Trockenlegung und Austrocknung von Gebäuden
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Trockenlegung und Austrocknung von Gebäuden
Bernd Lehmann Baubiologe - IBN Trockenlegung und Austrocknung von Wohngebäuden 05 Trockenlegung und Austrocknung von Gebäuden Wohnungsschimmel, Wasserflecken, Salzausblühungen, Putzschäden sowie Zersetzung von Mauerwerk sind Anzeichen der Einwirkung von Feuchte. Deshalb ist für diese Gebäude oftmals eine Trockenlegung und Austrocknung des Mauerwerkes notwendig. Ausgangspunkt sollten weniger umfangreiche Salzanalysen sein, sondern die genaue Lokalisierung der Herkunft der Feuchte und die Art des Transportes. Ursachen: Oberflächenwasser - Schlagregen - Spritzwasser - Sickerwasser Grundwasser - steigendes Grundwasser - seitlich drückendes Wasser - Hangwasser Störfeldfeuchte - geologische oder technische elektromagnetische Störfelder die zu Ansammlungen von Wasser führen Luftfeuchte - Kondensfeuchte Unterschreiten der Taupunkttemperatur an Wandoberflächen führt zu Tau- oder Schwitzwasser. Baustofffeuchte - Neubaufeuchte In Verbindung mit Baustoffen in das Gebäude eingebrachtes Wasser. - elektrochemische Feuchte Durch Feuchte in Verbindung mit waagerechten oder senkrechten Schichtungen von Baustoffen mit unterschiedlichen pH-Werten entstehen Urspannungsquellen (z.B.: Ziegel- schwach sauer mit Zementputz- stark alkalisch). Rostende Materialien wirken ähnlich. - hygroskopische Feuchte Boden- oder Baustoffsalze lagern sich in der Verdunstungszone von Mauerwerken an der Oberfläche an und führen zur Ansammlung von Wasser. Wasserschäden durch Bau- oder Installationsschäden - Havarien an Be-und Entwässerung des Hauses Feuchtetransport Kapillarität - flüssig Feuchtesorption - flüssig und gasförmig Feuchtediffusion - flüssig und gasförmig Es können mehrere Ursachen gleichzeitig wirken. 1 Bernd Lehmann Baubiologe - IBN Chemnitz Trockenlegung und Austrocknung von Wohngebäuden 06 Für Schäden und Mängel durch Wasser sind fehlende oder defekte Sperrung der Feuchte für Spritz-, Sicker- und Grundwasser sowie auch defekte Schleusen oder Dachentwässerung die Ursache. Kondensatfeuchte durch Taupunktunterschreitung an der Wandinnenseite wird bei Altbausanierung oft unterschätzt. Sommerliche starke Belüftung oder Umnutzung von Kellerräumen mit Freisetzung von Feuchte führt zu Kondensfeuchte. Zunehmend führt Neubaufeuchte zu ausgeprägter Schimmelbildung. Dampfsperren der unterschiedlichsten Art führen zu Schwitzwasser. Begünstigend wirkt die moderne Bau- und Wohnkultur sowie die Missachtung von Grundlagen der Bauphysik durch deutsche Normen. Für diese oftmals kostspielige Prozedur der Sanierung werden die vielfältigsten Verfahren angeboten. Zur Trockenlegung sind unterschiedliche Verfahren bekannt. Die für die Räume vorgesehene Nutzung mit entsprechendem Wohnklima bestimmen Aufwand und Verfahren der Trockenlegung. 1. Mechanische Verfahren Zur Unterbrechung der kapillaren Wasserleitfähigkeit werden Horizontalsperren ins Mauerwerk eingebracht. 1.1 Mauerschnitt durch Zersägen des Mauerwerkes Unterbrechung von aufsteigender Feuchte durch einen waagerechten Schnitt durch das Mauerwerk und einbringen von Kunststofffolien. Jeder Schnitt im Mauerwerk ist ein starker Eingriff in das Gefüge. Nachfolgende Risse sind möglich. Unterhalb vom Schnitt keine Unterbrechung des Wassertransportes. Die Haltbarkeit von Kunststofffolien ist nur begrenzt. 