Schneider, A., C. Scheungraber, H. Ikenberg

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Schneider, A., C. Scheungraber, H. Ikenberg
Zervixkarzinom und HPV
Bedeutung der HPV-Testung für die Praxis
Achim Schneider, Cornelia Scheungraber, Hans Ikenberg
Der Stellenwert der HPV-Diagnostik wird in den gynäkologischen
Fachzeitschriften mit zunehmender Intensität diskutiert. Es vergeht kein Monat, in dem das Pro und Kontra der HPV-Diagnostik
nicht Thema ist. In der folgenden Übersicht werden daher die
Problemstellung, die wissenschaftliche Datenlage, die berufsund gesundheitspolitischen Aspekte und der Ausblick in die Prävention des Zervixkarzinoms erörtert.
Etwa 50 % der Frauen in Deutschland
unterziehen sich regelmäßig einer
zytologischen Krebsvorsorge. Trotzdem ist auch für diese Frauen das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, nicht gleich null. Die Hälfte der Frauen, bei denen ein Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert wird,
hat in den Jahren vor der Diagnosestellung an der Vorsorgeuntersuchung teilgenommen. Zudem wird
auf die Diagnose eines auffälligen
Abstriches oftmals nicht adäquat reagiert. Eine kolposkopische Evaluierung bei zytologischer Diagnose PAP
III D ist nicht Standard, und durch
zytologische Kontrollen kann die Diagnose einer schwergradigen Präkanzerose oder eines Karzinoms verschleppt werden (5). Rund 6.000
Frauen erkranken jährlich in Deutschland an Gebärmutterhalskrebs, etwa
2.400 sterben daran. Eine Änderung
des gegenwärtigen Systems erscheint
notwendig.
Datenlage
Humane Papillomviren sind weltweit
als der zentrale Faktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms gesichert. Zahlreiche In-vitro- und Invivo-Studien wiesen inzwischen
nach, dass die HR-HPV-Onkogene
(HR = high risk) E6 und E7 tumorigen sind. Die Assoziation von HPV
mit Adenokarzinomen der Zervix ist
fast genauso stark wie bei Plattenepithelkarzinomen. Daher eignet sich
der HPV-Nachweis auch zur Beurtei-
lung von auffälligen/pathologischen
Abstrichen aus dem Zervikalkanal.
Von wesentlicher Bedeutung sind die
Viruspersistenz und die Menge der
HPV-DNA pro Zelle. Mehrmaliger
Nachweis von HR-HPV hat einen weit
höheren prädiktiven Wert für eine
Progression oder ein Auftreten einer
höhergradigen Läsion als ein einmaliger Nachweis. In der Mehrzahl entsprechender Untersuchungen war
eine höhere Kopienzahl viraler DNA
ebenfalls mit einem höheren Progressionspotenzial verbunden.
HPV ist zwar ein notwendiger, jedoch
kein hinreichender Faktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms. Endogene und exogene Kofaktoren sind
unerlässlich. Eine Immunsuppression
ist von besonderer Bedeutung. Aber
auch genetische Wirtsfaktoren (z.B.
HLA-Status und Veränderungen in Tumorsuppressorgenen) sind bedeuten-
Screening
Verfahren
Sensiti- Negativer
vität Vorhersage(%)
wert (%)
HPV-Test
89,4
99,6
Zytologie
20,0
97,5
Kolposkopie
13,3
97,3
Tab. 1: Sensitivität und negativer Vorhersagewert der Screeningverfahren (7).
de Faktoren – wenn auch weniger
klar definiert. Bei den exogenen Faktoren ist eine unabhängige Rolle gesichert für das Rauchen, eine Chlamydieninfektion, die langjährige Einnahme von Sexualsteroiden und eine
hohe Parität.
Screening
Der Nachweis von HR-HPV im Rahmen des Screenings zur Erkennung
von CIN II oder III oder invasivem
Karzinom ist signifikant empfindlicher als die einmalige zytologische
Untersuchung (89 vs. 20 % nach 7,
s. Tab. 1; 68 vs. 27 % nach 6). Dafür
liegt die Falsch-positiv-Rate des HRHPV-Nachweises signifikant höher
(5,16 vs. 0,27 %) (7).
