. 99)
Die kleine Skizze auf der Rückseite einer Ansicht des Kasseler Landgrafenschlosses beschäftigt
sich mit der Umgebung des Kasseler Tores am Schlosshof in Melsungen. Ähnlich wie in den
anderen Vogelschauansichten (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, rechts) sind die Bürgerhäuser an
der Kasseler Strasse und an der Mühlengasse im Plan angegeben, wobei die Besitzer bzw.
Bewohner namentlich aufgeführt sind.
Auffällig ist die Erhöhung des Stadttores um ein Geschoss, wodurch es das neu konzipierte
Gebäude - möglicherweise ein erster Entwurf für die geplante Kanzlei an der Stelle des freien
Geländes und des Landsknechthauses - deutlich überragt. Dieses zweigeschossige Gebäude mit
zwei Zwerchgiebeln lehnt sich mit seinen Doppelbahnenfenstern und dem übergiebelten Portal
formal an die Gestaltung der Schlossgebäude an und hebt sich von den anschließenden Fachwerkgebäuden repräsentativ ab. Die angrenzende „Badestube“ an der Stadtmauer wurde erst
1963 abgerissen.334
Abb. 99 2° Ms. Hass. 107 [200] verso, unten
333
334
vgl. Helm 1967, S. 24
Schmidt 1978, S. 60
165
Kasseler Gasse mit Entwurf für eine Kanzlei
2° Ms. Hass. 107 [233] verso, unten rechts
Auf einem Blatt mit mehreren Zeichnungen von Melsungen befindet sich diese Ansicht der
Kasseler Gasse, gesehen vom Marstall im Vordergrund her. Die Häuserfront auf der gegenüberliegenden Seite ist beschriftet "die erkaufte hause zur Cantzley und ander hoffsach[en] erbauen"
und zeigt einen Entwurf zum Umbau zweier Bürgerhäuser für die Zwecke der Hofverwaltung.
Landgraf Moritz konzipiert an dieser Stelle ein dreigeschossiges, vierachsiges Gebäude mit
zentralem zweiachsigem Zwerchgiebel und Doppelbahnenfenstern. Wie weitere Beispiele zeigen
(vgl. 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links) stellte der Fürst intensive Überlegungen an, an
dieser Stelle eine Kanzlei zu errichten.
Landgrafenschloss und Kasseler Tor
2° Ms. Hass. 107 [236] (Abb. 100)
Die aus der gleichen Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [230] recto + [233] recto, unten gesehene
anschauliche Vogelschauansicht enthält im Schlosshof die Bezeichnung: "Milsung[en] wie es mit
einem / newen Thor und newem vorgebeu / in der Cassel gassen / zu zu richten." Der Fokus liegt
also auch hier auf einer Veränderung des übereinstimmend mit den anderen Zeichnungen
geschilderten Bestandes, in diesem Fall sowohl das Torgebäude und einen Neubau an der
Kasseler Gasse im Bereich der Bürgerhäuser betreffend. Das vom Landgrafen mehrfach in
unterschiedlichen Varianten wiedergegebene Torhaus erscheint um ein Geschoß aufgestockt und
mit einem Satteldach versehen. Ebenso schlicht ist der traufständige Neubau an der Kasseler
Gasse gestaltet, der in anderen Darstellungen als Kanzlei bezeichnet wird (vgl. 2° Ms. Hass. 107
[238] recto, unten).
Abb. 100 2° Ms. Hass. 107 [236]
166
Entwurf für eine neue Kanzlei am Kasseler Tor
2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [236] (Abb. 100) zeigt auch diese kleine Ansicht den "Neuw vorhof
zwischen dem / Marstall, und neuen Cantzley baw / zu Milsung[en] den 1. Aug: / inventirt zur
Carthause M.H.L." Ergänzend ist hier im Vordergrund eine Mauer eingefügt, die am Kasseler Tor
einen eigenen Hof zwischen dem Marstall und dem Neubau ausgrenzt und diesen damit dem
Schloss-bezirk anfügt. Das Kanzleigebäude zeigt sich als langgestreckter (ebenso wie am Marstall
sind hier 120 Fuß eingetragen), zweigeschossiger Bau, der sehr dicht an das Kasseler Tor
heranrückt.
Entwurf für eine neue Kanzlei an der Kasseler Gasse
2° Ms. Hass. 107 [240] recto, mittig links
Unterhalb der kleinen Darstellung der neuen Kanzlei hat Landgraf Moritz auf demselben Blatt noch
eine weitere Ansicht der baulichen Situation am Kasseler Tor im Blick von der Gegenseite
eingefügt, wobei er hier die Kanzlei als schlichten Bau mit zentralem Eingang und Zwerchgiebel
konzipiert.
Entwurf für eine neue Kanzlei am Schloss, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [119] recto, unten (Abb. 101)
Auf einem Blatt mit einem auf den 20(?). September 1630 datierten Entwurf für das Lustschloß
Fahre hat Landgraf Moritz im unteren Drittel einen detaillierten Grundriss der Bebauung am
Kasseler Tor eingefügt, wobei er auch hier eine „Neue Cantzley“ an der Stelle der Bürgerhäuser
konzipiert. Gebäude und Hof überdecken den Bereich bis zu Haus und Garten der Witwe Lautze,
deren Besitz ebenso in den anderen Zeichnungen eingetragen ist. Das langgestreckte Amtsgebäude, das wie in 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben links über zwei Eingänge verfügt, besitzt
eine zentrales „Vorgemach“, von dem aus die Amtsstuben („Cantzley“ links, „Repositur“ und
„Rendtcammer“ rechts) und die rückseitigen Wohnräume zugänglich sind.
Übereinstimmend mit der Vogelschauansicht des Schlosses 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben
wird der Schlosshof zur "Strasse nach Rörenfurdt" durch eine „galerie“ abgeschlossen.
Abb. 101 2° Ms. Hass. 107 [119] recto, unten
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, unten
Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei, 1630
Der auf den 26. September 1630 datierte Entwurf für die "New Cantzley" positioniert den Neubau
in unmittelbarem Anschluss an das Stadttor, wobei die vorgelegten Arkaden eine Durchfahrt in die
Mühlengasse frei lassen. Der gegenüberliegende Marstallhof ist im Grundriss mit Einzeichnung
der Pferdeboxen für insgesamt 62 Pferde wiedergegeben. Sehr präzise sind die Besitzer der
167
Bürgerhäuser in den im Plan angegebenen Häusern im weiteren Verlauf der Kasseler Gasse
notiert, neben den schon erwähnten Namen Lautze und Oetzel (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [243] recto)
erscheinen hier noch „Rendtmeister Maroldt“ 335 und „Thölde“ (Otto Thölde war Hüttenvogt der
Eisenschmiedemühle Schmidtfarth), sowie rechts am Bildrand noch die Apotheke mit dem Laboratorium. Bei diesem Laboratorium handelt es sich wahrscheinlich um das in 2° Ms. Hass. 107 [257]
(Abb. 112) dargestellte „destillatorium“ 336. Auch in den Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass.
107 [265]) wird ein Laboratorium erwähnt.
Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben links (Abb. 9)
Ebenso wie auf der anderen Darstellung der neuen Kanzlei auf demselben Blatt gibt Landgraf
Moritz auch in dieser geradezu miniaturhaft winzigen Zeichnung einen Entwurf für die Neue
Kanzlei gegenüber dem Marstall mit einer Galerie im Erdgeschoss. Dabei konzentriert sich die
Vogelschau auf den Raum zwischen den beiden Gebäuden und den Eingang in den Schlosshof,
dessen Hauptbau im Hintergrund nur angedeutet ist. Schraffuren deuten den Schattenwurf in
diesem Bereich an und geben der Darstellung Plastizität.
Landgrafenschloss mit Entwurf für eine Kanzlei von Südosten
2° Ms. Hass. 107 [239] recto, links
Als Gegenstück zu der Darstellung auf der rechten Blatthälfte, die eine Vogelschau des Schlosshofes von Norden präsentiert, zeigt diese Zeichnung ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [238] recto,
oben links (Abb. 9) die Situation am Kasseler Tor in der Vogelschau von Südosten. Im Focus steht
wieder der neu konzipierte Kanzleibau mit einer offenen Galerie im Erdgeschoß, der an den zweigeschossigen Stadtturm anschließt. Unklar ist die Situation hinter dem Stadttor, wo augenscheinlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben ein Galerieflügel anschließt, der durch einen
überbauten Torbogen mit dem Schloss verbunden ist.
Schlosshof und Kasseler Gasse mit Entwurf für eine neue Kanzlei, 1630
2° Ms. Hass. 107 [219] recto, unten rechts
Die auf den 3.10.1630 datierte Vogelschauansicht gibt einen weiträumigen Überblick über die bauliche Situation im Bereich von Schlosshof und Marstallhof samt der umgebenden Bebauung von
der Kasseler Gasse bis zum Riedeselschen Burgsitz neben dem hinter dem Schloss gelegenen
Lustgarten. Während die Bebauung im Vordergrund (Burggrafenhaus, „Riedeseler hoff“, Marstallhof) weitgehend den vorhandenen Bestand wiedergibt, handelt es sich bei den beiden als neu
bezeichneten Gebäuden im Hintergrund um Entwürfe, die das Projekt eines Galerieflügels am
Schloss (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [234] verso, oben) und einer Neuen Kanzlei direkt verknüpfen.
Dabei entfällt der alte Stadtturm gänzlich und die Kasseler Strasse wird über eine Durchfahrt in der
Kanzlei vor die Stadtmauer geleitet.
Kasseler Straße mit Entwurf für eine Kanzlei
2° Ms. Hass. 107 [313] recto, links (Abb. 102)
Auf diesem mit der Nummer „34.“ (Übergabeverzeichnis von 1786, 2° Ms. Hass. 107a)
gekennzeichneten Doppelfolioblatt befindet sich neben einer in den Oktober 1630 datierten
Zeichnung von Sontra eine weiträumige Vogelschauansicht der nördlichen Altstadt rund um den
„Stallhof“, wobei hier die westliche Seite bis zur „Cassel gasse“ im Grundriss bzw. Plan, die östlich
anschließenden Häuser aber in perspektivischer Ansicht wiedergegeben sind.
Akribisch sind die Namen der Bewohner/Besitzer aufgezeichnet. Ganz im Vordergrund an der
Stadtmauer mit drei recht korrekt eingezeichneten Schalentürmen befindet sich der „Berlebsche
garten“ an der „stroh gasse“. Links davon liegen die Riedeselschen Besitzungen. Dem Stallhof
gegenüber erstreckt sich ein geschlossener Komplex von Häusern, die wie in den anderen Zeich335
336
erwähnt in: HStAM Best. 4h 523
vgl. Helm 1967, S. 18
168
nungen mit der Berufsbezeichnung ihres Besitzers, z.B. „metzger“, „schuster“ oder „zimmermann"
gekennzeichnet sind. Die Straßenzeile an der „Cassel gasse“ im Hintergrund wird in diesem Fall
direkt an der Stadtmauer mit einer „Neue Cantzley“ ergänzt, wobei das dort befindliche Stadttor
wegfallen sollte. Um den Stadtausgang und den Zugang zur „Mühlengasse“ zu gewährleisten,
musste Landgraf Moritz aber eine große Tordurchfahrt einplanen, wobei – ähnlich wie in 2° Ms.
Hass. 107 [219] recto, unten rechts - nicht ganz klar wird, wie er sich die Torsituation an dem
Neubau in der Mühlengasse konkret vorstellte.
Wie in vielen anderen der Melsunger Zeichnungen sind auch hier wieder die auf den Strassen
verlaufenden Gossen eingezeichnet, ein Detail, dem Landgraf Moritz immer wieder große
Aufmerksamkeit schenkte, da ihm die Reinhaltung der öffentlichen Strassen am Herzen lag.
Abb. 102 2° Ms. Hass. 107 [313] recto, links
c. Riedeselsche Vogtei
In der nordwestlichen Ecke der Stadt lagen unweit des landgräflichen Schlosses die ehemaligen
Burgmannensitze der Freiherren von Riedesel und von Berlepsch. Während der Berlepsche
Burgsitz damals wüst lag, war die sog. Riedeselsche Vogtei, ein sehr alter, freistehender Fachwerkbau noch gut erhalten. Dieser bildet den Mittelpunkt in zahlreichen Zeichnungen des Landgrafen Moritz, die diesen Bereich der Stadt wiedergeben. Hintergrund war das Vorhaben, hier
einen neuen Renthof bzw. ein Wagenhaus zu errichten. Die Wiedergabe des Riedeselschen
Herrenhauses variiert dabei erheblich.337
337
vgl. Helm 1967, S.21f.
169
Riedeselsche Vogtei und Renthof mit Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts (Abb. 103)
Die Vogelschauansicht präsentiert den nordwestlichen Bereich der Stadt rund um die Riedeselche
Vogtei, gesehen vom Marstall aus. Dabei wird die Fachwerkbebauung an „Cassel gasse“, „Burg
gasse“, „Strohe gasse“ und „Eichsfeldt“ mit ihren unterschiedlichen Gebäuden detailliert wiedergegeben. Der eindrucksvolle dreigeschossige Ständerbau des Riedeselschen Burgsitzes ragt aus
dieser Bebauung deutlich heraus. Die Darstellung des „Rendthoff“, des Vorhofes mit Marstall und
großer Scheuer, stimmt überein mit dem auch in den anderen Zeichnungen gegebenen Bestand
(vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [219] recto, unten rechts)
Abb. 103 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts
Riedeseler Hof und Umgebung, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [247]
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [232] recto, unten rechts (Abb. 103) gibt auch dieser sorgfältig angelegte Plan den Bereich um die Riedeselsche Vogtei wieder. Der Riedeselsche Besitz mit dem
großen, als „fruchthauß“ genutzten Fachwerkbau, der Scheuer und den verschiedenen Gärten am
„Eulen / thurm“ schließt direkt an die westliche Seite des Renthofes an und nimmt eine ziemlich
große Fläche ein (vgl. die Maßangaben in 2° Ms. Hass. 107 [259] verso, links, Abb. 96). Die fast
quadratische „berlibsche Baustädte“ liegt hinter der „Linde“ direkt an der Stadtmauer.
Die Heftspuren am Falz lassen darauf schließen, dass das Blatt ehemals mit anderen
Zeichnungen zusammengeheftet war.
Berlepscher Hof und Umgebung, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [248]
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [247] zeigt dieser Situationsplan das Gelände der Burgsitze der
Herren von Berlepsch und von Riedesel, in diesem Fall liegt aber der Fokus eindeutig auf dem
Berlepschen Gelände „jetzo eine bleichstädte“, ein Terrain, das Landgraf Moritz gern anderweitig
nutzen wollte (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [250]).
170
Entwurf für einen neuen Renthof auf dem Berlepschen Burgsitz, Lageplan , 1627
2° Ms. Hass. 107 [250]
Die auf den 15. August 1627 datierte Zeichnung basiert auf den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107
[247] + [248] und präzisiert die Vorstellungen für einen Neubau an der Stelle des Berlepschen
Burgsitzes: "Also kan der Neue Rendthof / erbaut werden wan der Berlibschen / baustädte hierzu
erlanget werden kann“. Landgraf Moritz sah demnach dafür eine quadratische Fläche vor, die
direkt an die Stadtmauer grenzt, aber nicht den gesamten Bereich des alten Platzes einnimmt.
Entwurf für einen neuen Renthof an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes, 1627
2° Ms. Hass. 107 [249] recto (Abb. 104)
Wenige Tage nach 2° Ms. Hass. 107 [250] ist diese Ansicht datiert: "Neuer Rendthof zu Milsung
[en] so / uff der jetzig Berlibschischen Baustädte er / baut werd[en] soll; inventiert den / 19 Aug:
1627. M.H.L.“. Der geplante Neubau ist in der Vogelschau wiedergegeben, während die
vorhandene Umgebung wie in 2° Ms. Hass. 107 [247] als Plan verzeichnet ist. Der Renthof, eine
dreiseitige, aus unterschiedlich großen Gebäuden zusammengesetzte Anlage aus Fachwerkbauten mit massivem Erdgeschoss schließt direkt an die Stadtmauer an und nimmt, anders als
noch in der Zeichnung vom 15. August, die gesamte Fläche des alten Burgsitzes ein.
Feine Nadelspuren am Falz lassen auch in diesem Fall darauf schließen, dass das Blatt ehemals
mit anderen Zeichnungen zusammengeheftet war (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [247]).
Abb. 104 2° Ms. Hass. 107 [249] recto
171
Entwurf für einen neuen Renthof an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes
2° Ms. Hass. 107 [245] (Abb. 10)
Diese weiträumige Vogelschauansicht präsentiert den neuen Renthof an der Stelle des Berlepschen Burgsitzes im Situationszusammenhang mit dem dem alten Renthof, dem Riedeseler Hof
und den Bürgerhäusern an Burggasse, Strohgasse und Eichsfeld. Ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107
[249] recto (Abb. 104) erstreckt sich der Neubau als dreiflügeliger Bau auf der gesamten Fläche
des alten Burgsitzes, wobei der Landgraf aber in diesem Fall einen einheitlichen Steinbau konzipiert, der mit seinen beiden Stirngiebeln und der regelmäßigen Fensterordnung ein repräsentatives Aussehen erhält und an die Gestaltung des Vorhofes anknüpft.
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [241] recto, unten rechts
Die kleine Zeichnung auf einem schon zu einem frühen Zeitpunkt zusammengeklebten Blatt zeigt
den Riedeselschen Hof neben dem Vorhof des Schlosses, ergänzt durch ein „Wagenhauß“ auf der
freien Fläche vor dem als „fruchthauß“ genutzten alten Fachwerkgebäude (vgl. 2° Ms. Hass. 107
[232] recto, unten rechts, Abb. 103) auf einer Fläche von 20 x 90 Fuß. Der Bau hätte damit den
bisher freien Platz weitgehend versperrt. In den anderen Entwürfen für eine neue Remise suchte
Landgraf Moritz deshalb nach einem weniger exponierten Platz.
Das auf dem Papier erhaltene Siegel steht im Zusammenhang mit dem rückseitig erhaltenen
Fragment eines Schriftstücks, unterzeichnet "Milsungen den 2. Aprilis 1627 / Josias Hombergk".
Landgraf Moritz benutzte gerne jeden freien Platz auf den ihm gerade vorliegenden Papieren für
seine spontanen Zeichnungen, wie auch die Skizzen in den Akten im HStAM belegen.
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus hinter dem Marstall
2° Ms. Hass. 107 [241] recto, oben
Diese mit einem weiteren Entwurf für ein Wagenhaus an der Riedeselschen Vogtei zusammengeklebte Zeichnung illustriert eine weitere Variante, in der die Remise in einen neuen „hinderwand
hoff“ hinter dem Marstallhof am Schloss integriert wird. Die zweckmäßige räumliche Nähe von
Stallhof und Wagenhaus spielt in allen Entwürfen eine nicht geringe Rolle.
Für diese naheliegende und sinnvolle Erweiterung des Schlossbezirks, die auch im Idealentwurf
für das Melsunger Schloss (2° Ms. Hass. 107 [235] recto, Abb. 97) ihren Ausdruck findet, wäre
aber der Erwerb eines Teils des Riedeseler Besitzes vonnöten gewesen. - Allerdings erscheint es
beim Abgleich der verschiedenen Maßangaben fraglich, ob vor dem alten Fachwerkgebäude
überhaupt genügend Platz für eine solche Lösung zur Verfügung gestanden hätte.
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [242] recto, links
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [245] zeigt die Vogelschauansicht den nordwestlichen Bereich an
der Stadtmauer, gesehen von Osten. An der Stelle des Entwurfs für einen Renthof steht aber in
diesem Fall das Fachwerkgebäude einer einfachen, langgestreckten Remise mit einem zentralen
Risalitvorbau.
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [242] verso, rechts
"Ein stück von der Stadt Milsung[en] hinder dem f. Rendthofe / die Burggasse, Strohe gasse, und
Eichsfeldt zum theil berührend / Alda das newe Wagen hauß hin solt gesetzet werd[en]" lautet die
Überschrift über der Zeichnung, die ebenso wie die rückwärtige Vogelschauansicht den Neubau
eines Wagenhauses neben der Riedeselschen Vogtei zum Thema hat. Auch hier handelt es sich
um ein langgestrecktes, zweigeschossiges Fachwerkhaus (24 x 95 Fuß), das den „Berlibschen
Burgplatz“ nur geringfügig tangiert. Das Riedeselsche Herrenhaus erscheint in diesem Fall als
dreigeschossiger Ständerbau, der allerdings - im Gegensatz zu den anderen Darstellungen irrtümlich traufseitig und nicht giebelseitig an den Platz gesetzt ist.
172
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [244] recto, oben links (Abb. 105)
In weitgehender Übereinstimmung mit 2° Ms. Hass. 107 [242] recto, links gibt die Vogelschauansicht die nordwestliche Ecke der Stadt mit der Riedeselschen Vogtei und einem Entwurf für eine
davor gelegene Remise wieder. Der langgestreckte, zweigeschossige Fachwerkbau erstreckt sich
in dieser Variante entlang des Berlepschen Burgsitzes (Länge 129 Fuß) und ist über eine großes,
zweiflügeliges Tor zugänglich.
Abb. 105 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, oben links
Entwurf für ein Wagenhaus vor der Riedeselschen Vogtei
2° Ms. Hass. 107 [244] recto, unten links
Die kleine Zeichnung zeigt eine weitere Variante zu dem darüber platzierten Entwurf für eine
Remise vor der Riedeselschen Vogtei, in diesem Falle ein eingeschossiger Fachwerkbau von 95
Fuß, der durch drei Zwerchgiebel vermutlich eine optimale Nutzung des Dachgeschosses
gewährleisten sollte.
Nordwestliche Stadtecke mit Entwurf für ein Wagenhaus, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [230] verso
Der Lageplan der Bebauung der nordwestlichen Stadt zwischen „Cassel gasse“ und Stadtmauer
an verzeichnet zwischen "Riedesels vogtey" und "Berlibschischer / Burgplatz" wie in den anderen
Zeichnungen ein „Neues Wagenhauß“, einen langgestreckten Bau an der „Strohe gasse“.
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [230] recto, unten
Im Zentrum der Vogelschauansicht der nordwestlichen Stadtecke mit dem markant wiedergegebenen „eulen thurm“ steht hier wieder die Riedeselsche Vogtei mit ihren Nebengebäuden, wobei
die Gebäude im Vordergrund im Grundriss angegeben sind. Dazu gehört auch der "Neue / Wag
173
[en] hauß / Bauw" entlang des "Berlibsche Burgplatz", neben dessen Einfahrt an der Stirnseite
eine von außen zugängliche Wendeltreppe in der Gebäudeecke eingezeichnet ist (vgl. 2° Ms.
Hass. [233] verso, oben links, Abb. 106).
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein neues Wagenhaus
2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben links (Abb. 106)
Die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Entwürfen zu neuen Bauten in Melsungen zeigt
noch einmal sehr anschaulich die geplante Position des neuen Wagenhauses, wobei auch hier die
Gebäude im Vordergrund im Grundriss dargestellt sind. Auf diese Weise erhält man einen interessanten Einblick in das Vogteigebäude.338 An der Seite zum Vorhof hin liegt der "ledig platz zur
Ein / fahrt in die herren / scheuer", der im rückseitigen separaten Entwurf durch ein Torgebäude
abgeschlossen wird.
Abb. 106 2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben links
Riedeselsche Vogtei mit Entwurf für ein neues Wagenhaus, unvollendete Skizze
2° Ms. Hass. 107 [233] verso, oben rechts
Ebenso wie die auf der linken Blattseite gelegene Zeichnung thematisiert auch diese Skizze die
geplante Position von Riedeselscher Vogtei, dem neuen Wagenhaus und dem herrschaftlichen
Stallhof. Auch hier wird der Abstand zwischen Stallhof und Vogtei markiert (56 Fuß), der auf der
rückseitigen Zeichnung durch ein Fachwerkgebäude abgegrenzt und geschlossen wird.
Entwurf für eine Einfahrt zwischen Riedeselscher Vogtei und Schlossvorhof
2° Ms. Hass. 107 [233] recto, oben
Die sorgfältig angelegte Zeichnung ergänzt die Riedeselsche Vogtei auf der linken Seite durch
eine Fachwerkkonstruktion mit zwei Durchfahrtstoren, die den Abstand zur Scheuer im Stallhof
überbrückt. Dadurch wäre der Platz an der Vogtei – bisher öffentlicher Raum - dem Schlossbezirk
zugeschlagen worden.
338
vgl. Helm 1967, S. 21
174
Entwurf für ein Wagenhaus (?)
2° Ms. Hass. 107 [233] verso, unten links
Die kleine perspektivische Ansicht auf einem Blatt mit mehreren Entwurfszeichnungen für Bauten
in Melsungen zeigt ein einfaches Fachwerkgebäude mit Zwerchgiebel, dessen weiträumige
Balkenabstände auf eine Funktion als Stall oder Wagenhaus schließen lässt. Möglicherweise
handelt es sich um eine weitere Entwurfsvariante für ein Wagenhaus an der Riedeselschen Vogtei.
d. Brückenvorstadt
Die 1594 bis 1596 mit Unterstützung des Landgrafen Moritz errichtete steinerne Brücke über die
Fulda ersetzte einen mehrfach zerstörten alten Bau, der den Unwettern nicht standgehalten
hatte.339 Der massive Neubau erhielt deshalb kräftige, im unteren Bereich verstärkte Pfeiler, die
sechs Bögen tragen.340 Unweit davon lag die Wagmühle mit ihrem großen Wehr direkt am Fuldaufer. Da die Stadt nicht direkt bis an den Fluss reichte, bildete sich zwischen dem Brückentor und
der Brücke eine kleine Ansiedlung mit der 1598 errichteten Herberge, die allerdings relativ ungeschützt war. Landgraf Moritz zielte deshalb in seinen Entwürfen darauf ab, die Brückenvorstadt zu
befestigen und sicherer zu machen. Neben der Mühle plante er zudem eine neue Scheune, an
dieser Stelle befindet sich heute das Heimatmuseum.
Südliche Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben rechts
Die kleine Zeichnung, die schon zu einem frühen Zeitpunkt mit drei anderen zu einem Blatt
zusammengeklebt wurde, präsentiert eine Vogelschauansicht der südlichen Brückenvorstadt von
Osten her gesehen. Direkt vor der Stadtmauer und dem Brückentor im Hintergrund liegen diverse
Bürgerhäuer sowie die Mühle am Fluss unweit des kleinen Brückenhauses. Eine hohe Mauer mit
einer Eckbastion umfängt und sichert das Gebiet.
Abb. 107 2° Ms. Hass. 107 [232] verso, unten rechts
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [232] verso, unten rechts (Abb. 107)
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, oben rechts zeigt auch diese Vogelschauansicht die
Vorstadt mit dem Brückentor vom Fluss her, eingefasst von einer Mauer, die durch zwei Eck339
340
vgl. Schmidt 1978, S. 50ff., Wolff 2003, S. 59ff.
1596 fertigte Heinrich Schickhardt eine Zeichnung dieser Brücke, Hauptstaatsarchiv Stuttgart N 220 T 86
175
bastionen an der Fulda, von denen aus man die Brücke verteidigen konnte, zusätzlich gesichert
wird. Die neue Brücke im Vordergrund neben der Mühle wird in diesem Fall durch ein größeres
Torgebäude gesichert, das offensichtlich das kleine Brückenhaus ersetzen sollte, das in den alten
Ansichten zu sehen ist.341
Nördliche Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [253] verso, links
Diese Ansicht der nördlichen Brückenvorstadt mit der Fuldabrücke weist ebenfalls eine Mauer mit
Eckbastion zur Sicherung der Bürgerhäuser und der Herberge am Brückentor auf. In dieser
Variante verzichtete Landgraf Moritz allerdings auf das Tor am Brückenaufgang, das er durch
einen hölzernen Zaun ersetzt. Sehr sorgfältig gibt er aber das Zollhäuschen auf der Brückenmitte
wieder, das u.a. auch auf Merians Ansicht in der ‚Topographia Hassiae‘ von 1646 an dieser Stelle
eingezeichnet ist.
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [253] recto, links (Abb.108)
In einer Ansicht von Westen gibt diese Entwurfsvariante die Befestigung der nördlichen Vorstadt
an der Brücke wieder, wobei die Häuser an der Stadtmauer im Vordergrund nur im Plan gezeigt
sind. Der Brückenaufgang wird auch hier nicht durch ein Torhaus, sondern nur durch eine einfache
Mauer geschützt. Daran schließt sich die neue Mauer an, die von einem ungedeckten Wehrgang
aus gesichert werden kann. Auf dem gegenüberliegenden Ufer ist die Brücke über zwei seitliche
Rampen befahrbar.
Abb. 108 2° Ms. Hass. 107 [253] recto
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [253] recto, rechts (Abb. 108)
Ebenso wie der Entwurf auf der linken Blatthälfte präsentiert auch diese Vogelschauansicht von
Westen das Terrain zwischen Stadtmauer und Fuldaufer, das durch eine Befestigung mit zwei Eckbastionen stärker gesichert werden sollte. Die Einzeichnung von ballistischen Linien erläutert die
militärischen Überlegungen des Landgrafen.
341
vgl. Wolff 2003, S. 69 f.
176
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [254]
Der sorgfältig angelegte Plan der von einer Befestigung umgebenen Melsunger Brückenvorstadt
verzeichnet die bestehenden Gebäude am Brückentor und vermerkt zudem weitere Areale beidseits der Brücke als "Baustädte da neue heuser hin können / gebaut werden". Die Konzeption der
Befestigungsmauer mit den beiden Eckbastionen am Fluss und den Toröffnungen nach Norden
und Süden erlaubte eine Bebauung, die eine Durchfahrt in alle vier Windrichtungen frei lassen
sollte. Weitere Zeichnungen zeigen, dass der Fürst weitere, detaillierte Pläne für Neubauten in
diesem Bereich entwickelte (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [251], Abb. 109, [252]).
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine Befestigung und neue Gebäude
2° Ms. Hass. 107 [251] (Abb. 109)
Übereinstimmend mit dem Plan 2° Ms. Hass. 107 [254] integriert Landgraf Moritz in diese
Vogelschauansicht der Brückenvorstadt von Osten weitere Häuser beidseits der Brücke. Der
Aufgang wird in diesem Fall wieder von einem einfachen Brückenhaus gesichert, das wie in 2° Ms.
Hass. 107 [240] recto, oben rechts die Lücke in der hohen Befestigungsmauer schließt. Auch die
Bebauung am Brückentor ist insoweit durch Neubauten ergänzt, dass sich eine relativ dichte
Besiedelung ergibt - eine Idealvorstellung des Landgrafen.
Abb. 109 2° Ms. Hass. 107 [251]
Brückenvorstadt mit Entwurf für einen Anbau an die Mühle
2° Ms. Hass. 107 [252]
Ein Neubau an der Fuldabrücke steht im Zentrum der Vogelschauansicht von Westen, die allerdings sowohl auf ein Brückenhaus als auch auf eine Befestigungsmauer gänzlich verzichtet. Das
neue, steinerne Gebäude schließt direkt und in gleicher Höhe an den Fachwerkbau der Mühle an.
Wie in vielen anderen der Melsunger Zeichnungen bemüht sich Landgraf Moritz auch hier, die
Bewohner der Häuser an der Stadtmauer im Vordergrund zumindest mit ihren Berufen zu notieren
und dokumentiert damit seine genaue Ortskenntnis.
Entwurf für eine neue Scheuer an der Mühle
2° Ms. Hass. 107 [2]
Die bisher bei den unbestimmten Zeichnungen abgelegte Zeichnung erweist sich nach eingehender Untersuchung als Lageplan der Mühle an der Fuldabrücke mitsamt einem Grundriss der
daran anschließenden, ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107 [252] an dieser Stelle konzipierten
177
Scheuer. Der langgestreckte Bau, der bis zum Brückenaufgang reichen sollte, ist in diesem Fall
durch Tore an der Schmalseite zugänglich und wird durch eine Stützenreihe mittig unterteilt.
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine neue Scheune, 1630
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig rechts (Abb. 9)
Die ausgesprochen kleine Zeichnung auf einem mehrfach überarbeiteten und mit Zeichnungen
komplett angefüllten Blatt ist auf den 26. September 1630 datiert. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107
[252] entwirft Landgraf Moritz hier neben der Brücke einen Neubau, bezeichnet als „fruchtscheuer“, der direkt an die Mühle angrenzt. Der dreigeschossige Steinbau mit geschweiften Stirngiebeln überragt aber in diesem Fall die Mühle deutlich. Ein einfaches Portal sichert den
Brückenzugang während eine „Mauer“ das Fuldaufer sichert.
Brückenvorstadt mit Entwurf für eine neue Scheune und Befestigung, 1630
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben rechts (Abb. 110)
Eine weitere, auf den 26. September 1630 datierte Zeichnung auf dem komplett mit diversen
Zeichnungen gefüllten Blatt zeigt dieselbe Situation im "Vorstädtlein zu Milsung[en]“ von Osten her.
Eine Mauer mit runder Eckbastion und ein großer Neubau an der Brücke ergänzen den Baubestand vor dem Brückentor.
Ebenso wie bei den anderen Zeichnungen auf diesem Blatt, die u.a. auch Entwürfe für eine neue
Kanzlei in Melsungen beinhalten, handelt es sich hier um Ansichten, die das Planungsvermögen
des Landgrafen spiegeln, ohne dass zu diesem Zeitpunkt noch eine reelle Chance bestanden
hätte, diese Ideen verwirklicht zu sehen.
Abb. 110 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, oben rechts
e. Schützenhaus
Das vor dem Schlagbaum am Kasseler Tor gelegene Schützenhaus an der Straße nach Röhrenfurth, ein kleiner zweigeschossiger Fachwerkbau ist von Landgraf Moritz drei Mal gezeichnet
worden. Die erhaltenen Bauanweisungen von 1627 (2° Ms. Hass. 107 [265], vgl. Laboratorium)
erwähnen dieses Gebäude und die geplanten Bauarbeiten, so dass man annehmen kann, dass
178
der hessische Fürst das Gebäude ungefähr zu diesem Zeitpunkt errichten ließ. Über den Verbleib
des vermutlich kurzlebigen Baues ist nichts bekannt.
