Mai 2001 | Jahrgang 3, Nr. 1
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Mai 2001 | Jahrgang 3, Nr. 1
BRÜCKEN BRÜCKEN ICTSD Zwischen Handel und Zukunftsfähiger Entwicklung INTERNATIONAL CENTRE FOR TRADE AND SUSTAINABLE DEVELOPMENT MAI 2001 Jahrgang 3 Nr. 1 Editorial In der Politik wie im “Leben” ist Mann/Frau vor Fallstricken und bösen Überraschungen nicht gefeit. So stürzte Al Gore über Auszählungsschwierigkeiten bei den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen Ende des vergangenen Jahres. Das Kyoto-Protokoll muß ohne eine amerikanische Unterschrift auf festen Grund gesetzt werden. Und die Frühjahrsausgabe von BRÜCKEN scheiterte an einem Knöchelbruch der Genfer Redakteurin der englischsprachigen Ausgabe BRIDGES. Wir wünschen ihr gute Besserung! Da bekanntlich der Wonne-Monat Mai “alles neu macht” startet die erste Ausgabe des Jahres 2001 deshalb umfangreich zum 1. Juni. Die nächste Ausgabe wird wieder wie üblich im Zweimonatsrhytmus erscheinen. Wir berichten dann ausführlich über die Klimakonferenz in Bonn. IN DIESER AUSGABE Doha: Runde oder keine ist hier nicht die Frage 3 NGOs auf dem Weg von Seattle nach Doha 6 Daumenschrauben werden weiter angezogen 7 Neue Phase der WTO-Dienstleistungsverhandlungen 8 Entwicklungsländer gewinnen Boden ... 12 Afrikanische Staaten machen zahlreiche Vorschläge für die zweite Phase der Agrarverhandlungen 14 WTO und PPMs: Zeit ein Tabu zu brechen 15 Streitschlichtungsecke 16 WTO-Nachrichten 18 Haltung der USA zur Klimawandel 22 Festbankett oder Hungersnot: Amerikanische Handelspolitik 2001 24 Südafrika's Patentprozeß könnte wesentliche Klärung der TRIPS-Regeln ankündigen 27 EU setzt mit Marktöffnungsangebot für LDCs Meilenstein in der Vertrauensbildung 29 Nicht stehlen, nicht faul sein und nicht Lügen 30 Der Vertrag über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 32 Herausgegeben von GERMANWATCH und ICTSD Asbest-Entscheidung betritt Neuland bei Bestimmung von gleichartigen Erzeugnissen In einer Zeichen setzenden Entscheidung bestätigte das WTOBerufungsgericht die Vereinbarkeit von Frankreichs Asbestverbot mit den GATT-Regeln. Gleichzeitig hob es auch die erste Gerichtsentscheidung auf, nach der bei der Bestimmung der „Gleichartigkeit” eines Produktes mit konkurrierenden Produkten eher seine Endanwendung als seine Charakteristika einschließlich der Toxizität unwesentlich sei. 1 1998 hatte Kanada das Verbot der französischen Regierung von 1996 für Herstellung, Verkauf und Einfuhr aller Arten von Asbest und Produkten, die diese enthalten, angefochten.2 Frankreich verteidigte die Massnahme auf der Grundlage, dass Asbest nachweislich ein Karzinogen sei, das nach Schätzungen allein in Frankreich jährlich 2000 Menschen töte. Kanada bestritt die Toxizität von Asbest nicht, hielt aber daran fest, dass Weißasbest (Chrysotil), die einzige in Frankreich und anderen EU-Ländern noch zugelassene Form von Asbest, bei korrekt kontrollierter Verwendung sicher sei und daher nicht vollständig verboten werden solle. Kanada unterstellte, das französische Asbestverbot sei eher ein Versuch, einheimische Hersteller von Asbest-Ersatzstoffen zu schützen als eine berechtigte Massnahme zum Schutz der Volksgesundheit. Nach der ersten Entscheidung des WTO- Schiedsgerichts vom letzten September hatte Kanada mit der Behauptung Recht, dass die Importbeschränkung die GATT-Artikel III.4 verletzt habe, der gleiche Behandlung von „gleichartigen Erzeugnissen” 3 vorsieht. Gleichzeitig nahm es die Massnahme aufgrund von GATT-Artikel XX(b) von dieser Verpflichtung aus, da dieser solche Beeinträchtigungen erlaubt, wenn sie notwendig sind, um die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zu schützen.4 Obgleich diese Gerichtsentscheidung die erste war, die verfügte, dass eine ansonsten mit dem GATT nicht vereinbare Massnahme aus Gründen der menschlichen Gesundheit eine Ausnahme rechtfertige, verursachte sie in Gesundheits- und Umweltkreisen ernste Bedenken. Die Beurteilung des Gerichts in Hinblick auf „gleichartige Erzeugnisse” missachtet die Tatsache, dass Asbest und Asbestfasern, anders als ihre Ersatzstoffe, potentiell lebensbedrohlich sind. Während Kanada versuchte, mit seiner Anfechtung die Billigung des Verbots durch das Gericht zu kippen, verlangten die europäischen Gemeinschaften, dass sie beibehalten und die BRÜCKEN LEIT ARTIKEL LEITARTIKEL Entscheidung bezüglich des GATTArtikels III.4 über „gleichartige Erzeugnisse” aufgehoben wird.5 Kanada hat auch die Entscheidung des ersten Gerichts angefochten, der französische Erlass sei nicht Gegenstand von Bestimmungen des TRIMS-Abkommen, das u. a. verlangt, dass Verbote auf den deskriptiven Charakteristika von Produkten und nicht auf ihrer Leistung basieren. Gesundheitsrisiko kann Gleichartigkeit festlegen Aus dem Blickwinkel einer nachhaltigen Entwicklung war die bedeutendste Entscheidung des Berufungsgerichts die Aufhebung des Gerichtsbeschlusses, Weißasbest und seine Ersatzstoffe seien „gleichartige Erzeugnisse”. Sie stimmte mit der EG darin überein, dass ein Gesundheitsrisiko bei der Festlegung, ob Produkte „gleichartig” seien und daher unter die Verpflichtung der Gleichbehandlung nach GATT-Artikel III.4 fallen, einen legitimen Faktor darstelle. Den ausschließlich marktzugangsorientierten Ansatz des Gerichts zurückweisend schrieb das Berufungsgericht: [Der] Nachweis, in welchem Ausmaß Produkte den gleichen Endanwendungszwecken dienen und in welchem Ausmaß Verbraucher bereit sind — oder wären — ein Produkt an Stelle eines anderen zu wählen, um diese Endanwendungszwecke zu erfüllen, ist ein höchst sachdienliches Indiz bei der Beurteilung der „Gleichartigkeit” dieser Produkte nach GATT-Artikel III.4 von 1994. Wir halten dies insbesondere in Fällen für gegeben, wo der Beweis in Bezug auf Eigenschaften begründet, dass die fraglichen Produkte physisch sehr verschieden sind. In solchen Fällen wird den klageführenden Mitgliedern eine höhere Auflage gemacht, um diesen Hinweis, dass Produkte nicht „gleichartig” seien, zu zerstreuen und zu begründen, dass trotz der erklärten physischen Unterschiede zwischen den Produkten eine solche Wettbewerbsbeziehung besteht, dass die Beweise in der Summe zeigen, dass die Produkte nach dem GATT-Artikel III.4 von 1994 „gleichartig” sind. In diesem Fall, wo eindeutig ist, dass die Fasern sehr unterschiedliche Eigenschaften haben und insbesondere weil erwiesen ist, dass Weißasbest ein Karzinogen ist, wird Kanada die sehr hohe Auflage gemacht, zu beweisen, dass Weißasbest und PZG-Fasern in einer solchen Wettbewerbsbeziehung miteinander stehen. (Hervorhebung vom Verfasser). Nach einer langwierigen Untersuchung der bei einer Analyse von „gleichartigen Produkten” zu berücksichtigenden Kriterien hat das Berufungsgericht: • das Urteil des Schiedsgerichts aufgehoben, es sei „nicht angemessen” gewesen, die von Weißasbest ausgehenden Gesundheitsgefahren bei der Untersuchung der „Gleichartigkeit” solcher Fasern und PZG-Fasern nach dem GATT-Artikel III.4 von 1994 zu berücksichtigen. Dies gelte auch für die nach dieser Bestimmung durchgeführte Untersuchung der „Gleichartigkeit” von auf Zement basierenden Produkten, die Weißasbestfasern oder PZG-Fasern enthalten; • das Urteil des Schiedsgerichts aufgehoben, dass Weißasbest und PZGFasern nach dem GATT-Artikel III.4 von 1994 „gleichartige Produkte” seien; • entschieden, dass Kanada seiner Auflage, zu beweisen, dass diese Fasern nach dieser Bestimmung „gleichartige Produkte” seien, nicht nachgekommen sei. Deshalb hat es das Urteil in Abschnitt 8.158 des Gerichtsberichts, die Massnahme sei mit dem GATT-Artikel III.4 von 1994 nicht vereinbar gewesen, aufgehoben (alle Hervorhebung vom Verfasser). Diese Urteile waren entscheidend und die Unterscheidung zwischen ansonsten ähnlich gefährlichen und ungefährlichen Produkten verschiebt die Beweislast vom Mitglied, das den Marktzugang aus Gesundheitsgründen einschränkt, auf das Mitglied, das diese Einschränkung anfechtet. Wenn ein Gericht festlegt, dass konkurrierende Produkte wegen eines signifikanten Unterschieds in Bezug auf die ihnen innewohnende Gefahr nicht „gleichartig” sind, dann hat die Auflage gemäß Artikel III.4, ihnen gleichwertigen Marktzugang einzuräumen, keine Gültigkeit mehr. Das überläßt es nun dem KläBrücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 2 ger, zu beweisen, dass tatsächlich keine solche Gesundheitsgefahr besteht und dass die angefochtene Massnahme nicht aus den allgemeinen GATT-Verpflichtungen ausgenommen werden sollte. Wissenschaft untermauert Ausnahme nach Artikel XX(b) In seiner Berufung hat Kanada versucht, Argumente dafür anzuführen: Es stimmte dem Urteil nicht zu, dass die Handhabung von Weißasbest-Zementprodukten eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstelle und deshalb in den Geltungsbereich von Artikel XX(b) falle. Dieser erlaubt den Mitgliedern, Massnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit zu ergreifen, selbst wenn diese mit anderen GATT-Bestimmungen nicht vereinbar sind. Das Berufungsgericht schrieb, es habe „Kanadas Berufung in diesem Punkt in Wahrheit als eine Klage gegen die Einschätzung des Gerichts in Bezug auf Glaubwürdigkeit und Gewicht, die dem ihm vorliegenden wissenschaftlichem Beweis zuzumessen sind,” betrachtet. Weiter merkte es an, dass alle vier konsultierten Wissenschaftler zustimmten, dass eine Gesundheitsgefahr bestehe, und der karzinogene Charakter von Weißasbestfasern seit 1977 von internationalen Gremien anerkannt werde einschließlich der Internationalen Behörde für Krebsforschung und der Weltgesundheitsorganisation. Daher entschied das Berufungsgericht, das erste Gericht „sei in seinem Urteil, dass WeißasbestZementprodukte eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen, hinreichend innerhalb seines Ermessens geblieben” und hielt am Beschluss fest, dass das Einfuhrverbot eine Schutzmaßnahme für Gesundheit oder Leben von Menschen im Sinne von Artikel XX(b) des GATT von 1994 sei. Um sich für eine Ausnahme nach Artikel XX(b) zu qualifizieren, müssen Massnahmen nicht nur so ausgelegt sein, dass sie die Gesundheit von Fortsetzung Seite 26 BRÜCKEN ICTSD-Editorial Doha: Runde oder keine Runde ist hier nicht die Frage Praktisch alle WTO-Mitglieder und ebenso viele Nichtregierungsakteure wollen Veränderungen im Kanon des Welthandels. Und obgleich die Änderungsvorschläge die ganze Skala umfassen, angefangen damit, WTO-Abkommen für Entwicklungsländer weniger strikt auszulegen bis hin zur Aushandlung einer breiten Palette neuer Liberalisierungsinstrumente und -verpflichtungen, gibt es doch kaum Stimmen, die für die Beibehaltung des Status Quo sprechen. Ob man für oder gegen eine „neue Handelsgesprächsrunde” ist, ist also weitgehend eine akademische Frage. bruch dieses vollkommen ergebnislosen Treffens führte. Mögliche Agenda-Bestandteile Welche Elemente für eine mögliche Agenda werden nun derzeit diskutiert? Schon in der Uruguay-Runde festgelegten Weiterverhandlungen, die von verschiedenen WTO-Abkommen verlangt werden. Dazu gehören insbesondere Landwirtschaft und Dienstleistungen, aber auch eine Überprüfung der Umsetzung umstrittenen Verhandlungsthemen gehört die Ausarbeitung neuer multilateraler Handelsregeln für E-Commerce, Investitions- und Wettbewerbspolitik. Noch umstrittener wäre die von der EU verlangte Klärung der Beziehung zwischen internationalem Handel und Umwelt. Diskussionen über Arbeitsnormen und Handelsregeln scheinen eher unwahrscheinlich. Umsetzungsforderungen Angeführt von Indien, Pakistan, Malaysia und Ägypten wollen die Entwicklungsländer Ungleichgewichte in beSpekulationen über neue Ob sie sich in eine „Runde” verpacken lassen stehenden WTO-Verträgen Verhandlungen verstärkten behandeln, und viele von ihoder nicht, jedes Mitglied hat Interessen, die sich, als im Januar 15 Länder nen bestehen darauf, dass Verhandlungen erfordern. verkündeten, dass sie eine hier — und nicht im Aufstelrasche Aufnahme einer neulen von Regeln in neuen Been Handelsgesprächsrunde reichen oder in weiteren befürwortet und den WTO Liberalisierungsmaßnahmen Generaldirektor Mike Moo— der Schwerpunkt der zure gebeten hätten, bis Juli Zustimmung des Abkommens über Handelsbezogene künftigen Arbeit in der WTO liegen sollfür eine breite Agenda solcher Verhand- Rechte an Geistigem Eigentum (TRIPS). te. Zumindest verlangen sie wesentliche lungen zu sammeln. Erwartungsgemäß Diese werden entweder in dem von den Fortschritte in der gerade stattfindenden waren EU, Japan, Korea und die Schweiz Mitgliedern vorgegebenen Rahmen dis- Umsetzungsüberprüfung, bevor sie die unter den Antragstellern, aber ebenso kutiert oder in einen größeren Rahmen Übernahme neuer Verpflichtungen in Beauch Argentinien, Australien, Brasilien, eingebunden, falls eine Einigung für ei- tracht ziehen wollen. Für diese Länder Ägypten, Südkorea, Mexiko und Nicara- nen solchen Rahmen gefunden werden ist eine spürbare Vorauszahlung in diegua. kann. sem Bereich — wie bereits vor der DohaMinisterkonferenz vereinbart — die unAnfang März einigten sich die WTO- Zweitens gehören dazu auch die Proble- abdingbare Voraussetzung für eine AufMitglieder auf inoffizielle Beratungen im me und Interessen der Entwicklungslän- nahme umfassender neuer VerhandlunAllgemeinen Rat, um eine Agenda für die der in Hinblick auf bestehende Abkom- gen, die, wie sie glauben, den Industrievierte WTO-Ministerkonferenz in Doha, men. In Doha werden sich die Minister ländern am meisten nutzen werden. Qatar, im November festzusetzen, dazu mit den Ergebnissen der Umsetzungsgehört auch die Erforschung einer mög- überprüfung befassen, die derzeit in der Trotzdem könnte das nachhaltige Fehlichen Einigung über den Rahmen einer WTO durchgeführt wird, und Empfeh- len substanzieller Resultate bei der Um„neuen Runde”. Zwar soll bis Juli breite lungen bezüglich weiterer Aktionen aus- setzungsüberprüfung EntwicklungslänZustimmung erreicht werden, informier- sprechen. Zu den wichtigsten Prioritä- der zu der Annahme bewegen, dass ohne te Quellen glauben jedoch, dass dieser ten der Entwicklungsländer zählen Än- Verhandlungen auf breiter Basis, die InProzeß bis mindestens September dau- derungen der Anti-Dumping-Regeln, dustrieländern Tauschgeschäfte in andeern wird. Wird bis dahin kein Konsens Ausnahmen in bezug auf TRIPS- und ren Bereichen anbieten, kein ausreichenüber die Inhalte zukünftiger Handels- Investitionsstrafen und die Abschaffung der Schwung zustande kommen wird, um gespräche gefunden, werden die Mitglie- von Einschränkungen im Textilhandel. ihre Forderungen nach Wiederausgleich der daraus vermutlich eher ableiten, dass zu erfüllen, seien sie noch so berechtigt. die Aufnahme einer neuen Runde eben Kürzungen der Industriezölle gehören zu Während seines Besuchs in Indien Andoch keine Option ist, statt noch einmal den anderen am wenigsten abgelehnten fang Januar wies der WTO-Generaldirekeine Ministerkonferenz à la Seattle zu ris- Elementen, die für zukünftige Verhand- tor Mike Moore darauf hin, dass es kieren, wo das vollständige Fehlen einer lungen, die dann vermutlich als „Runde” „naiv” wäre, zu glauben, alle Schwierigvorab getroffenen Übereinkunft über den gelten würden, vorgeschlagen wurden. keiten der Entwicklungsländer bei der Umfang neuer Verhandlungen für eine Umsetzung der Abkommen der Uruguayunmöglich durchführbare Agenda ver- Zu den selbst in Industrieländern eher Runde und alle „Ungerechtigkeiten, die antwortlich war und schließlich zum AbBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 3 BRÜCKEN ICTSD-Editorial sie erlitten haben” könnten getrennt voneinander betrachtet werden. Das ist natürlich auch der Glaubensatz der mächtigsten Befürworter neuer umfassender Verhandlungen, der EU und Japan. Obgleich beide sich bis jetzt weigern, vor der Doha-Konferenz größere Zugeständnisse oder eine „Vorauszahlung” zu machen, haben sie ihre Beratungen mit Entwicklungsländer vervielfacht, um diese davon zu überzeugen, dass Umsetzungsangelegenheiten nur im Rahmen neuer umfassender Verhandlungen, jetzt als „Entwicklungsrunde” bezeichnet, angemessen behandelt werden können. „Wir fühlen uns nicht im mindesten verpflichtet, eine Vorauszahlung zu leisten”, teilte der Europa-Kommissar Peter Carl nach einem Treffen mit hochrangigen Vertretern aus Entwicklungsländern Ende März der Presse mit. Statt dessen schlug er vor, „frühzeitig und eindeutig zu unterscheiden”, was ohne eine Änderung bestehender Abkommen vor der DohaKonferenz „machbar” sei und was als Teil breiterer Verhandlungen behandelt werden könne. In gleicher Weise betonte auch der stellvertretende japanische Außenminister Yoshiji Nogami, dass Umsetzungsforderungen, die „eine Änderung vereinbarter Instrumente” verlangten, nur durch Verhandlungen erreicht werden könnten. „Wie können wir sie ändern”, fragte er, „wenn die Länder, die eine Änderung verlangen, nicht bereit sind, an den Verhandlungen teilzunehmen?” Zu den wenigen konkreten Beispielen, die Japan und die EU anführten, um zu zeigen, was durch eine „Entwicklungsrunde” erreicht werden könnte, gehörten Vorschläge zu Verhandlungen über Anti-Dumping-Strafen und ähnliche Rechtsbehelfe in der Handelspolitik. Während der Umsetzungsüberprüfung gab es keinerlei Fortschritte bei den zahlreichen detaillierten Forderungen der Entwicklungsländer nach Änderungen in diesen Bereichen. Die EU räumt ein, interne Schwierigkeiten zu haben, dieses Thema innerhalb der Union zu behandeln, offizielle Vertreter sagten Ende Januar, es gebe eine „klare Akzeptanz”, dass handelspolitische Instrumente als Teil der Verhandlungen überprüft werden müssten. Handelskommissar Lamy wies die EULänder darauf hin, dass sie bereit sein müssten, auch in kritischen Bereichen wie Textilien und Landwirtschaft Konzessionen zu machen (die EU hat Produkten aus LDCs bereits zollfreien Marktzugang eingeräumt). Ungeachtet der Versprechen der EU und Japans auf mögliche Gewinne für Entwicklungsländer, wäre es doch eine Herausforderung die Entwicklungsrhetorik in eine sinnvolle Verhandlungsagenda zu übersetzen, besonders da die USA, wenn es um die Öffnung bestehender Abkommen oder Verpflichtungen für Überprüfungen geht, weiterhin sehr zurückhaltend, wenn nicht sogar unverhohlen feindselig reagiert. Investitions- und Wettbewerbspolitik Neue Flexibilität signalisiert Europa auch bei den umstrittenen „neuen Themen” Investitions- und Wettbewerbspolitik, die es früher als integralen Teil jeglicher zukünftiger Handelgespräche betrachtete (neben der EU und Japan unterstützen viele Industrieländer, aber auch einige Entwicklungsländer wie Chile und Costa Rica Verhandlungen in diesen Bereichen). Obgleich der Europäische Ministerrat der Idee noch keinen offiziellen Segen erteilt hat, forscht die Europäische Kommission bereit die Haltung von Entwicklungsländern gegenüber eines plurilateralen Ansatzes in der Investitions- und Wettbewerbspolitik aus; so könnten diese außerhalb der Verhandlungen bleiben und wären durch keine der daraus resultierenden Verpflichtungen gebunden. Frankreich lehnt diesen Ansatz nachdrücklich ab und bis jetzt zeichnet sich kein Umschwung in den Positionen der Entwicklungsländer ab, obwohl einige insgeheim einräumen, dass es leichter wäre, sich auf die Ausarbeitung multilateraler Regeln für Investitionspolitik zu einigen als auf solche für Wettbewerbspolitik. Auch die USA werden vermutlich ihren Widerstand gegen Gespräche über Wettbewerbspolitik beibehalten, hauptsächlich deshalb, weil dergestalt allzu leicht auch Anti-Dumping ein Thema werden könnte. Umwelt Ob eine neue Runde aufgenommen wird oder nicht, die bedeutendste Rolle bei den Agrarverhandlungen werden wahrBrücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 4 scheinlich Umweltangelegenheiten spielen. Umweltschutz ist eines der größten „nicht handelbezogenen Anliegen”, die, wie EU und ihre Partner argumentieren, als legitime Gründe für die Subventionierung von Agrarprodukten gelten. Die Agrarverhandlungen könnten sich auch mit Genehmigungsverfahren für gentechnisch veränderte Agrarprodukte und — weniger wahrscheinlich — mit dem Tierschutz befassen. Im Rahmen der Verhandlungen auf breiter Basis will die EU, dass die Mitglieder drei umweltbezogene Fragen abklären: die Beziehungen zwischen WTO-Regeln und den Regeln der multilateralen Umweltabkommen, den Einsatz von Kennzeichnungen zum Schutz von Umwelt und Verbraucher sowie die Anwendung des Vorsichtsprinzips. So bescheiden das klingen mag, wäre es doch schwierig andere Mitglieder davon zu überzeugen, diese Punkte auf die Tagesordnung zu setzen. Zum einen sind Entwicklungsländer gegenüber Verknüpfung zwischen Handels- und Umweltfragen wegen deren Potential für grünen Protektionismus und andere Marktzugangsbeschränkungen skeptisch. Zum anderen hat der WTO-Ausschuss für Handel und Umwelt die beiden ersten Fragen fünf Jahre lang ergebnislos diskutiert und das EU-Papier vom Februar 2000 über die Anwendung des Vorsichtsprinzips Fragen seitens der Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen aufgeworfen. Ob die USA Umweltbelange im Rahmen einer neuen WTO-Runde einbringen wird, darüber kann derzeit nur spekuliert werden, es wird jedoch weithin angenommen, dass die Regierung Bush zurückhaltend bleibt. Auf nationaler Ebene befürchten amerikanische Umweltaktivisten, dass Mandate zur Überprüfung von Handelsabkommen nicht ausgeführt werden. Im Dezember wurde ein Richtlinienkatalog für solche Überprüfungen herausgegeben und die scheidende amerikanische Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky sagte, dieser werde herangezogen, um die laufenden Agrar- und Dienstleistungsverhandlungen in der WTO zu bewerten. Die meisten Republikaner sind allerdings gegen umweltbezogene Überprüfungen — und ebenso gegen die Aufnahme von Umweltbestimmungen in Handelsabkommen — und die Richtlinien werden daher möglicherweise nicht umgesetzt. BRÜCKEN ICTSD-Editorial Arbeit Standpunkt der USA bleibt unklar Es scheint mehr als unsicher, dass die Verknüpfung von Handel und Arbeit, die zum Abbruch der Seattle-Ministerkonferenz beigetragen hat, im derzeitigen Kontext vom Tisch ist. Im Gegensatz zur Regierung Clinton ist das neue Team im weißen Haus generell gegen die Aufnahme von Arbeitsbestimmungen in Handelsabkommen, und derselbe Trend zeigt sich im Kongress. Der neue amerikanische Handelsrepräsentant Robert Zoellick hat den Einsatz von Handelssanktionen aufgrund von Arbeitsrechtsverletzungen kategorisch ausgeschlossen, und auch die EU hat erneut ihre Ablehnung bekräftigt. Vor der SeattleKonferenz scheiterte die EU dabei, Unterstützung für ein gemeinsames ständiges WTO-ILO Forum zur Untersuchung der Beziehung zwischen Handelsliberalisierung, Entwicklung und Grundarbeitsrechten zu sammeln. Derzeit befürwortet die EU ein getrenntes unabhängiges Forum, in dem Vertreter „zuständiger zwischenstaatlicher Organisationen”, darunter auch WTO und ILO, Arbeitsfragen und andere sozialpolitisch relevante Fragen in bezug auf den internationalen Handel untersuchen können. Vor der Doha-Ministerkonferenz kann noch ein Treffen organisiert werden, das jedoch eher ein einmaliges Ereignis bleiben als der Auftakt zu einem beständigeren Forum sein wird. Ganz allgemein wird viel von den Handelsprioritäten der Bush-Regierung abhängen. Bei seiner Bestätigung durch den Senat am 30. Januar sagte der USHandelsbeauftragte Robert Zoellick, die USA sollten ihre Führungsrolle bei der Gestaltung einer neuen Runde globaler Handelsgespräche erneut bekräftigen und gelobte, „zügig” darauf hinzuarbeiten, für Präsident Bush rasche Verhandlungsbefugnis zu erreichen. Zoellick und Lamy einigten sich am 9. März darauf, dass EU und USA „zusammenarbeiten” werden, um die Aufnahme einer neuen Runde in diesem Jahr sicherzustellen, und erklärten beide, sie fühlten sich „verpflichtet, das möglich zu machen”. Bisher allerdings sprechen die meisten Anzeichen für eine größere amerikanische Konzentration auf Belange innerhalb der eigenen Sphäre wie die Freihandelszone der beiden Amerikas und bilaterale Handelsgeschäfte. Die meisten WTO-Mitglieder sind weiterhin unsicher, wie sehr sich die USA dem Fortschritt in der multilateralen Arena tatsächlich verpflichtet fühlen. Außerdem werden sich die zentralen Aspekte der US-Handelspolitik kaum ändern. Weder bei Rechten an geistigem Eigentum noch bei Textilien kann mit neuer Flexibilität gerechnet werden. Und ebenso wie im Vorfeld der Seattle-Ministerkonferenz halten die USA weiterhin unbeirrt an ihrem Widerstand gegen eine Behandlung von Rechtsbehelfen in der Handelspolitik fest. Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 5 Zivilgesellschaft: „Die Offensive abblasen” Obgleich es aussieht, als mobilisiere man die Zivilgesellschaft gegen die DohaMinisterkonferenz nicht so sehr wie in der Zeit vor Seattle, haben 21 NRO eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der Befürworter einer neuen Runde aufgefordert worden, „ihre Offensive abzublasen”. In der Erklärung heißt es, insbesondere der EU-Vorschlag „verursache ernste Unstimmigkeiten und destabilisiere das multilaterale Handelssystem”. Die Gruppen sind dagegen, Investitionen, Wettbewerbspolitik oder Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen in die WTO einzubringen, auch nicht auf einer plurilateralen Ebene, da hier „Verhandlungen über diese Fragen besonders katastrophal für die Menschen in Entwicklungsländern wären, weil sie dadurch alle Entwicklungschancen verlören”. Die Unterzeichnerstaaten rügten den WTOGeneralsekretär Mike Moore dafür, dass er sich „aktiv für eine neue Runde einsetzte”, als die Mehrheit der Mitglieder gegen eine solche war. Obwohl die Erklärung die Regierungen auffordert, eine neue Runde abzulehnen, schließt sie nicht die Tür zu allen neuen Verhandlungen. So fordern die Organisationen beispielsweise Änderungen des TRIPS-, TRIMSund Agrarabkommens, einschließlich der Abtrennung des gesamten TRIPS-Abkommens von der WTO. Darauf, so erklären sie, „sollte in den kommenden Jahren der Schwerpunkt bei WTO-Gesprächen liegen”. BRÜCKEN AR KOMMENT OMMENTAR NGOs auf dem W eg von Seattle nach Doha: Weg Getrennt kämpfen - vereint siegen? von Markus Krajewski, Germanwatch und AG Handel des Forums Umwelt und Entwicklung Die vierte Ministerkonferenz der WTO in Doha/Qatar wirft ihre Schatten voraus: Während Protagonisten wie Pascal Lamy und Mike Moore Land auf Land ab verkünden, daß in Doha unbedingt eine neue multilaterale Handelsrunde lanciert werden muß, formiert sich der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen die Ministertagung. Dabei wird Doha kaum ein zweites Seattle werden: Es gibt dort nur wenige Unterkünfte, maximal vier Vertreter pro akkreditierter NGO werden zugelassen und wer nicht akkreditiert ist, wird auch kein Visum erhalten. Es sieht daher ganz danach aus, als würde die Ministertagung in Doha ungestört ablaufen können und - wenn sich die WTOMitglieder darauf einigen können - eine neue Handelsrunde ausrufen. Um eine neue Runde und einen PR-Sieg der WTO zu verhindern, trafen sich Ende April NGO-VertreterInnen aus dem kritischen Spektrum zu einem europäischen Strategietreffen südlich von London. Zusammengeschlossen im sog. „Seattle to Brussels“-Netzwerk eint diese verschiedenen Nord/Süd-, Umwelt-, Menschenrechts-, und alternativen Agrargruppen ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Civil Society Dialog der EU-Kommission. Die EU-Institutionen werden nicht als Partner sondern als Ziele von LobbyArbeit und politischen Angriffen angesehen. Viele der „Seattle to Brussels“ Gruppen sind zugleich Unterzeichner der “Shrink or Sink”-Erklärung, in der eine Beschränkung der WTO-Zuständigkeiten und die Entwicklung eines nachhaltigen, sozial gerechten und demokratisch legitimierten internationalen Handelsregime gefordert wird (siehe: http:www.citizen.org/tpctrade/gattwto/ shrinskink/shrinksink.htm) Entsprechend waren sich alle Gruppen auf dem Treffen auch in der Ablehnung einer neuen Runde völlig einig. Diskutiert wurde, wie die zivilgesellschaftliche Opposition zur WTO und die Ablehnung von Handelsliberalisierungen anläßlich der Ministerkonferenz am effektivsten artikuliert werden kann. Die meisten europäischen Gruppen spekulieren nicht darauf, in Doha besonders zahlreich prä- sent zu sein, sondern bereiten sich auf eine Vielzahl dezentraler Ereignisse vor. Einige Gruppen planen Aktionen in ihren nationalen Hauptstädten kurz vor der Ministerkonferenz, andere einen “Gegengipfel” in einer größeren arabischen Stadt und viele konzentrieren sich auf weitergehende inhaltliche Arbeit u. a. betreffend der bereits laufenden Dienstleistungsund Agrarverhandlungen. Gerade in mittelund osteuropäischen Ländern, berichteten VertreterInnen von dort, sei noch viel Aufklärungs- und Informationsarbeit nötig. Die meisten Gruppen planen ihre Aktivitäten und Kampagnen außerdem weit über die Ministerkonferenz hinaus. Allen ist klar, daß unabhängig vom Ausgang der Konferenz die “builtin” Verhandlungen im GATS, im Agrarsektor und im TRIPs-Bereich weitergehen werden und die WTO auch außerhalb der Verhandlungen, z. B. im Falle bestimmter Streitschlichtungsentscheidungen, weiterhin im Kreuzfeuer der Kritik stehen wird. Um trotz einer Vielzahl dezentraler Aktivitäten gemeinsame Stoßkraft zu entfalten, wurde verabredet, sich besser untereinander zu koordinieren und zu vernetzten. Auf diese Weise wird gewährleistet, daß Aktivitäten bekannt gemacht und aufeinander abgestimmt werden. Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 6 Das “Seattle to Brussels” Netzwerk will sich auch verstärkt nach aussen präsentieren. Daher ist es sicher nicht ganz falsch, die Strategie der europäischen NGOs unter dem Motto “Getrennt kämpfen - vereint siegen” zusammenzufassen. BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Daumenschrauben werden weiter angezogen: Wo und wie sollen Umsetzungsfragen behandelt werden? wirkungsvolle Beteiligung der Entwicklungsländer sicherzustellen. · Zollbewertung: Der Ausschuss für Zollbewertung wird aufgefordert, die Untersuchungen der Forderungen einzelner Entwicklungsländer hinsichtlich einer Verlängerung ihrer Einhaltungsfristen weiterzuführen. · Herkunftsbestimmungen: Die Arbeit an der Harmonisierung der Herkunftsbestimmungen, die spätestens bis Ende 2001 fertig gestellt werden soll, soll beschleunigt werden. Zu den „Umsetzungsproblemen” gehöSubventionen und Vergeltungsren zahlreiche Probleme, die nach Über- In der Endfassung der dreiseitigen Ent- · zeugung der Entwicklungsländer auf Un- scheidung wurden alle diese Abschnitte maßnahmen: Honduras soll in die Liste gleichheiten in den bestehenden und die weggelassen und andere so entschei- der Länder aufgenommen werden, die ihre Industrieländer massiv bevorzugenden dend gekürzt und abgeschwächt, dass Industriegüterexporte subventionieren Abkommen basieren. Sie verlangen zum der Indische Botschafter Srinivasan dürfen, d. h. Länder mit einem Pro-KopfBSP von weniger als US$ 1000. Beispiel zugunsten der EntwickDazu soll der Ausschuss „als lungsländer die verbindliche Festwichtigen Teil seiner Arbeit die schreibung von „best endeavour”Möglichkeiten für WettbewerbsfäKlauseln, die vorschreiben, sich higkeit im Exportbereich über ei„nach Kräften zu bemühen” und Die meisten Entwicklungsländer nen Zeitraum von mehr als zwei bis jetzt entweder ignoriert oder knüpfen die Aufnahme einer neuen Jahren untersuchen” sowie „Franur teilweise umgesetzt wurden. Verhandlungsrunde an die Lösung von gen zu den gesamtwirtschaftlichen Die Forderungen umfassen auch Umsetzungsproblemen. und allgemeinen Beurteilungen eineue Ausnahmen und Verlängenes Erlasses der Importzölle und rungen für Einhaltungsfristen eider Definition von ‚Einsätzen, die niger der Schlüsselabkommen. beim Produktionsprozess verSie argumentieren, sie hätten während Narayanan sie als „noch unter meinen braucht werden’”. der Uruguay-Runde schwere neue Ver- niedrigsten Erwartungen” bezeichnete. Erneuerte Forderungen treffen auf pflichtungen übernommen — beispiels- Die konkrete Aktion, die das Papier ver„Totenstille” weise beim Einsatz von spricht, läuft schließlich auf folgende Agrarsubventionen, Schutz der Rechte Punkte hinaus: Um die Umsetzungsüberprüfung wiederan geistigem Eigentum und dem Abbau Landwirtschaft: Mitglieder sollen aufzunehmen, wurde im Februar eine von Investitionsbeschränkungen — un- · ter der Voraussetzung, dass sie von den bei der Administration von Zollsatz- neue Liste mit den ausstehenden FordeHandelsliberalisierung im Agrar- und quoten (administration of tariff rate rungen der Entwicklungsländer in Um Textilsektor wesentlich profitieren könn- quotas) und den Mitteilungsrichtlinien lauf gebracht. Anders als die Dezemberten. Nicht nur haben sich keine der ver- und -verfahren für Kontingentverteilung Entscheidung schloss dieses Dokument sprochenen Vorteile eingestellt, de facto für mehr Transparenz sorgen. Zusätzlich alle Änderungsforderungen für bestesteigen die Agrarsubventionen in den soll der Agrarausschuss „alle potentiel- hende Abkommen ein, darunter Rechte Industrieländern sogar beträchtlich an len Mittel zur Verbesserung der Umset- an geistigem Eigentum, Anti-Dumping und der Handel mit den kommerziell in- zung der Entscheidung über und Textilien. teressantesten Textilprodukten bleibt Massnahmen hinsichtlich der Möglichen Mit diesen neu formulierten Inhalten traweiterhin beschränkt. Mittlerweile, so Negativen Auswirkungen des Reform- fen sich die WTO-Mitglieder am 16. März behaupten sie, seien die nationalen Ent- plans auf LDCs und alle Entwicklungs- zu einer Sitzung des Allgemeinen Rats, wicklungsprojekte der Entwicklungslän- länder, die Netto-Importeure von Nah- um über die zukünftige Vorgehensweise zu beraten. Rasch stellte sich heraus, dass der durch Verpflichtungen aus WTO- rungsmitteln sind, untersuchen”. · Gesundheits- und Pflanzen- es mehr brauchen würde, als den RahAbkommen gefährdet. gesundheitsnormen und technische men der Überprüfung neu festzulegen, Handelsschranken: Normenfestlegende um konkrete Aktionen zum Thema UmDezember-Entscheidung: „Unter den setzungsfragen ins Rollen zu bringen. Organisationen sind aufgefordert, die niedrigsten Erwartungen” Stuart Harbinson, der Vorsitzende des AllDie im Dezember verabschiedete Entscheidung war schwächer als selbst der Als der Allgemeine Rat der WTO am 15. Dezember 2000 eine Entscheidung über umsetzungsbezogene Fragen und Probleme verabschiedete, meinten die meisten der Handelsfunktionäre aus Entwicklungsländern, das beste an dieser Entscheidung sei der letzte Absatz, der eine Weiterführung der Umsetzungsüberprüfung bis zur vierten WTO-Ministerkonferenz vom 9.-13. November in Doha, Qatar, vorsieht. Entscheidungsentwurf von Ende November und wurde von Entwicklungsländern verurteilt, weil deren Belange darinnicht ausreichend anerkannt werden. Zwar verpflichtete auch der Entwurf die Mitglieder zu kaum mehr, als einige der zahlreichen Forderungen „zu erwägen”, „zu erkunden” oder „mit äußerster Vorsicht zu untersuchen”, aber wenigstens enthielt er Abschnitte, die auf Schlüsselbereiche wie Anti-Dumping und Textilien eingingen. Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 7 BRÜCKEN WTO-NACHRICHTEN gemeinen Rats, berichtete, dass informelle Beratungen wenig Hoffnung auf „rasche Fortschritte” in den Bereichen Agrarsubventionen, mildere Anwendung der Gesundheits- und Pflanzengesundheitsnormen TRIPS-Verpflichtungen bei Patenten haben aufkommen lassen. Auf der Sondersitzung im März hörten Mitglieder aus Industrieländern unbeteiligt zu — nicht eines ergriff das Wort — während die Delegierten zahlreicher Entwicklungsländer die Bedeutung betonten, die sie dem Erreichen konkreter Resultate beimessen. Zu den am häufigsten genannten Forderungen gehört die Verlängerung der Einhaltungsfrist für die Regeln bezüglich geistigen Eigentums, mit besonderer Betonung auf der Patentierung von pharmazeutischen Produkten und Pflanzen, sowie die Notwendigkeit einer Reform der Anti-Dumping-Praktiken und -Beschränkungen in der Textilbranche. Achtung: Keine neue Runde ohne vorherige Zugeständnisse Mit Blick auf die bisherigen unbedeutenden Fortschritte wendet sich die Spekulation unweigerlich der Möglichkeit zu, diese Probleme im Rahmen breiterer Verhandlungen, die Anreize für Tauschgeschäfte bieten, zu behandeln. Trotz intensiver Klagen aus der EU und Japan lehnen die meisten Entwicklungsländer (Südafrika, Costa Rica, Chile und Singapur sind hier besonders zu erwäh- nen) neue Verhandlungen auf einer breiteren Basis weiterhin ab. Bei dem Treffen im März warnten Schlüsselakteure wie Indien, Ägypten, Pakistan und Malaysia, dass sie alle Versuche, in Doha eine „Runde” in die Tat umzusetzen, blokkieren würden, wenn ausstehende Umsetzungsprobleme nicht vor Festlegung der Tagesordnung für die Ministerkonferenz gelöst werden. Derzeit sind Industrieländer eindeutig zu keiner substanziellen Debatte bereit. Obgleich es bei manchen der weniger umstrittenen Fragen in den nächsten Wochen einige Fortschritte geben könnte, scheinen größere Zugeständnisse vor Juli unwahrscheinlich, wenn die WTOMitglieder entscheiden werden, ob die Aufnahme neuer Verhandlung betrieben werden soll. Neue Phase der WTO-Dienstleistungsverhandlungen Ein Gastbeitrag von Ulrich Müller Die Verhandlungen im Rahmen des General Agreement on Trade in Services (GATS) gehen in die zweite Phase: vom 28. bis 30. März fand das sogenannte „Stock Taking“ des Dienstleistungsrates statt. Dabei wurde der bisherige Verhandlungsverlauf bewertet und die Verhandlungsrichtlinien für die konkreten Marktzugangsverhandlungen festgelegt. Begonnen hatten die Verhandlungen im Februar 2000 in Genf. Im Fokus standen zunächst die allgemeinen GATS-Regeln und die Ausarbeitung der Regeln für die jetzt beginnenden sektorspezifischen Verhandlungen. Grundlage für diese Einteilung in zwei Phasen ist der Positivlistenansatz (bottom-up) des GATS: die einzelnen Länder gewähren freien Marktzugang und die Gleichbehandlung mit nationalen Unternehmen (Inländerbehandlung) nur für die Sektoren, die sie explizit in ihre Länderlisten aufnehmen. Verhandlungsrichtlinien verabschiedet Bei den Verhandlungsrichtlinien haben sich die Entwicklungsländer an vielen Punkten durchgesetzt. Sie haben durch ihr abgestimmtes Vorgehen erstmals ihren potentiellen Einfluß auf die GATSVerhandlungen deutlich gemacht. Die endgültige Fassung der Richtlinien hebt an mehreren Stellen die besondere Flexibilität für die Entwicklungsländer hervor. Der Dienstleistungsrat solle auf die Implementation von Art. IV zur stärkeren Beteiligung der Entwicklungsländer am Dienstleistungshandel achten. Am Ende der Verhandlungen soll dies evaluiert werden. Die Richtlinien weisen besonders auf die Bedürfnisse kleiner Unternehmen hin; die praktische Umsetzung dieser Formulierung ist aber offen. Ausgangspunkt der Verhandlungen sind die bisher eingegangen Verpflichtungen, nicht die tatsächliche Marktöffnung in der Praxis, die oft weiter geht. Autonome Liberalisierungen einzelner Länder seit der Uruguay-Runde sollen ihnen nach gemeinsam zu entwickelnden Kriterien gut geschrieben werden. Die Verhandlungen sollen vor allem sektorweise nach dem Request-offerAnsatz geführt werden. Andere Verhandlungsmittel wie Cluster, die mehrere Sektoren bündeln, bleiben aber möglich. Kein Sektor wird von vornherein von den Verhandlungen ausgenommen; dies hatten Nichtregierungsorganisationen (NRO) für grundlegende öffentliche Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit oder Wasser verlangt. Nicht aufgenommen – trotz Forderung der USAwurde eine Standstill-Klausel für die Dauer der Verhandlungen. Die Industrieländer sind mit den Richtlinien und ihrem Aushandlungsprozeß nicht zufrieden. Stimmen aus der EUBrücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 8 Kommission stellen nun die praktische Relevanz der Richtlinien in Frage und sprechen davon, daß es mehr um Vertrauensbildung gegangen sei. Analyse des Dienstleistungshandels verschoben GATS fordert vor jeder neuen Verhandlungrunde eigentlich eine Analyse des Dienstleistungshandel und der Auswirkungen der Liberalisierung. Dies ist bis jetzt nicht erfolgt und soll nach den beschlossenen Verhandlungsrichtlinien nur begleitend durchgeführt werden. Allerdings wäre eine solche Abschätzung dringend nötig. So zeigt ein neues argentinisches Papier, daß der Anteil der Entwicklungsländer am internationalen Dienstleistungshandel stagniert (Assessment of Trade in Services: the Participation of Developing Countries. S/ CSS/W/44, 29.1.2001). Der Anteil der 17 führenden Entwicklungsländer sank seit dem Ende der Uruguay-Runde 1994 leicht von 17,75 % auf 17,37 % im Jahre 1999. Der Dienstleistungshandel der Entwicklungsländer konzentriert sich auf die Bereiche Reisen und Transport. Der Anteil dieser Sektoren am gesamten Handel geht allerdings zurück. Zu den 17 Entwicklungsländern gehören u.a. Ägypten, Argentinien, Brasilien, China, Indien, Mexiko und Thailand. BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Ökologische Folgenabschätzung erst in den Anfängen Weitgehend ungeklärt sind bislang auch die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Dienstleistungsliberalisierung. Erst in letzter Zeit kommt etwas Bewegung in diesen Bereich. So hat sich die OECD des Themas angenommen und erste Vorüberlegungen dazu veröffentlicht (Services Trade Liberalization: Assessing the Environmental Effects. 2000). Die OECD unterscheidet zwischen Dienstleistungen, bei denen einzelne Anlagen allein einen großen negativen Effekt auf die Umwelt haben, und Dienstleistungen, die in ihrer Gesamtheit kumulativ problematisch sind. Zu den erstgenannten „Smokestack Services“ (Schornstein-Dienstleistungen) gehören Energieversorgung, Kurierdienstleistungen, Fluglinien und Krankenhäuser. Bei den kumulativen Dienstleistungen nennt die OECD u.a. Tankstellen, Fastfood-Ketten oder Hotels. Die OECD führt eine Vielzahl direkter und indirekter ökologischer Effekte an, sowohl positiver als auch negativer Art. Dazu zählen Ressourcenverbrauch, Luftverschmutzung oder Kontamination durch Chemikalien. In Vorträgen redet die OECD leider undifferenzierter von WinWin-Situationen als in ihren ersten Dokumenten. Der WWF hat ein Diskussionspapier zu den Auswirkungen der Liberalisierung im Tourismussektor am Beispiel der Türkei vorgelegt (Preliminary Assessment of the Environmental & Social Effects of Liberalisation in Tourism Services. February 2001). Liberalisierung kann danach positive und negative Effekte haben, abhängig von der vorhandenen Infrastruktur, den Regulierungen und Institutionen. WWF betont, daß das Diskussionspapier nur eine vorläufige Analyse sein kann, da bisher zu wenig Forschung und Daten vorliegen. Auch das deutsche Forum Umwelt und Entwicklung arbeitet zusammen mit dem Center for International Environmental Law an diesem Thema und wird demnächst eine (kurze) Studie vorlegen. Verhandlungen über einzelne Sektoren beginnt Ungeachtet der fehlenden Folgenabschätzung beginnen im Mai die konkreten Liberalisierungsverhandlungen. Vom 14. bis 18. Mai 2001 trifft sich der Dienstleistungsrat zur ersten von drei Sondersitzungen, die für dieses Jahr dazu angesetzt sind. Der genaue Ablauf der Verhandlungen ist noch unklar. Vermutlich gibt es zunächst einen offenen Austausch über alle bisher vorliegenden Verhandlungsvorschläge. Spezielle Verhandlungsrunden zu einzelnen Sektoren wird es erst später geben. Es gibt inzwischen eine große Anzahl von Vorlagen zu einzelnen Sektoren, u.a. zu, Finanzdienstleistungen, Handel, Vertrieb, Tourismus und Energie- und Umweltdienstleistungen. Die meisten Vorlagen stammen bislang von Industrieländern, v.a. Australien, EU, Kanada und USA. Sie finden sich alle auf der WTOWebseite (www.wto.org/english/ ratop_e/serv_e/s_propnewnegs_e.htm). Kontroverse um Bildung, Gesundheit und Wasser Zu den besonders kontroversen Themen gehört die Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen. In den letzten Monaten wurde international diskutiert, ob öffentliche Dienstleistungen vom GATS erfaßt werden oder nicht. GATS nimmt nach Art. I.3 staatliche Dienstleistungen nur aus, wenn sie nicht auf kommerzieller Basis und nicht im Wettbewerb zu anderen Anbietern geleistet werden. Für viele öffentliche Dienstleistungen, z.B. im Gesundheits- oder Bildungssystem, gilt dies bereits nicht mehr. Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen sind bereits in der GATS-Klassifikation. Angesichts dieser Tatsache und der offensichtlichen Liberalisierungsinteressen bei Gesundheit und Bildung, kann man nicht von einer wirkungsvollen Ausnahmeregel ausgehen. Zu Bildung und Gesundheit hat wegen der Brisanz noch kein Staat einen richtigen Verhandlungsvorschlag vorgelegt. Nur die USA haben ein Dokument zu höherer Bildung erarbeitet, das mögliche Handelshemmnisse im Bildungsbereich aufzählt (Communication from the United States. Higher (Tertiary) Education, Adult Education, and Training. S/CSS/ W/23, 18.12.2000). Genannt werden u.a. fehlender Marktzugang, schleppende Zulassung, verpflichtende Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und undurchsichtige Subventionen. Das US-Papier liefert so Indizien für mögliche Verhandlungsfelder. Bildung- und Gesundheitssyteme könnten zudem durch neue Regeln für staatliche Regulierung unter Druck geraten (s. unten). Die Liberalisierung der WasserversorBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 9 gung als weiterer Basisdienstleistung wird besonders von der EU und den europäischen Wasserkonzernen wie Suez vorangetrieben. Die EU möchte die Wasserversorgung in einer neuen Klassifikation der Umweltdienstleistungen unterbringen. NROs wehren sich vehement gegen diese Pläne und fordern, daß Wasser ganz aus GATS ausgeklammert wird. Debatte um „GATS-Visa“ Indien hat einen horizontalen Vorschlag zu Mode 4 vorgelegt (Communication from India. Proposed Liberalisation of Movement of Professionals under General Agreement on Trade in Services (GATS). S/CSS/W/12, 24.11.2000). Mode 4 ist die Erbringung von Dienstleistungen durch temporäre Grenzüberschreitung natürlicher Personen, z.B. Baudienstleistungen oder medizinische Pflege durch ausländische ArbeiterInnen. Indien fordert in seinem Papier die Erleichterung dieser temporären Arbeitsmigration und regt die Schaffung von “GATS-Visa” für kurzfristige Arbeitsaufenthalte an. Allerdings wurde bereits deutlich, daß der Widerstand der europäischen Regierungen gegen diese Vorschläge groß ist. Regeln für innerstaatliche Regulierung Die innerstaatliche Regulierung (Domestic Regulation) im Dienstleistungssektor ist einer der zentralen Themen der Verhandlungen. Es hat sich eine heftige öffentliche Auseinandersetzung um die Frage entwickelt, ob und in welchem Maße GATS die Regulierungskompetenz der Nationalstaaten einschränkt. Neue Vorlagen zu diesem Thema geben der Diskussion neue Nahrung. Kern der Debatte ist der sogenannte Necessity Test (Notwendigkeitstest). Im März hat das WTO-Sekretariat ein informelles Papier zu diesem Thema verfaßt (Application of the Necessity Test: Issues for Consideration. Job No. 5929, 19. März 2001, zu finden unter www.xs4all.nl/˜ceo/gatswatch/leaks/ domreg.htm). Danach beinhaltet ein Notwendigkeitstest die allgemeinen Regel, daß Regulierungen den Handel nicht mehr behindern sollen als notwendig. Die zweite Komponente sei die fallweise Überprüfung einzelner Regulierungen durch den Streitschlichtungsmechanismus. Dabei werde geprüft, ob die konkrete Maßnahme notwendig ist, um ein angegebenes legitimes BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Regulierungsziel zu erreichen. Eine handelsbehindernde Maßnahme könne nur dann als notwendig betrachtet werden, wenn es keine handelsfreundlichere Alternative gibt, die voraussichtlich den Zweck genauso erfüllt. Das Papier diskutiert zudem, welche politischen Ziele - über die Ausnahmen des Art. XIV hinaus - generell als legitim betrachtet werden können. „Öffentliches Interesse“ sei von den WTO-Mitgliedern als zu breit abgelehnt worden. Verbraucherschutz und Qualitätssicherung seien die Ziele, die am ehesten horizontal angewendet werden können. Das Sekretariat weist dabei in einer Fußnote daraufhin, daß Verbraucherschutz ein sehr breiter Begriff sei und möglicherweise zu protektionistischen Zwecken mißbraucht werden könnte. Dieser Hinweis zeigt, aus welcher Perspektive das Sekretariat das Thema betrachtet: Regulierung steht unter Generalverdacht. Das Proportionalitätskonzept der EU Anfang Mai hat die Europäische Union eine neue Mitteilung zur staatlichen Regulierung bei der WTO eingereicht (Communication from the European Communities and their Member States. Domestic Regulation: Necessity and Transparency. S/WPDR/W/14, 1.5.2001). Obwohl die EU die Bemühungen um neue Regeln unterstützt, nimmt sie in dem aktuellen Papier an einigen Stellen eine defensive Haltung ein. Die Verhandlungen dürften nicht zu einem unberechenbaren Mandat für Streitschlichtungsverfahren führen. Die EU argumentiert deshalb für ihr Proportionalitätskonzept: danach sollen Maßnahmen solange nicht als unnötig handelshemmend angesehen werden, solange ihre Folgen proportional zur Zielsetzung sind. Die Zielsetzung an sich solle nicht bewertet werden. Eine Liste legitimer Ziele, von der EU im letzten Jahr noch vertreten, soll jetzt nicht mehr notwendig sein. Das Konzept eines Notwendigkeitstests solle horizontal sein, also sektorübergreifend angelegt sein. Die EU will sich aber nicht festlegen, ob dies bedeute, daß der Notwendigkeitstest für alle Sektoren gelte – unabhängig von bestehenden Verpflichtungen. Damit besteht weiter die Gefahr eines Durchgriffs auf jegliche Regulierung im Dienstleistungssektor; der Bottom-Up-Ansatz droht ausgehebelt zu werden. Keinen Spielraum sieht die EU für die Ein- führung von Konsultationen im Vorfeld neuer Regulierungsmaßnahmen, wie die USA dies wünschen. Sie seien zwar prinzipiell wünschenswert; die Sorgen einiger WTO-Mitglieder, daß solche Konsultationen mit ihrem Rechtssystem unvereinbar seien, müßten aber ernst genommen werden. Die EU hält mit ihrem neuen Dokument weiter am Arbeitsprogramm zur staatlichen Regulierung fest. Bemerkenswert ist dabei die Abgrenzung, die die EU dabei vornimmt: während die Bestimmungen zur Inländerbehandlung sich gegen diskriminierende Maßnahmen gegenüber ausländischen Anbietern wenden, beschäftige sich der Art. VI (Innerstaatliche Regulierung) mit nicht-diskrimierenden Maßnahmen, die für heimische und ausländische Anbieter gälten. Die EU macht damit die Reichweite des Themas deutlich: mit dem Art. VI wendet sich GATS nicht mehr nur gegen „Protektionismus“, sondern gegen alle staatliche Regulierung, die Dienstleistungsanbieter unnötig behindere. Was „unnötig“ ist, entscheidet dabei ein WTO-Panel. Folgenabschätzung für staatliche Regulierung Australien hat in einer neuen Eingabe seine “Regulatory Impact Analysis” als mögliches Vorbild für die WTO geschildert (Communication from Australia. Regulatory Impact Analysis in Australia. S/WPDR/W/15, 3.5.2001). Jede Regulierungsmaßnahme erfordert danach ein “Regulatory Impact Statement”: dieses enthält u.a. die Ziele, die Handlungsoptionen und eine Abschätzung der Auswirkungen für Verbraucher, Wirtschaft und Regierung. Dabei fehlt jeder Hinweis darauf, ob und wie in der Folgenabschätzung auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden sollen. Das Papier betont außerdem, daß freiwillige Ansätze Vorrang vor regulativen Maßnahmen haben sollten. Auch dieses Papier zeigt die gefährlichen Tendenzen der GATS-Verhandlungen zur innerstaatlichen Regulierung: sie laufen auf den Abbau staatlicher Regulierung hinaus. Die Canadian Environmental Law Association weist in einem Memo daraufhin, daß in elf WTO-Streitfällen im Güterbereich bisher ein Notwendigkeitstest angewandt wurde (nach dem SPSoder TBT-Abkommen). In zehn von elf Fällen hatte die angegriffene Regulierungsmaßnahme keinen Bestand, u.a. bei den Streitfällen um Thunfisch und Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 10 Hormonfleisch. Eine hitzige Debatte Nicht zuletzt die möglichen Gefahren für die staatliche Regulierung heizen die internationale Diskussion um GATS an. Von verschiedenen Seiten wurden Vorwürfe laut, daß GATS die Demokratie unterlaufe. Denn letztlich entscheide ein Schiedsgericht an Stelle nationaler Parlamente über die Gültigkeit der staatlichen Regeln. Angesichts der Vorwürfe und stärker werdenden NRO-Kampagnen hat sich das WTO-Sekretariat zu einem ungewöhnlichen Schritt entschieden: im Vorfeld einer Protestaktion in Genf verteilte es ein Papier an Journalisten mit dem Titel „Facts and Fiction“. Im aggressiven Ton wirft die WTO den GATS-Kritikern Mißverständnisse und Verzerrungen vor. Sie versucht zugleich, überaus formalistisch und ohne Bezug auf Macht- und Interessenlagen in Genf, die Kritik der NROs zu widerlegen. (Das Papier und kritische Anmerkungen dazu finden sich unter www.xs4all.nl/˜ceo/gatswatch/ factfict/index.html). Das Papier hat verschiedene Nachahmer gefunden. So hat das englische Department of Trade and Industry Briefe mit einer angepaßten „Facts and Fiction“Version an die englischen Abgeordneten gesandt. Von Seiten der Industrie hat International Financial Services, London, eine ähnliche NRO-Kritik auf ihre Webseite gestellt (www.ifsl.org.uk). Die Lobbygruppe vertritt die Interessen der Londoner Finanzwelt; bezeichnenderweise wird ihre Arbeitsgruppe zur Dienstleistungsliberalisierung seit Februar 2001 vom ehemaligen EU-Handelskommissar Leon Brittan geleitet. „Facts and Fiction“ ist ein Beispiel für eine neue Strategie gegen NROs. Edelman Public Relations Worldwide hat sich nach Seattle besonders dieses Themas angenommen (www.edelman.com/ edelman_newsroom/ngo/index.asp). Die Agentur rät Unternehmen und Regierungen, offensiv gegen NRO-Kritik vorzugehen. Offensichtlich findet dieser Ansatz inzwischen Widerhall. Andererseits zeigt Facts and Fiction auch den öffentlichen Druck und die Verunsicherung der WTO. Mit den nun beginnenden zweiten Verhandlungsphase wird sich die Auseinandersetzung weiter verschärfen. In Deutschland steckt die Diskussion um GATS noch in den Kinderschuhen. BRÜCKEN WTO-NACHRICHTEN Entwicklungsländer gewinnen Boden bei der Festsetzung von Richtlinien für die Dienstleistungsverhandlungen Am 28. März verabschiedeten WTO-Mitglieder den Entwurf eines Regelkatalogs für die Fortführung der Dienstleistungsverhandlungen (S/L/93) (Siehe Kasten Seite 13). Einige Mitglieder und Beobachter merkten an, dass die Richtlinien wenig substanziellen Nutzen für den GATS-Text selbst bereitstellen, gleichwohl glauben sie, dass die Verabschiedung der Richtlinien ein Signal für die Gesprächsbereitschaft der WTO-Mitglieder sei, trotz des Fehlens einer neuen Handelsrunde. Aussöhnung der Interessen von Entwicklungsländern und Industrieländern Zahlreiche informelle Treffen und vier aufeinander folgende Entwürfe eines Regelkatalogs und -verfahrens für Verhandlungen waren notwendig, um die Kluft zwischen den abweichenden Interessen der Mitglieder in Bezug auf Dienstleistungen zu überbrücken — insbesondere das Recht der Entwicklungsländer auf besondere und differenzierte Behandlung. Ein erster Entwurf vom Januar 2001 enthielt verschiedene Schlüsselelemente, die in einem Vorschlag der G-24, einer Koalition von Entwicklungsländern einschließlich Argentiniens, Brasiliens, Indiens, Pakistans und Thailands, vom 20. Dezember eingeschlossen waren. Der Text enthielt Elemente wie die Einrichtung eines Mechanismus” für die wirksame Umsetzung von GATS-Artikel IV, der darauf zielt, die Beteiligung der Entwicklungsländer am globalen Handel mit Dienstleistungen zu steigern. Wie von den G-24 vorgeschlagen, hält das Papier auch fest, dass „es für einzelne Entwicklungsländer angemessene Flexibilität geben solle” und legt den „Anfrage-und-Angebot”-Ansatz als grundlegende Methode fest, um spezielle Verpflichtungen auszuhandeln (d. h. Länder, die eine Liberalisierung wollen, stellen eine Anfrage und andere Länder antworten darauf mit einem Angebot). Bei einem inoffiziellen Treffen am 7. Februar bezeichneten Entwicklungsländer und vor allem die USA den ersten Entwurf als unausgewogen, weil er sich zu sehr auf die Bedürfnisse der Entwick- lungsländer konzentriere. Mitglieder verlangten einen zweiten Entwurf, der die Kommentare aus dem Treffen berücksichtigt. Daraufhin wurde ein zweiter Entwurf herausgegeben und von etwa 70 Delegationen aus Entwicklungsländer scharf zurückgewiesen. Die Afrikanische Gruppe und die CARICOM waren beide gegen den Entwurf, der ursprünglich von Indien im Namen der G-24 vorgebracht wurde, weil die Entwicklungsdimensionen aus dem ersten Entwurf wie die Erwähnung der Flexibilität für Entwicklungsländer und Bestimmungen zur besonderen Behandlung für am wenigsten entwickelte Länder aus dem neuen Text entfernt worden waren, nicht aber traditionell von Industrieländer befürwortete Themen wie die Auflage des Stillstands während Verhandlungen oder die Bestimmung über technische Überprüfung. Da es zu keiner Einigung kam, wurde das Treffen vertagt, und die Mitglieder forderten den Vorsitzenden auf, weitere Beratungen durchzuführen. Die Sitzungen über die Verhandlungsrichtlinien wurden auf 15. März vertagt. Die G-24, die Afrikanische Gruppe und die CARICOM verlangten, dass die Entwicklungsprobleme aus dem ersten Entwurf in einem neuen Vorschlag ausreichend behandelt werden. Ein dritter Entwurf vom 16. März enthielt wieder gewisse Bezugnahmen auf die Entwicklungsprobleme aus dem ersten Entwurf. Außerdem enthielt er einige Elemente in Klammern (für die eine weiterführende Anleitung durch den Rat für den Handel mit Dienstleistungen als notwendig befunden wurde) über Fragen wie Flexibilität für Entwicklungsländer bei Verhandlungen über Ausnahmen nach der Meistbegünstigungsklausel. Am 23. März wurde schließlich ein vierter Entwurf vorgelegt und diskutiert. Einige Entwicklungselemente, die im dritten Entwurf eingeklammert waren, wurden in den neuen Text integriert, was eine informierte Quelle aus Handelskreisen eines Entwicklungslandes dazu veranlasste, zu unterstreichen, dass dieses jüngste Regelwerk sogar noch mehr als der erste Entwurf auf die Belange von Entwicklungsländern eingehe und dennoch bei den Mitgliedern breite Zustimmung finde. Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 11 Insbesondere die CARICOM und die Afrikanische Gruppe drängten auf eine Bezugnahme auf die Bedürfnisse der Wirtschaften schwächerer Länder und Dienstleistungsanbieter, was Bedenken aufwarf, wie solche Konditionen definiert werden sollten. Dies wurde in den Entwurf aufgenommen. Uneinigkeit bestand auch in Hinblick auf die Aufeinanderfolge von Beschlussfassung bei der Festlegung von Regeln und dem Beginn von Verhandlungen über spezielle Verpflichtungen sowie darüber, wann Kriterien für die autonome Liberalisierung vereinbart werden sollte. Obgleich die Mitglieder eine strenge Frist für den Anschluss der Verhandlungen über Sicherheitsklauseln setzten (15. März 2002), stimmten sie in anderen Fragen weniger überein und einigten sich, einen „Abschluss” der Verhandlungen über Subventionen sowie über Strafmaßnahmen für nationale Verordnungen und das staatliche Beschaffungswesen „anzustreben“. BRÜCKEN Einige Schlüsselpunkte der Richtlinien vom 28. März Ziele und Grundsätze Umfang Modalitäten und Verfahren • Eine Anerkennung des „Rechts der Mitglieder, die Bereitstellung von Dienstleistungen zu regulieren und neue Verordnungen zu erlassen“. Keine a priori Ausnahme eines Dienstleistungssektors oder einer Bereitstellungsart, sondern eine Festlegung, dass “Bereichen und Bereitstellungsarten, die für Entwicklungsländer von Interesse für den Export sind, besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird”. Ausgangspunkt der Verhandlung „sollen die derzeitigen Zeitpläne sein, ohne Voreingenommenheit gegen den Inhalt der Anfrage”. • Ein Anerkenntnis, dass Verhandlungen „eine verbesserte Beteiligung der Entwicklungsländer am Handel mit Dienstleistungen anstreben sollen” und „angemessene Flexibilität” für einzelne Entwicklungsländer, mit spezieller Priorität für Mitglieder aus am wenigsten entwickelten Ländern. • Eine Bezugnahme auf die Größe der Volkswirtschaften und auf kleine und mittlere Dienstleistungsanbieter. • Deutlicherer Ausdruck der Forderung von Entwicklungsländern, dass Verhandlungen „bestehende Struktur und Grundsätze des GATS respektieren, einschließlich des Rechts, Bereiche, in denen Verpflichtungen übernommen werden, und die vier Arten der Bereitstellung von Dienstleistungen festzulegen. • Streichung der Stillstandauflage, die von einigen Industrieländer befürwortet, von vielen Entwicklungsländern wie Indien aber abgelehnt wird. „Angemessene Flexibilität” für Entwicklungsländer bei Verhandlungen über Ausnahmen nach der Meistbegünstigtenklausel. Laut einer informierten Quelle aus Handelskreisen eines Entwicklungslandes wurde diese Auflage wegen der Tatsache veranlasst, dass die meisten Entwicklungsländer wenige oder keine solcher Ausnahmen haben, wohingegen Industrieländer wie die USA, die EU und Kanada „Meister der Ausnahmen nach der Meistbegünstigtenklausel sind”. Abfolge zwischen Festlegung von Regeln und dem Beginn von Verhandlungen über spezielle Verpflichtungen, Einigung, die Gespräche über Sicherheitsklauseln bis 15. März 2002 abzuschließen, und unverbindliche Sprache für den Abschluss der Gespräche über Subventionen und Strafmaßnahmen für nationale Verordnungen und das staatliche Beschaffungswesen. Keine Bezugnahme auf den Anhang zum Lufttransport. Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 12 Hauptsächliche Verhandlungsmethode sollte die „Anfrage-Angebot”-Methode sein, die von den Entwicklungsländern statt der von den USA und der EU befürworteten „Cluster”- oder „Formel”-Ansätze (gemeinsame Behandlung mehrerer Sektoren) angewendet wird, um das Tempo der Liberalisierung zu beschleunigen. Eine unverbindliche Klausel, um sich vor den Verhandlungen über spezielle Verpflichtungen auf Kriterien für die Freiheit von autonomer Liberalisierung zu einigen. BRÜCKEN WTO-NACHRICHTEN Afrikanische Staaten machen zahlreiche V orschläge für die zweite Vorschläge Phase der Agrarverhandlungen Multifunktionalität und andere nicht handelsbezogene Fragen Im Februar 2001 legte Japan seinen lange erwarteten Vorschlag über die breiten Ziele der „builtin”-Verhandlungen vor (G/AG/ NG/W/91). Wie erwartet stützte sich das Papier stark auf das Konzept der „Multifunktionalität”, das Japan, die EU, Korea, vorgebracht wurden, wurde besser aufgenommen, besonders weil die EU festlegte, Massnahmen für den Umgang mit nicht handelsbezogenen Fragen anzuvisieren, die transparent sein und nicht zum Absenken der globalen Agrarpreise beitragen sollen. lungsländer und forderten mehr Aufmerksam für spezifische Probleme der am wenigsten entwickelten Länder und solcher, die Netto-Importeure von Nahrungsmitteln sind. Bei der Sondersitzung im März wurden neben dem gemeinsamen Papier auch einzelne Vorschläge von sieben afrikaniIndien zeigte den Blickwinkel eines Ent- schen Staaten (Namibia, Senegal, Kenia, wicklungslandes in Bezug auf die Be- der Demokratischen Republik Kongo, handlung von nicht handelsbezogenen Nigeria, Ägypten und Marokko) diskuFragen auf (G/AG/NG/W/102). Es schlug tiert (zehn der 44 zur Verhandlung eingereichten Vorschläge stammten ausschließlich und unabhängig voneinander von afrikanischen Staaten). Diese (und andere) "Besondere und diferenzierte Behandlung sollte Entwicklungsländern erlauben, grund- Vorschläge sind auf der sätzliche Massnahmen zu ergreifen, die auf Internetseite der WTO zu Agrarthemen http:// kleinbäuerliche Landwirtschaft, Armutswww.wto.org/english/tratop_e/ bekämpfung in ländlichen Gebieten, agric_e/agric_e.htm veröffentlicht. Ernährungssicherung und Die erste Phase der WTOAgrarverhandlungen, unabhängig von einer Handels-„Runde” im Agrarabkommen (Agreement on Agriculture ) festgelegt, ging am 27. März zu Ende. Während der zweiten Phase, die im März begann, wird sich der Agrarausschuss mit mehr fachspezifischer Arbeit befassen, bevor in Phase Drei neue Verhandlungen über Marktzugang und andere Konzessionen aufgenommen werden. Produktdiversifizierung zielen." WTO -Nachrichten Norwegen und die Schweiz heranziehen, um ihre „nicht handelsbezogenen Fragen” wie Umweltschutz, Entwicklung und Beschäftigung im ländlichen Raum, Kulturerbe, Ernährungssicherung und Nahrungsmittelsicherheit abzudecken. Der einzigartige Beitrag der Landwirtschaft zu all diesen Bereichen, so das Argument der Befürworter, rechtfertige staatliche Unterstützung in einem Umfang, der in anderen Güterkategorien, die unter das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) fallen, nicht erlaubt sei. Zusätzlich zu den allgemeineren Einwänden gegen das Multifunktionalitäts-Argument kritisierte die Mehrheit der WTOMitglieder — und die Cairns-Gruppe der Agrarexporteure im besonderen — Japans Vorschlag, dass es Ländern gestattet sein sollte, Importbeschränkungen und Sicherheitsklauseln anzuwenden, um ihre Agrarsektoren gegen plötzliche Importanstiege zu schützen. Der umfassende Vorschlag der EU (G/AG/ NG/W/91), der Positionen wiederholte, die bereits zuvor in anderen Papieren die Schaffung einer „Ernährungssicherungs-Box” vor, die Massnahmen, die von Entwicklungsländern zur Gewährleistung angemessener Ernährungssicherung geschaffen wurden, aus den Agreement on Agriculture-Strafen ausnehmen würde. Während Indiens Vorschlag zustimmende Kommentare aus vielen Entwicklungsländern erntete, die Ernährungssicherung ebenfalls als Kernziel betrachten, argumentierten andere Mitglieder gegen ein zweistufiges System von Rechten und Pflichten. Ein solcher Ansatz, so ihr Argument, stünde der Logik der WTO entgegen, die ein einziges Regelwerk mit erlaubten Abänderungen für qualifizierte Länder befürwortet. Ein gemeinsamer Vorschlag der Afrikanischen Gruppe (G/AG/NG/W/142) wählte Ernährungssicherung, nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes und Linderung der Armut als zentrale nicht handelsbezogene Fragen aus, an die bei der Verhandlung über eine Agrarreform gedacht werden müsse. Er betonte auch die Bedeutung der besonderen und differenzierten Behandlung für EntwickBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 13 Bei einer früheren Sitzung plädierten Mauritius (G/AG/NG/ W/96) und kleine InselEntwicklungsländer (G/AG/NG/W/97) dafür, bevorzugte Marktzugangsprogramme für besonders schwache Entwicklungsländer beizubehalten, wohingegen die CARICOM vorschlug, solche Arrangements nur als Unterstützung beim Übergang eines Entwicklungslandes zu einer umfassenden Entwicklung anzuwenden. Staatliche Handelsunternehmen und Exportkredite Im März forderte Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) härtere Strafen für staatliche Handelsunternehmen, die nach Aussage des Handelsblocks den Handel durch Monopolrechte für Import und Export zugunsten von nationalen Produzenten verzerrten. Während USA und EU diesen Vorschlag positiv aufnahmen, argumentierten Kanada, Australien und Neuseeland — die alle STE-Handelsmanagementprogramme haben — dass die Anwendung von STEs sich nicht von den handelsverzerrenden Wirkungen einer Quersubventionierung unterscheide, die als private Handelspraktiken üblich BRÜCKEN WTO-NACHRICHTEN sei. Hauptthema, so sagten sie, sollten die Handelsauswirkungen von Quersubventionierung sein. wicklung (OECD) verhandelt würden und auch in diesem Forum verbleiben sollten. Gemeinsam mit Indien, Malaysia, Costa Rica, Guatemala und Chile legte Mercosur einen Vorschlag über Exportkredite vor (G/AG/NG/W/50). Die Gruppe sagte, Strafen für Exportkredite sollten in das neue Abkommen wieder aufgenommen werden, weil der derzeitige Artikel 10.2 — der von Mitgliedern verlangt, international vereinbarte Strafen für Exportkredite auszuarbeiten — nicht in der Lage gewesen wäre, deren Anwendung einzuschränken. (Die Aufnahme von Exportkrediten in zukünftige Verhandlungen zum Unterstützungsabbau ist ebenfalls ein Hauptziel der EU.) Die USA — die am meisten Exportkreditprogramme anwenden — bekräftigten ihre Position, dass Exportkreditstrafen derzeit bei der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- Arbeitsplan für Phase Zwei gebilligt Der am 27. März verabschiedete Arbeitsplan für Phase II sieht drei offizielle Verhandlungssitzungen (September 2001, Dezember 2001 und Februar 2002) und für März 2001 eine Bestandsaufnahme vor. Drei inoffizielle Sondersitzungen finden im Mai und Juli 2001 und im Februar 2002 statt. Während der zweiten Phase sollen die WTO-Mitglieder detaillierte Vorschläge zu folgenden Themen einreichen und diskutieren: • Zollquotenadministration und Zollsenkungen, • Amber-Box-Subventionen, • Exportsubventionen, • Exportkredite und staatliche Handelsunternehmen, • Exportbeschränkungen sowie • Ernährungssicherung, Nahrungsmittelsicherheit und Entwicklung des ländlichen Raums. Diese Liste ist eher angedeutet als erschöpfend. Obgleich Mitglieder sie nutDas erste Treffen der Phase II — eine zen können, um ihre Vorbereitung für inoffizielle Sondersitzung des spätere Treffen festzulegen, können sie Agrarausschusses — findet vom 21. bis auch andere Bereiche hinzufügen. So hat 23. Mai statt. Den Vorsitz wird der ThaiNorwegen angedeutet, es wolle in zuländische Gesandte Apiradi Tantraporn künftigen Sitzungen „die Umwelt” mit führen. einbeziehen. Der Arbeitsplan legt auch fest, dass besondere und differenzierte Behandlung ein integraler Teil aller Verhandlungselemente sein wird. WT O und PPMs: Zeit, ein TTabu abu zu brechen WTO Von Aaron Cosbey Es sollte ein für allemal mit der falschen Unterscheidung zwischen Produktnormen und Normen auf der Basis von Prozeß- und Produktionsmethoden (PPMs) 1 aufgeräumt werden. Weder fußt diese Unterscheidung auf Dokumenten und Verhandlungsgeschichte des GATT, noch ist sie von praktischem Nutzen. Die herkömmliche Interpretation der GATT-Gesetzgebung besagt, dass eine Unterscheidung von Produkten auf der Basis von PPMs an der Landesgrenze eine Verletzung der GATT-Prinzipien für Nichtdiskriminierung darstellt. 