Artikel Bausubstanz - Dipl.
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Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 1 Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades durch Verfahren außerhalb der Regeln der Technik von Dipl.- Ing., Dipl.- Ing. (FH) Jürgen Weber und Virginie Schulz 1.0 Vorbemerkung Die mechanischen Verfahren zur Herstellung einer Horizontalsperre sind u.a. wegen ihrer durchgängigen Überprüfbarkeit im Einbauprozess und der zu vernachlässigenden Versagensquote als allgemein anerkannte Regel der Technik zu zählen. Die Injektionsverfahren zur nachträglichen Herstellung von Horizontalsperren weisen nach baupraktischen Erfahrungen immer noch eine hohe Versagensquote auf. Dies liegt weniger an den Wirkmechanismen der Injektionsstoffe, da diese nach standardisierten Prüfverfahren in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können. Die fast 50%ige Versagensanfälligkeit liegt in der Nichtbeachtung der tatsächlichen Randbedingungen im Einzelfall, der Überschätzung der Einsatzmöglichkeiten der Injektionsstoffe und vor allem der Nichtbeachtung der fachgerechten Ausführung der Injektionsverfahren. Die baupraktischen Ergebnisse führten zu der Einschätzung, dass diese Verfahren (egal ob mit oder ohne Druck) als anerkannte Regel der Technik einzustufen sind. Ob nach den heutigen Kenntnisstand, neuer Technologien und den erweiterten Praxiserfahrungen zumindest teilweise bei dem Injektionsverfahren von einer allgemein anerkannten Regel auszugehen ist wird demnächst in einer Bachelor-Arbeit der HTWK Leipzig überprüft. Die nachträglich hergestellten Horizontalabdichtungen mittels mechanischer Verfahren oder Injektionsverfahren sind nicht Gegenstand des Beitrages. Gleiches gilt für die Vertikalabdichtungen durch Bitumendickbeschichtungen, mineralischen Dichtungsschlämmen oder entsprechender Bitumenbahnen. Es werden nachfolgend nur physikalische und paraphysikalische Verfahren betrachtet, welche zu einer Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades führen oder führen sollen. Bild 1: Verfahren von Trogenlegung Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 2 Die vorgenommene Einstufung, Abgrenzung und Zuordnung der Verfahren der Trockenlegung (Bild 1) ist sicher nicht schlussendlich und wird sich mit der Weiterentwicklung von Erkenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bauwerksinstandsetzung verändern. Seit Bestehen sind die physikalischen Verfahren der Mauerwerkstrockenlegung sicherlich die umstrittensten Methoden bei der Sanierung von Bestandsbauten. Der Umstand hat seine Wurzeln in der Unüberschaubarkeit der Methoden, der teilweise fehlenden wissenschaftlichen Grundlagen und der ebenso vielfach fehlenden ingenieurtechnischen Nachvollziehbarkeit. Selbst die Einordnung der elektrophysikalischen Verfahren in wissenschaftlich anerkannte und nicht anerkannte Verfahren ist in der Fachliteratur und in den Veröffentlichungen der Entwickler und Vertreiber der „alternativen“ Verfahren nicht exakt abgegrenzt. Elektrophysikalische Begriffe werden unbewusst oder bewusst falsch verwendet oder „schwammig“ in der Diskussion genutzt. 2.0 Feststellung des kapillaren Durchfeuchtungsgrades (DFG) Der kapillare Durchfeuchtungsgrad gibt den prozentualen Anteil des mit Wasser gefüllten zugänglichen Porenvolumens zum Zeitpunkt der Entnahme der Materialprobe aus dem Bauteil an. Das heißt, es wird das Verhältnis zwischen dem mit Wasser gefüllten und dem mit Luft gefüllten Porenvolumen in Prozent angegeben. Der Durchfeuchtungsgrad ist ein wesentlicher Wert zur Festlegung des anwendbaren Verfahrens für die nachträgliche Horizontalabdichtung und der Einschätzung des Versagensrisikos der möglichen Varianten. Zugleich kann durch den Wert das zu verwendende Injektionsmittel bestimmt werden, wenn ein Injektionsverfahren geplant wird. Ohne die Bestimmung des Durchfeuchtungsgrades ist eine fachgerechte Planung der nachträglichen Horizontalabdichtung im Injektionsverfahren zweifelsfrei nicht möglich. u DFG m 100 umax DFG = Durchfeuchtungsgrad in % um = Wassergehalt in Masse- % bei Materialentnahme am Objekt umax = maximale Wasseraufnahme in Masse- % Für die baupraktische Bewertung des Durchfeuchtungsgrades mit dem Ziel der Festlegung von Verfahren der nachträglichen Horizontalabdichtung kann folgende Einstufung gelten: < 20 % vernachlässigbarer DFG 20 % bis 40 % geringer DFG 40 % bis 60 % mittlerer bis hoher DFG 60 % bis 75 % sehr hoher DFG > 75 % extremer DFG 3.0 Lüftungsgräben und Lüftungskanäle Die einfachste Form einen Feuchteeintrag ins Mauerwerk zu verringern, ist die erdberührte Fläche der Außenwände zu verkleinern. Dies geschieht durch die zumindest teilweise Freilegung der Wände mittels eines Grabensystems. In früheren Jahren wurden Gräben oder Kanäle daher an den Außenseiten angeordnet, um das Ziel der Trockenhaltung bzw. Austrocknung der Mauerwerkswände durch Luftumspülung und der daraus resultierenden Verdunstung zu erreichen. Durch die Thermik wird eine Luftumspülung im oberflächennahen unteren Wandbereich hervorgerufen, welcher die Trockenhaltung der oberen Mauerwerksschichten bewirken kann. Zumindest ist die Angriffsfläche des im Erdreich