SZ vom 23.November 2013 Seite 62 Bayern Region
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62 LEUTE PBM Samstag/Sonntag, 23./24. November 2013, Nr. 271 DEFGH Von Trash bis Tradition Auszeichnung für Harald Strötgen Peter Jonas brüllt vor Begeisterung, Wolfgang Lippert serviert Tatar mit Wachtelei, Verona Pooth lässt sich ihr Kleid zerschneiden, und Peter Maffay weiß nicht, wofür er geehrt wird. Am Donnerstag ist die Münchner Gesellschaft wieder einmal schwer gefordert – ein Rundgang ria Furtwängler verbringen. Maffay steht also da, und ein Frau hält ihm eine Karte hin. „Für Andrea bitte“, klar. Wäre er auch gekommen, wenn er nicht ausgezeichnet würde? „Ich glaube nicht.“ Ehrlichkeit rockt. „Für Bruno bitte“, sagt der nächste. Neben Maffay steht Sternekoch Heinz Winkler und sagt: „Wir verleihen mittlerweile fast so viele Preise wie die Amerikaner. Ich habe gerade wieder einen fürs Lebenswerk bekommen.“ Winkler ist 64. Die grassierende Verleiherei beeinflusst auch die Bauart der Trophäen. Wer wie Maffay („keine Ahnung, wie viele ich habe“) haufenweise Awards besitzt, den locken höchstens noch skurrile. Der von den Querdenker ist ein 6,8 Kilogramm schwerer schwarzer Steinquader. Der Human Brands Award, der weiter stadteinwärts in der Reithalle von einer Unternehmensberatung verliehen wird, wiegt fast nichts. Es ist eine Medaille. Die Preisträger müssen also nichts schleppen, dafür haben sie eine Gala vor sich. Weiße Rundtische, eine dudelige Jazzkombo auf der Bühne, aber Hans-Dietrich Genscher (Lebenswerk), Mario Adorf (Laudator) und Co. haben schon Schlimmeres erlebt, außerdem schmeckt die Fjord-Forelle. Das Prinzip der Verleihung ist das Gleiche wie bei den Querdenkern: Man lockt Stars mit Awards, und zahlende Gäste mit Stars. VON PHILIPP CRONE D er Begriff führt in die Irre: die Münchner Gesellschaft. Klingt nach einer homogenen Gemeinschaft. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Münchner Gesellschaft ist bunt und vielschichtig. Ihren Vertretern ist zwar gemein, dass sie (die einen häufiger, die anderen seltener) bei Einladungen der Stadt zugegen sind, doch das ist auch schon alles. Wer am Donnerstagabend zum Beispiel eine der vielen Veranstaltungen besucht, ob nun die Opernpremiere, eine der Ladeneröffnungen oder Preisverleihungen, der trifft dort auf ein sehr unterschiedliches Publikum, und auf die gesamte Bandbreite der Society. Ein Rundgang, mit Beginn beim ursprünglichsten Münchner Gesellschaftstreff, der Oper. Ein richtiger Opernabend startet nicht erst mit dem Betreten der Stufen oder dem Glas Prosecco vorab. Wer etwas auf sich hält, steht bereits eine Stunde vor der Vorführung in seinem schwarzen SUV vor dem Parkhaus am Max-Joseph-Platz in der Schlange, mit Blick auf die rote „Besetzt“-Anzeige. Stau interessiert die hiesigen Passanten nicht besonders, auch nicht, dass Josef Schmid mit Tretter-Tüte vorbeihatscht, der OB-Kandidat der CSU. Man kennt das, die Leute und das Bohei. Oben zwischen den Säulen ist es kurz vor der Premiere von „Die Frau ohne Schatten“ dann schon hektischer, letzte Telefonate werden geführt, weiße Headsetkabel verbiegen den Herren ihre Fliegen, während die Damen schon an die Theke im Parkett oder im Untergeschoss stöckeln. Dort stehen drei Frauen in schwarzen Abendkleidern zusammen und streicheln liebevoll den Fellschal der Dame in der Mitte. Ihre abseits stehenden Männer bereiten sich derweil auf die Vorstellung vor. „Der Inhalt Peter Jonas ruft Nikolaus Bachler nach der Vorstellung „Saugeil! Rattenscharf!