Niedersächsischer Landtag − 15. Wahlperiode Drucksache 15/2870

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Niedersächsischer Landtag − 15. Wahlperiode Drucksache 15/2870
Drucksache 15/2870
Niedersächsischer Landtag − 15. Wahlperiode
Gesetzentwurf
Der Niedersächsische Ministerpräsident
Hannover, den 10.05.2006
Herrn
Präsidenten des Niedersächsischen Landtages
Hannover
Sehr geehrter Herr Präsident,
in der Anlage übersende ich den von der Landesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes über die Steuerakademie Niedersachsen
nebst Begründung mit der Bitte, die Beschlussfassung des Landtages herbeizuführen. Entsprechend dem Beschluss des Landtages vom 18. Juni 1997 (Drs. 13/3022) hat eine Gesetzesfolgenabschätzung stattgefunden.
Federführend ist das Finanzministerium.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Christian Wulff
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Entwurf
Gesetz
über die Steuerakademie Niedersachsen
§1
Errichtung
Es wird die Steuerakademie Niedersachsen als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen
Rechts errichtet.
§2
Aufgaben
Die Steuerakademie hat die Aufgabe,
1.
nach Maßgabe des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten
a)
die fachtheoretische Ausbildung für die Beamtinnen und Beamten der Laufbahn des
mittleren Dienstes durchzuführen,
b)
im Rahmen eines Studienganges die Fachstudien für die Beamtinnen und Beamten der
Laufbahn des gehobenen Dienstes zu gewährleisten,
c)
die Prüfungsausschüsse zu bilden, deren Mitglieder zu berufen und deren Vorsitzende
zu bestellen,
d)
die Prüfungen anzusetzen und organisatorisch zu leiten,
e)
die übrigen Entscheidungen zu treffen, für die ihr das Finanzministerium die Zuständigkeit übertragen hat,
2.
abweichend von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung über Widersprüche gegen ihre Verwaltungsakte zu entscheiden und
3.
die Beschäftigten der Steuerverwaltung fortzubilden.
§3
Lehrpersonal
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(1) Die Ausbildung nach § 2 Nr. 1 Buchst. a und b erfolgt in der Regel durch hauptamtliche
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Dozentinnen und Dozenten. Insbesondere zur Ergänzung des Lehrangebots und zur Vermittlung
von Spezialkenntnissen können nebenamtliche Dozentinnen und Dozenten eingesetzt werden.
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(2) Die Dozentinnen und Dozenten müssen
1.
pädagogisch geeignet sein,
2.
ein Hochschulstudium in einer für die zu übernehmende Tätigkeit geeigneten Fachrichtung
abgeschlossen oder die Befähigung für eine Laufbahn des gehobenen Steuerverwaltungsdienstes durch Prüfung erworben haben und
3.
eine mindestens vierjährige für die Lehraufgabe förderliche berufliche Tätigkeit ausgeübt haben, davon bei der Lehrtätigkeit in einem Steuerfach mindestens zwei Jahre in der Steuerverwaltung.
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Die hauptamtlichen Dozentinnen und Dozenten sollen zudem berufspädagogisch geschult sein.
(3) Ausnahmsweise können nebenamtliche Dozentinnen und Dozenten auch dann bestellt
werden, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nrn. 1 und 3 nicht erfüllen.
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§4
Wirkungen der Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst
(1) Wer die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst bestanden hat, ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Diplom-Finanzwirtin (Steuerakademie)“ oder „Diplom-Finanzwirt (Steuerakademie)“ zu führen.
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(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Berufsbezeichnung „Diplom2
Finanzwirtin (Steuerakademie)“ oder „Diplom-Finanzwirt (Steuerakademie)“ unberechtigt führt. Die
Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von bis zu 15 000 Euro geahndet werden.
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(3) Die Fachstudien an der Steuerakademie stehen in Verbindung mit den berufspraktischen
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Studienzeiten einem Studium an einer Fachhochschule gleich. Der erfolgreiche Abschluss der
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Laufbahnprüfung berechtigt zur Aufnahme eines Studiums in allen Fachrichtungen. Für die Zugangsberechtigung zu einem weiterführenden Studiengang im Steuerrecht an einer Hochschule
steht die Laufbahnprüfung einer Bachelorprüfung gleich.
