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Foto: edwinsmom/photocase 18 | management Überraschen mit Gefühl KUNDENSERVICE managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014 management | 19 Beraten, Kugelschreiber verschenken, Kaffee anbieten – das gilt vielerorts als Kundenservice. Doch kein Kunde lässt sich heute noch auf diese Weise beeindrucken. Wer seine Kunden wirklich erreichen möchte, muss sie überraschen: mit Herz, Verstand und Leidenschaft. Sabine Hübner und Carsten K. Rath mit einem Einblick in die Kunst der Service Excellence. Preview: $I„Hatten Sie eine angenehme Reise?“: Warum Small-Talk-Floskeln nichts mit Kundenfreundlichkeit zu tun haben $IVon der Basisqualität zur Service Excellence: Wo endet die Servicewüste? $IVom Recruiting bis zur Firmenphilosophie: Auf welchen Feldern der Service-Gedanke zu verweben ist $IStiefkind Stammkunde: Warum treue Kunden vernachlässigt werden – und sich mehr Service für sie besonders lohnt $IMit Herz und Verstand auf den Punkt: Beispiele für gelungenen Service $IGekonnt schenken: Brainstorming für Service-Ideen $IDifferenzierung des Selbst: Der Schlüssel für authentischen Service & Stellen Sie sich einen Pianisten vor: Er trägt saubere Kleidung und geputzte Schuhe. In ordentlicher Haltung sitzt er auf dem Klavierhocker. Er beherrscht die Technik des Tastenspiels. Beeindruckt Sie das? Natürlich nicht. Denn die formale, technische, rationale Seite muss beim Konzert- auftritt natürlich perfekt sein. Das ist die Basis. Doch überzeugt diese Basis nur, wenn sich durch sie hindurch noch etwas anderes ausdrückt: Hingabe, Leidenschaft, Gefühl und tiefe Humanität. Sonst ist die Performance nichts weiter als kalte Perfektion. Oder zugespitzt ausgedrückt: Professionalität ohne Herzlichkeit ist Arroganz. Genauso verhält es sich mit einer Kunst, die Unternehmen nicht hoch genug einschätzen können: dem Kundenservice. Auch hier gilt: Professionalität allein ist zu wenig. Mit einstudierter Höflichkeit und vorab definierten Prozessen der Kundenfreundlichkeit erreicht ein Unternehmen seine Kunden nicht. Das ist zu wenig. Denn: Service-Kultur ist kein Projekt, ServiceKultur ist eine Haltung. Neben der rationalen Seite gilt es, die emotionale, empathische Seite zum Einsatz zu bringen und sich im Umgang mit dem Kunden auf alte Tugenden zu besinnen: Herzlichkeit, Demut, Loyalität. Höfliche Floskeln haben nichts mit Kundenservice zu tun Versetzen Sie sich in die Rolle des Gastes an einer Hotelrezeption: Über die Standardfrage „Hatten Sie eine angenehme Anreise?“ werden Sie sich nicht von Herzen freuen. Heutzutage will der Gast nicht mehr verreisen, sondern ankommen. Und niemals hat jemand eine angenehme Anreise, irgendeinen Stressfaktor gibt es immer: Das Taxi war dreckig, das Flugzeug verspätet, die Bahn voll. Auch wenn in den Verhaltensrichtlinien eines Unternehmens steht, der Gast sei Den Beitrag gibt es auch zum Hören. Er kann unter www.managerSeminare.de/podcast als Audiodatei heruntergeladen werden. managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014 20 | management jederzeit mit Small Talk zu erheitern, ist das Herunterleiern abgegriffener Formeln nicht überzeugend. Es fehlt die echte Anteilnahme, der authentische, leidenschaftliche Zugang zum Kunden. Nur wenn Sie echte Leidenschaft für den Kunden entwickeln, wenn Sie