Schützenhof vor dem Kasseler Tor
2° Ms. Hass. 107 [255]
Das kleine Blatt zeigt den eingezäunten „Schützenhoff“ vor dem „neuen“ Schlagbaum auf der
Straße nach Röhrenfurth mit dem kleinen Fachwerkgebäude, das den hofseitig gerundeten,
doppelten Schützenstand enthält, von dem aus man auf die am anderen Ende des Hofes angebrachten Zielscheibe anlegen konnte.342
Schützenhof, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [256]
Der Lageplan präzisiert die in 2° Ms. Hass. 107 [255] gegebene perspektivische Ansicht. Der eingegrenzte "schützen hof zum / Holtz standt" wird auch in diesem Fall zum benachbarten Garten
mit einer Mauer abgegrenzt. Das Gebäude ist untergliedert in „oberster sahl“ und „untersterer
sahl“, wobei der untere Stand mit dem konkav gerundeten Abschluss dem Bau vorgelagert zu sein
scheint.
Schützenhof
2° Ms. Hass. 107 [231] (Abb. 111)
Die Vogelschauansicht zeigt im Zentrum das kleine, in diesem Fall beidseitig (?) durch einen halbrunden Vorbau in der Mitte akzentuierte Fachwerkgebäude am „schützen blatz“ zwischen dem
„Weg am Schlot“ und dem "kesselweg nach dem linden lohe“ - alte, überlieferte Ortsbezeichnungen.343 Hinter dem eingezäunten Schützenhof mit dem Zielhäuschen am hinteren Ende liegt
"des landknechtes / paradiß". Weitere Zäune und Baumreihen markieren die um-liegenden Äcker
und Felder. Bei dem auf der Straße verlaufenden Gewässer handelt es sich möglicherweise um
den vom Kesselberg kommenden Bach. Ein „spielplatz“ vor dem Schützenhaus ergänzt die
Anlage.
Abb. 111 2° Ms. Hass. 107 [231]
342
343
vgl. Schmidt 1978, S. 61
vgl. Armbrust 1921, S. 151 ff.
179
f. Apotheke und Laboratorium
Wie aus der Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [238] recto, unten hervorgeht, lag die Apotheke seinerzeit an der Kasseler Gasse unweit des Schlosses.344 An den Hinterhof grenzt dort ein „Laboratorium“, vermutlich jener Bau, der in den Bauanweisungen des Landgrafen Moritz von 1627 (2°
Ms. Hass. 107 [265]) erwähnt wird. Da er zu diesem Zeitpunkt - kurz nach seiner Abdankung –
noch davon ausging, Melsungen dauerhaft als Altersresidenz nutzen zu können, erschien ihm eine
Renovierung des Laboratoriums, das er für seine alchemistischen Forschungen nutzen konnte,
offensichtlich notwendig.
Laboratorium an der Apotheke
2° Ms. Hass. 107 [257] (Abb. 112)
Der kleine Fachwerkbau innerhalb einer städtischen Bebauung kann aufgrund der Beschriftung
der Fläche auf der linken Seite als „area inter Pharmacopäum & destillatorium“ mit dem Laboratorium hinter der Apotheke in Verbindung gebracht werden.345 Das einfach konstruierte Gebäude
mit Pultdach besitzt einen Zwerchgiebel - dessen korrekte Darstellung dem Landgrafen offensichtlich Schwierigkeiten bereitete - mit zentralem Schornstein. Dieses Detail lässt sich unschwer
mit der Bauanweisung für das besagte Gebäude (2° Ms. Hass. 107 [265]) in Verbindung bringen,
wo es heißt, dass „der schornsteinluese […] damit er den rauch wohl fange undt auß ziehe, […] in
der giebell hinauß gehen müßte“.
Abb.112 2° Ms. Hass. 107 [257]
Wohnhaus(?) von Dr. Rhenanus
2° Ms. Hass. 107 [241] recto, u.li.
Die kleine Skizze, die auf einem Blatt neben einer Zeichnung der Riedeselschen Vogtei platziert
ist, gibt ein bebautes Grundstück wieder, das die Beischrift trägt „Domino Doctori Rhenano“. Es
handelt sich also um den Besitz von Johannes Rhenanus, des Leibarztes von Landgraf Moritz, der
1627 die Überführung der alchemistischen Bibliothek nach Melsungen organisierte. 346 Der genaue
Standort des Grundstücks ist nicht mehr eruierbar, möglicherweise lag es in der Umgebung der
Apotheke.
344
vgl. Helm 1967, S. 40f.
Helm 1967, S. 18
346 Helm 1967, S. 18
345
180
Bauanweisungen für das Laboratorium und den Schützenhof, 1627
2° Ms. Hass. 107 [265]
Die Anweisung "Etzliche Bawpuncten so zu Milßunge[n] / noch in acht zu nehmen.“ vom 6. Juni
1630 enthält genaue Direktiven, die vor allem das Laboratorium und den Schützenhof in
Melsungen betreffen.
Am Laboratorium sollte demnach der Schornstein „so uff der Eill von Bretter nuhr gemacht undt
deßwegen gefehrlich“ dauerhafter und sicherer angefertigt werden (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [257])
und das gesamte Gebäude „von und[en] auß, bis under daß dach / In wendig undt auß wendig
berapt verbunden undt reno / firt werd[en]“.
Im Schützenhof sollte der Platz soweit vorbereitet werden, „daß das gezimmerte hernach so /
wenn man will darauff versetzt werd[en] könne“ (vgl. Melsungen, Schützenhof). Da die Bauarbeiter
aber in Breitenau gebracht wurden, müsse man mit den Arbeiten am Schützenhof „wie auch mit
versetzung des gehawenen thores undt / ganges Zwischen dem he[rn] undt Küche[n] Baw“ (der
Verbindungsgalerie am Schloß, vgl. Melsungen, Landgrafenschloss) warten „biß nun zur Breiden /
auw etwaß fertigk wirdt“.
g. Diverses
Plan der südöstlichen Stadthälfte
2° Ms. Hass. 107 [263]
Der große Stadtplan zeigt das Areal der südöstlichen Stadthälfte zwischen der Schulgasse und der
Stadtmauer, wobei drei der vier Stadttore eingezeichnet sind.347 Die Bebauung entlang der
Schulgasse und der Brückengasse ist summarisch angegeben. Besonders gekennzeichnet sind
nur "der kirchhof" sowie das "Rathhauß" zwischen "Brau hauß" und Markt.
Kasseler Tor, skizzenhafter Grundstücksplan
2° Ms. Hass. 107 [246]
Auf dem skizzenhaften Grundstücksplan, der in der oberen Hälfte arithmetische Rechenoperationen enthält, sind in groben Grundzügen die Ländereien verzeichnet, die außerhalb des
Kasseler Tores am Schloss lagen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [230] recto).
347
vgl. Wolf 2003, S. 55f.
181
Mittelhof b. Felsberg
Zur ehem. Kartause Eppenberg gehörten am Ende des 16. Jhdts. drei Meyerhöfe: der Oberhof,
d.h. die ehemalige Klosteranlage, der Mittelhof sowie der Unterhof, d.h. der alte Hof Wimmenhausen bei Altenbrunslar. 348 Landgraf Moritz ließ den Unterhof abreißen.349 Der nördlich des ehem.
Klosters gelegene Mittelhof wurde aber weiterhin genutzt. In den fünfziger Jahren des 17. Jhdt.
wurde der Mittelhof mit der Errichtung des Herrenhauses in einen fürstlichen Sommersitz verwandelt. 350 Später diente er aber vor allem zu wirtschaftlichen Zwecken und wird noch heute als
hessische Staatsdomäne bewirtschaftet.
Die vermutlich um 1627 entstandenen eigenhändigen Zeichnungen des Landgrafen zeigen den
damaligen Bestand vor dem Bau des Herrenhauses.
Landgräflicher Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [271] (Abb. 113)
Die Vogelschauansicht des Hofes und der angrenzenden Grundstücke zeigt eine nahezu quadratische Anlage, die innerhalb einer schlichten Einfassungsmauer zwei versetzt gegenüberliegende,
langgestreckte Gebäude und einen kleinen, erhöht gelegenen Garten umfasst. Angefügt an die mit
Maßangaben versehene Zeichnung ist die ausführliche "Ausrechnung der Mauren so zu Mittelhof
bey der Carthauß, erbaut werden soll, wie viel sie helt / undt was dieselbe zu erbauen kosten will“.
Das Interesse des Landgrafen Moritz lag also auch hier wie bei anderen Besitzungen (vgl. Rohna)
in der Sicherung der Gebäude durch eine solide Einfriedung.
Abb. 113 2° Ms. Hass. 107 [271] (Ausschnitt)
Landgräflicher Gutshof, Ansicht von Südwesten
2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts
Ähnlich wie in 2° Ms. Hass. 107 [271] (Abb. 113) thematisiert der Fürst in dieser kleinen Zeichnung, die schon zu einem frühen Zeitpunkt mit anderen Zeichnungen des Landgrafen zusammengefügt wurde, die Anlage des Mittelhofes mit seiner Umfassungsmauer und den Zugangswegen
aus einem etwas veränderten Blickwinkel. Die Mauer rückt hier auf der rechten Seite direkt an das
Gebäude, wodurch sich die Länge des unteren Abschlusses auf 200 Schuh verringert. Beibehalten
ist aber die innere Aufteilung des Hofes mit dem Garten in der rechten oberen Ecke, ergänzt durch
den unabdingbaren Brunnen, der auch im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270] (Abb. 114) eingezeichnet ist.
348
Heimerich 1979, S. 208
Reimer 1926, S. 526
350 lt. Aussage von Dr. U. Klein vom Freien Institut für Bauforschung und Dokumentation Marburg Datierung nach
dendrochronologischer Untersuchung 1653
349
182
Landgräflicher Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [269]
Die mit einem sorgfältig bezifferten Maßstab in Schuh und Ruten versehene Darstellung mit der
Bezeichnung "der Mittelhof bey / der Carthause wie er / mit der mauren wieder Zu / richt[en]", zeigt
den Hof aus der gleichen Perspektive wie 2° Ms. Hass. 107 [240] recto, unten rechts. Auch hier erscheinen die beiden Gebäude, - der große Scheunenbau auf der linken mit zwei großen Einfahrten
auf der Hofseite und das kleinere Fachwerkhaus mit rückwärtigem Anbau auf der rechten Seite –
mitsamt dem durch die Aufböschung abgetrennten Garten in gleicher Anordnung. Die von Landgraf Moritz geplante Einfriedung wird aber in diesem Entwurf durch kleine Eckpavillons akzentuiert,
wie sie in ähnlicher Form auch im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [270] dargestellt sind. Der Eingang
auf der unteren Seite rückt in dieser Variante auf die rechte Seite, wodurch auf der linken ein
größerer Garten neben der „schaf Wiese“ möglich wird.
Landgräflicher Gutshof, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [270] (Abb. 114)
In diesem sorgfältig angelegten Grundriss gibt Landgraf Moritz der Hofanlage eine regelmäßigere
Form, indem er sie mit einer rechteckigen Einfassung umgibt und durch ein zentrales Hofportal mit
flankierenden Gebäuden in der unteren Mauer zugänglich macht. Quadratische Pavillons an den
Ecken und am oberen Eingang verstärken die Tendenz zu einer repräsentativen Aufwertung
dieses Hofes. Anhand der Beschriftung der Räume in den beiden Hofgebäuden lassen sich ihre
Funktionen erschließen. Das große Scheunengebäude auf der linken Seite ist in große Abschnitte
unterteilt, während das kleiner Gebäude rechts neben der Küche und Stuben auch noch kleine
Ställe enthält. Die beiden neuen Häuser am Eingang („Ackerhaus“) enthalten Unterteilungen, die
eine Nutzung als Pferdestall gestatten.
Abb. 114 2° Ms. Hass. 107 [270]
Landgräflicher Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [342] verso, unten links
Die kleine Zeichnung auf einem Blatt mit mehreren Darstellungen von Bauwerken (Weissenstein,
Melsungen, Fahre) zeigt eine weitere Variante der von Moritz geplanten Einfriedung des Mittelhofes. Auch hier liegt der Eingang auf der unteren Seite zentral, flankiert jedoch von zwei zweigeschossigen Eckhäusern, die das Motiv der Eckpavillons durch Anbauten entlang der Mauer ausbauen und dem Hof einen stärker befestigten Charakter verleihen.
183
„Moritzwerder“
Idealentwurf
2° Ms. Hass. 107 [276] (Abb. 115)
Die als „Moritzwerder“ bezeichnete, direkt am Fluss gelegene Schlossanlage besteht aus einem
zum Fluß hin ausgerichteten, rechteckigen und dreigeschossigen Wohnbau mit angelegten Eckpavillons hinter einem quadratischen Vorhof, dessen Mauern gleichfalls mit fünf Pavillons besetzt
sind. Umgeben ist die gesamte Anlage von einem Kanal, der vom Fluss im Vordergrund abgeleitet
ist. Rechts schließen eine größere Gartenanlage und der "Mayerhof" mit Stallgebäuden an.
Ein Netz von in allen Richtung ausstrahlenden Wegen erlaubt durch die Beschriftung eine
topographische Einordnung. Neben „Hebel“ und „Harle“ am linken Rand sowie „Zehenden“ und
„Niedermellrich“ am oberen Bildrand erscheint mittig unten auch noch der „Weg nach lohre“. Es
handelt sich demnach offensichtlich um einen Ort, der südlich von Wabern möglicherweise an der
Schwalm gelegen sein könnte. Keine der uns bekannten Quellen erwähnt diesen Ort, bzw. Planungen des Landgrafen für einen Schlossbau in dieser Region. Es ist deshalb davon auszugehen,
dass es sich bei „Moritzwerder“ um ein Phantasieprodukt des Landgrafen handelt, angeregt durch
eine topographische Situation, die ihm für die Anlage eines Lustschlosses am Fluss besonders
geeignet erschien (vgl. die Entwürfe für das Lustschloss Fahre). Sein Entwurf orientiert sich dabei
an idealen Architekturvorstellungen, wie sie ähnlich auch von Ducerceau in seinen Ansichten
französischer Schlösser präsentiert wurden.351
Eigentümlich ist das extreme Querformat des Blattes, das aus drei Einzelteilen zusammengeklebt
ist. Die Verklebung auf der linken Seite, die mitten durch die Zeichnung verläuft, lässt in diesem
Fall auf eine nachträgliche Veränderung des Entwurfs schließen.
Abb. 115 2° Ms. Hass. 107 [276]
351
Jacques Androuet Du Cerceau, „Livre d‘Architecture“, 1582
184
Rückerode
Das Gut Rückerode liegt etwa 3km östlich von Hundelshausen im Naturpark Meißner-Kaufunger
Wald.
Nach dem Aussterben der auf der Vogtei Rückerode ansässigen Familie von Berge schenkte
Landgraf Moritz am 20. Dezember 1623 seiner Ehefrau Juliane von Nassau "das adlige Haus
Rückeroda"352. Zur damaligen Zeit bestand dieses offenbar aus dem etwas höher gelegenen Gebäudekomplex auf dem Gelände der alten Burg, über deren Aussehen nichts weiter bekannt ist,
sowie den um Viehhof und Stallhof gruppierten Wirtschaftsgebäuden am Fuße des Felsens. Der
heutige Baubestand an dieser Stelle entstammt vermutlich späteren Zeiten.353
Die Zeichnungen des Landgrafen, die in zwei Fällen in den Juli 1627 datiert sind, beschäftigen sich
mit dem Vorhaben, eine solide Einfriedung des Gutes zu errichten. Dafür sollten einige Wirtschaftsgebäude abgerissen, bzw. in den Bereich des unteren Hofes verlagert werden. Mit diesen
Entwürfen wollte der Landgraf vermutlich seiner Frau Juliane nach der Abtrennung der „Rotenburger Quart“ bei der Verwaltung und Nutzung ihrer Güter behilflich sein. Wahrscheinlich dachte er
auch an eine Nutzung der alten Wohngebäude durch seine Familie, die nach seiner Abdankung
1627 nur noch über wenige ausreichend große Domizile verfügte.
Ehem. Burg und Gutshof, 1627
2° Ms. Hass. 107 [300] recto, oben (Abb. 116)
Die signierte und auf den 11.07.1627 datierte Vogelschauansicht präsentiert eine Bestandsaufnahme des gesamten Areals mit dem Herrenhaus und Teilen der alten Burg auf dem Felsen
und dem tiefer gelegenen Wirtschaftshof nebst einer Vermessungstabelle. Die Maßangaben
betreffen Gebäude, die abgerissen, bzw. in den unteren Wirtschaftshof verlagert werden sollten,
um eine schützende Einfriedung möglich zu machen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117).
Abb. 116 2° Ms. Hass. 107 [300] recto, oben
352
353
Urkunde vom 21.03.1621, HStAM Best. Urk. 51 Nr. 30
Denkmaltopographie 1995, S. 653
185
Ehem. Burg und Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [300] recto, unten
Die mit der Bestandsaufnahme vom 11.07.1627 schon zu einem frühen Zeitpunkt zusammengeklebte Zeichnung, die auf der Rückseite ein Memorandum des Landgrafen zu Rückerode trägt,
zeigt auf der Anhöhe den Baukomplex des Herrenhauses von der Nordseite (?), ergänzt um eine
„Ringmauer“ mit zwei Eckpavillons.
Im Zusammenhang mit dem Text auf der Rückseite wird deutlich, dass es dem Landgrafen vor
allem um eine Sicherung der noch benutzbaren Gebäude ging.
Baumemorandum
2° Ms. Hass. 107 [300] verso, rechts
Das Memorandum des Landgrafen Moritz auf der Rückseite einer Zeichnung vom landgräflichen
Gutshof in Rückerode beginnt mit den Worten: „An selbig herrn hause ist jetzo […] zu bauen
nöhtig“. Nach der Aufzählung der notwendigen Baumaßnahmen folgert er: „das nohtwendigste
were wol das das haus mit ein Ringmauer umwehrt / und [...] versichert / werden müste“.
Ehem. Burg und Gutshof , Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [298]
Mit dieser skizzenhaften Zeichnung gibt Landgraf Moritz einen Situationsplan des in 2° Ms. Hass.
107 [300] recto (Abb. 116) in Vogelperspektive geschilderten Geländes von Herrenhaus und Wirtschaftshof. Zahlreiche Maßangaben belegen eine ernsthafte Untersuchung der Bauten und
Flächen, sie stimmen aber nicht unbedingt mit den Zahlenangaben auf den anderen Blättern überein. Im Vorhof ist eine „Baustädte“ eingezeichnet, die, wie die weiteren Zeichnungen zeigen (vgl.
2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117), für eine neue Scheuer vorgesehen ist.
Ehem. Burg und Gutshof , Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [299] (Abb. 117)
Die ursprünglich mit 2° Ms. Hass. 107 [297] + [298] zusammengeheftete Zeichnung (Heftspuren
am Falz), gibt einen sorgfältige angeordneten Plan des mit einer Mauer regelmäßig eingefriedeten
Hofgeländes mitsamt der innerhalb und außerhalb befindlichen Gebäude. Die ausführliche Beschriftung verrät, dass die Gebäude außerhalb der Mauer abgebrochen werden sollten. Stattdessen ist im Vorhof eine große Scheuer eingezeichnet. Zugunsten einer regelmäßigeren Anlage
der Gebäude wird zudem eine Verlegung des Viehstalls vorgeschlagen.
Das Herrenhaus bzw. die Überreste der Burg, bestehend aus "kemenade", "Burkhard [?] baw",
"der Alte baw" und "hans v. / berg baw" werden ergänzt durch einen „platz vor dem schloß so
entweder also zu / lassen oder ein garte dahier zu mach[en].“
Abb. 117 2° Ms. Hass. 107 [299]
186
Ehem. Burg und Gutshof, Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [164] recto, links
Das Blatt, das mit einer Darstellung von Felsberg zusammengeklebt wurde und rückseitig ebenfalls mit einer Zeichnung versehen ist, trägt auf der Vorderseite eine Vogelschauansicht der Wirtschaftsgebäude in der durch Moritz vorgesehenen regularisierten Anordnung mit einer Einfriedungsmauer (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [299], Abb. 117).
Zahlreiche Maßangaben und eine Vermessungstabelle verweisen auf die intensive Beschäftigung
des Landgrafen mit diesem Projekt.
Ehem. Burg und Gutshof, Entwurf für eine neue Einfriedung
2° Ms. Hass. 107 [164] verso, rechts
Die Ansicht von Westen präsentiert die gesamte Anlage von Herrenhaus bzw. Burg und den Wirtschaftshöfen, gesichert durch eine Mauer mit vier zweigeschossigen Pavillons an den Ecken. Die
alten, außerhalb der Mauer liegenden Gebäude, die auf der vorderseitigen Darstellung eingezeichnet sind, werden hier durch den „küchen garte“ ersetzt.
Ehem. Burg und Gutshof, 1627
2° Ms. Hass. 107 [297] (Abb. 118)
"Rückerodt wie es mit einer Ringmauer zu umbgeh[en] / und der linden platz damit zu befestig[en].
ao 1627. den / 17 Julij. inventirt zu Cassel. durch M.H.L." lautet die Beischrift der aus zwei Blättern
zusammengeklebten Zeichnung, die nach Ausweis der Heftspuren vermutlich schon zu einem
frühen Zeitpunkt mit 2° Ms. Hass. 107 [298] + [299] zusammengebunden wurde.
Dieser sehr sorgfältig ausgeführte Entwurf in der für die Zeichnungen des Landgrafen charakteristischen Vogelschau mit hoher Horizontlinie verdeutlicht noch einmal die Intention des Fürsten,
dem Gebäudekomplex eine regularisierte Form sowie eine Sicherung durch Mauern mit Pavillons
zu geben. In erhöhter Position dargestellt ist auch hier wieder der alte Baubestand der als Herrenhaus genutzten Burg mit der steinernen Kemenate und den darum gruppierten Fachwerkbauten.
Die sorgfältige Dokumentation dieser Gebäude auch in den anderen Zeichnungen lässt darauf
schließen, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch gut erhalten waren und sich für eine weitere
Nutzung anboten.
Abb. 118 2° Ms. Hass. 107 [297] (Ausschnitt)
187
Sababurg
Entwurf einer Befestigungsanlage vor dem Schloss, 1622
2° Ms. Hass. 107 [317] recto, rechts (Abb. 119)
Zum Schutz der sich neu entwickelnden Wallfahrt zu dem unweit gelegenen Ort Gottsbüren begannen im Jahre 1334 die Mainzer Erzbischöfe mit dem Ausbau des damals als „Zappenburg“
bezeichneten Besitzes auf einem Basaltkegel im nördlichen Reinhardswald.354 1429 wurde die
Landgrafschaft Hessen Alleinbesitzer des damals weitgehend verfallenen Anwesens. Nachdem ab
1480 in den Wirtschaftsgebäuden zunächst die Wildpferdezucht aufgenommen worden war und
kleinere Baumaßnahmen den Bestand sicherten, wird 1508 in den Quellen von einem Neubau gesprochen, der allerdings durch den Tod des Bauherren Landgraf Wilhelm II. im Jahre 1509 unterbrochen und erst unter Landgraf Philipp 1518 wieder aufgenommen wurde. 1521 waren die Bauarbeiten an der als Jagdschloss genutzten Burg beendet, die jetzt neben dem erweiterten Haupthaus auch die halbkreisförmig um einen Innenhof angeordneten Nebengebäude umfasste. Landgraf Wilhelm IV. veranlasste 1578/79 eine Renovierung und ließ zudem 1582 das Kanzleigebäude
am mittleren Schlosshof errichten. Bereits 1571 hatte er mit der Anlage des ca. 132 ha großen
Tiergartens hinter der Burg begonnen. Dieses gut ausgestattete Jagdschloss diente Landgraf
Moritz als Schauplatz für höfische Festlichkeiten. Im August 1596 empfing er hier die englische
Gesandtschaft, die zu den aufwendigen Tauffeierlichkeiten für die Prinzessin Elisabeth nach
Kassel kam.
Abb. 119 2° Ms. Hass. 107 [317] recto, rechts
Zum Schutz vor den Unbilden des dreißigjährigen Krieges plante Landgraf Moritz 1622 eine neue
Befestigungsanlage (Vorwerk) vor dem Haupteingang des Schlosses, betitelt „Neuer standt vor
354
vgl. Hanschke 2008
188
dem schlosse / bey dem Hagedorn / M.H.L. 1622. / 8.Novemb.“. Von der Burg selbst ist am oberen
Rand der Zeichnung nur das Amtsgebäude samt eines Teils des Haupthauses sowie der Vorhof zu
sehen. Daneben liegt der parzellierte „Burggraven garten“ an eben jener Stelle, wo auch heute
noch der Rosengarten angelegt ist. Links außerhalb der Schlossmauer erstreckt sich der Tiergarten. Die "Calade Auß dem schloß / in den Thiergarten" auf der rechten Seite bezeichnet
vermutlich einen befestigten Weg, der der höfischen Gesellschaft den Zugang zum Wildgehege
ermöglichte. Im Zentrum der Darstellung steht die auf der linken Seite mit zwei Bastionen ausgestattete, quadratische Wallanlage, die sich vor dem Haupttor entlang der Mauer der „Meyerey“
mit ihren Wirtschaftsgebäuden erstrecken sollte und von einem zweiten Tor mit Zugbrücke über
den breiten Graben abgesichert wird.
Der Plan wurde jedoch offenbar nicht realisiert, wie ein Bericht des Amtmannes vom 16. Februar
1623 belegt, der einzig die Anfertigung einer neuen Zugbrücke vermeldet.355 So kam es, dass
Feldmarschall Tilly kurze Zeit später die Sababurg ohne weiteres einnehmen konnte. Erst 1626
zog die bayerische Besatzung wieder ab. 356
Spätestens mit dem Verlust der fürstlichen Jagdprivilegien 1848 war die Nutzung als Jagdschloss
entbehrlich geworden und das Anwesen verfiel zunehmend. 1959 wurde die Ruine gesichert und
im ehemaligen Amtsgebäude eine Gaststätte und später das heutige Hotel eingerichtet.
355
356
in: HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 116
vgl. Landau 1850/1973, S.184, Bericht des Burggrafen über die Schäden in: HStAM Best. 4b Nr. 48
189
„Sauerbrun“ (?)
Die beiden im Bestand unter „Sauerburg“ abgelegten Zeichnungen von unbekannter Hand zeigen
ein nicht eindeutig identifizierbares Gelände mit Brunnen. Die Identifizierung als Hof Sauerburg bei
Homburg/Efze konnte bislang nicht konkretisiert werden und beruht möglicherweise auf einem
Lesefehler. „Sauerbrunnen“, so die alte Bezeichnung für mineralische Quellen, existierten seinerzeit u.a. bei Hofgeismar und Wildungen.
Unbekannter Zeichner, Lageplan eines Brunnens
2° Ms. Hass. 107 [301]
Der mit Maßangaben und einem Maßstab in Fuß ("Pedes") versehene Grundstücksplan zeigt ein
langgestrecktes, unregelmäßiges Terrain, das an drei Seiten von einem kleinen Flusslauf begleitet
wird. In der Ausbuchtung an der einen Langseite befindet sich ein quadratisch eingefasster
Brunnen, bezeichnet als „Sauerbrun“. Es handelt sich demnach vermutlich um die Einfassung
einer möglicherweise in Nordhessen beheimateten mineralischen Quelle.
Unbekannter Zeichner, Lageplan eines Brunnens
2° Ms. Hass. 107 [302]
Der Plan zeigt in identischem Maßstab dasselbe Grundstück wie 2° Ms. Hass. 107 [301], ergänzt
um einige, teilweise auch in Graphit eingezeichnete (Wirtschafts?)-Gebäude, die das Areal an den
Schmalseiten abschließen.
190
Schmidtfahrt a. d. Pfieffe
Bei den mit Schmidtfahrt bzw. Schmidtfurth betitelten Zeichnungen des Bestandes handelt es sich
um Darstellungen einer mit Wasser betriebenen Schmiedemühle (Eisenschneidmühle) mit einem
Eisenhammer im Einmündungsgebiet der Pfieffe in die Fulda, deren genaue Lage unklar ist.357
Nach Armbrust358 wurde 1589 eine „Schmittenforth“ erwähnt, die diesseits Adelshausen durch die
Pfieffe führte. Vermutlich lag diese ungefähr dort, wo heute die "Walkmühle" zu finden ist, unweit
von Fahre und Schwertzelhof. Noch vor 1629 wurde hier auf Betreiben des Landgrafen eine
Eisenschneidmühle errichtet, die damit zu den ältesten ihre Art gehörte.359 In dieser Mühle wurde
das gewonnene Eisen in bestimmte Formen gewalzt und geschnitten.
Mehrere Kostenabrechnungen und Berichte des Hüttenvogtes Otto Thölde (oder Tölde) im Staatsarchiv Marburg dokumentieren das intensive Bemühen des Landgrafen um eine bessere wirtschaftliche Nutzung der Mühlenanlage.360 Die zwölf Zeichnungen des Bestandes sind deshalb
höchstwahrscheinlich alle in den ersten Jahren nach der Abdankung entstanden. Ein auf den
26.04.1628 datierter Grundriss stammt vermutlich von der Hand Otto Thöldes, während alle
anderen, zum Teil sehr kleinen Darstellungen vom Landgrafen selbst angefertigt wurden.
2° Ms. Hass. 107 [123] verso
Schmiedemühle
Das sehr kleine Blatt - durch das gut erhaltenes Siegel in der Mitte als Zweitverwendung eines
Schriftstücks gekennzeichnet - präsentiert auf der Rückseite einer Zeichnung zum Lustschloss
Fahre eine Vogelschauansicht der „Eisenmühle“ an der Pfieffe. Die „strasse nach Mörshausen"
verortet die Anlage im Mündungsgebiet des kleinen Flusses in die Fulda unweit von Schwertzelhof
und Fahre. Zwei gleichartige Fachwerkgebäude flankieren den Mühlgraben, der von der Pfieffe
abzweigt.
Abb. 120 2° Ms. Hass. 107 [303]
357
vgl. Wick 1910, S. 89/90
Armbrust 1921, S. 141
359 Wick 1910, S. 89
360 Akten in: HStAM Best. 4a 38/27, vgl. auch den Brief Thöldes vom 28. Sep. 1629 in Best. 4a 38/18, in dem er sich
über mangelnde Geldzuwendungen beklagt
358
191
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [303] (Abb. 120)
Die sehr anschauliche, detaillierte Vogelschau zeigt die Anlage an der Pfieffe, bestehend aus
einem kleineren Gebäude, dem „Eisenhammer”, und dem größeren "Eisenschmiedtwerk". Neben
dem Graben zwischen den Gebäuden ermöglicht ein weiterer Kanal auf der anderen Seite des
großen Schmiedewerks die Einfügung eines weiteren unterschlächtigen Schöpfrades. Vor der
Schmiedemühle liegt ein kleiner Garten, dessen rechteckige Felder mit den Namen diverser
Nutzpflanzen beschriftet sind.
Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [309]
Der Lageplan gibt das Gelände der Mühlenanlage wieder, das zwischen dem Fluss und dem
davon abgezweigten Graben auf spitz zulaufendem Terrain liegt und von mehreren Kanälen zur
Energieerzeugung gequert wird. Wie in 2° Ms. Hass. 107 [303] (Abb. 120) liegen „hammer“ und
„Schneitwerk“ nebeneinander an zwei Wassergräben, die die Schöpfräder antreiben. Eingezeichnet sind hier allerdings insgesamt drei Räder am Eisenhammer, wobei eines in einem zusätzlichen Graben an der Stirnseite positioniert ist, sowie zwei an den beiden Langseiten des
Schneidewerks. Die vermutlich von Otto Thölde angefertigte Zeichnung von 1628 (2° Ms. Hass.
107 [308]) belegt, dass die Mühle tatsächlich über drei Schöpfräder verfügen sollte, deren optimale
Positionierung in diesem Blatt von Landgraf Moritz erwogen wird.
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [259] verso, rechts
Ein weiterer Plan des Landgrafen zeigt die Anlage mit Hammer und Schmiedewerk an der
"strasse nach Mershausen", wobei die beiden „gerinne“ aus einem „sammeldeich“ an der Stelle
des Mühlgrabens hinter der "Eisenschmid mühl." gespeist werden. Dieser Teich ist in mehreren
Zeichnungen zu sehen und wird auch in Otto Thöldes mutmaßlich umgesetztem Plan von 1628
(2° Ms. Hass. 107 [308]) dargestellt.
Otto Thölde(?), Schmiedemühle und Eisenhammer, Lageplan, 1628
2° Ms. Hass. 107 [308]
Die mit "Act. Milsung: 26 t. Ap: 628" datierte und rückseitig mit der Aufschrift "Abriß des
fischerhauses / undt schneidtwerck uffm / schmidtfahrt ahn der pfieffe" versehene Zeichnung kann
mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Bergmeister Otto Thölde zugeschrieben werden, von dessen
Hand sich einige Korrespondenz zum Betrieb der Anlage in Schmidtfahrt im Staatsarchiv Marburg
erhalten hat.361
Ähnlich wie in den vom Landgrafen gezeichneten Plänen (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [259] verso,
rechts) werden die beiden Mühlengräben hier von einem massiv eingefassten Teich gespeist, der
den „alten Wassergraben“ ersetzt. Das untere Gebäude beherbergt neben dem Eisenhammer, der
von einem großen Wasserrad gespeist wird, noch zwei „Rennfeuer“ d.h. Schmelzöfen mit großen
Blasebälgen, die von zwei kleinen Schöpfrädern an den Schmalseiten des Gebäudes betrieben
werden. Das zweite Gebäude enthält das Schneidwerk, das von zwei großen Rädern in den beidseits verlaufenden Gräben in Gang gehalten wird, einen weiteren kleinen Ofen mit Blasebalg
sowie einen „Windofen“.