“ entgegen SZENARIO ist ja konfus, aber die Musik sehr schön“, referiert ein Vater für den Sohn. Und Nikias Hofmann, DJ und Betreiber des HeartClub, bestellt für seine Mutter einen Prosecco. Das Nationaltheater ist immer auch Familiensache. Hier werden Traditionen weitergegeben, die Oper gehört zu München wie Obazda und Olympiaturm. Das ist der eine Grund, warum man herkommt. Zudem ist es eine Möglichkeit, in exklusiver Umgebung einen Abend zu erleben, an dem man sich fordern und manchmal überfordern lassen kann, an dem auch wirklich wichtige Bewohner der Stadt, in der Broschürensprache Entscheider genannt, im kulturellen Glamour dem Alltag entfliehen. Peter Löscher huscht durch das nach schwerem Duftkerzenparfum riechenden Foyer, der vor kurzem abberufene Siemens-Chef möchte nichts zur Oper sagen. BR-Intendant Ulrich Wilhelm und Ex-Kunstminister Wolfgang Heubisch machen sich auf den Weg zu ihren Plätzen, um gleich dem fülligen und fulminanten Johan Botha als Kaiser und der beeindruckenden Adrianne Peczonka als Kaiserin zu lauschen. Inge Fürstin von Wrede-Lanz erklärt noch schnell, dass das ja mit Abstand die beste Münchner Veranstaltung des Abends sei. „Unsere Oper hat gerade wirklich Weltniveau!“ Wrede-Lanz kennt sich aus, sie ist als Adelsvertreterin oft zu Feiern geladen, auch bei weniger hochkulturellen Empfängen. So muss man den Empfang in der BMWWelt nennen. Hier werden von einem Querdenker-Club Awards verliehen – also schnell hin, wobei auf dem Weg an der Ampel vor dem Nordbad noch gerade Schauspielerin Billie Zöckler über die Straße hüpft. Bei BMW steht ein Sofa, auf dem die Querdenker Platz nehmen sollen, damit möglichst viele Fotografen möglichst viele Bilder für möglichst viele Magazine machen. Peter Maffay ist einer der Querdenker. „Ich verstehe ja nicht, warum ich diesen Preis bekomme. Hieße er Querschläger, dann schon eher.“ Kurze Erklärung, Herr Maffay, Preisverleihungen funktionieren so: Bekannte Leute werden ausgezeichnet, ebenso bekannte halten Laudationes. Alle kommen in die Zeitung, der Veranstalter erhält Aufmerksamkeit und verdient an den zahlenden Gästen, die einen Abend mit Maffay, Günther Jauch oder Ma- Chef der Stadtsparkasse München erhält Ohel-Jakob-Medaille in Gold Stationen eines Abends: In der Reithalle sind die „Human Brands“ an Hans-Dietrich Genscher und Schauspielerin Fritzi Haberland verliehen worden (die Preisträger mit Laudator Mario Adorf ganz oben, von rechts), in der Oper sind Peter Jonas, Nikolaus Bachler und Kirill Petrenko gefeiert worden (oben, von links), zu MCM ist Papis Loveday gekommen (unten links), zu Lipperts Verona Pooth (unten rechts), und zu den Querdenkern Peter Maffay, Maria Furtwängler und Günther Jauch (ganz unten, von links). FOTOS: R. HAAS (2), ST. RUMPF, DPA, API (2) In der Residenzstraße 7 wird nichts verliehen. Die Gäste kommen, weil es hier cool sein soll. Das Handtaschen-Label MCM lädt zur