§5
Übergangsbestimmungen
(1) Die Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege und
die Landesfinanzschule sind mit Ablauf des 31. Juli 2006 aufgelöst.
(2) Die am 31. Juli 2006 vorhandenen Fachhochschuldozentinnen und Fachhochschuldozenten an der Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege
und die bisherigen Dozentinnen und Dozenten an der Landesfinanzschule sind ab dem 1. August
2006 an die Steuerakademie versetzt.
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(3) Die am 31. Juli 2006 vorhandenen Professorinnen und Professoren an der Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, die die Laufbahnbefähigung
für den höheren Dienst haben, sind ab dem 1. August 2006 in das Amt einer Regierungsdirektorin
oder eines Regierungsdirektors übergeleitet und an die Steuerakademie versetzt, wenn sie hierzu
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bis zum 30. Juni 2006 schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben. Die am 31. Juli 2006 vorhandenen Professorinnen und Professoren an der Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für
Verwaltung und Rechtspflege, die die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Dienst haben, sind
ab dem 1. August 2006 in das Amt einer Steueroberamtsrätin oder eines Steueroberamtsrats
übergeleitet und an die Steuerakademie versetzt, wenn sie hierzu bis zum 30. Juni 2006 schriftlich
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ihr Einverständnis erklärt haben. Die nach Satz 1 oder 2 Versetzten sind berechtigt, den akademi4
schen Titel „Professorin“ oder „Professor“ weiterzuführen. Verringern sich die Dienstbezüge infolge der Überleitung nach Satz 1 oder 2, so wird eine ruhegehaltfähige Überleitungszulage in Höhe
des Unterschiedsbetrages zwischen den bisherigen und den nach der Überleitung zustehenden
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Dienstbezügen gewährt. Die Überleitungszulage nimmt an allgemeinen Besoldungsanpassungen
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teil. Sie verringert sich um jede sonstige Erhöhung der Dienstbezüge mit Ausnahme einer Erhö7
hung durch eine Änderung der Stufe des Familienzuschlages. Die Überleitungszulage darf zusammen mit anderen Dienstbezügen die Dienstbezüge nicht übersteigen, die in dem bisherigen
Amt zugestanden hätten.
(4) Die am 31. Juli 2006 vorhandenen Beschäftigten an der Landesfinanzschule und an der
Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, die nicht zu dem
Personenkreis der Absätze 2 und 3 gehören, sind ab dem 1. August 2006 an die Steuerakademie
versetzt.
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(5) Die Studierenden an der Fakultät Steuerverwaltung der Niedersächsischen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege sind ab dem 1. August 2006 Studierende an der Steuer2
akademie. Ihnen wird nach bestandener Laufbahnprüfung der Grad „Diplom-Finanzwirtin (FH)“
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oder „Diplom-Finanzwirt (FH)“ verliehen. Die Auszubildenden an der Landesfinanzschule sind ab
dem 1. August 2006 Auszubildende an der Steuerakademie.
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§6
In-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am 1. August 2006 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I.
Anlass, Ziel und Schwerpunkte des Gesetzes
Mit dem Gesetz über die Steuerakademie Niedersachsen wird im Zuständigkeitsbereich des
Finanzministeriums eine Bildungsstätte im Sinne des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes
(StBAG) in Verbindung mit § 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten
(StBAPO) eingerichtet. Sie gliedert sich als nicht rechtsfähige Anstalt in die bestehende Behördenstruktur ein. Sie ist zuständig für die Ausbildung des gehobenen und mittleren Dienstes der Steuerverwaltung und die Fortbildung in der Steuerverwaltung. Diese Aufgaben wurden bisher durch die Fakultät Steuerverwaltung der Fachhochschule für Verwaltung und
Rechtspflege (FHVR) in Rinteln, durch die Landesfinanzschule in Bad Eilsen sowie durch das
Aus- und Fortbildungsreferat der Oberfinanzdirektion Hannover wahrgenommen.
Diese Aufgaben werden nun in der neu zu schaffenden Bildungsstätte zusammengefasst.
Damit soll die bisherige horizontale Zusammenführung zugunsten einer vertikalen, fachbezogenen und laufbahnübergreifenden Zusammenführung mit der Fortbildung ersetzt werden.
Hierdurch werden deutliche Synergie-Effekte, besondere Effizienzgewinne und damit Einsparpotentiale in Bereichen der Lehre (Dozentenaustausch), der Verwaltung (Personal- und
Sachmittel) sowie auf Leitungsebene erreicht.