2 Dies basiert auf einer Auslegung der Bestimmungen über nationale Behandlung und Meistbegünstigung (GATT-Artikel III bzw. I), in der solche Produkte als „gleichartig” bezeichnet werden, die aufgrund ihrer Produktmerkmale unterschieden werden können. Einige der letzten Schlichtungsgremien haben das Kriterium der kommerziellen Substituierbarkeit angewendet, um festzulegen, welche Produkte „gleichartig” sind und deshalb an der Grenze zum Importland der gleichen Behandlung unterliegen müssen. Aber in keinem Fall liefert sie einen Spielraum dafür, dass auf unterschiedliche Weise hergestellte Produkte als „nicht gleichartig” eingestuft und darum unterschiedlich behandelt werden dürfen. Diese Auslegung hat in Umweltschutzkreisen, für die die Herstellungsweise eines Produktes der zentrale Aspekt in Hinblick auf ein wirksames Umweltmanagement ist, beträchtliche Besorgnis geweckt. 3 In der Tat ist die „PPMs-Frage” der wahre Kern der langjährigen Handels- und Umweltdebatten, und eine Klärung würde wirksam dazu beitragen, dass sich die Zielsetzungen in Bezug auf eine intakte Umwelt und steigenden Wohlstand durch Handel wechselseitig unterstützen. Es wurde überzeugend argumentiert, dass die Unterscheidung zwischen Normen, die auf PPMs bzw. auf Produkten basieren, nicht auf GATT-Texten oder deren Verhandlungsgeschichte zurückgeht. 4 Das Papier nimmt diese Aussage als gegeben und argumentiert weiter, die Unterscheidung sei weder gerechtfertigt noch in der Praxis hilfreich. Es schließt mit einigen Empfehlungen, die Exporteuren, besonders in Entwicklungsländern, helfen sollen, sich an beide neue Arten Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 14 der Normenfestlegung anzupassen. Einwände gegen PPMs kommen auf den Tisch Abgesehen von der Frage, ob auf PPMs basierende Normen durch das GATT legitimiert sind, gibt es noch drei weitere Hauptargumente für eine Ablehnung. Erstens bieten solche Normen denen, die sie festlegen, einen inakzeptablen Freiraum für protektionistische Massnahmen. Zweitens ist ihre Umsetzung in der Praxis schwierig. Und drittens verletzen sie die Souveränität, indem sie Werte der normensetzenden Länder in die ausführenden Länder exportieren. Diese drei Faktoren stützen das Argument, auf PPMs basierende Normen würden Exporteuren, vor allem solchen aus Entwicklungsländern, inakzeptable Kosten aufbürden. Diese Ansichten wollen wir nachfolgend im einzelnen genauer betrachten. Fortsetzung Seite 20 BRÜCKEN STREITSCHLICHTUNGSECKE USA klagt gegen Brasiliens System für den Zugang zu Arzneimitteln Entwicklungsländer reagierten empört, als die USA im Mai 2000 ankündigten, gegen Brasiliens und Argentiniens Patengesetzgebung bei der WTO Klage einzureichen. Wichtigster Punkt war dabei, dass die Mitglieder keine Schlüsselforderung der Entwicklungsländer zur Umsetzung behandelt hatten, d. h. die Verlängerung der Übergangsfristen bis zur vollständigen Einhaltung des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum (TRIPS) über den 1. Januar 2000 hinaus. 1 ses nicht aufhört, ein billiges Generikum von Mercks AIDS-Medikament Stockrin aus Indien zu importieren. Das FarMaguinhos-Labor sagt, es verwende lediglich das in Brasilien nicht zugelassene Generikum Efavirez zu Forschungszwecken. Das TRIPS-Abkommen enthält keine Bestimmungen über eine Verlängerung der Übergangsfristen. Zwar wurde diese Forderung bei der Umsetzungsüberprüfung in einem allgemeinen Rahmen gestellt, aber kein Mitglied hat mehr Zeit verlangt, um spezifische mit dem TRIPS nicht vereinbare Massnahmen schrittweise aufzuheben. 1 Kommt jetzt Argentinien dran? Trotz Kritik aus Entwicklungsländern kam der Fall gegen die Patentbestimmungen in Brasiliens Gesetz über Gewerbliches Eigentum am am 1. Februar vor ein Gremium. Die USA brachten zwei Punkte vor: eine „einheimische Verwertungsklausel” in Artikel 68 des Gesetzes, die verlangt, dass das patentierte Produkt entweder in Brasilien hergestellt wird oder brasilianischen Herstellern dessen patentierte Produktionsmethoden zugänglich gemacht werden. Erfüllt der Patentinhaber diese Klausel nicht, erlaubt Artikel 68 Parallelimporte, d. h. Importeure können das Produkt von anderen Quellen als dem brasilianischen Patentinhaber beziehen. Obwohl Artikel 68 nicht in erster Linie Arzneimittel behandelt, werden seine Bestimmungen vor allem von der Pharmaindustrie und Arzneimittelimporteuren angewendet. Die USA argumentieren, dass die Bestimmungen in Artikel 68 sowohl gegen den TRIPS-Artikel 27.1 über Nichtdiskriminierung beim Schutz von Patentrechten als auch gegen Artikel 28.1 über die Alleinvermarktungsrechte von Patentinhabern verstoßen. Brasilien hält nicht nur daran fest, dass seine Bestimmungen über einheimische Verwertung, Pflichtlizenzierung und Parallelimporte mit dem TRIPS-Abkommen vereinbar seien, sondern erwägt auch eine Gegenklage, in der es geltend machen will, dass die Patentgesetzgebung der USA ähnliche Bestimmungen über einheimische Verwertung enthält. Unabhängig davon hat der amerikanische multinationale Konzern Merck angekündigt, das staatliche Far-Maguinhos-Labor in Brasilien zu verklagen, wenn die- Während dieser Artikel geschrieben wurde, gab es zwischen den USA und Argentinien zwei anscheinend ergebnislose Verhandlungsrunden, die ähnliche angebliche Verletzungen des TRIPS-Abkommens zum Thema hatten, allerdings hatten die USA noch nicht die Einberufung eines Gremiums verlangt. Neben anderen Klagen brachten die USA vor, · in Argentiniens Patentgesetzen fehle ein Schutz gegen unlautere Verwendung von geheimen Testdaten oder anderen Daten, · bestimmte Gegenstände, darunter Mikroorganismen, seien unzulässigerweise von der Patentierung ausgeschlossen, · die Erteilung gewisser Exklusivrechte für Patente werde verweigert, · bestimmte Sicherheitsklauseln für die Erteilung von Pflichtlizenzen, darunter auch solche über zeitliche Abstimmung und Rechtmäßigkeit von Pflichtlizenzen, die auf der Basis von nicht adäquater Verwertung gewährt wurden, fehlten und · die unzulässige Beschränkung der aufgrund von Übergangspatenten verliehenen Exklusivrechte nehme Patentinhabern die Möglichkeit, schwebende Anwendungen zu ergänzen, um einen gewissen erweiterten Schutz durch das TRIPS-Abkommen geltend zu machen (WT/DS196/1). Streit zwischen Brasilien und Kanada um Exportsubventionen eskaliert Brasilien und Kanada sind in ihrem Kampf um Exportsubventionen für Flugzeuge in eine weitere Runde der WTOStreitschlichtungsverfahren gegangen. Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 15 Nach einer wechselseitigen Anfechtung der Einhaltung früherer WTO-Regeln wurde erwartet, dass Brasiliens Exportfinanzierungsprogramm Proex im Juli noch eine der untersagten Exportsubvention bereitstellen würde. Am 12. Dezember 2000 gestattete das Streitschlichtungsgremium Kanada, als Entschädigung für die durch Brasiliens Nichteinhaltung der WTO-Regeln verursachten wirtschaftlichen Verluste Handelssanktionen im Wert von US$ 225 Millionen zu verhängen. Statt jedoch Vergeltungszölle auf brasilianische Exporte zu erheben, bot Kanada Bombardier ein Unterstützungspaket für Darlehen und Zinsen im Wert von mehr als US$ 1 Milliarde an, um mit Brasiliens Exportsubventionen an Embraer mithalten zu können, das mit dem kanadischen Hersteller um einen Vertrag über 75 regionale Flugzeuge für die der United Airlines angeschlossene Air Wisconsin konkurrierte. Zuständige kanadische Stellen sagten, dies würde exakt Brasiliens derzeitiger Proex-Unterstützung für Embraer entsprechen. Bombardier erhielt schließlich den Zuschlag für den Vertrag mit Air Wisconsin. Brasilien behauptet, dass die Proex-Finanzierung das Abkommen über Subventionen und Vergeltungsmaßnahmen (SCM-Abkommen) jetzt erfüllt, besonders da die Regierung den OECDReferenzzinssatz für den Handel als Bezugsgröße für Kredite an EmbraerKunden angenommen hat. Laut Kanada verletzt Proex immer noch den Exportsubventionskanon der WTO. Am 16. Februar 2001 erreichte Kanada die Einberufung eines weiteren Gremiums zur Klärung dieser Angelegenheit. Am 12. März konterte Brasilien mit der Forderung nach einem Streitschlichtungsgremium, das den Umfang der kanadischen Exportsubventionsmaßnahmen untersuchen soll. Mit der Behauptung, Embraer habe nicht dieselbe Art von Krediten erhalten wie sie Bombardier jetzt von Kanada angeboten werden, nannte José Graça Lima, der brasilianische Handelsunterhändler, das Geschäft einen „Gegenschlag, ausgeführt durch [Kanadas] eigene Hand”. Neben den Krediten, die Bombardier für den Verkauf an Air Wisconsin angeboten wurden, stellte Brasilien auch Kanadas weitere Pläne zur Unterstützung von BRÜCKEN STREITSCHLICHTUNGSECKE Finanzierung, Kreditgarantie und Zinssatz in Frage, die laut Brasilien durch das SCM-Abkommen verboten sind (WT/ DS222/2). TRIMS-Fall zwischen USA und den Philippinen wird doch weitergeführt Am 16. März setzten die USA das WTOSekretariat davon in Kenntnis, dass sie beim Streit mit den Philippinen um Investitionsbeschränkungen im Automobilsektor die Nominierung von Gremiumsmitgliedern wollen. Die USA hatten am 17. November das Recht erhalten, ein Streitschlichtungsgremium einzusetzen, aber zugestimmt, die Bestellung der drei Gremiumsmitglieder zurückzuhalten, solange bilaterale Beratungen zwischen den Parteien stattfinden. Zur Debatte stehen Auflagen die Befriedigung des lokalen Marktes und das Gleichgewicht zwischen Import und Export, die wie die USA behaupten, mit dem Abkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (TRIMS) nicht vereinbar seien, das für Entwicklungsländer am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist. Die Philippinen haben für Massnahmen unter ihrem KraftfahrzeugEntwicklungsprogramm eine fünfjährige Verlängerung ihrer TRIMS-Einhaltungsfrist beantragt. Obwohl der WTOAusschuss für den Handel mit Gütern bei den meisten dieser Anträge kurz vor der Zustimmung zu einer vierjährigen Verlängerung steht, drängten die USA die Philippinen, einer kürzeren Verlängerung zuzustimmen und die Streitschlichtungsverfahren zu beschleunigen. Beide Seiten sagten, sie würden die Verhandlungen trotz der Gründung des Gremiums weiterführen. EU und USA einigen sich auf Reform des Bananen-Importsystems Nach mehr als zweijährigen Verhandlungen einigten sich die Europäische Kommission und die USA auf ein bilaterales Abkommen über die Reform des Bananenimportsystems der EU. Der Handel, der von den EU-Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament erst noch gebilligt werden muss, ebnet den Weg für eine Aufhebung der USHandelssanktionen im Wert von US$ 191 Millionen. Die Liste der von den Sanktionen betroffenen EU-Exporte sollte gemäß der US-”Karussell”-Gesetzgebung (in regelmäßigem Turnus werden die sanktionierten Produkte gewechselt) geändert werden. Statt dem von weiten Kreisen angefochtenen Lizenzsystem auf der Basis „Wer zuerst kommt, wird zuerst bedient”, das am 1. Juli in Kraft treten sollte, wird die EU „primary operators” Lizenzen auf der Basis der Handelsströme zwischen 1994 bis 1996 gewähren und Lateinamerikas Bananenkontingent um 100.000 Tonnen aufstocken. Die derzeitigen „anderen” Kontingente werden um 100.000 Tonnen reduziert und ausschließlich für zollfreie Bananen aus AKP-Staaten reserviert bleiben, die meisten davon ehemalige europäische Kolonien in Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum. Obgleich lateinamerikanische Produzenten und deren multinationale Distributoren durch den statistischen Referenzzeitraum von 1994 bis 1996 mehr begünstigt werden als durch die derzeitigen Quoten oder das „Wer zuerst kommt, wird zuerst bedient”-System, wollten die meisten — und vor allem Chiquita International — eine Quotenvergabe auf der Basis der Handelsströme vor 1993, als die EU ein Union weites Importsystem verabschiedete, das AKP-Bananen privilegierten Zugang einräumte. Bei Drucklegung war noch nicht klar, ob Chiquita die Klage zurückzieht, die es im Januar beim Europäischen Gerichtshof eingereicht hat, um US$ 525 Millionen Entschädigung für die Beeinträchtigungen durch das derzeitige Importsystem einzuklagen. Die USA stimmte einer Importlizenzkategorie von 17 Prozent für „Neulinge” zu, und diese Zahl lag etwas höher als die gewünschte, um so zu gewährleisten, dass etablierte operators den Großteil der verfügbaren Lizenzen bekommen. Das gerade vereinbarte System, das am 1. Juli 2001 in Kraft treten soll, wird 2006, wenn Importquoten abgeschafft und unterschiedliche Zölle für AKP-Bananen und andere Bananen eingeführt werden, in ein nur auf Zöllen basierendes System umgewandelt. Frankreich und Spanien sind noch immer gegen ein solches System und die EU-Mitglieder sind geteilter Meinung über die Höhe einer letztlichen Zolldifferenzierung, die in der WTO ausgehandelt werden müßte. Die Kommission hat für AKP-Bananen und europäische Bananen einen Vorzugszoll von •275/t statt der derzeitigen •75/t vorgeBrücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 16 schlagen. Bananenproduzenten in AKPStaaten behaupten, dass ein Vorzugszoll von •275/t nicht ausreiche, um den Marktzugang zu gewährleisten, während die USA und lateinamerikanische Länder den vorgeschlagenen Unterschied zu hoch finden. Die exklusive zollfreie AKP-Quote von 750.000 Tonnen benötigt eine Waiver nach GATT-Artikel XIII (Verbot der unterschiedlichen Behandlung bei der Quotenzuteilung), und die USA haben zugestimmt, das Ersuchen um eine Waiver zu unterstützen. Wenn die anderen in den Streit involvierten Parteien mit dem vorgeschlagenen neuen System zufrieden sind, kann im Rat für den Handel mit Gütern endlich auch eine Waiver nach GATT-Artikel I für das Europäische Partnerschaftsabkommen mit AKP-Staaten geprüft werden. Bei Drucklegung wurde angenommen, dass Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras und Panama die Übereinkunft zwischen EU und USA akzeptieren werden, wohingegen Ecuador — die einzige Partei, die der Option „Wer zuerst kommt, wird zuerst bedient” zugänglich wäre, vorausgesetzt es gäbe einen raschen Übergang zu einem nur auf Zöllen basierendem System — noch deren Implikationen untersuchte. Ein Abkommen blieb Option, wie auch eine neue Einhaltungsüberprüfung durch die WTO (während der die Prüfung der beiden Waiver blokkiert wäre) und die Aktivierung von durch die WTO genehmigten Sanktionen im Bereich der Rechte an geistigem Eigentum. Schwertfischstreit zwischen Chile und EU beigelegt Nachdem bilaterale Verhandlungen Ende Januar zu einer Einigung führten, haben Chile und die EU ihre wechselseitigen Klagen im Schwertfischfall fallen gelassen. Die EU hatte ein WTO-Gremium zum Artikel 165 des chilenischen Fischereigesetz gefordert, das mit Schwertfischen beladenen Schiffen, die in der Hochsee vor Chiles Küsten gefangen wurden, den Hafenzugang verweigert. Chile behauptete, die Massnahme sei notwendig, um schwindende Schwertfischbestände zu schützen und brachte den Streit nach der UN-Konvention für Seegesetze vor ein Schiedsgericht. Der Streit besaß Konflikt- BRÜCKEN WTO-NACHRICHTEN potential für Handel und Umwelt gleichermaßen, da die beiden Gremien zu unterschiedlichen Beschlüssen hätten kommen können. Beide Verfahren wurden eingestellt, nachdem sich die beiden Parteien auf einen Drei-Punkte-Plan geeinigt hatten, um mit dem Konflikt umzugehen: · Wiederaufnahme der Treffen innerhalb des Bilateralen Wissenschaftlichen und Technischen Ausschusses für Schwertfischbestände im Südostpazifik. · Zugang für vier EU-Schiffe zu chilenischen Häfen zum Zwecke des Anlegens und Umladens von Schwertfischen. Diese Schiffe sollen mit chilenischen Schiffen bei der Sammlung wissenschaftlicher Daten zusammenarbeiten. · Eine Verpflichtung, bis 2002 ein multilaterales Rahmenwerk zum Schutz und für den Umgang mit Schwertfischen im Südostpazifik zu erarbeiten. Kurznachrichten aus der Streitschlichtung · Der Gremiumsbericht über die amerikanische Umsetzung der WTO-Urteile im Garnelen-Schildkröten-Fall verzögert sich aufgrund ernster Unstimmigkeiten zwischen den drei Gremiumsmitgliedern (Michael Cartland, GB, Carlos Cozendey, Brasilien, und Kilian Delbrück, Deutschland), die auch den eigentlichen Kläger anhörten, erneut. Die Zivilbevölkerung beobachtet den Fall mit besonderem Interesse, weil die USA ihrer Vorlage einen 20-seitigen Amicus-Schriftsatz beigefügt und das Gremium dringend aufgefordert hat, seinen Ermessensspielraum zu nutzen, um diesen Schriftsatz — verfasst von 11 Zivilorganisationen in Asien, Afrika, Latein- und Nordamerika — nicht nur als Anlage der amerikanischen Vorlage sondern auch als für sich allein stehenden Amicus-Schriftsatz zu berücksichtigen. Am 13. Februar verkündeten die Gremiumsmitglieder, dass sich ihr Bericht durch „administrative Zwänge” bis zur zweiten Märzhälfte verzögern werde, letztendlich wurde er für Anfang März erwartet. Das Gremium wurde letzten Oktober auf Verlangen Malaysias einberufen, das eine Aufhebung des amerikanischen Importverbots für Garnelen will, die ohne Schildkrötenschutzvorrichtungen (TEDs) gefangen wurden . · Das am 20. Dezember 2000 einberufene Erfüllungsgremium für das überprüfte US-Steuerprogramm für ausländische Handelsunternehmen wird seine Arbeit nicht vor Juli abschließen . · Das Gremium, das am 19. Juni 2000 einberufen wurde, um über Pakistans Klage gegen eine amerikanische Sicherheitsklausel für Importe von gekämmtem Baumwollgarn zu entscheiden, sollte seinen Bericht bis Ende April vorlegen. WTO-Nachrichten Rat für Handel mit Gütern näher an TRIMS-Kompromiss Auf der Sitzung des WTO-Rats für den Handel mit Gütern (Commission on Trade with Goods) am 14. März 2001 schienen die Mitglieder zu der allgemeinen Übereinkunft gekommen zu sein, dass die beim letzten Treffen des Rats vorgestellte „Zwei-plus-zwei”-Formel als Rahmen für die Überprüfung der Eingaben von zehn Entwicklungsländern und Schwellenländern, die eine Verlängerung ihrer Übergangsfristen nach dem Abkommen über Handelsbezogenen Investitionsmaßnahmen (TRIMS) forderten, dienen könnte. Das TRIMS-Abkommen verlangt von Entwicklungsländern, Handelsrestriktionen für ausländische Investitionen wie Auflagen zur Befriedigung des lokalen Marktes bis 1. Januar 2000 schrittweise abzubauen. Die „Zwei-pluszwei”-Formel würde die Übergangszeit bis Ende dieses Jahres verlängern und Mitgliedern, deren Bemühungen ihren redlichen Willen zur Einhaltung zeigen und die einen verbindlichen Plan zum schrittweisen Abbau ihrer verbliebenen mit dem TRIMS nicht vereinbaren Massnahmen vorgelegt haben, weitere zwei Jahre zubilligen. Beim November-Treffen sprachen sich die Entwicklungsländer gegen die nicht erneuerbare Art der zweiten Verlängerung und die amerikanischen Versuche aus, deren Erteilung daran zu knüpfen, ob die ansuchenden Mitglieder beschleunigten Streitschlichtungs-verfahren zustimmen, sobald die zweite Frist am 1. Januar 2004 abgelaufen ist. Sie wollten auch die Billigung aller Anträge statt die Einzelfalluntersuchung in parallelen bilateralen Konsultationen, auf die USA und EU bestanden haben. Obgleich diese Unstimmigkeiten nicht beigelegt wurden, scheinen Entwicklungsländer und Industrieländer einem Kompromiss jetzt näher zu sein als bei der März-Sitzung des CTG. Zwar wurden in Hinblick auf Verlängerungen keine endgültigen Beschlüsse gefasst, die USA stimmten jedoch zu, dass Argentinien und Mexiko in den „Zwei-pluszwei”-Rahmen aufgenommen werden könnten, und gleiches gilt unter der BeBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 17 dingung, dass sie mehr Information zur Verfügung stellen, auch für Pakistan, Rumänien, Kolumbien und Chile. Die USA sagten, bevor sie Malaysias Antrag berücksichtigen könnten, bräuchten sie eine eindeutige Verpflichtung zum schrittweisen Abbau. USA und EU schlugen auch vor, Thailand und Ägypten sollten nach Artikel IX des Marrakesch-Abkommens (Marrakesh Agreement Establishing the WTO) um Waiver für ihre TRIMSMassnahmen statt nach Verlängerungen der TRIMS-Übergangszeit nachsuchen. Die zwei Länder reichten ihre Anträge nach Ablauf der Frist am 1. Januar 2000 ein, daher verletzen sie momentan technisch ihre TRIMS-Verpflichtungen. Informierte Quellen aus Handelskreisen sagten, solch eine Waiver wäre schwieriger zu bekommen als eine Verlängerung nach TRIMS-Artikel 5.3, und Entwicklungsländer verlangten größere Flexibilität für Mitglieder, die nicht in der Lage sind, ihre TRIMS-Massnahmen anzukündigen oder termingerecht um Verlängerungen zu ersuchen. BRÜCKEN Cotonou-Abkommen-Waiver für Bananen weiterhin blockiert Wie bereits bei mehreren CTG-Treffen blockierten Bananenproduzenten aus Zentral- und Lateinamerika die Prüfung des EU-Antrags auf eine Waiver für ihr neues Partnerschaftsabkommen mit Staaten aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum (AKP-Staaten). Ecuador, Costa Rica, Guatemala und Paraguay weigerten sich, Beratungen zu diesem Thema aufzunehmen, weil die EU noch keine Umsetzungsgesetzgebung für ihr vorgeschlagenes Bananen-Importsystem vorgelegt habe und daher die Information über den Waiver-Antrag nicht ausreiche. Ohne eine Waiver sind die Handelspräferenzen der AKP-Staaten — welche die EU weiterhin einräumt — technisch durch Streitschlichtungsklagen bei der WTO angreifbar. Sollte dies geschehen, wird die EU vermutlich anführen, dass der Fall erst vorankommen könne, wenn der Rat für den Handel mit Gütern sein Urteil gefällt habe. Am 18. April wird der Rat unter dem Vorsitz des ungarischen Botschafters Istvan Major wieder zusammentreten. WTO-Kurznachrichten · In seiner Sitzung vom 2. bis 6. April willigte der TRIPS-Rat ein, am 17. Juni eine Sondersitzung abzuhalten, um die Auswirkungen der Rechte an geistigem Eigentum und pharmazeutischer Patente auf den Zugang der Entwicklungsländer zu Medikamenten zu diskutieren. Als Folge eines Rechtsstreits, den multinationale Pharmakonzerne gegen die südafrikanische Regierung anstrengten und der amerikanischen Klage gegen Brasiliens Patentgesetze bei der WTO rückte dieses Thema in den Brennpunkt der internationalen Aufmerksamkeit. Laut Berichten beriefen die Sekretariate der WTO und der Weltgesundheitsorganisation vom 8. bis 11. April in Høsbjør, Norwegen, ein Arbeitstreffen zum Thema ein, wie der Zugang armer Länder zu Medikamenten verbessert werden kann. Experten aus Entwicklungsländern und Industrieländern sollten ihr Augenmerk unter Berücksichtigung des TRIPS-Rahmens insbesondere auf unterschiedliche Preisfestlegung und andere Finanzierungsmechanismen richten. WTO-NACHRICHTEN Der TRIPS-Rat befasste sich auch mit geographischen Angaben, Technologietransfer und damit verwandten Themen sowie mit den Überprüfungen des TRIPS-Abkommens und des Artikels 27.3(b) über den Schutz von Pflanzenvarietäten. · Beim Treffen des Ausschusses für Technische Handelsschranken am 30. März reagierten Entwicklungsländer heftig auf einen belgischen Gesetzesentwurf, eine soziale Kennzeichnung zu schaffen. Entsprechend der Bekanntgabe der geplanten Massnahme (G/TBT/ N/BEL/2) könnte diese Kennzeichnung an Produkten angebracht werden, die „Kriterien und Normen erfüllen, die insbesondere von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) anerkannt sind”. Diese Kennzeichnung soll Verbraucher dabei unterstützen, „eine nach umfassender Information erfolgte Wahl eines Produkts oder einer Dienstleistung zu treffen, die ihnen auf der Grundlage der Achtung gegenüber den Menschen angeboten werden”. Außerdem soll sie einen „Anreiz für Entwicklungsländer [schaffen], sozial verantwortliche Unternehmen aufzubauen”. Obwohl der Einsatz der Kennzeichnung freiwillig wäre, nannten Entwicklungsländer die Initiative „störend” und eine Last, die ihren Handel einschränke. Ägypten sagte, die Beziehung zwischen Arbeitsnormen und Handel gehöre nicht in die WTO, und Pakistan ersuchte Belgien, die Gesetzgebung zurückzunehmen. · Die vierte WTO-Ministerkonferenz wird vom 9. bis 13. November in Doha, Qatar, stattfinden. Nach Aussagen des WTO-Sekretariats wird den Repräsentanten der Zivilgesellschaft in Doha ein NRO-Zentrum mit ausreichend Platz für Pressekonferenzen und Meetings zur Verfügung gestellt werden. Das Messegebäude, wo das NRO-Zentrum untergebracht wird, ist nur zwei Minuten Fußweg vom Konferenzzentrum entfernt, wo die Ministerkonferenz stattfinden wird. Qatar wird 4.400 Zimmer für die Unterbringung aller Teilnehmer einschließlich der Delegierten, Beobachter, Mitglieder von Presse und NRO bereitstellen. Während angenommen wird, dass die Zahl der Zimmer ausreicht, könnte es eine Beschränkung der Teilnehmerzahl geben. Das formale Antragsverfahren für NRO, die an der Ministerkonferenz teilnehmen wollen, beginnt im Mai. Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 18 Das Sekretariat hat auch eine abteilungsübergreifende Sonderkommission für die Beziehungen der WTO zu NRO eingerichtet. Die Sonderkommission soll Ideen und Strategien dafür entwickeln, wie mit NRO interagiert werden kann, Workshops und Symposien zu verwandten Themen organisieren und die Interaktion über die WTO-Internetseite verbessern. Die Gruppe wird sich aus etwa 12 Repräsentanten aus Schlüsselabteilungen der WTO zusammensetzen und dem Generaldirektor und verschiedenen Managementebenen berichten und im WTO-Sekretariat eine koordinierende Funktion für Aktivitäten in Zusammenhang mit NRO übernehmen. BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Fortsetzung von Seite 15 Daß die Erlaubnis, Produkte an den Grenzen nach Produktionsweise zu unterscheiden, Staaten ein ganz neues Feld von Möglichkeiten eröffnet, protektionistischen Strömungen nachzugeben, ist absolut richtig. Kanada könnte beispielsweise seine Automobilindustrie unterstützen, indem es verfügt, dass alle importierten Autos von Arbeitern hergestellt worden sein müssen, die Eishockeyfans sind — Kanadas erklärtem Nationalspiel. Richtig ist aber auch, dass wir Instrumente haben, um mit solchen Problemen umzugehen. Tatsächlich werden sie derzeit gerade genutzt, um Exporteure vor exakt der gleichen Verhaltensweise in Zusammenhang mit auf Produkten basierenden Normen zu schützen. Es ist kein wesentlicher Unterschied, ob ein WTO-Gremium versucht, in Zusammenhang mit einer Produktnorm — beispielsweise einem Asbestverbot in Baumaterialien — oder mit einer auf PPMs basierenden Norm zwischen Protektionismus und legitimem Schutz für Gesundheit und Umwelt zu differenzieren. Die Aufgabe ist die gleiche und auch die zur Verfügung stehenden Instrumente — beispielsweise die Präambel zum GATT-Artikel XX. 5 Und wirklich können diese Instrumente den langjährigen Krisenherd der Handels- und Umweltdispute abkühlen: die Frage nach unilateralen Umweltschutzmaßnahmen. Wenn wir akzeptieren, dass schon die Regeln für Massnahmen, die auf Produkten basieren, den Protektionismus beseitigen können und in der Lage sind, dasselbe auch im Rahmen von auf PPMs basierenden Normen zu schaffen, dann haben wir die Frage nach unilateralen Massnahmen sinnentleert. Jede auf PPMs basierende Massnahme ist im Rahmen multilateral vereinbarter Regeln dargelegt und daher per se nicht mehr unilateral. Während man also zugeben muss, dass der Spielraum für Protektionismus größer wird, wenn man Staaten gestattet, an der Grenze nach PPMs zu unterscheiden, sollte nicht behauptet werden, die vorhandenen Instrumente seien der Aufga be nicht gewachsen oder die Aufgabe sei grundlegend anders, wenn nach Normen unterschieden werden soll, die auf PPMs statt auf Produkten basieren. Das Argument, auf PPMs basierende Normen durchzusetzen, sei undurchführbar, scheint auf den realen Schwierigkeiten zu basieren, sie von solchen Normen zu unterscheiden, die auf Produkten basieren. Letzteres, so wird argumentiert, kann an der Grenze auf Einhaltung überprüft werden. Ersteres nicht, da Einhaltung oder Nichteinhaltung an der physischen Beschaffenheit des Endprodukts nicht erkennbar ist. Das Argument mag stichhaltig gewesen sein, als das GATT ausgehandelt wurde. Es war auch sinnvoll, dass die Verhandlungsdelegierten für das Abkommen über Technische Handelsschranken (TBT) es in der Tokio-Runde nutzten. Aber in unserer heutigen Welt hat es seine Bedeutung vollkommen verloren. Zertifizierung durch Dritte und Testuntersuchungen gehören heute in vielen Branchen zu den elementaren Realitäten, und darauf spezialisierte multinationale Unternehmen stehen bereit, die wachsenden Nachfrage in diesem Bereich zu befriedigen. Und Sachlage ist, dass eine große Zahl von auf PPMs basierenden Normen bereits gültig ist, wenngleich sie eher von Käuferseite als von Regierungsseite auferlegt werden. Die Norm ISO 14001, in vielen Bereichen des internationalen Handels bereits Vorbedingung, ist eindeutig eine auf PPMs basierender Norm für Umweltmanagement. Auch Regierungen schlagen solche Normen vor. Viele der Gesundheits- und Pflanzengesundheitsnormen basieren auf PPMs, ebenso Regeln zum Schutz von geistigem Eigentum. Keines der praktischen Probleme, die für solche Normen vorhergesagt wurden, hat sich dabei als unlösbar erwiesen. Die Vorstellung, auf PPMs basierende Normen könnten einen Eingriff in die Souveränität darstellen, ist oberflächlich betrachtet ganz vernünftig: sie zwingen Produzenten in Entwicklungsländern entsprechend den Normen der Importeure zu produzieren, die für das Herstellerland ungeeignet sein könnten. Bei genauer Betrachtung ist dieser Einwand allerdings nicht haltbar. Erst einmal sollte angemerkt werden, dass es in der Auswirkung keinen Unterschied zwischen solchen Normen und Produktnormen gibt. Beide erfordern eine Änderung im Produktionsprozeß, beide implizieren vermutlich einen Anstieg der ProduktiBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 19 onskosten — zumindest auf kurze Sicht. Und beide stellen eine neue Bedingung für den Zugang zum Markt des normensetzenden Landes dar. So sind die Auswirkungen von Produkt basierenden Normen — die laut Vereinbarung nicht notwendigerweise gegen das Prinzip der Nichtdiskriminierung verstoßen — nicht anders als die solcher Normen, die auf PPMs basieren. Noch wesentlicher scheint jedoch die wunderliche Behauptung, dass ein Importeur, der seine Präferenzen spezifiziert, ob in Hinblick auf das Endprodukt oder dessen Produktionsmethode, damit die Souveränität verletze. Setzt man das Fehlen von protektionistischen Motiven voraus, wie unterscheidet sich dann eine solche Spezifizierung von den zahllosen Spezifizierungen seitens der Käufer, mit denen Exporteure routinemäßig konfrontiert sind und von denen viele die Verarbeitungs- und Produktionsmethoden detailliert vorgeben? Durch nichts. Will sich der Hersteller nicht an solche Spezifizierungen halten, kann nichts und niemand ihn dazu zwingen, deshalb werden auch die Souveränitätsrechte nicht verletzt. Ebenso wenig findet ein Export von Werten als solchen statt. Tatsächlich würde ein echter aufgezwungener Export von Werten dort stattfinden, wo ein Land gezwungen wäre, Güter, deren Produktionsmethoden es nicht billigt, zu importieren — also der Situation nach traditioneller Auslegung der GATT-Gesetzgebung. Einzig der Markt kann beim Exporteur einen Sinneswandel herbeiführen. Denn wenn er den Produktionsprozess nicht ändert, wird sich der Käufer anderweitig umsehen. Als Antwort auf jegliche Marktveränderung durch Präferenzen von Konsumenten wird sich ein mit auf PPMs basierenden Normen konfrontierter Exporteur entweder anpassen oder untergehen. Auswirkungen auf wenig entwickelte Länder Das bringt uns zum vierten Punkt — den Auswirkungen solcher Normen auf Exporteure aus Entwicklungsländern. Wären Handel und Umwelt der richtige Kontext für die Diskussion, dann wäre das Diktum „anpassen oder untergehen” das Ende der Geschichte. Aber, und so wurde in der Vergangenheit schon oft zwingend argumentiert, der richtige Kontext BRÜCKEN für die Diskussion ist in der Tat Handel und nachhaltige Entwicklung. 6 Deswegen müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob die Präferenzen eines reichen Importeurs Leben und Lebensunterhalt der Exporteure in weniger gut gestellten Ländern nachteilig beeinflussen. Ob es um ein Verbot von Azo-Farbstoffen in Textilien oder Forstprodukten aus Altholz geht — d. h. um eine auf dem Produkt oder eine auf dem Produktionsprozess basierende Massnahme — die Entscheidung, neue Normen zu erlassen, muss verantwortlich und in Übereinstimmung mit den etablierten Zielen und Zwecken der besonderen und differenzierten Behandlung der Entwicklungsländer gemäß der WTO getroffen werden. In einem Bruch mit dieser Tradition sollte eine solche Behandlung jedoch auf strengen Gesetzesauflagen basieren. Die schwachen Verpflichtungen in Bezug auf die derzeit festgelegte besondere und differenzierte Behandlungwerden nachweislich mehr durch Bruch beachtet als durch Erfüllung. 7 Zu den Richtlinien, die jeder, der Normen festlegt, beachten sollte, gehören unter anderem 8: · Transparenz bei der Festlegung von Normen und die Möglichkeit, Massnahmenentwürfe zu kommentieren, · angemessene Vorlaufzeit bei der Bekanntgabe neuer Normen, um eine Anpassung zu ermöglichen, · Bemühungen, auf internationale Abkommen bezüglich Normen hinzuarbeiten, wo es angebracht ist, · Genehmigung einer funktionalen Entsprechung bei der Einhaltung von Normen (z. B. nicht bestimmte Technologien oder Produktionsmethoden festzusetzen, sondern eher deren Resultate), · Hilfe bei der Anpassung wie Ausbildung und Technologietransfer, wo es von den Exporteuren verlangt wird, · Schaffung von Zentren für Testuntersuchungen und Zertifizierungen und · finanzielle Unterstützung für einmalige Anpassungskosten. Die Kosten der letzten Massnahmen könnten von dem, der die Norm setzt, getragen oder durch Arrangements zur Kostenteilung zwischen dem betroffenen Land und einem WTO-Sonderfonds für Anpassungsmaßnahmen gedeckt wer- KOMMENT AR OMMENTAR den. Der praktische Nutzen, Normen festlegende Länder zur Unterstützung der Anpassung an ihre Normen zu zwingen, ist — neben der Anerkennung der Prinzipien für nachhaltige Entwicklung — dass dadurch die dem System gegenwärtig inhärente Trennung zwischen Kosten und Nutzen abgeschafft werden kann. Im Rahmen nationaler Normen sind Regierungen gezwungen, Kosten und Nutzen von Verordnungen in einem bestimmten Gleichgewicht zu halten, da beide auf nationaler Ebene entstehen. Im internationalen Rahmen sind Kosten und Nutzen getrennt, so dass es für Staaten nur wenig Anreize gibt, verantwortlich zu handeln, indem sie von Herstellern bessere Leistungen verlangen. Das kann zu extrem kostspieligen Normen führen, die nur wenig Nutzen haben. 9 Fazit ist, dass es in der Praxis keinen Unterschied gibt zwischen Normen, die auf Produktmerkmalen beruhen, und solchen, die auf den Verarbeitungs- und Produktionsmethoden basieren. Beide stellen die gleichen Herausforderungen dar und für beide gibt es Instrumente, um mit den Problemen umzugehen, die bei ihrer Anwendung auftreten können. Es ist Zeit, dass die Handels- und Umweltdebatten diese falsche Unterscheidung hinter sich lassen, um echte Importprobleme wie die Notwendigkeit, die Bedürfnisse und besonderen Schwierigkeiten der Entwicklungsländer angesichts des bestehenden Systems multilateraler Handelsgesetze zu behandeln. Das würde helfen, sicherzustellen, dass diese Gesetze zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Aaron Cosbey ist Gesellschafter und Senior Berater für Handel und Investitionen des Internationalen Instituts für nachhaltige Entwicklung in Winnipeg. In diesem Artikel steht PPMs für nicht produktbezogene PPMs (Prozeß- und Produktionsmethoden). Ebenso entspricht Produktnorm einer Abkürzung für sowohl Produktnormen als auch für produktbezogene Normen, die auf PPMs beruhen. Eine Erklärung dieser Unterscheidungen finden Sie im IISD/ UNDP, Environment and Trade handbook. Winnipeg: IISD, 2000, 41 42. 1 Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 20 Dazu z. B. auch Janet Chakarian, PPMs and the GATT, in OECD, Trade and Environment: Process and Production Methods. Paris: OECD, 1994, 113 - 120. 2 Das hat auch bei Tierschutz- und Menschenrechtsgruppierungen Bestürzung hervorgerufen. 3 Siehe Rob Howse, The Product/Process Distinction - An Illusory Basis for Disciplining Unilateralism in Trade Policy, European Journal of International Law, 11, No. 2, 2000. 4 Tatsächlich wurde der Artikel XX chapeau erfolgreich angewendet, um Protektionismus auf der Basis von PPMs zu unterbinden. 5 6 Siehe IISD (1994), Trade and Sustainable Development Principles. Winnipeg: IISD. Siehe Ricardo Meléndez-Ortiz and Ali Dehlavi, 2000, Trade, Environment and Sustainable Development, The Case for Updating Special and Differential Treatment in the WTO, in Peider Könz et al., eds., Trade, Environment and Sustainable Development, Views From Sub-Saharan Africa and Latin America: A Reader, Tokyo/Geneva: UNU/ICTSD. 7 8 Einige dieser Richtlinien stammen aus der Entscheidung des Berufungsgremiums im WTO-Garnelen-Schildkröten-Fall (AB1998-4). Eine neue Studie der Weltbank schätzt, dass die neuen EU-Normen für Aflatoxin (Schimmelpilzgift) die afrikanischen Exporte von Nüssen, Getreide und Trockenfrüchten in die EU beschneiden werden; dadurch liegen die Exporterträge um 670 Millionen US$ niedriger als bei Einhaltung internationaler Normen. Der Nutzen dieser neuen Normen wird auf 1,4 Tote weniger pro Milliarde Menschen geschätzt. Tsunehiro Otsuki, John S. Wilson and Mirvat Sewadeh, A Race to the Top? A Case Study of Food Safety Standards and African Exports. World Bank Working Paper No. 2563, Washington, D.C.: World Bank, 2001. 9 BRÜCKEN TERALE UMWEL TABK OMMEN MUL TILA ABKOMMEN MULTILA TILATERALE UMWELT Haltung der USA zum Klimawandel scharf kritisiert Präsident George W. Bushs zunehmend stärkere Ablehnung des Kioto-Protokolls und seine jüngste Erklärung, der amerikanischen Industrie keine Kohlendioxidbeschränkungen aufzuerlegen, traf über- würde. Weiter wies Bush auf „den unvollständigen wissenschaftlichen Kenntnisstand über Gründe und Lösungen für die globale Erwärmung” hin. Diese Aussagen folgten drei Anfang des all auf der Welt auf scharfe Kritik. Seine Kommentare kennzeichnen einen großen Rückschlag nach den viel versprechenden Anzeichen beim G-8-Treffen in Triest, Italien, Anfang März, die USA und die EU könnten einem Abkommen zum Klimawandel näher kommen. In Triest haben sich die Umweltminister aus sieben führenden Industrieländern und Russland einmütig verpflichtet, „sich zu bemühen, in ausstehenden politischen Fragen eine Einigung zu erreichen und die Unversehrtheit der Umwelt gemäß dem Kyoto-Protokoll auf kosteneffiziente Weise zu sichern”. Jahres vom Internationalen Gremiums für den Klimawandel (IPCC) veröffentlichten Berichten über Wissenschaft, Auswirkungen und Bekämpfungsstrategien, in denen Wissenschaftler „neue und schlagkräftigere Beweise, dass der Großteil der während der letzten 50 Jahre beobachteten Erwärmung menschlichen Aktivitäten zuzuschreiben ist”, vorlegten. Das jüngste Eingeständnis der Vorsitzenden der US-Umweltschutzbehörde, Christie Todd Whitman, „die USA habe an der Umsetzung dieses Vertrags kein Interesse”, bestätigte eindeutig Präsident Bushs frühere Ablehnung des Kioto-Protokolls und wird von einigen als bis jetzt deutlichstes Anzeichen dafür gewertet, dass sich die USA aus dem UN-Verhandlungsprozeß zurückziehen wollen. In einem Brief an den Senator von Nebraska, Chuck Hagel, bekräftigte Präsident Bush erneut seine Ablehnung des Protokolls, das Industrieländer verpflichtet, ihre Treibhausgas-emissionen bis 2012 um 5,2 Prozent zu senken. „Ich bin gegen das Kioto-Protokoll, weil es 80 Prozent der Welt von der Einhaltung ausnimmt, darunter so bevölkerungsstarke Länder wie China und Indien, und der amerikanischen Wirtschaft großen Schaden zufügen würde”, schrieb Bush. Bezug nehmend auf ein Versprechen, das er während seiner Wahlkampagne im letzten Jahr gegeben hatte, schrieb er in seinem Brief, er wolle den amerikanischen Kraftwerken keine Zwangsbeschränkungen für Kohlendioxidemissionen auferlegen, da solche Beschränkungen einen Wechsel von Kohle zu Gas verlangten, was, wie er behauptete, zu höheren Strompreisen führen Bestürzung in Europa und bei NRO Staatsoberhäupter aus aller Welt reagierten heftig auf Präsident Bushs Worte. In einem gemeinsamen Brief an den amerikanischen Präsidenten schrieben der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, und der Schwedische Premierminister, Göran Persson, dass Amerika und Europa nach dem Scheitern der letzten Verhandlungsrunde in Den Haag im November letzten Jahres die Gespräche über den Klimawandel „unbedingt fortführen müssten”. Außerdem betonten sie die Bedeutung dieser Frage für die außenpolitischen Beziehungen zwischen der EU und den USA: „Die globale und langfristige Bedeutung des Klimawandels und die Notwendigkeit gemeinsamer Bemühungen aller Industrieländer in diesem Bereich sind ein integraler und wichtiger Teil der Beziehungen zwischen den USA und der EU”. Als sich die europäischen Verurteilungen von Präsident Bushs Sinneswandel mehrten, kündigte die Umweltkommissarin Margot Wallström an, die EU plane, Anfang April eine hochrangige Delegation nach Washington zu entsenden, die Amerikas Haltung zum KP „abklären” solle. In einem scharf formulierten Brief an Frau Whitman brachte die französische Umweltministerin Dominique Voynet die „überaus schwerwiegenden Bedenken” ihrer Regierung zum Ausdruck und warnte die USA, dass sie „eine sehr schwere Verantwortung zu tragen hätten”, sollten sie den in weiten Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 21 Kreisen anerkannten Klimawandelvertrag in Frage stellen. Bei seinem Treffen mit Präsident Bush am 29. März wiederholte der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder zwar, dass er in dieser Frage mit den USA nicht übereinstimme, versicherte aber auch, dass „unsere zuständigen Leute” zusammenkämen, um die Klimaverhandlungen wie geplant vom 16.-27. Juli in Bonn beim zweiten Teil der 6. Parteienkonferenz ( COP-6) weiterzuführen. Selbst Kanada — sonst Hauptverbündeter der USA beim Thema Klimawandel und Teil der "Umbrella Group" (USA, Kanada, Australien und Neuseeland) — drückte seine Enttäuschung über die Position des amerikanischen Präsidenten aus. Nach Aussage des kanadischen Umweltministers David Anderson wird der Ausweg aus der Sackgasse, in der sich die Gespräche befinden, durch Präsident Bushs Schritt wesentlich versperrt. Minister Anderson liess auch anklingen, dass die EU die Chance vertan habe, mit der scheidenden Clinton-Regierung einen Handel abzuschließen, und deswegen mitverantwortlich für das Scheitern der Gespräche sei. „Mir wäre lieber, Mr. Bush hätte die Entscheidung, die er getroffen hat, nicht getroffen, aber ich hoffe inständig, dass die Europäer ihre Lektion gelernt haben und nicht noch einmal den gleichen Fehler machen, wenn sie mit der Umbrella Group verhandeln”, sagte Anderson. Heftige Reaktionen gab es auch von vielen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. Zur Verteidigung der Entwicklungsländer hob der ausführende Sekretär des UN-Rahmenabkommens zum Klimawandel, Michael Cutajar, die wesentlich höheren Pro-KopfKohlendioxidemissionen des Nordens verglichen mit dem Süden hervor. „Die Fairness verlangt, dass Industrieländer als erste Emissionen begrenzen”, sagte er. Die NRO Friends of the Earth kritisierten die amerikanische Haltung als „Umweltisolationismus” und forderten alle anderen Staaten auf, die Klimaverhandlungen ohne die USA weiterzuführen. Ähnliche Kritik kam vom WWF Fortsetzung seite 24 BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Festbankett oder Hungernsnot: Amerikanische Handelspolitik 2001 Von Viji Rangaswami und Timothy M. Reif Wie in allen anderen Bereichen des Lebens beruht auch in der Handelspolitik das Wissen, wohin wir gehen, auf dem Wissen, woher wir kommen. Hier in den Vereinigten Staaten kommen wir gerade aus einer Sackgasse, in der unser Kongreß fünf Jahre lang, von 1995 bis 2000, feststeckte, gefolgt von wichtigen Fortschritten während der letzten 12 bis 18 Monate bei der Umsetzungen einer Handelspolitik, die wirtschaftliche Globalisierung akzeptiert und gestaltet. Während dieser fünf Jahre in der Sackgasse verstrickte sich der Kongress in eine zunehmend schärfer werdenden Debatte über Globalisierung und Handelspolitik. Eine Seite argumentierte damit, dass, ungeachtet des Kontexts der betroffenen Regeln, mehr Handel immer besser sei und die Globalisierung sich von ganz allein zum besten entwickeln werde; die andere Seite vertrat den Standpunkt, die Globalisierung sollte gestoppt werden. Ergebnis war eine Sackgasse. 