befindlichen Wassers auf die freigelegte Außenwand verkleinert. Ein Lüftungsgraben ist gegenüber einem Lüftungskanal oberseitig offen, wodurch ein intensiver Luftaustausch im Graben stattfindet. Der Luftaustausch erfolgt mittels Konvektion. Dem Vorteil, dass über die gesamte Querschnittsfläche des Grabens Luft zirkulieren kann, steht der Nachteil gegenüber, dass Regenwasser ungehindert an das Mauerwerk gelangt. Durch konstruktive Maßnahmen eines geplanten und schnellen Abfluss des Wassers in der Grabensohle kann der negative Effekt nur abgemildert werden. Zudem ist der Wartungsaufwand von den Oberflächen der feuchtebelasteten Außenwände und der Lüftungsgräben nicht unerheblich. Die theoretisch physikalische Möglichkeit der Lüftungsgräben ist unter heutigen Bedingungen maximal im Einzelfall unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, sofern dies die örtlichen Verhältnisse zulassen und die Baubeteiligten ausdrücklich wünschen. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 3 In der weitläufigen Praxis dürfte die Variante nicht einsetzbar sein, da die Außenanlagen nicht bis zum Objekt problemlos herangeführt werden können, ständige Oberflächenschädigungen an der Außenwand zu erwarten sind und die Frostfreiheit im Gründungsbereich der Außenwände eingehalten werden muss. Die Lüftungskanäle vor einer Außenwand sind gegenüber den Gräben oberseitig fast vollständig abgedeckt. Sie besitzen überwiegend nur relativ kleine Öffnungen. Über diese Zu- und Abluftöffnungen soll der Luftwechsel abgesichert Bild 2: Skizzierter Schnitt eines Lüftungsgrabens werden. Allein durch die Lage zur Hauptwindrichtung, unter Beachtung der Gebäudegeometrie sowie der Beschaffenheit und Anordnung der Kanalöffnungen, wird die Größenordnung des Luftaustausches im Kanal wesentlich beeinflusst. Praktisch ist eine Absicherung der theoretisch notwendigen Luftwechselrate im Kanal nicht möglich. Die Gefahr der Erreichung der Sättigungsfeuchte der Kanalluft ist somit immer gegeben, was im schlimmsten Falle zu einer Befeuchtung der Außenwände führen kann. Das System könnte zwar durch den Einsatz einer Zwangslüftung des Kanals effizienter und weniger störanfälliger erstellt werden. Jedoch stehen die erheblichen Einbau-, Wartungs- und Energiekosten dem verbreiterten Einsatz der Lüftungskanäle entgegen. Bild 3: Lüftungsgraben um eine Kirche Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 4 Die Feuchtesituation im Mauerwerk kann durch den Einsatz der Gräben und Lüftungskanäle im erdberührten Mauerwerksbereich kurz- bzw. mittelfristig verbessert werden. Dies ist aber dadurch begründet, dass durch den Graben bzw. Kanal eine Trennung der ansonsten erdberührten Wand zum Erdreich erfolgt. Diese örtliche Gegebenheit erfüllt eine Vertikalabdichtung ebenso, allerdings mit einem weit geringeren Aufwand. Bild 4: Skizzierter Schnitt von Lüftungskanälen vor oder in der Außenwand Als dauerwirksame Trockenlegungsmaßnahme sind die Gräben und Kanäle vor oder in der Außenwand nicht anzusehen. Daher sind Lüftungsgräben nur im Einzelfall und Lüftungskanäle vor den Außenwänden bzw. als Hohlkammern im Mauerwerk nicht in die Planung und Ausführung von Sanierungsleistungen bei Bestandsbauten mit einzubeziehen. Die Erfahrungen der letzten 40 Jahre lassen keine andere Schlussfolgerung zu. 4.0 Lüftungszylinder und -röhrchen Die Theorie der Entlüftungsverfahren in Bezug auf Gräben und Belüftungskanäle wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Varianten weiter entwickelt. Grundsätzlich hat man meist schräg nach oben geneigte Öffnungen in verschiedenen Abständen im zu entfeuchtenden Mauerwerk hergestellt, in die dann Röhrchen oder Tonzylinder eingelassen wurden. Zum überwiegenden Teil waren die Öffnungs- bzw. Bohrlochabstände auf ca. 50 cm festgelegt. Man war der Meinung, dass in den Zylindern eine Luftumwälzung erfolgte, welche zu einer Entfeuchtung des Mauerwerkes führte. Die in dem eingelassenen Zylinder umgebende Feuchtigkeit im Mauerwerk soll durch die Zylinderwand „aufgesaugt“ und an die Innenoberfläche transportiert werden. An der inneren Zylinderwandung sollte das Wasser in die vorbeiströmende Luft verdunsten und durch die weitere Luftbewegung im Tonrohr nach Außen befördert werden. Bei dieser Theorie wurde davon ausgegangen, dass trockene Luft oberhalb des Rohres einströmt und die mit Wasserdampf belastete „schwere“ Luft in der unteren Hälfte des Rohres wieder abströmt. Damit sollte eine Abtrocknung des Mauerwerkes erzielt werden. Bild 5: abgedeckter Lüftungskanal Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 5 Eine gewisse positive Anfangswirkung auf die Feuchtesituation war dabei offensichtlich erzielt wurden, wobei durch „Versinterung“ der Tonrohre der Funktionszeitraum recht begrenzt war. Durch die gewollten Ansaugeffekte des Tonrohres wurde zwangsläufig auch salzbelastetes Wasser aus dem Mauerwerk an die Innenwandung des Rohres transportiert, woraus eine Salzanreicherung in diesem Bereich erfolgt. Die sich ausbildenden hygroskopischen Erscheinungen im Rohr führten dann zwangsläufig zu einer Befeuchtung der Wandbereiche und somit zum Versagen des Verfahrens. Das Entfeuchtungssystem hat sich auf Grund