1.2 Einschlagen von Nirostastahl-Wellblechen Unterbrechung von aufsteigenden Feuchte durch einschlagen von Edelstahl-Wellblechen in waagerechte Mauerwerkfugen. Starke Erschütterung beim einschlagen führt zu statischen Veränderungen und ist Ursache von Rissen. Metall wird mittels elektro-chemischer Reaktionen durch Lochfraß zerstört. Dadurch ist die Haltbarkeit begrenzt. 1.3 Sperr- oder Sanierputz Auf die Wandflächen innen bzw. außen wird ein Feuchte sperrender oder ein stark diffusionsfähiger Putz aufgebracht. Beide Arten von Putz beseitigen prinzipiell nicht die Ursache der Feuchte in der Wand. Die Wandoberfläche ist aber relativ trocken. Aufsteigende Feuchte wird nicht unterbrochen! Feuchte sperrende Putze führen zu einer höher aufsteigenden Feuchte. Feuchte durchlässige Putze führen in der Verdunstungszone zu hoher Salzkonzentration und damit nicht zu längerer Haltbarkeit. Starke Unterschiede im pH-Wert von Mauerwerk und Putz führt zu Spannungspotentialen und zu unterschiedlichen Salzkonzentrationen und damit zur Speicherung von Feuchte. 1.4 Wasserundurchlässige Beschichtungen und Anstriche Bei Neubau sind Wasser- und Dampfsperrende Beschichtungen und Anstriche auf der senkrechten Außenfläche der Grundmauern die Norm. In die waagerechte Mauersohle wird durch Kunststofffolien der Wassertransport verhindert. Bei Sanierung von Altbau werden die Grundmauern mit Beton verstärkt. Auf die senkrechten Flächen werden ebenfalls sperrende Schichten aufgebracht. Die waagerechte Mauersohle bleibt in der Regel für Wasser durchlässig. Jede Art von Dampfsperre auf den Außenflächen des Mauerwerkes widerspricht Naturgesetzen und den einfachsten Regeln der Bauphysik. Wasser will nicht nur ins Gebäude sondern durch Diffusion auch aus dem Gebäude. Nach wie vor gilt: Der Energiefluss führt von der warmen zur kalten Seite. Daran gekoppelt ist der Transport der Feuchte. Im Winter können im genutzten Keller +20°C und außen bei Einwirkung von Frost -15°C auftreten. Wie soll ein Abtransport von Feuchte durch eine außen aufgebrachte Dampfsperre stattfinden? 2 Bernd Lehmann Baubiologe - IBN Chemnitz 2. Trockenlegung und Austrocknung von Wohngebäuden 05 Chemische Verfahren 2.1 Injektion mit erwärmten Paraffin (warmes Verfahren) Einbringen von Bohrlöchern ins Fundament und Austrocknung durch Elektro-Heizstäbe. Verschließen der Kapillaren durch erwärmtes flüssiges Paraffin. Anbringung einer senkrechten Sperrschicht auf den Außenflächen bis unterhalb der eingebrachten waagerechten Sperre. Durch die im Mauerwerk durchgeführten Zerstörungsprozesse durch die Einbringung der Bohrlöcher sind Setzungen des Mauerwerkes möglich. Auch durch klimatische Wärme- Kälteschwankungen können sich wieder neue Kapillaren ausbilden und wieder ein Transport von Feuchte einsetzen. Senkrechte Sperrschichten lassen keine Diffusion zu! 2.2 Injektion mit Silikon- und Wasserglasverbindungen (kalte Verfahren) Einbringen von Bohrlöchern ins Fundament und einfüllen Wasser abweisender bzw. verkieselnder chemischer Mischungen. Anbringung einer senkrechten Sperrschicht auf den Außenflächen bis unterhalb der eingebrachten waagerechten Sperre. Durch die im Mauerwerk durchgeführten Zerstörungsprozesse durch die Einbringung der Bohrlöcher sind Setzungen des Mauerwerkes möglich. Auch durch klimatische Wärme- Kälteschwankungen können sich wieder neue Kapillaren ausbilden und wieder ein Transport von Feuchte einsetzen. Senkrechte Sperrschichten lassen keine Diffusion zu! Chemische Prozesse führen zur zunehmenden Verminderung der Schutzwirkung. 