2000 ging der Kongress über diese polarisierte Debatte hinaus, um einen neuen Ansatz zu versuchen: zu akzeptieren, dass die Globalisierung bleiben wird und sicherzustellen, dass dieser Prozess geformt wird. Indem der Kongress die schwierigsten Punkte der Handelsagenda offen ansprach, konnte er einige wichtige Handelsgesetze verabschieden: (1) eine wesentliche Ausweitung des bevorzugten US-Handelsprogramms mit Staaten aus dem karibischen Raum; (2) Schaffung eines erweiterten bevorzugten USHandelsprogramms und anderer Vorteile für die afrikanischen Staaten südlich der Sahara; (3) Ausweitung der ständigen normalen Handelsbeziehungen auf China; und (4) die Zurückweisung einer Resolution, deren Durchkommen die Unterstützung des Kongresses für eine fortgeführte Verpflichtung gegenüber der Welthandelsorganisation in Frage hätte stellen können. Die Schlüsselfrage ist nun, wie diese Vorwärtsbewegung beibehalten und ein Rückfall in die Zeit des Stillstands ver- mieden werden kann. Ein politischer Rahmen für wirtschaftliches Engagement der USA Wie schon 2000 gibt es auch 2001 drei auf Fortschritt ausgerichtet Wegweiser in der US-Handelsagenda. Erstens müssen Kongress und Regierung Fragen hinsichtlich Arbeitsnormen und Umweltverordnungen im Kontext globalen Wettbewerbs offen ansprechen. Ein Versuch, diese Fragen zu umgehen oder abzuwürgen, wird die nationale Politik der USA in diesem so wichtigen Bereich vermutlich wieder in den absoluten Stillstand zurückwerfen. Zweitens müssen wir innovativ sein und Wege finden, um jeden handelspolitischen Umstand angemessen anzusprechen, und das in einem Rahmen, der den wirtschaftlichen Globalisierungsprozess bewusst, dass es nur der erste Schritt ist, die USA darauf vorzubereiten, sich auf unsere Handelspartnern einzulassen. Die USA werden sich sehr bemühen müssen, die Haltung, die sie — insbesondere zu den am meisten umstrittenen Fragen wie Verknüpfung von Arbeitsnormen und Handel sowie Umweltverordnungen und Handel — einnehmen, zu erklären und den Bedenken unserer Handelspartner, vor allem aus Entwicklungsländern, zu begegnen, obgleich wir unsere Positionen entschieden verteidigen. Gleichzeitig erwarten wir von anderen, sich ebenso sehr zu bemühen, die Standpunkte und Fragen, die von den USA und anderen Staaten vorgebracht wurden, zu verstehen, damit wir zusammen an mehr Verständnis und Vertrauen füreinander arbeiten können. Wir sind auch der Meinung, vor allem in der Frage der Arbeitsnormen müssten verschiedene Märchen und falsche Vorstellungen mehr diskutiert werden. Ein solches Obwohl Arbeits- und Märchen ist, dass die AufnahUmweltschutznormen als me von Arbeits- und UmweltEntschuldigung für Protektionismus schutznormen den komparatibenutzt werden könnten, wäre es ein ven Vorteil sich entwickelnder Ökonomien schwäche. Ziel ist schlimmer Fehler, deren Legitimität nicht, den komparativen Vorteil und die entscheidenden Fragen, die durch die Auferlegung von „USauf dem Spiel stehen, zu ignorieren. Normen” zu unterhöhlen, sondern dass sich Staaten in der Praxis an Grundnormen halten, auf die sie sich in praktisch allen wirkungsvoll gestaltet. Hier gibt es kei- Fällen geeinigt haben — die fünf Kernne Einheitsgröße. Ein Weg, der für ein arbeitsnormen der ILO für Kinder- und freies Handelsabkommen passen mag, Gefangenenarbeit, Nichtdiskriminierung kann sich auf multilateraler Ebene als und das Recht der Arbeiter, sich zusamnicht gangbar erweisen. menzuschließen und kollektiv zu handeln. Drittens müssen wir weiterhin Vertrauen schaffen und gleichzeitig Stein um Stein Obgleich es möglich ist, das Thema die amerikanische Handelspolitik wieder Arbeits- und Umweltschutznormen als aufbauen, indem wir uns mit einem Pro- Entschuldigung für „Protektionismus” zu blem nach dem anderen befassen. Die gebrauchen, was verhütet werden muss, handelspolitischen Fragen, die wir nach- ist es ein schwerwiegender Fehler, sie stehend behandeln werden, sind mögli- deshalb zu verwerfen oder zu glauben, che Bausteine, um an allen Fronten er- sie wären nur durch Druck von folgreich zu sein. Es wäre ein schwerwie- Interessensgruppen entstanden. Die grögender Fehler, sie als bloße Tauschob- ßere Gefahr ist, ihre Rechtmäßigkeit und jekte oder politische Spielbälle zu miss- die bedeutenden Fragen, um die es hier brauchen. geht, zu ignorieren. Wir sind uns natürlich vollkommen Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 22 Und schließlich muss Handelspolitik zu- BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR nehmend mit Hilfe und technischer Unterstützung gekoppelt werden. Das Ziel ist, die Kapazität der Entwicklungsländern auszubauen, Richtlinien in verschiedenen Bereichen effektiver umzusetzen, ob Rechte am geistigen Eigentum, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen oder Arbeitsnormen. Freihandelsabkommen zwischen USA und Jordanien Die Umsetzung des Freihandelabkommens zwischen USA und Jordanien ist der erste wichtige Baustein zur Konstruktion eines Fundaments für die zukünftige amerikanische Handelspolitik. Das im Oktober 2000 unterzeichnete FTA wurde dem Kongress am 6. Januar 2001 formell übergeben. Die Umsetzungsgesetzgebung ist relativ geradlinig und könnte vom Kongress rasch geprüft und verabschiedet werden. Das Jordanien-Abkommen enthält Arbeits- und Umweltschutzrichtlinien, die auf dieselbe Weise durchsetzbar sind wie alle anderen Verpflichtungen auch. Diese Verordnungen sind ein verantwortlicher und wirksamer Mechanismus, um die gemeinsame Verpflichtung beider Länder für starke Arbeits- und Umweltschutznormen und wirksame Durchsetzung von Arbeits- und Umweltschutzgesetzen umzusetzen. Sie sind dem Abkommen und Rahmen, in dem sie ausgehandelt wurden, angemessen. Darüber hinaus wird der Mechanismus von dem gemeinsam gegebenen Versprechen gestärkt, durch die Gründung einer Arbeitsgruppe in der WTO einen Dialog über diese Fragen zu forcieren. Obgleich einige vorbringen, die Umsetzungsgesetzgebung hätte sich wegen der Aufnahme von Arbeits- und Umweltschutzverordnungen verzögert, glauben wir, dass eine Verzögerung der Berücksichtigung der Umsetzungsgesetzgebung oder Versuche, das Abkommen wieder zu öffnen, die Chancen für die Verabschiedung irgendeiner anderen Handelsinitiative in diesem Jahr ernsthaft gefährden würden. Die erfolgreiche Umsetzung des Jordanien-Abkommens bietet die Gelegenheit, um Dynamik für Fortschritte in der Handelsagenda zu erzeugen, den wichtigsten jordanischen Reformen in der Wirtschafts- und Handelspolitik ange- messene Beachtung zu schenken und die amerikanischen Bemühungen zu unterstützen, Frieden und Stabilität im Nahen Osten zu fördern. Bilaterales Handelsabkommen zwischen den USA und Vietnam Auch das Bilaterale Handelsabkommen zwischen den USA und Vietnam sollte der Kongress in diesem Frühling nach dem Baukastenprinzip behandeln. Die Zustimmung des Kongresses zum BTA würde Vietnam auf der Basis einer jährlichen Erneuerung für den Meistbegünstigtenstatus qualifizieren. Dieses Abkommen war Anfang 1999 im wesentlichen abgeschlossen und spiegelt deshalb nicht die Fortschritte wider, die wir während der letzten 18 Monate bei der Behandlung von Arbeits- und Umweltschutzbestimmungen in bilateralen und regionalen Abkommen gemacht haben. Da die Handelsbeziehungen zwischen den USA und Vietnam wachsen, brauchen wir einen zeitgemäßen Rahmen für Regeln, die den Wettbewerb steuern. Für Vietnam gehört die Aushandlung eines bilateralen Abkommens über Textilien und Bekleidung zu den Hauptkomponenten unserer Handelsbeziehung. Wir sollten deutlich machen, dass es unser Ziel ist, im Bereich Arbeitsnormen positive Anreize wie in dem mit Kambodscha ausgehandelten Abkommen zu erreichen. Dieser Weg ist für Vietnam eine Chance, auf der Grundlage einer verbesserten Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen besseren Zugang zum amerikanischen Markt zu bekommen. Was Kambodscha betrifft, so ist es wahr, dass es hier Probleme bei der Umsetzung des Abkommens gab. Trotzdem hat das Abkommen Vorteile und sollte fortgesetzt werden, nachdem die Probleme beseitigt worden sind. Der grundsätzliche Ansatz ist vernünftig — positive Anreize zur Stärkung von Arbeitsnormen einzusetzen, also die Kontingente bei Erfolg zu erhöhen statt im Falle eines Scheiterns zu senken. Darüber hinaus ist das Abkommen eine Antwort für alle, die behaupten, die Zielsetzung, die Verknüpfung von Handel und Arbeitsnormen anzuerkennen, werde den Handel einschränken. Gesetz über Handelspräferenzen für Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 23 die Andenstaaten Das 1991 in Kraft getretene Gesetz über Handelspräferenzen für die Andenstaaten (Andean Trade Preferences Act — ATPA) räumt Bolivien, Kolumbien, Ecuador und Peru zehn Jahre lang Handelspräferenzen für bestimmte Waren ein. Zweck des ATPA ist die Stärkung legaler Wirtschaftsaktivitäten in der Andenregion und die Schaffung entwicklungsfähiger Alternativen zum illegalen Drogenhandel. Dieses Programm läuft im Dezember 2001 aus. Viele würden zustimmen, dass das Programm verlängert werden sollte und wir nach Wegen suchen sollten, wie die vorhandenen Vorteile ausgebaut werden könnten, einschließlich der Ausdehnung von Vorteilen auf Bekleidung aus den Andenstaaten. Das könnte erreicht werden, wenn wir, wie im Rahmen des CBI, Möglichkeiten fänden, auf der Komplementarität zwischen der amerikanischen Textil- und Bekleidungsindustrie und der Industrie der Andenregion aufzubauen, und die Verknüpfung von Handel und Arbeit ansprächen. Zusätzlich und für eine optimale Wirkung sollten Verlängerung und Ausweitung des ATPA im Rahmen eines Hilfs- und Entwicklungspakets auf breiterer Basis in Betracht gezogen werden. Fast Track, FTAA- und WTO-Verhandlungen Vom 9. - 13. November 2001, findet in Doha, Qatar, die Vierte WTOMinisterkonferenz statt. Ziel des Treffens wird es sein, neben neuen Bereichen bei den Handelsgesprächen über Landwirtschaft und Dienstleistungen auch mögliche zusätzliche Bereiche wie E-Commerce, Senkungen der Industriezölle und eine Reform des Streitschlichtungsverfahrens aufzuzeigen. Wir glauben, die USA sollten bereit sein, sich bei jedem dieser Treffen auf ihre Handelspartner einzulassen, um in vielen Bereichen Fortschritte zu machen und die Herausforderungen der Globalisierung durch Maximierung ihrer Vorteile und Minimierung ihrer Fallstricke zu beeinflussen. Viele unserer Handelspartner müssen interne politische und methodische Fragen behandeln, um für zusätzliche BRÜCKEN KOMMENT AR OMMENTAR Verhandlungen bereit zu sein. In den USA ist eine politische und methodische Schlüsselfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Fast-TrackVerhandlung über Handelsabkommen und Genehmigungsverfahren wieder aufgenommen werden soll. Der Fast-Track-Rahmen der USA spiegelt die Tatsache wider, dass die amerikanische Verfassung dem Kongress die ausdrückliche Zuständigkeit erteilt, den Handel mit ausländischen Nationen zu regulieren, wohingegen die Zuständigkeit, mit ausländischen Nationen Abkommen auszuhandeln, beim Präsidenten liegt. Um mit der geteilten Zuständigkeit der amerikanischen Exekutive und Legislative in diesem Bereich umzugehen, gab es in der Fast-TrackGleichung von Anfang an drei unterschiedliche Elemente. Das erste Element besteht darin, in Beratungen mit der Exekutive die vordringlich auszuhandelnden Ziele für die USA, wie sie vom Kongress durch Gesetz festgelegt sind, zu bestimmen. In den Bereichen Arbeitsnormen und Umweltrichtlinien — sowie auch in den Bereichen Diensleistungsverhandlungen, Landwirtschaft, E-Commerce, Rechtsmittel im Handel und anderen — muss noch substanzielle Arbeit geleistet werden, um den vordringlich auszuhandelnden Ziele der USA gerecht zu werden. Das zweite Element ist die Schaffung einer Reihe von Verfahren, die sicherstellen, dass der Kongress — und alle Interessierten — in jede Phase der Verhandfortsetzung Seite 21 und der Vereinigung Besorgter Wissenschaftler, die Präsident Bush vorwarfen, sich den Interessen der amerikanischen Kohle- und Kraftwerklobbyisten zu beugen. Der amerikanische Umweltschutzfonds (Environmental Defense Fund) wies darauf hin, dass Bushs Haltung Amerikas Image sehr geschadet habe. Wenig Hoffnung auf politische Umkehr Obgleich ein leitender Funktionär des amerikanischen Außenministeriums erklärte, dass die USA nicht die Absicht hätten, das KP nicht anzuerkennen, ha- lungen miteinbezogen werden. Sind die ersten beiden Elemente einmal ausgehandelt, stimmt der Kongress schließlich zu, bestimmte Verfahren festzulegen, die eine up-or-down Abstimmung bei der Umsetzungsgesetzgebung für das Handelsabkommen vorsehen. Will der Kongress bei der Wiedereinführung des Fast-Track-Verfahrens erfolgreich sein, wird er mit großer Sicherheit ebenfalls diesen Weg beschreiten müssen. Wie weiter oben bereits ausgeführt, kann und sollte die Wiedereinführung des Fast-Track-Verfahrens nicht im luftleeren Raum betrachtet werden. Wenn die oben ausgeführte Handelsagenda erfolgreich umgesetzt wird — dazu gehört es auch, in einer mit der WTO vereinbaren Weise die Krise in Hinblick auf die weltweiten Stahlüberkapazitäten und deren ernste Auswirkungen auf amerikanische Arbeitnehmer und Unternehmen anzusprechen — dann werden diese Schritte bei der Verbesserung der Aussichten auf ein Abkommen gemäß dem Fast-Track-Verfahren als wichtige Bausteine dienen. Werden diese Schritte getan, dann glauben wir, sollte der Kongress in diesem Jahr bereit sein, mit der Regierung zusammenzuarbeiten und Verfahren für die USA einzuführen, um neue bilaterale, regionale und multilaterale Handelsgesetze auszuhandeln und umzusetzen. Globalisierung durch das Abkommen über ständige normale Handelsbeziehungen mit China, CBI-Afrika, das Textilabkommen mit Kambodscha und das Freihandelsabkommen mit Jordanien. Beherzigen wir die Lektionen der letzten 18 Monate, können wir auf eine Handelsagenda 2001 zusteuern. Die Gefahr dieses Moments ist, dass wenn wir versäumen, diese Lektionen zu lernen — den Neuerungen den Rücken kehren und zur rigiden Methode zurückkehren, Fragen wie Arbeitsnormen oder Umweltrichtlinien aus der Handelsagenda auszuklammern oder sie zu marginalisieren versuchen, dann können die vor uns liegenden Möglichkeiten schnell zunichte gemacht und unsere Entwicklungsrichtung umgekehrt werden. In Anbetracht dessen, was für unser Land und alle unsere Handelspartner überall auf der Welt auf dem Spiel steht, hoffen wir weiterhin, dass die USA das Versprechen dieses Moments wahr werden lassen. Viji Rangaswami ist Berater, Timothy M. Reif Chefberater für Handelsfragen der Demokratischen Partei im Ausschuss für Mittel und Wege des US-Repräsentantenhauses. Diesen Kommentar schrieben sie als Privatpersonen, er spiegelt daher nicht unbedingt die Ansicht eines Mitglieds des Kongresses der USA wider. Die USA stehen an einem Punkt, der Versprechen und Gefahr gleichermaßen verheißt. Das Versprechen dieses Moments liegt darin, dass wir die Chance haben, die Fortschritte der letzten 18 Monate auszubauen — die Bemühungen um die ben die meisten Analysten nur wenig Hoffnung, dass die USA unter Präsident Bush wieder zu einem Handel bereit sein werden, der die US-Industrie zu Emissionssenkungen zwänge. „Es gibt keine Alternative zur Ratifizierung ohne die USA”, sagte Michael Raquet, Klimaexperte bei Greenpeace. Die meisten Länder werden mit der Umsetzung des Protokolls aber nicht beginnen, wenn Amerika — das als größter Emissionär etwa ein Viertel der weltweiten Kohlendioxidemissionen verursacht — nicht mitmacht. Laut Umweltkommissarin Wallstöm wäre ein solcher Schritt ein Freifahrtschein für die US-Industrie auf Kosten der Entwicklungsländer. „Warum sollten wir die euBrücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 24 ropäische Industrie unter solchen Druck setzen, die amerikanische aber davonkommen lassen?” fragte sie. Christian Egenhofer, Senior Fellow des Beraterstabs Centre for European Policy Studies in Brüssel, glaubt nicht, dass die USA etwas so Ambitioniertes wie das KP unterschreiben werden, vermutet aber, dass sie statt dessen versuchen werden, ein regionales Emissionssenkungssystem zu entwickeln. „Irgendeine Vorstellung werden die USA mit Sicherheit haben, und die EU wird darauf reagieren müssen — und es wird eher früher als später so weit sein”, sagte er. BRÜCKEN NACHRICHTEN Südafrikas P atentprozess könnte wesentliche Klärung der Patentprozess TRIPS -R egeln ankündigen -Regeln Ein Prozess mit möglicherweise weltweiten Auswirkungen auf den Zugang zu Medikamenten wurde in Südafrika von Anfang März auf den 18. April verschoben. Der Fall wurde von der Südafrikanischen Vereinigung der Pharmaproduzenten (PMA) gegen die Regierung vorgebracht, die darin beschuldigt wird, nicht verfassungsgemäße Rechte anzustreben, um sich mittels einer noch anhängigen Gesetzgebung, die Parallelimporte und Pflichtlizenzen in großem Rahmen gestattet, über Patentrechte hinwegzusetzen. TRIPS-Verletzung angedeutet Die internationale Dimension des Patentstreits liegt in der Behauptung der PMA, das Arzneimittelgesetz von 1997 verletze das WTO-Abkommen über Handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum (TRIPS). Parallelimporte aus Drittländern (wo Medikamente billiger als solche von lizenzierten Distributoren der Gastländer sind) und Pflichtlizenzen sind nach dem TRIPS bei Notfällen im öffentlichen Gesundheitswesen möglich, die Dimension des Vertrages ist aber bis jetzt kaum erprobt. Als Mindestauflage sieht TRIPS-Artikel 31 vor, dass Patentinhabern faire Entschädigungen angeboten werden, wenn ihre Produkte von nicht lizenzierten Herstellern produziert werden. Das Abkommen regelt weder, wie solche Entschädigungen festgelegt werden sollen, falls die beiden Parteien uneinig sind, noch enthält es eine Definition für einen „Notfall im öffentlichen Gesundheitswesen”, der ein Übergehen der Patentgesetzgebung rechtfertigt. Die Pharmaindustrie (alle 39 Kläger sind multinationale Konzerne) besteht auf einer engen Auslegung der TRIPS-Ausnahmen hinsichtlich der exklusiven Vermarktungsrechte der Patentinhaber. Ihr Hauptargument ist, dass Patenteinnahmen einen Anreiz für die teure Forschung und Entwicklung neuer Medikamente darstellen. Die Entscheidung des südafrikanischen Gerichts — ob zugunsten der PharmaUnternehmen oder der Regierung — könnte den Verlierer veranlassen, den Fall dem WTO-Streitschlichtungsmechanismus zu überantworten, um eine bindende Entscheidung darüber zu erzwingen, was gemäß den TRIPS-Regeln erlaubt ist. Intensive Beteiligung der Zivilgesellschaft Interesse und Beteiligung der Zivilgesellschaft am Prozess über das Arzneimittelgesetz von 1997 entsprechen dem der Pharmaindustrie. Hauptgrund für die Verschiebung der gerichtlichen Verfahren war, den Klägern genug Zeit zu geben, auf die vorgebrachten Punkte in einem Amicus-Schriftsatz einzugehen, den die Treatment Action Campaign (TAC), eine Gruppe von AIDS-Aktivisten, trotz heftigen Widerstands der PMA spät im Prozessverlauf noch einreichen durfte. Der Schriftsatz der Bürger konzentriert sich auf die Konsequenzen der Massnahmen der PMA-Mitglieder auf HIV-positive Südafrikaner, zu denen mittlerweile fast jeder fünfte zählt. Am ersten Prozesstag versammelten sich in Pretoria, Kapstadt und Durban tausende von Demonstranten auf der Straße. Neben den äußerst effektiven lokalen Gruppen unterstützen auch viele internationale Organisationen, die sich im Gesundheitsbereich engagieren, die südafrikanische Gesetzgebung, darunter auch die britische Wohlfahrtorganisation Oxfam, die eine weltweite Kampagne zur Senkung der Arzneimittelkosten für die arme Bevölkerung gestartet hat. In einem neuen Bericht fordert Oxfam die WTO auf, den derzeit vom TRIPS garantierten zwanzigjährigen Patentschutz zu verkürzen und die Kriterien für eine Berufung auf Pflichtlizenzen und Parallelimporte abzuklären. In Fällen mit einer signifikanten nicht handelsbezogenen Dimension argumentiert Oxfam für die Annahme von Amicus-Schriftsätzen und für gemeinschaftliche Expertengremien der WTO und anderer Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Die WTO muß die Regeln ändern, die von der Pharmaindustrie gegenwärtig anwendet werden, um billige lokale Konkurrenz zu blockieren, die ihrerseits die Kosten für neue und patentierte Arzneimittel in die Höhe treibt”, so der Oxfam-Bericht. Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 25 Repräsentanten der Industrie streiten ab, dass Patentverpflichtungen ein entscheidendes Hindernis für erschwingliche Medikamente darstellen. Statt dessen schieben sie die Schuld auf infrastrukturelle Engpässe und die niedrige Priorität öffentlicher Gesundheitsbelange. Harvey Bale, Generalsdirektor des Internationalen Verbands der Vereinigung der Pharmaproduzenten, sagte, dass die langsame Reaktion der südafrikanischen Regierung auf die Preissenkungsangebote der PMA-Mitglieder bewiesen hätte, dass das eigentliche Thema des Prozesses eher ein politisches Punktesammeln als der Zugang zu Medikamenten gewesen sei. SADC prüft erneut multinationale Preissenkungsangebote Im Mai 2000 boten fünf multinationale Konzerne an, unter der Schirmherrschaft der UNAIDS die Preise für einige ihrer AIDS-Medikamente in Afrika zu senken. Mitgliedsregierungen der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) sagten anfänglich, dass der Kauf der Medikamente — selbst bei drastisch gesenkten Preisen — zur Bekämpfung anderer endemischer Krankheiten notwendige Gelder abzöge. (Die SADC sucht beim Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten nach einem umfassenderen politischen Handel). SADC-Regierungen verhandeln derzeit mit den am UNAIDS-Programm beteiligten Unternehmen (Boehringer-Ingelheim, Bristol-Meyer Squibb, GlaxoWellcome, Merck und Hoffmann-La Roche). Im Gefolge des südafrikanischen Prozesses haben viele dieser „Großen Fünf”, alle davon PMA-Mitglieder, wesentliche neue Zugeständnisse gemacht. Zentral war die Ankündigung von Bristol-Meyer am 15. März, den Widerstand gegen den Verkauf von Generika ihrer patentierten AIDS-Medikamente anderer Hersteller in Afrika aufzugeben. Außerdem will Bristol-Meyer in Afrika eine Kombination der Markenmedikamente Xerit (stavudine) und Videx (didanosine) für einen Dollar pro Tag anbieten (in den USA kostet diese Kombination 18 Dollar). Merck versprach, die gegen BRÜCKEN NACHRICHTEN Retroviren wirkenden Medikamente Crixivan und Sustiva zu einem Zehntel ihres regulären Preises in den USA (pro Patient 500 - 600 US$ pro Jahr) anzubieten. Die anderen drei haben entweder angeboten, einige ihrer Markenmedikamente gegen AIDS unter UNAIDS-Schirmherrschaft für bestimmte Bevölkerungsgruppen kostenfrei zur Verfügung zu stellen oder Arbeitgebern und gemeinnützigen Gruppen Preisnachlässe zu gewähren. Aufkeimender Preiskrieg Diesem Geist der Zusammenarbeit nicht gewachsen keimt ein möglicher Preiskrieg zwischen multinationalen Pharmakonzernen und der Cipla Ltd. in Bombay Fortsetzung von Seite 2 Menschen, Tieren und Pflanzen schützen, sie müssen auch in dem Sinne „notwendig” sein, dass keine weniger restriktive Alternative ausreichend wirksam oder ernsthaft anwendbar ist. Kanada argumentierte, dass als weniger restriktive Alternative der „kontrollierte Einsatz” zur Verfügung stünde. Das Berufungsgericht nahm einen anderen Standpunkt ein: In diesem Fall ist das Ziel der Massnahme der Schutz menschlichen Lebens und menschlicher Gesundheit durch Eliminierung oder Verringerung der allgemein bekannten und lebensbedrohlichen Gesundheitsgefahren, die Asbestfasern darstellen. Der verfolgte Wert ist in höchstem Maße berechtigt und wichtig zugleich. Die verbleibende Frage ist dann also, ob es eine alternative Massnahme gibt, die zum gleichen Ergebnis führt und weniger handelsrestriktiv ist als ein Verbot. Kanada behauptet, dass „kontrollierter Einsatz” eine „ernsthaft anwendbare” Massnahme sei, die dem gleichen Endergebnis dienen würde. Die Frage ist daher, ob von Frankreich ernsthaft erwartet werden kann, Praktiken für den „kontrollierten Einsatz” anzuwenden, um beim Gesundheitsschutz auf dem gewählten