Übersicht Gesetzesänderungen des GKV-WSG

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Übersicht Gesetzesänderungen des GKV-WSG
Gesundheitsreform 2007
Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs
in der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV – WSG)
in der am 02. Februar 2007 vom Deutschen Bundestag
verabschiedeten Fassung
Gesetzesauszüge und Begründungen
für Pflegeeinrichtungen
Berlin, April 2007
Zusammengestellt und kommentiert vom
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
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Übersicht über wichtige Gesetzesänderungen des GKV-WSG
Einleitung..................................................................................................................................3
Wichtige Hinweise ....................................................................................................................9
§ 11 SGB V – Versorgungsmanagement ...............................................................................10
§ 13 SGB V – Kostenerstattung .............................................................................................12
§ 33 SGB V – Hilfsmittel.........................................................................................................15
§ 37 SGB V – häusliche Krankenpflege, Behandlungspflege ................................................20
§ 37 b SGB V – Spezialisierte ambulante Palliativversorgung...............................................25
§ 39 a SGB V – Stationäre und ambulante Hospizleistungen................................................30
§ 40 SGB V – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ..................................................33
§ 53 Abs. 3 SGB V – Wahltarife .............................................................................................37
§ 62 Abs. 1 SGB V – Belastungsgrenze bei Zuzahlungen.....................................................38
§ 69 SGB V – Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu Leistungserbringern ...................41
§ 73 b SGB V – Hausarztzentrierte Versorgung ....................................................................43
§ 73 c Abs. 1 SGB V – Besondere ambulante ärztliche Versorgung .....................................49
§ 92 SGB V – Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses.......................................50
§ 94 SGB V – Wirksamwerden der Richtlinien.......................................................................58
§ 128 SGB V – Hilfsmittelverzeichnis.....................................................................................60
§ 132 a SGB V – Versorgung mit häuslicher Krankenpflege .................................................61
§ 132 b SGB V – Versorgung mit Soziotherapie ....................................................................63
§ 132 d SGB V – Spezialisierte ambulante Palliativversorgung.............................................64
§ 139 SGB V – Hilfsmittelverzeichnis, Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln.............................66
§ 140 a SGB V – Integrierte Versorgung................................................................................70
§ 140 b SGB V – Verträge zu integrierten Versorgungsformen .............................................72
§ 140 d SGB V – Anschubfinanzierung, Bereinigung.............................................................75
§ 140 f SGB V – Beteiligung von Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten ...79
§ 171 b SGB V – Einführungsregelung zur Insolvenzfähigkeit von Krankenkassen .............82
§ 197 b SGB V – Aufgabenerledigung durch Dritte................................................................83
§ 217 a SGB V – Errichtung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen .....................84
§ 217 f SGB V – Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen .......................85
§ 282 SGB V – Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen .......87
§ 15 SGB XI – Stufen der Pflegebedürftigkeit ........................................................................89
§ 17 SGB XI – Richtlinien der Pflegekassen ..........................................................................93
§ 36 SGB XI – Pflegesachleistung .........................................................................................94
§ 40 SGB XI – Pflegehilfsmittel und technische Hilfen...........................................................95
§ 41 SGB XI – Tagespflege und Nachtpflege ........................................................................97
§ 42 SGB XI – Kurzzeitpflege.................................................................................................98
§ 43 SGB XI – Inhalt der Leistung..........................................................................................99
§ 78 SGB XI – Verträge über Pflegehilfsmittel .....................................................................101
§ 82 SGB XI – Finanzierung der Pflegeeinrichtungen..........................................................103
§ 84 SGB XI – Bemessungsgrundsätze...............................................................................105
§ 92 b SGB XI – Integrierte Versorgung...............................................................................106
§ 104 SGB XI – Pflichten der Leistungserbringer.................................................................109
§ 5b Abs. 4 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung ..................................................110
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Einleitung
Die Gesundheitsreform: Auswirkungen auf Pflegeleistungen und Pflegeeinrichtungen
Seit 1. April 2007 ist die Gesundheitsreform in Kraft, auch wenn sie an einigen Stellen noch
einmal nachträglich korrigiert wird. In den letzten Turbulenzen um dieses Gesetz Anfang
2007 sind diverse Änderungen an den bisher bekannten Inhalten vorgenommen worden.
Auch für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige gab es noch überraschende Nachbesserungen. Die Länder änderten ihre kritische Haltung zum Reformwerk, weil der Bundestag
zahlreiche Wünsche aus der Stellungnahme des Bundesrates vom Dezember 2006 in seinen
Gesetzesbeschluss aufgenommen hat. Unter anderem wurden der ursprünglich vorgesehene dreiprozentige Abschlag bei den Leistungsausgaben der Kranken- und Rettungstransporte gestrichen, der Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser von 0,7 auf 0,5 Prozent abgesenkt
und Änderungen beim Wettbewerbs- und Kartellrecht, bei den Entschuldungs- und Insolvenzregelungen für Krankenkassen und beim Inkrafttreten der Änderungen für die privaten
Krankenkassen vorgenommen.
Alle wesentlichen Bestimmungen des GKV-WSG, die für Pflegeeinrichtungen relevant sind,
gelten seit 1. April 2007. Regelungen, die erst später in Kraft treten, betreffen beispielsweise
den neuen Spitzenverband Bund der Kranken- und Pflegekassen, der seine Arbeit am 1. Juli
2008 aufnimmt, oder den Gesundheitsfonds, der im Januar 2009 startet.
Trotz diverser Änderungen insbesondere in der letzten Phase der Verabschiedung dieses
Gesetzes steht nach wie vor die zukünftige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung über einen Gesundheitsfonds im Mittelpunkt der Kritik: Während die einen von einem
zukunftsweisenden System zur Erhaltung eines hohen Versorgungsniveaus auch bei einer
zunehmenden Alterung sprechen, behaupten die anderen, der Fonds bedeute mehr staatlichen Dirigismus, höhere Beiträge, mehr Bürokratie und weniger Wettbewerb mit der Folge
einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung. Darüber hinaus fehlt offensichtlich die
steuerliche Gegenfinanzierung zumindest für die zum Schluss auf Druck der Länder vorgenommenen Gesetzesänderungen.
Aus dem GKV-WSG ergeben sich diverse Perspektiven zur Verbesserung der Versorgung
und Weiterentwicklung der Leistungen für Schwerstkranke und pflegebedürftige Menschen,
ebenso wie für die Pflegeeinrichtungen. Für viele dieser Änderungen hat der bpa sich bereits
im Vorfeld und mit Nachdruck im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingesetzt. Daher
werden weite Teile des GKV-WSG begrüßt, auch wenn einige Forderungen nicht den Vorstellungen des Verbands entsprechend berücksichtigt wurden.
Nachfolgend sollen die relevanten Neuerungen aufgezeigt werden.
Änderungen in letzter Minute:
Die Bundesrahmenempfehlung zur häuslichen Krankenpflege nach § 132 a SGB V sollte –
völlig überraschend und ohne nachvollziehbare Begründung gemäß dem vierten Gesetzesentwurf – ersatzlos gestrichen werden. Der bpa hatte sich mit Vehemenz gegen diese Streichung gewehrt und stieß dabei auf die Unterstützung der pflegepolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen. Im Ergebnis hat der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages
die Änderung zurückgenommen. Ohne diese Korrektur hätte dies für die Pflegeeinrichtungen
und deren Trägerverbände deutlich weniger Mitgestaltungsmöglichkeiten und einen Ausstieg
aus dem Partnerschaftsmodell zur Folge gehabt. Das weiterführende Anliegen des bpa – die
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Verbände der Pflegeeinrichtungen an den pflegerelevanten Richtlinien des „Gemeinsamen
Bundesausschusses“ (GBA) zu beteiligen – wurde allerdings nicht aufgegriffen. Aber alleine
schon die Beibehaltung der Bundesrahmenempfehlung ist ein großer Erfolg, den der bpa
erzielen konnte.
Weggefallen ist erst unmittelbar vor der abschließenden Abstimmung im Bundestag der alleinige Rechtsanspruch auf die geriatrische Rehabilitation, der ursprünglich in einem neuen §
40 a SGB V vorgesehen war. Im Gegenzug ist allerdings ein Rechtsanspruch auf alle Rehabilitationsleistungen nach § 40 SGB V eingeführt worden; hierunter fällt selbstverständlich
auch die geriatrische Rehabilitation. Weiterhin wurde in den gleichen Paragraphen die mobile ambulante Rehabilitation ausdrücklich neben der stationären und wohnortnahen Rehabilitation als Leistungsform in das Gesetz aufgenommen. Hiervon sollen insbesondere auch
Pflegebedürftige im Pflegeheim profitieren. Der bpa begrüßt den Rechtsanspruch auf Rehabilitation im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nachdrücklich.
Dieser neue Leistungsanspruch für Pflegebedürftige soll laut Gesetzesbegründung durch die
dauerhafte Finanzierung der medizinischen Behandlungspflege im Heim durch die Pflegekasse gegenfinanziert werden. Darum wurde § 43 Abs.2 SGB XI so geändert, dass die Pflegekassen nicht nur bis Mitte 2007 die Behandlungspflege finanzieren, sondern auf Dauer.
Obwohl die medizinische Behandlungspflege unstrittig eine Leistung der Krankenversicherung ist, wird diese bei Heimbewohnern jetzt dauerhaft in die gedeckelten Pflegeversicherungsleistungen verschoben. Heimbewohner werden jetzt gegenüber Personen, die in ihrer
Häuslichkeit wohnen, für die weiterhin die Krankenversicherung diese Leistungen zahlt, benachteiligt. Damit wird eine systemfremde Zuordnung vorgenommen und der Anspruch abhängig vom Wohnort gemacht.
Neben dieser Kritik hat der bpa große Zweifel, dass das vollständige Finanzvolumen für die
Behandlungspflege in Heimen in Höhe von ca. einer Milliarde Euro ab 1. April 2007 auch
tatsächlich gezielt für Rehabilitationsleistungen von Pflegebedürftigen eingesetzt wird.
Arzneimittelversorgung
Der Einsatz von Arzneimitteln soll wirtschaftlicher erfolgen. Ärzte und Apotheken können
künftig auch einzelne Tabletten verordnen bzw. abgeben. Die Abgabe dieser Einzelmengen
soll gefördert und mit wirtschaftlichen Anreizen versehen werden. Nicht mehr benötigte Betäubungsmittel für einen Patienten können von einem Arzt für einen anderen Patienten dieses Alten- und Pflegeheims oder Hospizes erneut verschrieben werden oder an eine versorgende Apotheke zum Zweck der Weiterverwendung in einem Alten- oder Pflegeheim oder in
einem Hospiz zurückgegeben werden. Diese Klarstellung ist die Voraussetzung, damit unter
Einbeziehung von Alten- und Pflegeheimen mögliche Einsparungen im Rahmen der Arzneimittelversorgung realisiert werden können. Der bpa bedauert, dass nicht auch eine entsprechende Regelung für den ambulanten Bereich Einzug in das Gesetz gefunden hat.
Hilfsmittel
Ziel der durch das GKV-WSG vorgenommenen Klarstellung in § 33 SGBV ist es, die Zuständigkeit der Krankenversicherung bei der Hilfsmittelversorgung im Pflegeheim wieder herzustellen. Durch diese Gesetzesänderung haben auch Pflegebedürftige, unabhängig davon, in
welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist und entgegen
der jüngsten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), erneut Anspruch auf Hilfsmittel. Von der Zielsetzung, die Schnittstellenprobleme zwischen Kranken- und Pflegekassen
bei der Hilfsmittelversorgung aufzulösen, hat sich der Gesetzgeber allerdings zwischenzeitlich verabschiedet. Denn die Auseinandersetzungen um die Vorhaltung des für den üblichen
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Pflegeheimbetrieb notwendigen Hilfsmittelbedarfs durch die Einrichtung ist nicht abschließend geregelt.
Das Urteil des BSG, welches einer geistig schwerstbehinderten Heimbewohnerin einen Lagerungsrollstuhl, wegen fehlender Rehabilitationsfähigkeit mit dem Hinweis, sie sei „Objekt
der Pflege“, verweigert hatte, war in den Pflegeheimen und beim bpa auf Empörung gestoßen. Die Gesetzesänderung ist ein deutliches Signal des Gesetzgebers an das BSG, aber
auch an die Krankenkassen.
Häusliche Krankenpflege und spezielle Behandlungspflege im Heim
Durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs in § 37 SGB V kann die häusliche Krankenpflege künftig auch an sonst geeigneten Orten, „insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte
Menschen“ erbracht werden. Zu den geeigneten Orten zählen laut Begründung Einrichtungen der so genannten neuen Wohnformen (Wohngemeinschaften, betreutes Wohnen der
Behindertenhilfe). Die Klarstellung und Erweiterung des Haushaltsbegriffs im Rahmen der
häuslichen Krankenpflege sowie die Nutzung der erheblichen Ressourcen von Pflegediensten bei der Vermeidung von kostspieligen Krankenhausaufenthalten ist eine vom bpa kontinuierlich vertretene Position. Durch die vorgenommene Erweiterung des Haushaltsbegriffs
werden bestehende Abgrenzungsprobleme – wann handelt es sich z.B. um einen heimähnlichen Betrieb, in dessen Folge die Pflegekasse für die Vergütung der Behandlungspflege
zuständig ist – geklärt. Eine deutliche Erweiterung erfährt der Leistungsbereich damit allerdings nicht. Die abschließende Definition, was unter den geeigneten Orten gemeint ist, wurde dem GBA übertragen. Der bpa hat sich für die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eingesetzt, gleichwohl aber auch eine Aufwertung der Krankenhausvermeidungsleistungen durch
Pflegedienste gefordert.
§ 37SGBV sieht weiterhin in Ausnahmefällen die Erbringung der Behandlungspflege auch in
Heimen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Einerseits wird in §43 Abs. 5
und §42 Abs. 2 SGB XI die Finanzierung der Behandlungspflege durch die Pflegekasse festgeschrieben, aber andererseits wird für eine eng begrenzte Personengruppe im Heim (z.B.
Wachkoma- oder beatmete Patienten) die Möglichkeit eröffnet, Behandlungspflegeleistungen
zukünftig zu Lasten der Krankenversicherung zu erbringen. Hierdurch wird eine kleine Personengruppe von ggf. erforderlichen Zuzahlungen entlastet. Welcher Personenkreis hiervon
insgesamt umfasst ist, wird der GBA in einer Richtlinie festlegen.
Der größte Teil der Heimbewohner ist allerdings weiter betroffen von der Ungleichbehandlung gegenüber Pflegebedürftigen, die in ihrer Häuslichkeit leben und für die die Krankenkassen diese Leistungen finanzierten. Auch wenn zumindest bei Heimbewohnern mit besonders hohem Behandlungspflegeaufwand dessen Kosten der Krankenversicherung zugeordnet werden können, was der bpa anerkennt, bleibt die grundsätzliche Zuordnung der Behandlungspflege in die Pflegeversicherung systemfremd. Die Krankenkassen werden zwar
entlastet, aber die Kosten der Pflegeheimplätze sind höher als notwendig. Und weil die Pflegeversicherung, egal ob mit oder ohne Behandlungspflege, immer den gleichen gedeckelten
Betrag zahlt, müssen am Ende der Heimbewohner oder das Sozialamt die verbliebenen Kosten übernehmen.
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Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen
Nachdem der Gesetzgeber bereits im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG)
auf Drängen des bpa und der Wohlfahrtsverbände eine klarstellende Regelung in § 37 SGB
V zu einer krankheitsspezifischen Pflegemaßnahme aufgenommen hatte, erfolgt jetzt eine
abschließende Regelung für alle diese Maßnahmen. Durch eine entsprechende Formulierung sowohl in § 37 SGB V als auch in § 15 SGB XI wird sichergestellt, dass Leistungen der
häuslichen Krankenpflege, die in einem inhaltlichen und i. d. R. zeitlichen Zusammenhang
mit den Verrichtungen gem. SGB XI stehen, sowohl bei der Einstufung der Pflegebedürftigkeit Berücksichtigung finden als auch weiterhin als Leistungen der häuslichen Krankenpflege
verordnungsfähig sind. Notwendig war diese Regelung geworden, weil einige Krankenkassen diese Leistungen verweigert hatten und als Begründung auf die Berücksichtigung in der
Pflegeversicherung verwiesen hatten.
Zukünftig müssen also alle krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen im Rahmen der Begutachtung und Feststellung der Pflegestufe berücksichtigt werden – ungeachtet dessen, ob
häusliche Krankenpflege geleistet wird oder jemand sich für die stationäre Leistung entschieden hat. Damit wird die vom bpa geforderte abschließende Klarheit bei den krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen geschaffen.
Integrationsversorgung (IV)
Bisher hatten nur Pflegedienste mit Verträgen über die häusliche Krankenpflege die Möglichkeit, sich an Verträgen der Integrationsversorgung nach §140a ff. SGB V zu beteiligen. Zukünftig haben alle Pflegeeinrichtungen sowie die Pflegekassen die Möglichkeit, sich mit ihren
Leistungen des SGB XI an der Integrationsversorgung zu beteiligen. Damit können endlich
auch Zielgruppen wie chronisch Erkrankte und multimorbide in Pflegeeinrichtungen oder von
ambulanten Diensten betreute Menschen aktiv in eine medizinisch-pflegerisch integrierte
Versorgung einbezogen werden. Hierzu wurde §92b SGBXI eingeführt. Zusätzlich sind in
§140b Abs.1 SGBV Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen als Vertragspartner verankert
worden. Dort werden die Regelungen getroffen, nach denen Pflegeeinrichtungen an den
Integrationsverträgen nach SGB XI teilnehmen können. Gesetzlich ausgeschlossen ist, dass
die Pflegekassen Leistungen finanzieren, die in die Zuständigkeit der Krankenversicherung
gehören.
Die Anschubfinanzierung, die aus den Rechnungsbeträgen der Krankenhäuser und Ärzte
finanziert wird, ist bis Ende 2008 verlängert worden. Die Pflegeeinrichtungen profitieren von
dieser allerdings nur, wenn sie besondere Aufgaben (z. B. Case-Management, Koordination)
übernehmen. Bei Mehrkosten, die innerhalb eines Integrationsvertrages im Rahmen der
Leistungserbringung nach dem SGB XI für die Pflegeeinrichtung entstehen, können laut Gesetz für zusätzliche Leistungen höhere Vergütungen gezahlt werden. Die integrierte Versorgung soll ausgebaut werden und auf größere Regionen sowie stärker auf chronische Erkrankungen abzielen.
Krankenhausentlassung und Versorgungsmanagement
Versicherte sollen nach § 11 Abs. 4 SGB V ab 1. April 2007 Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen
Versorgungsbereiche haben. Im Gesetzestext findet sich keine Aussage darüber, was hierunter zu verstehen ist. Die Verantwortung für eine entsprechende Anschlussversorgung obliegt jetzt den betreffenden Leistungserbringern, ohne dass hierfür eine Leistungsgrundlage
geschaffen wird. In der Begründung wird klargestellt, dass es vor allem darum gehen soll,
Pflegebedürftigkeit und Krankenhauseinweisungen zu vermeiden und ein Versorgungsmanagement bei der Entlassung aus dem Krankenhaus einzurichten. Weiterhin soll es dem
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Krankenhausarzt durch eine Richtlinienänderung des GBA ermöglicht werden, häusliche
Krankenpflege für drei Tage zu verordnen.
Der bpa begrüßt dies ebenso nachdrücklich wie die Erkenntnis des Gesetzgebers, dass eine
Krankenhausvermeidung oder -verkürzung bereits heute gesetzlich geboten und aus fiskalischen Gründen erforderlich ist; hierfür hat sich der bpa seit Jahren eingesetzt. Dies gilt auch
für ein optimiertes Entlassungsmanagement der Krankenhäuser durch eine verbesserte Kooperation zwischen den bestehenden Einrichtungen. Die vorgenommene gesetzliche Regelung verpflichtet einseitig die Leistungserbringer und lässt offen, inwieweit sich die Krankenkassen an der Ausgestaltung dieser neuen Leistung beteiligen. Der bpa hatte zur Optimierung des Entlassungsmanagements und zur Verkürzung und Vermeidung von Krankenhausaufenthalten deutlich weitergehende geeignete Vorschläge entwickelt und vorgelegt.
Palliativversorgung
Durch das GKV-WSG wird §37b SGB V neu in das Gesetz eingefügt: die spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Hierdurch haben „Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, ... Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung“.
Nach §37b Abs. 2 SGB V haben Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen ebenfalls
Anspruch auf spezialisierte Palliativversorgung.
Zukünftig erfolgt die Finanzierung dieser Leistungen durch die Krankenkassen. Die genaue
Definition der leistungsberechtigten Versicherten sowie des Inhalts und Umfangs obliegt dem
GBA, der hierzu bis Ende September 2007 eine Richtlinie vorlegen soll. Es handelt sich hier
um eine Gesamtleistung mit ärztlichen und pflegerischen Leistungsanteilen, die bei Bedarf
auch rund um die Uhr erbracht werden kann. Die Leistung ist primär medizinisch ausgerichtet und umfasst die Befreiung oder Linderung von Symptomen (z.B. Schmerzen, Luftnot,
Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Verwirrtheit und Depressionen). Die Einzelheiten sollen in
Verträgen gemäß dem neu eingeführten §132dSGBV zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern geregelt werden. Diese Verträge regeln auch, ob die Leistung durch Vertragspartner der Krankenkassen in der Pflegeeinrichtung oder durch Personal der Pflegeeinrichtung erbracht wird. Die Spitzenverbände der Krankenkassen sollen unter Beteiligung der
Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen
auf Bundesebene, der Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung
sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Empfehlung zur Ausgestaltung der Verträge vereinbaren. Nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin werden ca. 10 Prozent der Palliativpatienten diese speziellen Leistungen benötigen. Die deutliche Mehrheit der sterbenden Menschen wird weiterhin in den derzeitigen Strukturen, insbesondere durch Pflegeheime und Pflegedienste und Vertragsärzte sowie Krankenhäuser,
pflegerisch und medizinisch versorgt.
Der bpa hat sich seit langem für eine ganzheitliche pflegerische und medizinische Begleitung
und Unterstützung von sterbenden Menschen und ihrer Angehörigen eingesetzt. Dass einem
kleinen Teil dieser Menschen jetzt ein Anspruch auf Palliativversorgung aus der Krankenversicherung zugestanden wird, ist ein erster Schritt. Dieser muss mit einer besseren Zusammenarbeit der bestehenden Leistungserbringer und einer Integration der medizinischen und
pflegerischen Tätigkeiten und Methoden für schwerstkranke Personen einhergehen. Haftungsrechtliche Sicherheit für die handelnden Akteure sowie rechtliche Klarheit im Umgang
mit dem Willen des sterbenden Menschen müssen im Rahmen der weiteren Gesetzgebung
dringend Berücksichtigung finden, um die Situation in der Sterbebegleitung nachhaltig zu
verbessern. Ebenso muss die Rolle der Pflegeeinrichtungen bei der Begleitung und Versor7
gung weiterhin im Mittelpunkt stehen. Palliativpflege darf nicht nur zu einer Spezialleistung
für einen kleinen Kreis von Leistungserbringern werden, sondern es müssen zusätzliche
Ressourcen für die Sterbebegleitung gerade durch Pflegeeinrichtungen erschlossen werden.
Der bpa wird die Ausgestaltung der Palliativversorgung entsprechend begleiten.
Ausblick
Auch wenn die letzte Hürde dieses Gesetzes das Bundesverfassungsgericht sein könnte, gilt
es gegenwärtig, die getroffenen Gesetzesänderungen umzusetzen. Zunächst ist zur Ausgestaltung vieler vom bpa befürworteter Leistungsverbesserungen für Schwerstpflegebedürftige
und Kranke der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) gefordert. Der bpa wird die zeitnahe
Verabschiedung der erforderlichen Regelungen durch den GBA konstruktiv begleiten und bei
der Schaffung der strukturellen Voraussetzungen aktiv mitwirken.
Dabei werden wir unsere Mitglieder bei der Realisierung der neuen Leistungsrechtsansprüche für die Versicherten unterstützen. Ziel dabei wird es sein, die Verbesserungspotentiale
insbesondere für Pflegebedürftige schnellstmöglich nutzbar zu machen und damit auch die
Arbeit der Pflegeeinrichtungen zu unterstützen.
Außerdem werden wir nicht nachlassen, in einem kontinuierlichen Dialog den weitergehenden notwendigen Reformbedarf an den Gesetzgeber heranzutragen.
Der bpa führt in allen Bundesländern Informationsveranstaltungen für Pflegeeinrichtungen
durch. Termine und Orte sind über die jeweiligen Landesgeschäftsstelle zu erfahren.
Bernd Tews
Geschäftsführer bpa
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Wichtige Hinweise:
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Neu eingefügter Gesetzestext ist fett markiert.
-
Gesetzestext, der gelöscht wurde, ist durchgestrichen gelöscht.
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Erläuternde Kommentare des bpa sind stehen in kursiver Schrift in [eckigen Klammern].
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Der ursprüngliche Gesetzestext wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens an
einigen Stellen geändert. Entscheidend waren die letzten Beschlüsse im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages. Dort wurden sowohl Änderungswünsche des Bundesrats als auch der Regierungsfraktionen beschlossen. Für diese Änderungsanträge im Ausschuss liegen auch Begründungen vor. Deshalb sind nachfolgend z.T. sowohl die Begründungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs als auch ergänzend die Begründungen für die Änderungen im Gesundheitsausschuss aufgeführt. Sofern nur eine Begründung ohne besondere Kennzeichnung angegeben ist,
handelt es sich um diejenige des ursprünglichen Gesetzentwurfs.
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Soweit nicht anders vermerkt, treten die Änderungen zum 1. April 2007 in Kraft.