Die hohe Falsch-positiv-Rate wird
durch den natürlichen Ablauf der Infektion erklärt: Viele junge Frauen
werden mit Beginn der sexuellen Aktivität durch genitale humane Papillomviren infiziert. Innerhalb eines Jahres lässt sich jedoch bei etwa
80 % der Infizierten HPV nicht mehr
nachweisen, die Infektion hat somit
keinen Krankheitswert. Daher ist im
Rahmen des Screenings bei jungen
Frauen der fehlende HR-HPV-Nachweis wichtiger einzustufen als der
positive HR-HPV-Nachweis: Bei negativem HR-HPV-Nachweis ist das
Vorliegen einer schwergradigen
Krebsvorstufe oder eines Karzinoms
extrem selten. Zudem sinkt die
Nachweisrate bei Wiederholung der
HPV-Untersuchung um mehr als
50 % ab, sodass durch wiederholte
Untersuchung die Größe der zu
untersuchenden Kohorte eingeschränkt werden kann (unveröffentlichte Daten).
DIAGNOSTIK + THERAPIE
HPV-TESTUNG
Der HR-HPV-Nachweis ist kosteneffektiv: In einem Simulationsmodell
wurde die Kosteneffektivität von 18
verschiedenen Strategien einer Kombination aus Zytologie und HPVNachweis evaluiert (3). Im amerikanischen Gesundheitssystem ist durch
eine Kombination von HPV und Zytologie in einem Zwei-Jahres-Abstand
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DIAGNOSTIK + THERAPIE
eine höhere Kosteneffektivität zu erreichen als mit der zytologischen
Untersuchung allein.
Triage bei einem atypischen
zytologischen Befund
Der Nachweis von HR-HPV-Typen
kann zur Entscheidung über das weitere Vorgehen bei Frauen eingesetzt
werden, bei denen ein zytologischer
Abstrich unklarer Wertigkeit diagnostiziert wurde (PAP II oder PAP
III; s. Abb. 1). Die Sensitivität für die
Identifizierung von Frauen mit zervi-
Vorgehen bei atypischem
zytologischen Befund
PAP-Gruppe IIW oder III
HR-HPV Nachweis
+
–
Kolposkopie
Kontrolle
nach 1 Jahr
Auch der positive Vorhersagewert des
HR-HPV-Nachweises ist signifikant
höher: 19,6 vs. 16,5 %. Für das amerikanische Gesundheitssystem wurde
gezeigt, dass der Nachweis von HRHPV bei Frauen mit zytologisch unklaren Veränderungen kosteneffizienter ist als eine wiederholte zytologische Untersuchung (4). Zudem
zeigte eine Computer-basierte Modellanalyse, dass zur Abklärung von
Frauen mit der Diagnose ASCUS
(äquivalent zur PAP-Gruppe IIw oder
III) der Reflex HPV-Nachweis das
kosteneffektivste Vorgehen ist (2).
In einer deutschen Studie konnten
85 % der PAP-IIW-Befunde durch
fehlenden HPV-Nachweis vor überflüssiger Abklärung bewahrt werden
(persönliche Mitteilung).
Leichtgradige Dysplasie, CIN I
Abb. 1: Anhand des Nachweises von HR-HPV
kann über das weitere Vorgehen bei atypischen zytologischen Befunden entschieden
werden.
Vorgehen bei leichtgradiger Dysplasie
PAP-Gruppe IIID
falls Kolposkopie Kolposkopie
nicht möglich
HR-HPV-Nachweis
+
Kolposkopie
–
Kontrolle
in 6 Monaten
Abb. 2: Leichtgradige Dysplasie: Ist keine
kolposkopische Expertise vorhanden oder
nicht die gesamte Transformationszone einsehbar, liefert der HR-HPV-Nachweis wichtige
Informationen.
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kaler intraepithelialer Neoplasie
(CIN) II. oder III. Grades oder Karzinom liegt bei 96 % verglichen mit
85 % für die wiederholte zytologische Untersuchung unter optimalen
Bedingungen (8; s. Tab. 2).
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Für die zytologische Diagnose PAPGruppe IIID gilt die Regel: Kolposkopie und gegebenenfalls histologische
Abklärung. Da bei 30,2 % dieser Frauen histologisch eine schwergradige
Präkanzerose und bei 1 % ein Karzinom nachgewiesen wird (5), macht
der HPV-Nachweis nur Sinn, wenn
keine kolposkopische Expertise verfügbar ist (s. Abb. 2). Bis zu
50 % der zytologisch auffälligen Befunde können durch HPV-Negativität
entkräftet werden.