Es ist anzunehmen, dass die Anlage in dieser Form auch in Betrieb gegangen ist, wie die
erhaltenen Abrechnungen nahe legen.
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten
Diese auf einem großen Blatt mit drei Zeichnungen zum Lustschloss Fahre vereinte Vogelschauansicht präsentiert die beiden Mühlengebäude wie in 2° Ms. Hass. 107 [123] verso von der Pfieffe
361
u.a. in: HStAM Best. 4a 38/27
192
aus, vor dem „Schönberg“ im Hintergrund. Der Mühlgraben hinter den Fachwerkgebäuden ist auch
hier zu einem Teich aufgestaut und versorgt über Wehre die beiden Kanäle. Deutlich visualisiert
wird das Gefälle entlang dieser Gräben, das ebenso wie der Teich durch massive Mauern
abgestützt ist. Auf die Einzeichnung der Schöpfräder wird hingegen verzichtet. Ein Zaun schützt
das Mühlengelände, wobei an der „hofstätte“ in diesem Fall ein kleiner (Kohlen-)Schuppen
integriert ist.
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121)
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [131] verso, unten visualisiert diese Vogelschauansicht auf anschauliche Weise die Lage der Mühlengebäude im Gelände an der Straße unterhalb des kleinen Berges,
dessen abfallendes Gelände an dieser Stelle die Nutzung der Wasserkraft über einen Sammelteich und Wehre möglich macht. Das komplett eingezäunte Mühlengelände schließt auch hier ein
„kohlhauß“ ein, das neben die Einfassung des Teiches gesetzt ist. Die anschließende Fachwerkmauer grenzt direkt an die Straße, von wo aus, wie in 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts,
über eine Pforte ein direkter Zugang zum Gelände möglich ist. Die großen Schornsteine an den
beiden gleich großen Fachwerkhäusern markieren die Position der großen Öfen im Innern.
Abb. 121 2° Ms. Hass. 107 [304]
2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts
Eisenschmiedemühle
Übereinstimmend mit 2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121) zeigt diese Zeichnung den eingezäunten
Hof am „waldthammer", der an der Straßenseite neben der Pforte ein „kohlhauß“ einschließt. Die
Maß-angaben und die Beschriftung: "dieser Zaun muß lang werden 165 schue biß in die pfieffe."
legen nahe, dass es hier, wie auch in den anderen Darstellungen, um konkrete Maßnahmen zur
Er-gänzung und Verbesserung der Effektivität der Schmiedemühlen ging.
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [305]
Die gänzlich unbeschriftete Zeichnung wiederholt die Konstellation der Mühlengebäude und des
Teichs wie sie in 2° Ms. Hass. 107 [304] (Abb. 121) wiedergegeben wird, variiert aber die Position
des Nebengebäudes (Kohlenhaus), das hier an die Straßenseite des Teiches gesetzt wird. Die
193
Ergänzung und genaue Position von Nebengebäuden wird auch in weiteren Zeichnungen des
Landgrafen thematisiert (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [261] recto, unten rechts + [306]).
Schmiedemühle und Eisenhammer am Schönberg
2° Ms. Hass. 107 [306] recto, oben rechts
Die Zeichnung des Landgrafen auf einem Blatt mit einer Konstruktionszeichnung für das Dachwerk
eines Pavillons in Fahre visualisiert in Vogelschau die Mühlenanlage am „hohe[n] rain“ unterhalb
des Schönberges mit der Pfieffe im Vordergrund. Die beiden Fachwerkgebäude am aufgestauten
Sammelteich sind wiederum sorgfältig eingezäunt, wobei in diesem Fall ein "kohlhauß" und eine
weitere kleine "schmiedte" den Hof am “hammer“ ergänzen, der am Teich mit einer Fachwerkwand
geschlossen ist.
Schmiedemühle und Eisenhammer, Horizontalschnitt
2° Ms. Hass. 107 [307] recto, oben
Die Vogelschau zeigt die Mühlenanlage am Sammelteich aus ähnlicher Perspektive wie 2° Ms.
Hass. 107 [261] recto, unten rechts, allerdings gibt Landgraf Moritz hier mit Horizontalschnitten
Einblick in die Gebäude. Während der Eisenhammer im Vordergrund in Höhe des steinernen
Sockels geschnitten ist, liegt die Schnittlinie im Schmiedewerk dahinter in Höhe des
Obergeschosses, das mit mehreren Stuben und Kammern versehen ist. Vermutlich sollte hier eine
Aufstockung vorgenommen werden, wie die an der Schmalseite vorgelegte Freitreppe nahelegt,
die in keiner der anderen Zeichnungen zu sehen ist.
Der unterhalb der Zeichnung angefügte lateinische Text naturwissenschaftlich / philosophischen
Inhalts steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Darstellung.
Schmiedemühle und Eisenhammer
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig (Abb. 9)
Auf dem mit mehreren anderen, teilweise in den September 1630 datierten Zeichnungen gefüllten
Blatt findet sich in der Mitte in ungewöhnlicher Lünettenrahmung eine kleine Darstellung von
"Schmidtfardt“. Sie zeigt die beiden Mühlengebäude zwischen Teich (im Vordergrund) und Pfieffe
(im Hintergrund) zwischen „gärtlein“ und „wiesen“. Interessanterweise überragt in diesem Fall, im
Gegensatz zu den anderen Darstellungen, das Gebäude des Hammers (rechts) die Mühle (links).
Die kleine, reduzierte Zeichnung, die auf die Wiedergabe der Mühlgräben verzichtet, legt nahe,
dass es sich hier um eine Skizze aus der Erinnerung handelt.
Johann Fleischhut, Brief an Landgraf Moritz wegen Modellen von verschiedenen Mühlen,
1621
2° Ms. Hass. 107 [91 und 92]
In dem am 13. Oktober 1621 vom Bauverwalter Fleischhut (s. Rohna) unterzeichneten Brief berichtet er an Landgraf Moritz von „zwey Model eins zur denckel mühlen / daß ander wie daß
borgezeug könte gemacht undt / angericht werden machen lassen“. Auf ein Modell könne man
aber evtl. auch wegen „beyligendem Abriß“ verzichten. Desweiteren könne der Mühlmeister von
Rengshausen die Mühle anfertigen, „Dürfte auch / solche bor mühlen soll sich nah Milßungen bey
der Schmiedt / mühlen eine an orttnen laßen“. Möglicherweise ist hiermit Schmidtfahrt gemeint. In
diesem Falle müsste die Schmiedemühle schon 1621 bestanden haben. Eine „Bohrmühle“ diente
zum Aushöhlen von Baumstämmen für Wasserleitungen. 362
362
frdl. Hinweis von Dr. Marcus Popplow, vgl. die Datenbank der Maschinenzeichnungen/DMD - Database Machine
drawings http://dmd.mpiwg-berlin.mpg.de, s.v. „Drill“
194
Schwertzelhof
Der Schwertzelhof, auch Schwer[t]zelfurt bzw. im 18. Jhdt. Schwärzelshof genannt, lag im Amt
Melsungen, unweit des Gutes an der Fuldafurt Fahre, das ursprünglich zu diesem Hof gehörte.363
Dieser Gutshof, ursprünglich eine kleine Siedlung, kam nach der Säkularisierung aus dem Besitz
des Klosters Heydau in das Eigentum der hessischen Landgrafen. Noch 1795 gab es hier einen
herrschaftlichen Hof, der aber um 1800 abgerissen wurde.364 Heute wäre der Hof auf dem
Betriebsgelände der Firma B. Braun Melsungen AG in den Pfieffewiesen zu verorten, worauf die
Strassenbezeichnung "Am Schwerzelshof" hinweist.
Landgräflicher Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [311] (Abb. 122)
Die kleine Ansicht des "Schwertzeler hoff" präsentiert eine eingefriedete Hofanlage am „fahrweg.
345 schue lang nach der fahre". Fachwerkgebäude unterschiedlicher Größe umstehen an drei
Seiten den Hof. Mehrere Kanäle bzw. Teiche umgeben die Gebäudeanlage vor dem „Baumgarten“.
In dieser Form handelt es sich vermutlich um einen Entwurf des Landgrafen für eine regelmäßige
Einfriedung des Geländes mithilfe der Wassergräben.
Abb. 122 2° Ms. Hass. 107 [311]
Landgräflicher Gutshof
2° Ms. Hass. 107 [310]
In Vogelschau ist auf diesem Blatt ein schlichter Gutshof gezeichnet, der an drei Seiten von Fachwerkgebäuden unterschiedlicher Größe und Funktion umgeben ist. Ein „großer Brunnen deich“
dominiert den Innenhof. Die Anlage mit einem Baumgarten im Hintergrund ähnelt deutlich der
anderen Zeichnung vom Schwerzelhof, allerdings verläuft die „landtstrasse“ hier hinter Hof und
„Baumgarten“, so dass es sich möglicherweise auch um eine andere topographische Situation
handeln könnte.
363
vgl. die 1606 datierte Karte von „Schwirtzelnforth“, HStAM Karten P II 1790
Armbrust 1921, S. 129ff., Wolf 2003, S. 162, 394 + 396, Historisches Ortslexikon <http://www.lagis-hessen.de/de/
subjects/idrec/sn/ol/id/5127> (Stand: 4.11.2010)
364
195
Sontra
Die alte Berg- und Handelsstadt Sontra, 1232 erstmalig urkundlich erwähnt, erhielt 1368 die
Stadtrechte. Im hessisch-thüringischen Grenzbereich gelegen, kam sie nach mehreren Besitzerwechseln 1433 endgültig in die Landgrafschaft Hessen. 365 Ihre Bedeutung gründet sich vor allem
auf den Bergbau im Richelsdorfer Gebirge und die Funktion als Sitz eines Berggerichts. Seit 1627
gehörte die Stadt zur Rotenburger Quart, dem Erbteil der Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz. Infolge des Dreißigjährigen Kriegs kam es 1634 bis 1636 zu heftigen Verwüstungen.
Die landgräfliche Burg an der Pfarrkirche wird erstmalig 1368 erwähnt und diente später als
Jagdschloss und Amtshof. 1594 wurden Marstall und Fruchthaus wegen Baufälligkeit abgerissen
und neu errichtet.366 1619 berichtet der Rentmeister wiederum über Schäden und erwähnt zwei
Scheunen, eine davon beim „Herrenhaus“ gelegen.367 Damit ist vermutlich der Bau gemeint, der in
den Zeichnungen des Landgrafen als „neuer Bau“ neben dem als „alten Bau“ bezeichneten
Amtshaus erscheint. Amtsrechnungen erwähnen schon 1611 diesen „alten Bau“, so dass man
schlussfolgern kann, dass der Neubau zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgt war. In der
Leichenpredigt von Paul Stein heißt es: „Zu Sontra haben Ihre F.FG. einen gantz newen Baw / von
steinen aufführen / und in denselben unden auff der einen seiten einen Marstall / auff der andern
seitten gegenuber / etliche Camern / oben in der höhe aber zween stattliche Fruchtboden uber
einander anrichten lassen“ 368. Für 1627, das Jahr nach der großen Pest, sind in den Amtsrechnungen einige Arbeiten am Schloss belegt. 369 Die in den Oktober 1630 datierten Zeichnungen
des Landgrafen Moritz geben vermutlich eine weitgehend getreue Bestandsaufnahme dieses Zustands, der bereits 1634 nachhaltig zerstört wurde. Der ehemalige Marstall diente noch im 18.
Jhdt. als Amtshaus.370 Im 20. Jhdt ließ man die Überreste abbrechen, erhalten blieben nur die
Außenmauern eines Nebengebäudes, das zum Wohnhaus umgebaut wurde.
Landgräfliches Schloss mit Umgebung von Norden, 1630
2° Ms. Hass. 107 [313] recto, rechts
Die Vogelschauansicht auf einem Doppelblatt, das verschiedene Zeichnungen von Sontra,
Cornberg und Melsungen kombiniert, präsentiert den "schloßhof zu Sontra / erweitert wie der
dritte / baw, 1630 den 23. Octobris / M.H.L." mit seiner Umgebung von Norden. Links neben dem
Schlosshof, der neben dem „alten“ und „neuen“ Bau auch einen “Marstal” umfasst, liegt der
„Vorhof“, dessen Bebauung genau erläutert wird: "ein pferdtstall an der / Stadtmauern. 80. / davor
ein scheuer gegen der schloß / mauer uber, 112 schue lang. / Item die scheuer und viehestäl /
oben bey dem Bakhause. / 40 schu lang." Die Stadtmauer umfasst den Gebäudekomplex auf der
rechten Seite samt dem neben dem Schloss gelegenen: "garten so wol zur / küche als zum obst.
biß / an die strasse nach Königs wald". Entsprechend seiner Funktion als zeitweiliger Wohnsitz
des Landgrafen ist der "Neu bau” als zweigeschossiger Steinbau mit geschweiften Stirngiebeln,
zentralem Zwerchgiebel an der Außenseite und Treppenturm an der Hofseite ausgestattet.
Die ausführliche Erläuterung und die Maßangaben legen nahe, dass diese Bestandsaufnahme vor
Ort entstanden ist.
Landgräfliches Schloss mit Umgebung
2° Ms. Hass. 107 [313] verso, links
Die Darstellung auf der Rückseite der 1630 datierten Zeichnung von Norden gibt das Schloss aus
dem gleichen Blickwinkel wieder, allerdings mit einem erweiterten Umfeld, das hier den gesamten
365
vgl. Denkmaltopographie 1991, S. 350ff.
HStAM Best. 40d Sontra 429, für den Hinweis auf diese Akte und weitere Angaben zur Baugeschichte danke ich
Herrn Ernst Henn, Sontra
367 HStAM Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152
368 in: Monumentum Sepulcrale 1638, S. 84
369 Gromes 1989, S. 16
370 siehe die Karte im HStAM Karten P II 2355
366
196
“Vorhof” und die Situation bis zum “Oberthor” im Vordergrund einschließt. Dadurch ist am linken
Rand auch der „kirchof“ mit dem „Turn“ eingetragen, sowie das neben dem Vorhof gelegene
„biedefeldisch hauß“. Ebenso wie der "Böneburgische hof" in der Mitte gehörte er zu jenen adeligen Burgsitzen, die sich von alters her um die Kirche gruppierten.371 Amtshaus und Marstall entsprechen sehr genau der Darstellung auf der Vorderseite des Blattes, während der Neubau hier
über einen zentralen Risalit mit Altan an der Stirnseite sowie über insgesamt drei Zwerchgiebel an
der Gartenseite verfügt. Der Garten am Schloss ist hälftig in einen Baumgarten und einen
parzellierten Bezirk untergliedert.
Landgräfliches Schloss mit Umgebung von Westen, 1630
2° Ms. Hass. 107 [312] (Abb. 123)
Diese auf den 26.10.1630 datierte Ansicht des Schlossbezirks von Westen zeigt hintereinander
den Garten an der "Strasse nach Königs walde", den „Schloß hof“ und den „Vorhof“, wobei links im
Hintergrund wieder die Kirche im „kirchof“ angeschnitten ist. Im Gegensatz zu den anderen Darstellungen verfügt der neue Bau hier über zwei Zwerchgiebel an der Außenseite.
Die drei, in den Zeichnungen des Fürsten vorliegenden Varianten mit ein bis drei Dachausbauten
reflektieren vermutlich Vorschläge zum Ausbau des Gebäudes. Ebenso rekurriert wahrscheinlich
die ausführliche Darstellung der Umfassungsmauer mit zwei Eckpavillons auf Plänen zur Verbesserung der Einfriedung, die an dieser Seite die Stadtmauer ersetzt.
Abb. 123 2° Ms. Hass. 107 [312] (Ausschnitt)
371
Collmann 1863, S. 127
197
„Stoltzenberg“ (?)
Gutshof, 1630
2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig links (Abb. 9)
Die geradezu miniaturhaft kleine Darstellung auf dem dicht an dicht mit diversen Zeichnungen
angefüllten Blatt ist signiert und datiert "der hof Stoltzenberg / 1630 den 26. Sept. / M.H.L.". Mit
ihrer sorgfältigen Rahmung, die im rechten unteren Eck von einer Zeichnung der Schmiedemühle
Schmidtfahrt überlagert wird, erhält die Zeichnung bildhaften Charakter. Der nahezu quadratische
Hof, der an drei Seiten von Fachwerkgebäuden umrahmt wird, lässt sich nicht identifizieren,
könnte aber in der Nähe von Melsungen zu verorten sein, da am selben Tag auch die beiden
Zeichnungen der Melsunger Brückenvorstadt auf diesem Blatt (2° Ms. Hass. 107 [238] recto, mittig
rechts + oben rechts) datiert sind.
198
Trendelburg
Die Burg Trendelburg liegt am westlichen Rand des Reinhardswaldes auf einem nach drei Seiten
hin steil zur Diemel abfallenden Bergrücken. Sie wurde im 13. Jhdt. von den Herren von Schöneberg zum Schutz der sich hier an der Diemelfurt kreuzenden Handelswege angelegt. Neben der
Höhenburg entwickelte sich in westlicher Richtung eine kleine Siedlung. 1465 nahm Landgraf
Ludwig II. in der Hessen-Paderbornischen Fehde die Burg ein, ab 1471 war sie alleiniger hessischer Besitz. Nachdem 1631 die Truppen Tillys Stadt und Burg erobert und niedergebrannt
hatten, erfolgten 1637 weitere Zerstörungen. 1676 erweiterte Landgraf Carl die Burganlage und
baute sie zum Jagdschloss um. Nach mehreren Umgestaltungen befindet sich dort heute ein
Hotel.372
Merian vermerkte 1646: „Das Schloß an sich selbsten ist gering und von gar schlechten Gebäwen.
Hat aber einen starcken vesten runden Thurn und zimliche starcke Mawren; derhalben es auch zur
Gräntzvestung gebraucht wird: gegen der Statt ist es mit einer Zugbrücken uber einen trockenen
Graben verwahrt“ 373. Der Grundriss der ursprünglich von einem Graben und Wall umgebenen Burg
ist trapezförmig. Der mächtige, 38 Meter hohe Bergfried (heute noch erhalten) ist in die westliche
Ringmauer integriert und sicherte die Hangseite. Unmittelbar daneben befindet sich der alte Palas,
der um 1600 als Amts- und Gerichtshaus diente. Landgraf Moritz ließ ihn 1617 ausbauen und das
schon seit 1613 baufällige Dach sichern.374 Die erhaltenen Zeichnungen des Landgrafen thematisieren vor allem die Befestigung des „Platzes vor dem Schlosse“ am Übergang zum Ort als
Vorwerk der Burg. Rommel notierte in seiner „Geschichte von Hessen“ in der ausführlichen Liste
der von Landgraf Moritz errichteten Bauwerke: „Im Norden von Kassel versah er Trendelen-burg
mit einem neuen schönen Vorwerk“ 375. Es ist aber unklar, ob er in diesem Fall das befestigte
Vorwerk am Schloss meint, oder das von Moritz in einer Zeichnung (2° Ms. Hass. 107 [318], Abb.
125) so bezeichnete landwirtschaftliche Gut am Fuße des Hügels, das zur Versorgung der Burg
und ihrer Bewohner diente.
Ansicht der Burg von Westen, 1626
2° Ms. Hass. 107 [317] recto, oben links
Die Vogelschauansicht der Burg von Westen zeigt die Kernburg mitsamt der Umwehrung, die auf
der Vorderseite durch einen befestigten „platz vor dem Schloß“ ergänzt wird, während auf den
anderen Seiten ein eingezäunter Gang auf der Contrescarpe um den Graben verläuft. Der von
einer Wehrmauer mit vier Ecktürmen eingefasste Hof wird hier vereinfacht als regelmäßiges
Rechteck wiedergegeben. Links neben dem hochaufragenden Bergfried befindet sich der Palas,
dessen Längsfront einen zentralen Zwerchgiebel im steilen Satteldach aufweist. Auf der rechten
Seite liegt im Hof ein langgestrecktes Wirtschaftsgebäude mit einem massiven Erdgeschoss und
einem Fachwerkobergeschoss.
Die eigenhändige Beschriftung der Zeichnung, endend „anno, mense, die & autor ut in fra.“ stellt
einen unmittelbaren Zusammenhang zu der Zeichnung auf der unteren Blatthälfte her.
Burganlage und Vorwerk von Osten, 1626
2° Ms. Hass. 107 [317] recto, unten links
Die Gegenansicht zu der auf der oberen Blatthälfte wiedergegebenen Darstellung ist beschriftet:
"Schloß Trenp[!]elburg / Wie das selbige von dem Sültze / berge her anzusehen ist 1626 den / 15
Sept: M.H.L.". Im Zentrum der Zeichnung steht wiederum der wehrhafte Bergfried an der Mauer, hier mit welscher Haube und Laterne -, der nur über eine Sprossenleiter durch den Hocheingang
zugänglich ist. Rechterhand schließt sich der viergeschossige Palas mit dem Wendeltreppenturm
372
vgl. Stockhausen 1939, Lotze 1984
Merian 1646, S. 40
374 vgl. „BawGebrechen vom Jahr 1615“ und „Verzeichnis der bausachen so dieses 1617 Jar im nider fürstentumb
Hessen vorzunehmen“, in: HStAM Best. 53e Pak. 61
375 Rommel 1837, S. 415
373
199
an der vorderen Ecke an. Große Doppelbahnenfenster gliedern die Fassaden. Ihm gegenüber
befindet sich das langgestreckte Wirtschaftsgebäude mit Fachwerkobergeschoss. Das Liniennetz
des gepflasterten Hofes und die Verkürzung der beiden Gebäude suggerieren eine gewisse
Tiefenperspektive, stehen jedoch in Gegensatz zu der Vogelperspektive, mit der die Umgebung
der Burg erfasst wird.
Der befestigte „platz vor dem schlosse“ schließt drei im Grundriss angerissene Häuser ein, deren
Besitzer namentlich aufgeführt sind: "Falkenberg", "Wagener", "Stokhausen". Die Herren von
Stockhausen waren über lange Jahre Burgmannen zu Trendelburg.376 Das vom Landgrafen geplante befestigte Vorwerk sollte offensichtlich diese drei Häuser von Lehnsmännern ein-schließen.
Das Stadttor links oben am Rand der Zeichnung markiert den Beginn der angrenzenden städtischen Bebauung.
Burghof von Süden
2° Ms. Hass. 107 [317] verso, links (Abb. 124)
Die rückseitige Zeichnung auf dem Blatt, das auf der Vorderseite neben zwei Darstellungen der
Trendelburg noch eine Vogelschauansicht der Sababurg mit neuer Bastion aufweist, präsentiert
den Innenhof der Burg von Süden gesehen, wobei das Wirtschaftsgebäude im Vordergrund im
Grundriss wiedergegeben ist. Der Bergfried erscheint hier im Gegensatz zu den anderen Darstellungen mit Fenstern und ebenerdigem Portal zu Wohnzwecken ausgebaut. Die „Ritterburg“,
das stattliche viergeschossige Gebäude mit ausgebautem Satteldach wird in Übereinstimmung mit
den anderen Zeichnungen durch einen Wendeltreppenturm ergänzt, dessen oberstes Geschoß
durch ein dekoratives Gesims hervorgehoben wird.
Die Aufteilung des Wirtschaftsgebäudes gibt die Nutzung der Räume wieder, wobei an der rechten
Schmalseite ein Anbau ergänzt ist, gekennzeichnet als "lediger Blatz so noch zu bebauen".
Abb. 124 2° Ms. Hass. 107 [317] verso, links
376
Stockhausen 1939, S. 9
200
Burganlage mit Vorwerk und Diemelmühle
2° Ms. Hass. 107 [318] (Abb. 125)
Auf diesem Blatt gibt Landgraf Moritz die Burganlage auf dem Berg von Südosten mitsamt dem
ausgedehnten Wirtschaftshof und den Mühlen an der Diemel am Fuße des Abhangs wieder.
Die Burg, eingerahmt von Ringmauer, Graben und "Corridor uff der Conterscarpe umb das schloß
herumb" wird auf der Westseite von dem befestigten „platz vor dem schlosse“ begleitet, der auch
hier "Stokhausens hauß", einen dreigeschossigen Fachwerkbau, einschließt. Der östlich an die
Burg anschließende „Ambts garten“ erstreckt sich auf einem Plateau des Bergrückens in Richtung
des im Tal gelegenen, weiträumig eingefriedeten „Vorwerk hof“. Merian schreibt: „vnderm Berg
aber / an der Diemoll / nächst bey der Brucken / ligt ein wolerbawtes statliches Vorwerck.“377 Diese
Domäne war die größte in der Landgrafschaft Hessen-Kassel.378 Zu ihr gehörte auch die Mühle an
der Diemel, neben der eine vermutlich unter Landgraf Moritz eingerichtete Wasserkunst 379 lag, die
die 60 m höher gelegene Stadt versorgte und in den Akten erwähnt wird: „weil diese Statt diese
Wasser kunst braucht seindt sie schuldigk dieselbige in ehre zu halten“.380 Das turmartige
Gebäude dieses Pumpwerks ist vor der eigentlichen Mühle am Mühlgraben eingezeichnet. Die
Zeichnung entstand vermutlich in engem zeitlichem Zusammenhang mit den anderen Trendelburgansichten 1626.
Abb. 125 2° Ms. Hass. 107 [318]
377
Merian 1646, S. 40
Krüger 2004, S. 43
379 vgl. Hoffmann 2004
380 HStAM Best. 53 e Pak. 61, „Bawgebrechen“ 1615
378
201
Vogelsburg b. Eschwege
Das Gut Vogelsburg bei Reichensachsen, südwestlich von Eschwege gelegen, war seit 1471 ein
hessisches Lehen der Herren von Boyneburg. Später erwarb die Landgrafschaft Hessen die
Domäne, die noch heute als hessischer Staatsbetrieb geführt wird.381
Die von Moritz auf den 15.03. und 1.04.1631 datierten diesbezüglichen Zeichnungen gehören in
den Zusammenhang einer kleinen Reise bzw. Ausflügen, die er in diesem Jahr vermutlich zusammen mit seinen Söhnen Moritz und Friedrich im Raum Eschwege unternahm, wie die ebenfalls
datierten Zeichnungen von Germerode (19.03.), Abterode (20.03.) sowie Grebendorf (24.03.)
nahelegen.
Die dem Bestand beiliegende Vermessungstabelle, die Daten zu den zugehörigen Grundstücken
und einen Kostenvoranschlag für eine Einfassungsmauer beinhaltet, lässt vermuten, dass die
Entwürfe des Landgrafen in diesem Zusammenhang entstanden sind.
Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes, 1631
2° Ms. Hass. 107 [322] (Abb. 126)
Die sorgfältig komponierte große Vogelschauansicht "Die Vögels Burgk. bey Reichensachsen /
Anno 1631. den 15. Martij. M.H.L.", präsentiert die Gebäude am Hang als absolut symmetrische,
geschlossene Anlage. Das höher gelegene, zweigeschossige „Junker hauß“ (im Kern heute noch
vorhanden) wird von Landgraf Moritz durch einen zentralen Treppenturm aufgewertet. Zwei mit
massiven Substruktionen unterfütterte Rampen leiten über zum tiefer gelegenen Hof mit den
beiden flankierenden Wirtschaftsgebäuden. Eine Mauer und ein Torhaus („Meyer hauß“) schließen
den Hof zur Straße hin ab.
In dieser Kombination von Bestandsaufnahme und Entwurf integriert Landgraf Moritz den
vorhandenen Baubestand (Wohnhaus, Stall, Scheuer) in eine ideale Vision eines herrschaftlichen
Hofes, der durch die Rampe und den Treppenturm repräsentativen Charakter erhält.
Abb. 126 2° Ms. Hass. 107 [322]
381
vgl. Denkmaltopographie 1992, S. 280 f.
202
Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes, 1631
2° Ms. Hass. 107 [324] (Abb. 127)
Die weiträumige Ansicht "Die Vögelsburg. / mit zween[?] Baum gart[en]. 1631. / den 1 Aprilis.
M.H.L." zeigt die Hofanlage als Teil eines umfangreichen, am Hang gelegenen Besitzes, der neben
den unterschiedlichen, terrassierten Gartenbereichen auch über zwei Teiche verfügt. Das Wohnhaus des 16. Jahrhunderts besitzt ebenso wie das Torhaus ein massives Erdgeschoss sowie ein
Fachwerkgeschoss mit Zwerchgiebel. Die die Anlage prägende Rampen führen in diesem Fall in
konkavem Schwung zu den Wirtschaftsgebäuden, eine Weiterentwicklung des in 2° Ms. Hass. 107
[322] (Abb. 126) gezeigten Entwurfes.
Abb. 127 2° Ms. Hass. 107 [324]
Entwurf für eine Neugestaltung des landgräflichen Gutes
2° Ms. Hass. 107 [323]
Ebenso wie die anderen Zeichnungen schildert auch diese Vogelschau “Aviburgum”, den Hof
Vogelsburg, als symmetrische Hofanlage mit einer aufwendigen Rampenkonstruktion zur Überwindung des Höhenunterschiedes. Ergänzend zeigt Landgraf Moritz in diesem Fall auch den
separat gelegenen „Wagenhof“ bei den Teichen am „Weg nach Reichensachsen“. Maßangaben
lassen darauf schließen, dass hier tatsächlich vor Ort Messungen vorgenommen wurden.
Vermessungstabelle und Kostenvoranschlag für eine Einfriedung
2° Ms. Hass. 107 [325]
Die "Data der Fögelsburg” verzeichnen die Maße des in 2° Ms. Hass. 107 [324] dargestellten
Besitzes mit den unterschiedlichen Gärten. Desweiteren werden die Kosten für die Einfassungsmauer „wirdt lang 175 schue hoch mit dem grundt 14 schue dicke 2 1/2 schue“ errechnet, wobei
die Steine zu Schiff von Albungen antransportiert werden sollten.
203
Wiesbaden
Plan von Schloss und Vorhof, 1629
2° Ms. Hass. 107 [343]
Die schon in der Römerzeit besiedelte Stadt Wiesbaden mit ihren Thermal- und Mineralquellen war
seit dem 13. Jhdt. Reichslehen der Grafen von Nassau. Sie gliederte sich im Mittelalter in drei
Teile, die engere Stadt mit der Burg, den Flecken und das Sauerland, das Gebiet der Bäder.382 Die
rechteckige mittelalterliche Burganlage war im Norden durch die Heidenmauer geschützt und an
den anderen drei Seiten von einem Wassergraben umgeben. 1594 bis 1599 ließen die Grafen von
Nassau das „Neue Schloss“ errichten, das ungefähr an der Stelle der heutigen Marktkirche lag.
Der alte Wohnsitz wurde nur noch als Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude genutzt.383 Nachdem
die Stadt 1806 zur Hauptstadt des neugegründeten Herzogtums Nassau aufgestiegen war, wurde
1834-37 wurde nach den Plänen von Georg Moller das Stadtschloss (heute Hessischer Landtag)
erbaut, das zum Teil auf dem Gelände der alten Burg liegt.
Die Zeichnung des Landgrafen Moritz zeigt einen Lageplan von „schloß und kelnerey / Wiesbad
[en] deliniiert, den 30. Aug: / 1629“. Das „alte schloß / Wißbaden” ist mit seinem „schloß graben"
am oberen rechten Rand angeschnitten dargestellt. Mehr Raum wird den Gebäuden von „schloß
und kelnerey“ eingeräumt, die sich davor um einen rechteckigen Hof gruppieren. Neben „Marstall“
und „grosse Scheuer“ ist neben dem im Grundriss wiedergegebenen Wohnhaus mit integrierter
„Durchfahrt“ auf der linken Seite eine Fläche eingegrenzt, bezeichnet als "Jetzige küche und /
kelners wohnung / so corigiert werden / müste".
Der Abgleich mit den Stadtplänen aus späterer Zeit384 ergibt, dass Landgraf Moritz die Gebäude
des östlich der alten Burg gelegenen Schlosshofes mit den auch in späterer Zeit dort positionierten
Wirtschaftsgebäuden gezeichnet hat. Neben dem „alten schloß“ liegt der "grorodter hoff", seit der
Mitte des 15. Jhdts. der Sitz der Familie von Groroth, deren Geschlecht 1635 ausstarb. Mit dem
„stadtplatz“ wäre dann der Marktplatz gemeint, von dem aus eine Durchfahrt im herrschaftlichen
Wohnhaus in den Schlosshof führt. Dieses relativ kleine Gebäude verfügte – wie aus der Zeichnung ersichtlich - über nur wenige Räume, ein Inventarium von 1627385 führt acht Zimmer auf. Das
anschließende Küchengebäude („küche und / kelners wohnung“), das der Landgraf nur im Umriss
skizziert, war ihm vermutlich wegen seines unregelmäßigen Grundrisses ein Dorn im Auge, weswegen er eine Veränderung für notwendig hielt. Sowohl die genannte „kelners wohnung“, wie auch
der Begriff der „kelnerey“ (Kellerei, d.h. Schlossverwaltung) tauchen allerdings in den wenigen erhaltenen zeitgenössischen Akten386 nicht auf. Im Spätmittelalter war die Kellerei innerhalb des
Burgareals verortet,387 mit dem Schlossbau am Ende des 16. Jahrhunderts war diese Anordnung
aber möglicherweise hinfällig geworden. In Übereinstimmung mit Merians Ansicht in der „Topographia Hassiae“ 1646 erstreckt sich an der gegenüberliegenden Seite des Hofes entlang der
Heidenmauer der „Marstall“, während im östlichen Winkel der quadratische „thurm“ aufragt.