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Sofern ein neu eingefügter und fett markierter Gesetzestext zu einem bereits festgelegten späteren Zeitpunkt geändert wird, ist diese Änderung fett markiert und unterstrichen.
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Kurz nachdem das GKV-WSG beschlossen wurde, sind redaktionelle Fehler bemerkt
worden, die im Zuge eines anderen Gesetzes behoben werden sollen. Diese Korrekturen sind, soweit bekannt, bereits in die vorliegende Datei eingebaut und fett sowie
mit einem * gekennzeichnet. Bei Redaktionsschluss waren diese Korrekturen allerdings noch nicht vom Gesetzgeber beschlossen.
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§ 11 SGB V – Versorgungsmanagement
Gesetzestext
(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen
1. (weggefallen)
2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3. zur Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4. zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5. des Persönlichen Budgets nach § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches.
(2) Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit
in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.
(3) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten.
(4) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die
verschiedenen Versorgungsbereiche. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung
des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von
den Krankenkassen zu unterstützen. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur
mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Soweit in Verträgen nach den §§ 140a bis 140d nicht
bereits entsprechende Regelungen vereinbart sind, ist das Nähere im Rahmen von Verträgen nach § 112 oder § 115 oder in vertraglichen Vereinbarungen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen zu regeln.
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(5) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen
Unfallversicherung zu erbringen sind.
Begründung
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sollen bedarfsgerecht, wirksam und wirtschaftlich zugleich erbracht und in Anspruch genommen werden. Dazu gehört auch, dass Leistungserbringer und gesetzliche Krankenkassen durch geeignete Maßnahmen darauf hinwirken, dass Patienten ein reibungsloser Übergang zwischen Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege ermöglicht wird, um vor allem Pflegebedürftigkeit oder eine baldige stationäre Wiedereinweisung zu vermeiden. Insbesondere im Zusammenhang mit einer Entlassung aus dem
Krankenhaus ist daher ein Versorgungsmanagement einzurichten, das zur Lösung von Schnittstellenproblemen beim Übergang von Versicherten in die verschiedenen Versorgungsbereiche beitragen soll. Die jeweiligen Leistungserbringer, also Vertragsärzte, Krankenhäuser,
Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen haben dazu die erforderlichen Informationen auszutauschen und unterstützt durch die jeweilige
Krankenkasse, eine sachgerechte Anschlussversorgung der Versicherten sicherzustellen.
Die Leistungserbringer müssen aber auch unmittelbar den Versicherten die notwendige Unterstützung gewähren und Hilfen vermitteln, die
bspw. nach der Entlassung aus dem Krankenhaus geboten sind. Die Beteiligung des Versicherten am Versorgungsmanagement ist freiwillig und setzt seine vorherige eingehende Unterrichtung voraus. Eine erforderliche Übermittlung von Behandlungsdaten des Versicherten
darf nur mit dessen Einwilligung erfolgen.
Vereinbarungen zur Lösung von Schnittstellenproblemen beim Übergang von Versicherten in die verschiedenen Versorgungsbereiche
können in Verträgen zur integrierten Versorgung nach den §§ 140a bis d getroffen werden. Soweit kein Integrationsvertrag vorliegt oder ein
vorliegender Vertrag keine entsprechenden Regelungen enthält bietet sich an, dass das Nähere in zweiseitigen Verträgen zwischen den
Landesverbänden der Krankenkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft nach § 112, in dreiseitigen Verträgen zwischen Krankenkassen, Krankenhäusern und Vertragsärzten nach § 115 oder in vertraglichen Vereinbarungen mit sonstigen Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung und mit Leistungserbringern nach dem Elften Buch sowie mit den Pflegekassen geregelt wird.
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§ 13 SGB V – Kostenerstattung
Gesetzestext
(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch
vorsieht.
(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor
Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der
Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu
tragen sind. Sie sind von ihrer Krankenkasse vor ihrer Wahl zu beraten. Eine Beschränkung der Wahl auf den Bereich der ambulanten
Behandlung ist möglich. Der Versicherte hat die erfolgte Beratung gegenüber dem Leistungserbringer schriftlich zu bestätigen. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich
oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe
eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Abs. 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das
Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Die Versicherten sind an ihre Wahl
der Kostenerstattung mindestens ein Jahr gebunden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt dem Deutschen Bundestag
über das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. März 2009 einen Bericht über die Erfahrungen mit den durch das Gesetz
zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung in dieser Vorschrift bewirkten Rechtsänderungen vor.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt
und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen
Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach
dem Neunten Buch werden nach § 15 des Neunten Buches erstattet.
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom
14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft
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zu- und abwandern (ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, anstelle der Sach- oder Dienstleistung im
Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der
Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es
dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung
des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(5) Abweichend von Absatz 4 können in anderen Staaten, in denen die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur
Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
(ABl. EG Nr. L 149 S. 2), in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine
für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.
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Begründung
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung sollen zukünftig flexibler entscheiden können, ob sie von dem Sachleistungsprinzip
abweichen und die jeweilige Leistung über Kostenerstattung abrechnen lassen. Die Versicherten haben ihre Krankenkasse jedoch vor Inanspruchnahme der Leistung über das beabsichtigte Kostenerstattungsverfahren zu informieren, damit eine Beeinflussung der Wahlentscheidung durch Dritte möglichst vermieden wird. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor der Behandlung darüber zu beraten,
dass Mehrkosten für Leistungen, die nicht in die Leistungspflicht der Krankenkassen fallen, wie zum Beispiel Kosten für individuelle Gesundheitsleistungen oder für Kostensätze, die den Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigen, vom Versicherten
zu tragen sind. Hierdurch wird dem Patientenschutz Rechnung getragen.
Die erfolgte Beratung ist gegenüber dem Leistungserbringer schriftlich zu dokumentieren. Zur Erleichterung der Wahl der Kostenerstattung
wird es künftig möglich sein, die Wahl auf einzelne Leistungsbereiche zu beschränken. Bisher war es nur möglich, die Kostenerstattung auf
den gesamten Bereich der ambulanten Versorgung zu erstrecken. Künftig können Versicherte auch nur für ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlung, für die stationäre Versorgung oder für veranlasste Leistungen (Arzneimittel, Hilfsmittel usw.) Kostenerstattung wählen. Die Versicherten bleiben an ihre Wahl ein Jahr gebunden.
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§ 33 SGB V – Hilfsmittel
Gesetzestext
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34
Abs. 4 ausgeschlossen sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären
Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig
sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst
auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit
zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der
Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder
zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend
den Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie auf Grund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet
werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.
[Abs. 2 ist neu, entspricht aber den Sätzen 4 bis 7 des bisherigen Absatzes 1. In Satz 1 des neuen Absatzes 2 wurde ein Verweis angepasst.]
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie auf Grund ihrer
Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der
Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundes-
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ausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.
(2) Ist für ein erforderliches Hilfsmittel ein Festbetrag nach § 36 festgesetzt, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Für andere Hilfsmittel übernimmt sie die jeweils vertraglich vereinbarten Preise gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1. Hat die Krankenkasse
Verträge nach § 127 Abs. 2 Satz 1 geschlossen und können die Versicherten hierdurch in für sie zumutbarer Weise mit Hilfsmitteln versorgt
werden, trägt sie die Kosten in Höhe des Preises nach § 127 Abs. 3 Satz 2 bis 4, höchstens die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Differenz zwischen dem Preis nach § 127 Abs. 3 Satz 2 bis 4 und dem Abgabepreis des in Anspruch genommenen Leistungserbringers zahlen
Versicherte an den Leistungserbringer. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen
Krankenversicherung verordneten Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse
zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle; der Vergütungsanspruch nach den Sätzen 1 und 2 verringert sich um die Zuzahlung;
die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert je Packung, höchstens jedoch 10 Euro für den Monatsbedarf je Indikation.
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend
erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes
1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuss zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche
Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, dass die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse oder nach §
126 Abs. 2 versorgungsberechtigt sind. Hat die Krankenkasse Verträge nach § 127 Abs. 1 über die Versorgung mit bestimmten
Hilfsmitteln geschlossen, erfolgt die Versorgung durch einen Vertragspartner, der den Versicherten von der Krankenkasse zu benennen ist. Abweichend von Satz 2 können Versicherte ausnahmsweise einen anderen Leistungserbringer wählen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht; dadurch entstehende Mehrkosten haben sie selbst zu tragen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise. Erfolgt die Versorgung auf der Grundlage des § 126
Abs. 2 durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der Krankenkasse ist, trägt die Krankenkasse die Kosten in Hö-
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he des niedrigsten Preises, der für eine vergleichbare Leistung mit anderen Leistungserbringern vereinbart wurde, bei Hilfsmitteln, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, höchstens bis zur Höhe des Festbetrags.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43b Abs. 1 Satz
2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von
der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
Begründung
Zu der Änderung von § 33 Absatz 1, Satz 2 SGB V:
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Regelung wird ausdrücklich auf den Bereich der stationären Pflege begrenzt, da die zugrunde liegende Problematik nur diesen Bereich
betrifft. Mit der darüber hinaus vorgenommenen Ergänzung soll eine unbeabsichtigte Kostenverlagerung bei Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb von teil- und vollstationären Pflegeeinrichtungen notwendig und von diesen jeweils vorzuhalten sind,
auf die gesetzliche Krankenversicherung verhindert werden. Bei stationärer Pflege soll der Anspruch gegenüber der Krankenkasse auf
Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich nicht dadurch ausgeschlossen sein, dass eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft nur noch in eingeschränktem Maße ermöglicht werden kann. Die vom Bundessozialgericht – insbesondere in den Entscheidungen
vom 10. Februar 2000 (B 3 KR 26/99 R), 6. Juni 2002 (B 3 KR 67/01 R), 24. September 2002 (B 3 KR 15/02 R) und 28. Mai 2003 (B 3 KR
30/02 R) – entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung der Leistungsbereiche der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden im Übrigen durch diese Regelung nicht in Frage gestellt.
Zu der Änderung von § 33 Absatz 1, Satz 4 bis 7 SGB V:
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung, die aufgrund der Neuordnung der Vorschriften in § 33 notwendig ist.
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Zu der Änderung von § 33 Absatz 2 SGB V (Streichung des bisherigen Absatzes 2):
Die Regelungen des bisherigen Absatzes 2 sind in modifizierter Form in die neu gefassten Absätze 7 und 8 eingeflossen. Der Absatz muss
daher aufgehoben werden.
Zu den Änderungen von § 33 Absätze 3 und 4 SGB V:
Es handelt sich um notwendige redaktionelle Folgeänderungen auf Grund der Änderung unter Buchstabe b. [Neufassung des Absatzes 2]
Zu der Neueinfügung von § 33 Absätze 6 bis 8 SGB V:
Bei Absatz 6 handelt es sich um eine neue Vorschrift, die mit den Änderungen in § 126 korrespondiert und die Wahlfreiheit der Versicherten zwischen den jeweiligen Vertragspartnern ihrer Krankenkasse und den Leistungserbringern, die auf Grund der Übergangsregelung in §
126 Abs. 2 versorgungsberechtigt sind, regelt. Damit das Instrument der Ausschreibung wirkungsvoll genutzt werden kann und die vertraglich vereinbarten Abnahmeverpflichtungen auch tatsächlich erfüllt werden können, muss für diesen Fall grundsätzlich die Versorgung durch
einen von der Krankenkasse zu benennenden Leistungserbringer (Ausschreibungsgewinner) vorgesehen werden. Die Ausnahmeregelung
in Satz 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass im Einzelfall ein berechtigtes Interesse bestehen kann, einen anderen Leistungserbringer zu
wählen. Ein berechtigtes Interesse kann auch im Falle der Entscheidung für eine aufwändigere Versorgung gegen Aufzahlung vorliegen.
Absatz 7 ersetzt die Regelungen der Sätze 1 bis 4 des bisherigen Absatzes 2 zur Höhe der Leistungsverpflichtung der Krankenkassen unter Berücksichtigung der Änderungen in den §§ 126 und 127. Da künftig nur noch Vertragspartner der Krankenkasse zur Versorgung berechtigt sind, müssen die jeweils vertraglich vereinbarten Preise maßgeblich sein (Satz 1). Dies gilt auch für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde. Für den Fall der Versorgung durch einen nach § 126 Abs. 2 versorgungsberechtigten Leistungserbringer, der nicht
Vertragspartner der Krankenkasse ist, wird die Höhe der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse in Satz 2 geregelt. Die bisherige Regelung, die neben dem Festbetrag den Durchschnittspreis des unteren Preisdrittels aus Verträgen der Krankenkasse mit Leistungserbringern
als Leistungsobergrenze vorsah, hat sich als wenig praktikabel erwiesen. Sie wird daher durch eine Vorschrift ersetzt, die für die genannte
Fallkonstellation die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse auf den niedrigsten Preis begrenzt, der in Verträgen der Krankenkasse mit
anderen Leistungserbringern über vergleichbare Leistungen vereinbart wurde. Soweit es sich um Hilfsmittel handelt, für die ein Festbetrag
festgesetzt wurde, gilt dieser weiterhin als Obergrenze. In
Absatz 8 ist die Zuzahlung der Versicherten geregelt. Die Regelung entspricht weitgehend dem bisherigen Absatz 2 Satz 5. Da die Krankenkassen nicht in allen Fällen auf einer vertragsärztlichen Verordnung notwendiger Hilfsmittel bestehen müssen, ist in Satz 1 bezüglich
der Zuzahlung auf die abgegebenen Hilfsmittel abzustellen. Durch eine entsprechende Ergänzung in Satz 2 wird wegen in der Praxis auf-
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getretener Auslegungsprobleme klargestellt, dass abweichend von § 43b Abs. 1 Satz 2 der Leistungserbringer die Zuzahlung einzuziehen
hat und das Inkassorisiko trägt. Ferner wird zur Vermeidung einer Überforderung betroffener Versicherter die Zuzahlung für zum Verbrauch
bestimmte Hilfsmittel auf insgesamt höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf an solchen Hilfsmitteln begrenzt; in der Praxis wird
die bisherige Vorschrift bereits in diesem Sinne angewendet.
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§ 37 SGB V – häusliche Krankenpflege, Behandlungspflege
Gesetzestext
(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen oder ihrer Familie neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten,
aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfasst die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, dass dies
aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf
bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 des Elftes Buches zu berücksichtigen ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Versicherte erhalten in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst das Anziehen und Ausziehen von
Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches zu berücksichtigen ist. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle
hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches,
die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche
Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt.* Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der
Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 Satz 2 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 Sätzen 2 und
3 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen
nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 den Sätzen 1 bis
4 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in
einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird.
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(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen
Umfang nicht pflegen und versorgen kann.
(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.
(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf
die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.
(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen
nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen
nach Absatz 2 Satz 1.
* [Satz 4 in § 37 Abs. 2 SGB V ist nach Auffassung der Regierung durch ein redaktionelles Versehen gelöscht worden und wird durch ein
entsprechendes Korrekturgesetz dort wieder eingefügt. Dieses Gesetz ist allerdings noch nicht verabschiedet. In der Sache ändert sich
dadurch nichts. Sollten sich Krankenkassen bei einer Ablehnung auf diese vermeintliche Gesetzeslücke stützen, sollte der Versicherte
mit Unterstützung seiner Pflegeeinrichtung unbedingt Widerspruch dagegen einlegen.]
Begründung zur Änderung von § 37 SGB V:
Zu § 37 Abs. 1 und zu § 37 Abs. 2, Satz 1, 1. Halbsatz SGB V (Erweiterung des Haushaltsbegriffs):
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die Beschränkung der Leistungen zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten hat sich im Hinblick auf das
Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung bewirkt durch eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes
Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für
ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem wird durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus wird im Hinblick auf bestimmte,
eng begrenzte Personengruppen durch den erweiterten Haushaltsbegriff eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtungen verhindert.
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Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Durch die beispielhafte Nennung von Orten, an denen Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht werden können, wird die Vorgabe
für den Gemeinsamen Bundesausschuss präzisiert. Die Aufzählung ist nicht abschließend, beispielsweise können auch Arbeitsstätten geeignete Orte sein. Ein Anspruch auf Leistungen kann auch in Werkstätten für behinderte Menschen gegeben sein, wenn wegen des besonders hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegerischen Fachkräfte nicht ausreichen. Im Regelfall
bleibt es hier aber dabei, dass nach § 10 der WerkstättenVO der pflegerische Bedarf durch die Werkstätten selbst abgedeckt wird.
Zu § 37 Abs. 2, Satz 1, 2. Halbsatz SGB V (Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen):
Die Änderung in Absatz 2 Satz 1 2. Halbsatz vollzieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nach (Entscheidung vom 17. 3. 2005,
AZ.: B 3 KR 9/04R, BSGE 94, 192); eine materielle Rechtsänderung ist damit nicht verbunden. Sie macht deutlich, dass verrichtungsbezogene
krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen zur häuslichen Krankenpflege gehören. Begrifflich entsprechen sie den Maßnahmen, die mit der geplanten Neuregelung in § 15 Abs. 3 SGB XI erfasst werden. Insbesondere handelt es sich um:
-
das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Klasse 2,
eine oro/tracheale Sekretabsaugung,
das Einreiben mit Dermatika,
die Verabreichung eines Klistiers, eines Einlaufs,
die Einmalkatheterisierung,
das Wechseln einer Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei einem Tracheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens,
Maßnahmen zur Sekretelimination bei Mukoviszidose oder Erkrankungen mit vergleichbarem Hilfebedarf.
Der Gemeinsame Bundesausschuss konkretisiert in Richtlinien nach § 92 Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen
Pflegemaßnahmen.
Zu § 37 Abs. 2, Satz 3 SGB V (besonders hoher Bedarf an Behandlungspflege in stationären Pflegeeinrichtungen):
Für besondere, eng begrenzte Personengruppen mit besonders hohem Versorgungsbedarf (z.B. Wachkomapatienten, Dauerbeatmete) regelt
Absatz 2 Satz 2 die Übernahme der Kosten für die Behandlungspflege durch die Krankenkassen, die nach § 132a Abs. 2 Verträge mit den
Pflegeeinrichtungen zu schließen haben. Für diese Personen fallen im Rahmen der vollstationären Dauerpflegeversorgung (§ 43 SGB XI) sehr
hohe Kosten für den behandlungspflegerischen Aufwand an. Da diese bisher von der Pflegeversicherung nur im Rahmen ihrer gedeckelten
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Leistungsbeträge übernommen wurden, verblieben bei den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen sehr hohe Eigenanteile, die sehr häufig
die Finanzkraft der Betroffenen überforderten und zu Sozialhilfeabhängigkeit führten.
Zu § 37 Abs. 6 SGB V (Ermächtigung Gemeinsamer Bundesausschuss):
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Ein "geeigneter Ort" für die Leistung häuslicher Krankenpflege durch die GKV ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte
in einer Einrichtung befindet, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung hat. Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Erbringungsorte zu wahren, wird auf eine
gesetzliche Festlegung verzichtet und die Definition dem Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen.
Dieser Lösungsweg vermeidet Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung. Nach geltendem Recht besteht
beispielsweise dann kein gesetzlicher Anspruch, wenn sich ein nicht pflegebedürftiger Patient nach einem Krankenhausaufenthalt übergangsweise in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung begeben muss, weil eine Versorgung in der eigenen Häuslichkeit noch nicht ausreichend sichergestellt ist. Auch dieser Fall soll von der Neuregelung erfasst sein.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Es handelt sich um eine Klarstellung, dass die Richtlinienkompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses auch die Definition der Orte
betrifft, an denen künftig Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden können. Damit wird eine unter sachlichen Aspekten eingegrenzte Ausweitung des Haushaltsbegriffs gesichert.
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Anmerkung der Redaktion:
Werkstättenverordnung
§ 10 Begleitende Dienste
(1) Die Werkstatt muss zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen,
die den Bedürfnissen der behinderten Menschen gerecht werden. Eine erforderliche psychologische Betreuung ist sicherzustellen. § 9 Abs. 1 gilt
entsprechend.
(2) Für je 120 behinderte Menschen sollen in der Regel ein Sozialpädagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforderliche Fachkräfte.
(3) Die besondere ärztliche Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und die medizinische Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen soll, müssen vertraglich sichergestellt
sein.
Werkstättenverordnung
§ 9 Werkstattleiter, Fachpersonal zur Arbeits- und Berufsförderung
(1) Die Werkstatt muss über die Fachkräfte verfügen, die erforderlich sind, um ihre Aufgaben entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer individuellen Förderung von behinderten Menschen, erfüllen
zu können.
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§ 37 b SGB V – Spezialisierte ambulante Palliativversorgung
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
(1) Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten
Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie
und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten nach Satz 1 in der vertrauten häuslichen Umgebung
zu ermöglichen. Dabei sind die besonderen Belange von Kindern zu berücksichtigen.
(2) Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 72 Abs. 1 des Elften Buches haben in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 einen Anspruch auf spezialisierte Palliativversorgung. Die Verträge nach § 132d Abs. 1 regeln, ob die Leistung nach Absatz 1 durch Vertragspartner der Krankenkassen in der Pflegeeinrichtung oder durch Personal der Pflegeeinrichtung erbracht wird; § 132d Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 Abs. 4 [Streichung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] bestimmt in den Richtlinien nach
§ 92 bis zum 30. September 2007 das Nähere über die Leistungen, insbesondere
1. die Anforderungen an die Erkrankungen nach Absatz 1 Satz 1 sowie an den besonderen Versorgungsbedarf
der Versicherten,
2. Inhalt und Umfang der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung einschließlich von deren Verhältnis zur ambulanten Versorgung und der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den bestehenden ambulanten Hospizdiensten und
stationären Hospizen (integrativer Ansatz); die gewachsenen Versorgungsstrukturen sind zu berücksichtigen,
3. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.
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Begründung
Zu Absatz 1:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Es ist ein anerkanntes gesellschaftliches Ziel, dem Wunsch der Menschen zu entsprechen, in Würde und möglichst in der eigenen häuslichen Umgebung zu sterben. Dieses Ziel wird bisher in Deutschland nicht in einer diesem humanitären Anspruch genügenden Weise erreicht. Dies zeigt sich vor allem darin, dass ein Großteil der Patienten im Krankenhaus verstirbt. Anzustreben ist deshalb eine flächendeckende Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Zwischenbericht der EnqueteKommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" zur "Verbesserung der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender in Deutschland
durch Palliativmedizin und Hospizarbeit" vom 22. Juni 2005 (BT. Drs. 15/5858).
Zur Verbesserung der ambulanten Versorgung erhalten die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung daher einen eigenständigen Anspruch auf eine "spezialisierte ambulante Palliativversorgung". Bei der Leistung handelt es sich um eine Gesamtleistung mit ärztlichen und pflegerischen Leistungsanteilen, die bei Bedarf auch rund um die Uhr erbracht werden kann (Einzelheiten der Anforderungen an
die Leistungserbringer, vgl. die Neufassung des § 132 d). Die Leistung ist primär medizinisch ausgerichtet und umfasst die Befreiung oder
Linderung von Symptomen (z. B. Schmerzen, Luftnot, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Verwirrtheit und Depressionen). Der Leistungsanspruch umfasst auch die Koordinierung der einzelnen Teilleistungen. Darüber hinausgehende Begleitleistungen (z.B. Sterbebegleitung und
Begleitung der Angehörigen) sind vom Leistungsanspruch nicht umfasst, sondern sind weiterhin ergänzend, z.B. von ambulanten Hospizdiensten, zu erbringen.
Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung soll Versicherten ermöglichen, bis zum Tode in der vertrauten häuslichen Umgebung betreut zu werden. Der neue Leistungsanspruch steht den Palliativpatienten mit einer begrenzten Lebenserwartung zu, die einen besonderen
Versorgungsbedarf (z.B. aufgrund einer besonderen Schwere und Häufung unterschiedlicher Symptome) aufweisen und dennoch ambulant versorgt werden könnten (Einzelheiten vgl. die Neufassung des § 132d). Nach Schätzungen von Experten, z.B. der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, haben ca. 10 % aller Sterbenden einen solchen besonderen Versorgungsbedarf, der im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung abzudecken ist. Die übrigen Palliativpatienten werden weiterhin in den derzeitigen Strukturen, insbesondere durch Vertragsärzte, Pflegedienste und stationäre Einrichtungen palliativmedizinisch versorgt (hierzu näher Begründung zu der
Neufassung des § 132d).
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Voraussetzung für die Leistungsgewährung ist die Verordnung durch einen Arzt und die Genehmigung durch die Krankenkassen. Die Leistung kann nicht nur von Ärzten, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, verordnet werden, sondern auch von entsprechend
qualifizierten Krankenhausärzten. Damit wird gewährleistet, dass ohne zeitlichen Verzug im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung
die spezialisierte ambulante Palliativversorgung erbracht werden kann. Das Genehmigungsverfahren durch die Krankenkassen ist ebenfalls so auszugestalten, dass kein Zeitverzug entsteht.
[Der ursprünglich vorgesehene Genehmigungsvorbehalt im Gesetz ist entfallen; s. nachfolgende Begründung.]
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die ausdrückliche Anordnung einer Genehmigung durch die Krankenkasse ist nicht erforderlich. Die Entscheidung über das Bestehen von Leistungsansprüchen obliegt ohnehin der zur Leistung verpflichteten Krankenkasse. Das Nähere zum Verfahren ist in den
Richtlinien des Gemeinsamen Bundessausschusses zu regeln.
Die Regelung stellt klar, dass auch Kinder die Leistung in Anspruch nehmen können und deren besonderen Belange zu berücksichtigen sind. Eine Ausweitung der Leistung auf nicht primär medizinisch ausgerichtete Begleitmaßnahmen (z.B. Sterbebegleitung,
Betreuung der Angehörigen) ist mit der Änderung nicht verbunden.