Wurde eine leichtgradige Dysplasie
histologisch gesichert, kann das Risiko einer Progredienz durch einen
wiederholten HR-HPV-Nachweis mit
hoher Zuverlässigkeit – bei jedoch geringer Spezifität – vorausgesagt werden. Auch hier gilt, dass der fehlende HR-HPV-Nachweis bei einmaliger
oder wiederholter Untersuchung auf
eine Regression von leichtgradigen
Präkanzerosen hinweist. Verschiedene Progressionsmarker stehen zur
Atypischer Befund: Triage
Verfahren
Sensiti- Positiver
vität Vorhersage(%)
wert (%)
HPV-Test
95,9
19,6
Zytologie
85,0
16,5
Tab. 2: Sensitivität und positiver Vorhersagewert von HPV-Tests bei der Triage (8).
Auswahl (s. Tab. 3). Die klinische Wertigkeit dieser Marker ist aber bisher
nicht gezeigt.
Der Nachweis von HR-HPV zeigt bei
Zustand nach Konisation die Persistenz oder ein Rezidiv von CIN zuverlässiger an als die zytologische
Untersuchung.
HPV-Nachweis
Humane Papillomviren lassen sich
weiterhin nicht einfach in Kultur vermehren. Antigene stehen nur begrenzt
zur Verfügung. Außerdem sind serologische Testverfahren zwar für epidemiologische Untersuchungen wertvoll,
erlauben aber keine verlässliche Aussage über den individuellen HPV-Status. Standard der HPV-Diagnostik ist
daher nach wie vor der HPV-DNANachweis. Hierfür stehen verschiedene Methoden zur Verfügung.
Als HPV-Nachweissystem kann für die
Routine der Hybrid-Capture-II-Test
eingesetzt werden. Zudem verfügen
Progressionsmarker
bei CIN I
■ wiederholter Nachweis
von HR-HPV-DNA
■ Integration von HR-HPV-DNA
■ erhöhter Virusload von HR-HPV
■ Varianten von HR-HPV
■ Genvarianten (Prädisposition)
Tab. 3: Der HR-HPV-Nachweis ist ein
wichtiger Progressionsmarker bei CIN I.
DIAGNOSTIK + THERAPIE
verschiedene Labors über die Möglichkeit, HR-HPV mittels PCR-basierter
Verfahren nachzuweisen. Beide Methoden sind valide, andere Methoden
nur von eingeschränkter Wertigkeit.
Die Übereinstimmungsrate zwischen
Hybrid-Capture-II-Test und PCR-Verfahren liegt bei 80–90 % (9).
Für eine HPV-Testung im Routineeinsatz erscheint gegenwärtig der Hybrid-Capture-II-Test am besten geeignet. Dies ist das Ergebnis einer
umfangreichen Analyse, die im Auftrag des englischen National Health
Service durchgeführt wurde. Theoretisch gleichwertig sind zwei Consensus-PCR-Systeme (MY09/ 11 und
GP5+/6+). Für eine praktische Anwendung ergeben sich (bei ähnlicher
Sensitivität, Spezifität und Reproduzierbarkeit) Vorteile für das NichtPCR-System HC-II. Hier besteht die
größte Robustheit gegenüber Variationen bei Probenentnahme und Lagerung; außerdem sind die Interlaborvarianzen am geringsten. Zudem
ist hier die Sensitivität für alle nachgewiesenen HPV-Typen gleich, und
der Cut-off-Wert ist so eingestellt,
dass minimale Infektionen fraglicher
Wertigkeit nicht erfasst werden.
Nachteile des HC-II-Verfahrens sind
eine mögliche Kreuzreaktion zwischen den HR-Proben und LR-HPVs
(LR = low risk) bei hoher Kopienzahl
und das Fehlen einiger selten vorkommender HPV-Typen im HR-Probencocktail. Der HC-II-Test hat als
bisher einziger auch eine Zulassung
der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA für den Routineeinsatz erhalten. Das System wurde und wird in
mehreren umfangreichen Screeningund Triage-Studien eingesetzt. Der
Test unterscheidet gegenwärtig 13
Hochrisiko- von fünf NiedrigrisikoHPV-Typen.