Pop-up-Store-Eröffnung. Abgefahren, Pop-up ist ja nur unwesentlich jünger als MCM, und die sich zwischen Regalen drängelnden Gäste sind so verkrampft individuell wie das Ambiente. Da nimmt man sich Bierdosen mit Totenkopfsymbol (damit es jeder versteht, wie lustig das ist, heißt das Getränk: Hell Yeah) aus einem Betonmischerkessel. Die Typen sind so unkonventionell gekleidet, dass sie alle aussehen wie Jerome Boateng (dicke Brille, ungebogenes Cap, Neonturnschuhe). Die Frauen hier reden nicht über Fellschals, sondern über Stoffe von Skinny-Jeans. Man isst süße Chips mit Basilikum und fühlt sich irre ungewöhnlich. Das hilft der Marke, die ja eher irre gewöhnlich ist, und den Leuten, die sagen können, auf einer Party gewesen sein, auf dem Pop-Model Papis Loveday einen Lederteddy geknutscht hat. Noch ein wenig irrer wird es im Rilano am Stachus. Hier feiert der Promifriseur Lippert die Eröffnung seines zweiten Ladens. Er setzt dafür auf Trash. Deshalb steht Verona Pooth auf der Bühne und spricht mit Wolfgang Lippert. Der erinnert ein wenig an Johan Botha, und Pooth spricht ein wenig so, wie Pieczonka gerade in der Oper singt. Ex-Spielerfrau Simone Ballack hält die Luft an, bis alle Fotografen ihre Bilder gemacht haben, PR-Mann Martin Krug legt stolz einen Arm um seine aktuelle Freundin, während die ehemalige, Verena Kerth, gelangweilt am Veuve-Clicquot nippt. Zwei junge Frauen tuscheln. „Warum feiern die hier eigentlich?“ Unwichtig. Man lässt sich berieseln von Frau Pooth, der ein Scherenkünstler (wie sinnig!) das Kleid zerschneidet. Dazu gibt es Lachstatar mit Wachtelei. Trash und Quatsch bringen auch immer mediale Aufmerksamkeit, und für das Seriöse ist noch Mick Jaggers Tochter Jade eingekauft worden. Schnell zurück zum Nationaltheater. Da wird es für Opernverhältnisse auch ein wenig irre. Um 21.30 Uhr knallt den Protagonisten der Applaus entgegen. ExIntendant Peter Jonas ruft Intendant Nikolaus Bachler nach der Vorstellung ein „Saugeil! Rattenscharf!“ entgegen und fällt ihm in die Arme, und Kirill Petrenko ist nach seinem ersten Dirigat von den Jubelstürmen so übermannt, dass er „ganz weiche Knie“ bekommt. Manche feiern die gelungene Aufführung im Königssaal, andere treten um 22 Uhr auf den Max-Joseph-Platz, blicken zwischen den Säulen auf die rot und gelb beleuchtete alte Hauptpost, über der die Spitze der Frauenkirche ragt. Von der MCMFeier wummert es herüber. Einige schauen einen Moment lang versonnen auf ihre Stadt, die mit der besonderen Mischung. Bekanntmachungen Öffentliche Pfänderversteigerung Im Paulaner am Nockherberg, Hochstraße 77 Mittwoch, 27. 11. 2013, ab 9.30 Uhr, Vorbes. ab 8.30 Uhr Alle bisher nicht eingelösten Pfänder bis Nr. 261 500 Versetzt bis 28. 5. 2013, letzter Einlösetermin, Donnerstag, 21. 11. 