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ThyssenKrupp Schulte Chatprotokoll – Thema: Verarbeitung von Edelstahl Rostfrei (31. Januar 2013) Hiermit nehme ich zur Kenntnis, dass die Antworten der Werkstoffspezialisten im Rahmen des Expertenchats keinesfalls ein individuelles Beratungsgespräch ersetzen. Die Antworten basieren auf nur wenigen, in einem zeitlich sehr begrenzten Rahmen durch die Chatteilnehmer übermittelten Informationen, weshalb die zugrundeliegenden Sachverhalte ggf. unzureichend beschrieben sind. Die ThyssenKrupp Schulte GmbH übernimmt daher keinerlei Haftung für etwaige auf Basis der im Chat gegebenen Antworten vorgenommenen Handlungen oder Unterlassungen. Moderator: Herzlich Willkommen zu unserem Expertenchat zum Thema "Verarbeitung von Edelstahl Rostfrei". Die Herren Kölsch und Töppich von unserem Technischen Verkauf werden nun mit der Beantwortung Ihrer Fragen beginnen. 4430: Welcher Schweißzusatzwerkstoff und welches Schweißverfahren eignen sich am besten, um Kupfer und Edelstahlrohrleitungen zu verbinden? Die Werkstoffe Kupfer und Edelstahl Rostfrei lassen sich mit den üblichen Schweißverfahren nicht miteinander verbinden. Die Schmelztemperatur des Kupfers liegt bei ca. 1100 °C, die des Edelstahl Rostfrei bei ca. 1500 °C. Damit fallen die üblichen Schweißverfahren (WIG, MAG, etc.) aus. Die Rohrverbindungen dieser Werkstoffe werden in der Praxis mit Pressverbindungen realisiert. Experte 1: PI….: Experte 1: Welches Material ist geeignet für Windkrafttürme, die an der Nordsee aufgestellt werden? Muss es 1.4404 sein oder kann auch 1.4571 eingesetzt werden. Setzt man voraus, dass die Eignung der genannten Werkstoffe für den Verwendungszweck gegeben ist, kann sowohl der Werkstoff 1.4404 als auch 1.4571 eingesetzt werden. Die Wirksumme (W=Chrom% + 3,3 x Molybdän%) dieser beiden Werkstoffe beträgt ca. 23,5 %. Für den Fall, dass die Wirksumme für das am Windturm verwendete Bauteil nicht ausreichend ist, sollten höherlegierte Werkstoffe, wie z. B. 1.4462 oder 1.4539, verwendet werden. Moderator: Zur Info: Dieser Chat ist moderiert - Ihre Fragen werden zuerst an den Moderator weitergeleitet und erscheinen nachdem Sie beantwortet wurden. Mistral-84: Kann man bei Salzsäure Edelstahl Rostfrei verwenden? Wenn ja, welche Werkstoffe? Grundsätzlich kann man sagen, dass die nichtrostenden Werkstoffe, die mit der Werkstoffnummer 1.4... beginnen, bei Salzsäure nicht geeignet sind. In diesem Fall sind in der Regel Nickelbasislegierungen zu verwenden. Welche Werkstoffe zum Einsatz kommen, ist dann von Fall zu Fall zu entscheiden. Experte 1: ThyssenKrupp Schulte Rosti: Experte 2: Sigesm.: Experte 2: Wie kann es sein, dass die von uns bestellten Edelstahlhalbzeuge, wie z. B. Rohre und Blankstahl „magnetisch“ sind? Im Anlieferungszustand sind die meisten austenitischen, nichtrostenden Stähle nicht magnetisierbar, da lösungsgeglühte Produkte geliefert werden. Nichtstabile Austenite (z.B. 1.4301) neigen bei der Verarbeitung zur Kaltverfestigung. Diese ist mit einer Martensitbildung (Verformungsmartensit) verbunden. Martensitische Gefüge sind magnetisierbar. Wir stellen häufig bei der spanenden Bearbeitung fest, dass das Material sehr hart wird und sich kaum noch zerspanen lässt. Was ist hierfür die Ursache? Während der Verarbeitung von Edelstahl Rostfrei, also Biegen, Kanten, Bohren, Fräsen, Drehen, Schleifen, etc., können nichtstabile Austenite zu Verformungsmartensit und damit zu einer Kaltverfestigung neigen. Die Festigkeiten können dann nach unseren Erfahrungen um das 1,5 - 3fache ansteigen. Moderator: Wir freuen uns weiterhin auf Ihre Fragen - diese werden zuerst an den Moderator weitergeleitet und dann von