3. Elektrophysikalische Verfahren 3.1 Elektro-Osmose Das natürliche elektrische Feld der Erde hat im Erdreich eine positive Polarisierung. Darüber herausragendes Mauerwerk ist der negative Pol. Oberhalb vom Spritzschutz des Mauerwerkes wird außen unter dem Putz umlaufend eine flächige Elektrode angebracht. Diese wird an den positiven Pol einer Gleichspannungsquelle angeschlossen. Im Inneren des Gebäudes wird im Erdreich eine Stabelektrode mit dem negativen Pol eingebracht. Eine an diese Pole angelegte Gleichspannung von wenigen Volt führt zur Umkehr des Transports der ebenfalls polarisierten Wassermoleküle. Wirkung bei nicht drückender aufsteigender Feuchte. Auch bei Altbau schwerer Bauart geeignet. Solange der künstliche umgekehrte Stromkreis geschlossen ist wird das Mauerwerk trocken gelegt. Regelmäßige Wartung der Elektroden ist notwendig. Elektrische und magnetische Störfelder können zu Funktionsstörungen führen. 3.2 Elektromagnetische Impulse Die Beschreibung des Wirkprinzips ist durch die Hersteller unterschiedlich und nicht eindeutig mit naturwissenschaftlich nachvollziehbaren Mechanismen des Wassers erklärt. Es wird mit den Funktionen der Elektro-Osmose beschrieben. Diese funktioniert mit dem + und gepoltem Wasser im ebenfalls gepolten elektromagnetischen Gleichfeld der Erdoberfläche. Ein elektromagnetisches Wechselfeld ist für diese Funktion nicht wirksam. In einem Kunststoffgehäuse befindet sich ein Frequenzgenerator. Über eine Spule als Sendeantenne wird eine Wechselspannung als modulierte, getaktete und gemischte Frequenz geringer Leistung an die Umgebung abgegeben. Dadurch wird Elektrosmog verursacht. Verfahren mit oder ohne Ausgleichs- Potentialspieß bzw. Ausgleichselektroden sind von unterschiedlichen Anbietern auf dem Markt. Die Zuführung der geringen Energiemenge erfolgt vom Netzstrom des Hauses. Eine Wirkung dieser Geräte wurde im Fernsehen von Prof. H. Venzmer von der Hochschule Wismar für den vorgesehenen Zweck nicht bestätigt. Gleiche negative Erfahrungen sind bei uns im Verein „Gesundes Wohnhaus“ Chemnitz bekannt. Bernd Lehmann Trockenlegung und Austrocknung von 3 Baubiologe - IBN Chemnitz 4. Wohngebäuden 05 Gravomagnetisches Verfahren Wasser hat auf der nördlichen Halbkugel eine linksdrehende Eigendrehung. Diese kommt durch die natürliche Schwerkraft, der Erdrotation und dem Magnetismus der Erde zustande. Nach Beschreibung des Erfinders werden mit dem Gerät diese Kräfte als gravomagnetische Wellen auf der Eigenfrequenz des Wasserstoffes aufgenommen und über abgestimmte Antennen rechtsdrehend wieder abgegeben. Ohne Fremdenergie soll damit bei nicht drückendem Wasser eine Umkehr der Transportrichtung erreicht werden. Das Gerät selbst wird wie eine Art Lampe an die Decke des Kellers gehängt. Wirkung bei nicht drückender aufsteigender Feuchte. Auch bei Altbau schwerer Bauart geeignet. Elektrische und magnetische Störfelder können zu Funktionsstörungen führen. Der Zeitraum der Austrocknung erstreckt sich über Monate bis Jahre. Für dieses Verfahren ist die Firma „Aquapol“ Patentinhaber. Es sind auch Nachnutzer auf dem Markt. 