Landgraf Moritz besuchte das Schloss in Wiesbaden, in dem damals sein Neffe Johann von
Nassau-Idstein residierte, vermutlich von Frankfurt aus, wohin er sich nach der Abdankung mehrfach für längere Aufenthalte zurückgezogen hatte. Wie ein von ihm verfasstes Gelegenheitsgedicht
bezeugt, schätzte er an Wiesbaden vor allem die warmen Bäder.388
382
vgl. Renkhoff 1980
vgl. Vollmer 1983
384 vgl. z.B. den „Situationsplan oder Tractus Riss der unterirdischen Stadt Wiesbaden“ 1812/1826 im Stadtarchiv
Wiesbaden, für den frdl. Hinweis danke ich Frau Dr. B. Streich, Stadtarchiv Wiesbaden
385 HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1
386 HStAW Abt. 137 Wiesbaden Nr. 1 + 6a
387 Renkhoff 1980, S. 119
388 Schleichert 1924, S. 10
383
204
Züschen
Unbekannter Zeichner, Burg und Gutshof der Herren von Meysenbug, Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [344]
Der früher selbständige, heute zu Fritzlar gehörende Ort Züschen gehörte jahrhundertelang zur
Grafschaft Waldeck. 1433 wurden Burg und Stadt den Herren von Meysenbug als Lehen verliehen, welches sie bis zum Aussterben der Familie 1810 innehatten. Über der an der Südostecke
der Stadtbefestigung über dem Ort gelegenen Burganlage errichteten sie einen herrschaftlichen
Gutshof. 1862 vernichtete ein Großbrand weite Teile der Hofanlage. Nachdem das Gut 1891 in
den Besitz Wilhelm von Garvens übergegangen war, baute sich dieser 1894/98 unweit der alten
Anlage das Herrenhaus Garvensburg.389
Die sorgfältig über einer Graphitvorzeichnung angelegte Federzeichnung eines unbekannten
Zeichners ist nicht nur mit einer informativen Legende versehen, sondern enthält am linken und
unteren Rand eine ausführliche Erläuterung: "Unvorgreiflicher Vorschlag wie Johann Meijsenbugs
zu Züschen hinderhoff zwischen Junker Hansen Seeligen Stal und dem kirchhoffe in eine besser
ordtnung zu bringen / undt dem Wohn hauße besser lufft und lichte / gegeben auch etzliche
andere nützliche sachen / am hauß gebeude zu gericht werden köne.“
Diese bisher unbekannte Darstellung überliefert einen Grundriss der unregelmäßigen Anlage der
alten Burg, die vermutlich nicht lange nach 1600 abgerissen bzw. überbaut wurde. Das auf der
linken Seite gelegene „thor zur Kirche“ sowie die „Zwinger mauer“ am unteren Ende der Burg
geben Anhaltspunkte für die Verortung der Kernburg, die demnach ungefähr im Zentrum des
heutigen Gutshofes lag.
Zwei Wendeltreppentürme erschließen die Räume der beiden vermutlich zu unterschiedlichen
Zeiten entstandenen, extrem unregelmäßigen Baukörper. Nach der Legende waren hier im Erdgeschoß Wirtschaftsräume untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite des ovalen Hofs
fangen die massiven Zwingermauern den Hang ab. „Junker Wilhelms höltzern bauw” und weitere
Stall- und Wirtschaftsgebäude ergänzen die als „Junker Johanns / haus hoff “ bezeichneten alte
Anlage zu einer weiträumigen Hofanlage.
Wie der beigegebene Text erkennen lässt, ging es dem unbekannten Verfasser (Baumeister/
Bauschreiber) um ordnende Renovierungsmaßnahmen, d.h. um die Bereinigung des Hofes von
Unrat, den Abbruch bzw. die neue Nutzung der vorhandenen Gebäude sowie „doppelte fenster zu
erlangung licht und luffts“ im Wohnhaus.
Eine genaue Datierung der Zeichnung ist aufgrund fehlender Akten erschwert, möglicherweise
standen die geplanten Baumaßnahmen in zeitlichem Zusammenhang mit der Errichtung der
Kirche durch die von Meysenbug im Jahre 1604.
389
vgl. Ganßauge/Kramm/Medding 1960, S. 318 ff., Knappe 1995, S. 137
205
Orte außerhalb Hessens
Ansbach
Das Schloss in Ansbach entstand 1398-1400 unter Kurfürst Friedrich I. als Sitz der hohenzollerischen Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Palas und Kemenate der spätmittelalterlichen
Wasserburg standen an der Stelle des Nordost- und des Nordwestflügels des späteren Renaissance-Schlosses.390 Ebenfalls aus dieser frühen Phase stammen der Westbau (Dürnitz) und
der massive Südbau, die auch in der Vogelschau-Ansicht des Landgrafen Moritz von Südosten (2°
Ms. Hass. 107 [31]) deutlich erkennbar sind. 1417 wurde die Kapelle errichtet, deren genauer
Standort im Südwesten der Anlage aus den beiden weiteren Zeichnungen des Landgrafen Moritz
(2° Ms. Hass. 107 [29] + [30]) ersichtlich wird. Ab 1445 diente die stattliche Wasserburg Markgraf
Albrecht Achilles als Residenz. Um diesem Zweck zu genügen, ließ er um 1470 im Osten ein Wirtschaftsgebäude und im Südosten hinter der Kapelle einen parallel verlaufenden Vorbau errichten.
Unter Markgraf Georg Friedrich d.Ä. fanden umfangreiche Umgestaltungen statt. Nordwest- und
Nordostflügel wurden zwischen 1565 und 1575 bis auf den Keller abgerissen und neu errichtet. An
der Seite zum Innenhof wurde ihnen ein bis zum Dachansatz reichender mehrgeschossiger
Arkadengang vorgelegt. Diese beeindruckende Galerie, die an diejenige des Stuttgarter Schlosses
erinnert, hat Landgraf Moritz in allen drei Zeichnungen dargestellt, war sie doch deutlich größer als
diejenige am Kasseler Schloss und führte hier (wie auch in Stuttgart) über ein abgeschrägtes
Zwischenstück vor dem Schlossturm übereck an beiden Flügeln entlang. Markgraf Joachim Ernst
ließ 1622 die Kapelle erneuern und ihr ein Wohngeschoss aufsetzen. Diesen Umbau hielt Landgraf Moritz ebenfalls in seiner Zeichnung des Innenhofs (2° Ms. Hass. 107 [30]) fest.
Wie die Im Bestand vorhandenen datierten eigenhändigen Zeichnungen der unweit gelegenen
Schlösser Coburg (2° Ms. Hass. 107 [89]) und Cadolzburg (2° Ms. Hass. 107 [88]) nahelegen, ist
ein Besuch von Landgraf Moritz in Ansbach in direktem zeitlichem Zusammenhang im September/
Oktober 1629 zu vermuten. Frühere Aufenthalte sind für 1606391 sowie 1612 anlässlich der Hochzeit des Markgrafen Joachim Ernst mit Sophia von Solms 392 überliefert. Das Wasserzeichen auf
dem Blatt mit dem Grundriss (2° Ms. Hass. 107 [29]) verweist jedoch auf eine Entstehung erst
1629/30. Zu dieser Zeit führte Moritz Schwägerin Markgräfin Sophie (die Schwester seiner ersten
Frau Agnes von Solms) zusammen mit ihrem Bruder Friedrich von Solms-Rödelheim die Vormundschaftsregierung in Brandenburg-Ansbach für ihren noch unmündigen Sohn.
Die diversen Unstimmigkeiten bei den dargestellten Gebäuden, u.a. auch die Verwendung norddeutscher Fachwerkstrukturen, lassen allerdings vermuten, dass die Zeichnungen nicht direkt vor
Ort, sondern im Anschluss an den Besuch als Gedächtnisstütze angelegt wurden. Dies könnte das
Fehlen bestimmter Gebäudeteile und auch die teilweise differierenden Proportionen erklären.393 In
der Barockzeit erfolgte eine radikale und umfassende Umgestaltung der gesamten Schlossanlage
durch verschiedene Architekten, so dass heute von dem Zustand des Residenzschlosses zu
Zeiten des Landgrafen Moritz nichts mehr zu erkennen ist.
Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [29]
Die Grundrissskizze von der Hand des Landgrafen präsentiert die Schlossanlage in ihrem Zustand
um 1630, wobei die nördliche Ecke rechts unten liegt. Außerhalb des umlaufenden Grabens ist
rechts der Marstall angedeutet, während unten vor dem Graben „der Renplatz“ angegeben ist.
Marstall und Schloss werden im Norden durch das Schlosstor verbunden, das einen direkten
390
vgl. Maier 2005
Christoph Philipp Hinold, Ausführl. Beschreibung von dem Ursprung, Alterthum und Merckwürdigkeiten der HochFürstl. Residenz Ansbach [...], 1755, S. 14
392 Maier 2005, S.26, Anm. 68
393 vgl. Maier 2005, S.58ff
391
206
Zugang bis zum Turm ermöglichte. Der Nordwest- und der Nordostflügel mit dem Treppenturm in
der inneren Ecke werden durch die umlaufende mehrstöckige Galerie ergänzt, die einen äußeren
Zugang zu den Raumfolgen im Innern ermöglichte. Nach Süden hin schließt sich der breite
Dürnitz-Westbau an, der ebenso wie der Südbau mit dem massiven Rundturm noch aus der Zeit
um 1400 stammte. Die dazwischen liegende alte Kapelle von 1417 wurde 1622 erweitert und
überbaut. An dieser Stelle fehlt in Moritz Darstellung der parallel verlaufende Vorbau am
Schlossgraben, der um 1470 erbaut wurde. Aus dieser Zeit stammte auch der Südostflügel mit
dem „Roten Turm“ an der Hofseite, der durch ein zum Graben hin vorgelegtes Wirtschaftsgebäude
ergänzt wurde. Die an dieser Stelle anschließenden Küchengebäude fehlen hier ebenfalls
gänzlich.
Die feststellbaren Diskrepanzen bezüglich des historisch belegten Baubestandes, sowie die sehr
skizzenhaft und in einigen Proportionen ungenaue Zeichenweise legen den Schluss nahe, dass
diese Zeichnung nicht direkt vor Ort, sondern später als Rekapitulation einer genauen Inaugenscheinnahme angelegt wurde.
Innenhof von Nordosten
2° Ms. Hass. 107 [30] (Abb. Titel)
Das Blatt zeigt eine Bestandsaufnahme des Schlosshofes von Nordosten, wobei der Nordostflügel
der besseren Übersichtlichkeit halber im Erdgeschoß auf einer Linie oberhalb der Fenster geschnitten dargestellt ist. Am Übergang zum Nordwestflügel, der im Anschnitt gegeben ist, befindet
sich der im Grundriss 2° Ms. Hass. 107 [29] achteckig dargestellte, hier aber rund eingezeichnete
Treppenturm, der gemeinsam mit der Galerie die Erschließung des viergeschossigen Gebäudes
gewährleistete. Der Südostflügel auf der linken Seite ist mit seinem geschweiften Stirngiebel
deutlich als separates Bauwerk gekennzeichnet. Dieser erstreckt sich weit in die Tiefe bis zum Beginn des alten Südbaus, dessen Beginn durch den vorkragenden „roten Turm“ mit seinem spitzen
Helm markiert wird. Ein kleiner Verbindungsbau schließt die Lücke zur Schlosskapelle, die 1622
durch zwei Fachwerkgeschosse überbaut worden war. Der Eingang erfolgte über die anschließende Dürnitz, die als massives Gebäude mit geschweiftem Treppengiebel den Hof dominiert.
Daneben ist im Hof der Brunnen positioniert, der unter Markgraf Georg Friedrich erneuert worden
war394 und über zwei Schalen von der Statue eines Ritters mit langer Lanze bekrönt wird.
Einige Details (Brunnen, Kapelle) und die Maßangaben lassen in dieser Zeichnung eine Bestandsaufnahme des Landgrafen vor Ort vermuten. Auch hier fehlt aber ein Gebäude (der Vorbau im
Süden), zudem lassen Ungereimtheiten in Bezug auf das Fachwerk und die Fenstergliederung zumindest auf einen sehr freien Umgang mit den vorgefundenen Realitäten schließen.
Ansicht von Südosten
2° Ms. Hass. 107 [31] (Abb. 128)
Die detaillierte Vogelschau-Ansicht zeigt die Vierflügelanlage von Südosten, aus dem Bereich der
Schlossvorstadt. Die an dieser Stelle skizzierten Gebäude (Reithaus, Jägerhaus) lassen sich an
ähnlicher Stelle auch in dem 1642 datierten Kupferstich von Wenzel Hollar wieder finden.395
Entlang der im schiefen Winkel auf die Südostseite des Schlosses zulaufenden späteren Jägergasse waren zu diesem Zeitpunkt erst wenige Häuser errichtet, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem fürstlichen Hof standen.396 Bei dem wehrhaft aufragenden Gebäude links am
Wassergraben handelt es sich um den sogen. „Voitischen Turm“, eine Bastei in der hier anschließenden Stadtmauer,397 deren Position allerdings nicht ganz korrekt angegeben ist.
Die von Moritz bevorzugte Vogelperspektive mit einem relativ niedrigen Augenpunkt ermöglichte
ihm, die komplexe Anlage des Schlosses mit seiner abwechslungsreichen Dachlandschaft und der
mehrgeschossigen Galerie im Hof darzustellen, - ein Überblick, der so vor Ort gar nicht möglich
394
Maier 2005, S.63
Schuhmann 1971, Abb. S.36/37
396 Maier 2005, S. 245
397 Maier 2005, S. 67, Anm. 160
395
207
war. Der Nordwest- und der Nordostflügel heben sich nicht nur durch die vorgelegten Arkaden mit
Korbbögen, sondern auch durch die Zwerchhäuser und den Turm in der Ecke vom älteren Baubestand ab. Allerdings muss man auch hier gewisse Ungenauigkeiten in der Darstellung konstatieren. So gab es an der Innenseite des Nordostflügels vermutlich nur drei, nicht vier Zwerchhäuser und der auf den anderen zeitgenössischen Ansichten zwei bis dreigeschossige Turm erscheint auf ein Geschoß verkürzt und durch das Weglassen der Laterne vereinfacht. Auch die
Anzahl der Arkadenöffnungen (fünf vor jedem Flügel und drei vor dem Treppenturm) differiert vom
überlieferten Bestand. Die Darstellung der Südostfront mit der hinteren Schlossbrücke und dem
massiven Rundturm am Südbau lässt zudem die beiden vorgelegten Küchengebäude mit den
hohen Schornsteinen vermissen, die neben dem Wirtschaftsgebäude am Graben angelegt waren.
Ebenso fehlt die spitze Turmhaube des „Roten Turms“ an der Hofseite, der aber auf den beiden
anderen Ansbacher Blättern korrekt eingezeichnet ist.
Auch wenn diese Zeichnung eine eindrucksvolle Ansicht der Anlage des Ansbacher Schlosses im
Zustand der Renaissance-Zeit bietet, so lassen doch die an einigen Stellen feststellbaren Ungenauigkeiten und Differenzen vermuten, dass es dem Landgrafen in seiner Zeichnung nicht auf
historische Wirklichkeitstreue ankam, sondern er vielmehr sein Augenmerk auf bestimmte, ihn
interessierende Eigentümlichkeiten des Baues legte.
Abb. 128 2° Ms. Hass. 107 [31] (Ausschnitt)
208
Auburg
Wilhelm Dilich, Entwurf für eine Amtskarte
2° Ms. Hass. 107 [32] (Abb. 5)
Im Februar 1609 beauftragte Landgraf Moritz seinen Landvermesser Wilhelm Dilich, das Amt
Auburg, eine hessische Exklave – heute im Landkreis Diepholz gelegen, zu vermessen, da es
Auseinandersetzungen mit seinem dort ansässigen Halbbruder Philipp Wilhelm von Cornberg über
die Landeshoheit gab. Nach Abschluß der Arbeiten wurde Dilich auf der Rückreise von Lüneburger
Soldaten wegen des Verdachts der Spionage festgenommen.398
Die Zeichnung, ein Entwurf zu einer Landtafel des betreffenden Gebiets, entstand vermutlich in
direktem Zusammenhang mit diesem Auftrag, wie das datierbare Wasserzeichen nahelegt. Sehr
sorgfältig gibt Dilich das Gelände mit der Burg Auburg und der zugehörigen Dorfschaft Wagenfeld
wieder, wobei er in der ihm eigenen Art minutiös jedes Haus einzeichnet. Geritzte Hilfslinien und
Einstichpunkte lassen auf den Einsatz von Vermessungsinstrumenten schließen.
398
vgl. Stengel 1927, S. 11, Nieder 2002, S. 64
209
Bad Boll
Badeanlagen und Lustgarten, 1629
2° Ms. Hass. 107 [12] (Abb. 129)
1596 untersuchte Dr. Johann Bauhin im Auftrage von Herzog Friedrich I. von Württemberg den
„Wunderbrunnen“ in Boll, eine Schwefelthermalquelle in fossilienreichem Gestein, die noch im
gleichen Jahr gefasst und durch das von Heinrich Schickhardt errichtete Badehaus für den Kurbetrieb nutzbar gemacht wurde. 399 Bereits 1598 erschien erstmals das mehrfach aufgelegte „New
Badbuch“ des herzoglichen Leibarztes, das die Quelle, die Badeanlagen sowie die vermuteten
Heilwirkungen ausführlich schilderte und damit die Grundlage für eine jahrhundertelang andauernde Kurtätigkeit legte. 1823 bis 1827 wurde das Bad durch König Wilhelm I. von Württemberg
grundlegend umgebaut und modernisiert, das Kurhaus wird noch heute genutzt.
Abb. 129 2° Ms. Hass. 107 [12]
Auf den 24. Juni 1629 datierte Landgraf Moritz seine Vogelschauansicht der Badeanlagen mit dem
Lustgarten. Die Anordnung der Gebäude und des Gartens entspricht weitgehend der anschaulichen Ansicht in Dr. Hieronymus Walchs "Ausführliche Beschreibung des Boller Bads", Heilbronn
1644 und 1655.400 Das eigentliche Badehaus mit dem „Herrn Bad“ und den Räumen des Herzogs
und die direkt anschließende Herberge bestanden aus einem steinernen Erdgeschoß und zwei
399
400
vgl. Bad Boll 1995
Bad Boll 1995, Abb. 29
210
Fachwerkgeschossen unter einem hohen Satteldach. Auf der anderen Seite des abgeschlossenen
Hofes sind diverse Nebengebäude gruppiert. Erwähnt sind namentlich ein „Viehauß“, ein „Marstal“,
das „Bade Meister Hauß“ sowie die „Herrn Küche“. In ähnlicher Form erscheinen diese Gebäude
auch in dem Kupferstich, allerdings in deutlich reduzierten Proportionen. In der Zeichnung des
hessischen Fürsten erhält vor allem das Badehaus eine unverhältnismäßige Größe und Ausdehnung, die das Gebäude scheinbar an die Herberge anstoßen lässt. Es fehlt zudem der 1598 an
der Stirnseite des Badehauses aufgesetzte Glockenturm, während der durch Schickhardts Entwürfe überlieferte Röhrenbrunnen401 im Hof sehr deutlich dargestellt ist. Das „Armen Bad“ und das
„Brunn hauß“ mit den zwei charakteristischen Türmen, die außerhalb des Hofes lagen, entsprechen ungefähr der Darstellung des Stiches, wenn auch der tatsächliche Standort des Armenbades nicht eindeutig geklärt ist.
Die Anlage des symmetrisch gegliederten und mit der Mittelachse auf das Tor hin ausgerichteten
Lustgartens wurde vermutlich von Bauhin und Schickhardt gemeinsam entworfen. Landgraf Moritz
unterteilt den Garten in acht rechteckige, eingezäunte Parzellen, die mit lateinischen Pflanzennamen betitelt sind und ein Nebeneinander von Küchen- und Kräutergarten dokumentieren. So
sind neben „Bulbi“ (Zwiebeln) und „Radices“ (Wurzeln) sowie „Olera“ (Kohl) und „Legumina“ (Hülsenfrüchten) auch „Medicinales plantae“ und „Acetabula“ (Koriander) vorgesehen.
Unklar ist, ob es sich hierbei um die vorgefundene Bepflanzung oder um Vorschläge des hessischen Fürsten handelt. Die eingezeichneten Maßangaben, die allerdings von den überlieferten
Maßen differieren, suggerieren jedenfalls ebenso wie die Datierung eine Bestandsaufnahme vor
Ort. Das im Stuttgarter Raum beheimatete Wasserzeichen stützt zudem die Annahme eines
längeren Aufenthalts von Landgraf Moritz in dieser Gegend im Juni/Juli 1629, die auch durch in
den Archivakten erhaltene Briefe bestätigt wird.402
401
402
Bad Boll 1995, S. 60 f.
Philippsburg 5.6., Göppingen 27.6., in: HStAM Best. 4a Nr. 38 /19
211
Bad Dürkheim
Das auf einer fränkischen Siedlung begründete Dürkheim erhielt 1359/60 erstmalig die
Stadtrechte, die nach dem Verfall im 15. Jahrhundert erst 1700 wieder erneuert wurden. Auf dem
höchsten Punkt des Ortes entstand um 1220 die Burg der Grafen von Leiningen, die als Sitz der
Vasallen und Burgmänner diente. Nach teilweiser Zerstörung fungierte sie im 16. und 17. Jhdt.
hauptsächlich als Witwenwohnsitz und Wirtschaftshof. Nach dem großen Brand von 1689 wurde
sie 1725 durch die reformierte Burgkirche überbaut.403
Die mit ihrem Turm das Stadtbild überragende ehemalige St. Johannis Kirche (heute Schlosskirche), um 1300 über einem älteren Bau errichtet, diente zeitweilig auch als Wehrkirche. Der
mächtige Turm musste 1847 abgebrochen werden und wurde durch einen neogotischen Neubau
ersetzt.404
Die Handzeichnungen des Landgraf Moritz, datiert auf den 5./6.August 1630, entstanden vermutlich anlässlich eines persönlichen Besuches während seines Aufenthaltes in Speyer im Juli/
August 1630. In der erhaltenen Korrespondenz mit seinem Quartiermeister wird jedenfalls die
Möglichkeit eines Aufenthalts in „graff Friedrich Hauß Türckem“ - gemeint ist vermutlich Graf
Friedrich X. von Leiningen-Dachsburg-Hardenburg (1593-1631) - erwähnt, das von Speyer drei
Meilen entfernt sei. 405 Wenige Tage später, auf den 10. August, ist zudem eine Zeichnung der
westlich von Speyer gelegenen Wasserburg Marientraut (2° Ms. Hass. 107 [268] Abb. 136) datiert.
Abb. 130 2° Ms. Hass. 107 [319] (Ausschnitt)
Ehem. Burg mit Wirtschaftsgebäuden
2° Ms. Hass. 107 [319] (Abb. 130)
Die Vogelschauansicht zeigt "die hartenburgische kellerey / in Türkheim", die als Wirtschaftshof
dienende ehemalige Burg.406 Im Zentrum der Anlage steht das „schloß“, ein langgestreckter
403
vgl. Denkmaltopographie 1995/2, S. 36ff., Dautermann 1978
Dautermann 1978, S. 237ff.
405 Anweisung aus Speyer vom 24.7.1630 / Antwort vom 4.8.1630, in: HStAM Best. 4a 38/20
406 vgl. Dautermann 1978 S. 187ff.
404
212
viergeschossiger Bau mit hohem Dach neben dem von einer Laterne bekrönten Treppenturm, der
in Merians Ansicht um 1646 allerdings deutlich höher und mächtiger dargestellt ist. Auf beiden
Seiten schließen sich Höfe mit niedrigeren Wirtschaftsgebäuden an. Unklar bleibt, ob es sich bei
dem großen Gebäude tatsächlich um den vorhandenen Bestand, oder um einen Entwurf des
Landgrafen handelt.
Im Vordergrund ist "der kirchof." mit einer kleinen Kirche eingezeichnet. Möglicherweise ist hier die
Spitalkirche St. Jakob gemeint, über die nur wenig bekannt ist.
Ehem. Burg, Plan
2° Ms. Hass. 107 [320]
Der skizzenhafte Plan gibt die in 2° Ms. Hass. 107 [319] (Abb. 130) geschilderte langgestreckte
Anlage mit dem zentralen Gebäude und den beiden angrenzenden Höfen wieder.
Die auf der linken Seite aufgeführten “Data zu Türkheim“ verzeichnen die Maße der einzelnen
Gebäude, wobei die Identifizierung aufgrund der fehlenden Beschriftung im Plan nicht immer
eindeutig ist.
Ehem. St. Johannis Kirche (Schlosskirche)
2° Ms. Hass. 107 [321]
Die auf den 6. August 1630 datierte Zeichnung des Landgrafen ist betitelt: "die kirche sampt der
Schule und kirchof. Und Westgesichte [?] des hauses Türkheim / uff dem Songarte, den graven zu
leinig[en] zustendig“. Sie zeigt die ehem. Kirche St. Johannis (heute Schlosskirche) mitsamt ihrem
markanten, in ähnlicher Form bei Merian abgebildeten zinnenbekrönten Westturm und der südlich
angebauten Grabkapelle der Grafen von Leiningen.407 Bei der in der Beischrift erwähnten Schule
handelt es sich um die 1606 von Graf Emich IX. begründete Lateinschule.408
407
408
vgl. Dautermann 1978, S. 237f.
Becker-Bender 1977, S. 39
213
Bad Ems
Das Bad in Ems mit den Thermalquellen, die zu Trink- und Badekuren genutzt wurden, gehört zu
den ältesten Heilbädern nördlich der Alpen. Um 1320 erstmals erwähnt, herrschte hier bald ein
reger Badebetrieb mit zahlreichen Gästen, weltlichen wie geistigen Herren.409
Seit 1479 gehörte die Vogtei Ems gemeinschaftlich den Landgrafen von Hessen (infolge des
Katzenelnbogischen Erbes) und den Grafen von Nassau. Dies führte immer wieder zu Streitigkeiten, vor allem in Bezug auf notwendige Baumaßnahmen.410 Neben dem seit dem Ende des 14.
Jahrhunderts vorhandenen nassauischen „Oberbad“ lag das katzenelnbogische „Unterbad“, dazu
kamen weitere Badehäuser, die alle aber Mitte des 16. Jahrhunderts erneuerungsbedürftig waren.
Am 5. Juni 1581 schlossen die beiden Brüder Wilhelm IV. und Philipp von Hessen einen Vergleich
mit dem Grafen von Nassau, wonach Hessen „wegen des mehrfach verspürten Raummangels im
Bade Ems an dem Thurm daselbst einen neuen stattlichen Bau von circa 100 Schuh errichten
darf“ 411. Schon vorher war allerdings mit den Bauarbeiten am neuen Badehaus direkt an der Lahn
in unmittelbarer Nähe der Thermalquellen begonnen worden, das zwei Jahre später vollendet
war.412 „Hat in anno 1583 der fürneme Fürst Landgraff Wilhelm zu hessen / hochlöblicher
gedechtnus / ein fürstlichen baw mit uberaus vielen bequemlichen gemachen dem bahdenden zu
underhalt und herberg zurichten unnd setzen lassen“ schreibt Dilich in der Hessischen
Chronica.413 Ein Einrichtungsinventar von 1583 bestätigt den Abschluß der Arbeiten.414 Erst 1913
wurde dieser Bau end-gültig abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Die bisher nicht bekannten Zeichnungen und Schriftstücke stammen aus der Planungsphase des
Gebäudes, die nach Ausweis der Akten415 bereits 1577 mit grundsätzlichen Überlegungen einsetzte. Der große Aufriss stammt von Hans Müller, dem Sohn des Kasseler Hofschreiners und
Baumeisters Christof Müller, der 1580 von Landgraf Wilhelm IV. nach Ems beordert wurde,
„Welchermaßen wir vorhabens seindt einen baw zu Embs zuvergroßerung des badts, auch vonn
deßwegen das wir sambt den unsern wenn wir das badt prauchen desto beßer underkommen
konnen, vorzunehmen“416. Die von ihm signierte und auf 1580 datierte Zeichnung dürfte in diesem
Zusammenhang entstanden sein.
Hans Müller, Aufriss, kombiniert mit Schnitt und Grundriss, 1580
2° Ms. Hass. 107 [96] (Abb. 131)
Die "Abreißung des Baues / zu Embs" (rückseitiger Titel), im Zwerchgiebel signiert: "HANS
MULLER / 1580" (Abb. 14), kombiniert untereinander auf einem großformatigen Blatt einen Aufriss
in schwarzer Feder, in den in roter Feder ein Längsschnitt integriert ist, mit einem Grundriss des
Kellers, in den in gleicher Weise mit roter Tinte ein Erdgeschossgrundriss eingezeichnet ist. Deutlich wird, wie sich der Baumeister die Verbindung der alten und neuen Bauteile vorstellt. Die Geschossgliederung des Neubaus orientiert sich am alten Bestand, wobei im hohen Erdgeschoß ein
zusätzliches Zwischengeschoß eingezogen ist. Die Einzeichnung von Öfen in diversen Räumen
sowie der prächtige Kamin im großen Saal verdeutlichen, dass hier ein besonderer Komfort
angestrebt war, da das Bad ja ausschließlich für die fürstliche Hofgesellschaft vorgesehen war.
Bereits im August 1579 hatte Landgraf Wilhelm IV. , der mehrfach zu Kuraufenthalten in Ems
weilte, in einem Brief an den Grafen von Nassau festgelegt, dass in dem neuen Bad: „zween bade
katen, einen vor die hern, / den andern vor das Frawenzimmer, sambt zweien Außziehe stub,, /
lein, so hartt an den baden stehen sollen, zupringen, und darzu / die zwo Adern, so in der Lahn
409
vgl. Sarholz 1994 + 2004
vgl. Kloft 1963/64
411 zitiert nach Stemmler 1925, S. 118
412 vgl. Henche 1926, S.103-111
413 Dilich 1605, S. 49
414 HStAM Best. 40e Nr. 745
415 HStAW Abt. 171 Nr. E 549, HStAM Best. 4a 25/28
416 Anordnung vom 26. April 1580, in: HStAM Best. 4a 25/28
410
214
stehen, zugebrauchen, damit wir / oder ander hern daselbsten unsern handel allein hetten, undt
andern / gute leuthe in den andern baden, nicht verhindert oder betrengt / würden“417 . Im
Erdgeschoß ist demgemäß im alten Bau ein mittig unterteilter Raum mit Badebecken eingezeichnet, der von zwei beheizbaren Vorräumen begleitet wird. Zwei Wendeltreppen erschließen
die verschiedenen Geschosse, wobei allerdings die der Stirnseite vorgesetzte Treppe offensichtlich nicht mehr genutzt werden sollte, wie die schwarzen Schraffuren in den Türöffnungen andeuten. Die in das Gebäude integrierte Wendeltreppe zwischen altem und neuem Bau ist in
diesem Fall so eingesetzt, dass sie horizontale und vertikale Verbindungswege eröffnet.
Hans Müller, „unseres bawmeijsters Sohn“, war im April 1580 zusammen mit Hans Wetzel zur
Planung des Bades nach Ems geschickt worden. Am 23.8.1580 bestätigt Landgraf Wilhelm IV. in
einem Brief an Hans Müller den Erhalt von „zweijen Abreijßungen“, wobei er vermerkt, dass ihm
der von einem Mainzer Baumeister verfertigte Entwurf (über den nichts weiter bekannt ist) nicht
gefalle und deshalb nicht zur Ausführung kommen solle. 418 Somit kann man davon ausgehen,
dass der Entwurf des Kasseler Baumeisters umgesetzt wurde. Die Ansicht von Merian 1655,419 die
auch Daniel Horsts Beschreibung des Bades von 1676 zugrunde liegt, zeigt dementsprechend das
neue Gebäude von der Lahnseite in sehr ähnlicher Gestaltung.
Abb. 131 2° Ms. Hass. 107 [96]
417
Brief vom 20.08.1579, in: HStAW Abt. 171 Nr. E 214
HStAM Best. 4a 25 Nr. 28
419 Sarholz 1994, Abb. 18
418
215
Unbekannter Zeichner, Wasserleitung
2° Ms. Hass. 107 [97]
Die extrem langgestreckte Zeichnung, die auf zwei zusammengeklebten Blättern angelegt wurde,
beschreibt den Verlauf der Röhren von der Quelle bis an das hessische Badehaus, erläutert links:
"Von disser quellen an ist zwej hundert und sex und dreissig schue biß an daß / Hesse Hauß." Die
Bemühungen um die Fassung der „Adern“, der Quellen, die die Badebecken speisen sollten,
werden in der Korrespondenz mehrfach erwähnt. “Die hessischen Absichten gingen vor allem
dahin, zwei innerhalb des Lahnbettes festgestellte Quellen zu fassen und in den neu zu
errichtenden Bau zu leiten“ 420.
Bericht über das Bauvorhaben eines hessischen Badehauses
2° Ms. Hass. 107 [99]
Der ausführliche "Bericht des Embser / Baws", der offensichtlich aus der bereits 1577 einsetzenden Planungsphase für das neue hessische Badehaus stammt, schlägt vor „das die
Behaussung uber dem verfalle,, / nen Baede, Landgravisch pliebe, so konthe / man allerhand
gutte / gelegenheijt, mitt / Keller, Kuchen, und anderen Gemachen vor / die vom adell zuerichten“.
Desweiteren heißt es, es sei nötig, „das Inn der theilung außtrucklich / gesezt und versehen wurde,
Das Hessen / die warme undt kalte Adern, so izo unten / beij der Pfortten in der Löne gefast
werden, / uber das Nassauisch theil, In das Fursten Badt zufuhren macht haben sollte“.
In der Folge wird festgehalten: „Wan man mitt vorhabendem Baw, uff hessischem / grundt und
Bodden pleiben will, so khan der,, / selbige Baw nicht großer werden, als 40. Schue / lang und 33
Schuech breidt, […] Ist aber zu verhoiffen, / Es werde das Neue Fursten Baedt, krefftig / werden,
als der andern keins, dieweill die / eine ader zuviel warm, das man das warm / waßer mitt der
kalten Adern wirdet abkulen / mußen, wan man will“. Der Text schließt mit Vorschlägen wie und wo
man „Werkmeister undt Arbeits Leuthe“ bekommen sowie „Holz und Steine die Löne herauff“
schaffen könne.
Es handelt sich vermutlich um den Bericht eines Baumeisters - in Frage kommen vor allem
Christoph Müller oder Hans Wetzel - der 1579/80 mit den konkreten Vorbereitungen des neuen
Emser Badehausbaues beschäftigt war.