der sich tatsächlich einstellenden bauphysikalischen und bauchemischen Gegebenheiten nicht weiter empfohlen, wobei auch der erhebliche Eingriff ins Mauerwerk und die umfangreichen Bauschäden durch das „Entfeuchtungssystem“ seinen Teil dazu beigetragen hat. Bild 7a: Öffnungen von Lüftungsröhrchen Schlussendlich haben sich die Verfahren der Entfeuchtung mittels eingesetzter Zylinder und Röhrchen nicht bewährt. Die tatsächlich baupraktisch sich einstellenden physikalischen Gegebenheiten weichen von der vermuteten Theorie zu sehr ab. Bereits Braun und Wieden stellten die Wirkungslosigkeit der „Trockenlegungsverfahren“ 1970 bzw. 1982 fest. Bild 7b Öffnungen von Lüftungsröhrchen Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 6 5.0 Thermische Verfahren Die sogenannten thermischen Verfahren zur Mauerwerkstrockenlegung sind bezüglich des „Glaubenskrieges“ und der damit verbundenen konträren Fachdiskussion mit den elektroosmotischen Verfahren fast gleichzusetzen. Der dahinterstehende Gedanke bei der thermischen Trockenlegung ist der, dass mittels eines ständigen Wärmeeintrages in den Querschnitt einer feuchtebelasteten Wand diese austrocknet. Durch die Erwärmung soll die Verdunstung an der Wandoberfläche derart erhöht werden, dass die Verdunstungsmenge, bezogen auf Fläche und Zeit, größer als der „nachfolgende“ kapillare Wassertransport ist. Daraus resultiert theoretisch der reduzierte Feuchtegehalt im Wandquerschnitt. Bild 8: Prinzipskizze einer heutigen Sockelheizung Bild 9: Prinzipskizze aus Patent von Leser 1912 Als Wärmeerzeuger kann zum einen eine elektrische Heizleitung oder eine Warmwasserheizung mit kleinen Wärmetauschern in die Wand eingebaut werden. Die Heizkabel oder Heizungsrohre werden heute zum überwiegenden Teil raumseitig im Sockelbereich in die Wand eingeputzt bzw. teilweise unmittelbar an der Wandfläche platziert. In der heutigen Zeit ist Energie nicht nur aus Kosten- oder persönlichen Gründen einzusparen, sondern es ist auch die technische und gesellschaftliche Zielstellung der Energieeinsparung zu berücksichtigen. Es ist sicher wenig sinnvoll, wenn zum einen eine Energieeinsparverordnung bei der Planung und Ausführung von Bauvorhaben strikt einzuhalten ist und zum anderen eine „Energieschleuder“ als Bauweise für Trockenlegungsmaßnahmen herangezogen wird. Eine Planung von thermischen Verfahren ist mit Blick auf die erforderliche Einhaltung der Nachhaltigkeit von Baumaßnahmen aus folgenden Gründen abzulehnen: 1. Nebenwirkungen, wie Erhöhung der hygroskopischen Eigenschaften des Wandbereiches durch Salzanlagerungen 2. Bei Funktionsausfall entsteht wieder ein ungehinderter Wassertransporte im Bauteil 3. Das Verfahren ist ein ständiger und intensiver Energieverschwender 6.0 Elektrophysikalische Verfahren Die elektrophysikalischen Verfahren sind über Jahrzehnte mehr praxisorientiert als durch wissenschaftlich anerkannte Theorien begründbar entwickelt worden. Grundsätzlich kann eine grobe Unterteilung aus dem wissenschaftlichen Anspruch und den neutral belegbaren baupraktischen Erfahrungen erfolgen in – theoretisch und nach wissenschaftlicher Lehrmeinung anerkannte elektrophysikalische Verfahren und in – wissenschaftlich noch nicht erforschten sowie außerhalb der Lehrmeinung stehenden physikalischen Entfeuchtungsverfahren. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 7 Diese scharf abzugrenzenden Teilgebiete haben keine auch nur näherungsweise physikalischen Gemeinsamkeiten bis zum heutigen Tag. Wird diese strikt notwendige Trennung nicht vorgenommen, riskiert man die gesamten eventuell möglichen elektrophysikalischen Varianten der Mauerwerksentfeuchtung global als unwirksam zu verwerfen. Nach dem heutigen theoretischen Kenntnisstand und mit Blick auf die Erfahrung aus der Baupraxis ist nachfolgende Einteilung der auf dem Markt befindlichen Geräte und Anlagen vorzunehmen: – Elektroosmotische (aktive) Anlagen auf Grundlage angelegter Spannungen (nach erforschten und anerkannten Prinzipien der Physik), – Elektroosmotische (passive) Anlagen auf der Grundlage von „Kurzschließen“ vorhandener Potenziale im Mauerwerk (nach erforschten und anerkannten Prinzipien der Physik), – In Anlehnung der Wirkprinzipien von der Elektroosmose (aktive) Anlagen mit gering angelegter Spannung zur Beeinflussung des Mauerwerkspotenzials – Anlagen zur Ausstrahlung in der Physik anerkannter Wellen, wo jedoch die Wirkprinzipien theoretisch (noch) nicht nachgewiesen bzw. allgemeingültig bestätigt sind und – Anlagen und Geräte die von der Lehrmeinung der Physik nicht anerkannte imaginäre Wellen, Erdstrahlen und Wirbel zur Entfeuchtung benutzen bzw. ausnutzen Dass Anlagetypen mit dem bekannten elektrophysikalischen Wirkprinzipien wissenschaftlich anerkannt sind, sagt noch nichts über die tatsächliche Wirksamkeit bzw. Einsetzbarkeit im Rahmen der Mauerwerksentfeuchtung im Bauwesen aus. Die notwendigen Randbedingungen des Einsatzes derartiger Anlagen sind noch weitestgehend unbekannt. Sie haben aber zumindest den Vorteil auf der Grundlage von Naturgesetzen erklärbar zu sein. Eine theoretische Auseinandersetzung und praktische Bearbeitung anstehender Probleme auf der Basis wissenschaftlicher Terminologie ist dadurch möglich. 