Zu Absatz 2:
Mit dieser Vorschrift wird den Vertragsparteien der Verträge nach § 132d die Möglichkeit eingeräumt, in stationären Pflegeeinrichtungen eine der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung entsprechende Leistung durch die speziellen ambulanten Palliativteams im Sinne
von § 37b Abs. 1 oder durch Personal der Pflegeeinrichtung selbst zu erbringen. Im erstgenannten Fall ist durch Absprachen sicherzustellen, dass die ambulanten Palliativteams Zugang zu den Einrichtungen erhalten. Die Leistungserbringung durch Personal der Pflegeeinrichtung setzt voraus, dass dieses auf Grund seiner Qualifikation in der Lage ist, spezialisierte Palliativversorgung zu erbringen. Im Ergebnis
bedeutet dies, dass die stationäre Pflegeeinrichtung entweder einen auf Palliativmedizin spezialisierten Arzt beschäftigt oder mit einem
derartigen Arzt zumindest einen Kooperationsvertrag schließt. Die stationären Pflegeeinrichtungen müssen, wenn sie Leistungen durch das
Personal erbringen, dieselben Voraussetzungen erfüllen wie die ambulanten Palliativteams nach § 132d.
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Zu Absatz 3:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die nähere Konkretisierung des Leistungsinhalts der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung erfolgt durch den Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien. Da es sich bei der Leistung um eine Gesamtleistung mit ärztlichen und pflegerischen Leistungsanteilen handelt, hat der Gemeinsame Bundesausschuss bei der Erarbeitung der Richtlinien auch pflegewissenschaftlichen Sachverstand einzubeziehen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Organisationen zu beteiligen.
In den Richtlinien sind Inhalt und Umfang der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu konkretisieren. Zu konkretisieren ist dabei
auch der besondere Versorgungsbedarf, der Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Leistung ist. Im Hinblick auf die Regelungstiefe
der Richtlinien ist zu beachten, dass bei der Versorgung Schwerkranker und sterbender Menschen den individuellen Bedürfnissen und Präferenzen des Patienten und seines Umfelds in besonderer Weise Rechnung getragen werden muss. Hierzu benötigt das Palliative-CareTeam den aus ärztlicher und pflegerischer Sicht erforderlicher Entscheidungsspielraum für die Anpassung der Palliativversorgung an die
Besonderheiten des Einzelfalls.
Eine wichtige Säule der Sterbebegleitung stellt die ehrenamtliche Hospizarbeit dar. Um eine Verzahnung mit der ehrenamtlichen Hospizarbeit zu gewährleisten, haben die Palliative-Care Teams mit den bestehenden ambulanten Hospizdiensten zusammenzuarbeiten, sofern
Hospizdienste an der Betreuung der Versicherten beteiligt sind. Die Einzelheiten des Umfangs und Inhalts der Zusammenarbeit sind in den
Richtlinien festzulegen.
Versicherten, die diesen besonderen Bedarf nicht aufweisen, werden weiter im Rahmen der derzeitigen Strukturen versorgt. Dabei ist auch
zu berücksichtigen, inwieweit dieser besondere Bedarf durch die subsidiäre vertragsärztliche Versorgung erbracht wird. Soweit Schnittmengen zwischen vertragsärztlicher Versorgung und der Versorgung im übrigen entstehen, sind Doppelabrechnungen auszuschließen.
Die Richtlinien haben schließlich Regelungen über die notwendige fachliche Zusammenarbeit zwischen den verordnenden Ärzten und den
Leistungserbringern (Palliative-Care-Teams, vgl. § 132b) zu enthalten. Insbesondere ist der verordnende Arzt verpflichtet, den behandelnden Versorgungsteams alle notwendigen Informationen über die bisherige Behandlung zu übermitteln.
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Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Regelung stellt klar, dass die Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung auch mit den stationären Hospizen
integrativ zusammenarbeiten sollen.
Zu Absatz 3 (Streichung von „nach § 91 Abs. 4“ zum 1. Juli 2008):
Folgeänderung zu den Neuregelungen zum Gemeinsamen Bundesausschuss.
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§ 39 a SGB V – Stationäre und ambulante Hospizleistungen
Gesetzestext
(1) Versicherte, die keiner Krankenhausbehandlung bedürfen, haben im Rahmen der Verträge nach Satz 4 Anspruch auf einen Zuschuss
zu stationärer oder teilstationärer Versorgung in Hospizen, in denen palliativ-medizinische Behandlung erbracht wird, wenn eine ambulante
Versorgung im Haushalt oder der Familie des Versicherten nicht erbracht werden kann. Die Höhe des Zuschusses ist in der Satzung der
Krankenkasse festzulegen. Er darf kalendertäglich 6 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches
nicht unterschreiten und unter Anrechnung der Leistungen anderer Sozialleistungsträger die tatsächlichen kalendertäglichen Kosten nach
Satz 1 nicht überschreiten. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] mit den für die Wahrnehmung der Interessen der stationären Hospize maßgeblichen Spitzenorganisationen das Nähere über Art und Umfang der Versorgung nach Satz 1. Dabei ist den besonderen Belangen der Versorgung in Kinderhospizen ausreichend Rechnung zu tragen und in der Rahmenvereinbarung nach Satz 4 vorzusehen, dass Kinderhospize mit nicht mehr als 5 vom Hundert der zuschussfähigen Kosten nach Satz 1 belastet bleiben. Der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In den über die Einzelheiten der Versorgung nach Satz
1 zwischen Krankenkassen und Hospizen abzuschließenden Verträgen ist zu regeln, dass im Falle von Nichteinigung eine von
den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf
eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt.
Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen.
(2) Die Krankenkasse hat ambulante Hospizdienste zu fördern, die für Versicherte, die keiner Krankenhausbehandlung und keiner stationären oder teilstationären Versorgung in einem Hospiz bedürfen, qualifizierte ehrenamtliche Sterbebegleitung in deren Haushalt, der Familie
oder stationären Pflegeeinrichtungen oder Familie erbringen. Voraussetzung der Förderung ist außerdem, dass der ambulante Hospizdienst
1. mit palliativ-medizinisch erfahrenen Pflegediensten und Ärzten zusammenarbeitet sowie
2. unter der fachlichen Verantwortung einer Krankenschwester, eines Krankenpflegers oder einer anderen fachlich qualifizierten Person steht, die über mehrjährige Erfahrung in der palliativ-medizinischen Pflege oder über eine entsprechende Weiterbildung verfügt
und eine Weiterbildung als verantwortliche Pflegefachkraft oder in Leitungsfunktionen nachweisen kann.
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Der ambulante Hospizdienst erbringt palliativ-pflegerische Beratung durch entsprechend ausgebildete Fachkräfte und stellt die Gewinnung,
Schulung, Koordination und Unterstützung der ehrenamtlich tätigen Personen, die für die Sterbebegleitung zur Verfügung stehen, sicher.
Die Förderung nach Satz 1 erfolgt durch einen angemessenen Zuschuss zu den notwendigen Personalkosten, der sich insbesondere nach
dem Verhältnis der Zahl der qualifizierten Ehrenamtlichen zu der Zahl der Sterbebegleitungen bestimmt. Die Ausgaben der Krankenkassen
für die Förderung nach Satz 1 sollen insgesamt im Jahr 2002 für jeden ihrer Versicherten 0,15 Euro umfassen und jährlich um 0,05 Euro
bis auf 0,40 Euro im Jahr 2007 ansteigen; dieser Betrag ist in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches anzupassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbart Die
Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft] mit den für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten Hospizdienste maßgeblichen Spitzenorganisationen das Nähere zu den Voraussetzungen der
Förderung sowie zu Inhalt, Qualität und Umfang der ambulanten Hospizarbeit. Dabei ist den besonderen Belangen der Versorgung von
Kindern durch ambulante Hospizdienste ausreichend Rechnung zu tragen.
Begründung
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Um die Versorgung schwerstkranker und sterbender Kinder zu verbessern, sind die auf Bundesebene bestehenden Rahmenvereinbarungen zu stationären Hospizleistungen nach Inhalt, Art, Umfang und Qualität so auszugestalten, dass sie den besonderen Belangen von Kindern ausreichend Rechnung tragen. Von besonderer Bedeutung können dabei die gegenüber anderen Hospizen höheren Infrastruktur- und
Personalkosten sein. Diese können auch dadurch entstehen, dass in die Hospizarbeit Familienangehörige des Kindes einbezogen werden.
Darüber hinaus können durch eine längere Verweildauer oder einen Wechsel zwischen stationärem Hospiz und der Versorgung an einem
anderen Ort, weitere Besonderheiten zu berücksichtigen sein.
Durch die Neuregelung soll der Ausbau der Kinderhospizarbeit unterstützt und insbesondere die Abhängigkeit von Spenden und ehrenamtlicher Mitarbeit für stationäre Kinderhospize verringert werden. Der Kostenanteil, der nicht über die Krankenkasse, die Pflegeversicherung
oder ggf. durch die Sozialhilfe getragen wird, soll deswegen nur noch höchstens 5 Prozent der vertraglich vereinbarten tagesbezogenen
Bedarfssätze tragen. Ein vollständiger Verzicht auf einen Anteil an den Kosten würde den Hospizgedanken zuwider laufen, der im Wesentlichen auf ehrenamtlichem Engagement beruht. Entsprechende Rahmenvorgaben sollen auch die ambulanten Hospizdienste stärken.
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Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Für den Fall, dass sich Krankenkassen und Hospize bei den Vertragsverhandlungen nicht einigen, wird eine Schiedsmöglichkeit eröffnet.
Auch in stationären Pflegeeinrichtungen soll eine ambulante Hospizbetreuung gewährleistet werden, um den Betroffenen ein
Verbleiben in diesen Einrichtungen bei qualifizierter Sterbebegleitung zu ermöglichen.
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§ 40 SGB V – Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
Gesetzestext
(1) Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 beschriebenen Ziele zu erreichen, kann
erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen,
für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen durch wohnortnahe Einrichtungen erbringen. Leistungen nach Satz 1 sind auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 Abs. 1 des Elften Buches zu
erbringen.
(2) Reicht die Leistung nach Absatz 1 nicht aus, kann erbringt die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung
in einer nach § 20 Abs. 2a des Neunten Buches zertifizierten Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht. Wählt der Versicherte eine andere zertifizierte Einrichtung, mit der kein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht, so hat er
die dadurch entstehenden Mehrkosten zu tragen. Die Krankenkasse führt nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen
über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 1 sowie deren Erledigung durch.“
(3) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der
Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Leistungen nach Absatz 1
sollen für längstens 20 Behandlungstage, Leistungen nach Absatz 2 für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Satz 2 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich [Inkrafttreten dieser Änderung zum 1. Juli 2008] nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat haben [Inkrafttreten
dieser Änderung zum 1. Juli 2008]; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 können nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst
worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. § 23 Abs. 7 gilt entsprechend.
(4) Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 werden nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können.
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(5) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je
Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.
(6) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und eine Leistung nach Absatz 1 oder 2 in Anspruch nehmen, deren unmittelbarer Anschluss an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlussrehabilitation), zahlen den sich nach § 61 Satz 2
ergebenden Betrag für längstens 28 Tage je Kalenderjahr an die Einrichtung; als unmittelbar gilt der Anschluss auch, wenn die Maßnahme
innerhalb von 14 Tagen beginnt, es sei denn, die Einhaltung dieser Frist ist aus zwingenden tatsächlichen oder medizinischen Gründen
nicht möglich. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete kalendertägliche
Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 39 Abs. 4 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 2
anzurechnen. Die Zahlungen sind an die Krankenkasse weiterzuleiten.
(7) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt Die Spitzenverbände der Krankenkassen legen gemeinsam und einheitlich und
[Inkrafttreten dieser Änderung zum 1. Juli 2008] unter Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft nach § 282 (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen) Indikationen fest, bei denen für eine medizinisch notwendige Leistung nach Absatz 2 die Zuzahlung nach
Absatz 6 Satz 1 Anwendung findet, ohne dass es sich um Anschlussrehabilitation handelt. Vor der Festlegung der Indikationen ist den für
die Wahrnehmung der Interessen der stationären Rehabilitation auf Bundesebene maßgebenden Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
Begründung
Zu Absatz 1:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die Änderung stellt sicher, dass Leistungen der medizinischen Rehabilitation nicht nur in wohnortnahen Einrichtungen, sondern auch als
mobile Rehabilitationsleistungen erbracht werden können.
Die mobile Rehabilitation ist ein aufsuchendes medizinisches Rehabilitationsangebot und damit eine Sonderform der ambulanten Rehabilitation. Ein interdisziplinäres Team erbringt Maßnahmen zur Rehabilitation in der Wohnung der Patienten. Zielgruppe sind multimorbide Patienten mit erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen und einem komplexen Hilfebedarf. Das aufsuchende Rehabilitationsangebot bezieht damit einen Patientenkreis ein, der bislang keine Rehabilitationschancen hat; zugleich werden der Grundsatz des Vorrangs der Rehabilitation vor und in der Pflege und die Zielsetzung "ambulant vor stationär" fachgerecht umgesetzt.
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Mit Förderung durch das Bundesministerium für Gesundheit sind im Bereich der medizinischen Rehabilitation mehrere aufsuchende (mobile) Angebote entwickelt worden. Die Implementierung des Leistungsangebots der mobilen Rehabilitation ist jedoch aufgrund unterschiedlicher Auslegungen des § 40 Abs. 1 durch Landesverbände der GKV auf Schwierigkeiten gestoßen. Die jetzige Fassung des § 40 Abs. 1 ist
nicht ausreichend auf die ambulante mobile Rehabilitation zugeschnitten, ohne diese aber ausdrücklich auszunehmen. Die Neuregelung
stellt klar, dass auch diese Form der ambulanten Rehabilitation regelhaft erbracht werden kann.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Im Entwurf des GKV-WSG ist bereits vorgesehen, Leistungen zur geriatrischen Rehabilitation (§ 40a neu) sowie Rehabilitationsleistungen
für Mütter und Väter (§ 41) von Ermessens- in Pflichtleistungen umzuwandeln, um diesen Leistungen stärker Geltung zu verschaffen.
Mit den Änderungen werden auch die übrigen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 40 SGB V von Ermessens- in Pflichtleistungen umgewandelt. Rehabilitationsleistungen für schwerwiegend kranke Kinder mit angeborenen oder früh auftretenden Erkrankungen
oder für Erwachsene mit chronifizierten Krankheitsbildern sollen nicht länger als Ermessensleistungen schwächer als Pflichtleistungen ausgestaltet sein. Für die Prüfung der Krankenkasse zur Erforderlichkeit einer Maßnahme spielt die Einstufung als Ermessensleistung auch
bisher keine Rolle. Aufwendungen für Rehabilitationsleistungen sollen als Pflichtleistungen vollständig in den Risikostrukturausgleich einfließen.
Die gesonderte Einführung einer Pflichtleistung "Geriatrische Rehabilitation" (§ 40a) kann deshalb entfallen. Die dort vorgesehene Klarstellung, dass ambulante Rehabilitationsleistungen auch in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 72 SGB XI erbracht werden können, wird in
§ 40 Abs. 1 aufgenommen.
Zu Absatz 2:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Reichen ambulante Rehabilitationsleistungen nicht aus, konnten die Krankenkassen bislang stationäre Rehabilitation in Einrichtungen
erbringen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111 besteht. Versicherte erhalten darüber hinaus künftig zusätzlich das Recht, auch
solche zertifizierten Rehabilitationseinrichtungen in Anspruch zu nehmen, mit denen die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen keine Versorgungsverträge abgeschlossen haben. Fallen dabei Kosten an, die über die der entsprechenden Vertragseinrichtungen hinausgehen, sind diese Mehrkosten von den Versicherten zu tragen.
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Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Zu den medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen werden nach Geschlecht differenzierte statistische Erhebungen zu den Merkmalen "Antragstellungen" und "Erledigung der Antragstellung" durchgeführt. Das Bewilligungsgeschehen bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Unterschiede soll hierdurch transparenter werden, um Fehlern in der Antragsabwicklung leichter nachgehen zu können.
Zu den Absätzen 3 und 7:
Es handelt sich um Folgeänderungen im Hinblick auf die neue Verbändestruktur.
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§ 53 Abs. 3 SGB V – Wahltarife
[Vollständige Neufassung des Gesetzestextes.]
Gesetzestext
(3) Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung zu regeln, dass für Versicherte, die an besonderen Versorgungsformen nach den §§ 63,
73b, 73c, 137f oder 140a teilnehmen, Tarife angeboten werden. Für diese Versicherten kann die Krankenkasse eine Prämienzahlung oder Zuzahlungsermäßigungen vorsehen.
Begründung
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die Wahlfreiheit für Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung soll erhöht werden. Sie ist Voraussetzung für mehr Transparenz
und Wettbewerb zwischen den Krankenkassen.
Zu Absatz 3:
Für spezielle Versorgungsformen hat die Krankenkasse spezielle Tarifgestaltungen anzubieten. Dies betrifft Modellvorhaben, die hausarztzentrierte Versorgung, Tarife mit Bindung an bestimmte Leistungserbringer, DMPs und die integrierte Versorgung. Die Krankenkasse kann
Prämienzahlungen oder Zuzahlungsermäßigungen mit dem Tarif verbinden. Prämienberechtigt sind alle Versicherten; zu berücksichtigen
ist jedoch die Kappungsgrenze je Mitglied nach Absatz 7.
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§ 62 Abs. 1 SGB V – Belastungsgrenze bei Zuzahlungen
Gesetzestext
(1) Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Die Belastungsgrenze beträgt 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Abweichend von Satz 2 beträgt die Belastungsgrenze 2 vom Hundert der
jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt
1. für nach dem 1. April 1972 geborene chronisch kranke Versicherte, die ab dem 1. Januar 2008 die in § 25 Abs. 1 genannten
Gesundheitsuntersuchungen vor der Erkrankung nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben,
2. für nach dem 1. April 1987 geborene weibliche und nach dem 1. April 1962 geborene männliche chronisch kranke Versicherte, die an einer Krebsart erkranken, für die eine Früherkennungsuntersuchung nach § 25 Abs. 2 besteht, und die diese
Untersuchung ab dem 1. Januar 2008 vor ihrer Erkrankung nicht regelmäßig in Anspruch genommen haben.
Für Versicherte nach Satz 3 Nr. 1 und 2, die an einem für ihre Erkrankung bestehenden strukturierten Behandlungsprogramm teilnehmen, beträgt die Belastungsgrenze 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Der Gemeinsame
Bundesausschuss legt in seinen Richtlinien bis zum 31. Juli 2007 fest, in welchen Fällen Gesundheitsuntersuchungen ausnahmsweise nicht zwingend durchgeführt werden müssen. Die weitere Dauer der in Satz 2 genannten Behandlung ist der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, soweit
erforderlich, zu prüfen. Die jährliche Bescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn der Arzt ein therapiegerechtes Verhalten des
Versicherten, beispielsweise durch Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm nach § 137f, feststellt; dies gilt
nicht für Versicherte, denen das Erfüllen der Voraussetzungen nach Satz 7 nicht zumutbar ist, insbesondere wegen des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit der Pflegestufen 2 und 3 nach dem Elften Buch oder bei einem Grad der Behinderung von mindestens 60. Das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien. Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihre
Versicherten zu Beginn eines Kalenderjahres auf die für sie in diesem Kalenderjahr maßgeblichen Untersuchungen nach § 25
Abs. 1 und 2 hinzuweisen. Das Nähere zur Definition einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92.
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Begründung
Zu Absatz 1, Sätze 3 bis 5 (Neuregelung verminderte Belastungsgrenze):
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Mit der Verknüpfung der Regelung über die verminderte Belastungsgrenze mit der Inanspruchnahme der in § 25 Abs. 1 und 2 definierten
Vorsorgeuntersuchungen soll die Verpflichtung der Versicherten gegenüber der Versichertengemeinschaft zu gesundheitsbewusstem und
eigenverantwortlichem Verhalten betont werden. Künftig sollen nur die Versicherten von der reduzierten Belastungsgrenze profitieren, die
vor ihrer Erkrankung regelmäßig die für sie relevanten, vom Gemeinsamen Bundesausschuss näher zu bestimmenden Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch genommen haben. Denn die frühzeitige Erkennung einer Krankheit oder einer zugrunde liegenden Risikokonstellation
kann durch Maßnahmen der Primärprävention beziehungsweise einen frühen Therapiebeginn und die damit verbundene Aussicht auf eine
Vermeidung von Folgeerkrankungen oder –komplikationen zu einem insgesamt günstigeren Krankheitsverlauf führen. Dabei besteht bei
den Krebserkrankungen ein Indikationsbezug, d.h., der Sanktionsmechanismus greift nur dann, wenn der Versicherte an einer Krebsart erkrankt, für die eine Früherkennungsmöglichkeit besteht, der Versicherte diese aber nicht wahrgenommen hat. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt Ausnahmen fest, in denen die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen nicht zwingend zur Erreichung der 1%Zuzahlungsgrenze vorzugeben ist. Z.B. können belastende und sehr kostenaufwändige Gesundheitsuntersuchungen nicht generell, sondern nur in medizinisch indizierten Fällen obligatorisch zur Bonusgewährung sein. Auch können einzelne Personengruppen, beispielsweise
Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen nach § 37a, denen die Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen nicht zumutbar
ist, von der Pflicht zur Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen ausgenommen werden. Die Dokumentation der regelmäßigen Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen soll im Rahmen eines für alle Kassen einheitlichen Bonusheftes erfolgen. Die Altersgrenzen in
den Nummern 1 und 2 bewirken, dass nur Versicherte, die bei Inkrafttreten des Gesetzes erstmals Vorsorgeuntersuchungen nach § 25 in
Anspruch nehmen können, von der Neuregelung betroffen werden. Erfasst werden also für den Bereich des so genannten "GesundheitsCheck-Ups" nach § 25 Abs. 1 Versicherte ab dem vollendeten 35. Lebensjahr, für die Krebsvorsorgeuntersuchungen nach § 25 Abs. 2
Frauen ab dem vollendeten 20. und Männer ab dem vollendeten 45. Lebensjahr. Eine rückwirkende Sanktion für die Nichtinanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen in der Vergangenheit wird es nicht geben. Die Mitwirkung chronisch kranker Patienten in den strukturierten Behandlungsprogrammen nach § 137f gilt ebenfalls als Ausdruck der besonderen Eigenverantwortung. Für Versicherte, die die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen versäumt haben, die aber nach Ausbruch der Erkrankung an einem solchen Programm teilnehmen, gilt
deshalb gleichfalls die verminderten Belastungsgrenze.
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Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Änderung stellt sicher, dass die Koppelung von Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen und ermäßigter Belastungsgrenze erst wirksam wird, wenn die erforderlichen Ausnahmeregelungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss entwickelt worden
sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat hierfür bis 31. Juli 2007 Zeit; das Wirksamwerden der Koppelung zum 1. Januar 2008
berücksichtigt die Beanstandungsfrist von zwei Monaten gemäß § 94 SGB V, sowie gegebenenfalls die Notwendigkeit einer Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit.
Zu Absatz 1, Sätze 7 bis 9 (Nachweis therapiegerechtes Verhalten):
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Alle bereits heute nach der bisherigen „Chroniker-Regelung“ begünstigten Versicherten fallen auch künftig unter die reduzierte Belastungsgrenze; Voraussetzung ist allerdings, dass sie sich therapiegerecht verhalten. Die Bescheinigung über die Fortdauer der chronischen Erkrankung darf deshalb nur ausgestellt werden, wenn der Arzt ein therapiegerechtes Verhalten des Patienten feststellt. Dies kann beispielsweise die Teilnahme an einem Disease-Management-Programm sein, soweit ein solches für die jeweilige Krankheit besteht; in anderen
Fällen bestimmt der behandelnde Arzt die geeignete Therapie. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass von der verminderten Belastungsgrenze nach Satz 2 nicht profitiert, wer den eigenen Heilungserfolg gefährdet. Ein therapiegerechtes Verhalten dient der Sicherung des
Heilungserfolges. Die Krankenkassen werden verpflichtet, ihre Versicherten in geeigneter Form frühzeitig zu Beginn eines Kalenderjahres
über die für sie im Gemeinsamen Bundesausschuss empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen zu informieren und damit auf deren Inanspruchnahme hinzuwirken.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Änderung nimmt Versicherte, denen ein therapiegerechtes Verhalten nicht zuzumuten ist, von den besonderen Voraussetzungen
über das therapiegerechte Verhalten aus. Dies betrifft insbesondere pflegebedürftige oder schwerbehinderte Personen, aber beispielsweise auch Versicherte mit psychischen Erkrankungen. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss wird die Aufgabe zugewiesen,
die Fälle zu definieren, für die die Ausnahme gelten soll.
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§ 69 SGB V – Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu Leistungserbringern
Gesetzestext
Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten,
Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des
Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten entsprechend; dies gilt nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandekommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem
Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1
und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.
Begründung
[Im ursprünglichen Gesetzentwurf war diese Regelung nicht vorgesehen.]
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Durch die erweiterten Fusionsmöglichkeiten der gesetzlichen Krankenkassen können Krankenkassen in einzelnen Regionen einen
hohen Marktanteil erlangen. Die Anordnung der entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 19 bis 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) gewährleistet, dass die Kassen eine dadurch eventuell entstehende marktbeherrschende Stellung nicht missbrauchen, es zu keiner Diskriminierung der Vertragspartner der Krankenkassen und zu keinen Boykotten kommt. Die Änderung führt
nicht dazu, dass die Krankenkassen beim Abschluss von Einzelverträgen als Unternehmen zu qualifizieren wären. Auch beim Abschluss von Einzelverträgen nehmen die gesetzlichen Krankenkassen eine soziale Aufgabe wahr, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Sie erfüllen damit weder nach deutschem noch nach europäischem
Recht die Begriffsmerkmale, die von der Rechtsprechung an ein Unternehmen gestellt werden. Die Anordnung der lediglich "entspre-
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chenden Anwendbarkeit" der §§ 19 bis 21 GWB stellt klar, dass diese Vorschriften, die an sich an Unternehmen adressiert sind, in
der Rechtsfolge auch die Krankenkassen betreffen. Der zweite Halbsatz stellt klar, dass bei den kollektivvertraglichen Regelungen
das Wettbewerbsrecht keine Anwendung findet. Die Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz bleibt von der Änderung unberührt.