Niveau— der Verbreitung von Gesundheitsgefahren durch Asbestfasern ein Ende zu setzen — zu bleiben. Unserer Ansicht nach kann von Frank- auf, die angeboten hat, AIDS-Medikamente in Afrika zu einem Drittel ihres derzeitigen Marktpreises verfügbar zu machen. GlaxoSmithKline, das die Exklusivrechte an einem dieser Medikamente besitzt, hat bereits darauf hingewiesen, dass es rechtliche Schritte gegen das indische Unternehmen einleiten werde, wenn dieses weiterhin einen AIDSMedikamentecocktail für die „DreifachTherapie” für 350 US$ pro Jahr und Patient an die Nobelpreis gekrönte NRO Ärzte ohne Grenzen verkaufe, die diesen in afrikanischen Ländern, die mit der Epidemie zu kämpfen haben, einsetzen (die brasilianischen Far-Maguinhos Laboratories sind mit einer ähnlichen Klage durch Merck konfrontiert). Laut dem Vorsitzenden der Cipla, D. Yusuf K. Hamied, versuchte das Unternehmen, multinationale Patentinhaber zu überzeugen, ihre Produkte freiwillig lizenzieren zu lassen In Ermangelung einer Reaktion habe es dann den südafrikanischen Patentkommissar ersucht, Pflichtlizenzen für lebenswichtige Medikamente zu erteilen, die erforderlich sind, um dem nationalen Notfall zu begegnen, den AIDS darstelle. Die Unternehmen, auf die diese Aktion zielt, und die Regierung untersuchen momentan deren Implikationen. Selbst wenn das Ministerium für Handel und Industrie der Forderung der Cipla nachkommt, könnten die Verfahren für die Pflichtlizenzierung mehrere Jahre in Anspruch nehmen. reich nicht ernsthaft erwartet werden, eine alternative Massnahme anzuwenden, wenn diese Massnahme eine Fortdauer eben jener Gefahr beinhaltet, welcher der Erlass „ein Ende setzen” will. Eine solche Alternativmaßnahme würde Frankreich tatsächlich daran hindern, beim Gesundheitsschutz sein gewähltes Niveau zu erreichen. Das Berufungsgericht hielt deshalb am Urteil fest, dass die EG einen Präzedenzfall dafür aufgezeigt habe, dass es keine „ernsthaft anwendbare Alternative” zum französischen Verbot gebe und die Verordnung „notwendig [sei], Leben oder Gesundheit von Menschen … [im Sinne des GATT-Artikels XX(b) von 1994] zu schützen”. Artikel 2.1, 2.2, 2.4 und 2.8)6, wurden vom Berufungsgericht nicht untersucht. TBT-Urteil könnte zukünftige Fälle prägen Erfolgreicher war Kanada bei seiner Forderung, das Berufungsgericht solle den Beschluss des Gerichts aufheben, das Abkommen über Technische Handelsschranken (TBT) gelte für den französischen Erlass nicht. Zwar entschied das Berufungsgericht, die Verordnung sei in der Tat eine „technische Verordnung” nach dem TBT-Abkommen, es wies aber darauf hin, dass das Urteil nur für „diese spezielle Massnahme” gelte und nicht impliziere, dass alle internen Massnahmen nach GATT-Artikel III.4 in den Geltungsbereich des TBT-Abkommens fielen. Die speziellen TBTVerstösse, die Kanada andeutete (die Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 26 Da nach dem ersten Uretil der angefochtene Erlass keine technische Verordnung sei, sah das Berufungsgericht keine „juristischen Fragen” oder „juristischen Auslegungen”, die in diesem Zusammenhang überprüft werden müssten. Das Berufungsgericht wies auch darauf hin, dass die Bedeutung der verschiedenen Verpflichtungen im TBT-Abkommen in jüngster Zeit nicht Gegenstand einer Auslegung oder Anwendung durch Gerichte oder das Berufungsgericht gewesen sei und die Reichweite der Bestimmungen des Abkommens „noch festgelegt werden” müsste. Diese Anmerkungen scheinen den Weg zu einer zukünftig unvermeidlichen Klarstellung des Geltungsbereichs des TBT-Abkommens zu weisen, insbesondere in Hinblick auf die Verpflichtung zentraler Regierungsstellen, die in Artikel 2.6 enthalten ist. Kanada wollte diese Bestimmungen eindeutig dafür nutzen, um seine Klage gegen den „in höchstem Maße handelsrestriktiven” Charakter des französischen Einfuhrverbots zu stützen. Im Gegensatz dazu sind die Befürworter einer nachhaltigen Entwicklung der Ansicht, dass der Einschluss von menschlicher Gesundheit und Umwelt in die legitimen politischen Ziele des Abkommens eine mutigere Anwendung des Vorsichtsprinzips in der Auslegung des Vertrags Fortsetzung Seite 29 BRÜCKEN NACHRICHTEN EU setzt mit Marktöffnungsangebot für LDCs Meilenstein in der V ertrauensbildung Am 26. Februar einigten sich die Europäischen Handelsminister auf eine leicht abgeschwächte Version der Initiative “Alles außer Waffen” (Everything but Arms — EBA), die der Europäischen Kommission im September 2000 erstmalig vorgelegt worden war. Der ursprüngliche Vorschlag hätte den meisten Produkten aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs), Waffen ausgenommen, sofortigen zoll- und kontingentfreien Zugang zu den Europäischen Märkten gestattet. Nur Importe von Zukker, Reis und Bananen hätten für weitere drei Jahre Einschränkungen unterlegen. Ein „weltweiter Vortritt” … Einen weltweiten zoll- und kontingentfreien Marktzugang für Produkte aus LDCs zu erreichen, war für den ehemaligen WTO-Generaldirektor Renato Ruggiero eine persönliche Mission, und auch sein Nachfolger Mike Moore begrüßte die EU-Initiative begeistert. Handelskommissar Pascal Lamy bezeichnete sie als „weltweiten Vortritt” und bewies dadurch, dass die EU es ernst damit meint, “zu schaffen, dass diejenigen, die am meisten benachteiligt sind, an den Früchten der Handelsliberalisierung teilhaben”. … und ein strategischer Block zur Vertrauensbildung Die Europäische Union ist tonangebende Befürworterin einer neuen Runde umfassender Handelsgespräche und die EBA ist ein Schlüsselelement ihrer Vertrauensbildungsstrategie für Entwicklungsländer, von denen viele weiterhin skeptisch bleiben, wenn es um die Aufgeschlossenheit des multilateralen Handelssystems gegenüber ihren Interessen geht. Obgleich die EBA eine für sich stehende Geste darstellt, hegt die EU eindeutige Hoffnungen, die Initiative möge helfen, Unterstützung für ihre weitergehenden Frankreich, Spanien, BelgiZiele zu sammeln. Kommisen, Griechenland und Portusar Lamy sagte, im Vorfeld gal stimmten gegen die Aufder vierten WTO-Ministernahme dieser drei Güter in Den fragilen Volkswirtschaften der 48 ärmsten konferenz, die „sich auf eine den Marktöffnungs-Deal, Agenda mit breiter Basis eiLänder der Welt, in denen zusammengenommen was einige bereits dazu nigen soll, um eine neue mehr als 610 Millionen Menschen leben und veranlasst hat, die Initiative Runde multilateraler als „Everything but Farms” deren Anteil am Welthandel die Hälfte eines Handelsgespräche aufzuzu betiteln. Die drei letztgeeinzigen Prozents beträgt, haben die Abkommen nehmen, die sich mit Internannten Länder zogen ihren der Uruguay-Runde nur wenig Gutes gebracht. essen und Belangen von Widerstand zurück, als die Entwicklungsländern befasKommission die gestuften sen muss”, stelle die AnFristen für kritische ProdukSchon vor der Verabschiedung der EBA nahme der EBA ein „Zeichen für guten te verlängerte und eine Sicherheitsdurch die EU hatten sich zumindest die Willen auf politischer Ebene” dar. klausel anfügte, um Importanstiege einUSA, Kanada, Neuseeland und Norwezudämmen. Auch Herkunftsgen bereits zugunsten eines verbesser- Ungeachtet des Optimismus” der EU bleibestimmungen wurden verschärft, um ten Marktzugangs für Produkte aus ben die Chancen für eine Aufnahme der eine Umladung von Gütern aus Ländern LDCs ausgesprochen, keines dieser Zu- Qatar-Runde gleich. Erstens könnte der zu verhindern, die keinen Anspruch dargeständnisse hat jedoch solche potenti- Marktöffnungsvorschlag für LDCs zwar auf haben, von der "Everything but ellen Auswirkungen wie die EU-Initiati- als Anzahlung auf weitere ZugeständArms"-Initiative zu profitieren. ve. Die USA verabschiedete beispiels- nisse der EU während der neuen WTOweise im Mai 2000 das AGOA (African Verhandlungen gewertet werden, trotzDer im Februar — trotz beharrlichem WiGrowth and Opportunity Act), dessen dem verlangt die Gruppe der Gleichgederstand aus Frankreich und Spanien — Umsetzung sich jedoch aufgrund sinnten aus den Entwicklungsländern in verabschiedete Vorschlag gewährt den verfahrentechnischer Gründe verzögert. Schlüsselpositionen erst Fortschritte in meisten Produkten (Waffen ausgenomAußerdem knüpft das AGOA die Geneh- bezug auf eine weitaus breitergefaßte men) aus LDCs seit 5. März 2001zoll- und migung für Textilprodukte weitgehend an Problemstellung bei der Umsetzung bekontingentfreien Zugang. Die zollfreien die Verwendung von in den USA produ- stehender Abkommen, bevor sie der Kontingente für Zucker und Reis werzierten Garnen und Stoffen (Bridges Year Aufnahme einer neuen Runde von den um 15% pro Jahr erweitert, bis Kon4 No.8, page 11). Ein früheres Angebot Handelsgesprächen zustimmt. tingente 2009 gänzlich abgeschafft wervon Kanada, EU, Japan und den USA, den. Zölle für out-of-quota Reis und Zukden zoll- und kontingentfreien Zugang Zweitens scheint kein anderes Industrieker werden in drei Stufen abgebaut (2006 auf „im wesentlichen alle” Produkte aus land bereit zu sein, sich dem einseitigen um 20%, 2007 um 50% und 2008 um 80%) LDCs auszudehnen, wurde von WTO- Marktöffnungsangebot der EU anzuund spätestens 2009 völlig abgeschafft. Mitgliedern entschieden kritisiert, da al- schließen — nicht einmal Japan, Korea Importzölle auf frische Bananen, die 2006 len Befürwortern zahlreiche Möglichkei- und die Schweiz, Hauptverbündete beim abgeschafft werden, werden beginnend ten offen stünden, um die Einfuhr kriti- Engagement für eine neue umfassende im Januar 2002 pro Jahr um 20% gesenkt. scher Produkte abzublocken. Verhandlungsrunde. Der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Zoellick sagte, er begrüße die Geste der EU als eine Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 27 BRÜCKEN NACHRICHTEN „Botschaft an die Entwicklungsländer, dass Globalisierung ihnen helfen könne”, versprach aber keine weitere Aktivität seitens der Regierung Bush. Initiative wirft Fragen hinsichtlich der Präferenzpläne auf Einige Kommentatoren, darunter der Weltbank-Ökonom Michael Finger, warnten offen vor den Gefahren, die allen Plänen für Handelspräferenzen innewohnten, und zeigten auf, dass es wahrscheinlich weniger die europäischen Mitbewerber als vielmehr andere Entwicklungsländer seien, die die Rechnung für den verbesserten Zugang der LDCs zu europäischen Märkten begleichen werden. Diese Tatsache ist der Grund für die gedämpfte Reaktion vieler WTO-Mitglieder aus Entwicklungsländern. Zu denen, die sich wegen möglicherweise sinkender Marktanteile sorgen, gehören einige der 80 Staaten aus Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum, die im Rahmen einer Reihe aufeinander folgender Lomé-Abkommen jahrzehntelang bevorzugten Zugang zu europäischen Märkten hatten und nach der Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens von Cotonou im Juli 2000 weiterhin haben. Die EBA-Initiative würde weitere neun LDCs mit den 39 LDCs und 32 Entwicklungsländern gleichstellen, die bereits durch den Cotonou-Vertrag praktisch unbegrenzten Zugang zur EU haben. Einige dieser Staaten werden sich vermutlich stärkerem Konkurrenzdruck ausgesetzt sehen, wenn neu aufgenommene LDCs ihre Exportkapazität erhöhen. So könnten beispielsweise Bananenproduzenten aus der Karibik, deren Früchte bislang sicheren Absatz auf europäischen Märkten fanden, ihre Marktanteile schwinden sehen. Auch im Textilsektor könnte es zu Handelsumleitungen kommen. So unterliegen Indiens Exporte bis 2005 Kontingentbeschränkungen, während Exportgütern aus dem benachbarten Bangladesch, einem LDC, ab März 2001 unbeschränkter Marktzugang eingeräumt wird. Weitere Informationen dazu unter: http://europa.eu.int/comm/trade/miti/ devel/eba.htm. Die EU-Studie zur Einschätzung der Auswirkung der EBA finden Sie unter: http://europa.eu.int/ comm/trade/pdf/eba_ias.pdf Nicht stehlen, nicht faul sein und nicht lügen Im März 2000 patentierten Jeffrey Ehlers und Mark Sterner, Wissenschaftler an der Universität von Kalifornien, eine als Nuña bekannte Bohnensorte. Das Patent, das Ehlers und Sterner für alle NuñaKreuzungen, die in geringen Höhen wachsen können, alleiniges Besitzrecht mit Monopolstellung einräumt, hat in den Anden in weiten Kreisen Proteste hervorgerufen. Für Landwirte, Politiker und Forscher ist die Tatsache am meisten besorgniserregend, dass das Patent nicht nur alle Nuña-Bohnen, die in der United States Plant Introduction Accessions aufgelistet sind, sondern auch Pflanzenmaterial, das sich derzeit in der Sammlung internationaler Bohnen des Centro Internacional de Agricultura Tropical befindet und dort gemäß einer Erklärung der FAO für die internationale Gemeinde „treuhänderisch verwaltet” wird. Vor kurzem traf sich eine Gruppe von Organisationen in Peru, um ihre Stimmen zum Protest gegen das Nuña-Patent zu erheben. Die Anwesenheit internationaler Experten beim Dialog über Handel, Rechte an geistigem Eigentum sowie Biologischer und Genetischer Ressourcen in Lateinamerika (mehr dazu S. 15) nutzend, beriefen offizielle Delegierte aus sechs Gemeinden mit Unterstützung der Asociación Regional de Productores Ecologicos del Cusco, der Federación Departamental de Campesinos del Cusco und der Asociación Kechua-Aymara ein Saatgut-Tribunal ein. Unter Anwendung einer traditionellen Form für die Konfliktlösung innerhalb der Gemeinschaft hörte ein Gremium lokaler Beamter Zeugenaussagen von NuñaAnbauern und Sachverständigen über die lokalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des NuñaPatents. Die Zeugen schworen bei den drei Grundsätzen der Inka-Ethik — nicht stehlen, nicht faul sein und nicht lügen — und erzählten, wie die wilde NuñaBohne von den Bauern kultiviert wurde. Das besondere an Nuña-Bohnen ist nicht nur ihr hoher Nährwert, sondern auch, dass sich das Innere der Bohnen beim Erhitzen ausdehnt und aus der Scha- Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 28 le springt wie Popcorn. Laut Überlieferung wurde das Nuña-Popcorn von Frauen ersonnen, die nach einer Methode suchten, die Nuña zu konservieren, um sie zu weit entfernten Feldern zu bringen. Derzeit werden überall in den Anden Dutzende von Nuña-Sorten konsumiert. Während des Tribunals protestierten die Bauern gegen das, was ihrer Ansicht nach Diebstahl einer für die lokale Ernährungssicherung zentralen Ressource ist, die für Kultur und Geschichte der Anden immense Bedeutung hat. Bedenken wurden laut, das Patent könnte lokale Versuche, die Nuña durch Zucht zu verbessern, verhindern — und damit auch Perus Zukunftsaussichten auf die Nuña als Exportgut zunichte machen. Den Aussagen der Bauern folgten Stellungnahmen technischer Sachverständiger aus Brasilien und Kolumbien, die von ähnlichen Problemen mit der Aneignung von Ressourcen in ihren eigenen Ländern berichteten und die Rolle der nationalen und internationalen Gesetzgebung zum Schutz der heimischen Kulturvarietäten und des traditionellen Wissens der Gemeinschaften diskutierten. Nach der Beratung verabschiedete das Richtergremium eine Resolution, dem Nuña-Patent den Krieg zu erklären, und die Protestbriefe an die CIAT, das Peruanische Patentbüro und die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization waren der Auftakt dazu. Neben der Einrichtung eines Forums für Mitglieder der Gemeinschaft, um zu konkreten Massnahmen für ihren Protest gegen das Nuña-Patent zu kommen, war das Tribunal auch für Mitglieder der Gemeinschaft und ausländische Besucher eine Möglichkeit, ihr Verständnis hinsichtlich der Rechte an Ressourcen neu zu bewerten. Die Politisierung lokaler Gemeinschaften wird zunehmend alltäglicher werden, da Patente auf einheimische Kulturvarietäten wie die Nuña-Bohne Gemeinschaften im Kampf für den Schutz ihres landwirtschaftlichen Erbes zusammenschweißen werden. BRÜCKEN LEIT ARTIKEL LEITARTIKEL Fortsetzung von Seite 26 rechtfertigt und sogar angewendet werden kann, um Handelsmaßnahmen zu verteidigen, die auf Produktions- und Prozessmethoden basieren. Das Urteil des Berufungsgerichts im Asbest-Fall ist für solche Fragen weder relevant, noch ändert es das Ergebnis des Streits in der vorliegenden Form: Während das Berufungsgericht entschieden hat, der französische Erlass stelle eine technische Verordnung dar, schob es sein Urteil über das TBT-Abkommen „aufgrund der dokumentierten Fakten” auf. Zudem wies das Berufungsgericht darauf hin, dass das Abkommen ausschließlich für eine „begrenzte Kategorie von Massnahmen” gültig sei, für die es „den Mitglieder Auflagen mache, die von den Auflagen, die den Mitgliedern nach dem GATT 1994 gemacht werden, verschieden sind und als Ergänzung zu diesen erscheinen”. Amicus-Schriftsätze Das Berufungsgericht befasste sich auch kurz, und zu summarisch, um ermutigend zu sein, mit seinem umstrittenen Umgang mit der Frage der Amicus-curiaeSchriftsätze. Obgleich die Mehrheit der WTO-Mitglieder gegen die Einmischung von Nichtregierungsakteuren in die WTO-Streitschlichtungsverfahren ist (nur die USA verteidigen dies ohne Vorbehalt), haben frühere Urteile des Berufungsgerichts bestätigt, dass unaufgefordert eingereichte Vorlagen in Gerichts- und Berufungsverfahren berücksichtigt werden könnten. Obwohl solche Schriftsätze in der Praxis äußerst selten angenommen wurden, erwartete das Berufungsgericht zur Anhörung im Asbeststreit eine Rekordzahl spontaner Beiträge. Im November 2000 gab es ein strenges Verfahren für die Vorlage von Amicus-Schriftsätzen heraus, das nur für den Asbestfall galt. Das sorgte in einigen Entwicklungsländern für heftige Empörung, und viele Industrieländer teilten deren fest verteidigte Meinung, nur der Vorsitzende des Allgemeinen Rats könne solche verfahrenstechnischen Entscheidungen treffen. Der Vorsitzende des Allgemeinen Rats richtete die ernste Mahnung an das Berufungsgericht, „extreme Vorsicht” zu üben, und seither gibt es von der WTO keine Neuigkeiten mehr, wie sich die Dinge entwickelt haben. Unter dem unverbindlichen Titel Vorbereitende Verfahrensangelegenheit bringt das Berufungsgericht ein wenig Licht in diese Frage. Die dreizehn Vorlagen von NRO, die vor Festlegung der Einreichungsverfahren eingingen, wurden zusammen mit einer Kopie der neuen Richtlinien zurück an die Absender geschickt. Laut der in einer Fußnote angefügten Liste stammen die meisten Vorlagen von Industrieorganisationen. Das Asbest-Berufungsgericht nahm schließlich 17 Anträge auf Erlaubnis zur Einreichung eines dem neuen Verfahren gemäßen Schriftsatzes an. Sechs davon trafen erst nach Ablauf der Frist am 16. November ein und ihnen wurde die Erlaubnis zur Einreichung eines Schriftsatzes verweigert, weil „der Antrag nicht fristgemäß eingereicht wurde”.7 Seinem Bericht zufolge hat das Berufungsgerichts die anderen 11 Anträge „sorgfältig geprüft erwogen” und „in jedem einzelnen Fall beschlossen, die Erlaubnis zur Einreichung eines Schriftsatzes zu verweigern.” Außer dem universellen „Scheitern, alle Auflagen aus Absatz 3 des Zusatzverfahrens ausreichend zu erfüllen” wurden die Gründe dafür nicht näher ausgeführt.8 Das Berufungsgericht hat diese Frage nicht weiter erörtert. European Communities Measures Affecting Asbestos and Asbestoscontaining Products. Bericht des Berufungsgerichts. 1 2 Erlass Nr. 96-1133, 24. Dezember 1996. In diesem Fall Weißasbest (und Produkte, die diesen enthalten) und seine Ersatzstoffe (PVA-, Zellulose- und Glasfasern PZG-Fasern). 3 European Communities Measures Affecting Asbestos and As bestos4 Containing Products, Gremiumsbericht, 18. September 2000. Die Europäischen Gemeinschaften die offizielle Bezeichnung der EU in staatlichen Organisationen vertritt ihre Mitgliedsstaaten in WTO-Streitfällen. 5 TBT-Artikel 2.1 verlangt, dass technische Verordnungen in gleicher Weise für ausländische wie für inländische Produkte gelten. Artikel 2.2 legt fest, dass solche Verordnungen nicht handelsrestriktiver als notwendig sein dürfen, um ein rechtmäßiges Ziel zu 6 Brücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 29 erreichen und verlangt bei der Gefahreneinschätzung für solche Ziele, darunter auch Schutz für Gesundheit oder Sicherheit von Menschen oder der Umwelt, von Mitgliedern die Berücksichtigung verfügbarer wissenschaftlicher und technischer Informationen, verwandter Verfahrenstechnologien oder der beabsichtigten Endanwendung der Produkte. Artikel 2.4 legt fest, dass technische Verordnungen auf relevanten internationalen Normen basieren müssen, außer wenn solche Normen unwirksame oder unangemessene Mittel für die Erreichung der legitimen angestrebten Ziele sind. Artikel 2.8 verlangt von Mitgliedern, ihre technischen Verordnungen auf Produktauflagen in Hinblick auf Leistung statt auf Ausführung oder deskriptive Charakteristika zu gründen. Wegen Fristüberschreitung abgelehnte Anträge: Association of Personal Injury Lawyers (UK); All India A.C. Pressure Pipe Manufacturers Association (Indien); International Confederation of Free Trade Unions/European Trade Union Confederation (Belgien); Maharashtra Asbestos Cement Pipe Manufacturers Association (Indien); Roofit Industries Ltd. (Indien); and Society for Occupational and Environmental Health (USA). 7 Wegen Scheitern, alle Auflagen aus Absatz 3 des Zusatzverfahrens ausreichend zu erfüllen abgelehnte Anträge: Professor Robert Lloyd Howse (USA); Occupational & Environmental Diseases Association (UK); American Public Health Association (USA); Centro de Estudios Comunitarios de la Universidad Nacional de Rosario (Argentinien); Only Nature Endures (Indien); Korea Asbestos Association (Korea); International Council on Metals and the Environment and American Chemistry Council (USA); European Chemical Industry Council (Belgien); Australian Centre for Environmental Law at the Australian National University (Australien); Associate Professor Jan McDonald und Mr. Don Anton (Australien); und ein gemeinsamer Antrag der Foundation for Environmental Law and Development (United Kingdom), Center for International Environmental Law (Schweiz), International Ban Asbestos Secretariat (United Kingdom), Ban Asbestos International and Virtual Network (France), Greenpeace International (Niederlande), World Wide Fund for Nature, International (Schweiz) und Lutheran World Federation (Schweiz). 