und die Mitarbeiter Ihres Unternehmens ehrlich am Kunden und dessen Wohl interessiert sind, kann Ihr Unternehmen denjenigen Service-Level erreichen, den wir mit „Service Excellence“ bezeichnen. Service Excellence führt Sie in die Champions League der leistungsfähigsten Unternehmen. Sie ist der Faktor, der Ihrem Unternehmen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringt. Eine Studie, die das Beratungsunternehmen RichtigRichtig.com in Kooperation mit der Unternehmensberatung Kienbaum durchgeführt hat, brachte zutage: Fast 90 Prozent der Unternehmen messen dem Thema Service eine große Bedeutung für ihren geschäftlichen Erfolg bei. Gleichzeitig aber sagen fast 60 Prozent der Befragten: Die viel beklagte ServiceWüste lebt in Deutschland immer noch. Erst der überraschende Service führt raus aus der Wüste Wie kommt es zu diesem Auseinanderklaffen von dem Anspruch, selber einen guten Service zu liefern, und der erlebten Wirklichkeit der Servicewüste? Das wird klar, wenn man sich die verschiedenen Service- Qualitäten vor Augen führt, die in der Geschäftswelt existieren: 1. Basisqualität: Weniger geht nicht. Beraten, informieren, Beschwerden bearbeiten – das ist das Angebot eines jeden Unternehmens. Und nicht mehr als eine dünne Basis. Das ist Wüste. 2. Normalqualität: Beraten, informieren, Beschwerden bearbeiten plus einen Kaffee anbieten, zum Geburtstag gratulieren, kleine Geschenke überreichen – auch das ist nichts Besonderes, sondern etwas, das der Kunde inzwischen erwartet. Einfach, weil er es seit vielen Jahren gewöhnt ist, mit einem Getränk über Wartezeiten hinweggetröstet zu werden und sich an der Rezeption ein Gummibärchen nehmen zu dürfen. 3. Überraschungsqualität: Erst mit dem dritten Service-Level verlassen Sie die ServiceWüste und kommen in den Bereich des Zehn Stellschrauben für exzellenten Service Wer seine Kunden durch und durch überzeugend ansprechen will, muss die Gedanken von Kundenfreundlichkeit und Kundenservice auf zehn verschiedenen Feldern des Unternehmens verankern: 1. Philosophie: Die überzeugendste Service-Haltung ist bei Unternehmen zu finden, die von einer bestimmten Ambition angetrieben werden: dem Wunsch, die Welt besser zu machen, das Leben der Menschen glücklicher zu gestalten und ihre Kunden zu begeistern. Hinter dieser Ambition steht oft eine persönliche Geschichte des Unternehmensgründers. 2. Leadership: Exzellenter Service wird nicht erzielt, indem Prozesse gnadenlos optimiert werden und die Mitarbeiter hierzu an der kurzen Leine geführt werden. Im Gegenteil: Wer seinen Mitarbeitern Freiheit gibt und ihnen als Förderer und Berater zur Seite steht, lässt ihre Service-Haltung aufblühen. 3. Talentauswahl: Anders als es in der Bildungsdiskussion kolportiert wird, unterscheiden sich die besten von den mittelmäßigen Mitarbeitern nicht durch ihre Kompetenzen. Sondern durch ihre Haltung und ihre Empathiefähigkeit. Das Tellertragen lässt sich trainieren, Sympathie nicht. Die besten Unternehmen haben das erkannt und ihr Recruiting hierauf abgestellt. 4. Bildung: Erfolgreiche Leistungssportler wissen es: An der Spitze bleibt nur, wer täglich trainiert. Das gilt für die Mitarbeiter eines Unternehmens genau- so. Service Excellence lässt sich nur durch kontinuierliche gemeinsame Übung und Reflexion erreichen und aufrechterhalten. 