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§ 73 b SGB V – Hausarztzentrierte Versorgung
[Vollständige Neufassung des Gesetzestextes.]
Gesetzestext
(1) Die Krankenkassen haben ihren Versicherten eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) anzubieten.
(2) Dabei ist sicherzustellen, dass die hausarztzentrierte Versorgung insbesondere folgenden Anforderungen genügt, die über die
vom Gemeinsamen Bundesausschuss sowie in den Bundesmantelverträgen geregelten Anforderungen an die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen:
1. Teilnahme der Hausärzte an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie unter Leitung entsprechend geschulter
Moderatoren,
2. Behandlung nach für die hausärztliche Versorgung entwickelten, evidenzbasierten, praxiserprobten Leitlinien,
3. Erfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d durch Teilnahme an Fortbildungen, die sich auf hausarzttypische Behandlungsprobleme konzentrieren, wie patientenzentrierte Gesprächsführung, psychosomatische Grundversorgung, Palliativmedizin, allgemeine Schmerztherapie, Geriatrie,
4. Einführung eines einrichtungsinternen, auf die besonderen Bedingungen einer Hausarztpraxis zugeschnittenen, indikatorengestützten und wissenschaftlich anerkannten Qualitätsmanagements.
(3) Die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ist freiwillig. Die Teilnehmer verpflichten sich schriftlich gegenüber ihrer
Krankenkasse, nur einen von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte nach Absatz 4 gewählten Hausarzt in Anspruch zu nehmen sowie ambulante fachärztliche Behandlung mit Ausnahme der Leistungen der Augenärzte und Frauenärzte nur auf dessen Überweisung. Der Versicherte ist an diese Verpflichtung und an die Wahl seines Hausarztes mindestens ein Jahr gebunden; er darf den
gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes wechseln. Das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versi-
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cherten, insbesondere zur Bindung an den gewählten Hausarzt, zu weiteren Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und zu
den Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten, regeln die Krankenkassen in ihren Satzungen.
(4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 haben Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen Verträge zu schließen. Die Verträge können abgeschlossen werden mit
1. vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen,
2. Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
3. Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der
hausärztlichen Versorgung nach § 73 Abs. 1a teilnehmen, anbieten,
4. Kassenärztliche Vereinigungen, soweit Gemeinschaften nach Nummer 2 sie hierzu ermächtigt haben.
Ein Anspruch auf Vertragsschluss besteht nicht. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver
Auswahlkriterien öffentlich auszuschreiben. Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach Satz 1
durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. Die Krankenkassen können den der hausarztzentrierten Versorgung zuzurechnenden Notdienst gegen Aufwendungssatz, der pauschalisiert werden kann, durch die Kassenärztlichen Vereinigungen sicherstellen lassen.
(5) In den Verträgen nach Absatz 4 sind das Nähere über den Inhalt und die Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung,
insbesondere die Ausgestaltung der Anforderungen nach Absatz 2, sowie die Vergütung zu regeln. Eine Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Ausgestaltung und Umsetzung der Anforderungen nach Absatz 2 ist möglich. Gegenstand der
hausarztzentrierten Versorgung dürfen nur solche Leistungen sein, über deren Eignung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Die Einzelverträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels sowie den
nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen regeln. § 106a Abs. 3 gilt hinsichtlich der arzt- und versichertenbezogenen Prüfung der Abrechnungen auf Rechtmäßigkeit entsprechend.
(6) Die Krankenkassen haben ihre Versicherten in geeigneter Weise umfassend über Inhalt und Ziele der hausarztzentrierten Versorgung sowie über die jeweils wohnortnah teilnehmenden Hausärzte zu informieren.
(7) Die Vertragspartner der Gesamtverträge nach § 83 Abs. 1 haben die Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 2 in den Jahren 2007
und 2008 entsprechend der Zahl der an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten sowie dem in den Ver-
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trägen nach Absatz 4 vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung zu bereinigen, soweit der damit verbundene einzelvertragliche Leistungsbedarf den nach § 295 Abs. 2 auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche
Leistungen abgerechneten Leistungsbedarf vermindert. Ab dem 1. Januar 2009 ist der Behandlungsbedarf nach § 87a Abs. 3 Satz
2 entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten sowie dem in den Verträgen nach Absatz 4 vereinbarten Inhalt der hausarztzentrierten Versorgung zu bereinigen. Kommt eine Einigung über die Verringerung der Gesamtvergütungen nach Satz 1 oder des Behandlungsbedarfs nach Satz 2 nicht zu Stande,
können auch die Krankenkassen, die Vertragspartner der Verträge nach Absatz 4 sind, das Schiedsamt nach § 89 anrufen. Die für
die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den zuständigen Gesamtvertragspartnern.
(8) Die Vertragsparteien nach Absatz 4 können vereinbaren, dass Aufwendungen für Leistungen, die über die hausärztliche Versorgung nach § 73 hinausgehen und insoweit nicht unter die Bereinigungspflicht nach Absatz 7 fallen, aus Einsparungen und Effizienzsteigerungen, die aus den Maßnahmen von Verträgen nach Absatz 4 erzielt werden, finanziert werden.
Begründung
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die Neuregelung stellt die durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) in das SGB V eingeführte Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten eine besondere hausärztliche (hausarztzentrierte) Versorgung anzubieten, auf eine neue Grundlage: Zum einen werden
die inhaltlichen Mindestanforderungen an die hausarztzentrierte Versorgung gesetzlich ausgestaltet und zum anderen werden die von den
Krankenkassen mit entsprechend qualifizierten Leistungserbringern zu schließenden Verträge aus ihrer bisherigen Einbettung in einen gesamtvertraglichen Rahmen herausgelöst. Des Weiteren werden die Krankenkassen ausdrücklich verpflichtet, gegebenenfalls in Kooperation mit anderen Krankenkassen ihren Versicherten eine derartige flächendeckende Versorgung zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet,
dass eine Krankenkasse zur Sicherstellung ihrer Verpflichtung gegenüber den Versicherten entweder selbst oder gemeinsam mit anderen
Krankenkassen entsprechende Verträge mit entsprechend qualifizierten Leistungserbringern zu schließen haben oder zumindest mit anderen Krankenkassen insoweit kooperieren müssen, damit ihre Versicherten an den von diesen geschlossenen Verträgen teilnehmen können.
Absatz 2 umschreibt die Anforderungen an eine hausarztzentrierte Versorgung, deren Erfüllung zur Verbesserung der Versorgungsqualität
und zum Erschließen von Wirtschaftlichkeitsreserven unverzichtbar sind. Dies sind insbesondere die Verbesserung der Pharmakotherapie,
der Einsatz von wissenschaftlich begründeten und zugleich praxiserprobten hausärztlichen Leitlinien, die Konzentration der ärztlichen Fortbildung auf hausarzttypische Probleme sowie die Verbesserung der Prozessqualität durch Einführung eines hausarztspezifischen einrich-
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tungsinternen Qualitätsmanagements. Die Anforderungen nach Nummer 3 und 4 lösen keinen zusätzlichen Aufwand aus, da der Hausarzt
mit der Erfüllung dieser Anforderungen seine ohnehin bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen zur Fortbildung und zum internen Qualitätsmanagement erfüllt.
Absatz 3 regelt die Auswirkungen der Teilnahme des Versicherten an der hausarztzentrierten Versorgung auf seine Arztwahlfreiheit: Ebenso wie in der hausarztzentrierten Versorgung nach geltendem Recht geht die Neuregelung von einem Einschreibemodell aus. Die freiwillige
Selbstbindung des Versicherten an einen bestimmten Hausarzt und an seine Überweisung zur Inanspruchnahme eines Facharztes (Ausnahmen durch Satzung sind zulässig) sind ein grundlegender Bestandteil der hausarztzentrierten Versorgung. Denn sie ermöglicht dem
Hausarzt, seiner Steuerungsverantwortung nachzukommen, durch die unnötige Doppeluntersuchungen und Krankenhauseinweisungen
vermieden werden sowie insbesondere auch eine koordinierte, medizinisch sinnvolle und effiziente Pharmakotherapie erleichtert wird. Nur
eine Einschreibung der Versicherten bringt deshalb der Krankenkasse die Planungssicherheit, um in entsprechenden Verträgen mit den
Leistungserbringern die notwendigen Wirtschaftlichkeitspotentiale zu erschließen, die ihr ermöglichen, den Versicherten durch Auslobung
eines Teilnahmebonus an den erzielten Effizienzerfolgen teilhaben zu lassen.
Wie bereits nach geltendem Recht haben die Krankenkassen das Nähere zur Durchführung der Teilnahme der Versicherten an der hausarztzentrierten Versorgung in ihren Satzungen zu regeln. Dabei haben sie insbesondere die Bindung an den gewählten Hausarzt, Ausnahmen von dem Überweisungsgebot und die Folgen bei Pflichtverstößen der Versicherten zu regeln. (vgl. zu Letzterem auch Ausführungen in
der Begründung zu Absatz 5 zu entsprechenden Prüfungsmaßnahmen). Regelungsbedürftig ist damit z.B. der Fall, dass ein Versicherter
nicht nur den von ihm gewählten Hausarzt, sondern einen weiteren Hausarzt aufsucht, um sich eine Zweitmeinung einzuholen. Da die
Krankenkasse nach Absatz 7 verpflichtet ist, die Gesamtvergütung für den eingeschriebenen Versicherten zu mindern, darf die Inanspruchnahme des weiteren Hausarztes nicht zu Lasten der Gesamtvergütung erfolgen. Vielmehr hat der Versicherte die Kosten für die
Einholung der Zweitmeinung selbst zu tragen.
Absatz 4 bestimmt die möglichen Vertragspartner der Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung auf der Leistungserbringerseite. In
Fortentwicklung des geltenden Rechts (§ 73b Abs. 2 Satz 2) können die Verträge – in Anlehnung an § 140b Abs. 1 Nr. 4 - auch mit Managementgesellschaften geschlossen werden, die sich verpflichten, die hausarztzentrierte Versorgung mit entsprechend qualifizierten vertragsärztlichen Leistungserbringern durchzuführen. Das Vertragsanbahnungsgeschäft erfolgt ebenso wie bei der hausarztzentrierten Versorgung nach geltendem Recht: Die einzelnen Leistungserbringer haben Entscheidungsfreiheit beim Abschluss von Verträgen und die einzelnen Krankenkassen haben ein willkürfrei auszuübendes Auswahlermessen.
Als Konsequenz aus der Überführung der hausärztlichen Versorgung der Versicherten von der kollektivvertraglichen Organisation in die selektivvertragliche Organisation wird der entsprechende Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung bezogen auf die Versicherten, die an der selektivvertraglich organisierten hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen, durch den Sicherstellungsauftrag der
Krankenkassen substituiert, solange derartige Verträge bestehen. Daraus folgt, dass auch die dem Sicherstellungsauftrag immanente
Pflicht zum Notdienst in dem Umfang auf die Krankenkassen übergeht, der dem hausärztlichen Versorgungsauftrag der teilnehmenden
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Versicherten entspricht; aus Praktikabilitätsgründen kann jedoch die Krankenkasse diese Bereitstellungsverpflichtung durch Zahlung eines
entsprechenden Aufwendungsersatzes an die Kassenärztliche Vereinigung erfüllen.
Begründungen zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
[Alle nachfolgenden Begründungen zu § 73 b SGB V beziehen sich auf Änderungsanträge, die im Gesundheitsausschuss eingebracht und beschlossen wurden.]
Zu Absatz 3 (Ausnahmen bei der Inanspruchnahme von Fachärzten):
Die Änderungen des Absatzes 3 sehen Ausnahmen von der Regelung vor, dass Fachärzte nur auf Überweisung des gewählten Hausarztes in Anspruch genommen werden können. Während der Gesetzentwurf bislang vorsah, dass es den Krankenkassen überlassen bleibt,
welche Ausnahmen sie von dem Überweisungsgebot in ihren Satzungen regeln, wird nunmehr ausdrücklich geregelt, dass das Überweisungsgebot im Falle der Inanspruchnahme von Augenärzten und Frauenärzten nicht gilt, weil diese Fachärzte - ebenso wie Hausärzte –
Grundversorgungsfunktionen wahrnehmen. Weitere Ausnahmen können die Krankenkassen in ihren Satzungen regeln.
Zu Absatz 4 (Einbeziehung der Kassenärztlichen Vereinigungen):
Die Änderung ergänzt die Aufzählung der möglichen Vertragspartner eines Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung: Den Krankenkassen wird die Möglichkeit eingeräumt, solche Verträge auch mit Kassenärztlichen Vereinigungen abzuschließen. Voraussetzung für die
Vertragspartnerschaft einer Kassenärztlichen Vereinigung ist allerdings, dass sie von Gemeinschaften der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern ermächtigt worden sind. Dies bedeutet einerseits, dass eine Kassenärztliche Vereinigung nicht
verpflichtet ist, einen entsprechenden Vertrag nach § 73b zu schließen. Andererseits hat sie, da es sich bei der hausarztzentrierten Versorgung nicht um die Umsetzung des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Versorgung handelt, kein originäres Recht zur Vertragspartnerschaft, sondern ist abhängig von einer Ermächtigung durch Gemeinschaften von Hausärzten wie z. B. den einschlägigen Berufsverbänden. Nur soweit der von ihr mit einer Krankenkasse ausgehandelte Vertrag von der Ermächtigung der Gemeinschaft gedeckt ist, die
Gemeinschaft also dem vereinbarten Vertragsentwurf ausdrücklich zustimmt, ist die Kassenärztliche Vereinigung berechtigt und befugt,
den Vertrag im eigenen Namen für die Gemeinschaft zu schließen. Die Berechtigung der einzelnen Hausärzte zur Teilnahme an der
hausarztzentrierten Versorgung auf Grund eines von einer Kassenärztlichen Vereinigung abgeschlossenen Vertrages ergibt sich aus der
internen Organisationsstruktur der Gemeinschaft, vom dem die Kassenärztliche Vereinigung ihre Befugnis zum Vertragsschluss ableitet. Es
besteht daher auch keine öffentlichrechtliche Verpflichtung des Hausarztes auf Grund seines Vertragsarztstatus, sich an der Umsetzung
eines mit Wirkung für seinem Berufsverband von der Kassenärztliche Vereinigung abgeschlossenen Vertrages zur hauarztzentrierten Versorgung zu beteiligen.
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Zu Absatz 5 (Einbeziehung der Kassenärztlichen Vereinigungen):
Unabhängig von einer möglichen Vertragspartnerschaft der Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 4 Satz 2 Nr. 4 eröffnet der
neue Satz 2 des § 73b Abs. 5 den Vertragspartnern der Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung die Möglichkeit, die Kassenärztlichen Vereinigungen in Fragen der Qualitätssicherung zu beteiligen. Möglich ist danach nicht nur eine Heranziehung des Sachverstandes der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Formulierung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2, sondern auch eine Beteiligung der Kassenärztlichen
Vereinigung in Fragen der Umsetzung der Qualitätsanforderungen. In Betracht kommt hier insbesondere die Überprüfung des Vorliegens und der Einhaltung der Qualitätsanforderungen bei den teilnehmenden Hausärztinnen und -ärzten.
Zu Absatz 7 (Zusätzliche Vergütungen):
Die Regelung stellt klar, dass in den Verträgen zur hausarztzentrierten Versorgung vereinbart werden kann, zusätzliche Vergütungen
durch Einsparungen im vom Hausarzt der hausarztzentrierten Versorgung verantworteten Bereich, z.B. in den Leistungsbereichen
der veranlassten und verordneten Leistungen, zu generieren. Die Verpflichtung, die Gesamtvergütung nach Absatz 7 zu bereinigen,
umfasst nur solche Leistungsbereiche und die dafür gezahlten Vergütungsanteile, die aus der vertragsärztlich organisierten hausärztlichen Versorgung in die einzelvertraglich organisierte hausarztzentrierte Versorgung übergehen und nicht zusätzliche Leistungen
und deren Vergütung.
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§ 73 c Abs. 1 SGB V – Besondere ambulante ärztliche Versorgung
[Vollständige Neufassung des Gesetzestextes.]
Gesetzestext
(1) Die Krankenkassen können ihren Versicherten die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Abschluss von
Verträgen nach Absatz 4 anbieten. Gegenstand der Verträge können Versorgungsaufträge sein, die sowohl die versichertenbezogene gesamte ambulante ärztliche Versorgung als auch einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung umfassen. Für
die personellen und sächlichen Qualitätsanforderungen zur Durchführung der vereinbarten Versorgungsaufträge gelten die vom
Gemeinsamen Bundesausschuss sowie die in den Bundesmantelverträgen für die Leistungserbringung in der vertragsärztlichen
Versorgung beschlossenen Anforderungen als Mindestvoraussetzungen entsprechend.
Begründung
Die Neuregelung in § 73c ersetzt den bisherigen § 73c. Im Gegensatz zum geltenden Recht wird zukünftig die Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen in der ambulanten Versorgung ausschließlich im dezentralen, wettbewerblichen Selektivvertragssystem organisiert.
Absatz 1 ermöglicht den Krankenkassen, ihren Versicherten die ambulante ärztliche Versorgung durch Abschluss von Selektivverträgen
anzubieten. Dabei wird den Krankenkassen – anders als bei der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b – überlassen, ob und in welchem Umfang sie derartige Verträge abschließen. Gegenstand der Verträge können daher Versorgungsaufträge sein, die sowohl die versichertenbezogene gesamte ambulante ärztliche Versorgung als auch einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung umfassen.
Welche Vertragsformen im Bereich der ärztlichen Versorgung sinnvoll sind, soll der Wettbewerb entscheiden. Gesetzlich vorgegeben wird
lediglich, dass – wie in der hausarztzentrierten Versorgung – die im Kollektivvertragssystem geltenden Qualitätsanforderungen vertraglich
nicht unterschritten werden können.
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§ 92 SGB V – Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
Gesetzestext
(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der
Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen einschließlich Arzneimitteln oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der
diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie wenn
insbesondere ein Arzneimittel unzweckmäßig oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die
1. ärztliche Behandlung,
2. zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3. Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4. ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5. Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6. Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege und Soziotherapie,
7. Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit,
8. Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9. Bedarfsplanung,
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10. medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11. Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12. Verordnung von Krankentransporten,
13. Qualitätssicherung,
14. spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15. Schutzimpfungen.
(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss
zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene
Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von
30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen
Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband
Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter und je einem der Vertreter der Zahnärzte und Krankenkassen [Inkrafttreten dieser Änderung zum 1. Juli 2008]. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die
Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme
zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134 Abs. 2
genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in
die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Festbeträge nach § 35 oder § 35a
so zusammenzustellen, dass dem Arzt der Preisvergleich und die Auswahl therapiegerechter Verordnungsmengen ermöglicht wird. Die
Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für
Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zum jeweiligen Apothekenabgabepreis unter Berücksichtigung der Rabatte nach § 130a Abs. 1 und
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3b und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und
preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden
Gruppen zusammengefasst werden:
1. Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2. Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3. Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend.
(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung
nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz
4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.
(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den für die Wahrnehmung
der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer und der Apotheker
sowie den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln
1. die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2. das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
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3. Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten.
Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die bei Durchführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten anfallenden Ergebnisse zu sammeln und auszuwerten. Dabei ist sicherzustellen, dass Rückschlüsse auf die Person des Untersuchten ausgeschlossen sind.
5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1
genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die
Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.
(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln
1. der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2. die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3. die Besonderheiten bei Wiederholungsverordnungen und
4. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer.
Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in §
125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in
die Entscheidung einzubeziehen.
(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen
Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie
über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln. Die Richtlinien haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Sie sind erstmalig zum 31. Dezember 1998 zu beschließen und treten am 1. Januar 1999 in Kraft.
(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln
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1. die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung, und
2. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus.,
3. die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus
im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz
2 Nr. 6 ist den in § 128 Abs. 1 Satz 4 genannten Organisationen der betroffenen Leistungserbringer und Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
„(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1
Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz
1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.
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Begründung
Zu Absatz 1:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Klarstellende Ergänzung des Richtlinienkataloges nach Absatz 1 um die Richtlinien zur Qualitätssicherung nach § 137 Abs. 1 und zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung nach § 37b Abs. 3.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss (zusätzliche Aufnahme der Schutzimpfungen):
Die Änderung übernimmt die Inhalte des Gesetzentwurfs und ergänzt diese um eine neue Nummer 15, die eine Folgeänderung zur Aufnahme der Impfleistung in den Leistungskatalog (§ 20d) ist.
Zu Absatz 1 a, Satz 5:
Folgeänderung zur neuen Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen sowie zur Neuorganisation des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Zu Absatz 2, Satz 3:
Bei Preisvergleichen sind die Rabatte der pharmazeutischen Unternehmer zu berücksichtigen. Damit werden mögliche Ungleichbehandlungen unter den pharmazeutischen Unternehmern, die rabattierte bzw. nicht rabattierte Arzneimittel in Verkehr bringen vorgebeugt.
Zu Absatz 4, Satz 1:
In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 hat der Gemeinsame Bundesausschuss zukünftig auch zu regeln, in welcher Weise die bei
der Durchführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten anfallenden Aufzeichnungen ausgewertet werden und wie die
Maßnahmen insgesamt zu evaluieren sind. Die in Satz 2 bisher geregelte generelle Verpflichtung der Krankenkassen und der Kassenärzt-
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lichen Vereinigungen, die bei der Durchführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten anfallenden Ergebnisse zu sammeln
und auszuwerten, hat sich nicht bewährt. Es wurden große Mengen von Daten gesammelt, die nicht angemessen ausgewertet werden
konnten. Im Interesse eines Abbaus des überflüssigen Verwaltungsaufwandes wird die Regelung der flächendeckenden Sammlung der
Aufzeichnungsergebnisse deshalb ersetzt durch die Verpflichtung des Gemeinsamen Bundesausschusses, konkrete Vorgaben für eine
sachgerechte Auswertung der anfallenden Aufzeichnungen sowie für eine zielgerichtete Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung
von Krankheiten z.B. im Hinblick auf ihre Qualität, Effektivität und Effizienz festzulegen. Der Gemeinsamen Bundesausschuss kann dabei
je nach Fragestellung die für die Evaluation am besten geeignete Methodik wählen und gezielt die dafür notwendigen Aufzeichnungen und
Auswertungen bestimmen. Auch was die Form der Aufzeichnungen betrifft, soll der Gemeinsame Bundesausschuss Regelungen treffen,
die möglichst verwaltungsunaufwändig sind und die eine Auswertung oder Evaluation erleichtern. Bei seinen Vorgaben hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss an den Grundsatz der Datensparsamkeit zu halten und die Anforderungen des Datenschutzes zu Gunsten
der Versicherten zu berücksichtigen. Zur Regelungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses gehört auch die Festlegung, welche Institutionen die Auswertungen und die Evaluationen durchführen sowie in welcher Weise die Ergebnisse in die Weiterentwicklung der
Richtlinien zu den Maßnahmen der Früherkennung von Krankheiten einfließen.
Zu Absatz 4, Streichung Sätze 2 und 3:
Folgeänderung zur Ergänzung des Regelungsinhaltes der Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3, welche die Sätze 2 und 3 entbehrlich
macht.
Zu Absatz 7:
Die Verordnung von häuslicher Krankenpflege oder von Arzneimitteln bei Entlassung aus dem Krankenhaus hat nach geltendem Recht ein
Vertragsarzt auszustellen, auch wenn der Krankenhausarzt den medizinischen Sachverhalt besser abschätzen kann. Diese Regelung sichert nicht den nahtlosen Übergang von stationärer zu ambulanter Krankenbehandlung. Für die ambulanten Pflegedienste ist die Einbeziehung des Vertragsarztes in den Verordnungs- und Behandlungsprozess im Hinblick auf die Verordnung häuslicher Krankenpflege im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt – und damit die Sicherstellung der medizinisch-pflegerischen Versorgung – oftmals mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden. Ähnliche Probleme bestehen im Hinblick auf die Arzneimittelversorgung. Daher wird zur Vermeidung von Versorgungslücken und zur Sicherung des Behandlungserfolges die Möglichkeit eröffnet, Patienten, die aus dem Krankenhaus
entlassen werden, für längstens drei Tage häusliche Krankenpflege zu verordnen und - unter Beachtung des § 115 c sowie den Arzneimittelrichtlinien – Arzneimittel mitgeben zu können. Der für die Mitgabe verantwortliche Krankenhausarzt hat den zuständigen Vertragsarzt
mindestens gemäß § 115c darüber zu informieren. § 14 Abs.7 Apothekengesetz wird dazu entsprechend geändert.
Die neue Regelung soll den Verwaltungsaufwand vermindern und gleichzeitig helfen, die Versorgung des Patienten sicherzustellen.
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Zu den neu eingefügten Absätzen 7 b und 7 c:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf (zur Einfügung von Absatz 7 b):
Die Vorschrift dient dazu, den Sachverstand der Vertretungen der Hospizbewegung, der Palliativversorgung und der häuslichen Krankenpflege in die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses hinsichtlich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung einzubeziehen.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss (Zur zusätzlichen Einfügung von Absatz 7c):
Die Änderung übernimmt die Inhalte des Gesetzentwurfs und ergänzt diese um einen neuen Absatz 7c. Diese Vorschrift dient dazu,
den Sachverstand der Vertretungen von Leistungserbringern im Bereich der Soziotherapieversorgung in die Richtlinienentscheidung
des Gemeinsamen Bundesausschusses einzubeziehen.