8 BRÜCKEN Der V ertrag über Wirtschaftliche, Soziale und K ulturelle R echte Vertrag Kulturelle Rechte (ICESCR): Eine Schatztruhe für die Unterstützung der WTO-Angelegenheiten von Entwicklungsländer? Von Caroline Dommen Entwicklungsländer drängen in der WTO zunehmend darauf, dass ihre Belange besser berücksichtigt werden. Obgleich sie die vollständige Umsetzung der Bestimmungen zur besonderen und differenzierten Behandlung (special and differential treatment — SDT) der Abkommen der Uruguay-Runde zu ihren Gunsten fordern, verlangen sie auch eine allgemeinere neue Abgleichung der Rechte und Pflichten von Mitgliedern im multilateralen Handelssystem. So wollen Entwicklungsländer zum Beispiel substanzielle Änderungen in den laufenden WTO-Agrarverhandlungen, der Überprüfung des TRIPS-Abkommens und seines Artikels 27.3(b) sowie den noch andauernden Sondersitzungen des Allgemeinen Rats der WTO zu Umsetzungsangelegenheiten. Viele dieser Forderungen spiegeln sich in ihren Gegenargumenten auf Klagen gegen ihre Umsetzung des TRIPS-Abkommens wider und manifestieren sich insbesondere in dem WTO-Streitfall, der von den USA gegen Brasiliens Pflichtlizenzverordnungen geführt wird. Dieser Artikel will zeigen, dass der Internationale Vertrag über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ein hilfreiches, aber wenig bekanntes Instrument ist, das Entwicklungsländer nutzen könnten, um ihre Argumente zugunsten von stärkeren SDT-Bestimmungen zu stützen und um ihre Interessen bei WTO-Verhandlungen und Rechtsklagen gegen spezielle Fragen, die für sie von Bedeutung sind, zu verteidigen. Neben dem Internationalen Vertrag über Bürgerrechte und Politische Rechte ist der Internationale Vertrag über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (ICESCR) einer der beiden zentralen internationalen Menschenrechtsverträge, die verabschiedet wurden, um der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 Rechtskraft zu verleihen. Der ICESCR ist seit 1976 in Kraft und gegenwärtig haben sich 144 Staaten seinen Bestimmungen verpflichtet. Zu den wichtigsten Rechten, die im ICESCR festgeschrieben sind, gehören die Rechte auf angemessene Standards für Lebensbedingungen, Unterbringung, Arbeit, Erziehung, Nahrung, Gesundheit, Beteiligung am kulturellen Leben und Teilhabe an den wissenschaftlichen Errungenschaften. Artikel 2 verlangt, dass alle Parteien „aus eigener Kraft und mit Hilfe internationaler Unterstützung und Kooperation alle verfügbaren Ressourcen in vollem Umfang für Massnahmen heranziehen”, um die vollständige Verwirklichung der im ICESCR festgelegten Rechte „progressiv umzusetzen”. Die Bedeutung von progressiver Umsetzung wurde so ausgelegt, dass Staaten so schnell wie möglich darauf hinarbeiten, die im ICESCR festgelegten Rechte zu garantieren. Obgleich der Vertrag also von Staaten nicht fordert, all ihren Bürgern unmittelbar nach Unterzeichnung des Vertrags Nahrung, Ausbildung oder ein perfektes Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen, verlangt er von ihnen, sofort Massnahmen einzuleiten, um die im ICESCR festgelegten Rechte zu realisieren und Rückschritte (Regression) bei der Verwirklichung dieser Rechte zu vermeiden. selbst als auch auf die durch internationale Kooperation und Unterstützung verfügbaren Ressourcen bezieht. 1 Dazu müssen Staaten der Verpflichtung des Vertrags, bei der Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Diskriminierung jeglicher Art zu verhindern (einschließlich Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, religiöser oder politischer Überzeugung), sofort nachkommen. Der UN-Ausschuss für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, der die Umsetzung des ICESCR überwacht, hat wiederholt bekräftigt, das Hauptanliegen des ICESCR sei die Situation der verletzlichsten und am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen. Im Januar 2001 wurde ein Streitschlichtungsgremium eingerichtet, um über eine US-Klage gegen Brasiliens Gesetz über Gewerbliches Eigentum zu entscheiden. Dieses Gesetz stellt die Bedingung der „einheimischen Verwertung”, die festsetzt, dass ein Patent der Pflichtlizenzierung unterworfen wird, wenn der vom Patent behandelte Gegenstand nicht in Brasilien verwertet wird. 2 Die USA behaupten, diese Auflage verletze das TRIPS-Abkommen, indem sie die amerikanischen Inhaber brasilianischer Patente diskriminiere, deren Produkte nach Brasilien importiert, aber nicht dort hergestellt werden, und die Alleinvermarktungsrechte der Patentinhaber beschneide. Brasilien beruft sich auf die Möglichkeit von Pflichtlizenzen, um so auf europäische und amerikanische Pharmaproduzenten Druck ausüben zu können, damit sie die Preise für ihre patentierten HIV/AIDS-Medikamente sen- Wesentlich für jene, die sich mit internationalen Wirtschaftsbeziehungen befassen, ist die Betonung des Ausschusses, dass die ICESCR-Auflage, ein Mitglied müsse „alle verfügbaren Ressourcen in vollem Umfang” für Massnahmen heranziehen, sich sowohl auf die im Land Brücken • Ausgabe Mai 2001• Seite 30 Praktische Anwendung des ICESCR im Rahmen der WTO In der WTO, wo Vereinbarungen für gewöhnlich das Resultat von Tauschgeschäften zwischen den Interessen der Verhandlungsparteien sind, fehlt es den Anliegen der Entwicklungsländer oft am nötigen Gewicht, um sich auf das Endergebnis angemessen auszuwirken. Entwicklungsländer könnten daher ihre Position stärken, indem sie die rechtlichen Verpflichtungen der WTO-Mitglieder gemäß dem ICESCR auf den Verhandlungstisch bringen. Die folgenden Absätze beschreiben zwei der Bereiche, in denen sich Entwicklungsländer bei ihren Forderungen, das Welthandelssystem solle auf ihre Bedürfnisse eingehen, auf die rechtlich bindenden Bestimmungen des ICESCR stützen können. Das TRIPS-Abkommen — Streitfälle und Überprüfung BRÜCKEN ken; im Falle einer Weigerung werde Brasilien Lizenzen für generische Versionen dieser Medikamente erteilen, um sie in Brasilien herzustellen — zu wesentlich niedrigeren Kosten. ten haben vorgeschlagen, die Überprüfung des TRIPS-Abkommens solle den Zugang zu Medikamenten sichern, unter anderem auch durch Sicherung des Rechts auf Pflichtlizenzierung von Arzneimitteln. Bei der Überprüfung des Artikels 27.3(b) verlangten viele Entwicklungsländer, darunter die Afrikanische Gruppe, Brasilien, Kolumbien, Indien und Peru, eine Klarstellung oder eine Ergänzung des Artikels 27.3(b), die ihre sozialen Anliegen widerspiegeln, indem u. a. traditionelles Wissen anerkannt und geschützt und die Fortführung traditioneller Anbautechniken gestattet wird, wozu auch das Recht gehört, Saatgut zu lagern und zu tauschen. Während viele Entwicklungsländer alle Verpflichtungen zum Schutz von Rechten an geistigem Eigentum aus dem Artikel 27.3(b) entfernen wollen, würden andere wie die USA Brasiliens Programm zur Eindämmung und Behandlung von HIV/AIDS wird allgemein als Erfolg angesehen, und nicht nur bei der Behandlung der Krankheit selbst, sondern auch weil es den Anstoß für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung im ganzen Land gegeben hat. Würde Brasilien durch die US-Klage in der WTO an der Weiterführung seines Programms gehindert, könnte dies als Rückschritt in der Entwicklung und damit als Verstoß gegen den ICESCR betrachtet werden, den Brasilien 1992 unterzeichnet hat. Vom rechtlichen Standpunkt gesehen könnte sich Brasilien also auf seine ICESCR-Verpflichtung berufen und das Recht seiner Bürger auf Gesundheit zur Abwehr der Klage gegen seiBrasilien könnte sich bei seiner Verteine Pflichtlizenzdigung gegen die Klage in bezug auf bestimmungen heranziePflichtlizenzverordnungen auf seine hen. ICESCR-Verpflichtung stützen, das Bei den Überprüfungen Recht der Bürger auf Gesundheit zu des TRIPS-Abkommens schützen. haben verschiedene Mitglieder erneut die Bedeutung der TRIPS-Artikel 7 und 8 betont. Artikel 7 besagt, das Abkommen solle dem sozialen und europäische Staaten diese Verpflichund wirtschaftlichen Wohlergehen för- tung lieber noch verschärfen. Wie ihre derlich sein und zu einem Gleichgewicht Klage gegen Brasilien bei der WTO zeigt, der Rechte und Verpflichtungen beitra- wollen die USA auch den rechtmäßigen gen. Artikel 8 legt fest, dass Regierun- Einsatz von Pflichtlizenzierungen auf das gen Gesundheit, Ernährung und andere vom TRIPS erlaubte Minimum beschränInteressen der Allgemeinheit bei der For- ken. mulierung ihrer Gesetze über geistiges Eigentum berücksichtigen und den Miß- In den oben dargestellten Bereichen brauch von Rechten am geistigen Eigen- könnten Entwicklungsländer ihren Fortum verhindern dürfen. So hat zum Bei- derungen nach Lockerung der Verpflichspiel Indien angeführt, die TRIPS-Über- tungen zum Schutz von Rechten an geiprüfung solle auch eine Bewertung der stigem Eigentum mehr rechtliches Gesozialen, wirtschaftlichen und wicht verleihen, indem sie sich auf den wohlfahrtsbezogenen Auswirkungen ICESCR stützen. Tatsächlich sollten sie des Abkommens umfassen. unterstreichen, dass es eine rechtliche Verpflichtung gemäß dem ICESCR sei, die In den letzten Jahren forderte eine Reihe Rechte auf Kultur und angemessenen Levon Entwicklungsländern in Eingaben an bensstandard für einheimische Gemeindie WTO eine weniger strenge Ausle- schaften und Bauern sowie das Recht gung der TRIPS-Auflagen für den Schutz auf Nahrung und Gesundheit derjenigen von geistigem Eigentum, damit auch ihre zu schützen, die von deren Produkten Anliegen zum Ausdruck gebracht wer- und Wissen abhängen. Zudem könnten den können. Jamaika, Pakistan, Sri Lan- Entwicklungsländer hervorheben, dass ka, Tansania, Sambia und andere Staa- ihre Pflicht, den Zugang zu ArzneimitBrücken • Ausgabe Mai 2001•Seite 31 teln zu Kosten zu sichern, die nicht zu einer Unterscheidung zwischen der reichen und der armen Bevölkerung führen, es erfordert, Pflichtlizenzierungen oder Parallelimporte zuzulassen. Der ICESCR bietet auch die rechtliche Grundlage, Interessen der Allgemeinheit mehr Gewicht zu verleihen, wenn es um das angemessene Gleichgewicht zwischen den Interessen von Privatpersonen und der Allgemeinheit geht, welches das TRIPS-Abkommen sichern soll. ICESCR und Landwirtschaft Der Artikel 20 des Agrarabkommens, der den Umfang der momentan sattfindenden Agrarverhandlungen festlegt, besagt, diese sollen u. a. „nicht handelsbezogene Fragen” und die „anderen in der Präambel aufgeführten Ziele und Fragen” des AoA berücksichtigen. Für viele der Entwicklungsländer sind solche nicht handelsbezogenen Fragen von großer Bedeutung und haben bei den Verhandlungen schon einen wesentlichen Teil der Zeit in Anspruch genommen. Zu diesen Fragen gehören Ernährungssicherung, ländliche Entwicklung, sozioökonomische Fragen (darunter Beschäftigung und Armut in ländlichen Gebieten sowie bäuerliche Grenzbetriebe und Subsistenzwirtschaft) und Umweltschutz. Indien sagte, ein Entwicklungsland müsse in der Lage sein, Agrarimporte zu beschränken, um sicherzustellen, dass Lebensunterhalt und Beschäftigung der ländlichen Bevölkerung nicht durch sprunghafte Importanstiege beeinträchtigt werden. Mehrere Entwicklungsländer haben vorgeschlagen, die Agrarverhandlungen sollten in der Schaffung eines „Entwicklungspakets (development box)” resultieren, das ihnen verschiedene Massnahmen zum Schutz der eigenen Märkte erlauben würde. Dazu gehören — vor allem im Bereich der Grundnahrungsmittel — Schutz und Kapazitätssteigerung der einheimischen Nahrungsmittelproduktion, Verbesserung der Ernährungssicherung und Zugriffsmöglichkeit auf Nahrungsmittel für die Ärmsten sowie Bereitstellung, oder zumindest Erhalt, bestehender Beschäftigungsmöglichkeiten für die arme Bevölkerung in ländlichen Gebieten. Entwicklungsländer weisen auch immer häufiger darauf hin, dass Handelsschranken in den Industrieländer das Wachstum der Agarexporte aus Entwicklungsländer in Industrieländer hemmen. Entwicklungsländer könnten sich auf die ICESCR-Bestimmungen über internationale Kooperation und Unterstützung berufen, wenn sie die Abschaffung von Importschranken für ihre Agrarexporte und den Abbau von handelsverzerrenden Agrarsubventionen in Industrieländer fordern. Außerdem bietet der ICESCR starke Rückendeckung für Forderungen nach einem „Entwicklungspaket/development box”. Tatsächlich hat Mauritius darauf hingewiesen, dass Artikel 20 des AoA in Verbindung mit anderen internationalen Verpflichtungen ausgelegt wird, darunter „dem ICESCR, der neben der beständigen Verbesserung der Lebensbedingungen die Bedeutung angemessener Nahrungsmittelversorgung hervorhebt”. 3 Außerdem betont das Papier aus Mauritius die Rolle der Landwirtschaft als Stoßdämpfer und soziales Netz in Ländern, die mit vielen Zwängen konfrontiert und mit wenig Vorteilen ausgestattet sind. In der Zwischenzeit behaupten mehrere Industrieländer wie die Schweiz, Japan und andere europäische Länder mit einem intensiv geschützten und subventionierten Agrarsektor, „nicht handelsbezogene Fragen” wie die Aufrechterhaltung ländlicher Gemeinschaften oder Umweltschutz erlaubten ihnen, einheimische Agrarproduzenten weiterhin zu schützen. Die nicht handelsbezogenen Belange von Entwicklungsländern und Industrieländern sind recht unterschiedlich und einige Entwicklungsländer fürchten, ihre Interessen könnten zwischen denen der Industrieländer untergehen. Mit seiner Betonung auf dem Schutz der Grundrechte in Bezug auf den Lebensunterhalt der Ärmsten und am stärksten Benachteiligten könnte der ICESCR als Kriterium verwendet werden, um zwischen den nicht handelsbezogenen Belangen von Entwicklungsländern und Industrieländern zu unterscheiden. Der ICESCR könnte auch helfen, das Mindestmaß für den notwendigen Lebensunterhalt zu bestimmen, das ein neues internationales Agrarsystem bewahren muß. Der ICESCR als Instrument für Entwicklungsländer Eine Voreinschätzung der Auswirkungen der Abkommen der Uruguay-Runde zeigt, dass das Welthandelssystem einige Entwicklungsländer zunehmend der Mittel beraubt, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ihrer Bürger in Bereichen wie Landwirtschaft und Zugang zu Arzneimitteln zu schützen. Entwicklungsländer, die Massnahmen umsetzen wollen, die anscheinend mit der WTO nicht vollständig in Einklang stehen, um negative Auswirkungen der Abkommen der Uruguay-Runde auszugleichen, könnten sich auf den ICESCR stützen, der internationale Kooperation fordert, um die Rechte der am meisten benachteiligten und am wenigsten geschützten Bevölkerungsgruppen umzusetzen. Die ICESCR-Bestimmungen über internationale Kooperation bieten eindeutig Unterstützung für ihre Forderun- gen an die Industrieländer, die Verpflichtungen einzuhalten, die sie am Ende der Uruguay-Runde zugunsten der Entwicklungsländer eingegangen sind. Der ICESCR könnte auch als Verteidigung gegen den Druck aus Industrieländern genutzt werden, neue Regeln mit möglicherweise schädlichen Auswirkungen zu erlassen. So könnten die rechtlich bindenden ICESCR-Bestimmungen ein neues konkretes und starkes Element für die Unterstützung von Argumenten für die bessere Festlegung von Inhalt und Umfang der SDT-Bestimmungen im Rahmen der WTO darstellen. Caroline Dommen ist Leiterin von 3D Associates und hat sich auf die rechtlichen Aspekte nachhaltiger Entwicklung spezialisiert. Eine ausführlichere Diskussion der Punkte in diesem Artikel ist bei der Autorin unter [email protected] erhältlich. General Comment No. 3 (1990), The Nature of States Parties Obligations. Dieses und andere Dokumente zum ICESCR finden Sie im Internet unter www.cesr.org/ESCR/basicescr.htm, offizielle Dokumente des Ausschusses und Berichte der Staaten über ihre Umsetzung des ICESCR unter www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf. 1 Brazil Measures Affecting Patent Protection, Request for the Establishment of a Panel by the United States, WT/ DS199/3, 9. Januar 2001. 2 Siehe dazu die Erklärung von Mauritius Vierte Sondersitzung des Agrarausschusses, G/AG/NG/W/75, 30. November 2000. 3 Kalender 11.-12. Juni THE ROLE OF GO VERNMENTS IN PROMO TING GL OBAL CORPORA TE CITIZENSHIP GOVERNMENTS PROMOTING GLOBAL CORPORATE CITIZENSHIP.. Washington, DC, USA www .multinationalguidelines.org www.multinationalguidelines.org .multinationalguidelines.org.. 18.-22. Juni 45. MEETING OF THE CONVENTION ON INTERNA TIONAL TRADE IN END ANGERED INTERNATIONAL ENDANGERED SPECIES (CITES) ST ANDING COMMITTEE STANDING COMMITTEE.. email: [email protected]; www .cites.org www.cites.org 25.-27. Juni ANNUAL WORLD BANK CONFERENCE ON DEVELOPMENT ECONOMICS. Barcelona, Spanien http://www.ictsd.org/html/www.worldbank.org/research/abcde. WT O -KALENDER UND PUBLIKA TIONEN WTO PUBLIKATIONEN 26. Juni COMPLIANCE, ENFORCEMENT AND DISPUTE SETTLEMENT IN MEAs AND THE WT O. Genf WTO Genf,, Schweiz email: [email protected];www .unep.ch/etu/etp/events/upcming/ceds.htm. [email protected];www.unep.ch/etu/etp/events/upcming/ceds.htm. 6.-7. Juli WT O -NGO SYMPOSIUM ON ISSUES CONFRONTING THE WORLD TRADING WTO O, Genf WTO Genf,, Schweiz SYSTEM. WT http://www .wto.org/english/forums_e/ngo_e/ngo_symp_2001_e.htm http://www.wto.org/english/forums_e/ngo_e/ngo_symp_2001_e.htm Veröffentlichungen und Quellen Ausgewählte WTO-Dokumente von besonderem Interesse Landwirtschaft WTO Agriculture Negotiations: Proposal by Norway (G/AG/NG/ W/101). 16. Januar 2001 Negotiations on WTO Agreement on Agriculture. Proposal by India on: (i) Food Security, (ii) Market Access, (iii) Domestic Support, (iv) Export Competition (G/AG/NG/W/102). 15. Januar 2001 WTO African Group: Joint Proposal on the Negotiations On Agriculture (G/AG/ NG/W/142). 23. März 2001 Ausschuss für Sanitäre und Phytosanitäre Massnahmen Actions to Increase the Participation of Developing Country Members in the Work of Relevant Sanitary and Phytosanitary International Standard Setting Organizations (WT/GC/45). 7. März 2001. Zweiter Bericht des Generaldirektors Biosecurity in Food and Agriculture (G/ SPS/GEN/239). 14 March 2000. Vorlage der FAO Biosecurity Risk Analysis Policy Statement (G/SPS/GEN/233). 2. März 2000. Informationspapier von Neuseeland Ausschuss für Handel und Umwelt Environmental Benefits of Removing Trade Restrictions and Distorsions: The Fisheries Sector (WT/CTE/W/167). Note des WTO Sekretariats Review of Article 27.3(b) (WT/CTE/W/ 186). 12. Februar 2001. Mitteilung von Brasilien. Study of the Effects of Environmental Measures on Market Access (WT/CTE/ W/177). 27. Oktober 2000. Mitteilung von Indien. Andere Dokumente und Publikationen The Relationship Between the Provisions of the Multilateral Trading System and Trade Measures for Environmental Purposes, (WT/ CTE/W/180). 9. Januar 2001. Mitteilung von Neuseeland Crofton, Tom and Hardstaff Peter. 2001. Eat This: fresh ideas on the WTO Agreement on Agriculture. Royal Society for the Preservation of Birds. Sandy, Bedfordshire. Trade and Environment Bulletin (PRESS/ TE/035).20. Februar 2001. Bericht über das Treffen des CTE Report vom 13.-14. Februar 2001 Department for International Development. 2001. Services and Developing Countries. DFID Background Briefing Note. DFID. London Ausschuss über Handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum (TRIPS) Diaz, David. 2001. The Viability and Sustainability of International Tourism in Developing Countries. United Nations. Genf Work on Issues Relevant to the Protection of Geographic Indications (IP/ C/W/247). 29. März 2001. Vorschlag von Bulgarien, Kuba, der Republik Tschechien, Ägypten, Island, Indien, Liechtenstein, Mauritius, Nigeria, Sri Lanka, der Schweiz, Türkey und Venezuela Vorschläge über die Beziehung zwischen TRIPs und CBD: IP/C/W/257 von den USA und IP/C/W/254 von der EU. Dienstleistungen Guidelines and Procedures for the Negotiations on Trade in Services (S/L/93). Council for Trade in Services, 28. März 2001 Assessment on Services: The Participation of Developing Countries (S/ CSS/W/44). 29. Januar 2001. Mitteilung von Argentinien Negotiating Proposal on Services (S/ CSS/W/43). Mitteilung der CARICOM GATS — Fact and Fiction. April 2001. WTO. Genf Einarsson, Peter. Agricultural Trade Policy as if Food Security Mattered. 2000. Church of Sweden Aid et al. Stockholm FAO. 2000. 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Wir setzen uns dafür ein, die bundesdeutsche Politik am Leitbild der Zukunftsfähigkeit für Süd und Nord auszurichten. Damit neue Chancen für eigenständige Entwicklungswege in Entwicklungsländern entstehen, fördert GERMANWATCH die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu notwendigen Strukturveränderungen. Wohlstand und Reichtum der Welt kann der Norden nicht für sich allein beanspruchen. Zwischen Handel und Zukunftsfähiger Entwicklung ICTSD und ihre Partnerorganisationen danken der Schweizer Bundesregierung (BAWI) für die Unterstützung von BRIDGES, der John D. und Catherine T. MacArthur-Stiftung für die Unterstützung von Puentes und Passerelles sowie der Europäische Kommission und Misereor für die Unterstützung von BRÜCKEN.. BRÜCKEN zwischen Handel und zukunftsfähiger Entwicklung erscheint zweimonatlich in Zusammenarbeit von GERMANWATCH und ISTSD. Koordinator: Rainer Engels Editor: Sylvia Schmitt Anschrift: Kaiserstraße 201 53113 Bonn Tel: (49-228) 60492-0 Fax: (49-228) 60492-19 E-mail [email protected] Web: http://www.germanwatch.org Gezielter Dialog mit Politik und Wirtschaft, Medien- und Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen sind zentrale Elemente unserer Arbeitsweise. Einer der Schwerpunkte ist die soziale und ökologische Gestaltung der Weltwirtschaft. Hier führt GERMANWATCH eine Kampagne zur WTO mit dem Titel TradeWatch durch. Hier werden Sie aktiv! ! ○ o ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ICTSD Ich möchte gerne mehr über die Kampagne TradeWatch erfahren. Bitte schicken Sie mir Informationsmaterial. o Ich möchte die Arbeit von GERMANWATCH zu Welt-handelsfragen mit einer Spende in Höhe von ...... DM unterstützen (Stichwort Brücken), Konto: 373737, Volksbank Bonn, BLZ 380 601 86 o Bitte schicken Sie mir .... weitere Exemplare von Brücken per E-mail/Post (3 DM Versandkosten, bitte Briefmarke beilegen!) o Ich möchte (Förder-)Mitglied von GERMANWATCH werden. Bitte schicken Sie mir einen Aufnahme antrag zu. Der Monatsbeitrag für eine Förder mitgiledschaft liegt bei mindestens 10 DM. INTERNATIONAL CENTRE FOR TRADE AND SUSTAINABLE DEVELOPMENT FUTURO LATINOAMERICANO Name: ________________________________________ Organisation: ___________________________________ Straße: ________________________________________ Ort:____________________________________________ E-m@il__________________________________________ Unterschrift: ______________________________________ enda-tiers monde BRIDGES Between Trade and Sustainable Development erscheint monatlich beim International Centre for Trade and Sustain-able Development (ICTSD). Direktor: Ricardo Meléndez-Ortiz Anschrift: 13 chemin des Anémones CH-1219 Genf Tel: Fax: E-mail Web: (41-22) 917-8492 (41-22) 917-8093 [email protected] http://www.ictsd.org PUENTES Entre el Comercio y el Desarrollo Sostenible, die lateinamerikanische Ausgabe von BRIDGES, erscheint zweimonatlich in Zusammenarbeit mit der Fundación Futuro Latinoamericano. Koordinator: Nicolas Lucas Anschrift: Casilla 17-17-558 Quito, Ecuador Tel. und fax: (593-2) 451-822/463-503, und 456-521. E-mail: [email protected] PASSERELLES entre le commerce et le développement durable, die französische Ausgabe von BRIDGES, erscheint zweimonatlich in Zusammenarbeit mit ENDA-Tiers Monde. Koordinator: Taoufik Ben Abdallah Anschrift: B.P. 3370 Dakar, Senegal Tel: (221) 821-7037 Fax: (221) 822-2695 E-mail: [email protected] Web: http://www.enda.sn Die in namentlich gekennzeichneten Beiträgen von BRÜCKEN/BRIDGES/ PUENTES/PASSERELLES vertretenen Meinungen stimmen nicht zwangsläufig mit denen von ICTSD oder GERMANWATCH überein. Auszüge aus dieser Veröffentlichung können unter Beachtung der akademischen Zitierregeln verwendet werden. BRIDGES W eekly TTrade rade News Digest Weekly Sie können auf der ICTSD-Homepage (www.ictsd.org)die von ICTSD wöchentlich herausgegebene Zusammenfassung von Handelsnachrichten abonnieren sowie BRÜCKEN/BRIDGES/PUENTES/PASSERELLES abrufen.