6.1 Elektrophysikalische Verfahren auf wissenschaftlicher Basis Die physikalischen Verfahren auf dem Grundprinzip der Elektroosmose nach Prof. Reuss sind in der Bauwerksentfeuchtung hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten noch nicht ausreichend erprobt bzw. erforscht und sorgen immer wieder zu konträren wissenschaftlichen Diskussionen. Trotzdem sind die theoretischen Grundprinzipien anerkannt und gehören seit 1809 zur Lehrmeinung der Physik. Bild 10: Prinzipskizze der passiven Elektroosmose Das passive Verfahren wurde hauptsächlich in der ehemaligen DDR in den 70iger Jahre entwickelt und bereits in den 90iger Jahren wegen ihrer nicht dauerhaften Funktion wieder verworfen. Die entstehende, anfänglich vielfach bestätigte Abtrocknung des Mauerwerkes war nur kurzzeitig aufrecht zu erhalten. Über einen größeren Zeitraum funktionierende Anlagen sind in den letzten Jahrzehnten unbekannt. Nur bei neuen Sanierungsvorhaben sind vereinzelt zerstörte und unbrauchbare Anlagen anzutreffen. Bild 11: Verrosteter Funktionslosigkeit Eisenstab führt zur Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 8 Die Anlagen und Konstruktionen der Mauerwerksentfeuchtung auf der Grundlage der passiven Elektroosmose sind nicht zum Stand der Bautechnik zu zählen, da baupraktisch die Funktionstüchtigkeit nur kurzzeitig und ohne signifikante Wirkung ist. Eine theoretische und praxisorientierte Weiterentwicklung derartiger Anlagen erfolgt auf Grund der vermuteten geringen Erfolgsaussichten nicht. Die aktive Elektroosmose ist im Gegensatz zur passiven Elektroosmose grundsätzlich gekennzeichnet durch das Anlegen einer elektrischen Fremdspannung von ca. 1 bis max. 60 V am Mauerwerk mittels eines Elektrodensystems. Diese Anlagen basieren zweifelsfrei auf einer wissenschaftlich theoretische Lehrmeinung der anerkannten Physik. Die Grundidee bei dem elektroosmotischen Verfahren besteht darin, dass das im Mauerwerk befindliche Kapillarwasser durch das Anlegen einer bestimmten Bild 12: Prinzipskizze der aktiven Elektroosmose Fremdspannung künstlich zu einer Bewegung in Richtung Kathode gezwungen wird. Daher ist im oberen Wandbereich eine Anode und im unteren Wandbereich oder direkt im Erdreich eine entsprechende Kathode eingebaut. Allerdings ist die Versagensquote der Anlagen mit dem aktiven elektroosmotischem Wirkprinzip in der Praxis noch erheblich. Die Ursachen sind bisher nicht allgemeinverbindlich abgeklärt. Ein verallgemeinernder Erkenntnisstand über die Einsatzmöglichkeiten und deren Randbedingungen, welcher auf jeden Einzelfall zutrifft, ist noch nicht vorhanden. Die derzeit mögliche Absenkung des Durchfeuchtungsgrades in einem porösen Mauerwerk beim Einsatz von aktiven elektroosmotischen Anlagen beträgt ca.40–50 %. Eine ausreichende Absenkung des Feuchtegehaltes im Mauerwerk im Sinne der Mauerwerkstrockenlegung ist damit nicht erreicht. Das Sanierungsziel für eine hochwertige Nutzung von <20 % Durchfeuchtungsgrad (DFG) kann nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und baupraktischen Erfahrungen nicht erreicht werden. Allerdings kann die Absenkung des Feuchtegehaltes bei Mauerwerk mit einem sehr hohen bis extremen Durchfeuchtungsgrad von >60% bis auf 40-50% bei geringwertig genutzten Räumen im Einzelfall schon ausreichend sein. Bei entsprechenden Sanierungszielen können noch durch flankierende Maßnahmen (z.Beispiel Sanierputz, Zwangsentlüftung usw.) die Nutzungsmöglichkeiten der betreffenden Räume erhöht werden. Nach Aussage von Herstellern wurden neue Anlagen entwickelt und auf den Markt gebracht, welche das elektroosmotische Wirkprinzip beachten aber die Theorie nicht konsequent umsetzen Eine Veränderung des Mauerwerkspotenzials soll durch die Anlagen erreicht werden. Eine auf Basis der physikalischen Lehrmeinung technisch eindeutig nachvollziehbare Funktionsweise können die Entwickler noch nicht liefern. Ob durch diese Anlagen eine signifikante Feuchtereduzierung im Mauerwerk überhaupt stattfindet und eventuell ein Durchfeuchtungsgrad von <40% erreicht werden kann bleibt abzuwarten. Hier ist noch eine intensive Forschung und Entwicklung notwendig, welche aber bisher nur punktuell oder gar nicht erfolgt. Zu der unbefriedigenden wissenschaftlichen Überprüfung von im Handel befindlichen elektophysikalischen Anlagen gesellt sich die Tatsache hinzu, dass die Porengeometrie im Mauerwerk von Ziegel zu Ziegel und von Mörtelfuge zu Mörtelfuge erheblich abweichen kann. Ein weiteres Problem zuzüglich der Porengeometrie, der zu berücksichtigenden Salzbelastung im Mauerwerk und dem notwendig vorhandenen Durchfeuchtungsgrad in den Kapillaren ist das von der Polarität der Doppelschicht abhängige Zeta-Potenzial. Diese unterschiedlichen Materialeigenschaften wären unter anderem eine mögliche Erklärung, warum Entfeuchtungsanlagen an einem Objekt in gewissem Umfang funktionieren und bei gleichem Aufbau der Anlage an anderen Objekten keine Reduzierung der Mauerwerksfeuchte verursachen. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Porosität des Baustoffes und des elektroosmotischen Wassertransportes kann allerdings als nachgewiesen gelten. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 9 Vor der Entscheidung, eine elektrophysikalische Anlage zu planen und einzubauen, ist der Bauherr über - die Übereinstimmung der geplanten Nutzung mit den erreichbaren Durchfeuchtungsgrad von max. 40-50%, die derzeit noch hohe Ausfallquote und den zu berücksichtigenden hohen Wartungsaufwand von solchen Anlagen zu unterrichten. Bild 13: Zerstörung des Mörtels um die Elektroden im Mauerwerk Die Wartungskosten sind grob einzuschätzen und bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsanalyse zu beachten. So werden unter anderem Nacharbeiten an der Einbettung der Elektroden in das Mauerwerk nicht ausbleiben. Um grundsätzlich die Funktionstüchtigkeit der Anlagen abzusichern sind nur spezialisierte Sachkundige mit der Planung und ausgewiesene Fachfirmen mit dem Einbau zu beauftragen. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 10 6.2 Paraphysikalische Verfahren Die außerhalb der physikalischen Lehrmeinung propagierten Entfeuchtungsverfahren auf der Basis hertzischer Wellen, sowie unerforschter Erdstrahlen, Skalarwellen und Wirbelpotenzialen u.s.w. sind nicht nur äußerst umstritten, sondern Bild 14: Prinipskizze der Entfeuchtungsanlage außerhalb der derzeitigen Lehrmeinung werden bisher von Bauphysikern aus Hoch- und Fachschulen als untauglich verworfen. Selbst die ernsthaften Befürworter der Verfahren können derzeit keine, einem wissenschaftlichen Maßstab standhaltende, allgemeingültige Theorie der Wirkprinzipien vorlegen. Es wird nur immer auf die positiven Praxiserfahrungen hingewiesen, die jedoch von neutralen Wissenschaftlern und Sachverständigen bisher nicht reproduzierbar sind. Wohl aus diesem Grund werden die Geräte und Anlagen überwiegend in der Bausanierung als „Zauberkästchen“ bezeichnet. Für den in der Bauphysik ohnehin nicht anerkannten Teilbereich der praktizierenden Mauerwerksentfeuchtung kommt erschwerend hinzu, dass zum einen nicht wissenschaftlich ausgebildete und selbsternannte Sachkundige völlig abwegige Theorien als erforscht hinstellen, wo keinerlei wissenschaftliche Vorarbeit betrieben wurde. Zum anderen wird von den Befürwortern (meistens Hersteller und Vertreiber) die elektroosmotische Theorie aus der anerkannten physikalischen Lehrmeinung herausgegriffen und missbräuchlich für Erklärungsversuche gegenüber Laien mit Kaufinteresse benutzt. Als Beispiel sei hier die „drahtlose Elektroosmose“ genannt, wo jedem Interessierten bereits beim Nachlesen der Definition „Elektroosmose“ die Unvereinbarkeit des propagierten Wirkprinzips und der theoretischen Grundlage deutlich wird. Eine „drahtlose Elektroosmose“ gibt es nicht, da bei diesen Geräten die aufzubauenden elektrischen Felder im Mauerwerk nicht über eingebaute Elektroden mittels einer Fremdspannung erzeugt werden. Die mit Antennen ausgestatteten Geräte sollen verschiedenartige elektromagnetische Einwirkungen auf das Mauerwerk erzielen, was dem Grunde nach nicht der eigentlichen Elektroosmose entspricht. Diese an die Bauphysik anlehnungsbedürftige Wortwahl ist ein Beweis dafür, dass es an konkreter wissenschaftlicher Begriffsbestimmung vielfach fehlt. Erklärbar wird die beklagenswerte Tatsache dadurch, dass es sich vor allem bei den Veröffentlichungen über die Gebiete der Entfeuchtungstechnik mit imaginären Strahlen, um überwiegend wissenschaftlich unerfahrene Autoren handelt. Diese sind von dem Vorhandensein der Strahlen und Wirbel so überzeugt, dass sie jede, auch nur halbwegs erklärbare Theorie sofort ausgeschmückt übernehmen. Die „innovativen“ Wirkprinzipien der Beeinflussung der Mauerwerksfeuchtigkeit durch magnetokinetische oder unbekannter Wellen, Wirbel und Erdstrahlen sind nicht wissenschaftlich belegt und besitzen derzeit maximal den Stand der Grundlagenforschung. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 11 Die derzeit im Handel befindlichen „Entfeuchtungsgeräte“ mit paraphysikalischem Hintergrund werden nach jetzigen Kenntnis- und Erfahrungsstand in passive und aktive Geräte eingestuft. Die Untergliederung ist nur aus dem Fehlen einer realen Zuordnungsmöglichkeit nach allgemein anerkannter Wirksamkeit entstanden. Bei dem derzeitig unbefriedigenden Forschungs- und Wissensstand kann die Einschätzung zwischen „wirksamen“ und „unwirksamen“ Geräten nicht schlussendlich erfolgen. Hierzu müssten Ergebnisse von derzeit noch nicht begonnenen aber notwendigen Untersuchungen im Labor und an Bestandsobjekten abgewartet werden. Unter passiven Geräten werden all jene Geräte verstanden, welche vermutete Erdstrahlen, unbewiesene Wirbel oder gravomagnetische bzw. gravokinetische Strahlen laut Herstellerangaben ablenken, umlenken oder neutralisieren sollen. Dadurch wird eine entsprechende Beeinflussung jener Kräfte versprochen, die zur Mauerwerksentfeuchtung beitragen. Die Erklärungsversuche der jeweiligen Anbieter sind stellenweise recht mystisch und grundsätzlich ohne wissenschaftlich anerkannten Hintergrund. Die Veröffentlichungen sind vielfach von laienhafter Vorstellung über naturwissenschaftliche Vorgänge geprägt. Bild 15: Innenleben eines früheren passiven Gerätes „Terrakosmat“, mit Gips gefüllter Holzzylinder, gehalten durch 4 Fahrradspeichen Bild 16: Innenleben