Leseprobe - Ullstein Buchverlage
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Vorwort 11 Einleitung 13 1. New York City, September 1969 33 Körper-Verstand: Nacktheit, Sauberkeit und Übungen 42 Für das Herz: Osho lesen, Poesie, eine Tarotkarte ziehen 46 Für den Buddha: Tantrische Meditation für Paare 48 2. Macaé, Rio de Janeiro, Januar 1971 55 Körper-Verstand: Über Ernährung 107 Für das Herz: Gurdjieffs Vaters letzte Worte 114 Für den Buddha: Die Pause zwischen Ein- und Ausatmen beobachten 115 3. Belo Horizonte, Minas Gerais, Brasilien, Juli 1976 118 Körper-Verstand: Sri 146 Für das Herz: Das Neuro-Taktil 149 Für den Buddha: Die Augenmeditation 153 4. Rajneeshpuram, Oregon, USA, Juli 1982 155 Körper-Verstand: Farben projizieren 224 Für das Herz: Tantrische Meditation: die Gefühle beobachten 226 Für den Buddha: Nadabrahma-Meditation für Paare 228 5. Mukta RMC, Stuttgart, 28. November 1982 231 Körper-Verstand: Jenseits der Ejakulation 277 Für das Herz: Den anderen in dir entdecken 281 Für den Buddha: »In den Spiegel starren«-Meditation 285 6. VOOV, Sprötze, Juli 1991 287 Körper-Verstand: »Deine« Frau stärken 313 Für das Herz: Segensschauer 318 Für den Buddha: Gibberish-Meditation 321 7. Rajneesh-Stadt, Herbst 1982, und Pune, Indien, März 1997 324 Körper-Verstand: Der Orgasmus der Frau 435 Für das Herz: Der Spiegeltanz (©Pyari) 442 Für den Buddha: Kosmische Tanzmeditation (©Pyari) 446 8. München, Winter 2002 451 Pyari bat mich, ein Vorwort zu schreiben. Hier kommt es nun: Unser Leben ist, seit wir uns im November 1982 in Stuttgart getroffen haben, ein fortwährender Karneval in den Sternen, an vielen Orten und in verschiedenen Situationen rund um den Globus … Wir haben viel zusammen erlebt, wuchsen gemeinsam, wurden bewußter, waren – und sind – kreativ, und feiern das Leben … Ich bin ihr sehr dankbar für ihre Liebe und Fürsorge, die mir kleine Schläge auf den Kopf geben, wie ein Zen-Meister mit seinem Stock, auf dem Weg der Meditation … Ich habe viel mit und von ihr gelernt. Wir sind die Göttliche Geliebte und die Unsterbliche Glückseligkeit, ein langer Roadmovie, der weiter und weiter geht, immer weiter … Sw. Anand Avinash (Die Unsterbliche Glückseligkeit) St. Pauli, Hamburg, 20. Februar 2009 Avinash, in »unserem« Garten, Iddensener Wald, 2006 11 Das letzte Buch habe ich Frauen gewidmet – und Männern, die Frauen lieben. Dieses ist Männern gewidmet – und Frauen, die Männer lieben. Ich beginne genau an »meinem« 60. Geburtstag, mit einer Geschichte, die ich von dem erleuchteten Meister Osho gehört habe. Doch ich möchte vorausschicken, dass ich Possessivpronomen wie mein, dein oder ihr und Verben wie haben oder besitzen vermeide, da ich weder Sachen, Menschen noch Gedanken oder sogar Gefühle als uns zugehörend betrachte. Das gilt auch für alle Formen des Sollens und Müssens, denn Freiheit ist der höchste Wert im Leben – wir »müssen« gar nichts! Mich hat einmal jemand gefragt, ob nicht Liebe der höchste Wert sei. Ich antwortete: »Wie ist es, wenn jemand Liebe ›hat‹ und im Gefängnis sitzt? Oder wenn du mit jemandem zusammenlebst, der nichts als Liebe ›erlaubt‹?« … Eben deshalb fürchten sich so viele Menschen vor der Liebe! Freiheit ist definitiv der höchste Wert. Wir können sogar uns selbst töten! Ja, wir landen vielleicht in der Psychiatrie oder im Gefängnis, wenn der Versuch der Selbsttötung nicht erfolgreich war, doch die Möglichkeit, es zu tun, steht uns existenziell frei … »Brauchen« ist ebenfalls ein Verb, das ich nicht mag, weil ich fühle, dass wir nichts »brauchen«, außer dem, was wir schon gratis und in Fülle von der Existenz bekommen. Natürlich brauchen wir Nahrung, Schutz und Liebe, die in einer besseren Gesellschaft bereitgestellt werden würden, ohne dass wir mit diesen von Menschen geschaffenen Verhältnissen konfrontiert wären – Verhältnissen, die uns fühlen lassen, wir seien Waisen der