Edelstahl Rostfrei – Eigenschaften und Verarbeitung

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Edelstahl Rostfrei – Eigenschaften und Verarbeitung
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Edelstahl Rostfrei – Eigenschaften und Verarbeitung
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4.
Einleitung
Einteilung der nichtrostenden Stähle
Charakteristische Eigenschaften der Stahlgruppen
Bearbeitung
1. Einleitung
Edelstahl Rostfrei ist ein Sammelbegriff für die nichtrostenden Stähle. Sie enthalten
mindestens 10,5% Cr und weisen gegenüber unlegierten Stählen eine deutliche verbesserte
Korrosionsbeständigkeit auf. Höhere Cromgehalte und weitere Legierungsbestandteile wie
z.B. Ni und Mo erhöhen die Korrosionsbeständigkeit weiter. Darüber hinaus kann das
Hinzulegieren bestimmter anderer Elemente auch weitere Eigenschaften positiv beeinflussen,
z.B.
-Niob, Titan (Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion)
-Stickstoff (Festigkeit, Korrosionbeständigkeit)
-Schwefel (Spanbarkeit)
Damit verfügen die Konstrukteure, Verarbeiter und Verwender über eine Vielzahl von
Stahlsorten für mannigfaltige Anwendungsgebiete.
Seit Erfindung der nichtrostenden Stähle im Jahre 1912 haben Hersteller und Verarbeiter
unterschiedliche Handelsnamen verwendet(NIROSTA; REMANIT; usw.). Ausgehend vom
Konsumgüterbereich hat sich der Begriff Edelstahl Rostfrei durchgesetzt. Edelstahl Rostfrei
hat in seiner langjährigen Geschichte aufgrund der ihm eigenen Korrosionsbeständigkeit und
guter mechanischer Eigenschaften zunehmende Bedeutung in immer mehr
Verarbeitungsbereichen erlangt.
2. Einteilung der nichtrostenden Stähle
Die nichtrostenden Stähle werden nach ihrer chem. Zusammensetzung in 4 Untergruppen
eingeteilt, die sich auf den Gefügezustand beziehen.
-Austenitische Stähle
Diese sind die am meisten verwendeten rostfreien Stähle. Sie sind mit Cr und Ni legiert,
andere Legierungselemente sind möglich.
-Ferritische Stähle
Diese enthalten als Hauptlegierungselement Cr und ggf. weitere Zusätze. Der Kohlenstoff ist
auf 0,08% max. begrenzt.
-Martensitische Stähle
Dies sind vergütbare Cr-Stähle mit höherem Kohlenstoffgehalt.
-Austenitisch-ferritische Stähle
Diese Stähle mit etwa 22% Cr und etwa 5% Ni weichen in ihren technologischen Merkmalen
und Verarbeitungseigenschaften stärker ab und finden nur in speziellen Fällen Anwendungen.
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In Deutschland werden alle Stahlsorten mit 2 Bezeichnungen versehen
-Der Kurzname
Er kennzeichnet bei den rostfreien Edelstählen die chemische Zusammensetzung
-Die Werkstoffnummer
Sie werden wegen ihrer Kürze bevorzugt
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3) Charakteristische Eigenschaften der Stahlgruppen
a) Ferritische Stähle
Man unterscheidet grob 2 Untergruppen ferritischer nichtrostender Stähle
- mit etwa 11 bis 13% Cr
- mit etwa 17% Cr
Die mechanische Eigenschaften der ferritischen Stähle setzten ein feinkörniges Gefüge
voraus. Durch den relativ niedrigen Cromgehalt 11-13% ist der Korrosionswiderstand
begrenzt, so daß diese Stähle auch als „korrosionsträge“ eingestuft werden.
Bei den 17%igen Cromstählen wird durch Zulegieren von 1% Mo die
Korrosionsbeständigkeit nochmals verbessert.
Einige Stähle enthalten Titan oder Niob als carbidbildende Elemente, die den Kohlenstoff
abbinden. Solche Stähle sind nach dem Schweißen ohne zusätzliche Wärmebehandlung auch
bei dickeren Abmessungen beständig(stabil gegen interkristalline Korrosion).