Kostenvoranschlag für den Bau des hessischen Badehauses, 1581
2° Ms. Hass. 107 [98]
Der "Anschlagk des Bawes zu Embs / Actum Cassel am 7. Januarij Anno 1581", enthält eine
Auflistung der benötigten Posten beginnend mit "Bauschreiber" (34 Wochen) und „Baumeister“ (16
Wochen), die beide interessanterweise den gleichen Wochenlohn („2 fl. 10 alb.“) erhalten, d.h. im
Baubetrieb als gleichrangig angesehen wurden.
Baurechnung für das hessische Badehaus, 1581
2° Ms. Hass. 107 [100]
Im "Extract / Der Embser Baurechnunge de Anno Domini / 1581" werden entsprechend dem
Kostenvoranschlag 2° Ms. Hass. 107 [98] detailliert die kompletten Baukosten für die Wochen 13
(März) bis 53 (Dezember) dieses Jahres aufgelistet, beginnend mit dem Baumeister, der 27
Wochen tätig war, während der Bauschreiber während der gesamten Zeit im Lohn stand. Enthalten
sind auch die Kosten für diverse Baumaterialien. Am Schluß (fol. 5 verso) sind noch Kosten
angeführt, die am alten Gebäude anfielen: "Nachvolgende Posten seint im Anschlage / des neüen
Bawes nit angeschlagen, sondern / auff dem altten Bau gangen“.
420
Kloft 1963/64, S. 45
216
Cadolzburg
Ansicht des vorderen Burghofs von Südosten, 1629
2° Ms. Hass. 107 [88] (Abb. 132)
Die burggräfliche Dynastenburg der fränkischen (Hohen-)Zollern über dem gleichnamigen Ort war
bis zum zweiten Weltkrieg eine der besterhaltenen Burgen in Deutschland. Die im Kern aus dem
13. Jahrhundert stammende Burggrafenburg wurde später mehrfach ausgebaut. Vor allem Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg sorgte im 15. Jahrhundert für einen repräsentativen Ausbau des „Alten Baues“ im Westen der Anlage. Damit einhergehend wurden auch die Befestigungsanlagen verstärkt. Im 16. Jahrhundert erfolgte der Ausbau des „Neuen Baues“ im Osten, der
unter Marggraf Georg Friedrich d.Ä. abgeschlossen wurde. Später nutzten die Burggrafen die
Cadolzburg vornehmlich als Jagdschloss und Verwaltungssitz. 421
Abb. 132 2° Ms. Hass. 107 [88]
Die eigenhändig signierte und datierte Zeichnung "der schloßhoff zu / Cadolzburg in der
Burggrafschaft / Nörrenberg; in Franken; deliniert / den 12 Octobris 1629. M.H.L." präsentiert eine
Ansicht des vorderen Hofs der Hauptburg, wobei die südlichen Gebäude am Eingang im
Horizontalschnitt gegeben sind, um den ungehinderten Blick in den Innenhof zu ermöglichen.
Gezeigt wird der Baubestand, der im Wesentlichen noch heute vorhanden ist. Im „Vorhof“ liegt
neben dem „Ambthauß“ auf der Linken der um 1600 angelegte „lustgarten“ mit der angrenzenden
421
vgl. Burger 2005
217
„schwemme“ und dem „alten Caplanshauß“ auf der rechten Seite. Hinter dem Schloßgraben erstreckt sich neben dem „schmalen Thurm“, dem ehemaligen Bergfried, die Mantelmauer mit dem
"umbgang zum schloß" sowie rechts ein "schön altanus baw", womit die Terrasse auf dem Gebäude zwischen dem Torturm und dem Giebel des Neuen Baues gemeint ist. Daran schließt sich
der dreigeschossige "neue Bau" an, der nahezu die gesamte Ostseite einnimmt. Neben dem
Treppenturm folgt an der Stirnseite "der alte bau mitderhalben galerie", die Kapelle mit dem Fachwerkgang im Obergeschoß.422 Unmittelbar verbunden ist diese mit dem hohen Gebäude, bezeichnet als "der alte bau darin / Heinrich von Solms [?] Kinder logieren" (Heinrich von Solms war
seinerzeit Oberamtmannn zu Cadolzburg). Der südlich anschließende "alte küchenbau" ist heute
nur noch in reduzierter Form erhalten.
Die Schilderung der örtlichen Verhältnisse wirkt weitgehend getreu, die spezielle Perspektive und
die Schattierung der Gebäude legen allerdings die Frage nahe, ob die Zeichnung anhand eines
hölzernen Modells entstanden ist, das möglicherweise vor Ort vorhanden war.
Die Datierung bringt das Blatt in den Kontext einer Reise im Herbst 1629, die Landgraf Moritz am
3. Oktober nach Coburg (2° Ms. Hass. 107 [89] recto oben, Abb. 133) und am 19. Oktober nach
Wertheim am Main (2° Ms. Hass. 107 [340], Abb. 146 + [341]) geführt hatte.
Die rückwärtig notierte Ziffer „50.“ bezieht sich auf das alte Übergabeverzeichnis von 1786 (2° Ms.
Hass. 107a).
422
Burger 2005, S. 112
218
Coburg
Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen hatte im Torgauer Teilungsvertrag von 1541 seinem Stiefbruder Johann Ernst den Coburger Landesteil als eigenständiges Herzogtum zugewiesen. 1543
begann dieser daraufhin mit dem Ausbau des Stadtschlosses Ehrenburg - zusätzlich zu der Residenz auf der Veste - auf den Mauern des säkularisierten Barfüßerklosters am Rande der Altstadt.
Dies bot ihm die Möglichkeit einer Ausdehnung der Anlage über den späteren Schlossplatz bis hin
zum Hofgarten am Abhang der Veste. An dem Bau beteiligt waren u.a. Caspar Vischer und
Nicolaus Gromann.423 1547 konnte man bereits Teile der Anlage beziehen und dort Kaiser Karl V.
empfangen. Herzog Johann Casimir, der im Erfurter Teilungsvertrag den nach dem Tode des
kinderlosen Herzogs 1553 wieder an Sachsen gefallenen Landesteil zusammen mit seinem Bruder
Johann Ernst zugesprochen bekam, ließ ab 1589 den noch heute erhaltenen Trakt an der Steingasse ausbauen und 1623 nach Plänen des Bamberger Baumeisters Giovanni Bonalino den
Altanbau als Abschluss des vorderen Hofes nach Osten errichten.
Seit 1735 blieb die Anlage der Ehrenburg mit ihren drei Höfen durchgängig die Stadtresidenz der
Coburger Herzöge.
Zwischen Landgraf Moritz und Herzog Johann Casimir bestand ein reger Briefwechsel, da sie auf
politischem Gebiet zusammenarbeiteten.424 Bereits 1605 war der Coburger Fürst in Kassel zu Besuch gewesen. Der durch die Datierung einer Zeichnung auf den 3.10.1629 und erhaltene Schriftstücke425 belegte Besuch des Landgrafen in Coburg gehört in den Zusammenhang einer Reise,
die ihn im weiteren Verlauf auch nach Cadolzburg (12.10., 2° Ms. Hass. 107 [88], Abb. 132) und
Wertheim (19.10., 2° Ms. Hass. 107 [340], Abb, 146 + [341]) führte.
Abb. 133 2° Ms. Hass. 107 [89] recto
423
vgl. Bachmann 2009
HStAM Best. 4a 40/23
425 in: HStAM Best. 4a 38/19
424
219
Stallhof und Garten
2° Ms. Hass. 107 [13]
Die skizzenhafte Darstellung gibt eine Vogelschau vom hinteren Stallhof der Coburger Schlossanlage von Norden samt dem davor gelegenen Garten mit Ballhaus und Lusthaus. Oberhalb der
Darstellung befinden sich noch eine arithmetische Rechenoperation (links) sowie ein Text mit Maßangaben zu den dargestellten Flächen.
Ansicht von Süden
2° Ms. Hass. 107 [89] recto oben (Abb. 133)
Die Zeichnung zeigt eine Vogelschauansicht von Süden mit den angrenzenden Stadthäusern
(links) und dem Garten mit dem „lusthauß“ (rechts). Im Zentrum steht der alte Vorhof des
Schlosses mit dem heute noch zu besichtigenden, 1590 bis 1595 errichteten neuen Trakt an der
Steingasse mit den Zwerchgiebeln und dem Prunktor.426 Allerdings fehlt hier der prächtige Erker an
der linken Ecke.
Lateinische Beschreibung des Schlosses
2° Ms. Hass. 107 [89] recto unten links (Abb. 133)
Der lateinische Text beschreibt die Coburger Schlossanlage mit den drei verschiedenen Höfen
(„proaulio“, „media aula“, „postaulio“) und dem Wassergraben („fossa aquis plena“). Erwähnt
werden auch die Gärten „ultra fossam hortuli amoenissimi“.
Figurenstudie
2° Ms. Hass. 107 [89] recto unten rechts (Abb. 133)
Der Zusammenhang der Figurenstudie mit den anderen Darstellungen auf dem Blatt ist unklar.
Dargestellt sind eine männliche Figur in zeitgenössischer Tracht mit szenischem Gestus, dazu
weitere Masken- und Bekleidungsstudien. Möglicherweise handelt es sich um eine Bühnenfigur.427
Skizze der drei Höfe
2° Ms. Hass. 107 [90]
Die skizzenhafte Darstellung gibt die drei hintereinander liegenden Höfe der Residenz ähnlich wie
in 2° Ms. Hass. 107 [89] von Süden wieder.
426
427
Katalog Coburg 1964, S. 9
vgl. Katalog Lemgo/Kassel 1997, Kat.Nr. 340
220
Düsseldorf
Ansicht von der Stadtseite
2° Ms.Hass.107 [93] (Abb. 134)
Die 1521 zur Residenz erhobene Schlossanlage der Herzöge von Jülich-Cleve-Berg im Bereich
der Einmündung der Düssel in den Rhein hat ihren Ursprung in einem befestigten Haus der
bergischen Grafen im 14. Jahrhundert.428 Der Umbau der Burg zur Dreiflügelanlage erfolgte in der
ersten Hälfte des 15. Jhdt. Nach dem großen Brand von 1510 erfolgte der Um- und Wiederaufbau
z.T. nach Plänen von Allessandro Pasqualini. Landgraf Moritz zeichnete erstmals die Stadtfront der
am Rhein gelegenen, zur Stadt hin mit einer Zinnenmauer abgeschlossenen dreiflügeligen
Schlossanlage mit Renaissancegiebeln und beidseitigen Türmen. Der Mittelflügel mit den Arkaden
wird durch einen Treppenturm zugänglich, den Moritz entgegen der Realität wohl aus Symmetriegründen genau in die Mitte setzt. Dem Drang des Landgrafen zur Regularisierung entsprang wohl
auch der Rundturm am Südostflügel, der in anderen Darstellungen stets auf quadratischem
Grundriss dargestellt ist.429 Ähnlich kann man vermutlich auch das Fehlen des eigentlich vor dem
Schloss verlaufenden Grabens interpretieren, der hier nur auf der linken Seite entlang des Lustgartens eingezeichnet ist. Am Brückenzugang erhebt sich die mit doppelstöckigen Arkaden geschmückte Ehrenpforte, die 1583 aus Anlass der Hochzeit von Johann Wilhelm von Jülich-KleveBerg errichtet wurde. Das Terrain des Lustgartens wird begrenzt von "Rathauß" und "Cantzley“ an
der Südseite sowie vom "Balhauß" an der Rheinseite, das durch eine "galerie", einen überdeckten
Laufgang, direkt mit dem Schloss verbunden wird. Auf der anderen Seite des Schlosses trennt ein
„holtzplatz“ die fürstliche Anlage von den Bürgerhäusern, die auch im Vordergrund der Zeichnung
summarisch angegeben sind.
Wie auch in anderen Ansichten des Landgrafen Moritz von real existierenden Schlossbauten bietet
diese Vogelschau des Düsseldorfer Schlosses eine Darstellung, die bis zu einem gewissen Grad
auf der Realität beruht, in den von ihm vorgenommenen Veränderungen aber seine eigenen Idealvorstellungen spiegelt.
Die auf den 14.8.1629 datierte Zeichnung entstand während einer Reise, die von Frankfurt aus
nach Ausweis der Korrespondenz430 weiter bis nach Frankreich führen sollte, woraus aber, wie bei
vielen seiner in den letzten Lebensjahren geplanten derartigen kostspieligen Unternehmungen,
letztendlich nichts wurde.
Abb. 134 2° Ms.Hass.107 [93]
428
vgl. Küffner/Spohr 1999
Küffner/Spohr 1999, S. 61
430 HStAM Best. 4f Frankreich 1268
429
221
Hardenberg b. Velbert-Neviges
Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [193] (Abb. 135)
Das Schloss Hardenberg, das heute zu Velbert-Neviges im Kreis Mettmann gehört, steht auf dem
Gelände der ehemaligen Wasserburg der 1145 erstmalig erwähnten Grafen Hardenberg. Ursprünglich hatten diese ihren Burgsitz auf dem nahe gelegenen Hardenberg, verlegten diesen aber
in der zweiten Hälfte des 13. Jhdts. ins Tal. Die zum Herzogtum Jülich-Kleve-Berg gehörende Burg
und Herrschaft gingen 1525 an die Herren von Bernsau über, die die Reformation einführten.
1682-96 wurde das Herrenhaus nach einem Brand umgebaut. Die heute in einen Park eingebettete Schlossanlage wird als Kulturzentrum genutzt.431 Landgraf Moritz hat das Anwesen vermutlich 1629 von Düsseldorf (2° Ms. Hass. 107 [93], Abb. 134) aus aufgesucht. Seine Zeichnung zeigt
die aus Hauptburg und Vorburg bestehende Anlage. Neben dem „vorhoff“ mit dem Marstall und
weiteren Wirtschaftsgebäuden liegt der „grosse Sehe“. Das rechteckige „haus hardenberg“ besitzt
mit seiner, hier abweichend von der Realität absolut regelmäßig eingezeichneten Ringbefestigung
mit vier runden Ecktürmen zwischen innerem und äußerem Wassergraben eine wehrtechnisch bedeutsame Befestigung. Der fürstliche Wohnsitz war im 15. Jhdt. neu errichtet worden. Es soll sich
jedoch damals - im Gegensatz zu der Darstellung des Landgraf Moritz - um einen Winkelbau gehandelt haben, der erst in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderte zu einem geschlossenen
Rechteckbau ergänzt wurde. Möglicherweise handelt es sich deshalb hier um einen Idealentwurf
des hessischen Fürsten auf der Basis der damals vorhandenen Gegebenheiten.
Abb. 135 2° Ms. Hass. 107 [193]
431
vgl. Hansmann/Knopp 1981, S.240f., Wrobleski/Wemmers 2001, S. 62f.
222
Heidelberg
Die beiden Heidelberg zugeordneten Graphitstudien stammen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht
von der Hand des Landgrafen Moritz. Wie ein Vergleich der Handschrift nahelegt, handelt es sich
vermutlich aber um denselben, bisher unbekannten Zeichner, der auch die Ansicht des Butzbacher
Landgrafenschlosses (2° Ms. Hass. 107 [87]) und möglicherweise noch weitere der wenigen
Graphitzeichnungen im Bestand angefertigt hat.
Die ausführlich beschrifteten Zeichnungen, die Vogelschauansicht und Plan verknüpfen, zeigen
Details des Befestigungswerks der Stadt („Trutzkaiser“, „Trutzbayer“, Hornwerk am Schlossgarten)
und sind zwischen 1622 und 1632 zu datieren.
Unbekannter Zeichner, Ruine von "Trutzkaiser" und "Trutzbayer" auf dem Gaisberg
2° Ms. Hass. 107 [195]
Die Recto-Zeichnung zeigt im Vordergrund die südwestliche Ecke der Stadtbefestigung mitsamt
den Plänen der Bollwerke von „Trutzbaijer“ und „Trutzkaijser“, hier gezeichnet und beschriftet als
„ruine“. Der sog. Trutzkaiser war 1462 von Kaiser Friedrich II. am Hang des Gaisbergs errichtet
worden, 1621/22 kam der sog. Trutzbayer hinzu.432 Beide waren mit einer Brustwehr untereinander
verbunden und durch einen Laufgang fest an die Stadtbefestigung angeschlossen. Im September
1622 wurden beide von Tillys Truppen erobert und zerstört. Die westlich davor gelegene Schanze,
genannt „Tabakspfeif“ (hier bezeichnet als „Redoutte“), sowie das „Hornwerk“ dienten dazu, das
Neckartal abzuriegeln und den Zugang zu kontrollieren, 433 sie sind allerdings in dieser Zeichnung
sehr dicht am Trutzkaiser positioniert und entsprechen damit nicht dem damaligen Zustand.
Die am linken Bildrand eingezeichnete doppelte Schanze gehört ebenfalls nicht an diese Stelle,
vielmehr handelt es sich vermutlich um ein Teil der auf der Rückseite und in dem zweiten Blatt
dargestellten dreifachen Schanze vor dem Schlossgarten im Osten der Stadt.
Die beiden kleinen Detailskizzen auf der Rückseite zeigen zum einen das „Hornwerg hinderm
hohen garten“, die auch in 2° Ms. Hass. 107 [196] dargestellte Befestigung vor dem Schlossgarten, und das „Hornwerg vor der brücken“, d.h. das Außenwerk an der Brücke auf dem nördlichen Ufer des Flusses.
Unbekannter Zeichner, Hornwerk am Schlossgarten
2° Ms. Hass. 107 [196]
In der zweiten Graphitskizze ist wiederum ein Teil der Befestigung der Stadt Heidelberg dargestellt,
in diesem Fall die südöstliche Ecke, wo der ungeschützte Schlossgarten lag. 434 Aus diesem
Grunde legte man hier ein dreifach gesichertes, vorgeschobenes Außenwerk an, das „Hornwerg
am Schloß“. Der Zeichner gibt zwei der inneren Befestigungen an, dazu den Laufgang, der zu
einer weiteren viereckigen Schanze im Fasanenwäldchen führte, gekennzeichnet als „redoute“ zur
Sicherung des Vorfeldes. Der „Lustgarte“ hinter dem Burggraben neben dem Turm (sog.
„Seltenleer“) und die weitere Umgebung sind nur angedeutet.
432
vgl. Derwein 1940
vgl. Merz 1956
434 Merz 1956, S. 155
433
223
Marientraut b. Speyer
Ansicht von Osten, 1630
2° Ms. Hass. 107 [268] (Abb. 136)
Von Speyer aus, wo Landgraf Moritz im Juli 1630 längere Zeit verbracht hatte, reiste er mit
seinen Söhnen Friedrich und Moritz im August nach Dürkheim (datierte Zeichnungen vom 5.
und 6.8.). Vermutlich auf der Rückreise nach Speyer machte man dann in Marientraut
(Mergentraudt) bei Hanhofen Halt, wo die Zeichnung des "f. Bischoflich / Speyrisch hauß
Mergen / traudt. 1630. / den 10 Aug: / M.H.L." entstand.
Die ehemalige Burg der Speyerer Bischöfe, eine Wasserburg, war 1414 von Bischof Raban zur
Festigung der Ansprüche des Bistums und zur Kontrolle der Wasserquellen Speyers errichtet
worden. Zu dieser Zeit erhielt sie auch ihren Namen, der mit der Anfertigung eines steinernen
Marienbildes einherging. 1417 von Speyerer Bürgern zerstört, wurde die Anlage 1464 bis 1471 auf
vergrößerter Fläche weitgehend neu erbaut und mit einer turmbesetzten Mauer und einem
Wassergraben geschützt. Mit der Errichtung der Festung Philippsburg 1623, verlor sie ihre
militärische Bedeutung und fungierte weiterhin als Amtssitz. Nach mehreren Zerstörungen wurde
1722 auf dem Gelände der Hauptburg ein barockes Schlösschen erbaut, das während der
französischen Besetzung 1792 – 1794 vollständig niederbrannte.435 Die Zeichnung des Kasseler Fürsten gibt in der charakteristischen schrägen Vogelschau ein anschauliches Bild der Anlage, die von einem Wassergraben umgeben ist und von großen Baumgärten und von vier Fischteichen begleitet wird, wobei eine Windrose eine genauere Verortung
ermöglicht. Eingerahmt von einer Mauer mit Ecktürmen und zugänglich über einen Torbau mit Zugbrücke präsentiert sich die ehemals als Festung dienende Anlage als Abfolge von zwei nahezu
quadratischen Höfen, wobei der bischöfliche Wohnsitz noch einmal besonders gesichert ist. In
dieser Form stimmt die Zeichnung weitgehend überein mit den Bauaufnahmen von 1720 im
Landesarchiv Speyer 436, allerdings fehlt der innere Wassergraben. Ebenso wie die auffällig symmetrische Anlage der Nebengebäude könnte dies eine Indiz dafür sein, dass Landgraf Moritz hier
eine aus seiner Sicht „verbesserte“ Ansicht der zu seiner Zeit offensichtlich noch sehr eindrucksvollen Wasserburg präsentiert.
Abb. 136 2° Ms. Hass. 107 [268] (Ausschnitt)
435
436
vgl. Hildenbrand 1922, Alexander Thon, Hanhofen in: Kleddigkeit, 2002
Landesarchiv Speyer Best. W 1, 2052-2056
224
Plesse
Die 1015 erstmalig erwähnte Burg Plesse, östlich von Bovenden (Kreis Göttingen) auf einem Bergsporn gelegen, war seit 1150 Sitz der Edelherren von Plesse. 1447 begründeten diese aus politischen Gründen ein Lehensverhältnis mit den Landgrafen von Hessen, das 1571 durch den Tod
Dietrichs IV. von Plesse erlosch.437 Die wehrhafte Burg fungierte fortan als hessischer Amts-sitz.
Landgraf Moritz plante zu Beginn der zwanziger Jahre einen Ausbau der Befestigung438 und nutzte
die hessische Exklave 1624/25 als sicheren Zufluchtsort für sich und seine Familie, als die Kriegsereignisse ihn zur Flucht aus Kassel zwangen.
Seine Zeichnungen, die die Burg und ihre Befestigungen von allen Seiten zeigen, entstanden
höchstwahrscheinlich sämtlich in Zusammenhang mit den Aufenthalten 1624/25 und belegen sein
Bemühen um eine Sicherung der Anlage durch ein modernes Bastionärsystem, wie es die zeitgenössischen Architekturbücher propagierten. 439 Vor allem beschäftigte ihn das Projekt, ein neues
Außenwerk an der Ostseite der Burg anzulegen, um damit das Tor zu schützen. 440 Die dafür veranschlagten Baukosten konnten aber nicht aufgebracht werden.441 1627 wurde die Burg aufgrund
von Streitigkeiten zunächst an die Landgrafen von Hessen-Darmstadt übergeben, gelangte aber
wenig später in die Rotenburger Quart, das Erbteil der Kinder aus der zweiten Ehe des Landgrafen
Moritz.
1660 wurde die Burg als Amtssitz aufgegeben und diente als Steinbruch. Im 18. Jahrhundert als
romantische Ruine verklärt, wurde der weitere Verfall ab 1820 durch Sicherungsarbeiten aufgehalten.
Hauptburg mit Entwurf für Befestigung
2° Ms. Hass. 107 [278] verso
Die Vogelschauansicht ist von Westen gesehen und zeigt den Burgbereich vom Eichsfeld bis zum
großen Turm. Der Zugang erfolgte von Südosten über den Vorhof durch das Pforthaus zum
Mittelhof mit dem kleinen Turm und von dort aus über die Rampe zum „schloßhoff“. Westlich des
Turmes lag das „Eichsfeldt“, von dem aus man in den lang gestreckten Zwinger auf der Nordseite
gelangte, der sich bis zum „Catzengarten“ erstreckte.
Unterhalb dieser Anlage skizzierte Landgraf Moritz hier eine weitere Befestigung, die weitgehend
dem Verlauf der vorhandenen Mauer folgen sollte.
Burg mit Entwurf für Befestigung von Südwesten
2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben (Abb. 137)
Für die Zeichnung der Burg von Südwesten benutzte der Landgraf ein bereits benutztes Blatt, worauf die Textbruchstücke am oberen Rand zurückzuführen sind, die zum Teil bis in die Zeichnung
reichen.
Die sorgfältige beschriftete Ansicht verzeichnet im Mittelhof das „Backhauß“ und die „Capelle“
neben dem kleinen Turm. Auf dem Eichsfeld liegt das Haus für die „Corp de Garde“, ursprünglich
eine Mühle, die Landgraf Moritz für seine Wache umbauen ließ.442 Hinter dem "schloßthor" folgt
der Hof der Kernburg mit den einander gegenüberliegenden Bauten von "Alter hern baw" und
"Neuer hern Baw" sowie den westlich anschließenden Gebäuden. Bei dem namentlich genannten
„Marstall“ handelt es sich möglicherweise um jenen Neubau, den der Amtmann 1605/06 errichten
ließ.443 Kennzeichnend für alle diese Bauten ist die einheitliche Verwendung von Fachwerkkonstruktionen, wobei die beiden großen Wohngebäude und die Kapelle aber noch über eine hohe,
437
vgl. Last 1977, Aufgebauer 2000
vgl. die Akte im HStAM Best. 4f Plesse 500
439 vgl. etwa Specklins „Architectura von den Vestungen“ von 1589 oder Wilhelm Dilichs „Kriegsbuch“ von 1608
440 HStAM Best. 4f Plesse Nr. 500 + 503
441 Last 1977, S. 150
442 Last 1977, S. 108
443 Last 1977, S. 144
438
225
steinerne Basis verfügten.
Unterhalb des “Eichsfeldes“ hat Landgraf Moritz in diesem Fall eine weitere Befestigung mit
Bastionen eingezeichnet, die, wie die ballistischen Linien verraten, eine bessere Verteidigungsfähigkeit der Burg gewährleisten sollte.
Abb. 137 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben
Burg von Norden mit Entwurf für eine Befestigung an der Westseite
2° Ms. Hass. 107 [280] recto
Die Vogelschauansicht von Norden gibt die in 2° Ms. Hass. 107 [279] recto, oben (Abb. 137)
wiedergegebenen Gebäude der Kernburg mitsamt „Eichsfeldt“ und „Corridor“ aus nahezu entgegengesetztem Blickwinkel wieder, wiederum ergänzt durch den Entwurf einer Befestigung mit
mehreren Bastionen, die die Westseite der Anlage verstärken sollten.
Burg mit Entwurf für Befestigung von Norden
2° Ms. Hass. 107 [279] recto, unten
Die kleine Detailzeichnung, die unterhalb einer Ansicht der Burg von Südwesten eingefügt ist,
präsentiert die dort von der Innenseite gesehene nördliche Fassade der Anlage zwischen Eichsfeld
und Katzengarten. Auch in diesem Fall ergänzt eine weitere Befestigung am Hang die vorhandenen Mauern.
Burg von Nordosten
2° Ms. Hass. 107 [280] verso
Die von Nordosten anvisierte Vogelschauansicht auf einem weiterverwendeten Schriftstück
(Siegelrest!) gibt Einblick in den sog. „Catzengarten“ hinter dem großen Wehrturm in der Kernburg
und den östlich anschließenden sog. „Caningarten“. Entlang des südlich angrenzenden Vorhofs
zwischen den beiden Torbauten zeichnet Landgraf Moritz hier zwei steinerne (Wirtschafts?)Gebäude ein, deren Funktion nicht erläutert ist. Neu scheint auch die Sicherung des unteren Tores
mit dem schon vorhandenen Rondell und der Brücke über den Graben durch weitere Mauern im
Süden der Anlage.
226
Kernburg und Vorburg von Westen mit vorgelagerter Bastion
2° Ms. Hass. 107 [281] recto (Abb.138)
In dieser Zeichnung gibt Landgraf Moritz einen detaillierten Einblick von Westen in den Hof der
Kernburg und die angrenzende Vorburg mit dem „Caningarten“ und dem Vorhof. Die im Vordergrund der Zeichnung angesiedelten Gebäude im Schlosshof einschließlich des Turms sind der
besseren Übersichtlichkeit halber im Grundriss gegeben. Dabei wird die innere Raumstruktur im
Erdgeschoß von „altem“ und „neuem“ Herrenhaus sichtbar. Der alte Herrenbau an der Nordseite
verfügte auf der einen Seite über vier kleinere Räume, während auf der anderen Seite des Eingangsflurs ein großer Raum, vielleicht die Hofstube lag.444 An den gegenüberliegenden kleineren
neuen Herrenbau schloss im Osten die Küche an. Die Fachwerkgebäude hinter dem großen Turm
dienten wahrscheinlich als Scheunen bzw. Wohnungen für das Personal.
Sehr sorgfältig ist die Befestigung im Osten der Anlage verzeichnet. Der „Caningarte“ ist durch die
Wehrmauer mit Schalenturm und den Graben geschützt. Das neu konzipierte breite Tor am
„Vorhoff“ wird in diesem Fall durch die geplante Bastion im Westen (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [279]
recto, oben, Abb. 137) gesichert, von der aus man die Brücke über den Graben mit Kanonen
bestreichen konnte, wie die eingezeichneten ballistischen Linien verdeutlichen.
Abb. 138 2° Ms. Hass. 107 [281] recto
Hauptburg mit Vorburg von Osten
2° Ms. Hass. 107 [282]
In dieser skizzenhaften Zeichnung der Burganlage konzipiert Landgraf Moritz ähnlich wie in 2° Ms.
Hass. 107 [280] verso und [281] verso, oben weitere Befestigungen an der östlichen Seite der
Burg, wo ein tiefer Graben natürlichen Schutz bot. Auch hier belegen die vermerkten ballistischen
Linien die Orientierung an den zeitgenössischen Publikationen zur Festungsbaukunst wie z.B.
Specklins „Architectura von Vestungen“ von 1589.445
444
Last 1977, S. 102
445
siehe z.B. das Bl. 10, Fischer 1996, Abb. 7
227
Ausschnitt aus der Befestigung der Vorburg
2° Ms. Hass. 107 [281] verso, oben
In dieser kleinen Skizze auf einem Blatt mit mehreren Zeichnungen, die durch arithmetische
Berechnungen und Bruchstücke von Text verunklärt wird, beschäftigt sich Landgraf Moritz noch
einmal mit der Idee, die nordöstliche Partie der Burg mit weiteren Befestigungen zu sichern (vgl. 2°
Ms. Hass. 107 [282]).
Entwurf für ein bastionäres Außenwerk
2° Ms. Hass. 107 [283] recto
Die Vogelschauansicht des im Osten des Burgareals gelegenen sog. „Caningarten“ ergänzt zu der
vorhandenen Anlage ein neues Außenwerk mit drei Bastionen am gegenüberliegenden Hang über
dem tiefen Graben.
Vorburg mit Entwurf für ein bastionäres Außenwerk, dazu "Balneum Mariae"
2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Abb. 139)
Ebenso wie die Darstellung auf der Vorderseite thematisiert auch diese Vogelschauansicht die
Anlage eines Außenwerks mit Bastionen östlich vor der Burg. Auf diese Weise wäre das untere Tor
besonders geschützt worden.
Die unter der Zeichnung liegenden Notizen in roter Tinte stehen nicht im Zusammenhang mit der
Darstellung und verweisen auf die Sekundärverwendung eines Schriftstücks.
Die kleine Skizze am unteren Rand zeigt ein alchemistisches Gerät, ein „Balneum Mariae“,
daneben sind die Ingredienzien für eine Legierung notiert. Das Übergabe-Inventar der Burg von
1627446 vermerkt im „Mittelhaus“ neben dem Alten Herrenbau ein Laboratorium. Dort konnte der
Landgraf während seiner Aufenthalte vermutlich seinen alchemistischen Studien nachgehen.
Abb. 139 2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Ausschnitt)
446
HStAD Best. D 6 46/2, vgl. Last 1977, S. 98
228
Entwurf zur Befestigung der Vorburg (Detail)
2° Ms. Hass. 107 [281] verso, unten
In Weiterführung des in 2° Ms. Hass. 107 [283] verso (Abb. 139) vorliegenden Entwurfs für ein
neues Außen-werk konzipiert Landgraf Moritz in dieser kleinen Zeichnung eine zusätzliche
doppelte Befestigung mit Bastionen an der Südseite des Tores.
Der oben links ausgesparte Text "François d'Alin duc de Saveroy / marquis de la Bresne, g[..]
intendent / de l' artiglerie de S.M. de France es / Provinces de Bretagne, Normandie & / Picardie et
pais confins.", der Titel eines nicht verifizierbaren französischen Herzogs, steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Darstellung.
Vorburg mit Entwurf für Außenwerk, 1624
2° Ms. Hass. 107 [278] recto (Abb. 140)
Die Zeichnung präzisiert mit genauen Maßangaben die in 2° Ms. Hass. 107 [283] recto skizzierte
Anlage eines neuen Außenwerks vor dem Tor im Osten der Burg. Vom halbrunden „Revelin“ am
Tor aus führt ein Weg nach Norden, wo ein weiteres Tor eine zusätzliche Sicherung des Zugangs
gewährleistet. In dieser regelkonformen Anlage mit drei Bastionen entspricht dieses Außenwerk
den in den zeitgenössischen Architekturbüchern für Festungen vorgegebenen Regeln.
Die Beschriftung in der Darstellung "Das Neue Aussenwergk, so noch / gemacht werden soll /
1624. den 1 Decemb: M.H.L." belegt, dass die in den Zeichnungen greifbaren Planungen des
Landgrafen einen realen Hintergrund hatten. Wie so oft scheiterte auch hier die Ausführung
vermutlich an mangelndem Geld.
Abb. 140 2° Ms. Hass. 107 [278] recto
229
Rohna
Der Gutshof Rohna, heute vermutlich in Unterrhon (Ortsteil von Tiefenort im Wartburgkreis) zu
lokalisieren, gehörte zur Vogtei Frauensee, deren Mittelpunkt das ehemalige ZisterzienserNonnenkloster Frauensee am gleichnamigen See war. Aus dem Besitz des Stiftes Hersfeld kam
das Kloster mit seinen Besitzungen 1525 nach der Säkularisation an die hessischen Landgrafen.