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§ 94 SGB V – Wirksamwerden der Richtlinien
Gesetzestext
(1) Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien sind dem Bundesministerium für Gesundheit vorzulegen. Es Er
kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden; bei Beschlüssen nach § 35 Abs. 1 innerhalb von vier Wochen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom Gemeinsamen Bundesausschuss zusätzliche Informationen und
ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Frist nach Satz 2 unterbrochen. Die
Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Bundesministerium für Gesundheit kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der
ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erlässt das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinien.
(2) Die Richtlinien sind im Bundesanzeiger und deren tragende Gründe im Internet bekanntzumachen. Die Bekanntmachung der
Richtlinien muss auch einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten.
Begründung
Zu Absatz 1:
Die Ergänzungen des Absatzes 1 konkretisieren die aufsichtsrechtlichen Mittel des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen der
Prüfung von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses. Satz 3 stellt klar, dass das Bundesministerium für Gesundheit nach Vorlage eines Richtlinienbeschlusses berechtigt ist, beim Gemeinsamen Bundesausschuss weitere Informationen und ergänzende Stellungnahmen einzuholen, ohne dass es dabei Gefahr läuft, durch diese Nachfragen die Einhaltung der Frist nach Satz 2 zu versäumen. Das
Bundesministerium für Gesundheit kann danach im Zusammenhang mit dem Richtlinienbeschluss vom Gemeinsamen Bundesausschuss
die zur Klärung der Sach- und Rechtsfragen notwendigen weiteren Auskünfte verlangen. Satz 4 regelt für das Bundesministerium für Gesundheit nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit, den Bescheid der Nichtbeanstandung einer Richtlinie mit Auflagen zu versehen sowie zu
ihrer Erfüllung eine angemessene Frist vorzugeben. Dem Bundesministerium für Gesundheit steht damit neben der Beanstandung einer
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Richtlinie auch das weniger einschneidende Mittel der Auflagenerteilung zur Verfügung, um z.B. rechtliche Hindernisse, die der uneingeschränkten Nichtbeanstandung entgegenstehen, zu beseitigen. Die Präzisierungen der aufsichtsrechtlichen Instrumente des Bundesministeriums für Gesundheit dienen vor allem der Rechtssicherheit in Bezug auf das Verfahren bei der Richtlinienprüfung und –beanstandung.
Die Möglichkeit der Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit bleibt nach Satz 5 unverändert bestehen.
Zu Absatz 2:
Die Veröffentlichung der tragenden Gründe von Richtlinienbeschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses erfolgt bisher lediglich auf
der Grundlage einer Regelung der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 7 Abs. 3 Satz 2). Im Interesse der
Transparenz wird die Verpflichtung, die tragenden Gründe im Internet bekannt zu machen, ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen.
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§ 128 SGB V – Hilfsmittelverzeichnis
[§ 128 SGB V ist komplett gestrichen. Siehe die Neufassung in § 139 SGB V.]
Gesetzestext
Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam erstellen ein Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind die von der Leistungspflicht umfassten Hilfsmittel aufzuführen und die dafür vorgesehenen Festbeträge oder vereinbarten Preise anzugeben. Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Vor Erstellung und Fortschreibung des Verzeichnisses ist den Spitzenorganisationen der betroffenen Leistungserbringer und Hilfsmittelhersteller Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung
einzubeziehen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen.
Begründung
Durch die Zusammenfassung der das Hilfsmittelverzeichnis und die Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln betreffenden Vorschriften in dem
neu gefassten § 139 ist § 128 hinfällig geworden.
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§ 132 a SGB V – Versorgung mit häuslicher Krankenpflege
[Die ursprünglich geplante Streichung der Bundesrahmenempfehlung konnte verhindert werden.]
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene sollen unter
Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit
häuslicher Krankenpflege abgeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der
Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wahlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem
die Einrichtung angehört. Vor Abschluss der Vereinbarung ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozeß der Partner der Rahmenempfehlungen einzubeziehen. 4In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere zu regeln:
1. Inhalte der häuslichen Krankenpflege einschließlich deren Abgrenzung,
2. Eignung der Leistungserbringer,
3. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung,
4. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus,
5. Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung und
6. Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen.
(2) Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der
Leistungserbringer zur Fortbildung schließen die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern. Wird die Fortbildung nicht nachge-
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wiesen, sind Vergütungsabschläge vorzusehen. Dem Leistungserbringer ist eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Fortbildung nachholen kann. Erbringt der Leistungserbringer in diesem Zeitraum die Fortbildung nicht, ist der Vertrag zu kündigen. Die Krankenkassen haben
darauf zu achten, dass die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. In den Verträgen ist zu regeln, dass im Falle von
Nichteinigung eine von den Parteien zu bestimmende unabhängige Schiedsperson den Vertragsinhalt festlegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die vertragschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer
Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur
Gewährung von häuslicher Krankenpflege geeignete Personen anstellen.
Begründung
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Aufhebung des Artikel 1 Nr. 99 [gemeint ist die ursprünglich vorgesehene Streichung der Bundesrahmenempfehlung]. Da die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten
maßgeblichen Spitzenorganisationen auch künftig Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege
abzugeben haben, ist auch § 132a an die neue Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen anzupassen.
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§ 132 b SGB V – Versorgung mit Soziotherapie
[Diese Änderung tritt erst zum 1. Juli 2008 in Kraft.]
Gesetzestext
(1) Die Krankenkassen oder die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen können unter Berücksichtigung
der Richtlinien nach § 37a Abs. 2 mit geeigneten Personen oder Einrichtungen Verträge über die Versorgung mit Soziotherapie schließen,
soweit dies für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig ist.
(2) Die Spitzenverbände der Krankenkassen legen gemeinsam und einheitlich in Empfehlungen die Anforderungen an die Leistungserbringer für Soziotherapie fest.
Begründung
Im Rahmen der Verschlankung der Aufgaben des neuen Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und der Vergrößerung der Gestaltungsmöglichkeiten der Krankenkassen wird auf eine einheitliche Empfehlung zu den Anforderungen an die Leistungserbringer für Soziotherapie verzichtet.
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§ 132 d SGB V – Spezialisierte ambulante Palliativversorgung
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
(1) Über die spezialisierte ambulante Palliativversorgung einschließlich der Vergütung und deren Abrechnung schließen die
Krankenkassen unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 37b Verträge mit geeigneten Einrichtungen oder Personen, soweit
dies für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig ist. In den Verträgen ist ergänzend zu regeln, in welcher Weise die Leistungserbringer auch beratend tätig werden.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt Die Spitzenverbände der Krankenkassen legen [Änderung tritt zum 1. Juli
2008 in Kraft.] gemeinsam und einheitlich unter Beteiligung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Empfehlungen
1. die sächlichen und personellen Anforderungen an die Leistungserbringung,
2. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung,
3. Maßstäbe für eine bedarfsgerechte Versorgung mit spezialisierter ambulanter Palliativversorgung
fest.
Begründung
Zu Absatz 1
Die Vorschrift regelt die Erbringung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung auf der Grundlage von Verträgen von Krankenkassen mit Leistungserbringern (Palliative-Care-Teams). Diese Leistung ist nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung, weil es sich
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um eine ärztliche und pflegerische Komplexleistung einschließlich von Koordinierungsanteilen handelt, die über Leistungsart und –umfang
der vertragsärztlichen Versorgung hinausgeht. Diese Leistung ist bisher in dieser Weise nicht erbracht und vergütet worden. Dies gilt auch
für den ärztlichen Leistungsanteil, der in dieser spezifischen Weise nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und damit auch
nicht von der Gesamtvergütung erfasst wurde. Demzufolge ist auch die Gesamtvergütung nicht um die Kosten für den ärztlichen Leistungsanteil der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu bereinigen.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung steht den Versicherten zu, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen. Palliativpatienten, die diesen besonderen Bedarf nicht aufweisen, werden weiterhin im Rahmen der derzeitigen Strukturen insb. durch Vertragsärzte,
Pflegedienste und stationäre Einrichtungen palliativmedizinisch versorgt.
Voraussetzung für einen Vertragsschluss ist, dass die Einrichtungen oder Personen die ärztlichen und pflegerischen Leistungsinhalte der
spezialisierten ambulanten Palliativversorgung abgeben können (vgl. zum Leistungsinhalt im einzelnen § 37b). Um an bereits bestehende
Strukturen anzuknüpfen, können alle bereits existierenden Leistungserbringer (z.B. Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren, Pflegedienste, Krankenhäuser, Hospize, Pflegeeinrichtungen nach dem SGB XI) in diesem neuen Leistungssegment tätig werden, wenn sie die
Anforderungen an die Leistungserbringung durch entsprechende vertragliche Regelungen erfüllen (z.B. Vertragsarzt oder Krankenhaus kooperiert mit qualifiziertem Pflegedienst und bietet als Versorgungsverbund die Leistung an). Die Verträge sind nur in dem Umfang abzuschließen, wie sie für eine bedarfsgerechte Versorgung erforderlich sind, ein Anspruch auf Vertragsschluss besteht somit nicht. Die vertraglich gebundenen Leistungserbringer haben primär die Aufgabe, die spezialisierte ambulante Palliativversorgung zu erbringen. Sie können
jedoch auch für andere im Bereich der Palliativmedizin tätige Leistungserbringer (Vertragsärzte, häusliche Pflegedienste, Krankenhäuser
etc.) beratend tätig werden und tragen somit insgesamt zur Qualitätssteigerung der palliativmedizinischen Versorgung bei.
Zu Absatz 2:
Das Verfahren gewährleistet bundesweit einheitliche Anforderungen an die Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie einheitliche Vorgaben an die Qualitätssicherung. Zudem trägt das Verfahren zur Gewährleistung einer flächendeckenden
Versorgung bei. Die Landesverbände der Krankenkassen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und weitere Partner haben in NordrheinWestfalen ein "Rahmenprogramm zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten palliativmedizinischen und palliativpflegerischen Versorgung in NRW" vereinbart. In diesem Programm wird bei einer Teamgröße von 8 Vollzeitkräften ein Bedarf von einem Versorgungsteam
auf ca. 250.000 Versicherte angenommen. Dies Größenordnung kann als Anhaltspunkt für eine bedarfsgerechte Versorgung angesehen
werden.
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§ 139 SGB V – Hilfsmittelverzeichnis, Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln
[Vollständige Neufassung des Gesetzestextes.]
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erstellt Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam erstellen [Änderung
tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis. In dem Verzeichnis sind von der Leistungspflicht umfasste Hilfsmittel aufzuführen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen.
(2) Soweit dies zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, können
im Hilfsmittelverzeichnis indikations- oder einsatzbezogen besondere Qualitätsanforderungen für Hilfsmittel festgelegt werden.
Besondere Qualitätsanforderungen nach Satz 1 können auch festgelegt werden, um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder
in geeigneten Fällen den Wiedereinsatz von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen. Im Hilfsmittelverzeichnis können auch die Anforderungen an die zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden Leistungen geregelt werden.
(3) Die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers. Über die Aufnahme entscheidet der Spitzenverband Bund der Krankenkassen; er kann vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen
nach Absatz 4 erfüllt sind. Über die Aufnahme entscheiden die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich;
sie können vom Medizinischen Dienst prüfen lassen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. [Änderung tritt zum 1. Juli
2008 in Kraft.]
(4) Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach Absatz 2 und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache versehen ist.
(5) Für Medizinprodukte im Sinne des § 3 Nr. 1 des Medizinproduktegesetzes gilt der Nachweis der Funktionstauglichkeit und der
Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vergewissert
Die Spitzenverbände der Krankenkassen vergewissern [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] sich von der formalen Rechtmäßigkeit der CEKennzeichnung anhand der Konformitätserklärung und, soweit zutreffend, der Zertifikate der an der Konformitätsbewertung beteiligten Benannten Stelle. Aus begründetem Anlass können zusätzliche Prüfungen vorgenommen und hierfür erfor-
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derliche Nachweise verlangt werden. Prüfungen nach Satz 3 können nach erfolgter Aufnahme des Produkts auch auf der Grundlage von Stichproben vorgenommen werden. Ergeben sich bei den Prüfungen nach Satz 2 bis 4 Hinweise darauf, dass Vorschriften des Medizinprodukterechts nicht beachtet sind, sind unbeschadet sonstiger Konsequenzen die danach zuständigen Behörden hierüber zu informieren.
(6) Legt der Hersteller unvollständige Antragsunterlagen vor, ist ihm eine angemessene Frist, die insgesamt sechs Monate nicht
übersteigen darf, zur Nachreichung fehlender Unterlagen einzuräumen. Wenn nach Ablauf der Frist die für die Entscheidung über
den Antrag erforderlichen Unterlagen nicht vollständig vorliegen, ist der Antrag abzulehnen. Ansonsten entscheidet der Spitzenverband Bund entscheiden die Spitzenverbände der Krankenkassen [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] innerhalb von drei
Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen. Über die Entscheidung ist ein Bescheid zu erteilen. Die Aufnahme ist zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach Absatz 4 nicht mehr erfüllt sind.
(7) Das Verfahren zur Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis regelt der Spitzenverband Bund regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6. Er kann Sie können [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] dabei vorsehen, dass von der Erfüllung bestimmter Anforderungen ausgegangen wird, sofern
Prüfzertifikate geeigneter Institutionen vorgelegt werden oder die Einhaltung einschlägiger Normen oder Standards in geeigneter
Weise nachgewiesen wird.
(8) Das Hilfsmittelverzeichnis ist regelmäßig fortzuschreiben. Die Fortschreibung umfasst die Weiterentwicklung und Änderungen
der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2, die Aufnahme neuer Hilfsmittel sowie die Streichung von Produkten, deren
Aufnahme zurückgenommen oder nach Absatz 6 Satz 5 widerrufen wurde. Vor einer Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und der Anforderungen nach Absatz 2 ist den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer
unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Stellungnahme
zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
Begründung
In dem neu gefassten § 139 werden die Vorschriften der bisherigen §§ 128 und 139 in geänderter Form zusammengefasst.
Absatz 1 entspricht den Sätzen 1, 2 und 5 des bisherigen § 128. Die Ergänzung in Satz 1 ist geboten, weil der Systematik des Hilfsmittelverzeichnisses eine wesentliche Bedeutung zukommt. Die Streichung des bestimmten Artikels in Satz 2 dient der Klarstellung, dass der
Leistungsanspruch der Versicherten durch das Hilfsmittelverzeichnis nicht abschließend konkretisiert wird.
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Absatz 2 ersetzt Absatz 1 des bisherigen § 139. Um insoweit Überschneidungen mit dem Medizinprodukterecht zu vermeiden, wird die Befugnis der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Festlegung von Qualitätsstandards ausdrücklich auf die zur Erreichung der sich aus
dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Zielsetzung, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung mit Hilfsmitteln zu
gewährleisten, erforderlichen besonderen Qualitätsanforderungen beschränkt und näher konkretisiert (Satz 1 und 2) Die ergänzende Regelung in Satz 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass neben der Bereitstellung der Hilfsmittel selbst oft noch zusätzliche Leistungen erforderlich sind; auch hierfür sollen im Hilfsmittelverzeichnis Anforderungen festgelegt werden können.
In Absatz 3 Satz 1 wird zunächst klargestellt, dass die Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis auf Antrag des Herstellers erfolgt. Satz 2 entspricht Satz 2 des bisherigen § 139 Abs. 2; die Änderung macht deutlich, dass keine originäre Prüfzuständigkeit des Medizinischen Dienstes besteht, sondern die Spitzenverbände der Krankenkassen Herr des Verfahrens sind und die Entscheidung auch inhaltlich zu verantworten haben.
Die Voraussetzungen für die Aufnahme von Hilfsmitteln in das Hilfsmittelverzeichnis werden in Abs. 4, der dem bisherigen Absatz 2 Satz 1
entspricht, präzisiert. Insbesondere im Hinblick auf die Regelungen in Absatz 5 ist es geboten, die Sicherheit des Hilfsmittels, die bisher als
Teil der Qualität angesehen wurde, als eigenständige Voraussetzung festzulegen. Der Nachweis des therapeutischen Nutzens wird durch
den Nachweis des medizinischen Nutzens ersetzt, weil die bisherige begriffliche Einschränkung auf den therapeutischen Nutzen sich in der
Praxis als nicht sachgerecht erwiesen hat. Gleichzeitig wird klargestellt, dass entsprechend der bereits praktizierten Verfahrensweise der
Nutzen nur nachgewiesen werden muss, soweit dies erforderlich ist. Da die Hilfsmittel bestimmungsgemäß vom Versicherten selbst (gegebenenfalls mit Unterstützung durch die ihn betreuenden Personen, bei denen es sich häufig ebenfalls nicht um Fachpersonal handelt) genutzt werden, ist auch eine ordnungsgemäße Kennzeichnung und – soweit erforderlich – Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache zu
verlangen.
Absatz 5 enthält neue Regelungen, die mögliche Überschneidungen der Vorschriften zum Hilfsmittelverzeichnis mit dem Medizinprodukterecht adressieren. Damit keine problematischen Doppelprüfungen erfolgen, wird in Satz 1 zunächst klargestellt, dass bei Medizinprodukten
der Nachweis der Funktionstauglichkeit (im Sinne der Eignung für die vorgesehene Verwendung oder der Erfüllung der vom Hersteller vorgegebenen Zweckbestimmung und Produktleistung) und der Sicherheit durch die CE-Kennzeichnung grundsätzlich als erbracht gilt. Korrespondierend hierzu regelt Satz 2, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen sich insoweit routinemäßig nur von der formalen Rechtmäßigkeit der CE-Kennzeichnung zu überzeugen haben. Weitergehende materielle Überprüfungen bezüglich Funktionstauglichkeit und Sicherheit können nur in Einzelfällen aus begründetem Anlass oder – quasi im Rahmen des behördlichen Überwachungsauftrags – nach der
Aufnahme der Produkte auf der Grundlage von Stichproben in Betracht kommen (Satz 3 und 4). Die in Satz 5 geregelte Verpflichtung zur
Information der hierfür zuständigen Behörden über Hinweise auf Verstöße gegen das Medizinprodukterecht, soll sicherstellen, dass gegebenenfalls die gebotenen Maßnahmen gegen den verantwortlichen Inverkehrbringer ergriffen werden. Unabhängig hiervon haben die Spitzenverbände der Krankenkassen über die Konsequenzen für die Aufnahme des Produkts in das Hilfsmittelverzeichnis oder gegebenenfalls
die Rücknahme oder den Widerruf der Aufnahme zu entscheiden.
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Die Fristenregelung in Absatz 6 Satz 1 ersetzt die bisherige Regelung in § 139 Abs. 2 Satz 4. Die Verkürzung der Bescheidungsfrist nach
Vorlage vollständiger Unterlagen auf drei Monate dient der Straffung des Verfahrens. Satz 4 entspricht unverändert dem bisherigen § 139
Abs. 2 Satz 5. Mit der neuen Regelung in Satz 5 wird für den Fall, dass die Anforderungen nach Absatz 4 nicht mehr erfüllt sind, eine
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Aufnahme geschaffen.
Die Ermächtigung in Absatz 7 Satz 1 zur näheren Regelung des Aufnahmeverfahrens durch die Spitzenverbände der Krankenkassen (bisher § 139 Abs. 2 Satz 3) wird durch die ausdrückliche Verweisung auf die Vorschriften der Absätze 3 bis 6 konkretisiert, die den zu beachtenden Rahmen vorgeben. Darüber hinaus wird ihnen durch Satz 2 die Möglichkeit eingeräumt, im Sinne einer Konformitätsvermutung bestimmte Nachweiserleichterungen vorzusehen. Die Regelung stellt sicher, dass in der Praxis bewährte Instrumente und Nachweismöglichkeiten (z. B. Gütesiegel, Prüfzertifikate, Normenkonformität) auch weiterhin ihren Stellenwert behalten, ohne dass sie verbindlich vorgeschrieben werden.
Absatz 8 regelt die Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses. Satz 1 entspricht unverändert dem bisherigen § 128 Satz 3. Durch die
neue Regelung in Satz 2 wird klargestellt, dass die Fortschreibung nicht nur die Weiterentwicklung und Änderungen der Systematik und die
Aufnahme von Hilfsmitteln umfasst, sondern auch die Weiterentwicklung der Qualitäts- und sonstigen Anforderungen gemäß Absatz 2 sowie die Streichung von Produkten, deren Aufnahme zurückgenommen oder widerrufen wurde. Satz 3 ersetzt und präzisiert die bisherige
Regelung in § 128 Satz 4. Um eine wirksame Wahrnehmung der Beteiligungsrechte sicherzustellen, wird festgelegt, dass den in die Anhörung einzubeziehenden Organisationen die für die Abgabe einer Stellungnahme benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen sind.
Dies gilt entsprechend auch für die in § 140f Abs. 4 geregelte Beteiligung der Patientenorganisationen.
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§ 140 a SGB V – Integrierte Versorgung
Gesetzestext
(1) Abweichend von den übrigen Regelungen dieses Kapitels können die Krankenkassen Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung mit den in § 140b Abs. 1 genannten Vertragspartnern abschließen. Die Verträge zur integrierten Versorgung sollen eine bevölkerungsbezogene Flächendeckung der
Versorgung ermöglichen. Die für die ambulante Behandlung im Rahmen der integrierten Versorgung notwendige Versorgung mit
Arzneimitteln soll durch Verträge nach § 130a Abs. 8 erfolgen. Soweit die Versorgung der Versicherten nach diesen Verträgen durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs. 1 eingeschränkt. 3Das Versorgungsangebot und die Voraussetzungen seiner Inanspruchnahme ergeben sich aus dem Vertrag zur integrierten Versorgung.
(2) 1Die Teilnahme der Versicherten an den integrierten Versorgungsformen ist freiwillig. 2Ein behandelnder Leistungserbringer darf aus
der gemeinsamen Dokumentation nach § 140b Abs. 3 die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde nur dann abrufen, wenn der Versicherte ihm gegenüber seine Einwilligung erteilt hat, die Information für den konkret anstehenden Behandlungsfall genutzt werden soll und der Leistungserbringer zu dem Personenkreis gehört, der nach § 203 des Strafgesetzbuches zur Geheimhaltung verpflichtet ist.
(3) Die Versicherten haben das Recht, von ihrer Krankenkasse umfassend über die Verträge zur integrierten Versorgung, die teilnehmenden Leistungserbringer, besondere Leistungen und vereinbarte Qualitätsstandards informiert zu werden.
Begründung
Zu Absatz 1, Satz 2:
Die integrierte Versorgung hat sich gut entwickelt. Bei der hierfür zuständigen Registrierungsstelle sind zum Stichtag 30. Juni 2006 2590
Verträge gemeldet worden. Häufig handelt es sich um Verträge, die auf bestimmte medizinische Indikationen ausgerichtet sind (z.B. Hüftund Knieendoprothesen) mit regionalem Bezug. Darüber hinaus werden jedoch vermehrt auch breiter angelegte Verträge abgeschlossen.
Diese Entwicklung ist zu unterstützen. Für Verträge, die nach dem 1. April 2007 abgeschlossen werden, stehen daher künftig durch die
Neufassung des § 140d Abs. 1 nur dann Mittel der Anschubfinanzierung zur Verfügung, wenn diese Verträge eine bevölkerungsbezogene
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Flächendeckung der Versorgung zum Gegenstand haben. Eine bevölkerungsbezogene Flächendeckung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn entweder in einer größeren Region (z.B. mehrerer Stadt- oder Landkreise) die Behandlung einer versorgungsrelevanten Volkskrankheit (z.B. Diabetes, Schlaganfallprävention oder Bandscheibenerkrankungen) umfassend in einer integrierte Versorgung angeboten
wird oder in einer auch kleinere Region das gesamte oder ein Großteil des Krankheitsgeschehen der Versicherten in einer integrierten Versorgung ermöglicht wird. Neue Integrationsverträge, die keine bevölkerungsbezogene Flächendeckung zum Gegenstand haben, bleiben
möglich, erhalten jedoch keine Mittel aus der Anschubfinanzierung (weitere Einzelheiten vgl. unten § 140d Abs. 1, Buchstabe a, Doppelbuchtstabe bb).
Zu Absatz 1, Satz 3:
Durch die Neuregelung wird das Vertragsprinzip in der Integrierten Versorgung gestärkt. Die Krankenkassen werden verpflichtet, Arzneimittel, die zur Versorgung im Rahmen der Integrierten Versorgung benötigt werden, vorrangig durch Verträge mit pharmazeutischen Unternehmern zu sichern. Hierdurch soll die Wirtschaftlichkeit durch Stärkung des Preiswettbewerbs der pharmazeutischen Unternehmer verbessert werden. Durch die Neuregelung des § 130a Absatz 8 wird die Einbeziehung von Apotheken in diese Verträge mit pharmazeutischen Unternehmern erleichtert. Bei den Ausschreibungen für die Verträge mit pharmazeutischen Unternehmern über Preisnachlässe
(Herstellerrabatte) auf ihre Produkte sind die jeweils gültigen Vorschriften des Vergaberechts anzuwenden. Die für Deutschland nicht zugelassenen Arzneimittel stehen für die Versorgung im Inland nicht zur Verfügung und können daher nicht an der Ausschreibung teilnehmen.
Bereits von der geltendem Vorschrift des § 129 Absatz 5b kann die Abgabe von Arzneimitteln an Versicherte im Rahmen der Integrierten
Versorgung aufgrund von Ausschreibungen beschränkt werden.