Ein besonderer Vorteil im Gegensatz zu den Austenitischen CrNi-Stählen ist eine hohe
Beständigkeit gegen transkristalline Spannungsrißkorrosion.
b) Martensitische Stähle
Sind Stähle mit 12-18% Cr und mit Kohlenstoffgehalten ab 0,1% die bei hohen Temperaturen
abgeschreckt werden. Die Härte wird umso größer, je höher der Kohlenstoffgehalt ist.
Bei den nickelmartensitischen Stählen wird die Rolle des C vom Ni übernommen. Die
Vergütungsfähigkeit bleibt dabei erhalten, ohne dass die Nachteile eines erhöhten
Kohlenstoffgehaltes auftreten (Carbidausscheidung). Die Korrosionsbeständigkeit wird durch
den Zusatz von Mo noch erhöht. In vielen Einsatzgebieten wird diese Stahlgruppe wegen
ihrer hohen Verschleißfestigkeit und Schneidehaltigkeit eingesetzt.
c) Austenitische Stähle
Die bedeutendste Gruppe der nichtrostenden Stähle sind die austenitischen CrNi-Stähle mit
≥ 8% Ni. Sie bieten eine besonders günstige Kombination von Verarbeitbarkeit,
mechanischen Eigenschaften und Korrosionsbeständigkeit. Die Korrosionsbeständigkeit kann
mit zunehmenden Legierungsgehalten an Cr und Mo gesteigert werden. Wie bei ferritischen
Stählen ist auch bei den austenitischen Stählen zum Erreichen guter technischer Eigenschaften
ein feinkörniges Gefüge notwendig.
Austenitische Stähle sind im Gegensatz zu martensitischen Stählen nicht härtbar. Durch
legierungstechnische Maßnahmen kann man Mischkristallverfestigung erreichen. Das
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Element N ist am besten dafür geeignet. Die Austenitischen Stähle kann man bis zu sehr
tiefen Temperaturen einsetzen ( -269 °C).
d) Austenitisch-ferritische Stähle
Diese Stähle nennt man auch Duplex-Stähle. Hervorzuheben sind die günstigen
Dauerfestigkeitseigenschaften des Stahls, auch in korrosiven Medien. Die Stähle bereiten bei
Beachtung der Schweißvorgaben keine Probleme. Sie werden vor allem im ChemieApperaturbau eingesetzt.
4) Bearbeitung
a.a) Mechanische Trennverfahren
-Schneiden
Die austenitischen Edelstähle haben höhere Scherfestigkeiten als die unlegierten bzw.
ferritischen rostfreien Stähle. Man benötigt daher zum Schneiden eines Bleches mehr Kraft.
Eine Schmierung ist im allgemeinen nicht erforderlich. Der Schneidspalt soll etwa 5% der
Blechdicke betragen, aber nie größer als 0,1mm sein. Größere Schneidspalte sind zu
vermeiden. Wenn der Werkstoff über die untere Schneidkante fließt, so führt dies schnell zu
Kaltverfestigungen. Eine zu geringe Spaltbreite hat ähnliche Wirkungen.
-Stanzen, Lochen
Das Stanzen von Edelstahl Rostfrei erfordert wegen seiner größeren Scherfestigkeiten mehr
Kraft. Häufig läst sich die erforderliche Kraft dadurch vermindern, dass ein Werkzeugteil
angeschrägt wird. Der Scherspalt zwischen Matrize und Stempel muss enger sein als bei
unlegierten Stählen, damit der Werkstoff keine Kaltverfestigung erfährt. Die Werkzeuge
sollten eine Härte von 60 bis 62 HRC besitzen.
-Sägen
Es sind nur HSS-Sägeblätter zu verwenden. Die besten Schnittgeschwindigkeiten liegen
zwischen 7 und 10 m/min. Der Vorschub darf 25 mm/min nicht überschreiten. Ausreichende
Kühlung ist erforderlich. Bei Hohlprofilen empfiehlt es sich, Füllstücke einzulegen, um ein
Durchbiegen zu vermeiden.
a.b) Thermische Trennverfahren
Trennen mit Sauerstoff-Azetylen-Brennern allein ist nicht möglich.
Große Bedeutung hat das Trennen mittels Plasmastrahl erlangt, es führt zu sauberen, glatten
Kanten. Bei Computersteuerung lassen sich auch sehr komplizierte Zuschnitte herstellen. Es
werden Blechdicken zwischen 6 und 25 mm damit bearbeitet.