Gemäß § 4 StBAG i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 StBAPO finden die Fachstudien für den gehobenen Dienst der Steuerverwaltung an einer Fachhochschule der Verwaltung oder in einer
gleichstehenden Bildungsstätte statt. Es sind deshalb besondere gesetzliche Regelungen
erforderlich, die die Gleichwertigkeit der Fachstudien an der Steuerakademie mit dem Studium an einer Fachhochschule gewährleisten. Die Einhaltung des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten, die eine inhaltliche Gleichartigkeit mit einem Fachhochschulstudium gewährleisten, wird durch die Fachaufsicht sichergestellt. Die Bundeseinheitlichkeit der Ausbildung und der Prüfungen wird durch
den Koordinierungsausschuss, gebildet aus einem Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen und jeweils einem Vertreter der obersten Landesbehörden, garantiert.
II.
Wesentliche Ergebnisse der Gesetzesfolgenabschätzung
Mit der vorgesehenen Fassung können die verfolgten Ziele erreicht werden. Alternativen sind
nicht erkennbar.
III.
Auswirkung auf die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern, die Umwelt
und die Familien
Die Regelung hat hierauf keine Auswirkungen.
IV.
Auswirkung auf den ländlichen Raum und die Landesentwicklung
Durch die Verlagerung großer Teile des Aus- und Fortbildungsreferats der Oberfinanzdirektion Hannover auf die Steuerakademie Niedersachsen wird der ländliche Raum weiter gestärkt.
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V.
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Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen
Durch die Errichtung der Steuerakademie Niedersachsen können Einsparungen im Personalbereich in Höhe von 695 000 Euro und im Sachmittelbereich in Höhe von 391 000 Euro
pro Jahr erzielt werden. Dies entspricht nach dem Bericht der Unterarbeitsgruppe „Aufbauorganisation“ der Projektgruppe „Aus- und Fortbildung in der Steuerverwaltung“ ca. 28 % der
aktuellen jährlichen Kosten.
VI.
Anhörungen
Mit Schreiben vom 6. April 2006 wurde der Entwurf des Gesetzes an den Deutschen Gewerkschaftsbund - Bezirksverwaltung Niedersachsen - Bremen - Sachsen-Anhalt - und den
dbb - beamtenbund und tarifunion - Landesbund Niedersachsen übersandt.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat mit Schreiben vom 21. April 2006 mitgeteilt, dass
grundsätzlich keine Beanstandungen bestehen.
Der dbb - beamtenbund und tarifunion - hat nach mündlicher Erörterung am 25. April 2006,
welche im Niedersächsischen Finanzministerium stattfand, seine schriftliche Stellungnahme
übersandt. Danach bestehen seitens des dbb gegen die beabsichtigte Errichtung einer Steuerakademie Niedersachsen - bezogen auf die Zielvorstellung - keine Bedenken. Auch der
dbb sieht in einer engen Kooperation in der Ausbildung des mittleren und des gehobenen
Dienstes unter Einbeziehung der Fortbildung den richtigen, zukunftsfähigen Weg.
Bedenken erhebt der dbb, weil die Ausbildung für den gehobenen Dienst nach dem vorliegendem Entwurf nicht mehr mit einem Fachhochschul-Diplom nach den §§ 2 und 53 des
Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG), sondern mit einem Diplom an einer Steuerakademie endet.
Die Argumentation, durch die Einrichtung eines nicht im Niedersächsischen Hochschulgesetz
ausdrücklich geregelten Steuerakademie-Diploms würden sich der berufliche Status und die
beruflichen Chancen der Absolventen nachhaltig verschlechtern, ist nicht nachvollziehbar.
Wie sich aus der in der Anlage beigefügten Tabelle ergibt, werden die Absolventen der
Steuerakademie in Niedersachsen den Absolventen einer Fachhochschule gleichgestellt.
Bundesweit wird die Befähigung für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst nach den Vorgaben der Bundesvorschriften (§ 4 Abs. 2 Satz 2 StBAG, § 2 Abs. 2 Satz 1 StBAPO) entweder an einer Fachhochschule oder aber an einer gleichstehenden Bildungsstätte erlangt. Mit
der Steuerakademie wird eine derartige, nach der Vorstellung des Gesetzgebers vorgesehene, gleichstehende Bildungsstätte geschaffen.
