Mehr als nur Spielen - kita

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Mehr als nur Spielen - kita
Samstag, 5. März 2011
ZUKUNFTSMARKT MEDIZINISCHE UND SOZIALE BERUFE
Seite 33
Mehr als nur Spielen
Aufgaben für Erzieher werden immer anspruchsvoller
Die Klischees halten sich hartnäckig:
Kindergärtnerinnen spielen und basteln den ganzen Tag und bereiten sich
in ihrem Job ja doch nur auf die eigene
Mutterrolle vor. Doch das Klischee hat
nichts mit der Realität zu tun.
„Erzieherinnen arbeiten längst
nicht mehr nur noch mit Kindern, sondern fast genauso viel mit den Eltern,
müssen pädagogische Konzepte erarbeiten und vor allem gut mit Frustration umgehen können", sagt Alfons
Vaitkus, der im Rheinland Erzieherinnen ausbildet - und natürlich auch Erzieher, denn längst nicht mehr nur
Frauen wählen diesen Beruf.
Der Begriff „Kindergärtnerin" wurde schon 1966 abgeschafft, seitdem
lautet die Berufsbezeichnung „Erzieherin und Erzieher". „Die Ausbildung
ist sehr lange und intensiv", sagt der
Sozialpädagoge Vaitkus. In der Regel
dauert sie fünf Jahre - allerdings
nicht in allen Bundesländern. Da
Erzieherinnen und Erzieher an Fachoberschulen, Fachschulen für Sozialpädagogik oder Berufsfachschulen
ausgebildet werden, hat jedes Land
eine andere AusbildungsVerordnung.
Eine Vereinheitlichung ist, obwohl
immer mal wieder geplant, längst
noch nicht Realität.
Mittlerer Abschluss nötig
Wer staatlich anerkannter Erzieher
werden will, muss in vielen Bundesländern zunächst eine zweijährige Ausbildung zum Sozialassistenten (in Bayern Kinderpfleger) machen. Voraussetzung dafür ist der Realschulabschluss. „Danach kann man schon als
anerkannte Zweitkraft in sozialpädaogischen Einrichtungen arbeiten", erlärt Christa Mithöfer von den Be-
f
rufsbildenden Schulen des Landkreises Osnabrück in Meile.
Daran schließt sich in Meile eine
zweijährige Ausbildung an der Fachschule Sozialpädagogik zur staatlich
anerkannten Erzieherin an. Anderswo
dauert dieser Ausbildungsabschnitt
sogar drei Jahre. Wer Abitur hat,
kann hingegen direkt in die Fachschule einsteigen.
„Die Ausbildung ist immer noch
sehr unübersichtlich", sagt Gerd Detering vom Fachverband für Beschäftigte in Tageseinrichtungen für Kinder (FBTK). Die, Praxis komme aber
nirgendwo zu kurz. Entweder müssen
die Schülerinnen ein bis zwei Tage die
Woche in einem Kindergarten, einem
Heim oder einer Freizeiteinrichtung
arbeiten, oder sie absolvieren regelmäßig mehrwöchige Praktika. „Diese
enge Verzahnung von Theorie und Praxis ist eine große Stärke der Ausbildung", sagt Detering.
Am besten werden schon vor der
Ausbildung Erfahrungen mit Kindern
gesammelt - nicht nur beim Babysitten. „Es reicht nicht, zu sagen: Ich
mochte schon immer Kinder", sagt Anna Bordeaux, Erzieherin und Betreiberin des Internetportals www.erzieherin-online.de Und angehende Erzieherinnen müssen sich auch auf unangenehme Aufgaben vorbereiten. Zum
Beispiel müssten sie auch mal eine Toilette putzen, weil ein Kind danebengepinkelt hat, sagt Bordeaux. Auch
die körperliche Belastung sei nicht zu
unterschätzen. „Man verbringt im
Kindergarten eine Menge Zeit auf Ministühlen und in gebückter Haltung",
erklärt Bordeaux. Und Vaitkus sagt:
„Der Job ist oft extrem anstrengend
und kann auch mal langweilig sein."
Vor allem aber erfordert er viel Ein-
fühlungsvermögen und Selbstbewusstsein. „Man muss ständig seine Fachlichkeit behaupten, gegenüber den Eltern, dem Kindergartenträger und der
Öffentlichkeit", sagt Detering. Zudem
werde der Kindergarten für alles, was
später in der Entwicklung der Kinder
passiert, verantwortlich gemacht.
Die Aufstiegsmöglichkeiten als Erzieherin sind begrenzt und hängen
vom eigenen Engagement ab. „Man
muss sich ständig weiterbilden und
Zusatzqualifikationen etwa zur Beratungserzieherin oder Kindergartensupervisorin erwerben", sagt Vaitkus.
Dem kann Yvonne Pabst nur zustim-
men. Die 30-Jährige leitet in Hilden
(Nordrhein-Westfalen) einen Kindergarten. Sie hat auf Wochenendseminaren in einem Jahr die Zusatzqualifikation „Sozialfachwirtin" erworben, in
diesem Jahr steht noch eine Fortbildung zur Erziehungsberaterin an.
Geringer Verdienst
Finanziell zahlt sich das allerdings
nicht besonders aus. „Es ist ein Job,
den man aus Idealismus macht", sagt
Bordeaux. Je nach Alter und Familienstand liegt das Einstiegsgehalt bei
etwa 1300 Euro. „Eine Familie kann
man davon nicht ernähren, zumal
immer mehr Teilzeitstellen geschaffen
werden", sagt Detering.
Doch Bestätigung und Kraft holen
sich Erzieherinnen ohnehin von den
Kindern. „Es ist ein sehr dankbarer
Job", sagt Pabst - auch wenn man ab
und zu an seine Grenzen stoße und ehrgeizige Eltern das Leben schwer
machen können. „Aber diese drei
Jahre im Kindergarten sind so wichtig
im Leben der Kinder, dass es einfach
Spaß macht, sie dabei zu begleiten."
dpa/nn
@ www.erzieherin-online.de
www.bveed.de