eines heutigen passiven Gerätes 2x3 spiralförmig angeordneten Antennen von ca. 30 cm Länge, in der Mitte verbunden Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 12 Anerkannte Bauphysiker aus dem Bereich der Bauinstandsetzung verwerfen bisher grundsätzlich alle Ansätze der möglichen Mauerwerksentfeuchtung mittels Erdstrahlen, Wirbelpotentialen, des Gravomagnetismus und der so genannten Magnetokinese. Die aktiven Geräte grenzen sich von den passiven Geräten dadurch ab, dass sie gepulste und ungepulste Wellen in verschiedenen Frequenzen erzeugen und ausstrahlen, die eine Entfeuchtung im Bestandsmauerwerk verursachen sollen. Durch die Einwirkung von elektromagnetischen Wellen mit herstellerspezifisch ausgewählten Frequenzen auf durchfeuchtetes Mauerwerk wird eine Veränderung der Transportrichtung der Wassermoleküle zum Erdreich hin versucht. Diese gewollte „Abwärtsbewegung“ der Wassermoleküle in Verbindung mit Diffusionsvorgängen soll letztendlich den Effekt der Mauerwerksentfeuchtung bewirken. Bild 17: Entfeuchtungsgerät strahlt Signale über eine Antenne aus, die eine Wechselwirkung mit dem Wasser im Mauerwerk eingehen soll. Bild 18: Innenleben eines heutigen aktiven Gerätes Ob und wie durch elektromagnetische Wellen Einfluss auf die Kapillarkräfte auszuüben ist, muss noch wissenschaftlich erforscht werden. Wellen besitzen die Eigenschaft, dass bei dem Auftreffen auf einen Körper ein Teil absorbiert und ein Teil reflektiert wird. Der absorbierte Teil der Wellen wird rein theoretisch zu einer Erwärmung des Körpers und einer Anregung zu Resonanzschwingungen von Wassermolekülen führen. Welche Auswirkungen dies auf die Entfeuchtung tatsächlich hat ist wissenschaftlich nicht belegt. Die Theorie einzelner „Freizeitforscher“ mittels eines äußerst schwachen elektrischen oder elektromagnetischen Feldes Transportmechanismen infolge der Dipoleigenschaften der Wassermoleküle zu aktivieren, ist bei den bekannten Geräten erfolglos. Keines der eingebauten Geräte, wo eigene Untersuchungen durchgeführt worden, zeigten eine messbare Wirkung. In den untersuchten Gebäuden, wo die Geräte eingebaut waren, erfolgten vor oder im Zeitraum der Betriebsdauer meistens zusätzliche Maßnahmen, welche den Feuchtehaushalt im Mauerwerk auch ohne ein derartiges Gerät beeinflussen. Hierzu zählen u.a.: – Nutzungsänderung der betreffenden Räume – Verändertes Heizungs- und Lüftungsverhalten – Entfernung des vorhandenen Wandputzes – Herstellung von Wandputz mit einem Sanierputzsystem – Sanierung von Entwässerungs- u. Grundleitungen – Veränderte hydrologische Verhältnisse auf dem Grundstück Bezüglich der paraphysikalischen Verfahren ist unter Beachtung der Trennung zwischen aktiven und passiven Verfahren davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren kaum ein Durchbruch in der Erforschung der Phänomene und der Entwicklung praxisgerechter Anlagen erfolgen wird. Hierbei haben die aktiven Verfahren noch die größeren Erfolgsaussichten, da zumindest vertretbare physikalische Ansätze teilweise vorhanden sind. Bei einem Gerät zur Entfeuchtung von Mauerwerk mittels elektromagnetischer Wellen Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 13 hat der „TÜV Rheinland“ [8] eine festgestellte Feuchtereduzierung bereits einmal attestiert. Bei eigenen Untersuchungen von verschiedenen Entfeuchtungsgeräten konnte hingegen eine Reduzierung der Mauerwerksfeuchte nicht festgestellt werden. Die weitere Entwicklung sollte daher mit kritischem Blick abgewartet werden. Bild 19: Gerät mit Zertifikat des Nachweises der Feuchtereduzierung vom „TÜV“ Bei den passiven Verfahren bleibt zu vermuten, dass in den nächsten Jahrzehnten kein entscheidender Durchbruch hinsichtlich Vorstellung einer nachvollziehbaren theoretischen Wirkungsweise der Geräte zu erwarten ist. Schlussendlich sind die heutigen auf dem Markt befindlichen Anlagen und Geräte mit paraphysikalischen Wirkprinzipien für Entfeuchtungsmaßnahmen in der Bauinstandsetzung nicht zu empfehlen. Erfolgsaussichten bei diesen Verfahren sind nicht gegeben, wenn man die eigenen neutralen Untersuchungen an verschiedenen Objekten als Bewertungsgrundlage heranzieht 6.3 Kontrolle und Dokumentation Die elektrophysikalischen Anlagen auf der Grundlage der Elektroosmose werden selbst in öffentlichen Gebäuden eingebaut, obwohl sie bis heute nicht zu den Regeln der Technik gezählt werden können. Sie sind zum Stand der Wissenschaft zu zählen und dürften somit nach den Vertragsbedingungen der VOB in diese Gebäude überhaupt nicht geplant und eingebaut werden. Da sie aber nun einmal in einem gewissen Umfang in Privathäusern und öffentlichen Gebäuden als Trockenlegungsmaßnahmen berücksichtigt werden, sollte zumindest eine ständigen Kontrolle und Dokumentation beim Einbau erfolgen. Dann hat man die Möglichkeit der Nachverfolgung, wenn es zu Schwierigkeiten kommt oder Probleme auftreten. Die Verwendung des Formblattes in der Anlage A der ÖNorm 3355, Teil 2, ist für eine ausreichende Dokumentation der Bauleistung sinnvoll. und sie sollte spätestens zur Bauabnahme vom Ersteller der Anlage dem Auftraggeber übergeben werden. In der Dokumentation sollte mindestens enthalten sein: - Allgemeine Angaben (Auftraggeber, Auftragnehmer, Angaben zum Objekt und der Konstruktionen usw.) - Fachbauleitererklärung, dass die geplante Anlage dem elektrophysikalischen Verfahren aus der ÖNorm 3355 entspricht - Sanierungsplanung (Materialeinsatz, Montageplan, Funktionsplan usw.) - Bauausführungsunterlagen (notwendige flankierende Maßnahmen, Lage der Elektroden, elektrotechnische Daten nach Einschalten der Anlage) - Wartungsplan (Zeitintervalle der Funktionsprüfung, Art und Umfang) Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 14 Mit der Übergabe der Baufachleitererklärung ist abgesichert, dass tatsächlich eine Anlage geplant und eingebaut ist, die in der ÖNorm 3355 auch berücksichtigt wurde. Zur Absicherung einer ausreichenden fachlichen Kontrolle in der Planung und Ausführung sollte das Formblatt vom Anhang B nach ÖNorm 3355, Teil 2, berücksichtigt werden. Es ist aber eine umfangreichere Kontrolle, als in der ÖNorm 3355 empfohlen, sinnvoll. Bereich Vorlage prüfbarer Unterlagen (Mauerwerksdiagnostik, Sanierungskonzept, Montagepläne, Untersuchungen der Nutzungsdauer der Materialien usw. ) Vorbereitungsphase (hinsichtlich der gelieferten Baustoffe sind Lieferscheine, Materialproben usw. zu verlangen) empfohlene Kontrollen - Herstellungsphase - Nacharbeiten am System - Nutzungszeitraum - Prüfung des Sanierungskonzeptes Prüfung des Inhaltes der Baufachleitererklärung bezüglich des Wirkprinzips Plan der Elektrodenverteilung Plan zur vorgesehenen Leitungsführung Gesamtstromaufnahme der Anlage Kontrolle des gelieferten Elektrodenmaterials Kontrolle der Untergrundvorbereitung im Bereich der Elektrodenapplikation Prüfung geplanter flankierender Maßnahmen Kontrolle der Montageprotokolle zu den elektrischen Anlageteilen Überprüfung der Gesamtstromaufnahme (evtl. Teilabschnitte) Lokale Überprüfung der Potentialwirkung (möglichst an jedem Bauteil) Kontrolle der sachgemäßen Elektroden- und Leitungseinbettung Kontrolle der sachgemäßen Anbindung an Anschlussabdichtungen Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Anlage in vorbestimmten Intervallen Tabelle 1: Empfohlene Kontrollen in Anlehnung an die ÖNorm 3355, Anhang B Mit diesen Maßnahmen ist zumindest eine Mindestsicherheit, dass eine funktionstüchtige Anlage auf Basis der elektrokinetischen Vorgänge eingebaut wurde, gegeben. Die Durchführung der Kontrollen sowie Erstellung der Dokumente ist jedoch grundsätzlich in einem Vertrag zu vereinbaren. 6.4 Nachweis der Wirksamkeit Alle Trockenlegungsmaßnahmen (siehe Bild 1) haben ein Versagensrisiko. Die Höhe ist bei den einzelnen Verfahren unterschiedlich. Obwohl die Risiken bei den mechanischen und um ein vielfaches höher auch bei den Injektionsverfahren vorhanden sind, ist die Versagensquote bei den elektrophysikalischen Verfahren nicht mit den beiden Verfahren zu vergleichen. Sie liegt noch erheblich höher als bei den Injektionsverfahren. Insofern sollte gerade bei diesen Verfahren der Nachweis der Wirksamkeit gefordert und durchgeführt werden. Die einzige Norm im deutschsprachigen Raum, wo der Nachweis der Wirksamkeit geregelt wird, ist die ÖNorm 3355 „Trockenlegung von feuchtem Mauerwerk“ aus Österreich. In Teil 1 ist beschrieben, wie die Wirksamkeit überprüft werden kann. Dies kann mit nachfolgender Formel festgestellt werden: Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 15 W = Wirksamkeit durchgeführter Trockenlegungsmaßnahmen, in Prozent Dv = Durchfeuchtungsgrad vor Durchführung der Maßnahme Dn = Durchfeuchtungsgrad nach Durchführung der Maßnahme Da die Baumaterialien, die Baukonstruktionen und die Klimabedingungen zwischen Österreich und Deutschland sehr ähnlich sind steht die Verwendung der Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen aus dieser Norm nichts im Wege. Die Beurteilungskriterien sind [6]: - der Durchfeuchtungsgrad Dn des Mauerwerks beträgt in der Kernzone höchstens 20% oder es wurde eine Wirksamkeit von W ≥ 70% erreicht oder durch aufeinander folgende Messungen ist eine Prognose der Wirksamkeit W ≥ 70% für einen definierten Zeitraum möglich. Wenn nichts anderes vereinbart, gilt ein Zeitraum von zwei Jahren. Der letzte Wert der Wirksamkeit der Messreihe muss mindestens die Hälfte des Prognosewertes betragen. Damit aber die Nachweismethode auch in Deutschland rechtlich Bestand hat ist in jedem Vertrag die ÖNorm 3355 explizit zu vereinbaren. Ein WTA-Merkblatt über die elektrophysikalischen Verfahren existiert nicht und wird vermutlich in absehbarer Zeit auch nicht veröffentlicht. Es gibt daher keine Möglichkeit den Nachweis der Wirksamkeit der elektrophysikalischen Verfahren nach WTA zu führen bzw. zu vereinbaren. Entsprechende Untersuchungen der Tauglichkeit von diesen im Handel befindlichen Anlagen durchzuführen und auf dieser Grundlage ein solches Merkblatt zu erstellen wäre sicher sinnvoll. 