Neue Perspektiven
Eine verbesserte Version des HC-IIHPV-Tests mit erhöhter Spezifität
und einer teilweisen Automatisierung
dieses Systems ist in Vorbereitung.
Neue PCR-Systeme wie LineProbeAs-
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says (Consensus-PCR mit reverser Hybridisierung mit typenspezifischen
Proben) oder die Realtime-PCR zur
Quantifizierung der HPV-DNA sind
bereits entwickelt.
Eine Selbsttestung auf HPV ist bereits jetzt eine realistische Option.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass
im Gegensatz zur Zytologie eine Entnahme einer HPV-Probe durch die
Frauen selbst eine ähnliche Sensitivität hat wie die Abnahme eines zytologischen Abstrichs durch medizinisches Personal.
Auch therapeutisch stehen neue Perspektiven vor der Tür. Entgegen früheren Annahmen sind humane Papillomviren sehr wohl immunogen. Bei
den HPV-Impfungen sind viel versprechende Entwicklungen im Gange.
Eine prophylaktische (Schutz-)Impfung wird mittels so genannter VLP
(virusähnlicher Partikel) angestrebt.
Erste Studien beim Menschen haben
begonnen. Die Ergebnisse sind – entsprechend der Entwicklungszeit von
CIN – erst in einigen Jahren zu erwarten. Für therapeutische Impfungen bei Genitalwarzen, CIN und Zervixkarzinom gibt es fast 50 experimentelle Ansätze, von denen viele in
Tierversuchen schon Wirksamkeit
zeigten. Beim Menschen sind in
Deutschland die ersten beiden Studien angelaufen, deren Ergebnisse in
ein bis zwei Jahren zu erwarten sind.
Die lokale Anwendung von Immunmodulatoren als Adjuvans ist ein weiterer interessanter Ansatz.
Patientengespräch
Wesentlich bei jeder Anwendung der
HPV-Diagnostik ist das Gespräch mit
den Patientinnen durch Ärztinnen
und Ärzte. Die Bezeichnung „Hochrisiko“-HPV ist bei mit der Krebsentstehung verbundenen Viren psychologisch unglücklich. Es ist daher entscheidend, zu vermitteln, dass auch
eine Infektion mit HR-HPV nur das
Vorliegen eines Risikofaktors und keine Erkrankung bedeutet. Auf Grund
der langen Latenzen bei der Progres-
sion zum Karzinom bleibt immer genug Zeit für eine risikoadaptierte organschonende Intervention. Ein großes Problem stellt hierbei in
Deutschland der Mangel an Kapazitäten in der qualifizierten Kolposkopie dar. Obwohl Teil der Ausbildung
und selbstverständlicher Teil der gynäkologischen Untersuchung, dass
sie bei Kassenpatientinnen nicht eigens vergütet wird (oder eben genau
deshalb), besteht ein extremer Mangel an Kolposkopie-Spezialisten/Spezialistinnen und Spezialsprechstunden. Ein zentrales Anliegen ist die
Qualifizierung und Zertifizierung in
der Kolposkopie, begleitet von einer
leistungsadäquaten Vergütung, wie
dies in den USA der Fall ist.
Bei einer Screening-Untersuchung
jenseits des 30. Lebensjahres ist nur
5 % HPV-HR-Positivität zu erwarten
– eine Rate, die sich durch weitere
Verbesserungen der Tests auf 3 % reduzieren lässt. Bei Wiederholung des
Tests reduziert sich dies nochmals auf
die Hälfte. So ist nur bei jeder 50. bis
100. Frau eine kolposkopische Untersuchung notwendig. Die hierfür notwendigen Kapazitäten bereitzustellen ist möglich.
Das Argument, der Nachweis einer
HR-HPV-Positivität sei nur eine unnötige Belastung, da sich keine diagnostischen oder therapeutischen
Konsequenzen ergäben, ist bereits
heute nicht zutreffend. Mit der bevorstehenden Einführung von HPVspezifischen Vakzinen gilt dies noch
weniger.
Wesentlich ist die Feststellung „negativ ist negativ“. HPV-Negativität
bedeutet eine fast 100-prozentige Sicherheit, in den nächsten Jahren
nicht an einem Zervixkarzinom oder
einer hochgradigen Vorstufe zu erkranken. Zu prüfen, ob diese Schutzzeit sogar bis zu zehn Jahren beträgt, ist Gegenstand zur Zeit laufender Langzeitstudien.