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§ 140 b SGB V – Verträge zu integrierten Versorgungsformen
Gesetzestext
(1) Die Krankenkassen können die Verträge nach § 140a Abs. 1 nur mit
1. einzelnen, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten und Zahnärzten und einzelnen sonstigen, nach diesem Kapitel zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften,
2. Trägern zugelassener Krankenhäuser, soweit sie zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind, Trägern von stationären Vorsorge- und
Rehabilitationseinrichtungen, soweit mit ihnen ein Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 besteht, Trägern von ambulanten Rehabilitationseinrichtungen oder deren Gemeinschaften,
3. Trägern von Einrichtungen nach § 95 Abs. 1 Satz 2 oder deren Gemeinschaften,
4. Trägern von Einrichtungen, die eine integrierte Versorgung nach § 140a durch zur Versorgung der Versicherten nach dem Vierten Kapitel
berechtigte Leistungserbringer anbieten,
5. Pflegekassen und zugelassenen Pflegeeinrichtungen auf der Grundlage § 92b des Elften Buches,
6. Gemeinschaften der vorgenannten Leistungserbringer und deren Gemeinschaften
abschließen.
(2) (weggefallen)
(3) In den Verträgen nach Absatz 1 müssen sich die Vertragspartner der Krankenkassen zu einer qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden,
zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten verpflichten. Die Vertragspartner haben die Erfüllung der Leistungsansprüche
der Versicherten nach den §§ 2 und 11 bis 62 in dem Maße zu gewährleisten, zu dem die Leistungserbringer nach diesem Kapitel verpflichtet sind.
Insbesondere müssen die Vertragspartner die Gewähr dafür übernehmen, dass sie die organisatorischen, betriebswirtschaftlichen sowie die medizinischen und medizinisch-technischen Voraussetzungen für die vereinbarte integrierte Versorgung entsprechend dem allgemein anerkannten
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Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen Fortschritts erfüllen und eine an dem Versorgungsbedarf der Versicherten orientierte Zusammenarbeit zwischen allen an der Versorgung Beteiligten einschließlich der Koordination zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen und einer ausreichenden Dokumentation, die allen an der integrierten Versorgung Beteiligten im jeweils erforderlichen Umfang zugänglich
sein muss, sicherstellen. Gegenstand des Versorgungsauftrags an die Vertragspartner der Krankenkassen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen nur
solche Leistungen sein, über deren Eignung als Leistung der Krankenversicherung der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 im Rahmen der
Beschlüsse nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Abs. 1 keine ablehnende Entscheidung getroffen hat.
(4) Die Verträge können Abweichendes von den Vorschriften dieses Kapitels, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes sowie den nach diesen Vorschriften getroffenen Regelungen insoweit regeln, als die abweichende Regelung dem Sinn und der Eigenart
der integrierten Versorgung entspricht, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der integrierten Versorgung verbessert oder aus
sonstigen Gründen zu ihrer Durchführung erforderlich ist. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nach § 71 Abs. 1 gilt für Verträge, die bis zum
31. Dezember 2008 abgeschlossen werden, nicht. Die Vertragspartner der integrierten Versorgung können sich auf der Grundlage ihres jeweiligen
Zulassungsstatus für die Durchführung der integrierten Versorgung darauf verständigen, dass Leistungen auch dann erbracht werden können,
wenn die Erbringung dieser Leistungen vom Zulassungs- oder Ermächtigungsstatus des jeweiligen Leistungserbringers nicht gedeckt ist. Die
Krankenhäuser sind unabhängig von Satz 3 im Rahmen eines Vertrages zur integrierten Versorgung zur ambulanten Behandlung der im
Katalog nach § 116b Abs. 3 genannten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Behandlungsverläufen berechtigt.
(5) Ein Beitritt Dritter zu Verträgen der integrierten Versorgung ist nur mit Zustimmung aller Vertragspartner möglich.
Begründung
Zu Absatz 1, Nr. 5:
Durch die neue Nummer 6 wird der Gedanke der Integration über die Verzahnung einzelner Sektoren innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus auf eine bessere Verzahnung von Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung ausgedehnt. Die Krankenkassen
erhalten daher die Möglichkeit, Verträge mit zugelassenen Pflegeinrichtungen und Pflegekassen nach dem SGB XI zu schließen, um damit
eine die Versicherungszweige übergreifende Leistungserbringung im Rahmen von Verträgen zur integrierten Versorgung zu ermöglichen.
Die Kranken- und Pflegekassen haben jeweils ihre Leistungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu finanzieren. Die Pflegekassen sind daher
an den Vertragsschlüssen zu beteiligen. Zu den weiteren Einzelheiten vgl. § 92b SGB XI.
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Zu Absatz 4:
Mit dem Ziel, den Wettbewerb zwischen verschiedenen Versorgungsformen für eine patienten-, bedarfsgerechtere und effizientere Versorgung zu ermöglichen, wurden im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) die Regelungen zur Überwindung der Grenzen zwischen ambulanter
und stationärer Versorgung weiterentwickelt. Relevant ist hier insbesondere die nach altem Recht bestehende Möglichkeit der Krankenkassen, mit Krankenhäusern Verträge über die ambulante Behandlung bei bestimmten hochspezialisierten Leistungen, seltenen Erkrankungen
und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen abzuschließen. Die Einzelvertragsoption nach § 116b (altes Recht) wurde in der
Vergangenheit kaum genutzt (zur Neuregelung des § 116b, vgl. dort). Krankenhäuser erhalten deshalb die Möglichkeit, auch im Rahmen
von Integrationsverträgen Leistungen nach § 116b Abs. 3 zu erbringen. Diese Möglichkeit besteht unabhängig davon, ob ein Vertragsarzt
an der integrierten Versorgung teilnimmt und einen entsprechenden Zulassungsstatus in den Vertrag einbringt. Krankenhäuser werden
damit im Rahmen der integrierten Versorgung weiter als bisher für die ambulante Versorgung geöffnet.
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§ 140 d SGB V – Anschubfinanzierung, Bereinigung
Gesetzestext
(1) Zur Förderung der integrierten Versorgung hat jede Krankenkasse in den Jahren 2004 bis 2008 jeweils Mittel bis zu 1 vom Hundert von
der nach § 85 Abs. 2 an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Gesamtvergütung sowie von den Rechnungen der einzelnen
Krankenhäuser für voll- und teilstationäre Versorgung einzubehalten, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b geschlossenen Verträgen erforderlich sind. Sie dürfen nur für voll- oder teilstationäre und ambulante Leistungen der Krankenhäuser
und für ambulante vertragsärztliche Leistungen verwendet werden; dies gilt nicht für Aufwendungen für besondere Integrationsaufgaben. Satz 2 gilt nicht für Verträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen worden sind. Die Krankenkassen müssen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern die Verwendung der einbehaltenen Mittel darlegen. Satz 1
gilt nicht für die vertragszahnärztlichen Gesamtvergütungen. Die nach Satz 1 einbehaltenen Mittel sind ausschließlich zur Finanzierung der
nach § 140c Abs. 1 Satz 1 vereinbarten Vergütungen zu verwenden. Sie sollen in dem Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung, an die die
nach Satz 1 verringerten Gesamtvergütungen gezahlt wurden, verwendet werden. Werden die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei
Jahren für die Zwecke nach Satz 1 verwendet, sind die nicht verwendeten Mittel spätestens zum 31. März 2009 an die Kassenärztliche
Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser, soweit die Mittel in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten wurden, [Inkrafttreten
dieser Änderung zum 01.01.2007] entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen.
(2) Die Vertragspartner der Gesamtverträge nach § 83 Abs. 1 haben für den Fall, dass die zur Förderung der integrierten Versorgung aufgewendeten Mittel die nach Absatz 1 einbehaltenen Mittel übersteigen, die Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 2 in den Jahren 2004 bis
einschließlich 2008 entsprechend der Zahl und der Risikostruktur der an der integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten sowie
dem im Vertrag nach § 140a vereinbarten Versorgungsauftrag zu bereinigen, soweit der damit verbundene einzelvertragliche Leistungsbedarf den nach § 295 Abs. 2 auf Grundlage des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen abgerechneten Leistungsbedarf vermindert ; ergänzende Morbiditätskriterien sollen berücksichtigt werden. Ab dem 1. Januar 2009 ist der
Der Behandlungsbedarf nach § 85a Abs. 3 Satz 2 § 85a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ist entsprechend der Zahl und der Morbiditätsstruktur der an
der integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten sowie dem im Vertrag nach § 140a vereinbarten Versorgungsbedarf zu bereinigen. Die für die Bereinigungsverfahren erforderlichen arzt- und versichertenbezogenen Daten übermitteln die Krankenkassen den
zuständigen Gesamtvertragspartnern. Kommt eine Einigung über die Verringerung der Gesamtvergütungen nach Satz 1 oder des Behandlungsbedarfs nach Satz 2 nicht zu Stande, können auch die Krankenkassen oder ihre Verbände, die Vertragspartner der Verträge
nach § 140a sind, das Schiedsamt nach § 89 anrufen.
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(3) Die Vertragspartner der Vereinbarungen nach § 84 Abs. 1 haben die Ausgabenvolumen rechnerisch zu bereinigen, soweit die integrierte Versorgung die Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln einschließt. Die Ausgabenvolumen sind entsprechend der Zahl und der Risikostruktur der an der integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten zu verringern. Ergänzende Morbiditätskriterien sollen berücksichtigt
werden.
(4) Mit der nach § 140c Abs. 1 Satz 1 mit Krankenhäusern zu vereinbarenden Vergütung werden bis zum 31. Dezember 2008 nur die Leistungen finanziert, die über die im Gesamtbetrag nach den §§ 3 und 4 des Krankenhausentgeltgesetzes oder dem § 6 der Bundespflegesatzverordnung enthaltenen Leistungen hinaus vereinbart werden.
(5) Die Krankenkassen melden der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und
dem Spitzenverband Bund den Spitzenverbänden [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] der Krankenkassen gebildeten gemeinsamen Registrierungsstelle die Einzelheiten über die Verwendung der einbehaltenen Mittel nach Absatz 1 Satz 1. Die Registrierungsstelle veröffentlicht einmal jährlich einen Bericht über die Entwicklung der integrierten Versorgung. Der Bericht soll auch
Informationen über Inhalt und Umfang der Verträge enthalten.
Begründung
Zu Absatz 1, Satz 2 bis Satz 4:
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die Anschubfinanzierung wird bis einschließlich 2008 verlängert. Um einen lückenlosen Anschluss an die bisher bis zum Ende des Jahres
2006 befristete Anschubfinanzierung herzustellen, erfolgt die Verlängerung durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄG) vom 30.
August 2006, BT-Drs. 16/2474, welches zum 1. Januar 2007 in Kraft tritt. Mittel der Anschubfinanzierung dürfen künftig grundsätzlich nur
für Leistungen der ambulanten oder stationären Versorgung verwendet werden. Die bisherige pauschale Lösung erlaubte auch eine Verwendung der Mittel der Anschubfinanzierung für andere Leistungsbereiche, z.B. für Rehabilitationsmaßnahmen. Dies war zunächst gerechtfertigt, weil es einem unbürokratischen Start in die integrierte Versorgung diente. Nach Ablauf dieser Startphase ist die Lösung nicht
mehr sachgerecht, weil sie zu einer Subventionierung anderer Leistungsbereiche durch die Vertragsärzte und die Krankenhäuser führt. Für
Altverträge, die vor dem 1. April 2007 abgeschlossen worden sind, bleibt es bei der beschriebene bisherigen pauschalen Regelung. Die
beschriebene Beschränkung gilt nicht für besondere Integrationsaufgaben (z.B. Koordinierung von Leistungen, case-management). Darüber hinaus bleibt es bei der bisherigen Rechtslage, wonach auch
nichtärztliche Heilberufe, sofern sie die Voraussetzungen des § 140b Abs. 1 erfüllen, Integrationsverträge abschließen dürfen.
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Anzustreben sind Verträge mit bevölkerungsbezogener Flächendeckung. Eine solche Flächendeckung ist insbesondere gegeben, wenn den Versicherten in einer größeren Region (z.B. mehrerer Stadt- oder Landkreise) die Behandlung einer versorgungsrelevanten Volkskrankheit (z.B. Diabetes, Schlaganfallprävention oder Bandscheibenerkrankungen) in einer IV angeboten wird oder in einer auch kleinere Region das gesamte oder
ein Großteil des Krankheitsgeschehen der Versicherten in einer integrierten Versorgung ermöglicht wird (weitere Einzelheiten vgl. oben zu §
140a). Mittel der Anschubfinanzierung dürfen daher grundsätzlich nur für solche, breiter angelegten Verträge verwendet werden.
[Dieser vorhergehende Satz bezieht sich auf die ursprüngliche Formulierung im Gesetz: „Mittel der Anschubfinanzierung dürfen nur für Verträge, die eine bevölkerungsbezogene Flächendeckung der Versorgung der Versicherten ermöglichen, verwendet werden.“ Dieser Satz
wurde im Gesundheitsausschuss allerdings gestrichen. S. dazu die nachfolgende Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss.]
Diese Beschränkung gilt für alle nach dem 1. April 2007 abgeschlossenen Verträge. Bei Altverträgen bleibt es bei der alten Rechtslage,
wonach Mittel der Anschubfinanzierung verwenden werden dürfen, auch wenn diese Verträge die Voraussetzungen einer bevölkerungsbezogenen Flächendeckung nicht erfüllen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern auf Verlangen die Verwendung der einbehaltenen Mittel plausibel darzulegen. Es muss nachvollziehbar sein, zu welchem Zweck die
Mittel verwendet werden. Der Umfang der Nachweispflicht entspricht dem Umfang Nachweispflicht gegenüber der Registrierungsstelle in §
140d Abs. 5 (vgl. unten zu Buchstabe c).
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Zielsetzung, dass in der integrierten Versorgung in erster Linie Verträge abgeschlossen werden sollen, die eine bevölkerungsbezogene
Flächendeckung ermöglichen, bleibt erhalten. Auf die Regelung, dass nur bevölkerungsbezogene Verträge Mittel der Anschubfinanzierung
in Anspruch nehmen können, wird jedoch verzichtet. Damit bleibt der finanzielle Anreiz der Anschubfinanzierung auch für sinnvolle Projekte, die keinen Bevölkerungsbezug aufweisen, erhalten.
Zu Absatz 1, Satz 8:
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Die Regelung stellt klar, dass die Rückzahlungsverpflichtung der Krankenkassen an die Krankenhäuser nur für die Vergangenheit, also für
die Mittel, die in den Jahren 2004 bis 2006 einbehalten wurden, entfällt. Für die in den Jahren 2007 und 2008 einbehaltenen Mittel besteht
eine Rückzahlungsverpflichtung. Die Krankenkassen haben den Krankenhäusern die Mittel, die nicht für die integrierte Versorgung verwendet wurden, zurückzuzahlen.
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Zu Absatz 2, Satz 1:
Die Regelungen sind Klarstellungen zur Vereinfachung des Bereinigungsverfahrens. Für die Leistungsdefinition zur Bestimmung des Umfangs des Bereinigungsvolumens der Gesamtvergütungen ist zweckmäßigerweise auf die einschlägigen Gebührenpositionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen abzustellen. Weiter ist davon auszugehen, dass die Leistungen für die Berechnung des
Bereinigungsbetrages mit dem von der Kassenärztlichen Vereinigung der Krankenkasse in der letzten verfügbaren Abrechnung (so genanntes Formblatt 3) maßgeblichen Punktwert bewertet werden. Diese Regelungen entsprechen den mit diesem Gesetz vorgegebenen
Bereinigungen der Gesamtvergütungen für Leistungen in Verträgen nach § 73b und § 73c.
Zu Absatz 2, Satz 2:
Redaktionelle Folgeänderungen.
Zu Absatz 2, Satz 3:
Die Neuregelung verpflichtet die Krankenkassen, die für die Bestimmung des Bereinigungsbetrages erforderlichen Daten den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem zuständigen Verband der Krankenkassen auf Landesebene zu übermitteln. Hierzu gehören insbesondere Informationen über die Einzelverträge, deren Leistungsinhalt und deren Teilnehmer. Entsprechende Daten liegen bei den für die Bereinigungsverfahren zuständigen Vertragsparteien, insbesondere den Kassenärztlichen Vereinigungen, nicht vor. Für die Erforderlichkeit der
Übermittlung von arzt- und versichertenbezogenen Daten wird auf die entsprechenden Ausführungen in der Begründung zu § 73b verwiesen.
Zu Absatz 5:
Absatz 5 dient der Erhöhung der Transparenz. Verträge zur integrierten Versorgung berühren durch die Regelung zur Anschubfinanzierung
die finanziellen Interessen der Vertragsärzte und Krankenhäuser. Es ist daher sachgerecht, dass die betroffenen Leistungserbringer Informationen über die Verträge erhalten, damit sie überprüfen können, ob die Vergütungsabzüge sachgerecht erfolgt sind. Es muss nachvollziehbar sein, zu welchem Zweck die Mittel verwendet werden. In der Regel wird dabei auf den einzelnen Vertrag Bezug zu nehmen sein.
Zu melden sind insbesondere das geschätzte Vergütungsvolumen, die Kürzungsquoten, die für den jeweiligen Vertrag einbehaltenen aber
nicht ausgegebene Mittel. Satz 2 dient dazu, mehr Transparenz zur Entwicklung der integrierten Versorgung und zum Versorgungsgeschehen zu erreichen. Registrierungsstelle hat dabei - zumindest in genereller Form – über die Entwicklung und Inhalte der Verträge zur integrierten Versorgung zu berichten.
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§ 140 f SGB V – Beteiligung von Interessenvertretungen der Patientinnen und Patienten
Gesetzestext
(1) Die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen sind in Fragen, die die Versorgung betreffen, nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu beteiligen.
(2) Im Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 und im Beirat der Arbeitsgemeinschaft für Aufgaben der Datentransparenz nach § 303b
erhalten die für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter
Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen ein Mitberatungsrecht; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Die Zahl der sachkundigen Personen
soll höchstens der Zahl der von dem Spitzenverband Bund von den Spitzenverbänden [Inkrafttreten dieser Änderung zum 01.07.2008]
der Krankenkassen entsandten Mitglieder in diesen Gremien entsprechen. Die sachkundigen Personen werden einvernehmlich von den in
der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen benannt. Bei Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 56 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 116b Abs. 4, § 136 Abs. 2 Satz 2, §§ 137, 137a, 137b, 137c und
137f nach § 91 Abs. 4 bis 7 erhalten die Organisationen das Recht, Anträge zu stellen.
(3) In den Landesausschüssen nach § 90 sowie den Zulassungsausschüssen nach § 96 und den Berufungsausschüssen nach § 97, soweit
Entscheidungen über die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder über die Ermächtigung von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen betroffen sind, erhalten die auf Landesebene für die Wahrnehmung der Interessen
der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen maßgeblichen Organisationen ein Mitberatungsrecht; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Die Zahl der sachkundigen Personen soll höchstens der Zahl der von den Krankenkassen entsandten
Mitglieder in diesen Gremien entsprechen. Die sachkundigen Personen werden einvernehmlich von den in der Verordnung nach § 140g
genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen benannt.
(4) Bei einer Änderung, Neufassung oder Aufhebung der in § 21 Abs. 2, § 84 Abs. 7 Satz 6, §§ 111b, 112 Abs. 5, § 115 Abs. 5, § 124 Abs.
4, § 125 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Satz 3 § 126 Abs. 2, §§ 132a, 132b Abs. 2 und § 132d Abs. 2 §§ 132a und 132b Abs. 2 vorgesehenen
Rahmenempfehlungen, Empfehlungen und Richtlinien des Spitzenverbandes Bund der Spitzenverbände [Inkrafttreten dieser Änderung
zum 01.07.2008] der Krankenkassen, des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 § 128 sowie bei der Bestimmung der Festbetragsgruppen
nach § 36 Abs. 1 und der Festsetzung der Festbeträge nach § 36 Abs. 2 wirken die in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach
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der Verordnung anerkannten Organisationen beratend mit. 2Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. 3Wird ihrem schriftlichen Anliegen nicht gefolgt, sind ihnen auf Verlangen die Gründe dafür schriftlich mitzuteilen.
(5) 1Die sachkundigen Personen erhalten Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz oder nach den Vorschriften des Landes über
Reisekostenvergütung, Ersatz des Verdienstausfalls in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 2 des Vierten Buches sowie einen
Pauschbetrag für Zeitaufwand in Höhe eines Fünfzigstels der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 des Vierten Buches) für jeden Kalendertag
einer Sitzung. 2Der Anspruch richtet sich gegen die Gremien, in denen sie als sachkundige Personen mitberatend tätig sind.
(6) Die in der Verordnung nach § 140g genannten oder nach der Verordnung anerkannten Organisationen sowie die sachkundigen Personen werden bei der Durchführung ihres Mitberatungsrechts nach Absatz 2 vom Gemeinsamen Bundesausschuss
durch geeignete Maßnahmen organisatorisch und inhaltlich unterstützt. Hierzu kann der Gemeinsame Bundesausschuss eine
Stabstelle Patientenbeteiligung einrichten. Die Unterstützung erfolgt insbesondere durch Organisation von Fortbildung und
Schulungen, Aufbereitung von Sitzungsunterlagen, koordinatorische Leitung des Benennungsverfahrens auf Bundesebene und
bei der Ausübung des in Absatz 2 Satz 4 genannten Antragsrechts.
Begründung
Zu Absatz 1, Satz 3:
Folgeänderung zur neuen Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen.
Zu Absatz 1, Satz 5:
Folgeänderung zur Änderung des § 91 sowie der geänderten Vorschriften zur Qualitätssicherung.
Zu Absatz 4, Satz 1:
Es handelt sich um notwendige Folgeänderungen auf Grund der Änderungen in § 126 und der Zusammenfassung der Vorschriften zum
Hilfsmittelverzeichnis und zur Qualitätssicherung bei Hilfsmitteln in § 139. – Es handelt sich um notwendige Folgeänderung auf Grund der
Neuordnung der Verbandsstrukturen.
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Zu Absatz 6:
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Im Koalitionsvertrag haben sich die Partner darauf verständigt, den begonnenen Weg zu einer stärkeren Patientenpartizipation mit dem Ziel
fortzusetzen, die Informations- und Beteiligungsrechte der Patientinnen und Patienten auszubauen und die Transparenz zu erhöhen. Mit
dem vorliegenden Änderungsantrag sollen deshalb die im Gesetzentwurf bereits enthaltenen Verbesserungen ergänzt werden. Die Regelung dient weiter dazu, die Patientenbeteiligung in der bisherigen Form zu ermöglichen, wenn die Gremienarbeit zukünftig gestrafft wird.
Dem erhöhten Kommunikations- und Abstimmungsbedarf zwischen den benannten Personen in den Ausschüssen und Unterausschüssen
und den Patientenvertreterinnen und -vertretern im Entscheidungsgremium soll Rechnung getragen werden.
Deshalb wird eine Unterstützung der sachkundigen Personen, aber auch der benannten oder anerkannten Patientenorganisationen, durch
die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschusses ausdrücklich im Gesetz verankert. Sie erstreckt sich auf organisatorische und
inhaltliche Dienstleistungen, die bisher durch die Geschäftsstelle des Gemeinsamen Bundesausschuss mit dem Hinweis auf eine fehlende
gesetzliche Grundlage abgelehnt wurden. Hierzu zählen beispielsweise spezielle Fortbildungen, insbesondere zu den formalen Voraussetzungen der Antragstellung, für die Patientenvertreterinnen und –vertreter, aber auch die Beschaffung von kostenpflichtigen Studien. Weiterhin soll die Antragstellung nach § 140f Abs. 2 Satz 4 SGBV in medizinischer und rechtlicher Hinsicht, insbesondere zu neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, unterstützt werden. Dies ist wegen der umfangreichen Antragsvoraussetzungen erforderlich. Nach §
11 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses müssen im Antrag die zu prüfende Methode in ihrer Art, die zu
prüfenden Indikationen und indikationsbezogenen Zielsetzungen beschrieben, die Rechtsgrundlagen der beantragten Entscheidung angegeben werden und es soll eine substantiierte Begründung enthalten sein. Dabei sind in der Begründung indikationsbezogen Angaben
zum Nutzen, zur medizinischen Notwendigkeit und zur Wirtschaftlichkeit der zu beratenden Methode jeweils auch im Vergleich zu bereits erbrachten Methoden zu machen und mit Unterlagen zu belegen. Die Patientenvertreterinnen und -vertreter haben bisher keine
derartigen Anträge gestellt, da sie die weitreichenden Begründungsvoraussetzungen ohne geschulten Beistand nicht bewältigen
können. Die in der Vorschrift genannten Bereiche sind nicht abschließend. Eine Unterstützung ist daher auch weitergehend möglich.
Gegebenenfalls ist hierfür die Einrichtung einer eigenständigen Organisationseinheit mit speziellen Ansprechpartnern sinnvoll. Die
dafür erforderlichen Kosten werden – wie die übrigen Kosten des Gemeinsamen Bundesausschuss – über § 139c SGB V aufgebracht.
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§ 171 b SGB V – Einführungsregelung zur Insolvenzfähigkeit von Krankenkassen
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
Die Krankenkassen bilden vom 1. Januar 2010 an einen Kapitalstock zur Absicherung ihrer Verpflichtungen aus Versorgungszusagen, der im Insolvenzfall ausschließich zur Befriedigung der unverfallbaren Versorgungsanwartschaften zur Verfügung steht
und zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit der Insolvenzordnung auf alle Krankenkassen eine Überschuldung wegen ungedeckter
Versorgungsverpflichtungen ausschließt. Der Zeitpunkt, von dem an die Insolvenzordnung für alle Krankenkassen gelten soll, die
Abgenzung der Verpflichtungen aus Versorgungszusagen, die Festlegung der für die Krankenkassen nach Einführung der Insolvenzfähigkeit maßgeblichen Rechnungslegungsvorschriften sowie das Entfallen der Haftung der Länder nach § 12 Abs. 2 der Insolvenzordnung spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesundheitsfonds wird durch Bundesgesetz geregelt.