den Experten beantwortet. Wie: Wie im Flyer schon erwähnt, kann bei Edelstahl Rostfrei (z.B. in bestimmten Fällen) auf eine Reinigung verzichtet werden? Diese Frage kann man mit einem deutlichen NEIN beantworten. Sehr häufig gibt es den „Irrglauben“, dass man bei der Verwendung von Edelstahl Rostfrei auf jegliche Reinigung und Pflege verzichten kann. Dieses Verhalten führt dann im täglichen Leben oft zu Korrosionserscheinungen jeglicher Art, die reklamiert werden. Saubere, regelmäßig gereinigte Oberflächen tragen dazu bei, dass die Passivschicht (Chromoxidschicht) den Stahl in der Regel vor Korrosion schützt. Wie und wie oft und mit welchen Mitteln gereinigt werden muss, ist im Einzelfall zu entscheiden. Experte 1: 111: Experte 2: Moderator: Welche Auswirkungen hat das Tiefziehen von 1.4301 ohne Öl und was können Sie alternativ empfehlen? Das Tiefziehen ohne Öl hat zur Folge, dass eine erhöhte Reibung zwischen Werkstück und Werkzeug auftritt. Entscheidend ist der Umformgrad. Bei sehr hohen Umformgraden sollte aus unserer Sicht immer ein Öl- oder Schmiermittel verwendet werden, um optimale Ergebnisse beim Tiefziehen zu erzielen. Um Ihre Frage detailliert beantworten zu können, müssten wir das Bauteil/eine Zeichnung begutachten. Über Ihre Verkaufsniederlassung können Sie uns gerne ein Bild/eine Zeichnung zuschicken. Weitere Fragen sind herzlich willkommen! ThyssenKrupp Schulte Wie: Experte 1: Was ist beim Laserschneiden zu beachten? Grundsätzlich kann man sagen, dass nichtrostende Stähle nur mit dem Schmelzschneiden verarbeitet werden können. In der Regel werden hierbei Edelgase wie Stickstoff oder Argon verwendet. In der Praxis hat sich gezeigt, dass auch bei nichtrostenden Stählen bei Blechtemperaturen >100 °C der Laserschnitt Störungen aufzeigt. Diese sind dann Materialaufwerfungen, Spritzer oder Sonstiges. In diesem Zusammenhang sollten entsprechende Schneidfolgepläne zur Temperaturminderung verwendet werden. Sehr häufig werden dann vom Kunden Lunker, Poren oder Verunreinigungen in den Blechen vermutet. Zudem ist darauf zu achten, dass spannungsarme Bleche bei der Laserverarbeitung verwendet werden. Bei aus Warmband geschnittenen Blechen kann es bei nicht ausreichendem Richten zu einer Längswölbung (Coilset) des Bauteils oder des Restbleches kommen. Grundsätzlich sollten nach der Laserverarbeitung möglicherweise entstandene Anlauffarben entfernt werden. Th. Moy: Wir benötigen ein Edelstahlblech, welches gut temperaturbeständig (verzugsarm), gut verformbar (bördeln) und auch vernünftig schweißbar ist - idealerweise Längsnaht maschinell ohne Zusatz. Was würden Sie als Experte dazu empfehlen? Gut verformbar sind am idealsten austenitische Werkstoffe, verzugsarm jedoch ferritische Werkstoffe. Wir bräuchten jedoch noch die Angabe, bei welcher Temperatur das Blech eingesetzt wird. Dies ist entscheidend für die Werkstoffauswahl. Bitte nennen Sie uns kurz die Einsatztemperatur. Die Einsatztemperatur beträgt im Feuerbereich ca 800 °C , im Mantelbereich sind es ca 300°C. Es können die Werkstoffe 1.4828/1.4841 (austenitisch, hitzebeständige Werkstoffe) mit Hinblick auf die guten Umformeigenschaften oder alternativ 1.4742 (ferritisch, hitzebeständige Werkstoffe) mit Hinblick auf eine geringe Wärmeausdehnung (verzugsarm) verwendet werden. Geklärt werden müsste jedoch, ob eventuell (Ab)gase vorhanden sind, welche den Werkstoff korrosiv angreifen könnten. Da dies sehr ins Detail geht, schlagen wir vor, dass Sie über Ihre Verkaufsniederlassung direkt Kontakt zu uns aufnehmen. Experte 2: Th. Moy: Experte 2: zl steel: Experte 1: Kann man die klassischen Edelstahlsorten (1.4301, 1.4404, 1.4571 etc.) in der Festigkeitsklasse S355 