Existenz, weshalb wir alles allein »bewältigen müssen«, auf die »harte« Tour, und immer überall versuchen, die Besten zu sein! Dann wird es sehr schwer, zu vertrauen! … Doch wie steht es damit, sich daran zu erinnern, dass wir diese Gesellschaft geschaffen haben und daher auch wieder auflösen »können«? Wenn wir verstehen, dass es eine soziale Struktur ist, die uns »zwingt«, die Ersten zu sein und überall in Wettbewerb zu treten, dann ist es zumindest »möglich«, aus diesem Muster herauszuspringen! … 13 Ich habe wirklich wundervolle Zeiten erlebt, als ich in Brasilien unterwegs war – aus dem Entschluss heraus, natürlich zu leben und dem Leben zu folgen. Das Gefühl war, dass die ganze Welt mir »zugehörte«. Wo wir es schön fanden, dort übernachteten wir. Welche Freiheit! Da wir oft zum Essen eingeladen wurden – was wir manchmal sogar ausschlugen, denn wir wollten lediglich Naturreis zu uns nehmen –, sahen wir, dass das Leben für uns sorgt und wir meist mehr bekommen, als wir »brauchen«. Dennoch werden wir dazu »gezwungen«, und zwar von jeder Gesellschaft, zu glauben, wir »müssten« viele Dinge »haben«, die wir in Wahrheit nicht »brauchen«! Illusionen und mehr Illusionen – Samsara, wie die Hindus sagen. Außerdem fühle ich, dass wir alles, was wir wollen, schaffen – wenn wir die Vorstellung fallen lassen, wir seien kraftlose Organismen, verloren in einem riesigen Universum, in dem wir eine große Anzahl schwieriger Aufgaben erledigen »müssen« … Tatsächlich »müssen« wir gar nichts! Lass dich also nicht vom »Opfer-Trip« einfangen! Ich kenne diesen Trip, da ich auch oft darunter »leide«! … Wenn ich also eins dieser Wörter nicht vermeiden »kann«, schreibe ich sie daher, wie oben, in Anführungszeichen, um ein neues Verständnis zu provozieren, das in die Gehirne jener, die mich lesen, programmiert wird. Auch in »meins«. Dann wird der letzte Überrest dessen ausgelöscht sein, was dort sitzt, mich verwirrt und denken lässt, dass mir Menschen, Dinge oder irgendetwas anderes »gehört« – auf dieser kurzen Pilgerfahrt auf einer kleinen im Raum schwebenden Kugel, die einen Stern der fünften Kategorie umkreist … »Möglich« und »unmöglich« erscheinen ebenfalls in Anführungszeichen … Diese Worte stehen für mich eigentlich für die Energie, die dazu aufgebracht wurde, um einer Existenz zu vertrauen, die groß genug ist, um ehrfurchtgebietend und geheimnisvoll zu bleiben, unbegreifbar für »unsere« kleinen Gehirne … Und diese Gehirne, die »ihr« Potenzial nicht ausschöpfen, schaffen Sprachen, die uns dazu nötigen, so wie hier, in Widersprüchen zu schreiben … Und nun die Geschichte: 14 Ein Zen-Meister pflegte ein geheimes Buch mit sich zu führen. Jeden Morgen, gleich nach dem Erwachen, schlug er es auf, las irgendwo ein paar Seiten, schloss es wieder und versteckte es sehr sorgfältig, damit niemand es fand. Abends, bevor er schlafen ging, wieder die gleiche Prozedur. So ging es über Jahre. Oft baten ihn die Schüler, es ihnen zu zeigen oder wenigstens ein paar Zeilen aus dem Buch vorzulesen. Der Meister lachte nur und sagte kein Wort. Und erlaubte es keinem, das Buch auch nur anzufassen. Als der Tod kam und er den Körper verließ, waren die Schüler darauf erpicht, das Buch zu finden. Doch als sie es öffneten, waren sie erstaunt, zu sehen, dass das Buch leer war. Nicht ein einziges Wort stand in dem Buch geschrieben! … Diese Anekdote kam mir wieder in den Sinn, als ich mit diesem Buch begann. Eigentlich wollte ich mich nicht mehr mit dem Schreiben beschäftigen, nachdem ich 1980 Sannyas genommen hatte (Sannyas bedeutet Initiation, ein Schüler werden – oder ein Freund, ein Weggefährte, wie Osho es gern von uns hörte). Doch im Leben »muss« man schöpferisch tätig sein – aus vielen Gründen, hauptsächlich jedoch, da sich sonst Langeweile einstellt – und da mir die Freude am Schreiben gegeben wurde, beschloss ich einfach, zu spielen, ein hohler Bambus