Eine weitere Verbesserung stellt das Laserschneiden mit einem Schneidegas dar. Es können
rostfreie Stähle bis 6mm Dicke damit getrennt werden. Mit dieser Schneidetechnik lassen sich
sehr spitze Winkel und schmale Stege erzeugen. Es wird auch keine Kraft auf das Werkstück
ausgeübt, es entsteht kein Verzug und kein Werkzeugverschleiß.
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b) Spanende Formgebung
Das wichtigste Element, das zur Verbesserung der Spanbarkeit bei nichtrostenden Stählen
beiträgt, ist Schwefel. Die zur spanenden Bearbeitung vorgesehenen nichtrostenden Stähle
lassen sich in 2 Gruppen unterteilen.
Die Automatenstähle enthalten in der Regel 0,15 bis 0,35% S. S bildet in Verbindung mit
Mangan, Mangansulfid, dessen pos. Wirkung auf die Spanbarkeit in kurzbrüchigen Spänen,
glatteren Werkstückoberflächen begründet liegt.
Die ferritischen Stähle können bei sonst gleichen Bedingungen mit höheren
Schnittgeschwindigkeiten (bis 30%) und größeren Vorschüben (bis 25%) gegenüber
austenitischen Stählen bearbeitet werden.
Es muß für reichlich Flüssigkeitszufuhr gesorgt werden, damit Werkzeuge und Werkstücke
ausreichend gekühlt und geschmiert werden.
c) Spanlose Umformung
Bei der spanlosen Kaltumformung tritt bei austenitischen Edelstählen ein größere
Kaltverfestigung auf als bei unlegierten Stählen. Nach starken Umformungen wird manchmal
festgestellt, daß diese zuvor unmagnetischen rostfreien Stähle nun magnetisch sind. Das
beruht auf einer teilweisen Umwandlung des austenitischen Gefüges. Durch eine
Wärmebehandlung können Verfestigung als auch der Magnetismus wieder abgebaut werden.
Die ferritischen Stähle können im geglühten Zustand wie unlegierte Stähle kaltumgeformt
werden. Das bedeutet gegenüber den austenitischen Stählen geringeren Kraftbedarf, geringere
Dehnung und geringere Rückfederung.
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Die austenitischen Edelstähle lassen sich gut umformen. Der benötigte Kraftaufwand ist um
50-60% höher als bei unlegiertem Stahl gleicher Festigkeit, auch muss man mit einer
stärkeren Rückfederung rechnen. Blechkanten lassen sich um 180° umlegen. Bei ferritischen
Stählen sind die Werte vergleichbar zu unlegierten Stählen mit ähnlichen
Festigkeitseigenschaften.
Die austenitischen Edelstähle lassen sich wegen ihrer guten Zähigkeit einwandfrei drücken
und fließdrücken. Es sollten jedoch Sorten mit niedrigen C- und relativ hohem Ni-gehalt
vorgezogen werden, weil sie weniger stark zum Kaltverfestigen neigen. Die fertig gedrückten
Teile müssen unverzüglich geglüht werden, um ein nachträgliches Reißen in stark
umgeformten Bereichen zu verhindern.
Die ferritischen Edelstähle haben ein deutlich eingeschränktes Abstreckverhalten und werden
überlicherweise nicht für Drückteile eingesetzt.
Tiefziehteile lassen sich aus den Edelstählen nach allen bekannten Verfahren herstellen.
d) Wärmebehandlung
Weichglühen dient zum Aufheben der Kaltverfestigung. Austenitische Stähle müssen auf
relativ hohe Temperaturen erwärmt werden und rasch abgekühlt werden. (950-1100°C)
Die ferritischen Stähle werden auf 750-800°C erwärmt und langsam abgekühlt. Die Erfahrung
hat gezeigt, dass eine Haltezeit von 1 min je 2,5 mm Wanddicke ausreicht.
e) Schweißen
In vielen Einsatzgebieten nichtrostender Stähle ist die Schweißbarkeit eine der wichtigsten
Verarbeitungseigenschaften. Neben den geforderten Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften
von Schweißverbindungen muss die Korrosionsbeständigkeit der Schweißnaht sowie der
Wärmeeinflußzone der des Grundwerkstoffes entsprechen. Zur Erfüllung dieser Ansprüche
müssen neben geeigneten Schweißzusätzen auch optimierte Schweißtechniken eingesetzt
werden. Von dem Einsatz des Autogenschweißverfahrens ist abzuraten.