erhalten? Hierzu vielleicht zunächst einige Informationen vorab: Die Festigkeitsklassen stammen aus der bauaufsichtlichen Zulassung Z.30.3-6 des Deutschen Instituts für Bautechnik. Hierbei handelt es sich nicht, wie der Name vermuten lässt, um die Festigkeit, sondern um die Mindestdehngrenze. Bei den in Ihrer Frage genannten Werkstoffen, handelt es sich um austenitische, die eine Mindestdehngrenze haben, die mit einem S235 Baustahl vergleichbar sind. Nur wenige Halbzeuge, in der Regel dünne Blankstahlabmessungen, erreichen aufgrund ihres Herstellverfahrens eine Dehngrenze von S355 (N/mm²) oder mehr. Werden zwingend diese Festigkeitsklassen S355 oder sogar S460 benötigt, so kann dies nur mit dem Werkstoff 1.4462 realisiert werden. Lagerstandardprodukte aus den in der Fragestellung genannten Werkstoffen erreichen diese hohen Werte nicht. ThyssenKrupp Schulte WSI: Experte 1: In der Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung Z-30.3-6 werden CrNi- Stähle in Festigkeitsklassen unterschieden wie z.B. Festigkeitsklasse S235 oder Festigkeitsklasse S355. Bei der Bestellung von entsprechenden Halbzeugen aus diesem Material tauchen diese Einteilungen nicht mehr auf! Kann ein Halbzeug aus 1.4301 (z.B. ein Flachstahl) in verschiedenen Festigkeitsklassen bestellt werden? In Abhängigkeit von der Abmessung und dem Herstellverfahren ist es möglich, Flachstäbe in der Festigkeitsklasse S355 zu liefern. Nach DIN EN 10088-3 ist bis zu einer Abmessungsdicke 16 mm in blankgezogener Ausführung der Wert für die Dehngrenze ≥ 400 N/mm². Damit wäre die Festigkeitsklasse S355 erfüllt. Alle anderen Halbzeuge, die warmgewalzt hergestellt oder gezogen werden, können lediglich für die Festigkeitsklasse S235 verwendet werden. Sollte zwingend S355 benötigt werden, muss der Werkstoff 1.4462 eingesetzt werden. Bei diesem Werkstoff ist die Dehngrenze bei allen Halbzeugen >460 N/mm² (Festigkeitsklasse S460). Moderator: Falls Sie noch Fragen haben - stellen Sie diese bitte jetzt. tke: Welchen Vorteil hat der Werkstoff 1.4878 gegenüber den Wst. 1.4828/1.4841 und wie gut ist dieser im Blechbereich beschaffbar? Die Werkstoffe 1.4828/1.4841 haben gegenüber 1.4878 den Vorteil, dass diese bei einer höheren Anwendungstemperatur (an Luft) verwendet werden können. 1000/1150 °C zu 850 °C. 1.4878 hätte den Vorteil, dass dieser in dem Temperaturbereich 500-800 °C zu einer geringeren Versprödung neigt. Bezüglich der Beschaffbarkeit würden wir Sie bitten, sich an Ihre Niederlassung zu wenden. Experte 2: Moderator: Vielen Dank für Ihre Fragen! Unsere Experten beantworten nun noch die letzte gestellte Frage. In den nächsten Tagen werden wir das Chatprotokoll in die Infothek einstellen, so dass Sie die Antworten nochmals nachlesen können. WSI: Wenn Flachstähle aus 1.4301 laut Norm eine Festigkeitsklasse von S355 erreichen können, darf man diese dann mit einer Herstellerqualifikation B noch verarbeiten (schweißtechnisch) wenn eine Festigkeit von S235 verlangt wird? In der bauaufsichtlichen Zulassung Z-30.3-6 wird auf die Anforderungen an die Schweißbetriebe eingegangen. Demnach dürfen Schweißarbeiten an tragenden Bauteilen und Konstruktionen aus nichtrostenden Stählen uneingeschränkt nur von Betrieben durchgeführt werden, die eine Herstellerqualifikation nach DIN 18800-7 der Klasse D erbracht haben und eine gültige Bescheinigung hierüber besitzen. Um in Ihrem Fall beurteilen zu können, wie Ihr Bauteil konstruktiv einzuordnen ist, möchten wir Sie bitten, sich an Ihre zuständige Niederlassung zu wenden und über diese den direkten Kontakt zu uns aufzunehmen. Experte 1: Moderator: Nach anderthalb Stunden möchten wir den Chat nun beenden - vielen Dank für Ihre Teilnahme.