5. Interaktion: Führungskräfte und Mitarbeiter schreiben meist lieber Kurznachrichten, statt miteinander zu sprechen. Das beschleunigt zwar viele Prozesse, doch entstehen so auch Missverständnisse. Manche Themen kommen gar nicht zur Sprache, und eine wichtige Quelle der Kreativität versiegt. Wichtig ist es, die persönliche Interaktion wieder mehr in den Vordergrund zu stellen – denn Service Excellence bedeutet einen exzellenten Umgang miteinander. 6. Wertschätzung: Jeder Mensch sehnt sich nach Wertschätzung und Zugehörigkeit. Exzellente Unternehmen feiern die Gemeinsamkeit und stärken so das Selbstbewusstsein jedes Einzelnen genau wie das des Teams. So entsteht eine große Loyalität, die sich positiv auf die Kommunikation auswirkt – nach innen wie nach außen. Quelle: Sabine Hübner, Carsten K. Rath: Das beste Anderssein ist Bessersein, Redline, München 2014. managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014 7. Entscheidungsfreiheit: Service braucht Spontaneität. Spontan können Mitarbeiter nur dann handeln, wenn sie die Freiheit haben, ihr Handeln selbst zu steuern. Dazu brauchen sie Entscheidungskompetenz und ein eigenes Budget. Der positive Effekt auf die Kunden ist so groß, dass sich derartige Investitionen lohnen. 8. Wachstum: Die besten Service-Unternehmen wissen, dass sie gut sind. Aber sie ruhen sich niemals auf ihren Lorbeeren aus. Stattdessen messen sie ihren Level an Exzellenz und steigern ihn nach Möglichkeit auch dann noch, wenn sie an der Spitze stehen. 9. Partizipation: Führungskräfte wissen nicht immer alles und sind keine Überväter. Im Gegenteil: Die besten Ergebnisse entstehen, wenn möglichst viele Meinungen gehört werden. Die besten Unternehmen haben Systeme eingerichtet, mit denen sie die Stimmen der Mitarbeiter und Kunden wirksam werden lassen. 10. Kundenloyalität: Die besten Unternehmen haben deshalb loyale Kunden, weil sie einerseits zwar wirtschaftlich denken und handeln, andererseits aber ungewöhnlich großzügig agieren, wenn es um Aufmerksamkeiten und Geschenke geht. management | 21 Besonderen und auf ein Feld, auf dem sich die meisten Unternehmen nicht mehr bewegen. Hier pflanzt der Baufinanzberater persönlich einen Apfelbaum vor dem Neubau des Kunden. Oder: Der Friseur schickt einen Mitarbeiter für den Kunden zur Post, während dieser unter der Trockenhaube sitzt. Hier wird der Kunde überrascht! 4. Service Excellence: Auf dem höchsten Service-Level ist der Kunde überwältigt von Ihrer Herzlichkeit. Hier überraschen Ihre Mitarbeiter aus eigenem Antrieb und von Herzen gerne Ihre Kunden mit sehr persönlichen Aktionen – und diese Aktionen haben gleichzeitig eine große, persönliche Bedeutung für den Kunden, das heißt: Sie sind nicht nur nice, sondern für den Kunden in diesem Augenblick tatsächlich relevant. Den Service-Gedanken im ganzen Unternehmen verweben Diese überragende Service-Qualität, die den Unterschied ausmacht, können Sie Ihren Mitarbeitern natürlich nicht von außen verordnen. Sie entsteht nicht auf Knopfdruck. Sie kann nur dann aufblühen, wenn der Service-Gedanke Ihr ganzes Unternehmen durchzieht. Im Einzelnen sind es zehn Bereiche und Felder, auf denen der Service mitgedacht werden muss (vgl. Kasten, links): So brauchen Sie eine auf den Kunden ausgerichtete Unternehmensphilosophie. Darüber hinaus sollten Ihre Führungskräfte und Mitarbeiter Ihr Unternehmen und