Wichtig ist es auch, klarzustellen,
dass eine HPV-Infektion zwar ganz
Ebenso wesentlich ist es, zu betonen, dass HR-HPV-Positivität keine
Erkrankung ist, sondern nur das Vorliegen eines Risikofaktors bedeutet.
Es ist kontraindiziert, nur wegen HRHPV-Positivität einen therapeutischen Eingriff oder gar eine Hysterektomie zu indizieren. Die Unsicherheit oder Angst wegen auffälliger zytologischer Befunde darf nicht
durch HPV-Pseudokrankheit ersetzt
oder gar verstärkt werden. Bei allen
diesen Frauen mit abnormen zytologischen Befunden ist eine korrekte
histopathologische Diagnose und situationsadäquate Therapie möglich.
Voraussetzung ist die Fähigkeit zur
qualifizierten Kolposkopie. Die Expertise für eine Beratung der Frau
und die Entscheidung über situationsadäquate Diagnostik und Therapie zu erwerben ist eine Herausforderung für jede Frauenärztin und
jeden Frauenarzt.
kunde 167–668 Zellen evaluiert werden. Es lag daher auf der Hand, das
menschliche Auge durch automatisierte Analysesysteme zu unterstützen oder zu ersetzen. Nicht zuletzt
wegen der hohen Kosten haben sich
aber in der zytologischen Routinediagnostik Automatisierungskonzepte bisher nicht durchgesetzt. Das methodenimmanente Qualitätsproblem
der zytologischen Untersuchung
kann durch einen standardisierten
HPV-Nachweis potenziell eliminiert
werden. Ein Einsatz des HPV-Tests
in der klinischen Routine ist möglich. GKV und PKV erkennen die Diagnose PAP IIW, PAP III und PAP IIID
sowie „Zustand nach zervikaler intraepithelialer Neoplasie“, „Zustand
nach Konisation“ und das „Vorliegen
einer kolposkopischen Auffälligkeit“
als Indikationen zur HPV-Testung an
(s. Tab. 4).
Wesentlich erscheint nun die Schaffung einer dem Aufwand entsprechenden EBM-Abrechnungsziffer für
die HR-HPV-Testung. Gegenwärtig
steht hier nur eine extrem knapp bemessene globale Ziffer für „Nachweis
von Nukleinsäuren mikrobieller Agenzien“ zur Verfügung.
Für das Screening kann der HPV-Test
als individuelle Gesundheitsleistung
(IGeL) angeboten werden. Der Preis
für eine Untersuchung auf HR-HPV variiert hier zwischen 50 und 400 Euro.
Politik
Die Diskussion über den Stellenwert
der HPV-Diagnostik und die Indikation zum HPV-Nachweis wird zwischen Gynäkologen, Zytologen und
Pathologen kontrovers geführt. Die
zytologische Vorsorgeuntersuchung
ist ein subjektives Verfahren mit
schwer durchführbarer Qualitätskontrolle. Jeder Abstrich enthält zwischen 50.000 und 200.000 Zellen.
Veranschlagt man für die Untersuchung einer Zelle eine Sekunde, so
würde die Analyse eines Abstriches
zwischen 14 und 56 Stunden dauern
(1). Werden nur fünf Minuten pro Abstrich verwendet, so müssen pro Se-
Wann wird der HPV-Test
von der GKV erstattet?
Von (allen) Kassen anerkannte
Indikationen:
■ Pap IIW, III und IIID*
■ Z.n. CIN
■ Z.n. Konisation
■ kolposkopische Auffälligkeit*
* Kolposkopie mit Biopsie anstatt
HPV-Nachweis empfehlenswert
Die Screening-Untersuchung wird
von der GKV nicht akzeptiert.
Tab. 4: HPV und Erstattung durch die GKV.
Dabei erscheint eine Ausrichtung an
der unteren Grenze des angegebenen
Spielraumes gerechtfertigt und empfehlenswert.