Vor diesem Hintergrund werden die Bedenken des dbb nicht geteilt, die Anwendung des § 36
Abs. 1 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes stehe für Absolventen der Steuerakademie in Frage. Die systematische Auslegung gebietet vielmehr eine Anwendung aller für Fachhochschulabsolventen bestehenden Regelungen auch auf die Absolventen der Steuerakademie.
Demzufolge sind entgegen der Auffasung des dbb auch keine Nachteile für die Absolventen
der Steuerakademie aus einer möglichen Aufhebung der aktuell bestehenden bundesgesetzlichen Aussetzung der Regelung des § 23 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG)
zu befürchten. Infolge dieser Aussetzung erfolgt die Eingangsbesoldung für die Fachhochschulabsolventen des gehobenen Dienstes gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 BBesG aktuell nach der
Besoldungsgruppe A 9. Die Sonderregelung des Absatzes 2 des § 23 BBesG, der zufolge für
Fachhochschulabsolventen - ohne Beschränkung auf bestimmte Fachrichtungen - die Eingangsbesoldung nach der Besoldungsgruppe A 10 vorgesehen ist, findet infolge der genannten Aussetzung lediglich Anwendung auf Fachhochschulabsolventen des gehobenen
technischen Dienstes.
Die geschilderte Aussetzung ist seinerzeit durch Artikel IX § 3 Abs. 5 des Zweiten Gesetzes
zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom
22. Mai 1975 geregelt worden.
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Zum Zeitpunkt der Aussetzung im Jahr 1975 gab es weder in der allgemeinen Verwaltung
noch in der Steuerverwaltung eine Ausbildung für den gehobenen Dienst, die mit einem
Fachhochschul-Diplomabschluss endete. Eine Regelung zu Fachhochschulabschlüssen oder
vergleichbaren Abschlüssen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 StBAG konnte daher nicht erfolgen. Da der Fachhochschulabschluss inhaltlich dem Abschluss an einer Steuerakademie
vollwertig entspricht, ist § 23 Abs. 2 BBesG ebenfalls im Wege der systematischen Auslegung analog auch auf Absolventen der Steuerakademie anwendbar.
Im Übrigen sei angemerkt, dass weder zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch in den vergangenen Jahrzehnten Bestrebungen bestehen oder bestanden, diese Bundesregelung zur Aussetzung des § 23 Abs. 2 BBesG aufzuheben. Auch vor dem Hintergrund der angespannten
Haushaltslage ist davon auszugehen, dass diese Aussetzung langfristig bestehen bleiben
wird.
Die vom dbb vertretene Auffassung, die Übergangsregelung, der zufolge Studienanfängern
der Jahre 2004 und 2005, die ihr Studium in den Jahren 2007 und 2008 beenden werden,
nach Abschluss der akademische Grad „Diplom-Finanzwirt (FH)“ verliehen werden soll, sei
rechtswidrig, wird ebenfalls nicht geteilt. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gegenüber den Studierenden, die zum Zeitpunkt der Auflösung der Fakultät Steuerverwaltung ihr
Studium noch nicht abgeschlossen haben, gebietet eine entsprechende gesetzgeberische
Übergangslösung. Weder das Hochschulrahmengesetz noch das Niedersächsische Hochschulgesetz stehen einer solchen Übergangsregelung entgegen.
Darüber hinaus ist die Auffassung des dbb, die Weiterführung des akademischen Titels
„Professorin“ oder „Professor“ nach deren Ausscheiden aus der Hochschule und der Wiedereingliederung in die Steuerverwaltung sei problematisch, unzutreffend. Diese Regelung hat
lediglich deklaratorischen Charakter, da § 27 Abs. 6 NHG die Weiterführung des Titels ausdrücklich vorsieht. Sie wurde im Interesse der betroffenen Professorinnen und Professoren
und im Interesse der Rechtssicherheit aufgenommen.
Rechtlich nicht nachvollzogen werden kann der Einwand des dbb, für die Einrichtung einer
Steuerakademie bedürfe es einer Anstaltssatzung. Die Steuerakademie ist eine nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und kann ihre inneren Angelegenheiten durch Anstaltsordnung regeln.