zu sein, damit die Existenz durch mich schreibt, was immer auch es zu sagen gibt. Den endgültigen Anstoß für dieses zweite Buch in Deutschland gab einer der letzten Liebhaber, als er mir sagte, Männer wüssten nicht viel über Sex, und da er von vielen seltsamen – und krankhaften – Vorstellungen über Sex geplagt gewesen sei, bis er mich kennenlernte, würden bestimmt viele es auch als eine wunderbare Erleichterung empfinden, wenn sie erführen, was Frauen, die »guten Sex« wollen, erwarten … Deswegen und um all die schönen, heiligen Augenblicke beim Sex und in der Liebe, die das Leben mir schenkte, zu würdigen, viele Worte in diesem Buch, obwohl ich weiß – und es auch dich wissen lassen möchte –, dass das Kostbarste von alldem sich nur in der Stille offenbart … Darum beschließe ich jedes Kapitel mit diesem Symbol , um uns daran zu erinnern und damit wir die Augen schließen, uns sammeln – einfach ausruhen … 15 Dieses Buch ist eine Art Pilgerfahrt durch das, was die Existenz mir gegeben hat, so wie ich es als den Weg der Tantriker erkenne. Den Gesamtzusammenhang, wie es dazu gekommen ist, erzähle ich im vorigen Buch »Tantrisches Leben«, das du weiterhin bei uns bestellen »kannst«. In diesem hier möchte ich ein paar andere speziellere Techniken vorstellen und dazu schildern, was ich mit den sieben Liebhabern, mit denen ich eine längere Zeit tantrischen Sex genossen habe, erlebte. Das achte und letzte Kapitel vervollständigt die Darstellung dessen, was mich schließlich zu einer Liebesaffäre mit Pyari selbst führte: Die Energie, die sich zu anderen hinbewegte, änderte plötzlich die Richtung um 180° und kam zu mir zurück – vielleicht doch nicht so plötzlich … An jede der Geschichten schließen sich Leitlinien oder Techniken an, die allein, als Paar oder in der Gruppe zu praktizieren sind. Sie werden in drei Gruppen aufgegliedert: Körper-Verstand, Für das Herz und Für den Buddha, aber diese Einteilung ergibt sich aus rein praktischen Gründen, denn alles, was wir tun, wirkt sich aus auf den ganzen Organismus, der wir sind – wie auch auf den Kosmos, da wir Teil von ihm sind. Ich »denke« gern, dass wir ein Mikrokosmos sind, in dem sich der Makrokosmos widerspiegelt … Nachdem ich an Schulen und der Universität zur Intellektuellen geworden war, ist es für mich eine kostbare Erfahrung gewesen, zum Körper wieder Kontakt aufzunehmen, durch Yoga, Tantra – und das Verständnis, das ich von Osho bekommen habe, anders als in allen Religionen, den Körper, der eigentlich »unser« Tempel ist, zu lieben. Obwohl es gilt, hier nicht haltzumachen, da wir nicht »unsere« Körper sind! … Jedoch, so empfinde ich es noch nicht. Ich identifiziere mich sehr mit dem Körper, »meine« Arbeit basiert auf dem Körper, und ich tue viel für ihn, jeden Tag – und gerate in Panik, wenn er krank ist! Dann denke ich, ich sei krank – nicht der Körper! … Und ich will definitiv die Loslösung von ihm erleben, bevor der Tod kommt … »Meine« Arbeit beruht seit etwa 30 Jahren auf diesem Konzept: Was immer im Verstand passiert, beeinflusst den Körper, und was immer wir für den Körper tun, wirkt auf den Verstand. Doch der Verstand ist für die meisten Menschen eine unbekannte Entität … Es freut mich aber zu sagen, dass ich bereits weiß, dass ich nicht der Verstand bin! 16 Ich habe Osho sagen gehört, dass der Verstand mit allen »seinen« Wünschen und Begierden in einen neuen Körper gelangen wird – während die Erinnerung an das letzte Leben verloren geht! Das heißt, dass der Verstand ohne den Körper nach dem Tode weiterexistiert! Ich habe Ihn auch sagen gehört, dass die Gedanken uns nicht »zugehören«, dass sie unaufhörlich umherschweben, sich von Verstand zu Verstand bewegen … Darum erleben wir oft, wenn wir mit jemandem lange zusammenleben, was Telepathie genannt wird: Wir denken etwas, und bevor wir auch nur ein Wort darüber gesagt haben, sagt es der andere schon im