Ausblick
Der Einsatz des HPV-Nachweises unter den oben genannten Indikationen, die von der GKV anerkannt sind,
erscheint sinnvoll, wenn die Gynäkologin und der Gynäkologe den Befund
richtig interpretieren. Der gezielte
Einsatz der Kolposkopie, das Vermeiden einer Übertherapie sowie die
kompetente Beratung ohne Verunsicherung sind hier wichtige Bestandteile des ärztlichen Handelns. Gleiches gilt für den HPV-Nachweis im
Rahmen des Screenings als individuelle Gesundheitsleistung: Die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass
mit dem HPV-Nachweis eine höhergradige Präkanzerose oder ein Karzinom sicherer erkannt werden können.
Auch hier ist entscheidend, dass das
HPV-Ergebnis richtig interpretiert
wird. Zudem kann eine Frau, die sich
einem HPV-Test unterzieht, aus einem negativen HR-HPV-Ergebnis vermehrte Sicherheit gewinnen, da sie
weiß, dass das Risiko für das Vorliegen und das Entwickeln eines Gebärmutterhalskrebses extrem gering ist.
DIAGNOSTIK + THERAPIE
überwiegend sexuell übertragen wird,
aber keine klassische Geschlechtskrankheit darstellt. In Anbetracht der
zum Teil extrem langen Latenz der
HPV-Infektion ist eine Zuordnung zu
einem bestimmten sexuellen Kontakt
nicht möglich. Um Belastungen der
Partnerbeziehung zu vermeiden, sollten diese Sachverhalte bei jeder HPVbezogenen Diagnostik aktiv angesprochen werden.
Die Kosteneffizienz für ein Screening
mit dem HR-HPV-Test unter Routinebedingungen wurde jüngst gezeigt
(3). Qualitätssichernde Maßnahmen
müssen noch etabliert werden, bevor
der Test für den Einsatz im Screening
generell empfohlen werden kann. Zudem sollten durch ein Expertengremium Leitlinien erarbeitet werden,
die auch für die gesetzlichen Krankenkassen die Entscheidung für oder
gegen den Einsatz des HPV-Tests im
Screening transparent machen.
Nicht zu vergessen ist, dass erste
Impfstudien mit HPV-Vakzinen momentan durchgeführt werden und bereits mit ermutigenden Resultaten abgeschlossen wurden. Neben dem
Nachweis von Sicherheit, Verträglichkeit und der Induktion spezifischer
Immunantworten wurden zum Teil ku-
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DIAGNOSTIK + THERAPIE
Take Home Messages
■ Der Nachweis von HR-HPV zur
Erkennung von CIN oder Zervixkarzinom ist sensitiver als die zytologische Untersuchung.
■ Bei negativem HR-HPV-Nachweis
ist das Vorliegen von CIN oder Zervixkarzinom extrem selten.
■ Bei zytologisch unklaren Veränderungen ist die Triage mit Hilfe
des HR-HPV-Tests kosteneffizienter
als eine Wiederholung der zytologischen Untersuchung.
■ Der HR-HPV-Nachweis für die
Routine sollte mit dem Hybrid Capture II oder einem PCR-basierten
Verfahren erfolgen.
■ Der HR-HPV-Test zur Abklärung
von PAP IIW oder III sowie zur
Kontrolle nach Konisation erscheint
sinnvoll und wird von der GKV bezahlt.
■ Die wissenschaftliche Datenlage
rechtfertigt einen Einsatz des HRHPV-Tests im Rahmen des Screenings als individuelle Gesundheitsleistung. Die Kosteneffektivität des
HPV-Nachweises wurde mit einer
Modellanalyse gezeigt.
■ Das Wissen für eine adäquate
Beratung und für die Entscheidung
über situationsabhängige Diagnostik und Therapie der Frau zu
erwerben ist eine Herausforderung
für jede Frauenärztin und jeden
Frauenarzt.
rative Effekte erzielt. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb der nächsten
zehn Jahre prophylaktische und therapeutische Impfstoffe zur Verfügung
stehen werden. Gerade bei der Frage,
ob eine therapeutische Impfung notwendig ist, ist es wichtig, der Rat suchenden Frau einen HPV-Test anzubieten. Die Gemeinschaft der Gynäkologinnen und Gynäkologen ist aufgerufen, sich aktiv mit diesem Thema
auseinander zu setzen und valide Strategien zu entwickeln.
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Für die Autoren
Prof. Dr. med.
Achim Schneider, M.P.H.
Direktor der Abteilung
Frauenheilkunde
Klinikum der Friedrich-SchillerUniversität
Bachstr. 18
07740 Jena
Tel. (0 36 41) 9-3 30 64
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