seine Produkte so attraktiv finden, dass sie alles geben, nur um bei Ihnen und der gemeinsamen Sache dabei zu sein. Sie müssen also die richtigen Talente rekrutieren. Und Sie brauchen eine kommunikative und wertschätzende Kultur im Unternehmen – eine Kultur, die Entscheidungsfreiheit und Partizipation großschreibt. So können Sie wachsen, Sie werden immer besser – und das zieht Kunden an. Vor allem aber: Es lässt bestehende Kunden bei Ihnen bleiben. Die bestehenden Kunden, Kundenloyalität und Kundenbindung sind der Drehund Angelpunkt. Gleichzeitig sind die bestehenden Kunden einer der Aspekte, die am häufigsten vernachlässigt werden. Und das zieht sich durch alle zehn Felder, deren feines Zusammenspiel am Ende Service Excellence ergibt. Führungskräfte und Mitarbeiter reißen sich zwei Beine aus, um neue Kunden zu gewinnen. Aber sie tun wenig dafür, bereits gewonnene Kunden zu halten. Dem Beratungsunternehmen McKinsey zufolge gehen nur magere 12 Prozent der Vertriebskosten in die Stammkundenpflege, 33 Prozent werden in Werbung investiert und der größte Teil, nämlich 55 Prozent (!) fließt in die Neukundenakquise. Konkret für Energieversorger hat das Beratungsunternehmen Simon-Kucher herausgefunden: 78 Euro pro Kunde werden jährlich für die Neukundengewinnung ausgegeben, aber nur 35 Euro für Kundenbindungsmaßnahmen. Studien zeigen: Stammkunden sind Stiefkinder – zu Unrecht! Dabei ist es – auch das haben Studien ergeben – dreimal wahrscheinlicher, etwas an einen Stammkunden zu verkaufen als an einen Neukunden. Die Kosten für die Anwerbung eines neuen Kunden liegen etwa sechsmal höher als die Pflege von Stammkunden. Und wenn ein Stammkunde einem Unternehmen einmal den Rücken gekehrt hat, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er nicht mehr wiederkommt. Natürlich: Befeuert durch die große Transparenz, die durch das Internet entstanden ist, sind Kunden heute viel wechselbereiter als noch vor zehn Jahren. Jeder Besitzer eines gewöhnlichen Smartphones kann inzwischen innerhalb von Sekunden herausfinden, ob es das ersehnte Sofa oder die Reise nach Mallorca woanders günstiger gibt. Doch umso mehr gilt: Kümmern Sie sich um Ihre Kunden, damit sie trotz anderer Verlockungen loyal bleiben, statt zur Konkurrenz abzuziehen. Der Balanceakt besteht darin, den Kunden Wärme – ja: Liebe! – zu zeigen, ohne ihnen dabei auf die Nerven zu gehen. Am besten gelingt Ihnen das mit kleinen respektvollen Gesten, zum Beispiel: $ Seien Sie großzügig in Kleinigkeiten. Stellen Sie sich vor, Ihr Kunde hat eine Designerlampe für weit mehr als 1.000 Euro gekauft. Nach der Lieferung schenkt ihm Ihr Monteur die richtige Glühbirne dazu. Das passt! Würden Sie für diesen Service zusätzlich etwas berechnen, würde Ihr Kunde das kleinlich finden und vermutlich nicht noch einmal bei Ihnen bestellen. Das Gleiche gilt bei alltäglichen Einkäufen. Jeder Kunde hat wohl schon einmal sein Portemonnaie zu Hause liegen lassen – und das erst an der Kasse gemerkt. Exzellente Unternehmen erlauben es selbstverständlich, den Betrag später vorbeizubringen, und die Erfahrung zeigt, dass die allermeisten Kunden das auch ganz schnell tun. $ Drängeln Sie nicht. „Ich möchte Sie jetzt nicht beim Essen stören und komme gerne später noch einmal, um Ihr Ticket anzuschauen.