-Ferritische Stähle sind schweißgeeignet. Diese Stähle neigen in der Wärmeeinflußzone zu
starken Kornwachstum und sollten deshalb immer mit einem möglichst geringen
Wärmeeinbringen geschweißt werden.
-Martensitische Stähle mit geringen Kohlenstoffgehalten sind bedingt schweißgeeignet, Stähle
mit höheren Kohlenstoffgehalten sind nicht schweißgeeignet.
-Austenitische nichtrostende Stähle lassen sich leichter schweißen. Es sollten aber artgleiche
oder höherlegierte Schweißzusätze benutzt werden(Heißrissbildung).
Die Ti- oder Nb-stabilisierten Sorten und die Stähle mit abgesenktem Kohlenstoffgehalt sind
ohne Wärmenachbehandlung im geschweißten Zustand gegen interkristalline Korrosion
beständig.
f) Andere Bearbeitungsmöglichkeiten
f.a) Löten
Zum Harlöten werden Silberlote mit 35-56% Ag eingesetzt. Bei Teilen für die
Lebensmittelindustrie dürfen nur cadmiumfreie Silberlote eingesetzt werden.
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Zum Weichlöten werden aggressive Flussmittel benutzt.
f.b) Kleben
Bei der Verarbeitung von Blechen aus nichtrostendem Stahl kommt weitgehend das
Kaltkleben in Frage. Die Aushärtezeit liegt zwischen 6 Stunden und 3 Tagen.
Wärmekleber härten bei 100-200°C. Die Aushärtezeiten betragen 20 Minuten bis 6 Stunden.
Wärmekleben kommt in der Regel nur bei einer Serienfertigung in Betracht.
Mindestzugscherfestigkeit ist bei einwandfreier Verklebung von rostfreien Blechen 10
N/mm².
f.c) Nieten
Bei den Nietlöchern ist ein Aufmaß von 0,4 mm vorzusehen. Verwendet werden Nieten aus
nichtrostenden Stählen oder NiCu30Fe.
f.d) Schraubverbindungen
Das Verschrauben von Teilen aus nichtrostenden Stählen dient zum Herstellen wiederholt
lösbarer Verbindungen, deren Belastung genau berechenbar ist.
g) Oberflächenbehandlung
Die mechanischen wie chemischen Oberflächenbehandlung nach der Bearbeitung rostfreier
Teile ist immer dann erforderlich, wenn durch die Vorbehandlung die Gefahr gegeben ist, daß
dadurch die Korrosionsbeständigkeit vermindert wurde. Das kann durch Zunder,
Anlauffarben aber auch durch Fremdeisen möglich werden.
-mechanische Oberflächenbehandlung
Für den Fertigschliff sind die Kornabstufungen 80-120-180-240 üblich. Beim Strahlen dürfen
nur Glasperlen, Edelstahlkorn oder eisenfreier Quarzsand verwendet werden. Reste anderer
Strahlmittel sind zu entfernen.
-chemische Oberflächenbehandlung
Das Beizen von nichtrostenden Stählen ist oft ein zwingende Notwendigkeit, um die bei einer
Wärmebhandlung entstehenden Zunderschichten oder die sich beim Schweißen bildenden
Anlauffarben zu beseitigen. Nach dem Beizen ist gut mit Wasser nachzuspülen.
-Elektropolieren
Mit diesem Verfahren lassen sich folgende Oberflächen herstellen, die folgende Vorteile
bieten:
-Metallisch rein
-Einebnung der Oberfläche und Entgradung
-Glänzendes Aussehen mit diffus wirkender Reflexion
-Verbesserte Korrosionsbeständigkeit
-Leicht zu reinigen
-Oberflächenschutz
Die Schutzüberzüge sind meist aus PE-Folien. PVC sollte man vermeiden.
-Reinigung
Farbspritzer lassen sich mit einem Lösungsmittel entfernen. Kalk- oder Zementspritzer sollte
man möglichst vor Aushärtung mit einem Holzspan abschaben; keine Werkzeuge aus
normalen Stahl verwenden (Spachtel, Stahlwolle usw.).Niemals Salzsäure verwenden!
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h) Physikalische Eigenschaften