Begründung
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Zu Satz 1:
Zur Vorbereitung der Einführung der Insolvenzfähigkeit für alle Krankenkassen werden diese verpflichtet, für ihre Verpflichtungen aus Versorgungszusagen vom 1. Januar 2010 an einen Kapitalstock zu bilden, um die Erfüllung dieser Verpflichtungen im Insolvenzfall sicherzustellen. Gleichzeitig soll hierdurch verhindert werden, dass das Bestehen ungedeckter Versorgungsverpflichtungen zum Zeitpunkt der Einführung der Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen zu einer Überschuldung der betroffenen Krankenkassen führt.
Zu Satz 2:
Satz 2 regelt, dass der Zeitpunkt, von dem an die Insolvenzordnung für alle Krankenkassen gelten soll, die Abgrenzung der Verpflichtungen
aus Versorgungszusagen, die Festlegung der für die Krankenkassen nach Einführung der Insolvenzfähigkeit maßgeblichen Rechnungslegungsvorschriften sowie das Entfallen der Haftung der Länder nach § 12 Abs. 2 der Insolvenzordnung spätestens zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesundheitsfonds durch Bundesgesetz geregelt wird.
82
§ 197 b SGB V – Aufgabenerledigung durch Dritte
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
Krankenkassen können die ihnen obliegenden Aufgaben durch Arbeitsgemeinschaften oder durch Dritte mit deren Zustimmung
wahrnehmen lassen, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch die Arbeitsgemeinschaften oder den Dritten wirtschaftlicher ist, es
im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt und Rechte der Versicherten nicht beeinträchtigt werden. Wesentliche Aufgaben zur Versorgung der Versicherten dürfen nicht in Auftrag gegeben werden. § 88 Abs. 3 und 4 und die §§ 89, 90 bis 92 und 97
des Zehnten Buches gelten entsprechend.
Begründung
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Ist es zweckmäßig, dürfen Krankenkassen mit der Erledigung von Aufgaben auch Dritte betrauen, Kernaufgaben zur Erfüllung der Versorgungsansprüche der Versicherten dürfen nicht übertragen werden. Die Krankenkasse hat besonders darauf zu achten, dass der Auftragsinhalt keine ihr obliegende Kernaufgaben betrifft. Ein Auftrag an Dritte kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es darum geht, dass
sich die betroffene Krankenkasse eine wettbewerbsfähige Verhandlungsposition verschaffen will.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss:
Klarstellung, dass Krankenkassen Aufgaben auch auf Arbeitsgemeinschaften übertragen können. – Redaktionelle Erweiterung des Bezugsrahmens.
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§ 217 a SGB V – Errichtung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
(1) Die Krankenkassen bilden den Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Begründung
Damit zeitliche und organisatorische Abläufe in den Verbänden und der gemeinsamen Selbstverwaltung deutlich gestrafft und Handlungsblockaden vermieden werden, bilden die Krankenkassen auf Bundesebene einen Spitzenverband. Der Spitzenverband Bund ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
84
§ 217 f SGB V – Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat ab dem 1. Juli 2008 die ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen unterstützt die Krankenkassen und ihre Landesverbände bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben und bei der Wahrnehmung ihrer Interessen, insbesondere durch die Entwicklung von und Abstimmung zu Datendefinitionen (Formate, Strukturen und Inhalte) und Prozessoptimierungen (Vernetzung der Abläufe) für den elektronischen Datenaustausch in der gesetzlichen Krankenversicherung und mit den Arbeitgebern.
(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen trifft in grundsätzlichen Fach- und Rechtsfragen Entscheidungen zum Beitragsund Meldeverfahren und zur einheitlichen Erhebung der Beiträge (§§ 23, 76 des Vierten Buches). Der Spitzenverband Bund der
Krankenkassen gibt Empfehlungen zur Benennung und Verteilung von beauftragten Stellen nach § 28f Abs. 4 des Vierten Buches.
(4) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen trifft Entscheidungen zur Organisation des Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitswettbewerbs der Krankenkassen, insbesondere zu dem Erlass von Rahmenrichtlinien für den Aufbau und die Durchführung eines
zielorientierten Benchmarking der Leistungs- und Qualitätsdaten.
(5) Die von den bis zum 31. Dezember 2008 bestehenden Bundesverbänden sowie der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, den Verbänden der Ersatzkassen und der See-Krankenkasse bis zum 30. Juni 2008 zu treffenden Vereinbarungen, Regelungen und Entscheidungen gelten solange fort, bis der Spitzenverband Bund im Rahmen seiner Aufgabenstellung
neue Vereinbarungen, Regelungen oder Entscheidungen trifft oder Schiedsämter den Inhalt von Verträgen neu festsetzen.
85
Begründung
Der Spitzenverband Bund hat die ihm durch Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus werden ihm weitere Aufgaben übertragen, die in der Vorschrift aufgeführt sind.
Absatz 2 enthält eine Unterstützungsaufgabe zugunsten von Krankenkassen und ihrer Landesverbände auf dem Gebiet der elektronischen
Datenverarbeitung.
Nach Absatz 3 soll der Spitzenverband Bund im Beitrags- und Meldeverfahren einen einheitlichen Prozess- und Verfahrensablauf sicherstellen. Darüber hinaus soll stärker als bisher eine einheitliche Rechtsanwendung im Beitragseinzug sichergestellt werden. Deshalb erhält
der Spitzenverband Bund zusätzlich die Aufgabe, in Grundsatzfragen verbindliche Entscheidungen zu treffen, die den einheitlichen Beitragseinzug betreffen. Nach Absatz 5 soll der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Empfehlungen zur Benennung und Verteilung der
beauftragten Stellen (Weiterleitungsstellen) festlegen, an die Arbeitgeber ab dem Jahr 2011 ihre Beiträge, Beitragsnachweise und Meldungen entrichten können.
Weiterhin sollen nach Absatz 4 Vorgaben für ein Benchmarking etabliert werden, das zu mehr Effizienz der Krankenkassen führen wird.
Parallele Regelungen sind bereits für den Bereich der Rentenversicherung eingeführt worden und haben sich bewährt. Die Pflicht zur
Durchführung eines Benchmarking wird in § 69 Abs. 5 SGB IV aufgenommen.
In Absatz 5 wird klargestellt, dass die von den Bundesverbänden für die Zukunft abgeschlossenen Vereinbarungen sowie die von ihnen getroffenen Regelungen und Entscheidungen bis zu abändernden Entscheidungen des Spitzenverbandes Bund fortgelten. Damit ist sichergestellt, dass es nicht zu Lücken in den rechtlichen Grundlagen für die Versorgung der Versicherten kommt.
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§ 282 SGB V – Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen
[Vollständige Neufassung des Gesetzestextes.]
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bildet zum 1. Januar Juli 2008 einen Medizinischen Dienst auf Bundesebene
(Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen). Dieser ist nach Maßgabe des Artikels 73 Abs. 4 Satz 3
und 4 des Gesundheits- Reformgesetzes eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts.
(2) Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen berät den Spitzenverband Bund der Krankenkassen
in allen medizinischen Fragen der diesem zugewiesenen Aufgaben. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen koordiniert und fördert die Durchführung der Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der
Krankenversicherung in medizinischen und organisatorischen Fragen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlässt
Richtlinien über die Zusammenarbeit der Krankenkassen mit den Medizinischen Diensten, zur Sicherstellung einer einheitlichen
Begutachtung sowie über Grundsätze zur Fort- und Weiterbildung. Im Übrigen kann er Empfehlungen abgeben. Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung haben den Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen bei der
Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen.
(3) Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen untersteht der Aufsicht des Bundesministeriums für
Gesundheit. § 208 Abs. 2 und § 274 gelten entsprechend. § 275 Abs. 5 ist zu beachten.
* [Die Angabe 1. Juli 2008 wird durch ein Korrekturgesetz eingefügt, das allerdings noch nicht beschlossen ist.]
87
Begründung
Begründung im ursprünglichen Gesetzesentwurf:
Die geltende Vorschrift zur Koordinierung auf Bundesebene wird der auf diese gestützten Tätigkeit des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) und dessen Bedeutung nicht gerecht, weil sie dessen Tätigkeit nur unzureichend abbildet und
notwendige
Kompetenzen zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht ausreichend gesetzlich flankiert sind. Die Neufassung bezweckt,
die Koordinierungsaufgaben des MDS sowohl bezogen auf medizinische als auch auf organisatorische Fragen auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage zu stellen. Sie dient damit auch der Rechtsklarheit und -sicherheit Unter Berücksichtigung der neuen Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen wird der MDS zum 1. Januar 2008 vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet. Damit ist ein zeitlich nahtloser Übergang von der bisherigen Organisationsstruktur des MDS gewährleistet.
Begründung zum Änderungsantrag im Gesundheitsausschuss (Ergänzung von Absatz 3):
Die Änderung der Rechtsform des Medizinischen Dienstes auf Bundesebene in eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes erfordert eine
staatliche Aufsicht. Diese wird durch das Bundesministerium für Gesundheit durchgeführt. Für das Haushalts- und Rechnungswesen einschließlich der Statistiken gilt die Verweisung des § 208 Abs. 2 auf die einschlägigen Vorschriften des SGB IV. Die Unabhängigkeit der Ärzte des Medizinischen Dienste im Rahmen der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben ist durch den Verweis auf § 275 Abs. 5 gewährleistet.
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§ 15 SGB XI – Stufen der Pflegebedürftigkeit
Gesetzestext
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz sind pflegebedürftige Personen (§ 14) einer der folgenden drei Pflegestufen
zuzuordnen:
1. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der
Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und
zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
2. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei
der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
3. Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der
Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
Für die Gewährung von Leistungen nach § 43a reicht die Feststellung, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllt sind.
(2) Bei Kindern ist für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend.
(3) Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen
Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muß wöchentlich im Tagesdurchschnitt
1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,
2. in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen,
3. in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen.
Bei der Feststellung des Zeitaufwandes ist ein Zeitaufwand für erforderliche verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen zu berücksichtigen; dies gilt auch dann, wenn der Hilfebedarf zu Leistungen nach dem Fünften Buch führt. Ver-
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richtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung nach § 14 Abs. 4 ist oder mit einer solchen Verrichtung
notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
Begründung
Die Regelung stellt zum einen sicher, dass krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen bei der Begutachtung Berücksichtigung finden können. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 30.10.2001 – B 3 KR 2/01 R) zählen krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen dann zum Grundpflegebedarf nach § 14 Abs. 4, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung aus dem Katalog des § 14 Abs. 4 ist oder wenn sie mit einer solchen Verrichtung objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang durchzuführen ist. Zum anderen wird sichergestellt, dass dies auch dann gilt, wenn der Hilfebedarf zu Leistungen nach dem Fünften Buch führt. Hierbei geht es insbesondere um:
- das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Klasse 2,
- eine oro/tracheale Sekretabsaugung,
- das Einreiben mit Dermatika,
- die Verabreichung eines Klistiers, eines Einlaufs,
- die Einmalkatheterisierung,
- das Wechseln einer Sprechkanüle gegen eine Dauerkanüle bei einem Tracheostomapatienten zur Ermöglichung des Schluckens,
- Maßnahmen zur Sekretelimination bei Mukoviszidose oder Erkrankungen mit vergleichbarem Hilfebedarf.
Eine Berücksichtigung der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen beim Grundpflegebedarf nach §§ 14, 15 SGB
XI steht dem Leistungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung nach § 37 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch nicht entgegen.
Die vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17.3.2005 (AZ.: B 3 KR 9/04 R) kritisierte parallele Zuständigkeit sowohl der gesetzlichen Krankenversicherung als auch der Pflegeversicherung – also die Zuständigkeit zweier Sozialversicherungsträger – ist vorliegend ausnahmsweise zur befriedigenden und vermittelbaren Beseitigung von Schnittstellenproblemen geboten. Sie ist in den Auswirkungen wegen
des nur kleinen Kreises Begünstigter nicht so gravierend, dass die Doppelzuständigkeit als unvereinbar mit dem Wesen der Sozialversiche-
90
rung anzusehen ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 37 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch uneingeschränkt weiter
gilt und somit eine Leistungspflicht der GKV in vielen Fällen ohnehin nicht gegeben ist. Die das Fünfte und das Elfte Buch Sozialgesetzbuch übergreifende Regelung ist verwaltungs- und versichertenfreundlicher als die Umsetzung der „Wahlrechtsentscheidung“ des BSG. Sie
vermeidet erheblich größeren Verwaltungsaufwand bei der Beratung des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen durch die Kassen bzw.
den MDK, ob und unter welchen Voraussetzungen es sich „lohnt“, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen. Der Vorschlag vermeidet auf Seiten des Pflegebedürftigen, sich mit einer komplexen bzw. sehr abstrakten Sach- und Rechtslage des Fünften und Elften Buches Sozialgesetzbuch bei Pflegeleistungen von Familien- bzw. Haushaltsangehörigen vertraut zu machen sowie deren Auswirkungen auf das Leistungsgeschehen der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung bezogen
auf den konkreten Fall nachzuvollziehen.
Zudem besteht die mögliche zweifache Zuständigkeit nur bei einem Teil der Pflegebedürftigen mit krankheitsspezifischem Hilfebedarf und
zwar dann, wenn durch die Berücksichtigung des krankheitsspezifischen Hilfebedarfs bei der Begutachtung nach § 18 SGB XI überhaupt
erst eine Pflegestufe oder eine höhere Pflegestufe erreicht wird und die Regelung des § 37 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch nicht
greift. Nur in diesen verhältnismäßig wenigen Fällen kommen theoretisch Leistungen für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen aus zwei
Versicherungszweigen in Betracht. Dennoch führt die Doppelzuständigkeit im Einzelfall nicht zu einer tatsächlichen Doppelleistung für denselben Hilfebedarf: Wer die krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach dem Fünften Buch erhält, wird sie nicht gleichzeitig als Leistung der Pflegeversicherung erhalten können, weil ein ambulanter Pflegedienst nicht zweimal denselben Sachverhalt mit Rechnung gegenüber der Krankenkasse als Leistung nach § 37 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch und als Leistung der Grundpflege und/oder hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 36 SGB XI gegenüber der Pflegekasse abrechnen kann und darf. Dies wird durch eine Ergänzung des
§ 36 Abs. 2 SGB XI klargestellt. Es ist demnach im Bereich der Sachleistung ausgeschlossen, dass der Pflegebedürftige etwas Überflüssiges oder etwas Doppeltes erhält. Sofern der Pflegebedürftige das Pflegegeld in Anspruch nimmt, ist eine tatsächliche Doppelleistung ebenfalls nicht oder – wegen der geringen Höhe des Pflegegeldes – allenfalls in einem unbedeutenden Umfang zu erwarten. Bei dem Pflegegeld nach § 37 SGB XI handelt es sich um eine Pauschale, bei der der Pflegebedürftige in der Verwendung letztlich ungebunden ist. Er
kann sie insbesondere als Anerkennung für Versorgungsleistungen an einen Angehörigen ganz oder teilweise weiterreichen. Das Pflegegeld ist von seiner Zweckrichtung im Regelfall mithin kein Äquivalent für die SGB V-Sachleistung bei krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen und folglich auch keine Doppelleistung. Selbst wenn der Bezug des Pflegegeldes durch die Berücksichtigung krankheitsspezifischer Pflegemaßnahmen erst möglich wird oder höher ausfällt, dürfte es sich hier wegen der Notwendigkeit auch den sonstigen grundpflegerischen und hauswirtschaftlichen Hilfebedarf mit dem Pflegegeld selbst sicherzustellen, allenfalls um eine Doppelleistung
in geringer Höhe handeln, die aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und im Interesse des Pflegebedürftigen hingenommen werden
kann.
Gegen die vom Bundessozialgericht für die Schnittstellen präferierte Lösung, wonach der Pflegebedürftige indirekt mit der Entscheidung für
Pflegesachleistungen oder Pflegegeld über eine Zuordnung der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen zur
Grundpflege entscheidet (Wahlrecht des Pflegebedürftigen), bestehen auch im Übrigen Bedenken: Pflegebedürftige sind kranke oder behinderte Menschen, die in der Regel mit der Bewältigung des Alltags großen Herausforderungen ausgesetzt sind. Angesichts ihrer schwie-
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rigen Lebenslage und angesichts der Komplexität der Materie ist es nicht sinnvoll, für die Betroffenen zusätzlich eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich Leistungen der Krankenversicherung oder Leistungen der Pflegeversicherung zu schaffen. Vielmehr ist es geboten, das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung klar und eindeutig zu regeln. Hierdurch wird zusätzlicher und unnötiger Beratungsbedarf – im Gegensatz zur Wahlrechtsentscheidung des BSG – vermieden.
Für die Regelung spricht auch ein Zugewinn an Rechtssicherheit für die Pflegebedürftigen. Pflegebedürftige, die die krankheitsspezifische
Pflegemaßnahme nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bei ambulanter Pflege erhalten, haben so die Sicherheit, dass sie die gleiche
Pflegestufe behalten, wenn sie in stationäre Pflege wechseln und die krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen dann nicht mehr nach dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch erbracht werden. Dies vermeidet, dass Pflegebedürftige bei einem Wechsel ins Pflegeheim neu begutachtet und unter Berücksichtigung der krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen evtl. einer höheren Pflegestufe zugeordnet werden müssen.
Eine höhere Einstufung würde in vielen Fällen zu einer vom Pflegebedürftigen nicht erwarteten höheren Eigenbelastung im Pflegeheim führen. Für eine durchgängige Berücksichtigung der krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen bei der Begutachtung der Pflegebedürftigkeit
spricht also auch, dass damit eine einheitliche Begutachtung der Pflegebedürftigkeit sowohl bei ambulanter als auch bei stationärer Pflege
erhalten bleibt. Zugleich bleibt auch die einheitliche Begutachtung bei privat Pflegeversicherten erhalten, unabhängig davon, ob sie die
krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen auf der Grundlage ihres privaten Krankenversicherungsvertrages im Einzelfall erhalten können.
Die Versichertengemeinschaften der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen und privaten Pflegeversicherung werden im Ergebnis durch die Berücksichtigung der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen im Fünften und im Elften Buch
Sozialgesetzbuch nicht nennenswert mehrbelastet, vielmehr wird durch die Doppelzuständigkeit ein schwieriger Abgrenzungs- und Problembereich im Verhältnis der GKV zur sozialen Pflegeversicherung befriedigend und vermittelbar beseitigt.
92
§ 17 SGB XI – Richtlinien der Pflegekassen
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt mit dem Ziel eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur näheren Abgrenzung der in §
14 genannten Merkmale der Pflegebedürftigkeit, der Pflegestufen nach § 15 und zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Die Spitzenverbände der Pflegekassen beschließen im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung gemeinsam und einheitlich
unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen Richtlinien zur näheren Abgrenzung der in § 14 genannten Merkmale der Pflegebedürftigkeit, der Pflegestufen nach § 15 und zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Er hat
Sie haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Bundesverbände der Pflegeberufe und der behinderten Menschen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen
Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesverbände privater Alten- und Pflegeheime sowie die Verbände der privaten ambulanten
Dienste zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen Richtlinien zur Anwendung der Härtefallregelungen des § 36 Abs. 4 und des § 43 Abs. 3.
Die Spitzenverbände der Pflegekassen beschließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Richtlinien zur Anwendung der Härtefallregelungen des § 36 Abs. 4 und des § 43 Abs. 3.
(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt
als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb eines Monats, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind,
beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.
Begründung
Es handelt sich um Folgeänderungen zur neuen Organisationsstruktur der Verbände der Kranken- und Pflegekassen sowie um eine
sprachliche Präzisierung der Zielsetzung der Vorschrift.
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§ 36 SGB XI – Pflegesachleistung
Gesetzestext
(1) Pflegebedürftige haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Leistungen der häuslichen Pflege sind auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt
werden; sie sind nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung im Sinne des § 71
Abs. 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Abs. 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung
erbracht werden.
(2) Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung umfassen Hilfeleistungen bei den in § 14 genannten Verrichtungen; die verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen gehören nicht dazu, soweit diese im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches zu leisten sind.
(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat:
1. für Pflegebedürftige der Pflegestufe I Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 384 Euro,
2. für Pflegebedürftige der Pflegestufe II Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 921 Euro,
3. für Pflegebedürftige der Pflegestufe III Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.432 Euro.
(4) Die Pflegekassen können in besonders gelagerten Einzelfällen zur Vermeidung von Härten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III weitere
Pflegeeinsätze bis zu einem Gesamtwert von 1.918 Euro monatlich gewähren, wenn ein außergewöhnlich hoher Pflegeaufwand vorliegt,
der das übliche Maß der Pflegestufe III weit übersteigt, beispielsweise wenn im Endstadium von Krebserkrankungen regelmäßig mehrfach
auch in der Nacht Hilfe geleistet werden muss. Die Ausnahmeregelung des Satzes 1 darf bei der einzelnen Pflegekasse für nicht mehr als
drei vom Hundert der bei ihr versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die häuslich gepflegt werden, Anwendung finden.
Begründung
Die Änderung stellt klar, dass verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen nicht doppelt durch Kranken- und Pflegeversicherung erbracht bzw. vergütet werden.
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§ 40 SGB XI – Pflegehilfsmittel und technische Hilfen
Gesetzestext
(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen
Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse
überprüft die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen
hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften
Buches gilt entsprechend.
(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 31 Euro nicht übersteigen.
(3) Die Pflegekassen sollen technische Hilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung
davon abhängig machen, dass die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem
Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln
sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Hilfsmittel mit
Ausnahme der Hilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Hilfsmittel an die abgebende
Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung der §§ 61, 62 des
Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Hilfsmittels ohne
zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Hilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.
(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder
erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Höhe der Zuschüsse ist unter Berücksichtigung der Kosten der Maßnahme sowie eines angemessenen Eigenanteils in Abhängigkeit von dem Einkommen
des Pflegebedürftigen zu bemessen. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 2.557 Euro je Maßnahme nicht übersteigen.
95
(5) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und mit Zustimmung des Bundesrates die im
Rahmen der Pflegeversicherung zu gewährenden Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zu bestimmen.
Begründung
Ebenso wie in § 78 werden hier Änderungen zur Hilfsmittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend für die Pflegehilfsmittelversorgung durch die Pflegeversicherung übernommen. Dies geschieht durch eine angepasste Übernahme der Regelung in § 33
Abs. 1 letzter Satz des Fünften Buches sowie durch Bezugnahme auf § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches. Zu den Mehrkosten, die der
Pflegebedürftige selbst tragen muss, gehören z.B. die Kosten für eine Holzverkleidung an einem Pflegebett.
96
§ 41 SGB XI – Tagespflege und Nachtpflege
Gesetzestext
(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege, wenn häusliche Pflege nicht in
ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist. Die
teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tagespflege
oder der Nachtpflege und zurück.
(2) Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen der teilstationären Pflege, die Aufwendungen der sozialen Betreuung
sowie in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 2007 die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege:
1. für Pflegebedürftige der Pflegestufe I im Wert bis zu 384 Euro,
2. für Pflegebedürftige der Pflegestufe II im Wert bis zu 921 Euro,
3. für Pflegebedürftige der Pflegestufe III im Wert bis zu 1.432 Euro
je Kalendermonat.
(3) Wird die Leistung nach Absatz 2 neben der Sachleistung nach § 36 in Anspruch genommen, dürfen die Aufwendungen insgesamt je
Kalendermonat den in § 36 Abs. 3 und 4 für die jeweilige Pflegestufe vorgesehenen Höchstbetrag nicht übersteigen. Wird die Leistung
nach Absatz 2 neben dem Pflegegeld nach § 37 in Anspruch genommen, gilt § 38 Satz 2 entsprechend.
Begründung
Die mehrfach verlängerte befristet geltende Übergangsregelung, dass die Pflegekassen im Rahmen der gedeckelten Leistungsbeträge neben den pflegebedingten Aufwendungen der teilstationären Pflege und den Aufwendungen für soziale Betreuung auch für die Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege aufkommen, wird nunmehr als Dauerrecht
vorgesehen. Die Krankenkassen, die damit von zusätzlichen finanziellen Belastungen verschont werden, verbessern dafür im Gegenzug ihre Präventions- und Rehabilitationsleistungen zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit.
97
§ 42 SGB XI – Kurzzeitpflege
Gesetzestext
(1) Kann die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden und reicht auch teilstationäre
Pflege nicht aus, besteht Anspruch auf Pflege in einer vollstationären Einrichtung. Dies gilt:
1. für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung des Pflegebedürftigen oder
2. in sonstigen Krisensituationen, in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder nicht ausreichend
ist.
(2) Der Anspruch auf Kurzzeitpflege ist auf vier Wochen pro Kalenderjahr beschränkt. Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten
Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung sowie in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 2007 die Aufwendungen für
Leistungen der medizinischen Behandlungspflege bis zu dem Gesamtbetrag von 1.432 Euro im Kalenderjahr.
Begründung
Die Ausführungen zu Nummer 11 (§ 41) gelten entsprechend.
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§ 43 SGB XI – Inhalt der Leistung
Gesetzestext
(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist
oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falles nicht in Betracht kommt.
(2) Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege
und der sozialen Betreuung pauschal
1. für Pflegebedürftige der Pflegestufe I in Höhe von 1 023 Euro je Kalendermonat,
2. für Pflegebedürftige der Pflegestufe II in Höhe von 1 279 Euro je Kalendermonat,
3. für Pflegebedürftige der Pflegestufe III in Höhe von 1 432 Euro je Kalendermonat,
4. für Pflegebedürftige, die nach Absatz 3 als Härtefall anerkannt sind, in Höhe von 1 688 Euro je Kalendermonat.