“ Wer so einen serviceorientierten &mZhEdZE,DE / D,Z tK>>E͊ <ƵŶĚĞŶũĞĚĞŶdĂŐŶĞƵ njƵďĞŐĞŝƐƚĞƌŶ͕ůĂŶŐĨƌŝƐƟŐ njƵďŝŶĚĞŶƵŶĚ hŵƐĂƚnjƉŽƚĞŶƟĂůĞ ĂƵƐnjƵƐĐŚƂƉĨĞŶʹĚĂƐƐŝŶĚ ĚŝĞnjĞŶƚƌĂůĞŶ,ĞƌĂƵƐͲ ĨŽƌĚĞƌƵŶŐĞŶĨƺƌ /ŚƌhŶƚĞƌŶĞŚŵĞŶ͘ Z dh E'ΘtKZ <^, KW ^ ƵĞƌƵŶŐǀŽŶ ■ WůĂŶƵŶŐƵŶĚ^ƚĞ ĞŶ sĞƌćŶĚĞƌƵŶŐƐƉƌŽnjĞƐƐ ŝŵsĞƌƚƌŝĞď ŚǁćĐŚĞŶĂŶĂůLJƐĞ ■ ^ƚćƌŬĞŶͲƵŶĚ^Đ ĂŵWŽŝŶƚŽĨ^ĂůĞ tĞŝƚĞƌĞŶƚǁŝĐŬůƵŶŐĚĞƌ ŝĞŶƚŝĞƌƵŶŐ <ƵŶĚĞŶͲƵŶĚ^ĞƌǀŝĐĞŽƌ ■ ŽƌĂŶŐĞƐĂůĞƐ ďĞƌĂƚƵŶŐƐͲƵ͘ƚƌĂŝŶŝŶŐƐ'ŵď, tŝƌƐŝŶĚƵƐƐƚĞůůĞƌĂƵĨƵƌŽƉĂƐ ŐƌƂƘƚĞƌ&ĂĐŚŵĞƐƐĞĨƺƌWĞƌƐŽŶĂůͲ ŵĂŶĂŐĞŵĞŶƚ͘ĞƐƵĐŚĞŶ^ŝĞƵŶƐ͊ ϭϰ͘Ͳϭϲ͘KŬƚŽďĞƌϮϬϭϰ DĞƐƐĞ<ƂůŶͲ,ĂůůĞϮ͘Ϯ͘^ƚĂŶĚE͘Ϭϱ ■ ■ ŝŶĨŽΛŽƌĂŶŐĞƐĂůĞƐ͘ĚĞ ǁǁǁ͘ŽƌĂŶŐĞƐĂůĞƐ͘ĚĞ managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014 22 | management Schaffner erwischt, fährt gerne wieder mit der Bahn. $ Machen Sie den Kunden nicht zur Nummer. Viele Hotels organisieren den Frühstücksservice so, dass ihre Gäste beim Eintritt in den Restaurantbereich weder „Guten Morgen“ hören noch „Willkommen“, sondern lediglich ein gschnarrtes „Zimmernummer!?“. Wer so begrüßt wird, fühlt sich wie ein buchhalterischer Vorgang und zur Nummer degradiert. $ Verleihen Sie dem Kunden VIP-Status. In den USA stellen bereits einige Restaurants Schilder auf die Tische mit dem Hinweis „Schicken Sie dem Manager direkt eine SMS“, samt Telefonnummer. Dieser direkte Draht in die Chefetage gibt Gästen das Gefühl, „very important“ zu sein. Anbieter des Dienstes ist das Unternehmen „TalktotheManager“. Exzellenter Service kommt von Herzen – und trifft den Punkt $ Teilen Sie Freude. Für den Hörakustikermeister Lukas Schinko ist die Lebensqualität seiner Kunden eine Herzensangelegenheit. Der CEO von Neuroth sagt: „Mir wird immer in Erinnerung bleiben, wie ein Kunde mir begeistert berichtete, dass er jetzt wieder Vogelzwitschern hören kann. Er freute sich sehr. Und ich mich mit ihm!“ Genau das ist ein Moment of Truth für beide Seiten. Genau das ist unbezahlbare Service Excellence. Natürlich ist es der normale Job eines Hörakustikers, den Leuten besseres Hören zu ermöglichen. Zu etwas Besonderem aber wird das Ganze, wenn er sich darüber aufrichtig freut – und die Freude des Kunden zur eigenen Freude wird. $ Sehen Sie Kundenwünsche vorher. Es geht hier gar nicht immer um große Würfe, sondern vor allem um ganz kleine Gesten. Wir waren zum Beispiel sehr gerührt, als der Mitarbeiter eines schwedischen Möbelhauses uns spontan seine eigenen Süßigkeiten schenkte, als wir nach stundenlanger Optimierung unserer Büroeinrichtung kräftemäßig in die Knie gingen … Gerade das Schenken aber ist so eine Sache. Gute Geschenke kommen an. Aber was ist heute ein gutes Geschenk? Dankesbriefe und unpersönliche Kuschelcalls sind es jedenfalls nicht mehr – sie sind mittlerweile Standard und haben schon Nervensägenpotenzial entwickelt. Auch Werbegeschenke locken niemanden mehr Service Literaturtipps $Sabine Hübner, Carsten K. Rath: Das beste Anderssein ist Bessersein. Die Geheimnisse echter Service-Excellence. Redline, München 2014, 24,99 Euro. Neben vielen anschaulichen, oft selbst erlebten Beispielen für Service-Kultur zeichnet sich das Buch dadurch aus, dass es die komplexen Zusammenhänge vor Augen führt, mit denen Service entsteht. Von der Unternehmens- und Führungskultur über die Talentauswahl bis zur Idee der Partizipation schildert es, wo und wie der Service-Gedanke im Unternehmen Platz findet. $Anne M. Schüller: Customer Touchpoint Management – Den Kunden berühren. www.managerSeminare.de/MS175AR02 