Die weiteren Einwände des dbb, die sich um die konkrete inhaltliche Umsetzung des Gesetzentwurfs in die Praxis ranken (Mitbestimmungsmodalitäten, Sitz der Anstalt, Ausgestaltung
der Dienst- und Fachaufsicht), sind unberechtigt, da der geplante Organisationserlass hierzu
die erforderlichen Regelungen in rechtlich zulässiger Weise treffen wird.
B. Besonderer Teil
Zu § 1:
Die Steuerakademie ist eine Bildungsstätte im Sinne des Steuerbeamtenausbildungsgesetzes
(StBAG) in der Fassung vom 29. Oktober 1996 (BGBl. I S. 1578), zuletzt geändert durch Artikel 1
des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2715) in Verbindung mit § 2 der Ausbildungs- und
Prüfungsordnung für die Steuerbeamten (StBAPO) in der Fassung vom 29. Oktober 1996 (BGBl. I
S. 1581, 1582), geändert durch Verordnung vom 29. Juli 2002 (BGBl. I S. 2917). Gemäß § 2 Abs.
1 StBAPO findet die fachtheoretische Ausbildung für den mittleren Dienst an Landesfinanzschulen
oder vergleichbaren Bildungsstätten der Verwaltung statt. Gemäß § 2 Abs. 2 StBAPO finden die
Fachstudien für den gehobenen Dienst an Fachhochschulen der Verwaltung oder an gleichstehenden Bildungsstätten der Verwaltung statt.
Die Steuerakademie ist dem Finanzministerium unterstellt. Gemäß § 2 Abs. 2 StBAPO wird die
Dienstaufsicht über die Fachstudien für den gehobenen Dienst von der für die Finanzverwaltung
zuständigen obersten Landesbehörde (oberste Landesbehörde) oder im Einvernehmen mit ihr
ausgeübt. Die Fachaufsicht obliegt der obersten Landesbehörde. Für die fachtheoretische Ausbil-
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dung für den mittleren Dienst, die Fortbildung und die Verwaltung der Steuerakademie kann die
Dienst- und Fachaufsicht auf die Oberfinanzdirektion Hannover verlagert werden.
Die Steuerakademie hat ihren Sitz in Bad Eilsen. Lehrstandorte befinden sich in Bad Eilsen und
Rinteln.
Zu § 2:
Bei der Steuerakademie handelt es sich um eine Bildungsstätte zum Zwecke der Ausbildung der
Steuerbeamten des gehobenen und mittleren Dienstes. Insoweit sind die Vorschriften des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten
bei der inhaltlichen und methodischen Ausgestaltung des Studiums und der fachtheoretischen
Ausbildung zu beachten. Die Steuerakademie kann auch die Bediensteten der Steuerverwaltung
anderer Länder ausbilden. Die Durchführung der berufspraktischen Studien- und Ausbildungszeiten erfolgt in Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion Hannover als Ausbildungsbehörde; Ausbildungsstellen sind die Finanzämter.
Die Steuerakademie ist grundsätzlich für alle Aufgaben nach den §§ 33 bis 49 StBAPO (Prüfungen) zuständig, soweit nicht die Wahrnehmung der Aufgaben dem Prüfungsausschuss, dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses oder einem Prüfer vorbehalten ist. Die Prüfungsausschüsse
sind der Steuerakademie zugeordnet und keine eigenen Behörden. Die Steuerakademie ist Widerspruchsbehörde gemäß § 73 Abs. 1 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Die gesetzliche
Zuständigkeitsbestimmung ist aufgrund Artikel 80 Abs. 4 des Grundgesetzes möglich.
Ebenfalls ist die Steuerakademie für die Fortbildung in der Steuerverwaltung zuständig. Das Finanzministerium kann - soweit erforderlich - Teilaufgaben der Organisation und Durchführung der
Fortbildung an Dritte übertragen (Fachtagung der Fachreferate der Oberfinanzdirektion; Studieninstitut des Landes Niedersachsen etc.).
Die Einzelheiten der Aufgabenverteilung in den Bereichen der Ausbildung, der Prüfungen und der
Fortbildung zwischen der Steuerakademie und der Oberfinanzdirektion Hannover sind in einem
Organisationserlass durch das Finanzministerium zu regeln.
Zu § 3:
Das hauptamtliche Lehrpersonal kann zur Erfüllung aller Aufgaben der Steuerakademie eingesetzt
werden.