Eine Urkunde im Hessischen Staatsarchiv Marburg dokumentiert die Schenkung des Hofes Rohna
„im Amt Frauensee“ durch den Landgrafen Moritz an seine Frau Juliane von Nassau, datiert auf
den 1.1.1626.447
Das Rohna betreffende Konvolut im Bestand (sieben Zeichnungen und sieben Schriftstücke)
beschäftigt sich mit einigen vom Landgrafen geforderten Baumaßnahmen, die einen Ausbau des
Hofes zu einer geschlossenen Anlage zum Thema haben. Eine der Zeichnungen sowie der
überwiegende Teil der beiliegenden Schriftstücke sind in den Juni/Juli 1621 datiert. Es ist deshalb
davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Baumaßnahmen (Einfriedung, Neubau
von Scheuern) stattgefunden haben.
Anweisung an die Bauverwalter für anstehende Bauarbeiten, 1621
2° Ms. Hass. 107 [295]
Auf den 21. Juni 1621 ist die ausführliche Anweisung des Landgrafen datiert, die dieser offensichtlich im Anschluß an einen Besuch in Rohna verfasst hat: "Nachdem unser gn. fürst undt herr
den 18 t huius zu Mittage / den hoff Rohna besichtiget“. Als vordringlichstes Problem erwähnt er
das Fehlen von Scheunen und die mangelnde Sicherung des Hofes durch eine durchgehende
Einfriedung. Aus diesem Grund habe Landgraf Moritz „den gantzen hof in grundt legen“, d.h. einen
Grundriß anfertigen lassen, und beauftrage seine Bauverwalter „nemlich hanß fleischhut
underbawmeister Zu Cassel, Jost Mohr g[ene]ral baw: und bergkschreiber“ sowie den Vogt zu
Friedewald, den auch als Unterzeichner der Schriftstücke 2° Ms. Hass. 107 [192], [294] und [296]
in Erscheinung tretenden Peter Meckbach, sich am 22. Juni auf dem Hof einzufinden und die Baumaßnahmen zu beratschlagen. Die vorgeschlagenen Arbeiten betreffen zwei Scheunen, die
Verlegung des Schweinestalls, die Anlage von Gärten, das Modernisieren des Brunnens sowie die
Einfriedung des gesamten Hofs nebst einer Nivellierung des Innenhofs mit gepflasterten Wegen,
um dadurch „des hofs reinigkeit“ zu erreichen. Die Zeichnungen, die zum großen Teil nicht von
Landgraf Moritz selbst, sondern von einem seiner Landvermesser angefertigt wurden, beziehen
sich auf diese Planungen.
Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621
2° Ms. Hass. 107 [287]
Der sorgfältige, auf zwei zusammengeklebten Blättern angelegte Plan eines unbekannten
Landvermessers, der, wie die Anweisung vom 21.06.1621 2° Ms. Hass. 107 [295] belegt, den
Gutshof im Auftrag des Landgrafen vermessen und aufgezeichnet hat, zeigt sämtliche der in
diesem Schriftstück erwähnten Gebäude. Mit „B“ ist „deß Schaffmeisters wohnung“ bezeichnet, die
ersetzt werden kann, da sie laut der Anweisung „nicht bewohnet noch sonderlich gebraucht wirdt“.
Unter „F.“ findet sich die „Vom Winde eingeworffene Scheuer“, deren Holz zum Bau neuer
Wirtschaftsgebäude verwendet werden sollte. Auch das zu bebauende „Spacium Zwischen der
schaffscheuer undt Abseidte” ist unter “W” vermerkt. Der Schweinestall - laut der erwähnten
Instruktion: „dem Wohnhauße weg(en) gestancks undt anderm unlust viel / Zu nahe undt
unbequem“ - ist links unten neben der Wohnung des Hofmannes „P“ eingezeichnet. Neben den
Gebäuden verzeichnet der Plan auch die umliegenden Wiesen und Felder und diente somit als
Grundlage für die Planungen.
447
HStAM Best. Urk. 51 Nr. 31, vgl. Rommel, S. 321
230
Unbekannter Zeichner, Lageplan, 1621
2° Ms. Hass. 107 [290]
Der mit einem bezifferten Maßstab (vermutlich in Fuss) versehene Plan gibt ebenso wie 2° Ms.
Hass. 107 [287] eine Bestandsaufnahme der Hofanlage mit den wesentlichen Gebäuden. Das
kleinere Format und der identische Maßstab verbindet die Zeichnung mit den beiden Blättern 2°
Ms. Hass. 107 [285] + [289], die sich mit der Umgestaltung beschäftigen.
Bericht des Vogtes Meckbach sowie der Bauverwalter Fleischhut und Mohr (Kopie), 1621
2° Ms. Hass. 107 [296]
Es handelt sich hier um eine „Copia“ des Berichtes der Bauverwalter Meckbach, Fleischhut und
Mohr über die in 2° Ms. Hass. 107 [295] angewiesene Inspektion am 24. Juni, versehen mit
Kommentaren von Landgraf Moritz vom 27. Juni (Schmalkalden). Die drei Beamten befürworten
den Neubau einer Scheune anstelle der „Schaffmeisterswohnung“, während „die Lücken /
zwischen d obern und Schaffscheuren, mit / einer Mauren beschlossen“ werden könne. Des
Weiteren sollen auch der Schweinestall versetzt und der Brunnen verbessert werden. Baumaterialien können zumeist aus der Umgebung bezogen werden, so z.B. der Kalk, der aus dem
Kalkofen „Gemeinde Zu dieffnor, sachsische underthanen“ (gemeint ist Tiefenort), der bereits in
der Joist Moers zugeschriebenen Karte des Amtsbezirks von 1580448 eingezeichnet ist, bezogen
werden kann.
Die Kommentare des Landgrafen spiegeln seine teilweise abweichende Meinung und enthalten
Anweisungen an seine Untergebenen.
Verzeichnis des Baumaterials und der Kosten , 1621
2° Ms. Hass. 107 [293]
Das ebenso wie der Bericht der Bauverwalter 2° Ms. Hass. 107 [296] auf den 24. Juni 1621
datierte Verzeichnis „was uf dem hoff Rohna notwendigk zu bawen”, listet die Materialien und die
Kosten auf, die für den Umbau des Gutshofes benötigt werden. Dazu gehören entsprechend der
Anweisung vom 21. Juni (2° Ms. Hass. 107 [295]) und dem genannten Bericht vier
Mauerabschnitte, außerdem eine „newe scheuer, so zwischen die schafscheuer undt den viehe
stall gesetzet werden soll“, "Ein beschloßen thor von eichen diehlen mit aller Zugehör”, der
Abbruch des „großen Schweinekoben“ und „des schafmeisters wohnung […] darauf vorbesagte
neue scheuer gesetzt werden soll“ sowie „den brunnen zu verendern und ahn stat des schwengels
mit einem raht und schöpfkübel zu machen“.
Verzeichnis des Baumaterials und der Kosten (Kopie), 1621
2° Ms. Hass. 107 [291]
Der Text dieses Schriftstücks ist weitgehend identisch mit dem Verzeichnis 2° Ms. Hass. 107 [293],
es handelt sich daher vermutlich um die Abschrift eines Kanzleischreibers.
Vermessungstabelle der Hofmauer
2° Ms. Hass. 107 [345]
Das kurze Schriftstück enthält eine Tabelle mit den Maßen und Baukosten der von Landgraf Moritz
geplanten durchgehenden Einfriedungsmauer, mit der er den Hof Rohna sichern wollte (vgl. 2° Ms.
Hass. 107 [296]).
Unbekannter Zeichner, Umbauplan, 1621
2° Ms. Hass. 107 [289]
Die Zeichnung eines Vermessers, die von Landgraf Moritz übergangen und mit Graphitnotizen
versehen wurde, zeigt ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [287] und [290] den damals vorhandenen
Baubestand, wobei aber hier die vorgesehenen Änderungen an den in den Schriftstücken 2° Ms.
Hass. 107 [295] + [296] erwähnten Stellen einskizziert sind. Das "Schaffmeisters hauß" wird durch
448
HStAM Karten P II 10366
231
einen Neubau ersetzt, während die "Eingefallene Scheuer" rechts oben wegfällt. Ebenso entfällt
der "Kelber stall" neben der "Oberste scheuer” und die Lücke zum Schafstall wird mit einem
Neubau verschlossen. Der "Schwein stall" neben der "hoffmans wohnung" wird durch eine durchgehende Mauer ersetzt, die auch die Lücken zum Gebäude rechts daneben schließt. Auf der
rechten Seite wird der Hof jetzt durch eine Mauer mit vorgelegter Arkade abgeschlossen, in der
Handschrift des Landgrafen erläutert als „der Wagen schopfen“, also ein offener Unterstand für die
Wagen, die durch das anschließende Tor neben dem „neuen“ Bau in den Hof gelangen konnten.
Weitere Eintragungen in Graphit betreffen die unmittelbare Umgebung der Hofanlage, wobei an
drei Seiten Gärten vorgesehen sind, wie es auch in der Anweisung vom 21.6.1621 (2° Ms. Hass.
107 [295]) heißt, „undt wirdt hierdurch der hof ahn dreyen seitten / nemlich nach Süden, westen
undt norden mit lust, küchen undt baum,, / gartten umbgeben undt ist die vierdte seitten nach
oosten ein / lauter schönes undt ahnmutiges ackerfeldt.“ Neben einem "Alte küche garte" (oben)
werden hier ein "Newe küchengarte" (rechts) und ein "Wurtz gartte" (unten links) sowie ein
weiterer „Gartte“ (unten mittig) aufgeführt. Möglicherweise handelt es sich deshalb um den „Abriss“
der in 2° Ms. Hass. 107 [296] erwähnt wird, wo es heißt: „die umb und an dem hoff stossende
Gartten / und wie dieselbige lauffen haben Efgn / aus beijgefugtem abrisse gnedig zu ersehen".
Unbekannter Zeichner, Lageplan mit neuen Wirtschaftsgebäuden
2° Ms. Hass. 107 [288]
Dieser sorgfältig angelegte und mit einer Legende versehene Plan präsentiert den Hof wie 2° Ms.
Hass. 107 [289] und stimmt auch im Maßstab mit diesem überein. So wie in dem Verzeichnis 2°
Ms. Hass. 107 [293] aufgelistet, steht an der Stelle des Schafmeisterhauses das Gebäude „I. die
von Ifgn. newe vorgeschlagene Scheuer, so ahn stadt / deß schaffmeisters wohnung versetzt werd
[en] soll“. Ebenso sind die Schweineställe „M.“ von der Stelle neben der Hofmannswohnung an die
Mittelscheuer „L.“ versetzt worden. Zusätzlich ist auf diesem Blatt auch ein Verbindungsbau
zwischen Schafscheuer und Oberscheuer eingezeichnet, wie er in der ersten Anweisung des
Landgrafen vom 21. Juni 1621 (2° Ms. Hass. 107 [295] fol. 1 recto) erwähnt wird: „erstlich dz das
ledige Spatium / zwischen der obersten undt schafscheuern so 52 ß lang mit / dem alten gehöltze
der eingefallenen scheuren zugebawet“, aber nach dem Bericht der Bauverwalter vom 24. Juni (2°
Ms. Hass. 107 [296]) nicht für unbedingt notwendig erachtet wurde. Dieser Bau „G“ erscheint auch
in dem Plan 2° Ms. Hass. 107 [285] sowie in den beiden eigenhändigen Zeichnungen des
Landgrafen 2° Ms. Hass. 107 [284] und 2° Ms. Hass. 107 [286]. Dies legt den Schluss nahe, dass
nun auch die zweite Scheune errichtet werden sollte.
Unbekannter Zeichner, Umbauentwurf, 1621
2° Ms. Hass. 107 [285] (Abb. 141)
Der auf den 30. Juni 1621 datierte Plan des unbekannten Vermessers wurde von Landgraf Moritz
offensichtlich eigenhändig korrigiert und mit Erläuterungen versehen. Ähnlich wie in 2° Ms. Hass.
107 [289] sind die alten Gebäude um die „Mistedte“ angeordnet, wobei das Schafmeisterhaus
durch das größere „Backhauß“ ersetzt wird. Ergänzend wird aber ebenso wie in 2° Ms. Hass. 107
[288] zwischen „Schafscheuer“ und „Alter Oberscheuer“ eine „Neue steinern scheuer“ mit einer
Durchfahrt eingefügt. Die „Schwein stallung" ist wieder neben das "Wohnhauß" gerückt, während
der in 2° Ms. Hass. 107 [288] angegebene Standort durchgestrichen und durch einen offenen
„Schopfen" ersetzt ist. Möglicherweise handelte es sich hier um den „Abriß“ den der Vogt Peter
Meckbach in seinem Bericht über die Beschaffung von Baumaterialien im Zusammenhang mit der
Verlegung des Schweinestalles (2° Ms. Hass. 107 [294]) angefordert hatte.
Die beigefügte "Außmessung des gartten umb den / hof Rohna her” bezieht sich hingegen auf die
in 2° Ms. Hass. 107 [289] eingezeichneten, diversen Gärten.
232
Abb. 141 2° Ms. Hass. 107 [285]
Gutshof, Ansicht
2° Ms. Hass. 107 [284] (Abb. 142)
Die eigenhändige Vogelschauansicht des Landgrafen schreibt die unregelmäßige Hofanlage in
eine nahezu quadratische Einzäunung ein, die das Gut weiträumig umfasst und ebenso auch in
den Lageplänen 2° Ms. Hass. 107 [288] und [289] durch Linien angedeutet ist. Ebenso wie dort
erfolgt auch hier der Zugang zum Hof über ein Tor an der Ecke zwischen dem „Neuen Bau“ und
dem offenen Wagenschuppen. Die geschlossene Anordnung der Gebäude, entspricht am ehesten
der von Moritz eigenhändig korrigierten Version in 2° Ms. Hass. 107 [285] mit den wieder neben
dem Wohnhaus angesiedelten Schweineställen. Die rückwärtige Front wird von einem kleinen
steinernen Bau zwischen der „oberen“ Scheune und der „Schafscheuer“ geschlossen. Diese Seite
des Hofes hat Landgraf Moritz noch einmal separat gezeichnet (2° Ms. Hass. 107 [286]).
Abb. 142 2° Ms. Hass. 107 [284]
233
Entwurf für eine neue Scheuer
2° Ms. Hass. 107 [286]
In dieser kleinen Zeichnung entwirft Landgraf Moritz in perspektivischer Ansicht eine "Neue
Scheuer" zwischen "Oberscheuer" und "Schaffscheuer". Ebenso wie in der Vogelschauansicht ist
dieser Bau als Steinbau zwischen die alten Fachwerkgebäude eingepasst, allerdings liegt hier der
Eingang bzw. die Durchfahrt nicht mittig, sondern ist auf die rechte Seite verlegt. Ergänzt wird die
Darstellung noch durch Maßangaben.
Es handelt sich vermutlich um den in 2° Ms. Hass. 107 [294] in einer Randnotiz des Landgrafen
erwähnten „Abriß“ der den Verlauf der Dachabschlüsse an dieser Hofseite betrifft.
Brief des Vogtes zu Friedewald wegen Beschaffung von Baumaterialien für den Hof, 1621
2° Ms. Hass. 107 [294]
Der Bericht des als Bauverwalter eingesetzten Friedewalder Vogtes Peter Meckbach449 vom
6.7.1621 schildert ausführlich seine Bemühungen, aus dem Abbruch von alten Gebäuden in
Creuzburg und andernorts Material zum Neubau der Scheunen in Rohna zu beschaffen. Ähnlich
wie in 2° Ms. Hass. 107 [296] spiegeln die teilweise nur schwer lesbaren Randnotizen die
Reaktionen des Fürsten auf die enthaltenen Vorschläge, wobei deutlich wird, dass er mit den
Bemühungen des Vogtes sehr unzufrieden ist: "Es hette er unlängst thun sollen, wirdt deßwegen
undt anderer / seinen verspurten verseumnis / halben die straffe baldt empfang[en]“ (fol.1 verso).
Meckbach erwähnt unter anderem auch die in 2° Ms. Hass. 107 [284] + [286] dargestellte „Newe
Scheuren 50 ß langk undt 36 ß / breidt, zwischen die Oberste undt Schaffscheuren zu setzen“ (fol.
1 verso) und verlangt einen Abriß zur Klärung des Dachabschlusses, der vermutlich in der kleinen
Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [286] vorliegt. Ebenso fordert er einen Grundriss wegen der
Versetzung des Schweinestalls: „mochte Copij deß grunts Abrißes haben, zu vernehmen / wie die
ander Mauer, daran der Schweinestal zu setzen / lauffen thutt", der vermutlich in 2° Ms. Hass. 107
[285] vorliegt. Aus diesen konkreten Angaben kann man schließen, dass die betreffenden Arbeiten
vermutlich tatsächlich realisiert wurden.
Brief des Vogtes zu Friedewald wegen Beschaffung von Baumaterialien, 1621
2° Ms. Hass. 107 [292]
Vom 12. Juni 1621 datiert ein weiteres Verzeichnis der Baumaterialien, das der Vogt in Reaktion
auf die Anweisungen des Landgrafen vom gleichen Tage, die in dem Schriftstück 2° Ms. Hass. 107
[294] enthalten sind, angefertigt hat. Darin listet er auf, was an Bauholz und Ziegeln vorhanden
und was noch zu beschaffen ist. Auch hier hat der Fürst noch am gleichen Tage Anmerkungen an
den Rand gesetzt, die dem Vogt übermittelt wurden.
449
zu seiner Person HStAM Best. 40 a Rubr. 04212
234
Speyer
Die insgesamt fünf Blätter mit Zeichnungen von städtischen Situationen in Speyer waren im
Bestand verstreut abgelegt (teilweise unter Frankfurt und „Pfaffenhausen“) und konnten erst im
Zuge der Forschungen zusammengeführt werden.
Die alte Reichstadt Speyer war seit 1527 beständiger Sitz des Reichskammergerichts. Landgraf
Moritz besuchte Speyer mehrfach, nach seiner Abdankung vor allem im Zusammenhang mit dem
Alimentationsprozess gegen seinen Sohn Landgraf Wilhelm V. am Reichskammergericht. 450 Die
Zeichnungen von verschiedenen Stadthöfen an der Allerheiligengasse sind wahrscheinlich sämtlich im Sommer 1630 im Zusammenhang mit einem Aufenthalt des Fürsten entstanden, der für den
Juli belegt ist. Der Fürst reiste seinerzeit von Frankfurt aus dorthin.451
Stadthof an der Herdgasse, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [314]
Bei dem von zwei Seiten zugänglichen, kompakten Stadthof, bezeichnet als „Herr Paul Augspur /
ger hauß in Speyer / in der herdgasse“, der neben den Vordergebäuden auch den „Mittelhof“ und
einen „Stallhof“ umfasst, handelt es sich höchstwahrscheinlich um denjenigen Hof, den Landgraf
Moritz am 20.7.1630 von Johann Paul Augsburger in Speyer anmietete. Der Mietvertrag452 listet
„vier Stuben, fünf Cammern, sampt acht Beth… auf sechs Personen beneben dero officirer und
dienern“, dazu noch Stallungen und Speicher auf. Einschließlich Bewirtung beliefen sich die
Kosten auf wöchentlich vier Reichstaler. Die erwähnte Herdgasse (heute Herdstraße) lag in der
südlichen Altstadt und führte von der Kleinen Pfaffengasse zum Weißen Tor. Der Hof an der Ecke
zum heute nicht mehr vorhandenen „Rosen gäslein“ verfügte laut dieser Zeichnung über Wohnräume und Küchen an der Straße sowie verschiedene Ställe im hinteren Bereich („Reise stall zu
12 Pfe.“, „kutschen stall zu 5 pfe.“ und „pferdtstall zu 4 pfe.“) und einen zu einem kleinen Garten an
der Rückseite hin gelegenen, großen „Sahl“.
Stadthof an der Herdgasse, Grundriss, 1630
2° Ms. Hass. 107 [315]
Das kleine, mehrfach verwendete Notizblatt mit einem lateinischen Text auf der Rückseite, der auf
der Vorderseite in die Darstellung hinein reicht, trägt in der Zeichnung eine Datierung auf den
17.7.1630. Der skizzenhafte Grundriss präsentiert wiederum den auch in 2° Ms. Hass. 107 [314]
dargestellten Stadthof an der Herdgasse, der dem Landgrafen vermutlich seinerzeit als Quartier
diente. Angedeutet ist hier zudem die Bebauung bis zum „Weissethurm“, wodurch eine ungefähre
Verortung des Hofes zwischen der heutigen Allerheiligenstraße und der Brudergasse möglich
wird.453 Die Anordnung der einzelnen Räume im Hof entspricht weitgehend dem in dem genannten
Grundriss geschilderten Sachverhalt, allerdings in diesem Fall skizzenhafter und unvollständiger.
Möglicherweise diente die Zeichnung als Grundlage für die sorgfältiger ausgeführte Darstellung in
2° Ms. Hass. 107 [314].
Hof an der Allerheiligengasse, Grundriss
2° Ms. Hass. 107 [171]
Die ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts und 2° Ms. Hass. 107 [168] ehemals Frankfurt zugeordnete Zeichnung kann nach eingehender Untersuchung in Speyer lokalisiert werden.
Der dargestellte Hof zwischen Stadtmauer und Allerheiligengasse, gegenüber vom „Barfüsser
Closter“ (Franziskanerkloster), dürfte unweit des Neupörtel im südwestlichen Teil der Altstadt
450
siehe die Akte im HStAM Best. 4e Nr. 2335
siehe den Brief vom 24.7.1630 in: HStAM Best. 4a 38/20, vgl. Lemberg 1994, S. 357
452 vorliegend in: HStAM 4a 38 Nr. 20
453 vgl. die Karte des Zustands von 1525, Beilage zu Band II der „Geschichte der Stadt Speyer, Stuttgart 1983
451
235
gelegen haben.454 Hier findet sich eine übereinstimmende Situation mit den beiden kleinen
„gäslein“, die von der Allerheiligengasse abzweigen.
Landgraf Moritz verzeichnet den Hof neben dem „Metzgers hauß“ mit seinen Bestandteilen um
den geschlossenen „hauß platz“. Hinter dem Gebäude liegt ein Garten vor der Stadtmauer. Eine
Vogelschauansicht dieses Hofes präsentiert 2° Ms. Hass. 107 [168].
Hof an der Allerheiligengasse
2° Ms. Hass. 107 [168] (Abb. 143)
Einen Einblick in den in 2° Ms. Hass. 107 [171] im Grundriss dargestellten Hof an der Allerheiligengasse in Speyer gibt diese Vogelschau aus Richtung der plan dargestellten Stadtmauer.
Rechteckige Gartenkompartimente bedecken die Fläche zwischen dem „Cammer botten hauß“ an
der Mauer und dem „hauß so zu verkauffen", sowie der „scheuer“ und dem „Metzgershauß”. Der
große, vierseitig geschlossene Fachwerkhof verfügt über ein steinernes Erdgeschoß und an der
Hofseite über eine eindrucksvolle Galerie, die aber im zugehörigen Grundriss so nicht eingezeichnet ist. Möglicherweise hat auch hier der hessische Fürst eigenmächtig „Verbesserungen“ eingetragen, die seinem Bedürfnis nach Symmetrie entsprachen. Einen Schritt weiter ging er dann in
dem Entwurf 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts(Abb. 144), der an dieser Stelle einen prächtigen
Neubau konzipiert.
Abb. 143 ° Ms. Hass. 107 [168]
Hof an der Allerheiligengasse, Entwurf
2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts (Abb. 144)
Die dritte an der Allerheiligengasse in Speyer zu verortende Zeichnung des Landgrafen Moritz, die
auf der Rückseite einer Darstellung des Augsburger Hofs in Frankfurt platziert ist, zeigt einen
detaillierten Entwurf für einen prächtigen dreigeschossigen Neubau mit zentralem Wendeltreppenturm („Schnecke“), flankiert von zwei zweigeschossigen Stallflügeln mit geschweiften Stirngiebeln.
Diese rahmen „das gärtlein“ an der Stadtmauer, dessen Bepflanzung liebevoll mit lateinischen
Gattungsnamen in den Beeten präzisiert wird. Den Bezug zu der in 2° Ms. Hass. 107 [166] verso,
rechts und [171] geschilderten topographischen Situation stellen „die heiliggaß“ rechts hinten mit
der Mauer zum Franziskanerkloster, das davor gelegene „Postgäs /lein“ und die „stadtmauer“ im
Vordergrund her. Die durchdachte, symmetrische Konzeption und die sorgfältige, detaillierte
454
vgl. die Karte des Zustands von 1525, Beilage zu Band II der „Geschichte der Stadt Speyer, Stuttgart 1983
236
Schilderung kennzeichnen diese Zeichnung als Idealentwurf für einen repräsentativen städtischen
Wohnsitz.
Abb. 144 2° Ms. Hass. 107 [166] verso, rechts
Hof in der Allerheiligengasse
2° Ms. Hass. 107 [277] recto
Das ehemals unter „Pfaffenhausen“ abgelegte Blatt zeigt Stadtsituationen, die ebenfalls an der
Allerheiligengasse in der südlichen Altstadt von Speyer zu verorten sind. Ausschlaggebend für die
falsche Zuordnung, die bereits in der Übergabeliste von 1786 (2° Ms. Hass. 107a) so notiert wird,
war vermutlich die erläuternde Beschriftung auf der Vorderseite: "dieses sind lauter pfaffen / hause
in das stift Allerheilig[en] / gehörig." Den korrekten Zusammenhang erschließt jedoch die „heilig
gasse“ links in der Darstellung mit dem daran anstoßenden "Vorhof D. Nagels hauses / in Speier,
das Paradis genandt" und der ebenfalls zum Allerheiligen Stift zugehörigen „vicariy“ (Vikarie). Mit
„D[oktor] Nagel“ ist vermutlich der Prokurator am Reichskammergericht Arnold Nagel455 gemeint,
wie auch die Beschriftung "des g. / advoca / ten h." nahelegt.
Landgraf Moritz gibt auch in dieser Zeichnung die Gebäude im Vordergrund im Grundriss, während
die dahinter gelegene Bebauung in Vogelschau gesehen ist. Bei dem auf der anderen Straßenseite angesiedelten, detailliert geschilderten Gebäude mit „vorhöflein“ handelt es sich mutmaßlich
um eine weitere Darstellung des im Grundriss wiedergegebenen Wohnhauses von Dr. Nagel,
gesehen von der Gegenseite.
Hof in der Allerheiligengasse
2° Ms. Hass. 107 [277] verso, oben
Die kleine Zeichnung auf der Rückseite des Blattes mit der Darstellung von Dr. Nagels Wohnhaus
in der Allerheiligengasse, zeigt den Vorhof dieses Hauses ("D. Nagels vorhöflein") und das zum
Allerheiligenstift gehörige Gebäude in ähnlicher Anordnung wie auf der Vorderseite. Das Vikarienhaus, ein kleines, verwinkeltes Fachwerkgebäude ist in dieser Version detaillierter dargestellt.
Ein konkreter Hintergrund für die Zeichnungen auf diesem Blatt ist nicht bekannt. Möglicherweise
fertigte der Fürst die Zeichnungen für den ihm bekannten Advokaten im Zusammenhang mit einer
beabsichtigten Erwerbung der Vikarie, wie sie in dieser Zeit für das Reichskammergerichtspersonal nachweisbar sind.456
455
456
siehe die namentliche Erwähnung in den Akten in: HStAM Best. 4a Nr. 41/17 und Best. 4a 38/12
vgl. Engels 2009, S. 539
237
Stuttgart
Ansichtsskizze von Süden
2° Ms. Hass. 107 [14]
Das Alte Schloß in Stuttgart geht auf eine Wasserburg des 10. Jahrhunderts zurück. Nachdem die
Grafen von Württemberg im 14. Jahrhundert ihre Residenz nach Stuttgart verlegt hatten, wurde
eine Erweiterung der Anlage notwendig. 1325 entstand deshalb der Dürnitzbau. Herzog Christoph
von Württemberg initiierte ab 1533 den Umbau zu einer repräsentativen Vierflügelanlage mit
Arkadenhof. Unter der Bauleitung von Aberlin Tretsch und der Mitarbeit von Blasius Berwart wurde
die Dürnitz umfassend verändert und alle alten Gebäude der Vorburg entfernt. Der schmucklose
Bau mit den charakteristischen rechteckigen, auf die Ecken gesetzten Pavillons, erhielt durch die
dreigeschossige Arkadengalerie im Innenhof einen besonderen Charakter. 1570 war der Umbau
vollendet. Die Beziehungen des hessischen Landgrafen zum Stuttgarter Hof waren aufgrund der
verwandtschaftlichen Beziehungen durch Sabina von Württemberg, seine Mutter, sehr eng. Demgemäß sind auch mehrere Besuche in Stuttgart nachweisbar, u.a. auf seiner Reise nach Frankreich 1602.457
Die vorliegende Zeichnung des Fürsten entstand während einer durch Archivalien und Zeichnungen belegten Reise, die in die Stuttgarter Umgebung führte (Philippsburg 5.6. / Brief, Bad Boll
14.6. / Zeichnung, Göppingen 27.6. / Brief). Der stark skizzenhafte Charakter der in Einzelteilen
ungenauen Zeichnung lässt allerdings eine Aufnahme direkt vor Ort eher unwahrscheinlich
erscheinen. Ein wenige Tage später, auf den 15.7. datierter Brief aus Worms 458 lässt vermuten,
dass dieses Blatt möglicherweise erst im Nachhinein, aus der Erinnerung entstanden ist.
Abb. 145 2° Ms. Hass. 107 [316]
457
458
Rommel 1839, S. 444ff.
in: HStAM Best. 4a 38/19
238
Treffurt
Aufgrund seiner Lage am einzigen Werra-Übergang zwischen Creuzburg und Wanfried und an der
Kreuzung zweier wichtiger Handelsstraßen erlangte Treffurt bereits im Mittelalter Bedeutung. Nach
dem Bau der Burg Normannstein im 11. Jahrhundert entwickelte sich der Ort schnell zu einem
wichtigen Handelsplatz. Nach einer Fehde der Treffurter Ritter zu Beginn des 14. Jahrhunderts beschlossen die drei angrenzenden Fürstentümer 1336 eine Befriedung durch Aufteilung. Fortan
wurde die Stadt zu je einem Drittel von Kursachsen, Hessen-Kassel und vom Kurfürstentum Mainz
verwaltet (Ganerbschaft). Das hatte zur Folge, dass die Stadt fortan drei Fürstenämter und drei
Bürgermeister hatte. Die fürstlichen Amtsleute residierten anfangs in den Türmen des
Normannsteins und zogen im 16. Jahrhundert in die Stadt, wo neue Amtshöfe errichtet wurden:
der Sächsische Hof, der Hessische Hof und der Mainzer Hof, alle drei am Fuß des Burgberges
gelegen. Der hessische Amtssitz gehörte seit 1627 zur „Rotenburger Quart“, dem Erbteil der
Söhne aus der zweiten Ehe des Landgrafen Moritz mit Juliane von Nassau.
Die Zeichnungen des Landgrafen zeigen den Hessischen Hof, der um 1600 errichtet worden sein
soll, 459 und heute noch in Teilen in der Torstraße erhalten ist, wobei eine der Darstellungen den
alten Bestand um den Entwurf für einen neuen Bau im Garten zwischen Mühle und Amtshof
ergänzt.
Beide Blätter sind 1630 datiert. Der Aufenthalt des Fürsten in Treffurt zu diesem Zeitpunkt wird
belegt durch einen Brief mit Instruktionen an den Quartiermeister vom 20./30. April 1630.460
Landgraf Moritz wollte anschließend nach Eschwege reisen.461
Hessischer Hof und Umgebung, 1630
2° Ms. Hass. 107 [316] (Abb. 145)
Die querformatige Darstellung, erläutert als "der hessisch / hof zu Tref / furdt / 1630", zeigt das
Areal des Hofes nebst den angrenzenden Straßen und Höfen. Links erstreckt sich die Stadtmauer,
an die auch der „Sächsische Hof“ im Hintergrund angrenzt. Im Vordergrund zieht sich neben dem
"Ambts gericht hauß" der "Weg vom Ambtgerichthause nach dem Spring bronnen". Das dahinter
liegende Hofgelände erstreckt sich von der „hessischen Mühle“ auf der Linken über mehrere
Gärten bis zum geschlossenen Amtshof mit seinen Fachwerkbauten auf der rechten Blattseite.
Detailliert ist der Verlauf der Mauern mit ihren Vor- und Rücksprüngen wiedergegeben.
Vermutlich handelt es sich hier, im Gegensatz zu der zweiten Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [107]
recto oben, um eine reine Bestandsaufnahme, wobei Landgraf Moritz in der für ihn
charakteristischen Weise Vogelperspektive, Grundriss und Lageplan miteinander kombiniert. Eine
Zeichnung von 1626462 zeigt jedenfalls einen weitgehend übereinstimmenden Baubestand, der
einzig in der Mitte, an der Stelle des „neuen garten“ noch ein kleines Fachwerkgebäude aufweist.
Die mittige Klebung des Blattes dokumentiert, wie auch in anderen ähnlichen Fällen, eine
Erweiterung der ursprünglichen Zeichnung im Fortgang des Zeichenprozesses.
Hessischer Hof, 1630
2° Ms. Hass. 107 [107] recto oben
Ähnlich wie 2° Ms. Hass. 107 [316] präsentiert diese Zeichnung das Gelände des Hessischen Hofs
hinter dem „Gerichtshauß“, das auch hier der Übersichtlichkeit halber auf einen Horizontalschnitt
reduziert ist. Neu ist der „neue baw“ in der Bildmitte vor dem „Bleichgarten“, begleitet von der
Beschriftung „Inventiert durch M. H. L. / den 21 Aprilis 1630“. Es handelt es sich hier um einen
Entwurf von Moritz für einen repräsentativen zweigeschossigen Steinbau mit geschweiften
Stirngiebeln.