Ob Anzeige, Schaufenster, Blog oder Tweet: All das sind Berührungspunkte potenzieller Kunden mit einem Unternehmen – sogenannte Customer Touchpoints. Nur wer Menschen an den Touchpoints positiv zu berühren weiß, findet Käufer und Fans. Der Artikel schildert die zugehörige Strategie. $Andreas Buhr: Social Economy – So erreichen Sie den Kunden 3.0. www.managerSeminare.de/MS165AR02 Der heutige Kunde nutzt Social Media, Smartphone und Tablet PC und will da angesprochen werden, wo er sich aufhält – und das nicht nur räumlich, sondern auch in puncto Werte. Der Artikel benennt Wege, wie heutige Kunden zu gewinnen und zu begeistern sind. managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014 hinter dem Ofen hervor. Billige Streuartikel wie Plastikkugelschreiber, Schlüsselanhänger, Luftballons oder Bonbons landen sofort in der Mülltonne. Schade um den Aufwand! Gute Geschenke brauchen gute VorabFragen Bei Geschenken für die eigenen Kunden gilt es, sich ein bisschen mehr Gedanken zu machen und beim Brainstorming Überlegungen einzubeziehen wie: Gibt es einen Bezug zu unserem Unternehmen? Oder zum Markenimage? Ein billiger Kugelschreiber zum Beispiel ist austauschbar. Ein hochwertiges Lederetui als Verpackung für einen Kostenvoranschlag bleibt in Erinnerung. Bringt das Geschenk einen emotionalen Wow-Effekt? Ein lila Luftballon bringt ihn tendenziell nicht. Wenn im reparierten Auto des Kunden eine Praline wartet mit der Aufschrift „Wo warst du? Ich habe dich vermisst!“, könnte das ein Lächeln auf das Gesicht des Kunden zaubern angesichts seines sprechenden Autos. Ist das Geschenk für den Beschenkten relevant? Einen Wendegürtel für Herren braucht man als Dame nicht. Aber für das Smartphone ein mobiles Ladegerät, das ohne Steckdose auskommt, ist für Kunden, die viel unterwegs sind, durchaus eine schöne Idee. Zudem ist das richtige Timing für das ausgedachte Geschenk von Bedeutung. Ein Gutschein für eine Wellness-Massage passt, wenn der Hotelgast gestresst anreist und am Abend keine Termine mehr hat. Ein üppiger Blumenstrauß passt nicht, wenn der Gast am nächsten Tag mit dem Flugzeug weiterreisen muss. Neben dem Timing muss natürlich die rechtliche Seite stimmen. Für Ihr Unternehmen ist es durchaus relevant, ob Sie Geschenke als Betriebsausgabe absetzen können. Und für den Beschenkten spielt es eine erhebliche Rolle, ob sein Geschenk unter die Rubrik „Bestechungsversuch“ fallen könnte oder nicht. Also ersparen Sie sich die Erfahrung, die einer von uns schon machen musste: Laden Sie Ihren Kunden nicht in ein hochwertiges Restaurant ein – um dann erschrocken zuzusehen, wie dieser selber zahlt, damit er sich rechtlich nichts zuschulden kommen lässt. All das zeigt: Service Excellence heißt nicht immer mehr und auch nicht unbedingt teuer, sondern: ein Service, der liebevoll ist – und der genau auf den Punkt zielt. Und der zudem authentisch ist. Liebe zum Kunden bedeutet Offenheit, Zuneigung, Empathie. Sie bedeutet aber nicht, dass Sie nur „so tun als ob“, dass Sie gezwungen lächeln und management | 23 <hEEKZ/Ed/ZhE' WZͳ>ZE/E' sZD/dd>E Die Autoren sind Gründer der Management- und Unternehmensberatung RichtigRichtig.com. Die Autoren: Sabine Hübner steht als vielfach ausgezeichneter Keynote-Speaker – z.B. „Speaker of the Year 2012“ – vor allem für das Thema Service, zudem für