7.0 Schlussbemerkung Als wohl einzige Alternative zu den DIN-Normen in Deutschland sind die WTA-Merkblätter für die Planung und Ausführung von Mauerwerkssanierungen heranzuziehen. Die Merkblätter für das nachträgliche Abdichten und Entfeuchten von Bauteilen im Bestand treffen in den neuen Auflagen eine allgemeine und sehr oberflächliche Aussage über die elektrophysikalischen Anlagen. Sie empfehlen die elektrophysikalischen Anlagen bei der Sanierung von Gebäuden weder zu planen noch anzuwenden. Der Text entstand wohl eher im Zeichen des Spannungsfeldes zwischen technisch gewollter Meinungsdarstellung und rechtlicher Nichtangreifbarkeit der Merkblätter. Es ist gut möglich, dass die Aussagen zu keinen Rechtsstreitigkeiten führen werden. Technisch gesehen ist diese grundsätzliche Ablehnung aber auch nicht für die praxisorientierten Bautätigen hilfreich. Bestrebungen in den DIN-Ausschüssen und der WTA-Arbeitskreise, selbst die nach dem wissenschaftlich anerkannten Prinzip der Elektroosmose arbeitenden elektrophysikalischen Anlagen intensiver zu untersuchen und gegebenenfalls in den „normierten“ Bereich zu überführen, sind derzeit nicht einmal ansatzweise in Deutschland vorhanden. In Österreich ist hingegen in der gültigen ÖNorm 3355 neben den allgemein anerkannten Verfahren auch die Anwendung der elektroosmotischen Trockenlegung benannt. Es werden aber grundsätzlich nur Verfahrensgruppen berücksichtigt, welche auf dem allgemein anerkannten Wirkprinzip der Elektroosmose beruhen. Die Verfahren auf der Basis von Erdstrahlen, anderer imaginärer Strahlung oder durch elektromagnetischer Wellen werden auch hier explizit ausgeschlossen. Es kann vermutet werden, dass bei den elektrophysikalischen Verfahren durch intensive neutrale Forschung und Entwicklung neue, zukunftsorientierte Technologien der Bauwerksentfeuchtung entwickelt werden können. Zumindest ist dies bei unserem jetzigen unbefriedigenden Forschungs- und Kenntnisstand auf diesem Gebiet nicht auszuschließen. Die letzten drei Jahrzehnte sind dadurch gekennzeichnet, dass nicht der Versuch einer allgemeinen Prüfung durch neutrale Institute unternommen wird, ob die auf dem Markt befindlichen Geräte und deren vermuteten Wirkprinzipien nun tatsächlich funktionieren (können) oder nicht. Es wird bisher überwiegend den selbsternannten Fachleuten und nicht wissenschaftlich ausgebildeten Personen das Feld der Beschreibung der Funktionsweisen von komplizierten bauphysikalischen und bauchemischen Zusammenhängen in der Öffentlichkeit überlassen. Verursacher der Situation sind die auf dem Gebiet der Bauinstandsetzung forschenden Wissenschaftler durch ihr fehlendes bzw. zumindest unzureichendes Interesse an der Erforschung von elektrophysikalischen Entfeuchtungsmöglichkeiten sowie an der Beurteilung der auf dem Markt befindlichen Systeme. Andererseits haben mindestens den gleichen Anteil die Entwickler und Vertreiber von derartigen Entfeuchtungsgeräten. Ihnen fehlt teilweise der Wunsch der Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlich erfahrenen Sachkundigen unter der Voraussetzung, dass die Untersuchungen Ergebnis offen durchgeführt werden. Reduzierung des Durchfeuchtungsgrades 16 Es wäre nicht nur wünschenswert sondern notwendig, wenn endlich auf beiden Seiten der Wissenszyklus nach Fritsch [4] Beachtung findet, der da lautet: 1. wissenschaftliche Entwicklung 2. labormäßige Erprobung 3. die praktische Umsetzung 4. der Rücklauf bzw. der Rückfluss aus der praktischen Umsetzung Eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Problemkreises und eine allgemein gültige Aussage über die elektrophysikalischen Verfahren, welche brauchbar und damit weiter zu entwickeln sind und welche unbrauchbar eingestuft werden müssen, wäre hilfreich für alle am Bau Beteiligten. [1] Jürgen Weber / Volker Hafkesbrink „Bauwerksabdichtung in der Altbausanierung“, 3. Auflage, Springer Verlag, 2012 [2] Jürgen Weber „Wirkmechanismen und Grenzen von Injektionsmitteln und deren Überprüfung“ anläßlich 24. Hanseatischen Sanierungstage in Heringsdorf, veröffentlicht BuFAS e.V. „Messen-Planen-Ausführen“ Frauenhofer IRB Verlag, 2013 [3] M. Balak / Anton Pech „Mauerwerkstrockenlegung“, 2. Auflage SpringerWien New York, 2008 [4] Bruno Fritsch, „Mensch-Umwelt-Wissen. Evolutionsgeschichtlichen Aspekte des Umweltproblems“, Viehweg+Teubner Verlag, Stuttgart 1994 [5] ÖNorm 3355-1 „Trockenlegung von feuchtem Mauerwerk“, Teil 1 „Bauwerksdiagnose und Planungsgrundlagen“, Stand 15.01.2011 [6] ÖNorm 3355-2„Trockenlegung von feuchtem Mauerwerk“, Teil 2 „Verfahren gegen aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk“, Stand 15.01.2011 [7] G.Scherpke, U.Schneider „Elektroosmose- ein Vergleich theoretischer Ergebnisse mit experimentellen Resultaten“, DGZfP-Berichtsband BB 69-CD, TU Wien [8] TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH Zertifikat Nr. 105703 vom 12.07.2010 Dipl.-Ing., Dipl.- Ing. (FH) Jürgen Weber Inhaber des Büros für Bauschadensbearbeitung in Leipzig und Dietzenbach (bei Frankfurt am Main) ö.b.u.v. Sachverständiger der HWK zu Leipzig für Maurer und Betonbauerhandwerk, Holz- und Bautenschutzgewerbe und ö.b.u.v. Sachverständiger der IHK zu Leipzig für Feuchteschutz von Mauerwerk im Bestand, Mauerwerkstrockenlegung Büro für Bauschadenbearbeitung Weber Leipzig und Dietzenbach (Frankfurt a.M.) www.weber-bauschaden.de [email protected] Virginie Schulz Mitarbeiterin des Büros für Bauschadensbearbeitung in Leipzig und Dietzenbach (bei Frankfurt am Main) TÜV-zertifizierte Sachkundige für Schimmelpilzsanierung [email protected]