2013 Versteigerer Richard Kaufmann, Weinstraße 8, 82002 Rosenheim Vereidigter und öffentlich bestellter Versteigerer • Gold, Silber, Brillantschmuck, Uhren • Unterhaltungselektronik, Audio, Video, Hifi, Foto • Wertgegenstände und Artikel aller Art München – Harald Strötgen, Ende des Jahres aus dem Amt scheidender Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse München, bekommt Ende November von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) die Ohel-Jakob-Medaille in Gold verliehen. Strötgen wurde bereits am Dienstagabend bei seiner Abschiedsparty für sein kulturelles und soziales Engagement gewürdigt. Nun erhält er für sein „einzigartiges Engagement“ die höchste Auszeichnung der Israelitischen Kultusgemeinde, weil er sich für die Realisierung des Jüdischen Gemeindezentrums in München eingesetzt hat. „Ohne das couragierte und unermüdliche Eintreten Harald Strötgens für das Gelingen dieses Vorhabens, wäre es der jüdischen Gemeinde in München nicht möglich gewesen, ihre neue Heimat – wie vor ihrer Vertreibung – wieder im Herzen der Stadt zu errichten“, heißt es in der Pressemitteilung der IKG. „Wer Träume hat, braucht Menschen wie Harald Strötgen, die ohne zu zögern anpacken und helfen, damit Visionen wahr werden können“, sagt Charlotte Knobloch, Präsidentin der Kultusgemeinde über den Preisträger. Mit der Ohel-Jakob-Medaille ehrt die IKG Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Bisherige Träger der Ohel-Jakob-Medaille in Gold sind Christian Ude, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der ehemalige Bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein sowie der Verleger Hubert Burda. SZ Die Israelitische Kultusgemeinde München ehrt Harald Strötgen. FOTO: F. PELJAK LEUTE DES TAGES Musikerin spielt Musikerin: Gerade ist Birte Hanusrichter, Schauspielerin und Sängerin der Münchner Band Young Chinese Dogs, von ihrer Deutschlandtour zurück nach München gekehrt, und schon muss sie wieder als Sängerin auf die Bühne – und vor die Kamera. Sie übernimmt neben Claudia Michelsen die Hauptrolle bei dem ARD/Degeto-Film „Seitensprung“ und spielt dabei eine hochschwangere Sängerin. Florian und Jakob Faltenbacher haben am Donnerstag das Restaurant Kalypso in Schwabing wiedereröffnet. Die beiden Brüder haben ursprünglich als Diskothekenbetreiber begonnen und führen die Milchbar. Vor einigen Jahren kamen die griechischen Lokale Molos und das Cavos dazu – und nun die Taverna in der Agnesstraße 8, die in München seit mehr als 30 Jahren besteht. Lisiena Arifi, Sängerin aus München, ist unter die Models gegangen und präsentiert derzeit die aktuelle Winterkollektion von „Dear Goods“, einem Münchner Modeladen, der sich selbst als „tierfreundlich, menschenfreundlich und umweltfreundlich“ bezeichnet. Es war nicht das erste Shooting mit einer Münchner Musikerin, auch Singer-Songwriterin Theresa Chanson war schon mal „Dear Goods“-Model. „Hinter schöner Musik stecken meist faszinierende Menschen“, begründet Ladeninhaberin Nicole Noli diesen Schritt. SZ % ROLF BENZ C O L L E C T I O N UN GS ER TE AU SS TE LL STAR K RE DU ZI UW AR E ST ÜC KE UN D NE Haiterbacher Str. 104 / 9 72202 Nagold, Tel. 07452 / 931010 www.polstershop-nagold.de Rosenheimer Straße 46 81669 München 089/48 69 93 Nymphenburger Straße 176 80634 München 089/16 43 82 www.leihhaus-walther.de DIZdigital: Alle Alle Rechte Rechte vorbehalten vorbehalten –- Süddeutsche Süddeutsche Zeitung Zeitung GmbH, GmbH, München München DIZdigital: Jegliche Veröffentlichung Veröffentlichungund undnicht-private nicht-privateNutzung Nutzungexklusiv exklusivüber überwww.sz-content.de www.sz-content.de Jegliche emkerschbaumer SZ20131123S1953474