Insgesamt darf der von der Pflegekasse zu übernehmende Betrag 75 vom Hundert des Gesamtbetrages aus Pflegesatz, Entgelt
für Unterkunft und Verpflegung und gesondert berechenbaren Investitionskosten nach § 82 Abs. 3 und 4 nicht übersteigen. Die
jährlichen Ausgaben der einzelnen Pflegekasse für die bei ihr versicherten Pflegebedürftigen in vollstationärer Pflege dürfen ohne Berücksichtigung der Härtefälle im Durchschnitt 15 339 Euro je Pflegebedürftigen nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen
einer einzelnen Pflegekasse sind nur zulässig, wenn innerhalb der Kassenart, der die Pflegekasse angehört, ein Verfahren festgelegt ist, das die Einhaltung der Durchschnittsvorgabe von 15 339 Euro je Pflegebedürftigen innerhalb der Kassenart auf Bundesebene sicherstellt. Die Pflegekasse hat jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli zu überprüfen, ob dieser Durchschnittsbetrag eingehalten ist.
(2) Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung sowie in der Zeit vom 1. Juli
1996 bis zum 30. Juni 2007 die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege bis zu dem Gesamtbetrag von 1.432
Euro monatlich; dabei dürfen die jährlichen Ausgaben der einzelnen Pflegekasse für die bei ihr versicherten stationär Pflegebedürftigen im
99
Durchschnitt 15.339 Euro je Pflegebedürftigen nicht übersteigen. Die Pflegekasse hat jeweils zum 1. Januar und 1. Juli zu überprüfen, ob
dieser Durchschnittsbetrag eingehalten ist.
(3) Die Pflegekassen können bei Pflegebedürftigen der Pflegestufe III über die Beträge nach Absatz 2 Satz 1 hinaus in besonderen Ausnahmefällen zur Vermeidung von Härten die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung sowie in der Zeit
vom 1. Juli 1996 bis zum 30. Juni 2007 die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege bis zu dem Gesamtbetrag
von 1.688 Euro monatlich übernehmen, wenn ein außergewöhnlich hoher und intensiver Pflegeaufwand erforderlich ist, der das übliche
Maß der Pflegestufe III weit übersteigt, beispielsweise bei Apallikern, schwerer Demenz oder im Endstadium von Krebserkrankungen. Die
Ausnahmeregelung des Satzes 1 darf bei der einzelnen Pflegekasse für nicht mehr als fünf vom Hundert der bei ihr versicherten Pflegebedürftigen der Pflegestufe III, die stationäre Pflegeleistungen erhalten, Anwendung finden.
(4) Wählen Pflegebedürftige vollstationäre Pflege, obwohl diese nach Feststellung der Pflegekasse nicht erforderlich ist, erhalten sie zu den
pflegebedingten Aufwendungen einen Zuschuß in Höhe des in § 36 Abs. 3 für die jeweilige Pflegestufe vorgesehenen Gesamtwertes.
(5) In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 2007 übernimmt die Pflegekasse abweichend von Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 die
pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung pauschal
1.
2.
3.
4.
für Pflegebedürftige der Pflegestufe I in Höhe von 1.023 Euro monatlich,
für Pflegebedürftige der Pflegestufe II in Höhe von 1.279 Euro monatlich,
für Pflegebedürftige der Pflegestufe III in Höhe von 1.432 Euro monatlich,
für Pflegebedürftige, die nach Absatz 3 als Härtefall anerkannt sind, in Höhe von 1.688 Euro monatlich;
insgesamt darf der von der Pflegekasse zu übernehmende Betrag 75 vom Hundert des Gesamtbetrages aus Pflegesatz, Entgelt für Unterkunft und Verpflegung und gesondert berechenbaren Investitionskosten nach § 82 Abs. 3 und 4 nicht übersteigen. Die jährlichen Ausgaben
der einzelnen Pflegekasse für die bei ihr versicherten Pflegebedürftigen in vollstationärer Pflege dürfen ohne Berücksichtigung der Härtefälle im Durchschnitt 15.339 Euro je Pflegebedürftigen nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen einer einzelnen Pflegekasse sind nur zulässig, wenn innerhalb der Kassenart, der die Pflegekasse angehört, ein Verfahren festgelegt ist, das die Einhaltung der Durchschnittsvorgabe
von 15.339 Euro je Pflegebedürftigen innerhalb der Kassenart auf Bundesebene sicherstellt.
Begründung
Die Ausführungen zu Nummer 11 (§ 41) betreffend die medizinische Behandlungspflege gelten entsprechend. Die pauschalen Leistungsbeträge nach dem bisherigen Absatz 5 sollen über den 30. Juni 2007 hinaus gelten.
100
§ 78 SGB XI – Verträge über Pflegehilfsmittel
Gesetzestext
(1) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen schließt Die Spitzenverbände der Pflegekassen schließen [Änderung tritt zum 1. Juli
2008 in Kraft.] mit den Leistungserbringern oder deren Verbänden Verträge über die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln, soweit diese nicht nach den Vorschriften des Fünften Buches über die Hilfsmittel zu vergüten sind. Abweichend von Satz
1 können die Pflegekassen Verträge über die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln schließen, um dem Wirtschaftlichkeitsgebot verstärkt Rechnung zu tragen. Die §§ 36, 126 und 127 des Fünften Buches gelten entsprechend.
(1) Die Spitzenverbände der Pflegekassen schließen mit den Leistungserbringern oder deren Verbänden Verträge über die Versorgung der
Versicherten mit Pflegehilfsmitteln, soweit diese nicht nach den Vorschriften des Fünften Buches über die Hilfsmittel zu vergüten sind; dabei ist das Pflegehilfsmittelverzeichnis nach Absatz 2 zu beachten. In den Verträgen sind auch die Grundsätze und Maßstäbe sowie das
Verfahren für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung mit Pflegehilfsmitteln zu regeln.
(2) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen regelt mit Wirkung für seine Mitglieder Die Spitzenverbände der Pflegekassen regeln mit Wirkung für ihre Mitglieder [Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 Satz 2. Er erstellt Sie erstellen
[Änderung tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft.] als Anlage zu dem Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 des Fünften Buches ein systematisch
strukturiertes Pflegehilfsmittelverzeichnis. Darin sind die von der Leistungspflicht der Pflegeversicherung umfassten Pflegehilfsmittel aufzuführen, soweit diese nicht bereits im Hilfsmittelverzeichnis enthalten sind. Pflegehilfsmittel, die für eine leihweise
Überlassung an die Versicherten geeignet sind, sind gesondert auszuweisen. Im Übrigen gilt § 139 des Fünften Buches entsprechend mit der Maßgabe, dass die Verbände der Pflegeberufe und der behinderten Menschen vor Erstellung und Fortschreibung
des Pflegehilfsmittelverzeichnisses ebenfalls anzuhören sind.
(2) Die Spitzenverbände der Pflegekassen regeln mit Wirkung für ihre Mitglieder das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 Satz 2. Sie erstellen als Anlage zu dem
Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 des Fünften Buches ein Verzeichnis der von der Leistungspflicht der Pflegeversicherung umfassten Pflegehilfsmittel (Pflegehilfsmittelverzeichnis), soweit diese nicht bereits im Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 des Fünften Buches enthalten
sind, und schreiben es regelmäßig fort; darin sind gesondert die Pflegehilfsmittel auszuweisen, die:
101
1. durch Festbeträge vergütet werden; dabei sollen in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst werden,
2. für eine leihweise Überlassung an die Versicherten geeignet sind.
Die Verbände der betroffenen Leistungserbringer sowie die Verbände der Pflegeberufe und der behinderten Menschen sind vor Erstellung
und Fortschreibung des Pflegehilfsmittelverzeichnisses anzuhören. Das Pflegehilfsmittelverzeichnis ist im Bundesanzeiger bekanntzugeben.
(3) Die Landesverbände der Pflegekassen vereinbaren untereinander oder mit geeigneten Pflegeeinrichtungen das Nähere zur
Ausleihe der hierfür nach Absatz 2 Satz 4 geeigneten Pflegehilfsmittel einschließlich ihrer Beschaffung, Lagerung, Wartung und
Kontrolle. Die Pflegebedürftigen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen sind von den Pflegekassen oder deren Verbänden in
geeigneter Form über die Möglichkeit der Ausleihe zu unter richten.
(3) Die Spitzenverbände der Pflegekassen setzen für die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bestimmten Pflegehilfsmittel einheitliche Festbeträge fest.
Absatz 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(4) Die Landesverbände der Pflegekassen vereinbaren untereinander oder mit geeigneten Pflegeeinrichtungen das Nähere zur Ausleihe
der hierfür nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 geeigneten Pflegehilfsmittel einschließlich ihrer Beschaffung, Lagerung und Wartung. Die Pflegebedürftigen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen sind von den Pflegekassen oder deren Verbänden in geeigneter Form über die Möglichkeit der Ausleihe zu unterrichten.
(4 5) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, das Pflegehilfsmittelverzeichnis nach Absatz 2 und die Festbeträge nach Absatz 3 durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen; § 40 Abs. 5 bleibt unberührt.
Begründung
Die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung im Hilfsmittelbereich werden im Kern in der sozialen Pflegeversicherung übernommen. Deshalb erhalten auch die Pflegekassen die Möglichkeit, Verträge über die Versorgung der Versicherten mit Pflegehilfsmitteln mit
dem Ziel zu vereinbaren, weitere Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen. Die Besonderheiten der Pflegeversicherung, wie zum Beispiel
die Anhörung der Verbände der Pflegeberufe und der behinderten Menschen vor Fortschreibung des Pflegehilfsmittelverzeichnisses, bleiben erhalten. Vergleiche im Übrigen die Begründungen zu den §§ 36, 126, 127 und 139 des Fünften Buches.
102
§ 82 SGB XI – Finanzierung der Pflegeeinrichtungen
Gesetzestext
(1) Zugelassene Pflegeheime und Pflegedienste erhalten nach Maßgabe dieses Kapitels
1. eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie
2. bei stationärer Pflege ein angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung.
Die Pflegevergütung ist von den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern zu tragen. Sie umfasst bei stationärer Pflege auch
die soziale Betreuung und, soweit kein Anspruch auf Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches besteht, die medizinische Behandlungspflege. Die Pflegevergütung umfasst bei stationärer Pflege auch die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung; sie ist von den Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern zu tragen. Für Unterkunft und Verpflegung bei stationärer Pflege hat der
Pflegebedürftige selbst aufzukommen.
(2) In der Pflegevergütung und in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung dürfen keine Aufwendungen berücksichtigt werden für
1. Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten oder instandzusetzen;
ausgenommen sind die zum Verbrauch bestimmten Güter (Verbrauchsgüter), die der Pflegevergütung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1
zuzuordnen sind,
2. den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken,
3. Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von Grundstücken, Gebäuden oder sonstigen Anlagegütern,
4. den Anlauf oder die innerbetriebliche Umstellung von Pflegeeinrichtungen,
5. die Schließung von Pflegeeinrichtungen oder ihre Umstellung auf andere Aufgaben.
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(3) Soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Absatz 2 Nr. 1 oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden oder sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter nach Absatz 2 Nr. 3 durch öffentliche Förderung gemäß § 9 nicht
vollständig gedeckt sind, kann die Pflegeeinrichtung diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen. Gleiches
gilt, soweit die Aufwendungen nach Satz 1 vom Land durch Darlehen oder sonstige rückzahlbare Zuschüsse gefördert werden. Die gesonderte Berechnung bedarf der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde; das Nähere hierzu, insbesondere auch zu Art, Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen, wird durch Landesrecht bestimmt.
(4) Pflegeeinrichtungen, die nicht nach Landesrecht gefördert werden, können ihre betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen den
Pflegebedürftigen ohne Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gesondert berechnen. Die gesonderte Berechnung ist der zuständigen Landesbehörde mitzuteilen.
(5) Öffentliche Zuschüsse zu den laufenden Aufwendungen einer Pflegeeinrichtung (Betriebskostenzuschüsse) sind von der Pflegevergütung abzuziehen.
Begründung
In der Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ist im Bereich der ambulanten Krankenpflege nicht nur vorgesehen, den Begriff der
Häuslichkeit auszuweiten. Die gesetzliche Krankenversicherung wird künftig auch die Kosten für die medizinische Behandlungspflege bei
stationär versorgten Pflegebedürftigen im Sinne von § 43 übernehmen, bei denen außergewöhnliche hohe Aufwendungen für die Behandlungspflege anfallen. Dieser Fall ist z.B. bei Wachkomapatienten und bei Apallikern im Pflegeheim gegeben. Die Krankenkassen haben mit
den Pflegeeinrichtungen entsprechend § 132a Abs. 2 des Fünften Buches Verträge zu schließen. Hierbei werden oftmals die Voraussetzungen für die Anwendung des § 85 Abs. 7 gegeben sein, so dass die Vertragsparteien die Möglichkeit haben, zu Vergütungsverhandlungen aufzurufen.
Soweit die Krankenkasse die medizinische Behandlungspflege für diese in Pflegeeinrichtungen versorgten Pflegebedürftigen in Form der
Krankenpflege zu übernehmen hat, umfasst die Pflegevergütung nach dem Elften Buch insoweit nicht mehr die Aufwendungen für die medizinische Behandlungspflege, da es ansonsten zu einer Doppelvergütung für die Aufwendungen der stationären Pflegeeinrichtungen käme.
Im Rahmen der Pflegevergütung wird damit weiterhin die pflegerische Versorgung, die soziale Betreuung und die medizinische Behandlungspflege – mit Ausnahme der medizinischen Behandlungspflege, die zu Lasten der Krankenkassen nach § 37 des Fünften Buches erbracht wird – vergütet.
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§ 84 SGB XI – Bemessungsgrundsätze
Gesetzestext
(1) Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die teil- oder vollstationären Pflegeleistungen des
Pflegeheims sowie für die soziale Betreuung und, soweit kein Anspruch auf Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches besteht, für die medizinische Behandlungspflege. In den Pflegesätzen dürfen keine Aufwendungen berücksichtigt werden, die nicht
der Finanzierungszuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung unterliegen.
(1) Pflegesätze sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger für die voll- oder teilstationären Pflegeleistungen des Pflegeheimes sowie für medizinische Behandlungspflege und soziale Betreuung.
(2) Die Pflegesätze müssen leistungsgerecht sein. Sie sind nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen einzuteilen. Bei der Zuordnung der Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen sind
die Pflegestufen gemäß § 15 zugrunde zu legen, soweit nicht nach der gemeinsamen Beurteilung des Medizinischen Dienstes und der
Pflegeleitung des Pflegeheimes die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend ist. Die Pflegesätze müssen einem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Überschüsse verbleiben dem
Pflegeheim; Verluste sind von ihm zu tragen. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität ist zu beachten.
(3) Die Pflegesätze sind für alle Heimbewohner des Pflegeheimes nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen; eine Differenzierung nach
Kostenträgern ist unzulässig.
(4) Mit den Pflegesätzen sind alle für die Versorgung der Pflegebedürftigen nach Art und Schwere ihrer Pflegebedürftigkeit erforderlichen
Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung (allgemeine Pflegeleistungen) abgegolten. Für die allgemeinen Pflegeleistungen dürfen, soweit
nichts anderes bestimmt ist, ausschließlich die nach § 85 oder § 86 vereinbarten oder nach § 85 Abs. 5 festgesetzten Pflegesätze berechnet werden, ohne Rücksicht darauf, wer zu ihrer Zahlung verpflichtet ist.
Begründung
Vgl. die Begründung zur Änderung des § 82.
105
§ 92 b SGB XI – Integrierte Versorgung
[Neu ins Gesetz aufgenommene Regelung.]
Gesetzestext
Fünfter Abschnitt
Beteiligung der Pflegeversicherung an der integrierten Versorgung
§ 92b
Integrierte Versorgung
(1) Die Pflegekassen können mit zugelassenen Pflegeeinrichtungen und den weiteren Vertragspartnern nach § 140b Abs. 1 des
Fünften Buches Verträge zur integrierten Versorgung schließen oder derartigen Verträgen mit Zustimmung der Vertragspartner
beitreten.
(2) In den Verträgen nach Absatz 1 ist das Nähere über Art, Inhalt und Umfang der zu erbringenden Leistungen der integrierten
Versorgung sowie deren Vergütung zu regeln. Diese Verträge können von den Vorschriften der §§ 75, 85 und 89 abweichende
Regelungen treffen, wenn sie dem Sinn und der Eigenart der integrierten Versorgung entsprechen, die Qualität, die Wirksamkeit
und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch die Pflegeeinrichtungen verbessern oder aus sonstigen Gründen zur Durchführung der integrierten Versorgung erforderlich sind. In den Pflegevergütungen dürfen keine Aufwendungen berücksichtigt werden,
die nicht der Finanzierungszuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung unterliegen. Soweit Pflegeeinrichtungen durch die integrierte Versorgung Mehraufwendungen für Pflegeleistungen entstehen, vereinbaren die Beteiligten leistungsgerechte Zuschläge zu den Pflegevergütungen (§§ 85 und 89). § 140b Abs. 3 des Fünften Buches gilt für Leistungsansprüche der Pflegeversicherten gegenüber ihrer Pflegekasse entsprechend.
(3) § 140a Abs. 2 und 3 des Fünften Buches gelten für die Informationsrechte der Pflegeversicherten gegenüber ihrer Pflegekasse
und für die Teilnahme der Pflegeversicherten an den integrierten Versorgungsformen entsprechend.
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Begründung
Mit dieser Regelung wird die soziale Pflegeversicherung als weiterer Zweig der Sozialversicherung in die bislang auf die gesetzliche Krankenversicherung begrenzte integrierte Versorgung einbezogen.
Zu Absatz 1
Die neue übergreifende integrierte Versorgungsform soll die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die starren Grenzen zwischen der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung überwunden und die Möglichkeiten einer intensiven Verzahnung der unterschiedlichen Leistungssysteme verbessert werden. So kann über die Möglichkeit der Krankenversicherung hinaus, Einrichtungen der Kurzzeitpflege im Rahmen der Krankenpflege (§ 37 des Fünften Buches) zu nutzen, beispielsweise für Pflegebedürftige mit demenziellen oder depressiven Störungen im Alter die kontinuierliche Konsiliartätigkeit (vgl. hierzu das Modellprojekt Gerontopsychiatrischer Konsiliar- und Liaisondienst des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen des Modellprogramms zur Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger)
in somatischen Krankenhäusern vereinbart werden, um die Rehabilitation deutlich zu verbessern und Drehtüreffekte zu vermeiden. Zu diesem Zweck erhalten die Pflegekassen die Möglichkeit, selbst initiativ zu werden und alle in Betracht kommenden Vertragspartner für integrierte Versorgungsformen unter Beteiligung der Pflege zu gewinnen. Darüber hinaus können sie den bereits nach den Regelungen des
Fünften Buches geschlossenen Vereinbarungen zur integrierten Versorgung beitreten, wenn die Vertragsparteien dem Beitritt und den für
die Einbeziehung der Pflege notwendigen Vertragsanpassungen zustimmen.
Zu Absatz 2
Den Pflegekassen wird durch die Möglichkeit zum Abschluss von integrierten Versorgungsverträgen ein weitest mögliches Aktionsfeld zur
Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Gesamtversorgung eingeräumt. Zu diesem Zweck dürfen sie innerhalb bestimmter
Grenzen vom geltenden Vertrags- und Vergütungsrecht der sozialen Pflegeversicherung abweichen. Nicht zulässig ist es hingegen beispielsweise, die Wirtschaftlichkeitsprüfungen einzuschränken oder die Qualitätsanforderungen der Pflegeversicherung abzusenken. Da die
integrierte Versorgung primär zum Ziel hat, die Versorgungsqualität zu verbessern, ist es nicht nur zulässig, sondern auch erwünscht, wenn
die Qualität der pflegerischen Versorgung angehoben wird. Die Vergütung der Pflegeeinrichtungen wird im Rahmen der integrierten Versorgung nicht mehr durch die Pflegesatzparteien allein, sondern auch durch die Parteien der integrierten Versorgungsverträge bestimmt.
Von daher können die üblichen Regelungen für die Festsetzung der Pflegevergütungen nicht mehr uneingeschränkt gelten. Es ist jedoch
nicht zulässig, in den Pflegevergütungen Aufwendungen zu berücksichtigen, die nicht dem Zuständigkeitsbereich der sozialen Pflegeversicherung zuzurechnen sind. Dies würde eine Kostenverlagerung zu Lasten der Pflegeversicherten bewirken. Die Regelungen für die Festsetzung der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie die Bestimmung über die Höhe der Investitionskostenumlagen und der Zu-
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schläge für Zusatzleistungen nach § 88 sind weiterhin unverändert anzuwenden. Mehraufwendungen, die den Pflegeeinrichtungen durch
die integrierte Versorgung entstehen, sind über leistungsgerechte Zuschläge zu den Pflegesätzen in der stationären Versorgung (§ 85)
bzw. zu den Vergütungen in der ambulanten Pflege (§ 89) gesondert zu vereinbaren und gesondert auszuweisen.
Zu Absatz 3
Durch diese Regelung wird gewährleistet, dass jeder Pflegebedürftige von seiner Pflegekasse verlangen kann, dass diese ihn im Rahmen
ihrer gesetzlichen Pflicht umfassend über alle integrierten Versorgungsformen, an denen sich die Pflegekasse beteiligt, informiert. Wie in
der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch in der sozialen Pflegeversicherung die Teilnahme der einzelnen Versicherten an der integrierten Versorgung vom Grundsatz der Freiwilligkeit geprägt. Weder Pflege- oder Krankenkassen noch Pflegeeinrichtungen oder sonstige
Beteiligte dürfen die Pflegebedürftigen zur Teilnahme an der integrierten Versorgung in unzulässiger Weise bestimmen oder sie daran hindern. Aufgabe der Beteiligten ist es allerdings, die Pflegebedürftigen oder ihre Betreuungspersonen umfassend und sachgerecht über den
Inhalt der integrierten Versorgung in Kenntnis zu setzen.
108
§ 104 SGB XI – Pflichten der Leistungserbringer
Gesetzestext
(1) Die Leistungserbringer sind berechtigt und verpflichtet:
1. im Falle der Überprüfung der Notwendigkeit von Pflegehilfsmitteln (§ 40 Abs. 1),
2. im Falle eines Prüfverfahrens, soweit die Wirtschaftlichkeit oder die Qualität der Leistungen im Einzelfall zu beurteilen sind (§§
79, 80, 112 bis 115, 117 und 118),
2a. im Falle des Abschlusses und der Durchführung von Versorgungsverträgen (§§ 72 bis 74), Pflegesatzvereinbarungen (§§ 85,
86), Vergütungsvereinbarungen (§ 89), und Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen (§ 80a), sowie Verträgen zur integrierten
Versorgung (§ 92b)
3. im Falle der Abrechnung pflegerischer Leistungen (§ 105)
die für die Erfüllung der Aufgaben der Pflegkassen und ihrer Verbände erforderlichen Angaben aufzuzeichnen und den Pflegekassen sowie
den Verbänden oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen zu übermitteln.
(2) Soweit dies für die in Absatz 1 Nr. 2 und 2a genannten Zwecke erforderlich ist, sind die Leistungserbringer berechtigt, die personenbezogenen Daten auch an die Medizinischen Dienste und die in den §§ 112 bis 115, 117 und 118 genannten Stellen zu übermitteln.
(3) Trägervereinigungen dürfen personenbezogene Daten verarbeiten und nutzen, soweit dies für ihre Beteiligung an Qualitätsprüfungen
oder Maßnahmen der Qualitätssicherung nach diesem Buch erforderlich ist.
Begründung
Mit der Ergänzung der Vorschrift werden die Leistungserbringer berechtigt und verpflichtet, zum Abschluss und zur Durchführung von Verträgen zur integrierten Versorgung die für die Erfüllung der Aufgaben der Pflegekassen und ihrer Verbände erforderlichen Daten aufzuzeichnen und ihnen oder den mit der Datenverarbeitung beauftragten Stellen zu übermitteln.
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§ 5b Abs. 4 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung
[Neu in die Verordnung aufgenommene Regelung.]
Verordnungstext
(4) Betäubungsmittel, die nach Absatz 3 gelagert wurden und nicht mehr benötigt werden, können von dem Arzt für einen anderen Patienten dieses Alten- und Pflegeheims oder Hospizes erneut verschrieben werden oder an eine versorgende Apotheke zum
Zweck der Weiterverwendung in einem Alten- und Pflegeheim oder einem Hospiz zurückgegeben werden.
Begründung
Durch die neue Vorschrift des § 5b Abs. 4 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung wird geregelt, dass Betäubungsmittel, die im
Alten- und Pflegeheim oder dem Hospiz unter der Verantwortung des behandelnden Arztes gelagert wurden und nicht mehr benötigt werden, entweder von dem Arzt erneut für andere Patienten der gleichen Einrichtung verschrieben werden können oder an eine versorgende
Apotheke zurückgegeben und danach in einem Alten- und Pflegeheim oder einem Hospiz weiterverwendet werden können. Damit wird sichergestellt, dass unverbrauchte Betäubungsmittel einer Weiterverwendung zugeführt werden können und nicht vernichtet werden müssen.
Soweit eine Zweitverschreibung durch den Arzt nicht in Frage kommt – etwa wenn kein für dieses Betäubungsmittel geeigneter Patient in
der betreffenden Einrichtung vorhanden ist – ermöglicht die neue Vorschrift die Rückgabe des nicht mehr benötigten Betäubungsmittels an
die versorgende Apotheke. Dadurch wird gewährleistet, dass die Eignung des Betäubungsmittels zur Weiterverwendung geprüft wird. Für
die Weiterverwendung der neu verschriebenen oder zurückgegebenen Betäubungsmittel gelten die Vorschriften über die Verschreibung
und Nachweispflicht. Zivilrechtliche Fragen wie die Eigentumsübertragung an den Arzt oder die Apotheke können im Heimversorgungsvertrag des Heims oder Hospizes mit den jeweiligen Patienten geregelt werden.
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