459
vgl. Gertler 1984
in: HStAM Best. 4a 38/20
461 Löwenstein 1989, S. 105
462 Gertler 1984, Abb. S. 173 (Nachzeichnung), leider heute nicht mehr auffindbar
460
239
Wertheim / Main
Die beiden unter dem Namen „Weinkirchen“ abgelegten Zeichnungen463 konnten jetzt aufgrund
der beiden einzigen topographischen Hinweise „Tauber thor“ und „Würtzburger thor“ in die an der
Mündung der Tauber in den Main gelegene Stadt Wertheim verortet werden. Sie entstanden
während der Reise im Herbst 1629, die Landgraf Moritz am 3. Oktober nach Coburg (vgl. die
Zeichnung 2° Ms. Hass. 107 [89], Abb. 133) und am 12. Oktober nach Cadolzburg (2° Ms. Hass.
107 [88], Abb. 132) geführt hatte. Am 3. November hielt er sich nachweislich wieder in Frankfurt
auf, wo er damals dauerhaft logierte.464 Die beiden Ansichten zeigen einen eingefriedeten Hof mit
einem Herrenhaus, gelegen vor einem Berg, der mit auffälligen Substruktionen abgefangen ist. Es
handelt sich hierbei um die oberhalb der Stadtkirche, am Weg zur Burg gelegene sog. Kemenate,
die noch heute nach Umbauten in Wertheim existiert.465 Das dreigeschossige Haus war nach 1613
fertiggestellt worden466 und ist auf Caspar Merians Ansicht von Wertheim 1673 dargestellt. Es
diente als Herrensitz der evangelischen Linie der Grafen von Löwenstein-Wertheim-Virneburg.
Kemenate, 1629
2° Ms. Hass. 107 [340] (Abb. 146)
Die Darstellung zeigt den Hof der Kemenate entlang der "gasse vom Thor nach das Tauber thor“
vor den massiven Substruktionen am Berg, die noch heute vor Ort zu sehen sind. Innerhalb der
Einfriedung befindet sich das dreigeschossige, sechsachsige Gebäude mit Satteldach und rückseitig angedeutetem Treppenturm, - ein schlichtes Herrenhaus, das nur durch das Eingangsportal
und die Haube auf dem rückseitigen Turm eine individuelle Ausprägung erfährt. Ein kleineres Wirtschaftsgebäude mit Durchfahrt bildet links den Abschluss des Geländes, während auf der rechten
Seite eine Mauer die Grenze zur "uffahrt nach das / Schloß", den Weg zur oberhalb gelegenen
Burg markiert. Die Bezeichnung "Grave Friedrich Ludtwigs / hoff uber der kirchen" bezieht sich in
diesem Fall auf Graf Friedrich Ludwig zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg.
Die Datierung auf den 19.10.1629 lokalisiert das Blatt in den Verlauf der Reise des hessischen
Fürsten, die ihn kurz vorher nach Cadolzburg geführt hatte. Vermutlich weilte er zu Besuch bei
dem namentlich genannten Grafen, bevor er wieder nach Frankfurt zurückkehrte.
Abb. 146 2° Ms. Hass. 107 [340]
463
Nr. 44 in der „Designation“ von 1786 (2° Ms. Hass. 107a): „Abriß von Graf Friedrich Ludwigs Hof Weinkirchen den
19ten Oct: 1629. a M:L:H“
464 siehe die Akten in: HStAM Best. 4a 38/19
465 für den Hinweis auf dieses Gebäude danke ich Frau Heine vom Staatsarchiv Wertheim
466 vgl. Otto Kienitz: Die Fürstlich Löwensteinischen Territorien und ihre Entwicklung, in: Jahrbuch des Historischen
Vereins Alt-Wertheim 1919, Wertheim 1919, S. 33-104, hier S. 66
240
Kemenate, Skizze
2° Ms. Hass. 107 [341]
Die unfertig wirkende Skizze, beschriftet unten auf der Straße: "die gasse vom Würtzburger thor
nach dem schlosse.", gibt ein weiteres Mal die am Berg gelegene Hofanlage der sog. Kemenate
der Grafen zu Löwenstein-Wertheim-Virneburg wieder, wobei hier links die städtische Bebauung
anschließt. Das Herrenhaus grenzt in diesem Fall an die an der Straße gelegene Einfriedung,
verfügt aber auch hier über einen rückseitigen Treppenturm. Maßangaben ergänzen die Darstellung. Die Differenzen zu der anderen Darstellung erklären sich möglicherweise durch eine
Wiedergabe aus der Erinnerung, wie sie für die Darstellungen des Landgrafen Moritz in einigen
Fällen nachweisbar ist. Wichtig war ihm in beiden Zeichnungen die Darstellung der mächtigen
Substruktionen am Hang, deren Massivität ihn beeindruckt zu haben scheint.
241
Idealentwürfe
Unter den architektonischen Handzeichnungen des Landgrafen Moritz befinden sich einige Entwürfe, die keinem konkreten Objekt zuzuschreiben sind, bei denen es sich vielmehr um Idealentwürfe handelt, die die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Architekturtraktaten reflektieren (vor allem Dilich, Specklin, Perret, Ducerceau). Bemerkenswert ist vor allem ein Blatt (2° Ms.
Hass. 107 [244]), das neben zwei Darstellungen Melsunger Gebäudesituationen vier Zeichnungen
mit unterschiedlichen Entwürfen für befestigte Schlossanlagen enthält, eine Serie bemerkenswerter visionärer Ideen.
Idealentwurf eines befestigten Schlosses
2° Ms. Hass. 107 [244] recto, rechts (Abb. 147)
Die Zeichnung, die auf einem Doppelblatt Folio neben Darstellungen der Riedeselschen Vogtei in
Melsungen zu sehen ist, präsentiert lehrbuchhaft eine quadratische Schlossanlage in einer fünfbastionären Befestigung, die wiederum in eine runde Einfriedung eingeschrieben ist. Ähnliche
sternförmige bastionäre Systeme, die wehrtechnisch eine große Sicherheit boten, wurden auch in
den zeitgenössischen Festungspublikationen thematisiert, etwa in dem Hauptwerk des hugenottischen Architekten Jaques Perret „De Fortifications et artifices. Architecture et Perspective“, das
bereits 1602 auch in deutscher Sprache erschienen ist, oder auch in Specklins „Architectura von
Vestungen“ von 1589. Derartige Idealpläne dürften Landgraf Moritz bekannt gewesen sein, auch
wenn sich im Inventar seines Nachlasses 467 keine solchen Werke nachweisen lassen.
Abb. 147 2° Ms. Hass. 107 [244] recto, rechts (Ausschnitt)
Idealentwurf einer befestigten Schlossanlage
2° Ms. Hass. 107 [244] verso, oben links
Effektvoll übereck ins Bild gesetzt hat Landgraf Moritz in diesem Fall ein vierflügeliges Schloss in
quadratischer Einfriedung mit runden Ecktürmen, umgeben von einem Wassergraben. Die
467
HStAM Best. 4a 38/7
242
"Strasse nach dem vor werke" und die "Strasse nach dem Stalle" führen von den beiden Zugbrücken aus zu den neben dem Garten gelegenen Wirtschaftsgebäuden. In dieser bewussten
Symmetrisierung erscheint dieser Idealentwurf wie eine konsequente Weiterentwicklung der Ideen,
die in den Entwürfen für ein Jagdschloss in Waldau (vgl. 2° Ms. Hass. 107 [330] recto, unten, Abb.
85) vorliegen.
Idealentwurf eines befestigten Schlosses
2° Ms. Hass. 107 [244] verso, unten links
Ein weiterer Idealentwurf der auf einem Blatt vereinten Entwurfsserie visualisiert das Schloss auf
einer dreieckigen bastionären Plattform, nur über eine Zugbrücke verbunden mit dem „Vorhof“ auf
dem dreieckigen Ravelin. Der breite Wassergraben separiert in diesem Fall beide Teile der Anlage,
zugleich aber vereint er sie als umlaufendes Band zu einer quadratischen Festung.
Idealentwurf eines befestigten Schlosses
2° Ms. Hass. 107 [244] verso, rechts
Ähnlich wie in den anderen Entwürfen auf diesem Blatt thematisiert Landgraf Moritz auch hier die
Vision einer weiträumigen Schlossanlage mit mehreren Höfen auf bastionärer Plattform. Schloss
und Marstall - beide als repräsentative Vierflügelanlagen ausgebildet - werden ergänzt durch die
Dreiflügelanlagen an "Werkmeisterey hof" und "Cantzley und / Rendtkammer hoff". Zwei Lustgärten, „Reidtplatz" und “holtzplatz" vervollständigen die Gebäude zu einer eindrucksvollen idealen
Residenz von beträchtlichen Ausmaßen.
Abb. 148 2° Ms. Hass. 107 [244] verso
243
Idealplan einer Schlossanlage
2° Ms. Hass. 107 [7] recto
Das Blatt, das als Umschlag für andere Zeichnungen benutzt wurde, wie die rückseitige Liste
belegt, zeigt einen Idealplan einer regelmäßigen Schlossanlage mit sinnvoll angeordneten Nebengebäuden, deren Funktionen genau verzeichnet sind. Ähnlich wie bei den nicht verwirklichten Entwürfen für das Lustschloss Fahre (z.B. 2° Ms. Hass. 107 [146]) oder „Moritzwerder“ (2° Ms. Hass.
107 [276]) handelt es sich um ein rechteckiges Hauptgebäude im Zentrum eines quadratischen
Hofes, der von einer Mauer mit kleinen, als Nebengebäude genutzten Pavillons eingefasst wird.
Idealentwurf für ein Lustschloss
2° Ms. Hass. 107 [272] (Abb. 149)
Die sorgfältig angelegte Vogelschauansicht schildert detailliert ein an einem großen Fluss und
zwischen zwei Teichen gelegenes Lustschloss, dessen Aussehen auf den ersten Blick deutlich
dem Kasseler Lusthaus ähnelt. Der imposante dreigeschossige Bau mit dreigeschossigem geschweiftem Giebel und vier sechseckigen Ecktürmchen erhält jedoch durch die geschweiften
Giebel und eine reiche Bauornamentik ein deutlich repräsentativeres Aussehen, das in einzelnen
Motiven an das 1593 fertiggestellten Stuttgarter Lusthaus erinnert.468 Vier kleine rechteckige Wirtschaftsgebäude markieren, ähnlich wie den Entwürfen für das Lustschloss Fahre (z.B. 2° Ms.
Hass. 107 [132], Abb. 53), die Ecken des ummauerten und befestigten Hofes. Ebenso wie dort
handelt es sich vermutlich auch hier um einen freien Entwurf aus den letzten Lebensjahren, der in
seiner detaillierten Ausgestaltung das gestalterische Potential des Landgrafen vor Augen führt.
Abb.149 2° Ms. Hass. 107 [272]
468
vgl. Weber-Karge 1989
244
Unbestimmte Zeichnungen
Eigenhändig
Unbestimmte Stadtsituation
2° Ms. Hass. 107 [6]
Die mit Hilfe eines Lineals angelegte, vermutlich unvollendete Zeichnung zeigt einen Ausschnitt
aus einer städtischen Bebauung. Konkrete Hinweise auf einen bestimmten Ort und ein Entstehungsdatum fehlen.
Unbestimmter Lageplan
2° Ms. Hass. 107 [9]
Der unbestimmte Grundstücksplan zeigt ein mehrfach unterteiltes Areal mit unterschiedlichen
Feldern („Grablandt“, „hopfen garten“) ohne einen topographischen Hinweis. Der Zusammenhang
mit den anderen Zeichnungen des Bestandes bleibt deshalb unklar.
Unbestimmter Grundriß eines Gutshofs
2° Ms. Hass. 107 [11]
Der Plan der unbekannten, mit einer Mauer eingefriedeten Hofanlage enthält neben den verschiedenen Ställen und der Scheuer an der rechten Seite ein „Wohnhauß“, das durch einen zentralen Wendeltreppenturm und übereck gestellte Erker an den Seiten der Vorderfront besonders
hervorgehoben ist. Die spezifischen Eigenheiten der Anlage, die durch Beischriften erläutert wird,
lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass es sich um ein konkret vorhandenes Objekt handelt –
auch wenn bisher aufgrund der fehlenden topographischen Hinweise eine Verortung nicht möglich
war.
Unbestimmte Hofanlage
2° Ms. Hass. 107 [54]
Das durch die Faltung stark beschädigte Blatt trägt rückseitig die Aufschrift "dieses gehört nicht in
das Rheinische quartier / sondern ist ein ander Inventio uber Breidenaw / wie unß bedüncket [?]".
Die Anlage der drei rechtwinklig zueinander stehenden, langgestreckten Gebäude mit den beiden
eingefriedeten Höfen entspricht allerdings so wenig der bekannten räumlichen Situation, dass eine
Zuordnung zu Breitenau nicht möglich scheint.
245
Nicht eigenhändig
Hans Müller(?), Unvollständiger Grundriss (Ems?)
2° Ms. Hass. 107 [5]
Der unvollständige Grundriss, der die charakteristischen Merkmale der Zeichnungen von Hans
oder Christoph Müller trägt (vgl. etwa die Darstellung der Öfen), gehört eventuell zu Hans Müllers
Zeichnung des Emser Badehauses (2° Ms. Hass. 107 [96]), ist aber nach jetzigem Erkenntnisstand nicht eindeutig zu verorten.
Unbestimmter Plan eines Hofes
2° Ms. Hass. 107 [8]
Der Plan eines aus drei Gebäuden bestehenden Gutshofes, von einem unbekannten Zeichner
angelegt und mit einem bezifferten Maßstab versehen, konnte bislang topographisch nicht
zugeordnet werden.
Unbestimmte Burganlage
2° Ms. Hass. 107 [210]
Einem bislang unbekannten Zeichner muss man die kleine Graphitskizze eines Burghofes
zuschreiben, dessen räumliche Situation nach jetzigem Kenntnisstand nicht konkret zu verorten
ist. Möglicherweise handelt es sich bei dem nicht ungeübten Zeichner um dieselbe Person, die
auch die anderen Graphitzeichnungen im Bestand (vgl. z.B. 2° Ms. Hass. 107 [87]) zu Papier
brachte.
246
Unbestimmte Schriftstücke
Vermessungstabelle
2° Ms. Hass. 107 [1]
Der kleine Notizzettel enthält neben arithmetischen Rechenoperationen eine Vermessungstabelle,
die die Daten diverser „Area“ zusammenträgt. Erwähnt werden u.a. verschiedene Gärten, ein See
und „7 Bolwerck”.
Vermessungstabelle zu einem unbekannten Plan
2° Ms. Hass. 107 [3]
Das sehr kleine Blatt enthält eine Maßtabelle zu einem bisher unbekannten Lageplan in ähnlicher
Handschrift wie 2° Ms. Hass. 107 [16]. Die Maße konnten keinem Blatt des Bestandes zugeordnet
werden.
Verzeichnis von "Abrissen"
2° Ms. Hass. 107 [7] verso
Das vorliegende Blatt enthält mehrere Einträge von unterschiedlicher Hand. Neben einem einfachen Idealplan für eine Schlossanlage auf der Vorderseite enthält es auf der Rückseite den
Vermerk "Diese Abrisse seindt vom itzigen Rendt / meister von Guedensbergk Johann Bischofen /
H: Christoph Kornelsen den 25t Julij Ao 1624 / uberliffert welcher sie so baldt zur F: Bau / stueben
geschickt". Im anschließenden Absatz sind von anderer Hand mehrere Zeichnungen aufgeführt,
darunter auch „des Obristen Riedteßels feldtlager zu Liebenaw Anno 1626“. Offensichtlich wurde
das Blatt zu einem späteren Zeitpunkt als Umschlag für jene Blätter benutzt, die heute noch
vorhanden sind. Unter der Nummer „4.“ wurde das „Paquet Zeichnungen“ 1786 in die Übergabeliste der Plankammer (2° Ms. Hass. 107 a) aufgenommen. Die Darstellung vom „Bott[?]ensehische
hoiff", wurde dabei allerdings nicht mehr aufgeführt und konnte auch nicht identifiziert werden.
Vermessungstabelle zu einem unbekannten Plan
2° Ms. Hass. 107 [16]
Das kleine Blatt enthält eine Maßtabelle zu einem bisher unbekannten Lageplan in ähnlicher
Handschrift wie 2° Ms. Hass. 107 [3]. Die Maße konnten keinem Blatt des Bestandes zugeordnet
werden.
Brieffragment
2° Ms. Hass. 107 [56] verso, oben
Der Text des Schriftstücks (Bruchstück eines Briefes) auf der Rückseite einer Zeichnung vom
ehemaligen Kloster Ahnaberg in Kassel beschäftigt sich mit alchemistischen Prozessen, die
vermutlich in einem der in Kassel und Melsungen vorhandenen Laboratorien vorbereitet werden
sollen. Ein inhaltlicher Zusammenhang mit der Zeichnung ist nicht erkennbar.
Glaubensbekenntnis von Johnnes Finckius
2° Ms. Hass. 107 [120] verso
Das auf der Rückseite eines auf 1628 datierten Entwurfes für das Lustschloss Fahre befindliche
Glaubensbekenntnis in deutscher und lateinischer Sprache ist von Johannes Finckius
unterzeichnet. Johannes Finck war von 1605-1626 Pfarrer an der Stadtkirche in Lichtenau.469
Diese Praxis der Weiterverwendung von Schriftstücken für seine Zeichnungen hat Landgraf Moritz
häufiger angewendet.
469
vgl. die Erwähnung in: Reichenbacher Blätter 3/1986, S. 80
247
2° Ms. Hass. 107 [121] verso
Urlaubsgesuch von Johnnes Finckius
Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [120] verso enthält auch dieses Blatt mit drei Entwürfen für das
Lustschloss Fahre auf der Rückseite ein Schriftstück des Pfarrers Johannes Finckius. In diesem
Fall handelt es sich um ein Urlaubsgesuch, um „auf ein Paar tage nur meine Mutter in ihrer
schwacheit zu besuchen“.
Johann Günther, Brief an Landgraf Moritz wegen Herwig Sandmann, 1628
2° Ms. Hass. 107 [129] verso
Ebenso wie bei einigen anderen Blättern verwendete Landgraf Moritz auch in diesem Fall als
Trägermaterial für die Entwurfszeichnungen zum Lustschloss Fahre ein ihm zugesandtes Schriftstück, in diesem Fall einen auf den 8.8.1628 datierten Brief von Dr. Johann Günther, dem Sohn
des im Dezember 1628 hingerichteten General-Audienzierers Wolfgang Günther. Der studierte
Jurist stand damals ebenfalls in Diensten des Landgrafen Moritz.470 Bei dem im Brief erwähnten
„gerwig Santman” dürfte es sich um jenen Gerwig (Herwig, Gerwin) Sandmann handeln, der als
landgräflicher Küchenmeister in den Akten geführt wird. 471
Lateinisches Schriftstück
2° Ms. Hass. 107 [125] recto, oben
Auf der oberen Blatthälfte des mit mehreren Entwürfen zum Schloss Fahre gefüllten Blattes findet
sich auf der Vorderseite ein lateinischer Text zur römischen Geschichte (?) von unbekannter Hand.
Verzeichnis von "Abrissen"
2° Ms. Hass. 107 [192]
Das kleine Blatt ist beschriftet: "Hierin sindt gebunden die Abriße / 1 der Annaberger Hoiff / 2 die
Bergfreiheitt Uf dem Habichtswalde / 3 Baltzer Maroldts Undt Forster Lipsschen hoiffstadt zu
Elgershaußen / 4 das schloß Walda beij Caßell so itzt der Jägerhoiff / 5 der hoiff Freijenhagen an
der Full beij Bergkshaußen". Ebenso wie 2° Ms. Hass. 107 [7] diente es offensichtlich als
Umschlag für die genannten Blätter, die noch heute im Bestand vorhanden sind. Es handelt sich
um 2° Ms. Hass. 107 [21] (Ahnaberger Kloster), 2° Ms. Hass. 107 [191] (Habichtswald), 2° Ms.
Hass. 107 [95] + [96] (Elgershausen), 2° Ms. Hass. 107 [334], [338] + [339] (Waldau) und 2° Ms.
Hass. 107 [176] (Freienhagen). In der Übergabeliste der Plankammer von 1786 (2° Ms. Hass. 107
a) wurden diese Blätter demgemäß unter der Nummer „2.) Ein Paquet Abrißen“ aufgeführt.
Namensliste
2° Ms. Hass. 107 [239] verso
Auf der Rückseite eines kleinen, schmalen Blattes mit zwei Zeichnungen zum Melsunger Schloss
und seiner Umgebung befindet sich eine Liste von Namen, die vermutlich nicht im Zusammenhang
mit der Darstellung stehen. Es dürfte sich vielmehr auch hier um die Weiterverwendung eines
Schriftstücks handeln, das Landgraf Moritz einfach umfunktionierte.
Unvollständiger Bericht über eine unbekannte Gebäudeanlage
2° Ms. Hass. 107 [266]
Der kleine Notizzettel, der ursprünglich offensichtlich Teil eines längeren Berichts war, erwähnt u.a.
„das Wag[en]hauß, die alte Schaf / scheuer undt des Schafmeisters hauß“. Es handelte sich also
um eine größere Anlage mit zahlreichen Wirtschaftsgebäuden. Genauere Ortsangaben fehlen
allerdings.
470
471
siehe die Akte im HStAM Best. 4a 38/16
HStAM Best. 40a Rubr. 04 514
248
Lateinisches Schriftstück
2° Ms. Hass. 107 [307] recto, unten
Der lateinische Text unter der Zeichnung der Schmiedemühle Schmidtfahrth beinhaltet zum einen
eine Tabelle mit naturwissenschaftlichem/philosophischem Glossar sowie einen unbekannten
philosophischen Text ("NIHIL est oppositum…”). Ein Zusammenhang mit der Zeichnung ist in
diesem Fall nicht erkennbar.
Lateinisches Schriftstück
2° Ms. Hass. 107 [307] verso
Bei dem lateinischen Text auf der Rückseite einer Zeichnung der Schmiedemühle Schmidtfahrth
handelt es sich um eine tabellarische Übersicht der Gliederung der Wissenschaften.
249
Literatur
Altwasser 1994
Elmar Altwasser: Steinverklebungen in der frühen Neuzeit. In: Historisches Bauwesen, Material und Technik.
Jahrbuch für Hausforschung 42, Marburg 1994, S. 99 -112
Armbrust 1921
Ludwig Armbrust: Geschichte der Stadt Melsungen bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Melsungen 1921
Aufgebauer 2000
Peter Aufgebauer: Die Burg Plesse in hessischer Zeit (1571-1660) nach den Schriftquellen. In: Moritz 2000,
S. 99 - 111
Bachmann 2009
Harald Bachmann: Schloss Ehrenburg in Coburg. In: Die Residenzschlösser der Ernestiner in Thüringen.
Kulturhistorische Porträts. Hrsg. von Roswitha Jacobsen. (Mitteldeutsche Miniaturen Bd. 8). Bucha bei Jena
2009, S. 43 - 54
Bad Boll 1995
Bad Boll 1595-1995. Vom herzoglichen Wunderbad zum Kurort. Hrsg. Von der Gemeinde Boll. Weissenhorn
1995
Baeumerth 1985
Karl Baeumerth: Das „Feste Haus“ aus Ransbach als Bautyp. In: Hessenpark 2, 1985, S. 11 -14
Barock und Rokoko 2008
Barock und Rokoko. Hrsg. von Frank Büttner u.a. (Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland Bd. 5).
München 2008
Bartetzky 2004
Arnold Bartetzky (Hrsg.): Die Baumeister der “Deutschen Renaissance”. Ein Mythos der Kunstgeschichte?
Beucha 2004
Batton 1864
Johann Georg Batton: Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main, Bd. 3. Frankfurt a.M. 1864
Batton 1871
Johann Georg Batton: Örtliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main, Bd. 6. Frankfurt a.M. 1871
Becker-Bender 1977
Emil Becker-Bender: Bad Dürkheim und die Limburg. Bad Dürkheim 1977
Becker-Karkosch 2007
Horst Becker und Michael Karkosch: Park Wilhelmshöhe Kassel. Parkpflegewerk. Historische Analyse.
Dokumentation. Denkmalpflegerische Zielsetzung (Edition der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und
Gärten Hessen, Monographien 8). Regensburg 2007
Bergmeyer 1999
Winfried Bergmeyer: Landgraf Karl von Hessen-Kassel als Bauherr - Funktion von Architektur zwischen
Vision und Wirklichkeit (Oktogon - Studien zu Architektur und Städtebau 17). Münster/Hamburg/London
1999
Blumenstein 2009
Thomas Blumenstein: Das landgräfliche Jagdhaus in Kehrenbach. In: Ein Dorf mit Geschichte. 800 Jahre
Kehrenbach 1209-2009. Kehrenbach 2009, S. 28 - 59
Borggrefe 2000
Heiner Borggrefe: Das alchemistische Laboratorium Moritz des Gelehrten im Kasseler Lusthaus. In: Menk
2000, S. 229-252
Borggrefe/Fusenig/Kümmel 2000
Heiner Borggrefe, Thomas Fusenig, Birgit Kümmel (Hrsg.): Ut Pictura Politeia oder der gemalte
Fürstenstadt. Moritz der Gelehrte und das Bildprogramm in Eschwege (Studien zur Kultur der Renaissance
Bd. 1). Marburg 2000
Brauns 1986
Eduard Brauns: Die Felsburg im unteren Edertal. In: 700 Jahre Stadt Felsberg 1286 – 1986. Festschrift.
Felsberg 1986, S. 57 - 58
Briquet 1923
Charles M. Briquet: Les filigranes. Dictionnaire historique des marqes du papier. 4 Bde. Leipzig 1923
250
Brinkmann 2010
Jens-Uwe Brinkmann: Ansichten der Burg Plesse im Städtischen Museum und im Archiv der Stadt Göttingen
sowie im Plesse-Archiv des Fleckens Bovenden. Göttingen 2010
Broedner 1997
Petra Broedner: Eck kan mek nycht toffrede geven, eck mot to Koffungen. Kloster und Damenstift
Kaufungen im Mittelalter. In: Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Hrsg. von Ingrid
Baumgärtner, Kassel 1997, S. 77-112
Brohl 2009
Elmar Brohl: Graf Wilhelm I. zu Solms-Greifenstein als Festungsplaner 1606-1624 in Brandenburg, Hessen
und Österreich. In: Festungsjournal 35/2009, S. 46 - 65
Broszinski 1985
Hartmut Brozsinski: Kasseler Handschriftenschätze. Kassel 1985
Broszinski 2011
Hartmut Brozsinski: Manuscripta chemica in quarto. (Die Handschriften der Universitätsbibliothek Kassel,
Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Bd. 3,2,2). Wiesbaden 2011
Brunner 1913
Hugo Brunner: Geschichte der Residenzstadt Kassel: 913-1913. Kassel 1913
Brunner 1922
Hugo Brunner: Gudensberg. Schloß und Stadt und die Grafschaft Maden. Kassel 1922
Burger 2005
Daniel Burger: Die Cadolzburg. Dynastenburg der Hohenzollern und markgräflicher Amtssitz. Nürnberg 2005
Châtelet-Lange 2000
Liliane Châtelet-Lange: Die Catharinenburg. Residenz des Pfalzgrafen Johann Casimir von Zweibrücken.
Ein Bau der Zeitenwende. (Residenzenforschung Bd. 12). Stuttgart 2000
Chatenet 2010
Monique Chatenet: Des modèles pour l‘architecture française. In: Jacques Androuet Du Cerceau. "un des
plus grands architectes qui se soient jamais trouvés en France". Ausstellungskatalog Paris 2010
Collmann 1863
Carl Lorenz Collmann: Geschichte der alten Bergstadt Sontra in Niederhessen. Cassel 1863
Conrads 1982
Norbert Conrads: Ritterakademien der frühen Neuzeit. Bildung als Standesprivileg im 16. und 17.
Jahrhundert. Göttingen 1982
Dautermann 1978
Wilhelm Dautermann, Georg Feldmann, Walther Klein und Ernst Zink: Bad Dürkheim. Chronik einer
Salierstadt. Hrsg. von der Stadt Bad Dürkheim. Bad Dürkheim 1978
Dehio 1982
Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hessen. Bearb. von Magnus Backes. München/
Berlin 1982
Denkmalbuch 1979
Denkmalbuch der Stadt Kassel. Gesamtanlage Ortskern Waldau. Bearb. von Jörg Katz. Hrsg. vom Magistrat
der Stadt Kassel. Kassel 1979
Denkmaltopographie 1991
Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis I. Altkreis Eschwege. Bearb. von Peer Zietz u. Thomas
Wiegand. Braunschweig/Wiesbaden 1991
Denkmaltopographie 1992
Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis II. Stadt Eschwege. Bearb. von Susanne Jacob u. Thomas
Wiegand. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Braunschweig/Wiesbaden 1992
Denkmaltopographie 1995
Kulturdenkmäler in Hessen. Werra-Meißner-Kreis III. Altkreis Witzenhausen. Bearb. von Peer Zietz. Hrsg.
vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Braunschweig/Wiesbaden 1995
Denkmaltopographie 1995/2
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Kreis Bad Dürkheim. Bearb. von Georg Peter Karn und Rolf Mertzenich.
Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz. Worms 1995
251
Denkmaltopographie 2008
Kulturdenkmäler in Hessen. Landkreis Gießen I. Hungen, Laubach, Lich, Reiskirchen. Bearb. von Karlheinz
Lang, Reinhold Schneider und Martina Weißenmayer. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen.
Stuttgart 2008
Derwein 1940
Herbert Derwein: Die Flurnamen von Heidelberg. Heidelberg 1940
Dilich 1605
Wilhelm Dilich: Hessische Chronica. zusamen getragen und verfertiget durch Wilhelm Scheffern genandt
Dilich. Kassel 1605 (Faksimile Kassel 1961)
Dilich 2011
Wilhelm Dilich: Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser 1607 – 1625. Hrsg. von Ingrid
Baumgärtner, Martina Stercken und Axel Halle. (Schriften der Universitätsbibliothek Kassel Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel 10). Kassel 2011
Drach 1909
Karl Alhard von Drach: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel . Bd. II: Kreis Fritzlar.
Marburg 1909
Elerd/Last 1979
U. Elerd und M. Last: Kleiner Plesseführer. Flecken Bovenden/Landkreis Göttingen. Bovenden 1979
Engels 2009
Palatia sacra. Kirchen- und Pfründebeschreibung der Pfalz in vorreformatorischer Zeit. Teil 1 Bistum Speyer.
Band 1 Die Stadt Speyer. Teil 1b Die Kollegiatsstifte. Bearb. von Renate Engels. Mainz 2009
Fecker 1992
Herbert Fecker: Stuttgart. Die Schlösser und ihre Gärten. Das Werden der Schlösser und Gärten von der
gräflichen Residenz bis zur Internationalen Gartenbauausstellung. Stuttgart 1992
Fenner 1987
Gerd Fenner: Zur Baugeschichte und Stadtsanierung von Melsungen. In: Hessische Heimat 37/1987, H.1, S.
23 - 28
Fimpeler-Philippen/Schürmann 1999
Antje Fimpeler-Philippen und Sonja Schürmann: Das Schloß in Düsseldorf. Düsseldorf 1999
Fischer 1996
Albert Fischer: Daniel Specklin aus Straßburg (1536-1589). Festungsbaumeister, Ingenieur und Kartograph.
Sigmaringen 1996
Ganßauge/Kramm/Medding 1937
Gottfried Ganßauge, Walter Kramm und Wolfgang Medding: Die Bau- und Kunstdenkmäler im
Regierungsbezirk Kassel. Neue Folge, Erster Band. Kreis Wolfhagen. Kassel 1937
Ganßauge/Kramm/Medding 1960
Gottfried Ganßauge, Walter Kramm und Wolfgang Medding: Die Bau- und Kunstdenkmäler im
Regierungsbezirk Kassel. Neue Folge, Vierter Band. Kreis der Eder. Kassel 1960
Gertler 1984
Erwin Gertler: Treffurt und Umgebung in alter Zeit. Bollendorf 1984
Geschichte der Stadt Eschwege 1993
Geschichte der Stadt Eschwege. Red. Karl Kollmann. Eschwege 1993
Gottwald 1991
Clytus Gottwald: Papiermarken der Landgrafschaft Hessen-Kassel 1590-1660. (Hessische Forschungen zur
geschichtlichen Landes und Volkskunde 21). Kassel 1991
Gräf 1993
Holger Th. Gräf: Konfession und internationales System. die Außenpolitik Hessen-Kassels im
konfessionellen Zeitalter. Diss. Gießen 1993
Gromes 1989
Ilse Gromes: Sontra im 30jährigen Krieg. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Sontra, Heft 8). Sontra 1989
Großmann 1979
Georg Ulrich Großmann: Der Schloßbau in Hessen 1530-1630. Diss. Marburg 1979
252
Großmann 2010
Georg Ulrich Großmann: Renaissanceschlösser in Hessen. Architektur zwischen Reformation und
Dreißigjährigem Krieg. Regensburg 2010
Grotefend 1891
Wilhelm Grotefend: Zur Geschichte von Burg und Stadt Felsberg. In: Hessenland 1891, H. 12, S. 155 - 157,
H. 13, S. 168 -170, H. 14, S. 182 -184
Hanschke 1991
Ulrike Hanschke: Die Gartenanlagen der Landgrafen Wilhelm IV. und Moritz in Kassel im Spiegel
handschriftlicher Quellen. In: Die Gartenkunst 3, 1991, Heft 1, S. 175 -188
Hanschke 1992
Ulrike Hanschke: Lustgärten der Renaissance im Weserraum. In: „…uns und unseren Nachkommen zu
Ruhm und Ehre“. Kunstwerke im Weserraum und ihre Auftraggeber. (Materialien zur Kunst- und
Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland Bd. 6). Marburg 1992
Hanschke 1997
Ulrike Hanschke: "…uns ein BIBLIOTHECAM ARCHITECTONICAM zu machen" - Die
Architekturzeichnungen des Landgrafen Moritz. In: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 265 - 271
Hanschke 2008
Ulrike Hanschke: Die Sababurg – das Jagdschloss der Landgrafen von Hessen im Reinhardswald. In:
Beberbeck. Zwischen Sababurg und Gesundbrunnnen. Eine Zeitreise durch die Region. Hrsg. Silke Renner.