Leadership-Kultur und Change. Sie ist mehrfache Buchautorin und Managementberaterin. Zu ihren Kunden zählen nationale und internationale Unternehmen. Kontakt: [email protected] Carsten K. Rath ist Gründer und CEO der Kameha Hotels & Resorts – sowie Berater, Vortragsredner und Hochschuldozent mit den Schwerpunkten Service Excellence und Leadership. Er erhielt etliche Auszeichnungen, darunter die Ehrung als „Arbeitgeber des Jahres 2012“ und den Innovationspreis der deutschen Tourismuswirtschaft. Kontakt: [email protected] ttt͘EhK͘ Der Key zur Authentizität heißt: Differenzierung des Selbst Konkret heißt das: Sie sind zwar Ihrem Kunden gegenüber empathisch, zerfließen aber nicht vor Mitgefühl. Sie handeln professionell, aber nicht perfektionistisch-automatenhaft. Sie lassen Nähe zu, lassen sich von Ihrem Kunden aber nicht komplett vereinnahmen. Sie wahren Autonomie, ohne aber Ihren Kunden vor den Kopf zu stoßen. Die Hintergründe dieses ausbalancierten Verhaltens hat der US-amerikanische Psychotherapeut Murray Bowen untersucht und dafür den Begriff der „Differenzierung des Selbst“ geprägt. Bowen zufolge hängen Menschen mit niedrigem Differenzierungsgrad sehr stark von der Akzeptanz anderer Menschen ab. So stark, dass sie im Konfliktfall ihre eigene Position nicht halten können und nachgeben. Nach dem Motto: Der Kunde hat immer recht. Oder, und das ist auch nicht besser: Sie versuchen, andere Menschen zu zwingen, so zu denken und zu handeln wie sie selbst. Im Kundenge- spräch ist auch diese Haltung keine gute Idee … Je niedriger der Differenzierungsgrad, umso schwerer fällt es einem Menschen, sein „Selbst“ zu zeigen und dazu zu stehen. Je höher aber die Fähigkeit zur Differenzierung ausgeprägt ist, desto leichter gelingt es, im Kontakt mit dem Kunden authentisch zu bleiben. Die eigenen Ecken und Kanten zu zeigen. Und seien sie noch so schrullig. Zugegeben: Das klingt erst einmal unprofessionell. Ist es aber nicht. Der Online-Händler Zappos macht genau das vor, wenn er von seinen Mitarbeitern fordert: Be weird! Übersetzt heißt das: Sei schräg! Die Schräglage verschafft Ihnen eine neue Perspektive auf Ihre Kunden. Also: Verlassen Sie im Geschäftsalltag immer mal Ihre gerade, korrekte Haltung. Binden Sie die Krawatte los, machen Sie sich locker. Nehmen Sie die Hände von der Tastatur, die Stöpsel aus dem Ohr und lassen Sie alle großen und kleinen Monitore, die Ihren Blick so gerne magnetisieren, außer Acht. Dann gelingt Ihnen etwas Wunderbares: Sie entdecken Ihr Gegenüber. Sie entdecken Ihren Kunden neu – und können sehen, was für ihn im Augenblick wirklich relevant ist. Aus einer authentischen Service-Haltung heraus machen Sie ihm eine echte Freude. Und Sie werden nie wieder fragen: „Hatten Sie eine angenehme Anreise?“ Sabine Hübner, Carsten K. Rath & Seminar gesucht? )RWR,PDJHVRXUFH Ihre wahren Gefühle verleugnen. Genauso wenig bedeutet Liebe zum Kunden, dass Sie alle Distanz fallen lassen. Die Kunst besteht darin, Emotion und Rationalität auszubalancieren – und außerdem auch, Intimität und Autonomie in Beziehung zu anderen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Mehr als 44.000 Seminare von über 1.300 Anbietern eingeteilt in 20 Rubriken Jetzt finden auf: Seminarmarkt.de Der Marktplatz für Mitarbeiter- und Führungskräftequalifizierung managerSeminare | Heft 199 | Oktober 2014