5. Natürliche Bauphysik (Feuchtetransport gekoppelt an Wärmetransport bzw. Dampfdruckgefälle) 5.1 Auswintern von Neubauten Erdwärme und Strahlungswärme der Sonne erwärmen das Mauerwerk des Neubaus. Über die Flächen des Mauerwerkes streicht kalte und trockene Winterluft. Fenster und Türen sind noch offen. Das Dach ist geschlossen. Vom warmen Mauerwerk zur kalten, trockenen Luft besteht ein Wärme- und Dampfdruckgefälle. Die Wasserdampfdiffusion wirkt zur jeweils kälteren Seite und führt damit zur Austrocknung. Diese Funktion ist nur bei diffusionsoffener Bauart möglich. Der Zeitraum der Austrocknung erstreckt sich über Monate bis Jahre. 5.2 Diffusionsoffener Grundmauerschutz Zwischen Grundmauerwerk und Erdreich wird durch eine Schalung ein Luftspalt eingebracht. Unter diesem Luftspalt werden an der Mauersohle Drainagerohre verlegt. Von außen eindringendes Wasser wird durch die Schalung vor dem Mauerwerk in die Drainage geleitet. Diffusionsfeuchte des Mauerwerkes kondensiert im Luftspalt und wird durch die Drainage abgeleitet. Diese Funktion ist nur bei diffusionsoffener Bauart möglich. Auch bei Altbau schwerer Bauart. Der Zeitraum der Austrocknung erstreckt sich über Monate bis Jahre. 5.3 Temperierung (nach H. Großeschmidt) An den Innenseiten der Außenwände werden an der Mauersohle Heizungsrohre eingeputzt. Die eingeleitete Wärme führt zu einem Temperaturgefälle in der Wand. Transport von Feuchte nach außen setzt ein. Das Wasser in den Poren des Materials der Wand wird durch Luft ersetzt. Auch Erdreich mit Anteilen von Tonmineralien wird mit ausgetrocknet und verfestigt. Um das Wärme führende Rohr bildet sich eine thermische Horizontalsperre. Ein aufsteigen des Wassers findet nicht mehr statt und Kondensat kann sich nicht mehr absetzen. Die zur Austreibung benötigte Wärmemenge richtet sich nach der sich im Material befindlichen Menge an Wasser. (Dieser beträgt z.B. bei Schwarzschimmel in der Regel mehr als 18 Gew.%) Zur Austreibung von 1 Liter Wasser werden ca. 1 kWh Wärmeleistung in der Wand benötigt. Mit Abnahme der Menge an Wasser nimmt auch die benötigte Menge an zugeführter Wärme ab. Diese Funktion ist nur bei diffusionsoffener Bauart möglich. Auch bei Altbau schwerer Bauart. Der Zeitraum der Austrocknung erstreckt sich über Monate. Achtung! Zu Beginn der Austrocknung setzt an der Innenwand eine verstärkte Verdunstung an der Oberfläche ein. Bei stärker gewordener Verdrängung des Porenwassers durch Einlagerung von Luft ist dann dieser Vorgang beendet. Voraussetzung ist eine Temperaturdifferenz von > 5°C. Elektro-Wärmekabel mit wenigen Watt Wärmeleistung pro Meter auf Mauerwerk aufgelegt ist durch die geringe Menge an Wärme in der Wand ein wenig sinnvolles Mittel zur Sanierung von Schimmel. Zur kurzfristigen Austrocknung ist die Nutzung von Wärme für die eigens dafür entwickelten Infrarot- oder Mikrowellenstrahler eine günstige Lösung. Bautrocknung mit Luftentfeuchter ist bei nachfolgender Feuchte aus dem Erdreich nicht zu empfehlen. Die für die Nutzung vorgesehenen Raumlufttemperatur und die entstehende Raumluftfeuchte bestimmen die Art der Austrocknung eines Gebäudes. Die schnellste, sicherste und günstigste Lösung von Trockenlegung und bleibender Austrocknung von Wohngebäuden ist die Kombination von diffusionsoffenem Grundmauerschutz mit Temperierung bzw. Wandheizung der Außenwände. Die benötigte Wärme ist durch Sonnenkollektoren günstig bereitzustellen. 4