Kassel 2008, S. 106 - 116
Hanschke 2009
Ulrike Hanschke: das Landgrafenschloss. In: Kassel-Lexikon, Bd. 2, Kassel 2009, S. 23 - 25
Hanschke 2011
Ulrike Hanschke: Die Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel von der ehemaligen
Klosteranlage in Kaufungen. In: 1000 Jahre Kaufungen. Kaufungen 2011, S. 38 - 45
Hansmann/Knopp 1981
Wilfried Hansmann und Gisbert Knopp (Hg.): Rheinlands Schlösser und Burgen. Herausgegeben von
Alexander Duncker 1857- 1883. II. Kommentarband. Düsseldorf 1981
Hartleb 1936
Hans Hartleb: Deutschlands erster Theaterbau. Eine Geschichte des Theaterlebens und der englischen
Kömödianten unter Landgraf Moritz dem Gelehrten von Hessen-Kassel. Berlin 1936
Heawood 1950
Edward Heawood: Watermarks mainly of the 17th and 18th centuries. (Monumenta chartae papyraceae
historiam illustrantia Vol. I). Amsterdam 1950
Heidelbach 1909
Paul Heidelbach: Die Geschichte der Wilhelmshöhe. Leipzig 1909
Heimerich 1979
Gisela Heimerich: Stift und Kartause zu Eppenberg. (Quellen und Abhandlungen der Abtei und der Diözese
Fulda XXIII.). Fulda 1979
Hellwig 1995
Walter Hellwig: Zwei Handzeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen aus der Landesbibliothek und
Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel. In: Festbuch zum 375jährigen Bestehen der Leichenbrüderschaft
Elgershausen. Elgershausen 1995, S. 70 - 95
Helm 1964/65
Helm, Rudolf: Bauprojekte des Landgrafen Moritz. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und
Landeskunde 76, 1964/65, S. 185 - 190
Helm 1967
Rudolf Helm: Das Bürgerhaus in Nordhessen. (Das Deutsche Bürgerhaus 9.) Tübingen 1967
Henche 1926
Albert Henche: Alt-Ems. Bad Ems 1926
Henn 2006
Ernst Henn: Cornberg. Schicksal einer Frauengemeinschaft 1230-1526. Norderstedt 2006
Heppe 1995
Dorothea Heppe: Das Schloß der Landgrafen von Hessen in Kassel von 1557 bis 1811 (Materialien zur
Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 17). Marburg 1995
253
Hess 1966
Wolfgang Hess: Hessische Städtegründungen der Landgrafen von Thüringen. (Beiträge zur Hessischen
Geschichte 4). Marburg 1966
Hessischer Städteatlas 2006
Hessischer Städteatlas. Lfg. II,2. Hessisch Lichtenau. Hrsg. Ursula Braasch-Schwersmann. Hessisches
Landesamt für Geschichtliche Landeskunde. Marburg 2006
Hildenbrand 1922
Friedrich Johann Hildenbrand: Schloß Marientraut bei Hanhofen unfern Speier a.Rh. (1414-1804). Speier
1922
Historisches Ortslexikon online
Historisches Ortslexikon Hessen. Hrsg. vom Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde. http://
www.lagis-hessen.de/de/subjects/index/sn/ol
Hochhuth 1826
Johann Ch. Hochhuth: Erinnerungen an die Vorzeit und Gegenwart der Stadt Eschwege in Thüringen.
Geschichtlich-statistischen Inhalts. Leipzig 1826 (Faksimile Eschwege 1986)
Hoffmann 2004
Albrecht Hoffmann: Die Wasserkunst. In: Spurensuche zur Geschichte der Stadt Trendelburg. Hrsg. von
Harald Schmidt. Kassel 2004, S. 54 - 62
Holtmeyer 1910
Alois Holtmeyer: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. IV: Kreis Cassel-Land.
Marburg 1910
Holtmeyer 1923
Alois Holtmeyer: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Bd. VI: Kreis Cassel-Stadt.
Kassel 1923
Hootz 1952
Kloster Breitenau. Diss. Marburg 1952
Hoppe 1996
Stephan Hoppe: Die funktionale und räumliche Struktur des frühen Schloßbau in Mitteldeutschland.
Untersucht an Beispielen landesherrlicher Bauten der Zeit zwischen 1470 und 1570. (62. Veröffentlichung
der Abteilung Architekturgeschichte des kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln) Köln 1996
Hoppe 2006
Stephan Hoppe: Paper Villas: The Drawings by the Landgrave Moritz von Hessen (1572-1632) for some
Lustschlösser in the Countryside. In: Maisons des champs dans l’europe de la Renaissance. Hrsg. von
Monique Chatenet. Paris 2006, S. 87 - 98
Katalog Berlin 2009
Cranach und die Kunst der Renaissance unter den Hohenzollern. Hrsg. von der Generaldirektion der
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Ausstellungskatalog. Berlin, Schloss
Charlottenburg. Berlin 2009
Katalog Bonn 2011
Renaissance am Rhein. Ausstellungskatalog. Bonn, Rheinisches Landesmuseum. Bonn 2011
Katalog Coburg 1964
Herzog Johann Casimir von Sachsen Coburg-Gotha 1564-1633. Ausstellung zur 400. Wiederkehr seines
Geburtstages. Coburg, Kunstsammlungen der Veste. Coburg 1964
Katalog Darmstadt 2003
Valentin Wagner (um 1610 - 1655). Ein Zeichner im Dreißigjährigen Krieg. Hrsg. und bearb. von Holger Th.
Gräf und Helga Meise. Ausstellungskatalog. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum. Darmstadt 2003
Katalog Lemgo/Kassel 1997
Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa. Hrsg. von Heiner Borggrefe, Vera Lüpkes und Hans
Ottomeyer. Ausstellungskatalog. Lemgo, Weserrenaissance-Museum Schloß Brake und Kassel , Staatliche
Museen. Eurasburg 1997
Katalog Stuttgart 1999
Heinrich Schickhardt. Baumeister der Renaissance. Leben und Werk des Architekten, Ingenieurs und
Städteplaners. Hrsg. von Sönke Lorenz und Winfried Setzler Ausstellungskatalog. Hauptstaatsarchiv
Stuttgart. Stuttgart 1999
254
Kaufungen 1985
975 Jahre Kaufungen 1011 – 1986. Beiträge zur Heimatkunde. Hrsg. vom Gemeindevorstand der Gemeinde
Kaufungen. Kaufungen 1985
Keindorf 2002
Gudrun Keindorf: Der Brunnen der Burg Plesse in der historischen Überlieferung vor 1800. In: Moritz 2002,
S. 12 - 19
Kemp 1979
Wolfgang Kemp: „…einen wahrhaft bildenden Zeichenunterricht überall einzuführen“. Zeichnen und
Zeichenunterricht der Laien 1500-1870. (Beiträge zur Sozialgeschichte der ästhetischen Erziehung Bd. 2).
Frankfurt a.M. 1979
Knappe 1995
Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 2. Aufl.
Gudensberg-Gleichen 1995
Kleddigkeit 2002
Jürgen Kleddigkeit (Hrsg.): Pfälzisches Burgenlexikon, Bd. 2. Kaiserslautern 2002
Kloft 1963/64
Jost Kloft: Die politische Entwicklung des Bades Ems im Lichte seiner Baugeschichte. In: Jahrbuch für
Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete 15/16, 1963/64, S. 39 - 72
Kollmann 1994
Karl Kollmann: Vom Klostergut zur preußischen Staatsdomäne 1527 – 1930. In: Schilling 1994, S.86 - 110
König 1933
E. König: Die beiden von Landgraf Moritz entworfenen Skizzen für den Umbau von Eschweger Gebäuden.
In: Das Werratal 1933, H. 1/2, S. 2 - 8
Krüger 2004
Kersten Krüger: Der Rentschreiber als Kleinbankier – was Prozessakten über den Alltag im alten
Trendelburg erzählen. In: Spurensuche zur Geschichte der Stadt Trendelburg. Hrsg. von Harald Schmidt.
Kassel 2004, S. 42 - 53
Küffner/Spohr 1999
Hatto Küffner und Edmund Spohr: Burg und Schloss Düsseldorf. Baugeschichte einer Residenz. (Jülicher
Forschungen 6). Kleve 1999
Kümmel 1996
Birgit Kümmel: Der Ikonoklast als Kunstliebhaber. Studien zu Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1592 –
1627). (Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 23). Marburg 1996
Lamprecht 1986
Herbert Lamprecht: Die Einkünfte des Klosters Germerode Anno 1497. (Forschungen zur hessischen
Familien- und Heimatkunde 65). Frankfurt a.M./Kassel 1986
Landau 1842
Georg Landau: Malerische Ansichten von Hessen. Kassel 1842
Landau 1842/2
Georg Landau: Geschichte des Kurfürstenthums Hessen. Kassel 1842
Langenbrinck 2008
Max Langenbrinck: Bauforschung auf Burg Felsberg. In: Burg und Stadt. (Forschungen zu Burgen und
Schlössern Bd. 11). München 2008, S. 181-193
Last 1977
Martin Last: Die Burg Plesse. Sonderdruck aus Plesse-Archiv 10/1975. Göttingen 1977
Lemberg 1994
Margret Lemberg: Juliane Landgräfin zu Hessen (1587-1643). Eine Kasseler und Rotenburger Fürstin aus
dem Hause Nassau-Dillenburg in ihrer Zeit. (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 90).
Darmstadt/Marburg1994
Licht 1991
Heinrich Licht: Die Wasserburg zu Friedewald. In: Hessische Heimat 41/1991, H.4, S. 129 -134
Lippmann 2003
Wolfgang Lippmann: Der Fürst als Architekt. Überlegungen zu Wertung und Bedeutung des
Architekturdilettantismus während des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. In: GeorgesBloch-Jahrbuch des Kunstgeschichtlichen Instituts der Universität Zürich 8. Jhg., 2001, Zürich 2003, S.
111-135
255
Lotze 1984
Siegfried Lotze: Die Handzeichnungen des Landgrafen Moritz über Sababurg und Trendelburg. In: Jahrbuch
des Landkreis Kassel 1984, S.40 - 44
Löwenstein 1989
Uta Löwenstein: Ein Drittel vom Viertel – Hessen Eschwege in der Quart. In: Zeitschrift des Vereins für
hessische Geschichte und Landeskunde 94, 1989, S. 101 - 124
Lückert 1979
Manfred Lückert: Bad Sooden-Allendorf wie es früher einmal war. Eine illustrierte Chronik unserer
Heimatstadt. Allendorf 1979
Maier 2005
Josef Maier: Residenzschloss Ansbach. Gestaltung und Ausstattung im Wandel der Zeit. (Jahrbuch des
historischen Vereins für Mittelfranken Bd. 100). Ansbach 2005
Menk 2000
Gerhard Menk (Hrsg.): Landgraf Moritz der Gelehrte. Ein Kalvinist zwischen Politik und Wissenschaft.
(Beiträge zur hessischen Geschichte 15). Marburg 2000
Merian 1646
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt 1646, 2. Aufl. 1655. Nachdruck: Kassel 1959, 2.
verbesserte Neuausgabe 1966
Merz 1956
Ludwig Merz: Befestigungen um Heidelberg 1622. In: Ruperto-Carola Jg. 8, Bd. 20, 1956. S. 152 -162
Moch 1996
Heinz Moch: 700 Jahre Kloster Cornberg. 1292/96 - 1996. mit Hinweisen zur Geschichte des althessischen
Adelsgeschlechts der Freiherren von Cornberg und der neuen Gemeinde Cornberg. Cornberg 1996
Monumentum Sepulcrale 1638
Monumentum Sepulcrale ad Illustrissimi Celsissimique Principis ac Domini, DN. Mauritii Hassiae Landgravii
[…] memoriam gloriae sempiternam erectum. Kassel 1638
Moran 1991
Bruce T. Moran: The alchemical world oft he German Court: occult philosophy and chemical medicine in the
circle of Moritz of Hessen (1572-1632). Stuttgart 1991
Moran 1997
Bruce T. Moran: Moritz von Hessen und die Alchemie. In: Katalog Lemgo/Kassel 1997, S. 357 - 360
Moritz 2000
Thomas Moritz (Hrsg.): Eine feste Burg - die Plesse. Interdisziplinäre Burgenforschung. Bd. I. Göttingen
2000
Moritz 2002
Thomas Moritz (Hrsg.): Eine feste Burg - die Plesse. Begleitband zur Ausstellung. Landesmuseum
Braunschweig 2002
Müller 2004
Martin Müller: Wilhelm Vernucken. In: Bartetzky 2004, S. 111 - 142
Nickel 1993
Rainer Nickel: Stadtarchäologische Untersuchungen in Eschwege. In: Geschichte der Stadt Eschwege 1993,
S. 358 - 362
Nickel 1997
Rainer Nickel: Eschwege oder Allendorf? Zur St. Nikolauskirche in Allendorf. In: Eschweger
Geschichtsblätter 8, 1997, S. 36 - 45
Nieder 2002
Horst Nieder: Wilhelm Dilich (um 1571-1650). Zeichner, Schriftsteller und Kartograph in höfischem Dienst.
(Materialien zur Kunst- und Kulturgeschichte in Nord- und Westdeutschland 28). Marburg 2002
Onlinekatalog Architekturzeichnungen 2004/2005/2007
Bestandskatalog der Architekturzeichnungen der Museumslandschaft Hessen Kassel. Hrsg. von Michael
Eissenhauer. Bearbeitet von Gerd Fenner, Maren Christine Härtel und Ulrike Hanschke. Kassel
2004/2005/2007. http://212.202.106.6:8080/dfg/museumkassel/home.jsp
256
Onlinekatalog Hessische Renaissanceschlösser 2005
Renaissanceschlösser in Hessen. Katalog des DFG-Projektes am Germanischen Nationalmuseum
Nürnberg. Hrsg. Von G. Ulrich Großmann. Nürnberg 2005. http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/
index.htm
Onlinekatalog Historisches Ortslexikon
Historisches Ortslexikon. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). http://www.lagishessen.de/de/subjects/intro/sn/ol
Papritz 1964/65
Johannes Papritz: Ein alter Stadtplan von Kassel im Königlichen Kriegsarchiv zu Stockholm. In: Zeitschrift
des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 76, 1964/65, S. 171-184
Perst 1964/65
Otto Perst: Kassel 1641 nach Landgraf Hermann zu Hessen-Rotenburg. In: Zeitschrift des Vereins für
hessische Geschichte und Landeskunde 76, 1964/65, S. 207 - 217
Piccard 1961-1997
Gerhard Piccard: Die Wasserzeichenkartei Piccard im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Findbuch I - XVII.
Stuttgart 1961-1997
Piccard-Onlinekatalog
Wasserzeichensammlung Piccard. Hauptstaatsarchiv Stuttgart. http://www.piccard-online.de
Purbs-Hensel 1975
Barbara Purbs-Hensel: Verschwundene Renaissance-Schlösser in Nassau-Saarbrücken.
(Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde des Saarlandes Bd. 24). Saarbrücken 1975
Ranft 1968
Manfred Ranft: Das Landgrafenschloß zu Eschwege als historisches Baudenkmal. In: Das Werraland 3,
1968, S. 35 - 54
Reccius 1930
Adolf Reccius: Geschichte der Stadt Allendorf in den Soden. (Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft,
Heft 3). Bad Sooden-Allendorf 1930
Reimer 1926
Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission
für Hessen und Waldeck XIV). Marburg 1926
Renkhoff 1980
Otto Renkhoff: Wiesbaden im Mittelalter. (Geschichte der Stadt Wiesbaden, Bd. II). Wiesbaden 1980
Reuter 1997
Reinhard Reuter: Dörfer in Hessen. Bd. 1: Zwischen Fulda und Werra. Siedlungsformen – Hofformen Hausformen in Nordosthessen. Wiesbaden 1997
Rexroth 1995
Karl Heinrich Rexroth: Der heilige Heimerad und Hasungen. Zur Geschichte des Klosters im elften
Jahrhundert und zu seiner Stellung zwischen Hersfeld und Hirsau. In: Chronik der Stadt Baunatal. Bd. 2,
Mittelalter und frühe Neuzeit. Baunatal 1995, S. 159 -186
Rohrmüller 2002
Marc Rohrmüller: Heydau - ein Lustschloß dreier Landgräfinnen von Hessen-Kassel. In: Denkmalpflege und
Kulturgeschichte 1, 2002, S. 3-9
Rommel 1837
Christoph von Rommel : Geschichte von Hessen. Bd. 6. Kassel 1837
Rommel 1839
Christoph von Rommel : Geschichte von Hessen. Bd. 7. Kassel 1839
Rommel 1840
Christoph von Rommel: Correspondance inédite de Henri IV, roi de France et de Navarre, avec Maurice-LeSavant, Landgrave de Hesse. Paris 1840
Sarholz 1994
Hans-Jürgen Sarholz: Geschichte der Stadt Bad Ems. Bad Ems 1994
Sarholz 2004
Hans-Jürgen Sarholz: Bad Ems. Streifzug durch die Geschichte. Bad Ems 2004
257
Schaal 1996
Katharina Schaal: Das Deutschordenshaus Marburg in der Reformationszeit. Der Säkularisationsversuch
und die Inventare von 1543. (Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte, 15).
Marburg 1996
Schilling 1994
Johannes Schilling (Hrsg.): Kloster Germerode. Geschichte - Baugeschichte - Gegenwart. Kassel 1994
Schleichert 1924
Heinrich Schleichert: Landgraf Moritz der Gelehrte von Hessen-Kassel und das deutsche Theater. Diss.
Marburg 1924
Schmidt 1978
Jürgen Schmidt: Melsungen. Die Geschichte einer Stadt. Melsungen 1978
Schmincke 1767
Friedrich Christoph Schmincke: Versuch einer genauen und umständlichen Beschreibung der hochfürstlichhessischen Residenz- und Hauptstadt Cassel nebst den nahe gelegenen Lustschlössern, Gärten und
anderen sehenswrdigen Sachen. Cassel 1767
Schmincke 1922
Julius Ludwig Chr. Schmincke: Geschichte der Stadt Eschwege. Mit Berichtigungen und Ergänzungen im
Anhang von E. Stendell. Eschwege 1922
Schmitt 1931
Wilhelm Schmitt: Das Schloß zu Eschwege. In: Werratal 1631, H.8. S. 124 -131
Schnorr 1993
Hans Schnorr: Lich - Geschichte und Gegenwart. Gießen 1993
Schütt 1998
Horst Schütt: Zeichnungen des Landgrafen Moritz von Hessen für Schloßbauten in Allendorf. Bad SoodenAllendorf 1998
Schuhmann 1971
Günther Schuhmann: Ansbachs älteste Stadtansichten. In: 1221-1971. Ansbach – 750 Jahre Stadt. Ein
Festbuch. Ansbach 1971, S. 21 - 64
Schweikhart 1985
Gunter Schweikhart: Kunst und Kultur in Kassel unter Landgraf Moritz dem Gelehrten (1592-1627). In:
Heinrich Schütz. Der hervorragendste Musiker seiner Zeit. Hrsg. von der Stadtsparkasse Kassel, Kassel
1985, S. 13 - 34
Seib 1974
Gerhard Seib: Materialien zur Baugeschichte des Kosters Hasungen. In: Burghasungen 1074-1974. Hrsg.
von Karl Heinrich Rexroth und Gerhard Seib. Zierenberg 1974, S. 40-69
Seib 1989
Gerhard Seib: Ein amputiertes Kulturdenkmal. Zum denkmalpflegerischen Dilemma des ehemaligen
Benediktinerinnenklosters Cornberg. In: Rund um den Alheimer 11, 1989. S. 51 - 55
Seib 1993
Gerhard Seib: Eschweger Kulturdenkmäler. In: Geschichte der Stadt Eschwege. 1993, S. 363 - 384
Seib 1994
Gerhard Seib: Die Handzeichnungen des Landgrafen Moritz zum Kloster Germerode. In: Schilling 1994, S.
197 - 206
Simon 1991
Werner Simon: Zur Geschichte von Schloß und Dorf Grebendorf. In: Eschweger Geschichtsblätter 2, 1991,
S. 4 -17
Sippel 1985
Klaus Sippel: Die Wasserburg Friedewald, das "Nadelöhr" und die Wüstung Hamundeseiche im
Seulingswald. (Archälogische Denkmäler in Hessen 48). Wiesbaden 1985.
Sippel 2009
Klaus Sippel: Das closter […] mag wohl dabevor eines der aller vornemsten gebeu in Hessen undt
benachbarten landen gewesen seyn. Gründung, Verschwinden und Wiederkehr des Klosters Hasungen auf
dem Hasunger Berg bei Zierenberg-Burghasungen, Krs. Kassel. In: Denkmalpflege & Kulturgeschichte H.
4/2009, S. 27 - 32
Stemmler 1925
Ferdinand Stemmler: Zur Entwicklungsgeschichte des Bades Ems. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt
Bad Ems. Festschrift. Hrsg. von Adolf Bach. Bad Ems 1925
258
Stengel 1927
Edmund Stengel (Hrsg.): Wilhelm Dilichs Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser. Nach
den Originalen in der Landesbibliothek in Kassel, im Staatsarchiv zu Marburg und im Landgräflichen Archiv
zu Philippsruhe. (Marburger Studien zur älteren deutschen Geschichte 1,5) Marburg 1927
Stengel 1959
Edmund Stengel: Wilhelm Dilichs Landtafeln hessischer Ämter zwischen Rhein und Weser. In: Zeitschrift
des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 70, 1959, S. 150 - 201
Stockhausen 1939
Stockhausen, Hans-Adalbert von: Trendelburg. Führer durch sieben Jahrhunderte. 1939. Nachdruck ca.1978
Strieder 1794
Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlagen zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftstellergeschichte seit der
Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Bd. 9. Kassel 1794
Thaetner 1993
Ralf Thaetner: Geschichte der Stadt Liebenau. Hrsg. Stadt Liebenau. Gudensberg-Gleichen. 1993
Tomasi 1993
Luigia Tongiorgi Tomasi: Die botanischen Gärten des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Monique Mosser,
Georges Teyssot: Die Gartenkunst des Abendlandes. Stuttgart 1993, S. 77-79
Touristische Mitteilungen 1896
Burghasungen. (Nach Landau). In: Touristische Mitteilungen aus beiden Hessen, Nassau, Frankfurt a.M.,
Waldeck und den Grenzgebieten IV, Nr.12, Juni 1896, S. 170 -171
Tschudin 1958
Walter Fr. Tschudin: The ancient paper-mills of Basle and their marks. (Monumenta chartae papyraceae
historiam illustrantia, Vol. VII). Hilversum 1958
Unglaube 1995
Peter Unglaube: Das Kloster Breitenau zwischen geistlichen und weltlichen Interessen. Seine Gründung,
Entwicklung und Bedeutung für die Region. In: Chronik der Stadt Baunatal. Bd. 2, Mittelalter und frühe
Neuzeit. Baunatal 1995, S. 187 - 212
Vollmer 1983
Eva Christina Vollmer: Das Schloß in Wiesbaden. Wiesbaden 1983
Waitz von Eschen 2005
Friedrich Frhr. Waitz von Eschen: Der nordhessische Braunkohlenbergbau 1578 bis 2003. In: Zeitschrift des
Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 110, 2005, S. 113 -128
Walbe 1933
Heinrich Walbe: Die Kunstdenkmäler im Volksstaat Hessen. Provinz Oberhessen. Die Kunstdenkmäler des
Kreises Gießen. Bd. 3. Darmstadt 1933
Weiss 1953
Wisso Weiss: Thüringer Papiermühlen und ihre Wasserzeichen. Weimar 1953
Weber-Karge 1989
Ulrike Weber-Karge: „…einem irdischen Paradeiß zu vergleichen…“ Das neue Lusthaus zu Stuttgart.
Untersuchungen zu einer Bauaufgabe der deutschen Renaissance. Sigmaringen 1989
Wenzel 1915
Ernst Wenzel: Die Reste der Benediktinerabtei auf dem Hasunger Berge im Kreise Wolfhagen,
Regierungsbezirk Kassel. In: Die Denkmalpflege 17, Nr. 12, 1915, S. 94-96
Wenzel 1949
Ernst Wenzel: Die Eschweger Cyriakusabtei. In: Das Werraland 1, 1949, S.3 - 5, 31f., 45 - 47
Wick 1910
Wilhelm Wick: Die landesherrlichen Eisenhütten und Hämmer im ehemaligen Kurhessen bis zum Ende des
XVII. Jahrhunderts mit einem Rückblick auf die ältere Eisengewinnung. (Zeitschrift des Vereins für
Hessische Geschichte und Landeskunde, Suppl.16). Kassel 1910
Wittekindt 1974
Heiner Wittekindt: Die Geschichte des Klosters und des Ortes Burghasungen seit der Klosterauflösung. In:
Burghasungen 1074-1974. Hrsg. von Karl Heinrich Rexroth und Gerhard Seib. Zierenberg 1974, S. 22 - 39
259
Wolf 1995
Dieter Wolf: Das Butzbacher Landgrafenschloß. Zur Entwicklung eines bau-, kultur- und landesgeschichtlich
höchst bedeutenden Schlosskomplexes. In: Wetterauer Kreiskalender 21/1995, S.57 - 66.
Wolf 2003
Dieter Wolf: Melsungen. Eine Kleinstadt im Spätmittelalter. Topographie, Verfassung, Wirtschafts- und
Sozialstruktur. Butzbach 2003
Wolf 2003/2
Dieter Wolf: Butzbach. Eine kleine fürstliche Residenz im Dreißigjährigen Krieg. In: Katalog Darmstadt 2003,
S. 61 - 70
Wolf 2005
Dieter Wolf: Butzbach auf historischen Abbildungen, Karten und Plänen vom 16. Bis 19. Jahrhundert. In:
Wetterauer Geschichtsblätter 52/2005, S. 93 - 387
Wolff 1914
Carl Wolff: Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main. Bd. 3, Privatbauten. Frankfurt a.M. 1914
Wrobleski/Wemmers 2001
Jens Wrobleski, Andre Wemmers: Theiss-Burgenführer Niederrhein. Hrsg. von Joachim Zeune. Stuttgart
2001. Wroz 1985
Winfried Wroz: 450 Jahre Ritterschaftliches Stift Kaufungen. In: Kaufungen 1985, S. 89 - 98
260
Archivalien
Hessisches Staatsarchiv Marburg HStAM
Best. 4a 25/28 (Landgraf Wilhelm IV. Badecur und neuer Bau in Ems 1577-1585)
Best. 4a 31 Nr. 67 (Landgraf Wilh. IV. Korrespondenz mit dem Obristen Johann von Rolshausen betr.
Hofangelegenheiten u. Bausachen in Kassel u. Schmalkalden 1585)
Best. 4a 38/7 (Landgraf Moritz, Nachlaßinventar 1632)
Best. 4a 38/17 (Landgraf Moritz Korrespondenz nach der Abdankung 1627)
Best. 4a 18/18 (Landgraf Moritz Korrespondenz nach der Abdankung 1628)
Best. 4a 38/19 (Landgraf Moritz Korrespondenz – Hofhaltung - Reisen (Frankfurt, Coburg) 1629)
Best. 4a 38/20 (Landgraf Moritz Korrespondenz 1630)
Best. 4a 38/21 (Landgraf Moritz Korrespondenz 1631)
Best. 4a 38/26 (Korrespondenz betr. Hofhaltung zu Eschwege 1630)
Best. 4a 38/27 (Hofhaltung, Bergsachen, Eisenhütte und Schneidewerk zu Melsungen. Einnahme und
Ausgaberechung des Hüttenvogts Otto Tölde zu Schmidtfurth an der Pfeiff 1629-1630)
Best. 4a 39/54 (Berichte des Leibarztes und Bauverwalters Wolff 1601-1620)
Best. 4a 39/131 (Korrespondenz zwischen dem Obristen Steuerburg von Lewenstein zu Cassel und dem
Landgrafen Moritz zu Hessen (damals in Ziegenhain und Treysa) November 1592 / Betr. Bauten in Cassel.
Ballsaal. Marstall.)
Best. 4a 40/15 (Landgraf Moritz Korrespondenz mit Schwester Christine)
Best. 4a 41/12 (Verhandlungen nach der Abdankung, 1627/28)
Best. 4a 41/25 (Landgraf Moritz / Korrespondenz mit Landgraf Philipp v. Butzbach 1629/30)
Best. 4b 35 (Hofstaat ca. 1613-1618, darin eingebunden Zeichnung von Landgraf Moritz)
Best. 4b 48 (Bericht des Burggrafen in Sababurg 1626)
Best. 4b 49 (Berichte der Baubeamten über Fortgang der Arbeiten in Kassel 1603, 1606)
Best. 4b 63 (Akten des Landgrafen Moritz betr. Bauten)
Best. 4b 164 (Inventarium über allen Hausrat im Schloß zu Kassel und allen fürstlichen Nebengebäuden
1626/1627)
Best. 4c Hessen-Rheinfels 8 (Bau des Bades in Ems 1581-83)
Best. 4c Hessen-Rheinfels 16 (Bau zu Ems 1580)
Best. 4c Hessen-Rheinfels 22 (Ems 1581-83)
Best. 4f Frankreich 1268 (Projektierte Reise des Landgr. Moritz nach Paris, … 1627- 1629)
Best. 4f Plesse 500 (Bauten und Befestigungen auf dem Hause Plesse 1622-1625)
Best. 4f Plesse 503 (Bauverlag des Hauses Plesse 1625)
In: Best. 4f Pfalz 916; 1124 (Übersendung des Baumeisters Hans Müller)
In: Best. 4f Sachsen-Eisenach 48 (Interzession für Baumeister Hans Müller 1598)
Best. 4f Württemberg 366 (Schreiben des Herzog Friedrich von Württemberg betr. seinen Wunsch für die
Neubefestigung von Mümpelgard die Bollwerke von Cassel als Vorbild zu benutzen und Besichtigung der
letzteren durch den Baumeister Heinrich Schickhardt Dec. 1596)
Best. 4h Nr. 654 (Bericht Dalamons über Befestigung von Plesse 1626)
Best. 17c Nr. 7551 (Akten der landgräfl. Kanzlei zu Kassel betr. Verleihung einer Hufe Landes zu
Oberzwehren an den Baumeister Christoffel Müller …1580)
Best. 17e Breitenau 21 (Streitigkeiten … wegen eines Gartens auf der "Neuen Wiese" 1594)
Best. 17e Breitenau 32 (Bauwesen zu Breitenau 1608-1609)
Best. 17e Breitenau 34 (Bericht Hans Weigells, Vogt zu Breitenau, an den Zeugobristen Hans Heinrich v.
Sigerode betr. den geplanten Bau von Schweine- und Rinderställen 1609)
Best. 17e Elgershausen 9 (Landgraf Moritz verleiht an Balthasar Marold und an dessen Nachkommen
seiner bisherigen Dienste wegen das landgräfliche 3 Hufen-Landgut zu Elgershausen, gen. das Grebengut,
…1596-1600)
Best. 17e Elgershausen 10 (Gesuch des Balthasar Marold um Genehmigung zum Verkauf des ihm zur
Erbleihe gegebenen Lehngutes zu Elgershausen 1607)
Best. 17e Ems, Bad 1 (Abschrift des Vertrages von 1581)
Best. 17e Karthause 1 (Bauregister 1608)
Best. 17e Karthause 4 (Bauwesen 1609)
261
Best. 17e Kassel 40 (Schloß zu Kassel [Berichte über Arbeiten an landgräflichen Bauten zu Kassel]
1569-1640)
Best. 17e Kassel 41 (Bauarbeiten am Schloß zu Kassel 1602)
Best. 17e Kassel 42 (Erwerb, Verleihung und Vergebung einzelner landesherrlicher Grundstücke zu Kassel
1569-1628)
Best. 17e Kassel 102 (Berichte über Arbeiten an landgräflichen Bauten zu Kassel 1569 – 1640)
Best. 17e Rohna 8 + 9 (Leihbriefe über den Hof Rohna 1603-1629)
Best. 17e Weißenstein 3 (Bauarbeiten am Weißenstein 1625)
Best. 22a 11 Kaufungen/ Wetter Pak. 7
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 48 (Baugebrechen zu Hasungen 1628)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 90 (Register über Ausgaben zum Bau in Waldau 1601, 1602)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 110 (Baurechnung Schloß zu Kassel 1603)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 116 (Bericht über Bauvorhaben in Sababurg 1623)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 128 (Bauverlag 1617)
Best. 40a Rubr.10 Nr. 132 (Gebrechen an herrschaftlichen und kirchlichen Gebäuden in der Vogtei
Frauensee)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 152 (Bausachen Dr. Hermann Wolff)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 157 (Bausachen Vogtei Friedewald 1601-1608)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 168 (Bausachen Kassel 1592 – 1623)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 175 (Bausachen zu Weißenstein bei Kassel 1608-1615, 1677, 1698)
Best. 40a Rubr. 10 Nr. 178 (Reparaturen am Lusthaus in der Aue 1600)
Best. 40a Rubr. 0490 (Bestellung von Adam Müller zum Salzschreiber in Allendorf)
Best. 40d Rubr. 13 Nr. 370 (Kauf- und Verpachtung von Häusern und Grundstücken zu Kassel 1562, 1577,
1593-1722)
Best. 40e Nr. 745 (Inventare vom Neuen Hause im Bad zu Ems 1583/1588)
Best. 53e Paket 60 (Bausachen)
Best. 53e Paket 61 (Bausachen)
Best. 304 Nr. 187 (Rechtfertigung wg. Kaufungen 1617)
Best. Rechn. II Friedewald Nr. 17 (1582,1584)
Dülfersche Beamtenkartei
Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden HStAW
Abt. 171 E 214 (Acta betr. Bauten zu Bad Embs 1579/80)
Abt. 171 E 549 (Bad Embs 1577-81)
Abt. 137 Wiesbaden 1 (Neuer Schloßbau zu Wiesbaden 1594 ff.)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart,
Bestand J 340 Wasserzeichendatenbank (http://www.piccard-online.de)
262