selben Augenblick! Auch unter anderen Umständen bemerke ich dasselbe Phänomen. Ich dachte vor Kurzem zum Beispiel an eine Kusine, mit der ich seit 1964 keinen Kontakt mehr hatte. Sie war die einzige weibliche Verwandte in »meinem« Alter gewesen, und wir waren Freundinnen, bis ich achtzehn Jahre alt war … Und dann plötzlich, vor ein paar Tagen, erhalte ich von ihr eine E-Mail! Sie schrieb, sie suche »ihre« Kusine – und die Kusine war ich! Ich war erstaunt! Wir telefonierten, unterhielten uns lange, sie erzählte mir, dass sie sich für Sicherheit entschieden hätte, deshalb ein Leben lang in einer Bank gearbeitet habe, von morgens um acht bis abends um fünf in einem Raum ohne Sonnenlicht, einen Mann, der nicht mit ihr sprach, heiratete, und dass sie sich nach vierzehn Jahren Ehe in einen Taxifahrer verliebte – was in Brasilien bedeutet: »Unterschicht«! Dies führte dazu, dass »ihr« Vater nicht mehr mit ihr sprach und kurz darauf an Krebs starb … Die Klassen miteinander zu vermischen bringt in Brasilien immer noch reiche Menschen um – sie lassen »ihre« Vorurteile nicht los! … Sie hat drei Kinder produziert, sieht älter aus als ich, obwohl sie jünger ist, und sagte, dass ich »ihr« Vorbild für Mut und Unabhängigkeit gewesen sei. Sie hat ohne Zweifel ein dickes Konto, eine große Wohnung in Ipanema – einer der reichsten Ecken in Rio – und wird von einem Hausmädchen umsorgt. Ich war »beschämt«, ihr mitzuteilen, dass ich fast nichts »besitze«! Sie fragte, ob ich glücklich sei. Ich sagte ihr, das wäre zu kompliziert, um mit einem Satz beantwortet zu werden, denn manchmal sei ich es, manchmal nicht, weil das Leben nicht vorhersehbar sei, aber dass das Yin und Yang des Lebens zu akzeptieren eine große 17 Herausforderung sei. Und ich fügte hinzu, dass ich, da ich das Abenteuer des Lebens liebe, es einfach lebe! … So gut wie niemand weiß genau, was das Herz ist … »Gefühle kommen nicht vom Herzen«, höre ich Osho oft sagen. Dazu beobachte ich, dass Gedanken verwandte Gefühle erzeugen und umgekehrt – dass, bedingt durch Gefühle, sogar üble Gedanken entstehen –, aber ich sehe auch, dass sie alle sofort verschwinden, verbinden wir uns mit »unserem« Herzen – einem kühlen Raum, voller Liebe … Und es geht nur darum, sich dessen bewusst zu sein! Ich nehme an, dass, wenn die Gedanken uns nicht »gehören«, dasjenige, was nach dem Tod von einem Körper zum nächsten wandert, unbefriedigte Wünsche sind, welche – komprimiert – letztlich das Ego formen … Aber anstatt mich mit diesen Dingen, die ich selbst nicht erfahren habe, zu beschäftigen, möchte ich ausschließlich von konkreten Situationen berichten, Situationen, durch die ich selbst hindurchgegangen bin. Dies ist ein praktisches Buch, das von existenziellen Themen des täglichen Lebens handelt … Osho hat mich auch zum Verständnis von etwas jenseits der Struktur »Körper-Verstand« geführt, und ich erlebe wirklich Momente der Stille – in denen ich etwas Mysteriöses spüre, das weder der Körper noch der Verstand oder das Herz ist. Manchmal dann spüre ich in diesen Momenten den Körper nicht mehr! Ich vermute, dass das der Buddha in mir ist. Und die Meditationen, die ich an dich in den Abschnitten »Für den Buddha« weitergebe, haben mich beim Erleben solcher Ebenen »unterstützt«. Sie lassen uns die Schönheit des Alleinseins und den Stillstand des Verstandes erfahren – und lösen deswegen für eine Weile das Ego auf. Zumeist kommen sie von Osho. Einige habe ich, von Ihm inspiriert, selber kreiert. Und ich habe alle praktiziert, meist mit Avinash oder in den Workshops, die ich geleitet habe – aber oft auch allein. Die Techniken sind so zu praktizieren –, wie ich Oshos Erklärungen verstehe: – Drei Wochen lang jeden Tag und, wenn »möglich«, um die gleiche Uhrzeit. Aber es ist besser, nicht um die gleiche Uhrzeit zu meditieren, als es gar nicht zu tun. Also, finde heraus, was das Beste für dich ist. 18