Die Einstellungsvoraussetzungen für die Dozenten an der Steuerakademie entsprechen den Mindestanforderungen des § 4 Abs. 2 StBAPO. Es werden die Voraussetzungen für den Einsatz des
nebenamtlichen Lehrpersonals geregelt. Die Anforderungen an das nebenamtliche Personal ergeben sich aus § 4 Abs. 2 Satz 3 StBAPO.
Zu § 4:
Die Fachstudien für den gehobenen Dienst an der Steuerakademie entsprechen einem Studiengang an einer internen Verwaltungsfachhochschule. Sie vermitteln die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse, die zur Erfüllung der Aufgaben in der Laufbahn des gehobenen Dienstes erforderlich sind.
Wer die Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst bestanden hat, ist berechtigt, die Berufsbezeichnung „Diplom-Finanzwirtin (Steuerakademie)“ oder „Diplom-Finanzwirt (Steuerakademie)“ zu
führen. Der erfolgreiche Abschluss der Laufbahnprüfung berechtigt zur Aufnahme eines Studiums
an einer Hochschule in allen Fachrichtungen. Die Laufbahnprüfung steht einer Bachelorprüfung im
Steuerrecht als Voraussetzung für einen weiterführenden Studiengang oder einem Masterstudiengang im Steuerrecht an einer Hochschule gleich. Die übrigen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1
NHG bleiben unberührt.
Das Fachstudium an der Steuerakademie erfüllt die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 2 des
Steuerberatungsgesetzes in der Fassung vom 4. November 1975 (BGBl. I S. 2735) zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3 599). Das Fachstudium
für den gehobenen Dienst an der Steuerakademie ist ein Hochschulstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Ausrichtung im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes.
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Die Vergleichbarkeit des Abschlusses ist im Hinblick auf die Einstellungsvoraussetzungen für das
Lehrpersonal der Steuerakademie auch gegeben. Es ist nicht erforderlich, dass die hauptberuflich
Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an sonstigen staatlichen Hochschulen gefordert werden.
Zu § 5:
Es werden Übergangsbestimmungen über die Versetzung des Personals an der Landesfinanzschule und an der Fakultät der Steuerverwaltung der FHVR an die Steuerakademie als neue
Dienststelle, die Überleitung der Professorinnen und Professoren in ein anderes statusrechtliches
Amt und die Überführung der Studierenden und Auszubildenden geregelt.
Bei den übergeleiteten Professorinnen und Professoren berührt der spätere Wechsel des funktionalen Amtes nicht die Überleitungszulage.
Zu § 6:
Diese Vorschrift regelt das In-Kraft-Treten.
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Anlage
Gegenüberstellung der Ausbildung des gehobenen Dienstes
Auswirkungen des geplanten Gesetzes über die Steuerakademie
FHVR Fakultät Steuerverwaltung
Status
Fachhochschule
Steuerakademie Niedersachsen
Kein Hochschulstatus
Bildungsstätte „sui generis“, aber:
einem Fachhochschulstudium gleichwertig iSd
§ 2 Abs. 2 StBAPO
Ausbildungsinhalt
Vorgegeben durch StBAG/StBAPO
Vorgegeben durch StBAG/StBAPO
Fachaufsicht durch MF
Einstellungsvoraussetzungen für
Dozenten
§ 4 Abs. 2 StBAPO
Nds. Hochschulrecht
§ 3 des Entwurfs,
Voraussetzungen wie in § 4 Abs. 2 StBAPO
Bei bestandener
Prüfung
Diplom-Finanzwirt (FH)
Diplom-Finanzwirt (Steuerakademie)
Akademischer Grad
Berufsbezeichnung
Wikung/
Berufsbild
Befähigung für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst
Befähigung für den gehobenen Steuerverwaltungsdienst
Befähigung zu weiterführenden Studien
Befähigung zu weiterführenden Studien in Niedersachsen, § 4 Abs. 3 des Entwurfs.
Sofern es beabsichtigt ist, dieses bundesweit
auszudehnen, ist eine Änderung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes notwendig.
Steuerberaterprüfung
Nach drei Jahren praktischer Tätigkeit
Zulassung zur Steuerberaterprüfung
(§ 36 StBerG)
(Ausgegeben am 12.05.2006)
Fachstudium ist einem Hochschulstudium
i. S. d. § 36 StBerG gleichgestellt
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